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Full text of "Neuere Kirchengeschichte: Nachgelassene Vorlesungen für den Druck"

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Dr. E. L TL Henke's 



teuere Kirchengeschiclite. 



Nachgelassene Vorlesungen 
für den Druck bearbeitet und herausgegeben 



von 



Dr. W. Gass, 



Band I. 

Geschichte der Reformation. 



Ualle «/8. 

Lippert'sche Buchhandlung 
(Max Niemayer). 

187 4. 



Viirrede des Heratisgebers. 



Der verewigte Henke ist nielil lange vor seinem Toile von Kinein 
twiucr Cnlle^u ^l'ragt worden, oh er iiiclil Anntalt niaclien wolle, oeioe 
»bt Collcjriuni l!tiig»t uniuliaf^ ^wordene KircheugeKrliiclite durch den 
Uriiek bekannt zu mnelicn. Er hat dies bestimmt abgelehnt, aber mit dem 
Ziisat-/: ,,Daj* kauu ein Anderer ihun.'' AI« ieh nun um U. Deebr. 1872 
mit zahlreichen leidtragenden Froundeu in Marhui^ au seinem Grabe 
niii'h i-infand, und uIh im Krciac dcr^ellicu liald nach diir Feierlichkeit 
der Wiinwli einer Ucrauti^abe ites kirc heu historischen TheiU seiner 
Vorlesungen lehhafleu Anklang faud: waren die Verwandten oiustiiumig 
der MeinuDj,'. liass ich jouer Andere sein möge. Duch wurde von 
kumligeu Sclitileru ebenso entschieden »usgf-s|>roehcn, da» Unternelimen 
werde »ich auf die neuere Kircbeoge schichte zu heschrtLnken haben, 
weil Henke in den Uhrtgen Ahlheihingcu mit geringerer Selhst.lndig- 
kcit und mehr im Ansehlusti au andere Uursteltungeu gearbeitet habe, 
in dieser aber völlig heimisch gowcseu mi, welches Letztere sieh mit 
seiner Miuiographio über Calixt und mit seinen „Zehn academischen 
Vortrflgeu". Jlarbnrg tSlir>, leiclit Irewcison Hess. Ich eHiat mir Bedenk- 
zeit-, die Hefte wurden mir nach Heidelberg uachgeschiekt und bildetou 
bald einen Thell meiner rugelm:l«sigen Ikwlnlrtigung. Nach einigen 
Monaten erklärte ieh meine Kinwilligung. Indem ieh jetzt mit der 
Ven'iH'rntlirhung dieses ersten Bandes mein Versprechen nach Kräften 
2u lüKii bcginue, habe ieh <tie l'tlichi, über das von mir cingeschlageue 
Verfalin-n und mein Verliilltniss zu dem Werke Hcchouschaft abzulegen. 

,,lch liin ein Doi-^nt, i'tlegte der VerstorlKiuo zu sagen, ciu Schrift^ 
steiler hin ich nicht.'' An diesem ßekenntnias ist soviel gewiss richtig, 
lU^^^ er den Schwerpunkt seiner ötTentlichcn 'l'hittigkeit lou Anfang au 
aol' das Katheder gidegl und seinen Erfolg als l>ehrür als den In^sten 
84^*11 seine« Leidens geschützt, nicht niimler aber dass er besonders 
diu kirchenhistoriaehen Vorlesungen die nachhaltigste Anfnierksamkeit 
und Kratt gewidmet und während eines Men^clien alters nicht aufgehört 
hat, durch uuitassende Lec^tQre und Quellenstudium an ihnen zu bessern. 
Mr^; daher, was er in dieser Kichtung geleistet, dem getungcoston 
'l'heile nael» auch einem grösseren Kreise zugänglich worden. Seinen 
Kloiss hat ilas VorbihI seines Vaters frühzeitig geweckt, ihm war er 
an Weitbcrzigkeit der Gesinnung uuJ universeller Bildung ilhnlich, an 
religiöser Innigkeil (Iberlegeiu 

Wie weil in solchem Falle das Iteeht des Herausgebers reicht, ob 
und in weh-hetu Maassc er z(nn ItcarbeitiM- der ihm anvertrauten Hand- 
sehrifl werden daif, wird sich niemals im Allgenieineu teststellcn lassen. 
E« bangt nicht allein davon ab, ob das Manuskript schon zum Druck 




rv 



Vorrede. 



bestiinnit gewesen, oder bisher uur dem Zweck Ae» ncaitcmisclicu 
UnUirrictitüi gedient iiutte, sondern wird :iucL durvli den lidmlt imd 
Gegenstand hedinjrt. Loicbtäimi und Willkür wordoi» untUrlicIi unter 
Kilon IJniMtltndcn iiiisge^ehloKHcn. Systeniatii^iie Krzcu^ui8(ie fordern 
grössere, zuweilen die üu^tlicbsle bucLsUiblielie Sirlionuug, lü^toriscllie 
getitatteu einen liulieren Grad von Freiheit, weil der f^cRiihiditliche 
Vortrajr t>cincr Xalur nach manehiirlci kleine Zurliaton und Aiiudu- 
rungcn erlaubt, die ihn uur vcrvollkommucu, otiuo hinein Golialt und 
Charakter irgendwie Kiutrag zu Iliuu. Hätte ich «üetie llebery.euj.'nng: 
nicht sdion frlUier yelicfrt; sie wUrdo sich mir l>ei der Üurchsirht der 
Heuke'sehou Hefte nufgedrringl haben. I^Ciiifleich habe ich enipt'nndcu, 
dass der Heraus^'eber, indem er Rieh auf sein Gewissen gcsloflt sieht, 
dieses nicht allein in Bezielinn^ auf tlas Manu!*krijit selber, sondern 
auch auf dessen Urheber zu befragen hat. Mit dem Vorfasser hnt er 
sieh in geistigen Verkehr zn S4;t/.tiU, soll daher nicht uiilerlaH.sen, von 
dciycnigen Reehten Gebrauch zu maehou, welche ihm der Veratorbene, 
wilre eine Udekttpraebe mit ilmi niöglivb gewesen, naeb meuschlicher 
Wahrsciioinlichkeit auch »«üinerst-ils zugestanden haben wllrdOj zum 
Vortheil des Werks und zum Gewinn des Loseiu Freilich gelaugt er 
auf diesem Wege abermals in eine gelVibrliche Altcnmtive. Je schwerer 
er sieb seine Aufgabe inuchl, desto mehr Zeit erfordert sie, wahrend 
doch allgenioiu zugestanden ist, daas ein opiix nosiumum, zumal ein 
historisches, un")glichst tVllh iu die Oeffentlichkeit treten muK», weuu 
die Tiieilnnhuie und das gute Vertruuen der Schiller und Zeitgen iissen 
seiner günstigen Aufuubme uoeh zu Statten kommen soll. leli habe 
beide Hcweggrilnde auf micii wirken lassen, glaubte aber schliesslich, 
auch wenn ich gar nicht an mich selbst denken wollte, mit diesem 
ersten Baude uiclit längttr zuritckhalten zu dürfen. 

In gewisser Hinsicht war meine Arbeit leicht, denn sie Hess mich 
dun:haUH bei Henke's eigener H:)ndschrift sti^heu bleiben. Nach- 
si'lirifien tou Zuhörern würden mir nichts genutzt haben, ich habe sie 
nicht zu Rathc gezogen, wohl wissend dass Henke nur in kleineren 
CoUcgien frei zu sprechen, iu den mehrstündigen sciueu Aufzeicbnuugen 
zieudieh genau zu Adgeu )>negte. Im Ganzen fand sich das HcH iu 
vortrofl lieber Oiduung und glich einem lange gepllogten und inmier 
vollstAudigor ausgestalteten Lieblings werk. Aelloro Schriftstücke 
waren ganz zurUckgcj*tclll oder „quiesc^irt", die jüngeren \ielfach 
durchgejselieu und mit Zusätzen und iitorarisclieu Nachtriigen vürv<dl- 
stiindigt, die bitt in das Todesjahr berabreichen. Viele Abschnitte 
lagen in einer blngeren und „kürzeren Ucoension" vor, einige sogar 
noch iu einer „kürzesten" ftir den Nothfall, wenn nämlich da« ScnieKter 
alhuschr drängte. Für mich war es geboten, stets der ausfllhrlichorcu 



Rcconsitm ilen Vorzug xu geben. AuHKerdem blieben mir eine Menge 
eiozolner Zettel mit liistoriRchen Apltorismen imd kurzen Reflexionen 
iu der Hand, welche Henke /.ur KrötTniing der einzelnen Lehretunden 
III benutzen pflegte; und gewöhnlicli waren sie am Uande mit einem 
kleiugOBCbriebcucn c. d. (mm tiom'nw} erülVnei, wolcbe» der Verfaseer 
aurb seinen Briefou voranzustellen die fromme Gewolmiieit hfttte. 
Kinigc M'biencn mir cntliebrlicb , diu nieititmi zeigten Bidi werthvoll; 
ich liabe sie daher entweder als Anmerkuugeu verwendet, oder dorn 
Texte an geeigneter Stelle oinvcrlcibt. Endlich fanden hieb noch 
uinzelne nicht zum Heft gehörige Bogen mit Notizen, Auszügen und 
l^i*errtl«hlen; snlchc Vorstudien, — Nutzliolz würde sie Honke genannt 
haben, — uiussten als zu uu^erstilndlich und zut>jimuieDbangßlo8 ganz 
Ihu Seite gelegt werden. 

Dies AlleB ist meinerseit« ohne jeden Skrupel gesclielien, war aber 
auch nur die Nebensache. Denn im [*el>rigcn lag mir oh, das wenn 
auch Hchr wohl ronditionirle Collcgienheft erst in ein leebares Bach 
IM verwandeln, nud cIksu dies orlieinchte eine durrhgjlngigo und nicht 
immer »ich von «lelbet ergebende Mllhwaitmig. Kein einziges Blatt 
konnte wie 00 war in die Druckerei gegeben wenlen , dafl Ganze 
kwlnrite einer vollptilndigen l'uiHchnfl, die zum grösseren Tbeü von 
mir selbst iiugeferligt worden ist-, Iwi einigen Abwchnitten hat mich 
Herr Dr. Schwertzell in Marburg mit dankeuRwertber Bereitwilligkeit 
uuterstUtzt. An »ich w^ht)n get^tattet die Sprache afademiwher Vor- 
lesungen nianciierlei Unebenheiten und Laxhütten, welciie vor dem 
weil Htrongcrcn literarischen Forum keine Nachsicht venlienen. Henke 
aber geticl sich, — Ketiner seiner Schriften wissen es, — noch besonders 
in gewissen Eigenheiten einer verschrilnkten und gedehnten Satzhildung, 
welche hervorgegangen aus dem Streben uaeb periodischer Zusammen- 
frkssnng docli bei häufiger Wiodcrlnduug der Rtulo ein sehwieriges und 
iiugentgiges Gepräge gelten. In solcher Ausdehnung, wie das Heft 
die^e AutTailligkciton darlM»t. wollte ich sie nicht in den Druck hinUl>er- 
uebmen, damit das Interesse an dem Inhnlt nicht durch sie gestört 
wenle; leb uu'ine, der Verfasser hatte es diesmal selber nicht gethau. 
Man wird sieh daher nicht w^^ude^n, wenn ich sage, das« keine Seite 
stilistisi-h unvenindert geblichen ist, kaum eine halbe. Es war nöthig, 
tlie Milngel der ersteren Art zu beseitigen, die EigenthUmliehkeiten der 
linderen zu crmüasigen. Es ist nicht leicht, eine Schreibweise zu ver- 
sBeni, ohne ihr die Individualität zu rauben; doch hoffe ich, dass 
'man Henke's Hand überall wiedererkennen wird. Indem ich mich 
in diesen Dingen einer kleinlichen AengstHchkoit überhoben glaubte, 
miiHste ich um so mehr darauf Gewicht legen, dass der GeHammtknrper 
der Darstellung, der Gang imd die Kcibenfolgc der Abschnitte, die 



VI Vorrede. 

Suinnie der htRtnrii»plien Urtheüe und originellen Auffasgungen, kura Alle» 
iinvorechrt hicibe, wa& dem Geiste des Öclirirtstellcrs, nicht seiner blossen 
Feder zugehört. Aueli die Zahl der Paragraphen int nnr wenig gewachsen. 
Ferner Hessen «ich an^'h Zusätze nicht verniei<leii. Wie R<*hwer ist 
C8, gut zu erzälilet), einfach ohne gcwöhiilicli, fliest^ond iiliiio athenilos zu 
werden! Henke's ganzes Bemühen war darauf hingerichtet, in den knapp 
bemewsenen Zeitraum ilor Senioslor mfiglicliKt viel Stoff zu dn'tngen und 
vielleicht /u pressen; er wollte, was ihm auch gelungen ist, den .Stand- 
punkt des Com|>eiHliunis weit Uhcrbieten, ohne durch allzu häufige imil 
zu vereinzelnde Äbsi'hwcifungcn die Aufnicrksantkeit v<in dem Gange iles 
HauptlK'richls ahziilenkon. Aber indem er so seinen Vdrtrag mit der 
Composition de» Thateftch liehen unter kurzer und treffender Bezeichnnng 
der Personen und Sachen sfittigte. sollte derselbe von Jedem sonstigen Luxus 
der Darstellung befreit sein. Fjti Gebäude, pfii»gte er zu s.ngen, ist ilann 
erst als vollendet anzuiieheu, wenn die Stützen und Gertletc gefallen sind; 
liiuwcg also mit allem liiHt<iris<'lieu Heiwesen, welches den Anblick des 
GogcnstandoH unnöthig und umständlieh in die Breite ausdehnt! t^r ging 
darin zu weit Nicht der ITurer allein, nneh der l^eser wtlns<*ht Vor- und 
Nachworte, fortschreitende und verweilende Siltze; ich halH! keinen An- 
stand genommen, hier und da Eingiinge und Sehlusslwnierkungen, die 
sieh aus dein llebrigcu Icirht ergaben udcr auch zur Abwechselung und 
Belobung empfehlen mochten, hinzuzufügen, ebensd "Wendungen und Uuhe- 
punkte nachdrücklicher hervorzuheben. Daneben erschien durchaus un- 
verfänglich und zu\veilen nnvermcidlich, LQcken auszufüllen und stellen- 
weise die historischen Uatfl zu veiToUständigen, zumal wo beinerkens- 
werthc und neu ermittelte NacltricIiTen und Quellen ilazii VerjinlasHung 
gaben. Einzelne Abschnitte, wie namentlich die Üt)er den Womi.scr Reichs- 
tag, die niederländisehe, italienische und spanische Geschichte, sind auf 
diese Weise mehrfach bcrciciiert worden, und man wird das Neue aus 
den mit D. FI. nnterzeicbnolen Anmerkungen erkennen. Die Literatur 
hat Henke dureli zahlreiche Verweisungen in weitem Umfange herbei- 
gezogen; er war auch in der auslfiiidisclion ungiiinein belesen, vor- 
wertheto die Hevne des deux umndes ebenso gern wie die Augsburger 
allgemeine Zeitung für seine Zwecke und vorsftunite nicht, von eben 
erst^hienenen Werken, z.B. von Knmpschulte's Biographic Calvin's, 
sofort gründlichen Gebrauch zu machen. Mir blielj Übrig, eine Anzahl 
von Citateu nachzuholen und die Literatur der letzten .Jahre aufzunehmen; 
zur leichteren Uebersiebt sind, was Henke nicbl immer gethan, die 
wichtigeren lIUlfMMitlcl den Abschnitten voraugc^lellt und im Verlauf 
dann durch einzelnes .Specielle crgitnzt worden. Zu meinem Bedauern 
haben sich a^Kjr wührcnd des Drucks utK-h melii*ere litcrarifti^he Aus- 
lassuugcn ergeben, weshalb ich tmi Beachtung des Nachtrages ernstlich 



m^ 



Vorrede. 



VU 



bitten muse. Kndlich rühroo auch die Bclogstelloti uud QuoUonauszUge 
STTÖHsUinllieils von Henke selber her; einige jcdorh habe auch ieh hinzu- 
gethan, und ieh würde in dieser Bcziebung^ fuern noch weiter gegangen 
iwinj hätte ich nieht die An»cliwellimg den RHiides vormcidon wollen. 

Soviel Ober meinen Antbeit an «ier vorüefjendcn Gestalt des UuehoR. 
lelrgelie zu der I^iatung selber aber. Von He<]etitung scheint mir, dasa 
Ich diese als ,,Neuere Kirohengescblohte" ankündigt, weil damit 
ine Aufgabe, welche sieb bisher nur im iSinne einer Abttieihing 
oince grossen Ganzen geltend machte, in L'ehereinstininiung mit der 
Obrigen GejM'iiicbtsscbreibnng aU eine pelbHtandige liingestellt wird. 
Kfir den Lehrstuhl nnVlite ieh nicht wUnticlicn, das« die ZerstUckehiug. 
an der wir nimebin achon leiden, noeh weiter greift, bis am Ende jede 
Epnchc ihren besoudcren ncadeinipcbcn Vertreter für sich fordert; für die 
Literatur wird e» sicii riieht vernieideii lawieu, und ieb zweifle nicht, dflsa 
Beake mit der Zeit Naehfolger limlcn wird, die ilire Bearbeitung in die- 
M!lt»cn Grenzen fassen, Btatt sie etwa auf da« secliszchnte i»dcr, wie ja 
l>oroits geficbcben, auf daR neunzehnte Jahrhundert zu beschränken. Die 
neuere Kirehenge«ehirbte iwt reich genug, um eine Iißehst bedeutende 
innere Entwicklung und Forteohreituug zur Anscbaunng zu bringen, uud 
eiubeitlieh genug, um den Eindruck eincH durcli gemeinaamc Merkmale 
zuAnnimcngehörigen Ganzen zu gewähren. Als solches wird fic denn auch 
in der nach8tehenden ., Einleitung'' vorgefllbrt und zwar mit Lel>endigkeit 
Qben>cbant als das Zeitalter der kirchlichen Trennungen uud Spaltungen, 
aber auch der Annäherungen uud Einigungen, der nntional-kinrhiicbon 
Gestaltungen und i'eligiösen Üildimgsformcn, eadlieh der wisfienschafllichen 
GcgenHätze, welche die Zcr8|ditterung noch vermehren, aber doch auch 
durch unriichtburc GciBtCBmüchtc 8ic wieder zu mildern und erträglicher 
zu machen geeignet «ind, und der Leser wird wnhniebmen, da»t die voran- 
gestellten Gesichtspunkte im weiteren Verlauf stetig festgehalten werden. 
Die Kenntniss dcH t'uiifzf^linteu .Inhrhundei'ts setzt <ter Historiker vuH- 
stflndig vorauft, und darum sind einige verbindende Erscheinungen wie 
der Humanismus verhälttiissniässig kurz behandelt; übrigens ist es ihm 
wohl gelungen, durch UUckhIicke den Hoden verständlich zu machen, auf 
welchem die Begebenheiten des neuen Zeitabschnitts erwachsen Hind. 

Der vorliegende Band handelt allein von der Reformation; die Rn- 
mische Gcgenreforniatiou uud die innere Geschichte der confesaionellen 
Selbstbild ung und Lchreutwicklung der getrennten Kirchen bleibt dem 
fnlgi»nden i<irbelialten. web'her mutbmaasslich bis zu der Mitte des acht- 
zehnten Jahrhunderts ri^ichcu wird. Man wird finden, dass der Verfasser 
im Folgenden alle 'llieüe dieser Geschichte «war nicht gleich austtthrlichr 
.nber doch mit deuiHellion ernsten Authcil iu's Auge fasst; doch hat er 
inncrbnlb Ücutschlands die besöisehe Kirche sichtlich bevorzugt, weil er 



vni 



Vorrwle. 



Über sie vom Stan(1])UJikt Adr I.andeeuniverditat seinen Schülern genauere 
Mitthcitung enhitldig zu sein ß:laubte. 

Voti jfilier JHt die Iicforniationsg-pschlciito zu clonjenigon Ahsfhiiitteii 
gOKdiilt worden, welche an den Hietnrikor beBonders bobe Anfordeniiiiren 
stellen. Der ForBclier wird durdi die UeUerfUllc eines unii 7,U(|uillcudeti 
uTid immer nocli nicht erschüpften Stoffes leicht nicdergehaltoii, während 
der Darsteller »teta omporküninien uinl von den hohen Wellen iler all- 
gemeinen JJcwegnng und der erhcbondeu perst^nliehon Kindrtlcke getragen 
werden hoH. Unter den KirdicnhiHtonkcrn im engeren Sinn müfhlo e« 
noch Keinem »^luugcu sein, die Oldiepcnheiteu von beiderlei Art zu ein- 
ander in'« Gleichgewicht zu ßctzcn. In unserem Falle wird diese Schwierig- 
keit weniger omptimdon. Seiner ganzen Begabung und Sinnesart nach 
und entsprechend der uflchstcn Boslimmuug i^ciner Vorloinungen niusste 
er den einweihenden Unterrichtszweck vorwalten lassen. Mit der Hube 
eines aufrichtigen BericliterfttatferH güht or seinem Gegenstand entgegen. 
Er beginnt unscheinbar, nach und uach erst offenbart sich die Grösse der 
bahnbrechenden Porsöulicbkciton; diese aber sollen sich nicht etwa gegen- 
seitig verdunkeln, sondern mit gleicher PictSt und Liebe geschätzt weitlen. 
Die Kcfornmtoren bleiben auf ihrer Höhe, aber hineingezogen in die Unge 
anreifer Zustande, gereizt durch die Berührung mit höchst ungleich gearteten 
Naturen und umgeben von Verderben drohenden Gefahren mllsKen Kioscllwt 
wieder ihrem Drange Halt gebieten, fester binden was sie selber befreit, 
Kurtickwcisen statt einzuladen; ihren eigtmen Geist machen sie zum un- 
bedingten Maassstabe, wodurch Schranken gezogen werden, mit denen die 
allgemeinen cvangcliHcben Grundsätze vi»» vom herein nicht« zn schaffen 
hatten. An dieser Stelle der beginnenden inneren Störungen und Hem- 
mungen wirdjedeReformationsgewhicbteuarhdenklich verweilen; schwer- 
lich aber wird sie eine andere Erklärung finden als die, nach welcher eben 
jenes BeschrÄnkcnde selbst wieder eine historische Berechtigung ftir 
sich beansprucht, da es dazu dient, das wirklich erreichte Ziel doslo 
«ichercr zu behaupten, destd vnllstAndigir in das Lehen der neuen 
Gemeinschaft einzuführen und der uachfidgeurlcd protestantischen Gch 
schichte dadurt^h eine unzer>«tiirl>:ire Grundlage zu gel>en. Indem auch 
Uenke von die&er Seite in das Problem eindringt, stellt er namoutlich 
zwei Gedanken iu den Vordergrund. Der eine ergiebt sich aus dem 
wachnenden Recht nationaler Selbstbestimmung. Ucberftll bcrlleksichtigt 
der Verfasser den Antlieil, welchen die werdcu<lc nationale Selbst;! ndigkcii 
bei der Aneignung der Keforniatio?i genonmien liat, überall soll die Unter- 
scheidung des Fremden von dem Einheimischen da« Gelingen des religiös- 
kirchlichen Werkes oder auch dessen S<'heitern «uwie die Imllien Erfolge 
erklilren helfen, tiberall linden sieb Züge, welche dazu Anleitung geben, 
die Gruppiruug der in den ProteAtautismus eintretenden Länder und 



VorrMe. 



rx 



Staaten nach Maassgabo ihrer nnHonalcn EipreiithUmlichkcit oder auch 
Vem'anc^l schaff zu vorileiitlirlieu. Niernntid wird diese AiiBirht liciitziit^ige 
Mrück weisen, Ichrreicli aber wird erst deren stetige UurclifÖhrun^, welehi- 
iwibsl wieder zur Priifuiijr ilirer'I'ri^rweito Vf;ranhiHBuii{f gicIiL l)er zweite 
G<Mlanke i^t relipöser und theologischer An. Der Lelirtrieb der Ueforma- 
toren war so «tark und wurde dnrch Pflidil^in der Nolliwelir und der Heüist- 
rerantwortiiuis: dergestalt heraus^elordcrt, dass er zu dem Bestreben 
DÖthigttf, erst in der Genauigkeit und Ausftllirlielikeit der Lehrbestlin* 
mnugcn da^ Heil der ßeineiiisehaft siiiheigcstcllt zu sehen; K»»igc war die 
l!Jit>itrliung 4ler »ich ^egeni4eiti^ niiHHchlieHheiideii kirchlii^htiit Rirhtunj^.n 
tieft Protestantismus, also der Confet^sionalismus flaniiut der ihm allein 
diou)i|tiar(.!ii Tlidolngle, welcher durch «eine starken liaiidtt »elbsl wieder 
Äi-heidend und vorteindeiid wirkte, und dcäM3u Ausjniiitjuu^ nachher mit 
ItäduDM^bafi liebem Kifer betrieben werden HoUte; denn or bezoicbiiet ilen 
nächsten nnd lan;;'iliuieniden Uuhe|punkt des protc^lantisebcn Kin'hen- 
loheuH. Aber wliou nullen unler den ensk'ii eonresHiouelieii S'MuleriiUf:rün 
keimte die Erwäping, dana daa HekonntniHK an extensiver Kratl verliert, 
wa» CS im lehrhatler Schürte jrewinnt, das** e^ also um •grössere Cieldoto 
zu umfitssen, auf ein geringere» Maa^s herabgeäel^t werden iuuhi- und dase 
erst dailurch die Gefahr einer bluti» äuif&criieheu Zugehörigkeit vieler Mit- 
glieder der KinOiengenieinwImlt <»der einer iiiueif;»! Ht'**ewiiin in der t»c- 
Dieiude Überwunden wenlcii kann. Ans diesen histurischeii Krfubrungcu, 
die «ich im folgenden Jahrliunderl liäufcn. Kchöpfte Ilenkc »ein Lieblingi«- 
thenia von der UeberKehAlzuiig dos blossen KflrwahrhaltenB, von dem 
kurzen UckuuntniHs und der langen Theotugie und von der Ver- 
eiiifaebuug des GemeiuKameu und der lieilsatnen Erweiterung de« Freien 
und Veriichiedenen, — ein Thcinn duH auch in dieHinu Iturbe \ielfai'b 
dnrehkliugt, und ieb bähe die Wiederholung uieht tllr na('ltthei% gehalten. 
In metlindiiH-bcr Beziehung verdient nurh eine andere RigeiiHcbafl 
kurze Knv:1hniing. Eine Octichiehtserziihluug wie diet^e 8ety,t sieb baupt- 
i^eblieli zum Zwoi'k, den bit^toriselien Hergang als sojehen zu benchreiben; 
flieht wie es geworden, sondern wie e« ÄUgegaugt>n ist, soll gesagt werden. 
Und mit dieser Absieht hängt zugleirh die auf Zeit- und Ortsangaben und 
Penuuialnotizen dun-hgAngig \erwendeie Sorgfalt zusammen, weil diese 
den Leser in jedem Augeiddiek daran erinntrn, an web-her Stelle er sich 
befindet; er wird gouöthigt, den üodcn der Dinge zu betreten und ihren 
Verlauf zu begleiten. Nun still «twar jc<le Geschichte auch vergegen- 
wärtigen; aber es ist ein Unlersehieil, ob dies durch möglieliste Heran- 
xiebuiig des Gegenstandeä an den Besehauer geschieht^ oder dadurch dass 
vielmehr der Lcner in den Stnnd ge»ol/i wird, gleirlisani ans seiner Haut 
2D gehen und an da« historisebe Objeet selber heranzutreten. Es wflro 
laicht m beweisen, dass auch die ersti^re mehr annilhemde Methode in 



I 



m 



üRerer Zeit mit plflnzendcm Erfolg in Anwendung gebracht worden ist. 
liier dagegen henscht die ftndero vor. und fllr die Bildung des histo- 

ischen Sinne» verdient pie nach meiner Meinung den Voi'zug; denn 
'dicacr ist erst dann entwickelt, wenn er die Fflhigkoit und Neigung besitzt, 
vergftngiMien KrHrheinungen «clitni als w)Icheii und innerlialb ihrer eigenen 
VorhältniBse und Zeitgrenzen, nicht allein sofern sie sich im Lichte der 
Ücgenwart verstehen laKsen, einen Werth beizulegen. 

Ich selbst bin mit der CTrundriclitung dief^ir KeformationKgcAchiehto 
ein verstanden. Mag ich au<Oi Über Kinzelnett ander» denken: so doch nicht 
»•ntgegengesctzt, weshalb ifli mich aucli nicht bewogen gefunden, irgendwo 
dem SflirifiHtolIcr gegeiidher Verwahrung einf.tdegen. Von einigen gering- 
fügigen that&itchliohen Berichtigungen abgeBeben. habe ich mir nur an 
Einer Stelle crlauf)t, dessen Urthuil nicht abzulehnen, aber in einer An- 
merkung zu verschiirfen. 

Vielleicht fragt der Leser noch, welchos pcraönlicbc Interesse mich 

ewogen hat, diesea Unternehmen po angelegentlich zu dem meinigeu zu 
toinchen. Ich bin durch geuicinHame Studien vor vielen Jahrcu zu Uenke 
in Beziehung getreten. An uicinoni Bttehlein über Georg Calixt hatte er 
^^InnchcH aiiszuRctzcn; sp;1tcr aber nach pcrHÖnlicher Begegnung und bricf- 
liclior Aunfllicrung war es dennoch der Namo Calixt, welcher ihn vcr- 
aulasKte, mir mit der Erkhirung die Hand zu reichen: ..Ijispen Sie uns 
denn auch tv xa/JiioTOj verbunden ecin." Wir haben das auch redlich vcr- 
lyncht Wahrend meiner Oiessener .Jahre wurde es mir zum Bcdllrfnina, 
durch mügliehst htlufige Fahrten nach Marburg und rlurch Austausch aller 
pet'sÖTiHrhen und wisseuHchaftlicheu Angelegcubeiten mein eigenes Leben 
vn bereichern. Liebe zur kirchlichen Union, theologische Müssigung und 
viele» Verwamlte in dem heidenicitigeu Bildnngsg^inge befreundete umh 
uiger^ und es bat uns auch nicht gcsti3rt, dass ich desi>en ungeaehtct ent- 

diiedeuer al« er auf der linken Seite der jetzigen Theologie meine Stellung 
fand. Nicht minder wurde die Örtliche Knttcmung durch Briefe aus- 
geglichen, und ich uuisK die »einigen zu denjenigen Aeussorungon rcehnou, 
in welchen die Eigenthllmlichkcit seines Gemlltfas am voUstAndigsten 
zum Ausdruck kam. 

Aber so gern ich dies ausspreelio und noch mehr sagen möchte, wenn 
C8 dieses Orls wäre: so kann ich dieses Vorwort doch nur mit der Erklärung 
schtiesscn: Nieht meine »eundschalt lllr flen Verstorbenen und niclit das 
Oedflchtniss vieler einzig schöner Stuuden, die ich in seinem Umgänge 
verlebt, habeu mich bestimmt, dieser Bearbeitung s» viele, — ich mag nicht 
sagen wie viele, - Zeit zu widmen, sondeni es irf allein in der Meinung 
und Absiebt geschehen, ein gutes unil (Hr Viele uUtzlicheB Buch in die 

literatiir eiiiziifilhren. 

Icidclberg. im September 1^74. Dr. H'. fiasH. 



Uehersicht ites Inhalts. 



81.2 



J3. 



f «^ 



Kinloittine. 
AtlKi'oieioer Werth der Gostliichte und Kirclteof^schichte in ADwenditof; 
auf ilie leiztp gmase ppritule. (ianfr der (ienchlclir«. Kin llaIlp^4>po^Thcn 
Aoheirlen fikli. iniicoi sU* iii uinamlcr t'm't wirken. Er>(ti.'r) Stadium lU-r aiu<«nr- 
iitaat liehen uml Iieiinnthlnseu KiwtiLS zweite« der irdisrli ui-yrlindeti?» und 
auf Wolt unil Staat cindrin^^ndPD. N(i;iltun^ der »b«ndliindiHi:hmi imd mor^n- 
l&odischpn Hälfte. Da» rapsttbum wirkt iilä kmt'ti|;eb (iegeoKcn-icbl gtigcn 
die weltliche Alleinht'rrwliafi, doch mit ahm'^hinciidrni Erfolg. Zwisenän 
bcridcn MÜtrhteD erheht »ich ala dritter Factor die wnclifiende HelbstMndiirkeit 
der ahendliindiat'lieiJ <'uJturvolkcr; iniierhalli dcraoHx'ii wird der Misdhrmiyh 
der Papstgfiwalt offi!iil»ar, dalii-r die Ui'l'i>rniarion. Mit derttelhen geht die 
Einheit verloren oder »je idusp eine andere ircrden. 

Inhalt und Chai-akter der itetiereii KirchoiiKCschiohte. Bei numeriHehem 
Warhötliom dftr t'hristKnhrit /.iinphineTidn Spaltiinpr und Vermannicraltiffung. 
Ad die Keformation and (IcKenrefonuation 8elilie»i»uu nicli uyuc 'llivilmmen, 
aei ea in der Form de» (ief^eni^atzes oder itoeh der DitTereoz nnd A^äUifnni^. 
Iiicscr dn.'ht'uden ZtrspliUiTUiig wird durch drei Mil-Iel ontgeffengt-arlmik't: 
1. verachÄrl'le I*hr\'erpHiplitnnfr. di« »her nieht immer leistet wiut aic he- 
xweokt, 2. 'l'reuQiint; von Kirche und Staat, die idier an dem tandeakirehlieheo 
BthlangBlricl' ihre (Ihmizo linder, .{. PHiue und lleniitgtunfi de.-^sen , wafi in 
l^dire lind Lehen rn»rh j;<''neinH.Hm gciilieht-ii WÄr, alsn l'nion iin<i Filrderunii 
der kirchlieh pmktiactien Ihiiligkcit. Aiiitäichten in die Zukunft H. 1 1K. 
l-UntheilunKen Qod BtiarlteltonKen der neuen-n Kirch cngeHchieht«.* 8. IG— 19. 

Ki'ste Abiheiluiig:. 

Deutsche und H«li«oizi'ris<-lie Reformation. 

Erster Abachnilt 

Reformatioii in OeuUchlaud. 

Be«r)ioItunKon und llhlfsmirtel 19—25. 

PoHtiftrhe und literarische Zustünde Ueu tsehlands. Wacha- 
Ihom dt*r l'ürf^tttigi^nalt und Vurtüielie die IteirliHciuheii xu r«(arkeD, 
Ma&imitiun. Adel und Kittcr»chaft- \Vohlbtaud urd UnabhHngJekeit der 
8tXdte. Vermehrang der ümverait'tten. HumaDiaroDs, Literatur und tbeidug. 

^hulen 25— 3)K 

Luther und der A lilanastroi t. Kriedrieh der Weise und Luther'ü 
Jat^end, dessen Heise nach I£om. Standpunkt des l'apHtthunis, Jnliiim U. 
inid Leo X.. der de» neuen AMads auHsvlireilrt. TclzerH Bctriclntainkeit und 
Lather'a Widernipruch, Inhalt uml Tonilenx meiner Thesen, (froatie Wirkungen 
aiu kleinen l'ri<ai-hen. Der nächste ::>elirircwe>eiiBe). Die AasfrleichunKavervncae, 

Cajotau und .^lütitz . . ;M'-1". 

Dir Li-i)>riit/,iT Diüpurtttiun tmd ileren Vorlauf, »k's und Luther'a 'lliesen 
and erstett Auftretitn .MeUnclithon's. (.iroase Wichtigkeit der Dittputatiun 

nml Kihjkwirkuug auf Luther. 4'~h:t. 

Dir Hülle und der Heiehüta« y,ii Wurins. Kaiaerwahl, Karl V. unter 
glloatigen Auspicien. Ketrngen Albretdit'e von Mainz, lebhaft« TheilnahniB 

der ICittersebaM, lUitteu un<l Siekiiigen 5ft — SH. 

Luther'» reformaturicelie Manifesfu: An deu Adel doaiacher Nation, von 
der Raliyinn. (Jeiangenschaft und chriatJiehen Freiheit Kck bringt die 

Bannbulle und Luther verhrenut »ir &s--6:i. 

Roichwtrtg /-u WorniH tVil. Die handeUiden F*ori«inen Aleandcr, iJIapiou. 
Friedrirh der Weift« u. .\. Luther'« Vernehmung wird <in rehgesetzt. Seine 
U«ise. Ankunft. Betragen und Schlustierktitrung. Kntacbeidung widor ihn 
and Reichsacblnas 63 — 7L 



xn 



üelwrmclit des TnhaltK. 



5 t. 



8 'J- 



S H», 



g II. 



$ 12. 



S 13. 



§ 11. 



S 15. 



S I'i. 



5 n. 



Luther'« Verhorgonheir. ond Rückkehr. FlAdrian Vf. nnd 
CleuenH VU. Zwei NUrnberKor Heichetaffe. Der »chleppcncie 
(lang der ReichsUigi?. Lntlicr r1» unsichtlmrc Macrit auf der AVarll'urg. 
Mflan('hthrm'fl Loci OtinUoijici , alier anch lio^Hnnenrlr M.-iÄUnIüJtiKki'it ilnr 
Schwänucr uiul HildciBtiiniiür, Mtinzcr und Käi-lstudC. Luther iu Witteu- 
betK 71-77. 

ItPiclidta^ y.u Nllmliorti tS22, Chiorflgiiti iiud Hadrlan'« Chariktor, VHr- 
äudürler Staudpunkl (.'IctiKTiH' VII. uud Ktirlislieaüliluss von 1521. 77 -'%|. 
SindurhlinduiBse und BiiHorukriCf;, 1521 2U, Erste riirteiune 
der Fflmren, ahor auch /.unofmn'nile ncwognng durch dlp deutsche Uihol 
und dait Lii'd. (ieschtckICK Betragen ('»mpeK^o'H. Di« evanireligche Sachu 
gewinnt nn StÄrki? durch Albrccbt vuu Brandenburg, Johann dcD Bestündigeu 
und l'hilipp von Ilpsscn Sl— R9. 

Der tiaiicmkricg ir^SI un<l deftBon Wirkungen. Wie erklärt dich Luthi^, 
iKt iiKiii'Ii/X'iliir von Enisraiw augcgriffcu wird r Regcu»burgur und TorgaiiiT 

BHndni»^ ■ ■ • S1»- 91. 

Kl>ic•tl^ta^ KU Snoyor 1526. Kriug zniiichen Kaiser und f':tn»t 
1S27. Der UeBohnifiit von )ri26 geht weiter al» der von 1524. Einnahme 
RiMn» dnrtdi deutsche 'IVuppeit. Stelinng Kerdlnande. Deutsche Märtyrer, 
Kaiser und Kliirenbaoh »4 — '.J7. 

Deutsehe Territorial-Kirchenvcrfanauuiicn. n«»»(!n. Die Fllndcn Btel- 
Icn flieh leitend an die Spit»,e ilcr Bewegung. Verfahren Philipp'» von llt^säen, 
I^itit>«Tt von .Arignttn and deaeen ]';iradi>x.-i. Die Hornberger Synode. Der 
deuioknitiM'he Cliurakter ili^r Kirt:hi;nverl"»»ftitng »patcr gemütiert. !)7- Uli). 
Forc»etzung. Preu()»eii uuct SaL-hfen. tloebmeiBter Aibreebt und 
dessen ITnternehinuugen. Synodalordnung von id^O. Anderer Gan^ der 
Dinge in Kuräacbsen. äÜchBlitehe Kircncn Visitation und MeUncbuion'ä 
Vi(tit«liniisbü[;h!oin. hutlicr'.s Kalechitumen von 152'J. Ansehlu»» nuderer 

Lande.ikirehen ;in die häehsiRchc IDft— 117. 

Die Reichstage zu Spej'er und Augahurg, 1529 und :M). Die 
Pack'öcheii 1,'iirulien und die polifischc Lage. 7a\ -Sjwyer sind die Alt- 
gllinl>igen in der Majorität, diilier I'rotCBt.ition und Aiisseheiden der Evati- 
geliöcnen. Besrtinratere!* Hervorlrcti-n de» Luthorisehun Udirckiraktera. Das 
Miirliiirger lie«iirJie-h von li)'i!l Rihrt zur EDtZrweiuug mit Zwingti 117 — 121. 
Mnrburger, .Sehwah-ioher, 'I'organer Artikel. Der Angähtirger Reichstiig 
Von I5',H*. Aleluachth<.<u'i« l^'onlefteioa und deren Ntaudpuukt Die l'on- 
ftiuirion nmi Apologie. Woilere itinero Genchichte des Rciehstige» und 

vergeblielui Xersiiehe <ler Mittelp.irlei. Ergcbninfi 121 — l.TI. 

l'ic .lahre 15;Ki — ■-(:{. Seh mal kal discher Bund. Die Aussii-hten 
verecdilechtirn sieh durch fteliwicrigkeiten dec KüHimereerieht» und der 
K'Inig»wiihl. IJut^r sotchcn Uinsdiiiden iler Fiirstenliiind zu Kchmal- 
kahlen U>^l. Erster Kcligiuns friede von 1533 und gUustigo Folgen, Zutritt 

Wilrtenibcrg» 131—137. 

FortBehrittc der Reformation bis r.uiu RcguuBburger Rclehs- 
tag. 15:t4— 11. Taul 111. mIk Papst und Vergerio. (länsn^e Umstände 
liescarUnkt durch FUr^teahändel nnd l'nruhuu der Wiedertäufer. Desto 
wichtiger die Fortschritte in Wilrteuiberg . Poirmeni, nerzogtliuiii Sachsen, 
Brandenburg nnd ganz Norddeutuehlfiud. Dazwisuhe« ilio Sc n mal k.ildi sehen 
Artikel, die WitierihiTger Concordie. Verbünd hingen mit Hans von Held 
und RegeuHbiii-ger Irterim von 1511. AufDuluiic ilesöelbeo . . t-ll — 152. 
Fortsetzung hirt zum Kriege, von 1 .> 1 1 bis -lii. Zanäehst befinden 
sich nach dem RdebsUg von 1^42 und wülm^ud ded Tlirkeukrloge» diu 
efan|,'olisehcn Atigelegenlieilen noch im W&chsthuin, leiden aber durch 
tjchvttem der Küluer ileforumtion, inneren Zviospalt and JiOther's Tod i54t). 

Da» iViflentinuiu 152—101. 

Der Schnialkalilische Kries and Folgen bis znm Augsburgor 
RellgioQsfriodcn. Das Tridcuiinum von doii ProiestAnlen abgelehnt. 
Die I^ilitik ilet^ Ileriog Iklorftx. Der Kaider verbündet sich mit dem Paputt 
und verhängt die Acht iÜier die Ungehorsamen. Schlacht bei Mühlberg 
\h\',. Karl V. als Sieger vnr.-iuritalfel dns AuL;slMirger luterim von l'>4S, 
voj Jloritz vi^rweigert , nml flucht es (lurciiiunihren. Plötzliche Wondung. 
Kurfürst Moritx uls Befreier Deulsehhinds. Paasauer Vertrag und Augs- 
burger IbOigionstViede von K<.>5. Inhalt des Prtodons, Wobltbat und N'at^h- 
tbeile, nscrtatl» eccUsiasHca. Krgebmaa 161 — 174. 



M 



Ueb^roicht des lnbiltH. 



xm 



Zweiter Abschnitt. 

ReforiiiatioD in der ISi-Iiwcmk. 
I IS. Atlj^ruicioea. ZUrivb. Die ürtik-tic tintl tlit> historische Litge der 
Scbwi'ix und deren VerbiUmiss zum Auslände. Krcistuntea 7üd uii^lcichflr 
Uisctiuno; dciuükruUsclicr tiud iirititokr»titK')ior I-^luiucuto. füi.- Wüldtitiidtc. 
Zflrich, 'Hiuül, lti>m. Ilischüfliclie VerwaltuoFi:. Scliädllclier EinHuBs des 
vVualimJes und der KriffTsdiimate 175 — 177. 

^.uiugti'ä Itciuiiitti, lÜldiitiK. ThiitiKlicit in Glurufi und itüasledclii; Bc- 
rafiioK nacli ZUricIi üiJU. liiisi-lie i-L-forioatoriöclie Scliritte. Rcligiooa- 
gespmch von 15211 und Vorhälliüss r.a l.nther's Thesen, Zwei andore 
DiapaUtiuaeu futgen. l>lo uuuu i.>rduiing ciitgulliltrt uutvr Vcrnerfunf^ diir 

Wiedenaator ITT IW. 

i 1&. Kurißanff der Bcb weizeriechon Uewe(jnnff hi« lJ»2;i in llittol, 
Bern und und er» Orlen. Bnuel adt dem CuncN herülinit und durch 
wisBenächftftliehc Bildung budeul«iid (Erasmuä), erhält in UvkulHuipadias 
einen RcfttnuAUir. In deiD arißtokrarisi-lien Bern lange tvihwankungen. 
D[i»putaliou in lt:uleu \b26 . Bern entnubtiidut eich, andtire Ka]it4>mi folfi^eQ. 

Wf Urkantntic kstbuliach 154 -IUI. 

1(30. Zwinf^ll nud Luther Im Verbiltnlan kh einander. Unde 
Zwingli'D- (Ücichc Abhichtcn Beider bei bt'ilfut«nder ner»<Jnlit;her Vor- 
flcbIMenheit, dabor auch tbi-Mb)|fittvbu r)ifrc-ron£ Über ßeiijfiuu, Kirche, 
Sacramcnt. I^nther emiifindpl eie aU feindJlcb*'n (Jegrensatz. Aboriduiabls- 
Btrcit SchriftcnwetliBn niit Karlshidt, Oekolanipad, Zwingli. Verlauf und 
FuUen dea Marburffcr <_Jt'i*prHchs 191— 2<):t. 

Inzvificbeii dio ■Seb\sei'A Kant zeriullen in einen itrutcätuutinebL^u iiud 
katholiwben Iheil und beide befesriet. Krieg und Schlacht bei t'appel i.>3l. 

Zwingli Oillt, Tod OekoUiuipad'B. NachfolKcr 'lü3—2H)t. 

|# 31. Reformation in Genf. Calvin. Piilit. llintorKfünd. (TenfiDit der .ScbwuJz 
Urse verbunden nnd im Kampf j-e^en Savoyen nml die BtMliitftt. I>ie Frellirits- 
beiden. W. Farel und deasen Erfolge. Schwanken des Senats 2o5— 2»jS. 

Leben, Stndiengting uud innere Knl«trlii.-idung J. Calvin'ii. Erste« 
•S«briften, Fliieht in die Sebvreiz nnd erst* Aiiegafifl der Instjlutjo, 1.VW. 
Slaudpuukt des Werks. Vergicichnog mit Zwingli uud l.utbor. Calvin'» 
Kridt) nach Iiulicu, or «vird für (ii-iif <;ewi>iiiiuu, kann aicb aber our bis 
)5:tS halten. Atifi'nthall in !Str.aafll>iug nnd Itiickbttrufiiug IMl . '20^—210. 

Calvin'» Uerräetiutl in Oeaf. Die .Clrdunnunzcn~ von 1541. Durch- 
fUbmni; der l^irehyiiverlaseun;; nud Kin-Iieuzui.'ht und dorun Cb.uakter. 
Cftiviu ald rnin/4>fte. Die Llberriner und die Oppnairfon. 'l'heolot^.Hcbe 
Ottgocr Cantullto, Kulsee. äervet. Die National pariei nnd iler Kampf mit 
Ihr. Daa »\\c uurl uuiiu Ucttf. Calviu siegt, ifcluu Vcrdicmste uui diu Wiaaeu- 
8chaft. Bilducigwnmtalrön, Sein Tod 15f.4 2Ii]— 227. 

Zweite Abtlu'ilonf:. 

Ausbreitung dor Uetbnuiitinu in Kurojia. 

Erster Abschnitt. 

Frankreich und die, Niederlande. 

[(22. Unter Frans I. ro]iti<u;he nnd nationale Eninickclnog dleacs Landes. 
Das Concurdat von 1&1I3. Die Biacbüf«: im AnachluBti an die Krone, daher 
franzüsittchor Kuthtdioisnius. welcher die kircbÜL-he Oppuyiti'm zur 

politischen macht 22S— '2.i;i, 

Die lutcreBseu Fraue' I. lluiuanismui» und Urtheü der ii^rbonnc 1^31. 
Die Anhänger der Reforraation und deren Verfolgung. Untcrbaudlungua 
mit Philipp von Hessen und MelanchthoQ. Dennoch steigende Krbitterung 
und Blutupfer 2:(:l_2.tii. 

■ J 2a. lleiurich 11. Fortgesetzle Verlblgung. Die Bildung tler kireben-politinoheu 
l'artfien, der t'tuisen uud der Burirlnui» mit Cidignv u. A. Trutz luasöon- 
harter Hinriebtungen dorh Ati>ilireiniug der Refornurtcn Kindie. Natioual- 
«vnudeu svil l5Mt uud Bekenntuisß. Sittenstrenge der liugenoiti-'n 240—244. 

fl 2-L Katharina nnd ilire drei Sühue. Heinrich IV. Unter Franz 11. 
VerKhwOruug von Amboiee. l'nrer Karl IX. K«liBii)nBge»prJich xii iVisey 
1&61 und Edlct von IM2. worauf de r Beginn de» Bürgerkriegs, (temctzel 
lU Vawi)- nud Friede von Ambuiftc. Zweiter timl diillcr RcIiKionskrieg. 
ColJKny an der .Spitze der Rotonuirion uud Katharina von McdicT. Tariaer 
Bhitbocbzcit 1&72. Verhalten Kathariua'a und des Papatea , . VA—'&X, 



XIV 



Ue^raicbt de« lobalU. 



Heinrich III. and Hervortreten Ileiorich's von NaTarra. Vierter bift 
neunter Kelt^ioDskrief^. Die «Irci Uuinriclic. EriuunItitiK HcmrirVs LU. läSU. 
Htinricli IV. «I« Siepi>r mul Kiinif; seliwurt den kjitlmltsuheii (Jluulifti «b IV.t3 
tind Kiitbt I5!)S tlAxl-^IJct vmi X;iiiU'h. Itihnit •leKsrlhtiti. Siilly, (rAiiliiKDÜ 
und Muruay. Stand der Kt?rumiJrk>n Kirche in Frank rcJcti . . 252 — 267. 
§ 2B. VHi' Niederlandp. BeBclmffenhcit de* lindes und der titüdte. Da» I^iud 
an Karl V. Ubcrgej^angrn , der ck Ihevorzii^e und vom Ueich abzulöstra 
üuchte. VolksbilflunK untl .KiLuimcm dvr Rtmtoriker". Der hübe Adel, 
Uranieu und E^uiuut. Wvattct und Kruauius. LchluU'ter Eifer fiir die neue 
Löhro, ahor auch KanatiMiina der WiedcrtJiulV-r. K^l V. gebraucht die 
Ketzeri^e Hetze, mehr noch Philipp IJ. seit 1551), flenii(K-h tcriHUB Verbreitung. 
Verfahren dur Scatthulteruehsft um] neue Biaihtiuicr. Der ..('oiupruiuisä' 
vun \bm nnd die Erhebung dea AiIoIr, Alha'» Regiment und Itlutigenclüte 
1567— *;( 257—265. 

Utrcchtvr Union (I57U) und natioualo Erhcbuu}; bit* zur Bcliciunt; von 
dur e|>ani»ehen iltirritrhaft. Innen- Vi-rliültTiixHe th<r nic^derlHnili sehen Hc- 
forniirteu Kirche unter Wilhelm vun Orunien. Im Nurden der Freistaat der 
vorcinigtcu Niederlande, während die wnllnuiMoticn l'r<)viuz<.'n «ich mit 
Spanien Yertragen. .Schnelle» Aufblühen der Uni verei tüten. Alarnix vitn 

Alüetconde and Kranz Juniun und sndcre Gelehrte 265 — 26it. 

Zvetler Abschnitt 

Reformation in (■rosAbrilatinlt^n. 
England. Gang und EiKfuthUmlit-hkeil derkircliUclienCraecstaÜnng 269— »"ü. 
Ueinrich \"ill., Ifiüü J". üumanist und (iegner Liirrier'fl, lerfällt (lf>er 
»eine EhfBchi'idiiuK uiit dem I^ap«t und erklürt ticli zum Oberliaupt der 
Kirche. Wi.»!»»-}' und Craniutr. Brucb mit doiu rnpsltliuiu, Aufliebuiig der 
KKister und irinrichtnngen. D&s blutige .Statut, und deinen Aurtflihrung. 

Heinrich'^ Frauen 27i»— 2S-1. 

Ertward VI. und Maria, 1517 — 5«. Unter Edward urnstliebe Rcfurmeu in 
Culine, Litnrgip, Lehre und BekenntniBS und im Ansrhlusn .■*« dit; Keformirre 
ICicIitung- ('raiinier alti Kufoni.ator. — Maria ri'glert wieder katholiuch mit 
(.•ardiner. Auaofihnung mit d<;m Pap»f dunOi Cardinal l'oliia. Reihe der 
Esecnrionen , ("ranraer, Latimer u. A. Flucht der TrotpstanCen . 2'*1- 291. 
KJisabi'th, 1568 — 16((;t, als (.irilnderin der Kin-he vtiu Knglaud niuunt dio 
Inritilutioneu Edwards wieder auf. Um^(J^ui(ät^ac.■tl■. Die ;i'.i Artikel und 
das Cuinmtnt prayer hook. lÜe hohe Commissioii. C'hnrakter der onglitichen 
Kirche. Aber die Kinlieit wird nieht erreicht, daher Diasentere als Katbu- 
likeu und Puritaner 291 -3ül. 

5 311. Irland, celtisch bewohnt uml von England uiitörwnrfe», wird .luch iu die 
kirchtieho Umwälzung gedrängt und bleibt dueh meist katholiaeh. Auf- 
uiUhigung der euKliBehoi» Kircheuvt^rfaasuiig. Die englische Kirehe in 
Irland frt.md und ihn-li die iierrteheiidy :iill— .'tufl. 

§ 'A\. Sl- hui tiand. Anlange dur Bewegung, Patrick Hamilton. Der weilere 
Verbuf vulkttthtlmÜcb und arintukraliBch gegen das Künigtlium. Auftreten 

do» .1. Knux ;«)6— .11(9. 

Regierung und Schicksidc der Maria Stuart bis zu ihrem Tode. Die 
RefunuatiuQ vun Knox duruliget'llhrt. Vcrfasäung, Bekenntnis^ und Eigeo- 
flchaften der sohottiftchen Kirche, VerhÜltnisK zw England. . . 310 — 317. 
Dritter Abschnitt. 

Keforiufttiou in .Skimdinavion. 

$ 'A'l. Schweden. Verhältnis)» zu Dünemark. DieHvichsverweserSture. Christian II. 
durL-h Krzbiechof l'roile iintcrBtUti'.t eiegt inSchweden^ Stockholmer Ututbud 

und Fluclit des Küuigs .117—^20. 

Uustav Waaa als KUnig libertümmt selber die kirchliche Reform durch 
beide I'eterüun und L. Anderson. IteichstAg 7,u We»leräa 152". Künigliche 
Rechte, Säcnlarisation und Wiederanf nähme de» Epinkopat«. Neue Kirchcn- 
orduuug und aehonemle ICinfiihruug des cvaugeliachcn Cuttuä. Die »cbwu- 
dischü Kirehe streng l^utlieriKch bleibt .^taatakirche bis in die neuere Zeit 
Vnr/(ige und Naehtheile einer »olcboD ^120 — 32i». 

§ 3;t. Dänemark und Norwegen. Hier bt die KOntgegewalt durch den Adel 
beticbrÜukt. l*iu ihn zu i<IUr£On genebmiict Chrixtinn II. die vvangelixclic 
Wedigt, erlaubt wu er in Schweden verwirft. Slartiu Rctnhiird. Daher 
A.b&U da» Laadea. FrieUrich L ab Naohfulger ochont die altgläubige Partei, 



§ 26. 

§27. 



5 2S. 



$2*... 



Ueltersicht dus Inbalt«. 



XV 



deoDoch ICinilihruu}{ der RefonuatKin doroli deu Rcichatag zu Udensec 1527. 
Hiuis 'l'uUfteii und dosHcu Bckonutuiss {b'M. Kiirzo Kcaction duu-li ('lirintiHti II. 
in Niirwi'gen. Nach Krii^dnch'it 1. Tode AUi Üuccmninn »tn'itiK- I>iis Untcr- 
auliiutiii LÜbeckü nntur Wullcancvcr äcluritcrt. CtiriHtiau II 1. als Sil'^it 
rogi'it die uvur Kircbc und herufi Bii{>;pnh.'i^'eii, Uciclistus /.u (idensee Iä:is». 
l>er KJioig als iil)i>rNt'-r Hi.-tcliot', Anftittliun;^ di>8 HrzIiiMtlmuii^. Krtol^t* in 
Horwucen und Ulaud. l>ie dkuiacliu 8tnat&kin:)i(<, Lutherisch uad einliL-illich, 
htt 8i>at«r ihreu (-■oiifcssiüuL'lleu Charaklei aufgogobeu.— Aohulicbe VerbJilt- 
niase in Xünt'Cgea, aber dciuulc rausch 329 — 337. 

Vierter AbschnitL 

Kirchliche Erneuerung iu Polen and Ungarn. 

} 3{. Polen. Di« poloittclio Nution war fuei Allein durch den Adel vortreten, 
dieser »her der kirchlichen Neiiarun^' RenBigt. Auch Biachoie wünnchen 
EuancJpatioQ von Ht>m. Sigitiuiund I. widfrHtTobt durch Vurhote und l-üii- 
»vhroilunf'eu; trotzdem grotisf Auithrt'iltitij; der (>vangoIt»di<'ti Lehre zumal 
anrer Sigisiunnd IL emt 154^. Heichhtape von I5ä2 und är», Kaiubf uiit den 
HiHchtlltm. Juhanu v. Laifki aU rcfunuutorjuvhe I'er»(>uUchkt;it : Lubuu und 

Wirksamkeit 337 M\. 

LAäkl wieder in Polen. Der KeicIiHtag zn Warschau vün Ibitü nntitr 
GeffenunalruQguu^'n de» Li|i]>uauiu und HoHiua. K» geliu^t eine Olvich- 
stellung dreier |iruU'»tanll»uner C'onfL>i^aii>nen. daher die UntoD»»yiiude %'oa 
Öe]jdi>mlr li'Tu und dio Pax 'üssUieHtmn der vier Kirchonpartcion vnn 

,1613. Heinrich III. von Frankmich 314— ;il7. 

Von nun an kirchliche lU'action, Stephan üaüiori katfaoliscli, die Jeeuitea- 

herrschaff hegiiiul ft-IT-lMS. 

Schicksale der ÜBtseelitnder, namentlich Lieflnnds, woitelhflt unter den 
Ueenueiatem de» deutschen Ordens die Lutheriti4:he Kiri^he aeit 1524 Kift- 
gang gewinnt, durch da» PrlvUcginw S'ujismnnJi lötil Huerkuuiit und unter 
iiobwetliiMher und ruBsischer Uerrscbaft aufrecht erhallen »ird . Ws — 3*)l. 

S 36. Ungarn nnd Siebenbürgen. Dieses Land durch Stainniesunterschiedc 

e!tbeilt, Tou deu Uuguateu .uhhünioger aU vun deu ItJsehOt'en. Kliutg 
iidwig U. widcrutrubt, ßilll ahcr iri'jti, tiniöligi- Folgen der Schlacht vnn 
llohacz. Johann Zaindys und Ferdinand I. als Naehtblger. Tereniv und 
andere Magaitcu »ind der evacgeliscben lUchtiing 7.ugethan. M. uevay 
nnd J. Sylvester «I» UetVirmaturyu. Conffssw Pcniapolituna und Czen- 
geriana von IWS, Scheidnng der Lntheriflrben und Iletornijrien Cunfeeslnn, 
uueb rasche illUthe un<l Verbreitung heider, auch Uiddung unttr Ferdinand L 
und MaiimtUan Q,; erat unter Kudotiib gewinnen die Jesuiten freies 
Feld 3.M— :töS. 

Auch Siebenbürgen war durch Stümuio Ketheilt, kirchlich itber fast Alch 
aelbsr ilberiaesen, daher leichter Zugang der Lutherischen Lehre. Per 
Refuruiator Johann Hontcr. Die Gegentn aast" regeln sind vergehlich, diHih 
gewinnt die Reforniirto Richtung seit V^V^j die Obcrliiiiid Über die Lulbcriäche- 
Landtag zu KInuaenhurg I.i5(> nnd Keligionsfrciheit von lä.')?, daher auch 
Aufnatiuü der L'nitart«r 'Afn — 3til. 

Fünfter Abschnitt 

Keformbeweguug in ItaÜLu und SpanieD. 
I 36. Italien. Dieaea in viele Herrschaften zerstückelte Land bcfund sieb nach 
Literatur, Wissenschaft und Kunst iua höchsten Aulachwung. Der Hunia- 
nisnina, geachinuckvoU, elegant, aber unkirchlich verband die hjiheren 
nildungtikreise, t.\x denen aber auch ernste Männer gehörten. Das „Orato- 
rinm der göttlichen Liebe" mit unKleicburtitfen Mitgliedern wie Contarini, 
Sadoletus, CaraffiL I^inzi'lno Kreise iu Venedig, Florenz, Fcrraru (Renata 
von Kate). Zahlreiche t"rennde biblischer Frünmdgkeit wie die IlrUder 
A'aldca, Ocbino, P. llarlyr, I'aleario und Andere. Verbreitung des neuen 
GeifltoB 3iil— ;5t)b. 

Unter Paul HI. Bogion der VorfulguuK durch Jcsuitieuius und Inquisition. 
Flucht and LeWn^tHufe der Häretiker, 01>innia Morata. Das Uilehleiu von 
der Wuhllhnt Cbrittti. Die Inqnisitiim erreiclit Venedig, wo »ich die cvan- 

Belische I'artei gehalten bat. Diu Uiurichtuugou. Wie erklärt sich der 
ntergang des iulieniscben IVitestantlsinns? 368 — 373. 



XVI 



Uebomcht Uus tnhalta. 



§ M. Spanien. RUckblJck uuf die frllbcre ßescbichtc. Ferdinand und laabclla 
votlziolien diircli AIiöulufiNiuiiö »Uc kircIicii-jK)litbt.-ht' Einigung dca Rviclis 
imd die Siclicrung pegeii Int-iiri-fCtiuii nud llJiresic. Leislungen liw» (.'ardinul 
XiujL-Duz, Eintlus» Aga Utiiuaniiduu» und ItuiiiifitiuiL — Die hrutcatauti&choQ 
Rt'gutigou untvr Karl V. in Sevilla, Valludulid. R. dv Valcr, Egidius, 

I>ryandfr u. A 3"4 -379, 

'Unl>eQgflauier Widerstand l'bUifip's il. Krncuonini; der Inquisition nnd 
die KüUic der Autu da Fi-'u seit \ii\K Unter den Opfüm Augustin Cazalla, 
C'iinstuotino Puncc, de Se«o. Der Prucesa gCBea Luis du Leau und Barth. 
('Arnin£;ij dlp (ieBcbidiie der FranxiBca Ili'rnandi-'z und de* l''raiicI»eo Ortin. 
Vt'illigt' tntcrdrUckuiig antl diTou l'ulgcu, l'ortug»! 3"9 — asb. 

$ :is. Suhtitsa. Ruäabmd bleibt uubcrtibn uud Ividut donh fUrcbterlicli unter 
hvan dem .Schrecklichen. ~ \'Drgleiehun(!' der ICntatehuiigsweisen und 
Furmca der prutestautijichRn KircLun in Kuropa ast) — 1(91. 

Dritte Abthoiluug. 

Separatisten und Soften. 
Erster AbHchnitt 

Vorwiegend I.uthi'riache Herkunft. 

§ 3a. l^inleitende«. l'rsachen, UVrth und Ki;ion8ebftfien der kirchlichen Ab- 
Bondeningen. Bedeutung tilr die iCukunft und Verliältniiiii zu den (.'on- 
fi-'BsiüUon :i92 — 'AM. 

§ 4<». äcbwcuekfeidt uud »ein Anliftng. Vuu Luther aiigerVKt flillt ur vun 
Ihm ab und steigert die LiKhorisohe uVstik tum Kxtretii. Loben und Lehr- 
ansichten, Bein SpiritunliMUiUH. Die Urtlieito Luther'» und Melanubthon'a 
und ilit! .Seiiickisale »eim-r rsirtoi 391—3119. 

§ II. SebüHtiun Krnnk. Iiücbst au&^zeicbnet als Volksschriftsteller, Uist^iriker 
und Satiriker durclibricht al» T'hiloBoph die Schranken des Doj^aa last 
bia /.um PantliL'ibUMiii. Harleguug udnt'r Ansichtuu und Pulütuik. Qjiupt- 
»fliriftiin 399- -106 

i 4.'!. Die Wie dertliufer eine Uandwerkerliewejcnutr, ihr PHncip der tV«dbeit 
und de»« Geiati'p . ihre Signatur die Wicdertaulu. Vt'rliiittuiss zu Luther 
und /,\rin^li. Thuiim« MUn-Aer's Irrfahiteu und Scbriflen, andere Anfübrer 
und hetrjgp V'erlblgungeu. I>ie .Schrcekcnazeit in MUnster nud deren 
Ausgang 4UH--1U. 

§ 13, Die ranfgesinnlou eine geaundcro Wiederbcrstellung der Wiedertüufer 
durch Menno Siiiioiis, ihr präkliitclicr UnindKatz die Ueinheit der (torucin- 
»ehat't. Dietie Meunouiten bald zeriallend in Feine (Flanitngor. Frieaeu, 
Deutsche) uud Grobe, weiter venwcigt ab Apoutooleu, tialeniüten, Baptisten 
nnd in der tlofomdrten Kirche verbreitet 114 — llS. 

§ 44. Autitrinitarier, in denen der kriÜMche lYieb einseitig xuci Durchbruch 
komuit, in Dculochtand uud der Schweiz, um Ib'Ib. Denk nud Uetzcr, 
Katitz, (;i»itdiu8 Vun Turin, Cainpanu». SpccnlaciTC Kritik ndt prophetischer 
Scljwjimicrei gcniiÄcbt in D. Joria US — 123. 

i 4*1. Sorvct als bedeute tidstur KeprÜscntant de» autitriuLtAriscben und doctri- 
niiren .SlandpunktH. Lehen und Scbrit'ttin Sorvofa, «eine Woltantichaunng 
und l'ulemik. Kr koinuit Utb'S micli Genf uud wird gelangen. Procviü 
pcgfu ihn unter Theiluahuie Calvin's. Hinrichtung und mstoriachc» Urlheil. 
Kinigo Oeiatesverwandto «ie (iriliaJdo, tJentile, Blandrata, Ocbino. Ver- 
pflanzung des ÜoitarisrauB nach Pulen, auch Rückwirkung auf Deutach- 
land 42:1—133. 

§ lt>. Die Soeiniauer. LSlius und PauBtu» Socinua. Durch den Letzteren 
werden die unitariflchen Kli'uieute in l'oleu geeinigt und die Suciniunisclie 
(ifmeinde gegrUmlet. Leliro derselben nacJi dem Kakauer Katechismus. 
Das ratiDDale Princip im Anschluäs sn die biblificlie Aucturität. Auf- 
Bchwiing uud Bliithe des sanu«iiBi;Jiou Alben, welche» aber lt»:i>« aiifgebnhen 
wird. Die Sncinianer lfi(>u verbannt finden Aurnabme in SiebcubUrgen und 
Kbusenbnrg, auch zerstreute Kxiatenz in Preusücu, Kngland und Amerika. 
— Die 'niatigküil der Hoeiniauer eine literarische und kritinche, daher 
die Ilüihe ihrer Schriftsteller nnd die Biblioiheca fratrum VoUniorum. Wie 
wirkt ihre Kritik auf das Luthcrtlium? 433 — 147. 

LitemriKcho Niichtrago und Bericliiiguugen (luiu grüssotcn Theil aus gefalliger 
Mittheilungj 447— I4S. 



E i n 1 e i t n n g. 



§ 1 Vorbemerkungen. 

Die üoaclitcbto ist Öfters bIb dio W'isBeDBchsn; von der Entsteh ungBart 
der Gegenwart aus der Vergungeiiheit deänirl worden. Damit wird was 
rie ist aud Iciütet, nur uuvullstüudig ausgesprochen. Auch abgesehen ^mi 
Jeder aumiltelbareu Urauchbarkuit hat es seinen nuverliurbaren Wertb, zu 
wiiaeu was gewesen *) und durch gcdunkenvulle Ttiellualimu an dem hinter 
uns liegenden Leben der Menschheit unser eigenes zu erweitern. Aber 
alltirding» dient der praktische Kutzt-n wesentlich dazu, das historische 
ätndtnm lebendig sn erhalten. Die Uegenwart verstehen wir nicht ohne 
cus&mmcuhAugunde Keniitiiiss des Vergangenen; vun ihr entbtösst verfallen 
wir entweder dem Fehler, das Jetzige zu ungtlnstig zu beurthellen, als 
wftre e« die letzte Zeit, oder dem andervo, es zu überschätzen, als trüge 
Vi sehun die Krflllluug aller Ideale in sich; sie allein befreit vun falscher 
Keaignatiuu, aber auch von dem aar scheinbar hohen, in der That aber 
buhlen Idealismus, welcher die gegcnwürtige Lage nicht begreift, die ia 
ihr orwai-hxenen guten Kigentichaften und Knifte nicht wdrdigt, aisu auch 
nicht auf die varhaudeucu ÜcdUrfuisae heiluam hinzulenken , noch zum 
Kampfe gegen ächHden, Uebel und Entartungen anzuspannen vermag. 
Dasselbe gilt auf dem religiösen und kirchlichen Gebiet: die Theologie 
filhrt zu praktischen Aufgaben, an deren LiVeung Iv'iemand mit Krfolg 
arbeiten wird, der sich nicht durch geuauero historische Kcnntuissnahme 
vorgebildet hat. Es ii^t die ganze Kirchengeschichte, welche uns den 
ToUen ächatz der Erfahrung mittheilt, der letzte ITaupttheil aber besitzt 
darin einen eigenthUnilichcn Vorzug, dass er, höchst lehrreich nnd gehalt- 
voll in üch selbst, zugleich die Gegenwart wirklich erreicht und damit 

*> ttesdrt quid ante quam natus eis accideril, iä est setnptr esse yttei^tn. 
Cicero, 

n«Bk«, Rlnboiifewblohi*. | 




Eiiileilting. 

endigt, die letzte und nüolintH GunesiB de« gogenwürtigcn ZufttaudcB zi 
buttulircibcu, zu zcrKlicdcvu nud vei-stfludlirh xii tnarheu, — üiii Vortln'il, 
d(T denoa zu Statten koniuion knnn, die »ich vii^lli^iclit bewogen tindo), 
mit ilie&vm dritten TUcil ihre llicolugibcheu btudit'u itbcrbaupt zu beginiirn. 



Bei der KrÖfTiiung dieücr Vortritgc Über ucucrc Kirclicugcschiclito mdge 
dii; Krage voriinstelieu, wii> uicb dieBo Ictxtf, 3''-^ JnlirliuudL^rt»? »mtkuBeiide 
Äbtliciluug als an ätück der guuzcn Rireltengcbcliuililu zu dieüciu Uauzi^n 
verbitit 

Es geuUgt uii'bl, zur BinDtwortuug dieicr Frage Udiglkh die Bedeu- 
tung dcH iCeitabiicbnitU in Krwilguug zu ztpbn, mit welcliKm dlcsu Periode 
beginnt und dnrcb den siv gegen die frUbere »bgegreuzt wird. Denn 
wenn auch mit einer nulcbmi Kpochi- Neues erwäclitit: so hört dorb da» 
Alte iiovb uicbt itui' zu k-bon. Die Pcriudeu eines solchen Ganzen wie 
dif^ Kin:b(;ngeii('hichli>- luibon wohl Anßlngi^, aber kein völliges End<^. Das 
Hull hi-istii-n: Maiichea koniuil allerdiiiga in einrr vorgeritekt(>n Zeit hinzu 
und n^ltliigt d;i, wo cä ointiitt, auch zn eiucni Einschnitt, aber es giebt 
nachher seine Existenz nictit wieder auf, Süudorn wirkt auch fort in alle 
folgenden Z<>itiLlt«r hinein. Der grosso Strom nioimt neue Gewässer erst 
fern von seiner Quelle in sieh auf, aber einmal eingt-flnssi-n bewegten sie 
sieli in tiud mit ihm weitor, ubue zu vorschwindun; dor grosse Itnum stützt 
jedes Jnhr neue Ringe aii, aber so lange er wächst, bebaUiüi auch die 
alten ein Dasein und bilden seine Mitte. Das K'uid wird ein Mann, abi-r 
diu Eindrdeke der Kindlitiit brstinimen auch dessen spüttrc Jahre noch. 

Werfen wir auf alle Jahrhunderte bis snoi secliszcbnten einen flüch- 
tigen Blick: 80 b» gegnen uns grosse («eÄinuntvcrbitltiiisse, eine ursprdng- 
Uehe Clescbiedenlu'it des Kirehlieben und NiehtkireliUi-ben, eiu Zusammen- 
gehen beider und II in eingezogen werden des Einen in das Andere nnd 
endlirb wieder ein Auseinandergehen. Wir ktWinen und müssen diese \'er- 
liftltnisse periodisch trennen, aber immer nur bu, dass wir in dem äpiltereii 
auch das früh«rc noeh nachwirkend anerkennen. Wirklich sind die ersten 
drei Jahrhunderte geschieden und in sich abgesondert wie kaum ein<t 
andere Zeit, ~ als die Epueho der Belbstüudigkeit der kirehlicbeii Kut- 
wickclung um den Preis der Nichtnnterstlltzuug der Kirche von Seileu 
des Staats und auf diu Gefahr der Verfolgung durch ihn. L'nd deuuueh 
übt die Thutsaelie, das« eben diese Selbstfiudigkoit tier kirehlicheu Ver- 
waltung eine 300jälirige iJaner und Festigkeit erreicht hat, itiron stillen 
Eiulluss bis in unsere Tage hinein, denn sie ist der bist^jrisehe Grund 
einer stets im Kcw^iiMtj^vln de.r Christen erhaltenen idealen Erhobung Über 
alles Diesseitige, also auch der Grund davon, dass die Kirche nicht in 
den Staat anfgegangün ist, sondern beide als anterechiedenc Grössen fort- 



bestuidfu liaWu. Ik wieviel SlufcD der AuiiülieriiHg uud Wifcbsd Wirkung 
»itcli äUal nni) Kirobe zn einander getreten sein inÜgcD: soviel ist doch 
sl<'ti (■hriatliclicii Zii:»Wu<l''ii eigen geliliebrn, dasK irgend ein M».i8a von 
$^!hfidniig zwiM-heii wi'ltlicbi-n und geistürbeu Dingen, weltücber und geiut- 
llrber Vcrwultitug und Bt^liandliuig Hieb erbaltea bat, was sich wieder 
hisltirifcb dai'Hus erlilärt, dnB8 nicht vdii Oben tioeli von Ausäcn her, otwa 
durch einrn Kflratcn mlcr liiscbof die Kircite organisirt worden ist, sondern 
uaturwU^li»ig vuu Unten aoa der (Gemeinde und von Innen heraus und 
wüLi-cud einer dreibutidertjäbrige» Gegenwirknug auf den Stiiat, welchem 
i>iL* erat den seitdem iigeudwie IwbAupteteu Uoden ihrer Kuätenz abgc- 
wunueii bat. 

I>ai-:iur folgt die durchgreiieiulfttc «Her Veiünderungen , welche die 
KirrbL'iigc&ehichte aufzuweiBeii lial, uHmlieb mit und äeit dem vierten Jahr- 
hundert der CeWrgaug der Kirehc in das völlig entgegengesetzte Vorhftlt- 
nirf», vom Streit zum Prieden mit der Well, zum ruhigen ZaBammenHetn 
Ih-ider und zur geordnetiiu Wechselwirkung. Audi dieso Stellung liat 
ecitdem nicht wieder aufgehört, wenn auch in der Neigung, das Zeitalter 
CuDs(:iutius und dcdtaen Filgeu »rbwarz zu malen, der Kiudruck der 
drei ersten Jahrhunderte sich dauerud fortgrpfUiist bat. Die Kirche bat 
von OuDdtantin uu nicht mehr auf die ihr angehörigen Einzelnen ihren 
itcillgcndüu Kiuilnes geübt, Bouderu ist in da» i^tfentliche Leben der VÜlker 
und unter die erziehenden und wettregiereudeu Milchte eingetreten,* um 
den Gang der Völkerg ese.hiehtc im weiten Umfange bestimmen zn helfen, 
BIO bat deu ßlick vum Himmel anf die ßrde zurUekgewaudt, um aueh sie 
als eine Statt« der VerM'irklicbuug des Ueiehes Uottcd anzuerkennen; etatt 
dex bhfUKen Verweisung auf das jenseitige Heil bült Hie eich jetzt uu diu 
Wurtu, daiM denen, die Oott liehen, alle Dinge zum Besten dienen und 
daaii die UottdeÜgkeil die Verheissnng dieses und des zukünftigen Lebens 
für uicli habe, und statt der mU^sig hiiibalteudun UolTuung auf eine pU^tz- 
ItcLe und wnndeTvolto sichtbare Krmeheinnng des tausendjährigen Reiches 
C'hriäti, welche sie eiueit iu den Zeiten der ^oth gestärkt hatte, folgt Bio 
der AaObrderuug, aü( dem irdischen Hilden selber ewiges Leben und gött- 
Ucbcö Ilelch 2U verwirklichen von einor Klarheit zur anderen. Von den 
«rt^trn Jalirliuudcrteu di-r lleimatblosigkeit bringt sie wobt die ilberirdiseho 
Lt'tit-iisaitaieht mit und fahrt fort, die gelBÜgeu Mitlei, welche d-AA hüchsto 
Ziel dem £inzelnen wreiclibur maclieu, su veikUndigcn, aber sie mnsB 
zngleirb selber Hand unlegen, nm dem meni^eb liehe u Zustande im Ganzen 
ein christliches Gepriigo zu verleihen, und dndnrch wirkt sie wieder auf 
diu Einzelnen, welche nnnmehi- lernen aollca, an der Umbildung der ver- 
»übuten Welt zu einem Werkzeug und Träger de« Geisto» und zur StÄttc 
der Erlösung zu arbeilen. Zunächst wirkte dieses Irdisebwerden wohl- 
Uiitig, denn os gewiUirte die Möglichkeit eines ordnenden und sittenbilden- 



Einleitung. 



den RiufluHsea auf dtu iicnliiiizugetretcncu Vtilkcr; iiucbhcr gescliah viel zu 
viel in der VorweUlicImng, »ie erzt?ugt^ ITiTi-wrlmui-ht, un<l darllber zer- 
brach, wie früLer das Reich, so jetzt die Kirclic in eine örtliche und 
westliche Hälfte. Wie nngeheuer dic^or Abstand! Wie geistig und bildsam 
daä Oiribteulhuiii, dass eine solche Vcrftnderuug tteincin Wesen nicht za- 
widerlicil Eiust war die Losung: Ötauli der Erde" von den Fllsaen, Flnebt 
vor der Ileidenwelt, liciuiweh and Nielitigkcit der Welt! jetzt lautete sie: 
Alles ist Euer! Und doch haben in gcwibseu MflAssen beiderlei Ge- 
sinnungen uiit einander fortgedauert, ohne sieh zu veniichteu. 

Auch bei diesem Standpunkt ist es uieht geblieben. Bei der erOfT- 
neten WcehHolwirknug vttn ("hriKtenthiim und Welt, von .Stiuit nnd Kirche 
hat die trotzdem noch gowjiltgjim festgehaltene ölte hristli ehe We Itflueht nnd 
die mangelnde BBfrcunduug mit Volk und Vaterland nberall nur zum 
Separatlbrnua gefuhrt, wie zuerst im MOnrhthum und uuebher bei jeder 
Carieatur desBolben und flberall, wo mau da« Weltliche nur ;i1j» iinver- 
besserlirben Gegenstand dcrr Abwendung betrachutc und aufgab und mit 
ihr das ganze Diesscltigwerdcn des Kciches Uottcs. Im Oauzon ist auch 
innerhalb der weltlichen Verliültnisric die Oiristenbeit eine grosse Gemoln- 
schaft geblieben, das llewusstsein ihrer Ziisaromengehftrigkeit , wie sehr 
anch beschädigt und geschwächt, hat sieh wenigstens als ein Pflichtgefühl 
fortgesetzt, das stets wieder lebendig werden kann. Die religiöse (Gemein- 
samkeit, wenn aurb erüchlafTt, itit immer die innigste, man empfindcl es 
starker, wenn Tnrco's von Christen «nf Christen losgelassen werden (1870,71). 
Dagegen hat die Kirche, seit sie mitregierte und in die gi'ossen Aiigelegeu- 
bciten der Völker verwickelt selbst zu einer öffentlichen Angelegenbett 
geworden war, von dieser Seite her bedcul4^nde Rückwirkungen erlitten. 
Nationale und politische .Spaltungen drangen in ihr Inneres ein, der natüi*- 
licho Einignngstrieb, wenn auch nie ganz erloschen, kam nicht zur glück- 
lichen ßcthatiguDg, was einigen sollte, wurde selbst in die Treunnng 
htneingezogRU. Zuerst freilich, so lange das Römische Reich Bestand hatte, 
vcrti'ug es sich wohl mit dem ungefähr cntsprccbendeu Umfauge der Kirche, 
und beide Einheiten befestigten sich gegenseitig dergestalt, dass der Unter- 
gang der Römischen llenschnfl zwei Jahrhundert« lang aufgehalten wnrde, 
wiihrend die Kirche von ihr einen nuvertilgbaren Rer.litsbodeu empfing. 
Aber schon die erste grosso, das weltliche Römische Reich aus einander 
treibende Spakung, die in eine abendländische nnd morgenländische Hälfte, 
übertrug sich auf das kirchliche Gebiet, langsam zwar und zijgernd, denn 
immer wieder erinnerte sieh die christliche Gemeinschaft ihrer Mission, 
Frieden zu bringen nnd selbst daa Wideratn-bende zuHammcnzufilhren; — 
man denke an das Henötikon, die Zugeständnisse Jnstinian's, die näch- 
sten Versuche der Kaiser, an die Tage des Photius bis herab zu den 
Unionsverhand hingen der folgenden Jahrhundertc; dennoch aber war der 




Uruch hn 11. Jaiirliiindert ausgesprochen, und er ist niemals wieder ge- 
hellt worden. 

Von nun an gehörte die abendIftndiHclie Christ«nlieif ansamraen nnd 
war durch gcmcinHamu Intert'ssi'n auf »irh »ngL-wipaen; allein ikr Theilun^- 
proc<-'S8 setzte sicli auch in ilirer Mitto fort und zog die Kirche In Mit- 
lei dt' nKcliaft. Ge8chie4li'ne Reiche traten an die Stalle der vormala Römiaclieu 
I'rovinzeu und bildeten sich nach ungtoichor Gesetzgebung und L'cber- 
Uefurung; daher nahm auch das kirchlicho Leben in den einzelnen Ländern, 
Spauieu, England, Frankreich, eine andere Ge&talt nn. Dem gegenüber 
und die ceutrifugale Kutwickeluog niederhaltend erhob »ich nun wieder 
die krjifüge Kcstitutiou des welllicheu Kömischen Kaiserthums durch Uorr- 
BchiT wi»^ Karl dar Groase, Otto, Heinrich iU., und daneben noch 
eiotlufisrcichcr eine neue geistliche Römische Herrschaft, coucurrlrend mit 
jent-m und mit Htärkereu Mitttilu der Einigung nnd Leitung aii»gerüBtet. 
Ua« Papstthum, indem es den Völkern und Staaten gemeinsame huchatc 
Pftit^hten uud Ordnungen niifcrlegte, hat sehr wohlthiftig gewirkt, bo lange 
es seine Macht auf wahre Verdienate grilndele uud aU Gegengewicht gegen 
weltliche AI leinherrsch all die Bedingung und den Schutz fUr Heranbildnng 
freier Stände gewahrte nnd aelhät den ImpuU zu theoretischer Gestaltung 
des Rechtlichen darbot, aber von da an antirhristlich und jeden Wider- 
stand prurociroud und anturiairend, wo es seine stolze Herrschaft um Ihrer 
iolbBt willen übte, also auch om den Preia dor Deschfldigung nnd Unter- 
drückung derer, deren ehristliehe» Lebcu zu fördern ihm oblag. 

Dal war eine neue und dichtere Verkörpoiiing der Kirche, als welche 
die Advocatur R<)mitielier Kaiser hatte entstehen ln»aen, und »u: hat sich 
bei der Mehrhi-it der C'hristLMi, 17<> Millionen, Geltung und Ani-rkcniuiug 
Tcrschafft, wenn auch mit abnehmendem Erfolge. 

Bisher haben wir nur Eiuhcit «ad Trennung, Macht und Abhilnglg- 
k«iil auf einjinder bezogen; nunmehr tritt noch ein anderer Factor iti Krati 
dnreh die Entwicklung eines dgenon geistigen und religiösen Lebens der 
kirchlichen nnd nationalen Gemeinschaften. Und dieses Heranwachsen 
gerade der cigentUclicu occidcutaljschcu Cultu:-völker zur Selbständigkeit 
war trotz aller pÜpsUirhen Bevormundung doch nicht midir aufzuhalten; 
die kirchliche Zucht selber hatte sie dazu vorbereitet, wonach sie jetzt 
tracbteteu, sich selbst eine kirchliche Verwaltung anzubilden. Missbrauch 
dur Kirchengewalt durch die PJtpste reizte und bekräftigte noch dioaen 
Trieb, aber die Versuche, die gorechten Forderungen gegen aic durchzu- 
setzen, erwiesen sich im 11. und 15. Jahrhundert noch fast erfolglos; uq- 
voUeodet blieb das Werk, aber so Vieles drängte uuaufhaltsam dahin, daBs 
die nj&chsto grostiartige ItKWiigung In der abendländischen Kirche mit einer 
ebenso tiefgreifenden ErseliUtlcruug des Papstthuma verbunden sein musste, 
L'od eben diese bat das l(i. Jahrhundert faerbeigeftlhrt, mit Ihr eine Zeil, 



(} KlnloItUDfT. 

wo Äucli die cliristliclien Völker des AbeodUndes »ich noch weiter «".heidun 
uiid im Vi'rhilltni»i3 im ('Iirielrttllitun und Kli'cLu lui^leti'liü Kij^eiithllcuUcb* 
kciteii in geeülldt^^ten l^tndeakirt'Iie» bei innigcror aber nngleirltiT Aneig- 
nung dc8 Comuiusnnu-u entwickeln aulltcu, wu hIso die Auff^abc euUtnnd 
und sogar aunäclist n««^li nielir iti die Pernv gcrllrkt wurde, in der zu- 
nehmimdeu Verschiedi.'nbeit, ja tn»tz derselbe» und ^ßgon «ie die Kinlieit 
und den Zusauimenhnug Einer Cbris-tcnhoÜ, niindostens Eines cbrist- 
licIiL'n unioingcfUliU dennu*:li entweder m rctti^n oder auch neu 
hervurzHbriugen, zugU-icb die boroclitlgt^'u n»rorfiiiiti>risclien Pord^rnugen 
zu befrii-diguo und viiTUeiciit im Zudanuncnliaii^r daiiLit ßcidus, das llL'rau- 
reifen loben»vollor Mannigfaltigkeit iu der tioschicdonbolt und docli auch 
die Eintracht au fördern. 

Wie liat UUD die Epoche vom 16. Jalirbnndert .in diese Aufgab« gelü«t? 
Wie weit und wie weit uoch nicIitV Eine Kirche, Kino Christenheit 
»oll «ein, zunehmende, reifende, elgentliflmüehr und charakt4'rvoIlo Hilduu|f 
Bull elRjnfnlls »Uittfindcu und ge^deihen, dirse abi*r treibt anHüinnuder. Win 
köODen diese lürhtusgen :(iusumuioa bcstebeuy Was ist gOBchchen in diesem 
ConHiot, Bei fs zu dessen Vertiefung oder Heilung? In dicj*cr Frage ist 
ancli uDtJL-rc Antgabc ciitbaltcu, ett ht die Kirchcugc-öcbiulitL- dor Iutzt«u 
Jiüirliundertu, wcUdio darauf zn antwurtuu IiaL 



§ 2, Zar üeberaicht. 

Jn diesen letzten ä'/s •^^lifhundertua ist die christliche Kirche wie an 
Dmfang de-s von ihr eingenommenen Boden» so an Znlil ihrer Mltgliedor 
bis zu einer uiuinals zuvor «iTcichteu Stufe gewuchaeu; iu alUm WellLheilen 
hat sie entweder einen festen Beätaud durch Anerkennung der Staaten 
oder duch wirkBame Misitionen wie nieniaU vurlier. Nach den neaesteu 
statistisiben Üerechuungeu werden anf der 34-iü Milliuneu l^uadratmcilen 
umfassenden Erde 137& Millionen Menschen angeuuninifn, unter ihnen fast 
UKN) Millionen Nichtctiristeu; man ziiblt z. U. ItiO Aüllioneu .Muhamnicdaner, 
7 Millionen Judeu, Iluddliittteu &» viele als Christen, und die Bcvöikcrung^ 
des chinesischen Reiches wirti allein anf 'M>it Millionon veranschlagt*). Zwar 



") Vgl, dio Angaben in PctermnnD's geograph. Mittheiluugeu l'^ö'J, 1 und 
Beiiiu, Oeugr. Haudhucb lUr IStiO, tiH, Tu, wusdlwl zuleCxt i:i5U M. .Menschen go- 
zülih werdfD, iu Eurupa 2sjM., woriuittfr Miii. {'liristen, die ÜWi^un Miihitnttnü- 
daner ond Judon. In .iwericu» y^utrbooh Hir t%!i p. uoü tiiulen sieh ilie Zahlen: 
(JpHaiBniTbpviitkeriing: i:t7ö Mül. M., nnrer Uinen rhrii<tpn -t^o, Buildliisicn üßd, 
andere Asiaten '2t3o, Heideu liiio. Mulutunnedaiier Hiö, Judm 7 Mill.. von den (lirislca 
sellier Katlmlikeu Hio.IUo.2oi», I'roieeianreii Htii.vii&jtmn, «riechen Sl.l7S.iM)ti, Die 
äiaiintik itei Ltindvr und CunlesBiuncii njrd ditw-Uisi ji, IM 1 iiiii Geuauigkeit 
dnreligefUlirt. Sebarfe Zahlen liefert auch Haussncr, Vorgl. Statistik von Kurujia 



ümluitang. 7 

hat die Chriatenlieit als Bulrhe noch ihre Verfolgttujfen and Leiden za 
bwtctifo, fiut Kiv iu nlk-n vCritcu, ja »ctiUmmor noch, wcmi auch keine 
in Eurnpa, wie ilonn IstiO In DamiiflcuB uml Syriin pigoii 2(yh_K) Chrii^tcn 
doirh dea lla-*^ der uii>lucliri>(tlirlicn Bftvölkpriiiij; ihr l*eben verloren 
haben. Aber die Zulil der Cbri8t4Mi betrüget nndi jenen BiTochnnngon 
580 Millionen, also etwas mi-lir alp *;( der ganzen ^cgenwürti^eu Mensch- 
heit, und von keiueia l'rUltereii Jabrhnndert hat man das sagen künneD, 
der viel geringeren Bovätkeruug aller I^ndor iu frAherou Zeitaltern gsr 
nicht zn gedenken. 

Aber neben dieser Ziiiinlime den UrofangH und des uuuieriachen Be- 
trage« herrselit int Innern der ChriKtenhoit ein entgegen geaetztefi VerhlUt- 
otes, violleieht das bezeichnendste und folgcurcichtitc im Gesammtzuiitaudo 
dieser ganzen Kpocb«, nämlich eine nieigpnde Tendenz der Zerapaltong 
sad Zersplitterung der Kirche wegen unterscheidender Eigenth Um lichk eilen 
cini;;er Christen im Vorgleirh mit anderen, also ein gesteigerüir Zug der 
Zßrfil«run}< aller Üenieintu-harten, *igar ein warhuende« Miestraucn gi'gen 
Wiedcrlierstclliing gebrochener Verbindttugen und gegen Ausgleichung ftfl- 
hürer Spaltungin. Daher haben denn fiiMt alle ilKeren Trennungen der 
Kirche anch in diesen letEtm Jahrhunderten fortbestanden) aber es sind 
attcfa viele neue hinzugekommen nnd sie werden noch immer vermehrt 

(.•eblieben iot, nm mit den alten zu begiuiinn, die frtllioste und tief- 
gehendste Scheidung der Kirche in eine abend lündische und morgcnlUndische 
tlfllftc, hervorgegangen aus der Ungleichheit des oocidüntalischeu und 
orientaiitrhen Lelwns und Geistes und daber in gewisser Weise immer 
arhon vorhanden, stdjon eeit dem sccliBten Jabrhnndert vieltaeb ftuescrlich 
dargentoUt und in der Mitte Am eiirteu dnreli Aufkündigung der Kirchen- 
geraeluschaft und gegenseitige Verflnchuug vollendet, — eine Scheidung, 
welche einen so liitteren Ifass vererbte, (im* dereinst die grieehiftchen 
Kschöfe den Türken lieber die Eroberung des griechischen Reiches erleich- 
terten, als dass sie dieselhit durch AnechhiRS an das Abendland abzuwenden 
g«sucht hjtttcn. Von den 3i<ft Millionen Christea gehören etwa 2öi) M. der 
tat«iniscbcn Kirehe, aber ?«I M. (nach Steale nur 65,77ü,(>tK).l der orien- 
Ulisch-griecbischcu an, unter diesen allein 50 M. zum Patriarohat von 
Mo«kaa, also Kur ruftäischcu Kirche, 12 Mill. zum ttlrkiächen Reich, fast 
noch 3 MilL au Oeatrreirh, beiiiuhe 1 Mül. zum Königreich Gricchcuhind, 
BD daM der geringe Rr-et sieh unter die alten l'atriai-chato von iVlexandrien 
mit 5000| von Antlochin nnd Cypem mit 150,0ÜiJ und von Jerusalem mit 

Th. I. iMiS S. -liV; hier werden angejrcl'cn Clirislen in Duropa: 271 Mill-, Katho- 
tUc^D 14« iL (wurunter unirte ClrtiHrhen .i', M.», (irictheii m, Vroicötantea 64, 
Lutbrianer und l^vangvliaclic! Xi, Ati^tlkani-r 17, lieliirnilrte (>, PreBbyterianer 'i, 
Jad«D 1, MiibAwtuedimer 7 Mill., Heiden nock 3iJ0,u<ii>. Aehnlletie VeneichDlsae 
hl Braccbclli, Uc .Staateu Kurojm's, 1 A. Urlina 1867 aas den .Tahrun l%n— C3. 



8 



Einleitung. 



15^00 vertheiit Auch auf dieser Seile fehlt es nicht an Trennougeo, da 
Ja die Kirche von liellas zwar in der Lehre mit dem Patrinrchate von 
ConHtantiluipel verhuiidrn iatf aouat abrr unahhiLiigig von i)im dasttiht, und 
iihulicb die rusBiscIie. Aber oben unter KussUnds Einlluss und .Schutz ist die 
griechische Kirche milchtig und dabei durchau» nicht im Abnehmen; bei 
manchen AnoAheruugen an die abend Uindiachc Kirche gjnd doch die feind- 
lieben KerUhrungen weit bedeutender gewesen; der IlflrktrÜt au» dem 
gricchiachen Kirchcnvcrbaud wurde geaetEÜeh mit Tran»purtatiun uacb 
Sibirien geetrall und noch bin 18<)6 musHten die Kinder aua gemi8chten 
Eben griochi&eh werden, waa durch eiue Verordnung Alexanders 11. 
vom 14. Mai 1865 nur in der Weise ermä&sigt wurde, ä&i» die Nicfat- 
befolgung dieses Gesetzes iguorirt werden konnte. Gerade im gegcn*1lr- 
tigen Julirhtindert »ind Tauiteudt; von Protüslantua und Milllouon von 
Katholiken in liuseland gcwaltüam in diu griechische Kirche bin ein gezwungen 
worden; was also in den (IrcnKländern verändert wurde, diente nur zur 
Verminderung der lateinischen Kirche, zugleich zur AhHchwäehung trennen- 
der Stammcscigeuhcitcn, aUo snr grosseren Conformirung und Verschmel- 
zung mit dem Russenthum wie in Polen und Finnland. Fa»t unbeweglich 
wie der Orient überhaupt, theil» erstarrt in uralten zum featou Cercmonien- 
dienat gewordenen Traditionen, also surtlckgc-kommen , tbells noch anent- 
wickelt erscheint die gricchiBche Kirche fester und eJDheitövoller als die 
abendländische, uhne die zeräctzendo Wirkung theologischer Dissensc, aber 
auch ohne den belebenden Geist thcologischei' Bildung, weil überhaupt fast 
ohne Theologie, ohne Predigt, ohne chriatlichen Volksunterricht, ohne 
Literatur, ebendeshalb aber wie das russische Reich and mit diesem einer 
geiaterfüUten Zukunft entgegengehend, welche hier bei der weiten Aus- 
dehnung der LändordÄchcn erst nach grösseren Fortschritten in der ücber- 
winclung der natttrlichcn Sehwierigkeiten erreichbar sein wird"). Auch 
lässt sich vermuthen, das8 die Hebung des geistigen und wissenschaftlichen 
Lebens von abend lÄndlseher und wohl eher von evangeÜacher nud deutscher 
als von katholischer Einwirkung abliAnglg sein werde. 

Auf diese Älteste Spaltung sind seit Anfang des 16. Jahrhunderts 
sahireiche neue gefolgt, ziinÄchst durch den Abfall von 100 Millionen vom 
PapsttJium. Aber nicht darüber und darnüch zerfiel die lateinlschi: Kirche, 
das» einige TbeÜc derselben Keformen wollten oder annahmen , andere 
nicht, denn alteriit und rcorganisirt wurden alle, sondern es offenbarte 
sich vielmelir die StArko einer älteren, schon duixb ursprüngliche natUr- 



*) Wochitol Wirkung zwischen Land und Meer ist tler f'iilfnr von Alters her 
höelist flirderlicb gewesen, daher gewann Ennipa einen betrüi-littk'hen Vorfi|ining 
mit seicen zackigen Kunteu; IJinder wie Kussland kiinncn erst wetielferu, wenn 
»ie vun loiehteu, ra&cheu und zuhlreicheu VcrkehrHmittcIn vulletäudlg durehxugeu 
sc in worden. 



* 



* 



Ucb« oder uralte aod mni Theit vorchristliche Verhältnisse bedington 
GnirnlverHcbirdenhuit, deittellicii zniiili^liat, auf wek-tic dtr Grgcnsatit von 
romaiitscli und germanisch, von welM-h und deutsch zurückweist, und 
welche diu Dstflrliche Uutvrlagc de» Dualismus von katUuUsch und protestan- 
tisch geworden isU Die vorwiegt-iiden Gruudztlge dieiicr Differenz sind 
bei den Romanen, Spaniern, Itilienem Vorwand terhaft mit Römischem 
Wcaem, mit Sijracho, Sitte, Furm, lieidulüchen Bildungäelenienten, kllnst- 
lerlftche Begabung und Neigung, Heiterkeit, VerAua&erlichung, sum Theil 
Verlangen na<'h Zucht und Leitung, nach üinnlieh poetischer Andachta- 
Ubnog, Festen, ('nltns und l'rarlit, — dem gegeuBber germanischer Krnst 
und Innigkeit, L'uetugetiommcnheit fUr den Rcia klassischer Bildung, dabei 
Freiheitssinn und Vaterlandsliebe verbunden mit l'nduldsamkeil gegen aus- 
ländische Prici^terheridchntt und fri-mdarligcn, icunial JiuHserlieli Uherlaileucn 
CultUB, Verstand, I^ltcbtemheit, Arbeit«bed[|rfnlas nnd Kastlosigkolt, welche 
XU ihnn haben und sich »elb&t libertrofTcn will. Man vergleiche nur Eiig- 
Under und Irländcr, d. i. Germanen und Gelten, oder >iorddcutscbo und 
Italiener, ob «ie nicht in Vorsttgen und SchwJlchen auf beiden Seiten sich 
scheiden fast nie Arbeit und Fcftt, Prosa uud Poesie, Ernst und Sptcl. 
Die bald entwickelte Ditfercnz der Lehre vertiefte und verewigte diesen 
Unterschied. Wahrhaftigkeit, Ausprnch auf .Sclbsterfalireu und äclbstorLeboa 
in äAcheu der Religion, I^in stehen wollen ftlr An» Selbsterkanntc uud Aus- 
gelegte nach eigener Verautwurtaug, aleu Forderung von Selb»tdudigkcil 
and Gleichheit vor Gott ist ebenso sehr die Genesis dos Protestantismus, 
wie sich in dem eutgegeugcsvlzten Answeichcn selbst der eigenen Ei'kennl- 
niss, dem AbwHlzen auf fremde priesterliclic Sclinltern, der Anerkennung 
prlesterlirher Snperiurität und eigenen Unmündigkeit um den Preis, trüge 
und sorglos bleiben zu dürfen, der Charakter des Katholictsmns zu er* 
kennen giebt, selbst wu KilckOtüe zu dieser Sehwftchc unter Protestanten 
vorkoninicn. Lud auf Jene eratere Uirhtiing waren schon im IG. Jahr- 
hundert die nordischen und gemianisehen Völker bereits — denn ea ist 
Reiff und ^läuntirhkeit — besser angelegt, zu letzterer geneigter die 
n*mauiHchen , wuahalb denn auch ctpHter jedes Zunehmeu politischer äelb- 
etftndigkeit mit Annäherung an Prutestantismua uud Ablehnung von Katbo- 
lieianins verbunden gcweiH'n ist wie jetzt iii Italien. Auch in siltlicher 
Beziehung iitt die auf diese Richtutigeu gegrtindete Verschiedenheit nnver- 
kenubar bis zur Gegenwart herab und gerade in unseren Tagen wieder 
recht zum Vorschein gekommen; AutoritÄt mler Freiheit, Unterordnung 
oder eigenes Gewissen, ftusscres Abthua oder innerliches Mitaicheinigwerden, 
Andere fßr sich arbeiten lassen, als sei das mdgUch, und sie dafür be- 
zahlen, 2, B. durch Gehorsam, oder selbst »ein Heil achaffen mit Furcht 
nnd Zittern, — die ungleichen FrUchtc dieser Differenz und Divergenz 
zeigen oicb auf beiden Soiten. Eracheiuungen und Symptome, wie sie die 



10 



Einleitang. 



rnni7.n»iBchoD Kevointionen hi« zur Gngenwnrl in einem I^nde, wo raekr als 
die ILiifir (Ilt Bvwulmer u*"'li jctxt nicht lußtu können und daher ganz 
tinlor Lritting iK-r katholii^iii ii (jl4'i8lUclu<n ftti'hcn, ofTL'obarL habiMi, die 
LoiclitgUlnbigkt'it und Loi(.-litnTtigk<.-it Kum Lügen und die bis znr Gran- 
HJiiiiknil und Morilliist nwcli cntzflndlirbf Keidensehaft, hüngcn mit dür im 
sclilimnu^u Hinne 8p(-citiM:h-kalholiitchi'ii KIi'clionlierrs<:hart ursnchüch zn- 
summen und sind Ihr als Verecbiildung mit znzdrprbnpn. Aehnlichf« gilt 
Rh- It!tlii:u. Wu ubiT diu kUrikalo Lrittin^; noch von einer volksthUra- 
Hchi-n l'ietät unten»tötz( wurde, hnt sie »llerdiagft anpb mehr fienioiiigeftlbl 
und verbin<lt'ude Kxtholit-itiil im Oefulge j^'ehnbt. Dapegen der Protestan- 
tismus, wie er auB einer allzuf^st froechlo&^ent^n Einheit als bcfreieiido 
Kraft verbiiudeu mit reifendtini tiitllifheu Si'lb»tgcfitlil hervorgegangen iat: 
»n hat or fluch persönliche Trolheit und eigenes riewietten, Kecht und 
rnii-lit, fdr »ich rinzuMtehen, fitalt sieh nur von Anderen furtxiehen und 
iluh'hÄcIileppen zu lassen, nnd jode zur IlowJIhriing; dieses Anspruchs ge- 
hörige SulluUhHtigkeit viel allgemeiner gemaeliL 

Damit ist jedueh nur die duri^h greifend 6 to Zweithciligkelt dor neueren 
Kireliengesrliiehte de» Abendlandes aiisgeapnielieii. J^clbst dt*'jenigeu, welche 
iu d<'r Lussaguug vom P.npfettlitiui und in der Festhattuiig der h. ■Schrift 
uud des aUen Uokenntnisses zusairmeu trafen , sollten ihro fiindameiitale 
Kintraeht nicht lange geui>-«scn, auch sie wurden nnter Mitwirkung natio- 
naler nud politischer ür;4aelieii einander entfremdet. In Demokratieen wie 
die Schweiz, in Ländern von starker Oppositiuu gegen die K(tnlgsgewalt 
wie Schottland und Knglaud, oder endlich im Zuatindn der SeUisthUlfu 
gegen katholische Majorit^-iTeu wie iu Frankreich fiel der Bruch mit der 
vorgefundenen UcK'rUeferung radiealur ans, weniger schroff in den mon- 
arehis'-h regierten Ljludern, wo zugleich die Sorge vor vi^lüger Zer- 
reissung der Volksgenneinschaft stärker mitsprach. Also auch dwr Pro- 
tcstauüsmiia, negativ mit sich einversUinden, erlebte das Schicksal, statt 
des einfachen ein zwicspilltiger sein zu mdsscn, ja er wurde ein viel- 
theiliger, als ajeli vou den beiden Il&uptrielitangen, der Lutherischen und 
der reformirten, wieder zahlreiche Üecten und .Separationen abzweigten. 
Ulid in der Kirehcuverfassung kam es filr kciue dieser bcidon Gruppen 
wieder zn einer gemeinsamen Gostaltiing des Kirehenregiments, sondern 
sie folgten dem Streben, dasselbe in die Landeskirchen zu verlegen und 
d:tdnrch inlfüidisch zu machen nnd zu nationnlisireu; die Bildung der 
Landeskirchen aber hat sich da am reinsten vollzogen^ wo auch nationalo 
iielbslnudigkeit um kriifljgsleu slcli i>ntwiekelte; weniger und geraischter 
da, wo wie In Deutschland das ICinheitMband durch innere Zersplitterung 
uud Einwirkung der Nai'htiarn und des Austandeb locker geworden war. 

Endlich hat Kclbst die in iler L'eberlieferung stehen gebliebene und 
fustgeechtoftsunc Ui)uiische Kirche sich den theiloudeu nud abstufenden Ge- 



Binleitang. 



11 



lt«a nicht eotxlelicn k^uiieii. Es (;clnDg ihr, den Kamen katholiftcli 
aii«srlili*>««lirli vor7.tih4>.))»ltiMi; Hin fiitir fort, ilurrli pr)i.^ittnrtitrhe Imtitutlonon 
nod (VMibal ilirvii liienircliisclieu Körper 211 bfroü^cii uii<l vun Staat unil 
Vaierluiii uhzibtnnilorM} allein iu 8ar)ieu di>r KircliL'nvorl'atigung hat sie 
gloirbwuhl filAi'ke L'uSjiolichkciU'U iu tsicli adfDLliuiPU mUtucn. Das lainlrs- 
kirehticbe Priiicip ilrani; auch in ihre Kegiouen ein, zwar iiir^fiide voll- 
■tSndig, denn dazu witrdc Lot)rt^i(<)iuii^ vom Papsttliutn und L'ubiTlrill zum 
Protestaalistmus t^ohf^rt habpn, aber doch in (Jradon. KathoLIaclie Fttrtitt^u 
Ue«aon sich ein Ki'rlit narb dein :indcri-ii iibrr die Kireli« ihren L:iudeB 
«tarfiuiueu, aie nim-lilon eio diidiircli vaUTländiselier. Anders bestiuiuiteu 
«{dl diu Verliüilui^tte l-YaiikrcirbK und der ^llirnniaohcu Kiruho zum I'apHl 
iiud zur Hierarchie, ubwohl seit 1H55 wieder ganz ontgegengraotzt, ander* 
und noch unabh:luKiger die von Oest(;rreich, von Spanien, »ebr verMchicdeu 
«neb die der iUlicniechen Staaten, licr letzte' Papst rief dadurcti die 
befligHte Oppimitiifn der Italiener ;^i'k<'>i t^ifl' bervur, dattct or Freiheiten 
erwarten lieas, die nachher nicht gewährt wurden; dadnreh wurde seine 
aiao ni^ne Kxiatena ^tf^hrdet und mm Fllr«Lentbun] konnte auch mit den 
aiiaMrordentlieliAtcii Mitteln nicht j^esiebert werden. Aber auch allen 
anderen katbuliitrhen Itci^ieriingen mu-^ten Zti^estJindnmite geutacht werden, 
welche ihr Kirebenregluicut dem protcstautiHehen :u)nHhertL'n und den 
nationalen Iulereä»en irgendwie anbequemten, und der Trieb nach dieser 
Biohtang ist noch niclit er&chöpft. 

Stellen wir ans non auch anf die. andere Seite. Das Trachten nach 
TI»cilnng und Vermanuigfaltigting hat in stetiger Kortachreiiung gewirkt, 
mber ed blieb nicht t^ich Ktdber überladaeii; andere Anittrengungcn Btelttcn 
sieb entgegen, deren Krfolg aber entweder gering war, oder das L'cbel 
noch vermehrt hat, dem es stenem sollte. Dreierlei Mittel boten sich 
äiesem reagirenden Streben dar: 1) die strenger bindende Lebrverp8icb- 
lang, '2\ der Veraurb, die kircbliebe \ erwultnng wieder mehr vom Rtsate 
abzalöaoD uud sich selbst zurückzugebeo, 3) Die Pflege und Benutzung 
alle« dessen, was in lichre und Leben noch gemeinsam geblieben war. 

Das erste Mittel, die Sch.<irfc der Lehr Verpflichtung, auch 
afarigens «in nnterseheidendos Merkmal der letxteu Kpocbe, war den frtt- 
berca Jahrlninderten fremd, als auf den hohen Schulen der Theologen 
noch hetrjicbtliohe Ijehrahweiebuugen frei neben einander fortbestanden 
utcr Zulassung sogar des mächtigsten Paptitthums, wenn sie nur nicht 
durch AnCecblung von Kcebten sieh »«oEbst ein revolutionüren Ausebeu 
{;ab(-n, und als Dberliutipt das kirchliche Leben besonders des AbendlaiideB 
»ehr ia DiseipUn, Cultua, Sitte, Beichte, Rechtspflege, Propaganda gegen 
die UngiHnbigen, kura im Handeln pich d.irsteUto denn im Fürwahrhaltcn 
und im C'nngctt anf ein einzeln4>s .ScliritUverrittindnicis. ^H-it dem Iti. Jahr- 
buudert verücl, und zacv^t bei den Prutestautcn, die Kireheuzoeht, sie 



12 



Einleitiuif;. 



vermoebte die Gctucindcn oiclit mehr KQBammenxuhatten; bei dem WjichB- 
thuni drr int?Uortu eilen Intcreascn echk-u datier aU Rinigungsmittel nar 
dns geistige Buud gemeinsamer Lehre Übrig zu bleibco. Dicäos wurde 
jilfto verstArkt, liauptAftclilich aber den GeiBlliclrn ein höherer Grad von 
EiastiniDiigkcit aurgL-uÖtbi^t nicht etwa in weiiifreo GniudlebrcD, sondern 
auch in der tliCfilogiarlifMi Ausfillirnng derselben, wip sie In den neaen 
BekeontnisKscbrifteu uie(lcrgcU'gt war. Dauiit wurde die so eben erst firei- 
gcgt'bene .SrhrifiauRlegnng aufs Neue nonnirt, die Zncht aber, indem sie 
von der praktiiichen LebeiittfUhrung absah, richtete sieh um so einseitiger 
gegen den doetrinalon OissenBUs und Widersprueh nnd sogar gegen eine 
wisicnsehafl liehe Bildung, wclvho zu einem solchen anleiten konnte. Dio 
Folgen zeigten sic^h in i\vr Cteaam miau (Fassung des Christenthums; niemals 
war dasselbe so sehr als Sache der Lehre behandelt, nicnmU die Chrisi- 
llctikeit dergestalt wie jetzt geschah, nach dem MaaBsstabr. der Uebenin- 
sliiiimung mit der rccipirl*n Dectriii bcurihcilt worden. Die für den 
Frieden der Kirche so wuhlthittigc L'nlerscheidung zwischen einfachen 
Hauptstttzeii oud den genaueren, aber nur fllr die Theolugen werthvotlen 
nud unentbehrlichen Ik'stiuimungeu trat daher immer niclir in den lUnter- 
giMind. .Selbst die kalholische Kirche wurde in dieser Beziehung dem 
Vorgänge des Protestantismus nachgezogen, denn nach der Revision ihrer 
liolirc im Tridenttmira vcrftchJlrfte sie wcnigi*ten» für den Klerus die Ver* 
ptliclitung auf sie, nur freilich mit dem Unterschied, dnss sie auf diesem 
WegB gradlinigt nnd bis zam AeiiKserslen, was 1871 geschehen, fort* 
gegangen ist. Allein dieses Bindemittel leistete niclit immer, was es sollte; 
Viele fühlten sich von diesem Dortriualismus und Symhcitismus zurflck- 
gestossen und ergaben sich anderen innerhalb der Gemeinden fortlebenden 
F.inll(t»8en, nnd so entstand am meisten auf katholischer Seite, aber nnch 
nnler di-n Prot<«lanten eine sclilimmcrc Kutfi'cradung, als wcU-he Katho- 
liken und Protestanten, Lutheraner und Roformirte von einander fernhielt. 
Selbst Alistritte und äoecssiouen gehörten zu den Wirkungen dieser me- 
tliodisrh betriebenen Lohrverscbarfnng, nnd wo dieser Äussere Krfolg fehlte^ 
w urdc dadurch das vornehmste Gut und der eigentlielie Zw«ck jeder Kirche 
beschädigt, nilmlieh die religiöse Gemeinsrhatlt ihrer Glieder selbst, denn 
diese erwies sich mithin uls eine bloss äusserliche und scheinbare, wurde 
also um so viel auch zerstört und vernichtet An grossen üichwuukungen 
iu dem Gebrauche der Leb rverp flieht ung hat es nicht gefehlt, und nach- 
di.'ni sie in der Aufkläruugsperinde ganz aufgegeben worden, kehrte die. 
»pätcrc Kirche wieder mit mehr Vertrauen zu ihr zurllek, aber ohne dass 
die schweren Schftden der Gemcinscliaft dadurch geheilt worden wSren. 

Ein zweites llQlfsmittel knftpfte sieb an die Hoffnung, dasfi durch 
erneute Trennung der Kirche vom Staat, durch kirchliche Freiheit 
und Selbatvei-waltting die Festigkeit des inneren Verbandes gesichert 



EtnlettuQg. 



13 



werden würde. Anf katlioüscber Seite «og sich dnrch die gauze Pcriude 
eio IcbbafUir MisDiunntrieb und mit ilioi verbunden ein Knmpf zur Wieder- 
unterwerfang der aU abgcfnllen bctrarlitetcn rrotesUtotcni und »lino Erlulg 
int derAelbi' nicht gefUlirt worden, dt'iin er hat eclioo seit der Mitte de» 
16. Jabrhundcrta die Furtscbritt« der Refurraatiou gehemmt und ein 7.\\- 
Debmen der katholisrlien Kirche h'n iu nniicre Tage xur Folge gehabt. 
Freilich baftcte au diesen katliuliBclicn Uniousbestrebungeu »tets aurb die 
Forderung der Wiedervereinigung mit dem Papst, aber im Verliilltniss zu 
dein grussen Uebergewieht der wclllieljcii Mächte Über di«l ganze Kirche 
enchieo dies nicht immer aU ein ncne» Joeli, der Kampf gewährte zu- 
gleich dai Antii-hen einer Berreiung von fremdartiger ncrrschaft, eine Aof- 
fftssnog, die «teh auch I'rotestnnteu cmprehlcn konnte, um m leichter als 
in den ev.ingeliuelien Lundutikirclien der Lehrzwang liüufig tjerade von den 
ataAÜieben aud fdrstliclieu KindQsäeu ausgegangen war. Von diesem Ue- 
aielitspnnkt auti bat, obgleich eritt weit irpütcr, daa Beiflrcben nach Kirebcu- 
frcibeit im polititteheii Sinne auch iuuerhalb des l*rotcstAntisiuuä Uoden 
gevonneu. Gegen Ende der Periode nud nach dem Vorgang von lOngland 
utd Aaierika drAngtu die Erfahrung von MiH.s»tiliiden durcb Kiuwirkung 
der inländiacben Staatsverwaltung und von der Ausführbarkeit kirchli<ber 
Geneinacliaft ohne deren Hülfe zu der Tendenz, die Consta ntini sehe Ehe 
xwiwben Kirche und Staat, welche die Reformation aufs Neue befehligt 
Itatte, zu b'sen, also zu einer neuen und e.l:iri8tlii;hcn /"";/« saecuU ver- 
bunden mit Selbstverwaltung uud UemokrattsiruDg der Kirche, was dann 
einer ßUrkkehr zu den Aniilngen der Kirche ähnlich üab. Denn eine 
cvangeUsche Kirche, Länder- und Volk er grenzen Ubei-diegcud, wäre nicht 
£ejeaige, welche Im l6. Jahrhundert emvacbsen sehr frllhzeitig einen 
la&deskircblicbüu ßilduugstrJeh in sieb aufgenommen hat; von Ihr wäre 
xnaftcfaat nur noch grössere independentische Auflösung zu erwarten, da 
b«t der Menge der Dissense und bei dem noch vorheri'scheudeu Dringen 
anf den Conscnsas im t^lrnahrhittteu ein nur geistiges Band nicht stark 
gcnag sein wQrde, um einer so weit reichenden Gemeinde dass Bewuttat- 
seiD der Zusammengehörigkeit zu erhalten. 

Ueato verdienstlicher war, was in einer dritten Richtung den Gefahren 
de« Zerfalls entgegengesetzt wurde, niUntich die Pflege uud Boberzi- 
gung dessen, was dun durch l.'üherschätzuug der Lehre uncins Geworde- 
DSB dennoch im Glauben und Leben gcniuiusaui geblieben war. Eine Reihe 
von Friedenn- nnd l'nionsvprbandhingen zwischen Lutheranern und 
Keforniirten und zwischen Prutestantt-n und Kathulikt'U zieht sieh durch 
alle Jahrhunderte, wir dürfen sagen von 1529 bis 1657 und bis zur 
^etuberversammlung von 1H7I, schon die Coutinuität enthftit ein Zeugniss 
tkn-T Berechtigung. Niemals hat es ganz an Theologen gefehlt, welche 
ficM« Zkl der Friedensatiftuug verfolgten; mit Berufung anf den Unter- 



1-t 



Biuleltnng. 



scbii'il zwisr.lien Ruligion und Theologie^ iwiaclicit äobnio anil Kirche be- 
haupteten sif, ilutis Kur notbwi'uiligcii Eiiii);keit hii Kuinlunifut ilcA (rluuboas 
□iclit Kindttinuilgkeit in dem Ik'Uil ilcr Lolire crionlcrlicli, und da^r«^ du« 
allen Clii-tsUiD Uuoieinvanie wirkHuli das Fundaueutule und vielleicht data' 
»iidreichendi^ei, einerlei Taute und Uibel, einerlei VfttcrunBcr und npo- 
HtDÜHche» liekenntnitiu, dnitii hinge^^üu zum CbrisUein noch andere Kigen- 
aeliaf^^M gehören als PiirtciDHhiue im J^t-hrstreit, z. B. aittUche der Geduld, 
den TragiMU der Srhwaeben, der Uarmberzigkeit in guten Werken^ undi 
da-«t dieat! Tugenden mit mauchrrlei Difft-ronz der Ausleguii^ und Lehr- 
hestlmuiung und deren AuaQbnng der Qeuiclude. mehr Heil bringe als die 
Byxautiniächc Eiuuiifichung in die ContruverdCD der ScKulc. Svlebe Be- 
strt'lmngen begi-gnen uns in Männern wie Melauchtbunf Arndt, Ca- 
lixtuft, wiuSpener, der die vergessene ücnieiudej uutl Scblüieruiuclicr>n 
der die verocheuclitcu (lebildeteu heranzog wie kein Anderer und dadurch 
die Qemeiuäcbaft berstellvo luilf. Und von düu Tbeolugen ging du»dclbc 
ätreben nach Erhebung llber die Lehnlifl'ereiiReri in den letzten Zeiten 
dieser Periode auf da« Volk Bolber Über und traf sogar mit der verkehrten 
und völlig in diffe reuten Fcirderunp »Ugenieincr Uuldung uud IhiklsamkciC 
xnsamiiieit. Jedeü growc Kreignias der Kation, wie in iiimiTem Jalirlinndert 
die dcutflchen Freiheitskriege, steigerten den Widerwillen gegen die kirch-l 
lieben Spaltungen und den Trieb narb ihrer Aufbebung; In den groHscR 
Ereignissen der Jiibrc 1870 nud 71 bat sieh der Huf mudi Eiuer deut- 
schen Kirebe Ternehnien lassen, anch die Gegenwart hsit diese HofTniing', 
fest, vielleielit mit mehr enlgcgeukommcuder Geneigtheit fflr den katho- 
lischen als den prütestautiscbeu Namen. Von grosser üedentung war 
ferner die Vcreiusthütigkeit für kirchlieh-praktidcho Zwecke, welche um- 
fangrcich«r als in jeder rrltberen Zeit xur Wiederbelebung de« Gemeln- 
geiätes diente und die Erfifhrung allgemeiner werden Hess, daas aas 
gemeinsamer jVrboit den Arbeitenden selbiT, mflgcn sie nnch in der I^brc 
diss«^utiren , ein Segen ilcr Einigung und VcrrtChnurig zuflieüäen kann. 
Grosse kirchliche \'ei'ftamn)]uugeii, Kirebentage, Alliimxveri^aniniluugen] 
Gustav -Adolphs-, Pius- und Bouifaeins- Vereine, nicht wie die alt*'n Synoden 
di4' Mitwirkung der Laien aussehliessend, »ondeni gerade duirh deren 
Herbeiziebuug neu belebt und einflussreieh, bezeugten und vermehrten die 
verbindende Kraft eiuer chrisUieb angelegten Liebe Atbfttigkeit. 

Uud doch, die hcri'scbcudc Stimmung in der Kirehe, wenigstens in 
den Tritgero des Kircbeurcgiment« und Kirohcndienstes, ist diesen An- 
stalten, sofern «le die Bestiuunung haben, der Zersplitterung nnd dem 
Anaoiuauderlanfen entgegenzuwirken, noch keineswegs gtlnstig. Uie katho- 
lische Kirche antwortet auf jede Auflorderung znr Nachgiebigkeit mit 
ihrem alten: tton jJOi.f(iim'S ; in der evangelische» aber sind, wenn 
auch die Gemeinden, doch noch nicht deren tbeologischc Fflhrer fftr diese 



Kintoitan^. 



16 



VenOhnungamittel eingciiommeii. Wübreiid vormalB wid^r ilie wciUlidiRU 
PmrUigpaUaiigeu vuii der Kiro.lic bdb ein GeUt der KiiiigiiDg »ufgubulon 
wurde; wareu es jclat die Wortführer der Kirdie, welche der (;r088<>rcn 
Boreitwilligkrit drr GvuirMudca zur Einigung agittrcnd widcrt>lri.-btC'U. Selbst 
Viele der Desten und KilVigijten unter dt>n Thfologou tli*>ilt4<a wühl das 
Intriresse au der kirr blich eu Vcr(;iuätbatigkcK, au dor Bibel Verbreitung, 
der KUäävreii uad lauori'ii Alissiuu, .ibii- ^ogleit'h vo» An an weniger, wo 
dioM UDlemibmungi^u sich üaa Au»l'Iii-ii geben, uuvli uugleicb Oi'nkeiide 
vorbinden, aläu Ober Lehrdiftpronzcn rrlu-ben xu wollen. Noch int bosündord 
in dtin von der Tlieulugic abliüugigcn Iieutecbluud die Geneigtheit vur- 
berri»cbead, chriatUcbe Gemeinach alt Überhaupt zn breehen and outbehrlieh 
EU finden hlons um des dogwatiiichen Uisaeuucs wiUeu, und diese Neigung 
TcrüchiUrft sieb n<»ch dnrcb die wii^deran (genommen*.' ['ietüt fttr die Eine 
groue Vorxeit dca 16. Jahrhundert«; es wird für Pflicht gehalten, iM'lbst 
die Schädi'D und Spaltungen dieser Zeit der fiegcuwart wieder auztieiguen, 
ohor dads erwogeu würde, ob uirhl eb(Mi dadurch uud durch datc Zurtlek- 
(pvifeo aui* die Normen einer dreihundert Jalirc alten Uoberlloförung etatt 
de« neuen und unniitlelharr.n .Selittpfeuij aus der h. Scbrift mit ittleu dnxii 
ao reich venuehrtcu Mitteln, — wieder ein weaeutüehcr Abweg von 
dem Yerfabreit der Refurmatorun uud dum Vorbild ihre» Zeitalters ent- 
»lelieji mua:^. 

Welches aber wird nun die Stelle Kui», welche diese Jabrbuuderte der 
Spaltung iu dem bisherigen Gange der cbristlicbeu GoBchicbto uder, wenn 
"Wir noch \hciter hinauabliekeu dürfen, nberhaupt in dem Ganzen der (h-- 
acUcbtu de« Chridtenthum« eiunchmen? ^jchon im l'J. Juhrhuudert uud duuu 
wieder in neuerer Zeit hat man von drei Epochen der Kirehe gesprochen, 
■iner «rateu de» Petrus, welche dem Gesetz and der Zucht entupricht, 
einer zweiten dea Patilns ahj reforniiUori sehen .Siegers über den Petrinia- 
uiua, nud eiuer dritten Jubanneiacbcn, auch wohl mit Anknüpfung an die 
dn:i triuitariM^hon Namen den Vaters, dea Sohnea and des Geistes, ab> 
atrarter ausgedruckt der Alluiaeht nnd Kraft, der Weialiuit und des he 
Mhaiilichen f'riedeus. Und allerdings ist es ein auch auf anderen ver- 
glrichUareu Gebieten sich wiederhulender Eutwickelungsgung, juner in drei 
Stadien abj;p*tnftc, n.Hob welchem auf einen ersten Znstand uufnlwifkeltcr 
nnd fast unhuwusster Einheit uuu nis ein zweiter das Erwachen nud die 
immer Bch^fere Au^^prägung von Abweichungen and Uegensätxen folgt, 
nnd dieser wth erst ausleben uiuss, um dann einem höheren Standpunkt 
der Einigung dea Mannigfaltigen Raum ku geben. Der dritte Zustand 
die-aer Stufeufulge wilre nm bo viel der vollkommenere, nie das Harmonische 
ECeichtbutti dem Kinlormigen llberlej^eu ist, und um h» viel lebensvoller, 
die ijrwssc« und Kleines gleiehaehteude Unterwerfung nnter die Auoto- 
ritftt sarucksteht gegen eigenes Urthcil, Friedensliebe und Gewissen, welche 



16 



ilDttim;. 



di« Differciizeii abwägen und die geringereD gewahren lafteen, um auf 
eiofacliercu Grundlagen scbou eine Gemeinsckaft des Gbiibuns und der 
hiebf! zu erbauen. Dies angewendet beßndet Bieh die Kirche der letzten 
drei Jahrhunderte noch in dem zweiten, der Thoiluug und Unterscheid nng, 
also der fortgeRetiten DifForenzürung gewidmeten Stadium, und ihre Auf- 
gabe Bclicint uuch nicht erschöpft zu Bcini aic wird auch nicht, wie Viele 
meinen, darch Wiederherstellung der aafUngUehen oder aaob der im 
16. Jahrhundert uurmirtcn Zustünde gelöat werden, denn der Zuwachs der 
spätt'ren Jahrhunderte an üilduugakräften wird and darf nicht abgedtreift 
werden, weil er kein Schaden, sondern anch ein Beitrag zur Verwirk- 
lichnng des Gottearoichcs ht Aber der meoechlichc Geist wird auch 
bleiben und mit ihm die BedllrfniaBe , welche das OhriBtenthura xu befrie- 
digen vermag, niid ao wird auch ßach der Vorheissung die Kirche dauern 
und jene hühcre Einholt gewinnen, der ea gegeben iat, da« entwickelte 
Mannigfaltige geistiger Zustünde nicht zu zerstören, sondern aufzunehmen 
und anzueignen, um dailui-trh erst recht von Unhuiterkeit und Einaeitig- 
keit und von der Kuth nud HellialzerBtörung des Kampfes befreit zu 
werden. 



§ 3. Eintheilangen und Bearbeitungen der neueren 
Eirohengeschichte. 

Wo der hiatorinclie Gegenstand so vielge»taltig und zerfttllekelt er- 
scheint, wii'd dctuten Gliederung xchwierig sein nnd ttie kann auf aehr ver- 
Hchiedeue Weiite veraucbt werden. 

Wenn wirklich die ganze Richtung der Periode zunKcliat auf eine 
Trennung nach nationalen VeHiilltniaaen hindeutet: ao ki^unte man dadurch 
anf eine rein locale, vom Ranm bergen oitimeno Kintbeilung geführt werden. 
Dann wSre die uuasereuropaische Kirche ngeai-hiclitf vou der etiropitiacben 
KU sclieiden , in der letzteren würde der grosae Jlauptunterachied der Ro- 
manen, Germanen nnd Slaven dem der drei Ilauptkircbeu verwandt sein, 
und bei weilerer Fortaelzung würde sich im Anacbtuss an die poUtiacho 
Geschichte auch eine Kircliengcächichtc von Deutschland, Frankreich u. s. w. 
ergeben. Es wilre whr erfreulich, eine nur nach dieser Eintheilnng bear- 
beitete Kirchen gesch ich tc zu beaitienj nur wtlrdc ate ciu dctailirterca Ein- 
gehen fordern, als bei einer allgcmeiuon Uelieraicht möglich ist. 

Eine ander« Einthoihing liesac sich von den kirchlichen Ilauptparteien 
entnehmen, welche auf das zweite lateinische ächisma gefolgt sind. Mach 
dieser Spaltung scheint es allerdings fast nur Specialgcscbichte jener beiden 
Hälften zu geben, also Geschichte der orientalischen und dann der ocol- 
dentalischen Kirche, welche letztere wieder in eine Komisch • katholische, 



Latb^riache uoil Rcfonnirtt* Abthr-ilaiig: nelmt den non rntstandenen Spcteii 
BerfttUcn wßrdo. 

Kin<; ilrilU- (ilii-ileruiifr wflrJi; ilurrli p'wissi' iiinnrn Pha^oii «Iaä U'wtn- 
riftcheii PrnofHsi'fl zu );i<wuini>n sein. Wrnn nnuit-ntlich die protostantiKcho! 
Kirche in's Augp gefusHt w'itiI: so Brlicidru »trli (Ühsc vier J.itirliiMnlcrte 
beinahe in zwei gntsac Kpi^rbf^u, welclit.* diiri'b die AnteioAndcrfolgc «-iiier 
Vor- und ROckbewt^^'uni; einander eijUpivchen. Zuerst aUo imXVI. Jalir- 
liandert eine ^uHsurtigc;, krftfliir v'^irdrin^udo ProductivitiU, hicrAtif im 
fnljTRndt'.n ein confwrvativpa AuHriibi-n und Anti^ifn, jii ein llmlpnki'n mit 
tbt^ilwciät-r Kc;ictiun. Ebt-iiäJi ^clit sc-it duv Mitlb de» XVUL JiilirbuudertH 
vrifder eine hOcbat »tUmüsrbo Bewegnng voran , an velche sich in der 
Folge flbrruial« eine der früheren rmleiikuii;r «nalogfe Gegeiibow('g;qug 
aii^etii.*lilu&!(en bat. Ein<^r dflr eröttMi lliptorikf-T dt« lelKtpu Mensel lenaltcra, 
Mftranlar, verlegt von vier flolclicn Aet!«ncn nnd RcActiouon zwei in die 
drei letxten Jabrlnnulertc. Znei'st gebt Lntlier voran und Iguatins vnn 
liOVüia folgt als Aiifllhrer der Antireforuiatlon; bieraiif stobt Voltaire 
XB der 8ptt»e der xwelton vordringenden Striimung, welche tUwr ancb 
eiDur Kweiteu <je);eiiätrüuiuu); bat wulcbeii u)ü»8en. In t;ewifii)en Grenzen 
«rUngen wir auf (lit*«e Weise eine gute rcberuiclit, aber anf die katbo- 
lischc Kircbe Xüssi aioli das äeheuia doch nicht vollätilodi^ Ubcrlragen, und 
da die ReforDiatiun eine Begebenbelt ftlr Hieb bildet und ebenso die Mitte 
des XVUI, Jnjirbnnderts einen allf^emeinen Wendepunkt cütbi&lt, von welcbom 
msa eine lelxte Epoche Rteh als Oanxe-a Ubtiraehon läast: so erhalten wir 
auf diejM* Weise drei kftrxcro Zeitrünnie, einen ersten der Kefor- 
njattou, einen zweiten vom Ende dud XVI. bis Mitte de» XVIII. J»br- 
fanaderts, einen dritten bis rar tiegenwart. 

Diese letztere Kintbeüun^^ wird daher im Folgenden zum Orundu ge- 
legt werden, aber doch tu der Weise, ddus die beiden anderen den Wcrth 
TOn Unterabtheilungen fflr ans belialten. Ffir die erste Kpoclie iät ohnc- 
bin die ßliederung naeb Ländern ganz unvernieidlieh wegen der landtit- 
lurchlicbcn und durch da» Eingreifen der nationalen Impulse bedingten 
G*fttaUn»{: der Uefonnation. Wenn dann ferner für die zweite nnd dritte 
Ma&ae dio sweif; Elutheilnngsweise, näniliidi naeb den Confossionen oder 
kirehlieben [lanptparteien, zu der n floh »t untergeordneten gemacht wird: so 
kmna sich doch aueb die andere uai;li Lüuderii wenigstens soweit damit 
Terbindeu, als bei der katholiHrhen Kirche besonders romanische, bei der 
«vanpellscben hauptsAchlieh germanische Territorien ins Auge gefasst 
«renlen müssen. Lfie in frUlieron Perioden gebraucliten Ilniiptabtheilungen 
aber iu Bezug auf Tbeidogie, Kire-lienverfassung, Volk lassen sieb dann 
weiter als tjnbdiviiiionen dieser Specialgesebichten vorwenden. Die orien- 
taliacbe Kirche aber, in ihrer unbeweglichen Starrheit und L'nttirdrliekung 



t8 



itmg. 



kaum ein Gogeu^tand der Geschichte, wird imiuer Dor nohaug-Aweise oder 
gcIcgoDtHrh ßrwjlliiumg verdii'ueu. 

[)io Quellen der neueren Kircht'rigf^sfliiflite werden zahllos und 
aniUehbar darrh die Hiichdruckerkutiät. l'iiler den üffentlichen Urkunden 
n<.-hiiu'n ftlr die evangelische Kirrhe dii' z.ililrcii-hfn neuen Kirchenord- 
iiUMgcn in Bezug auf Vt-rfassiiug und Cultiis t-iiio wiclitigö Stelle eiu; eine 
Saitiuiluo^ dcräi-lbeu besitzen wir von Hichter, Weininr 1816. P&psUichc 
Vt;rfUgungeu lii-fiTt da» Bulhr'mm i/ia{jiiutn fnt»t nur für dicHC Periode, 
zuerel Loxemhurg 1727 ff. in 18 Udn., von wtOrhcn schon der erste bis 
in'a XYl. Jahrhnndfrl reicht, von Ckerubiai, dann vou Coeqnclines, 
Rom 1733 — 4S , von Barberirii, Uom Ib'Ab — 5« in 18 Hdn. — sie ent- 
halten L'uncordiittr, CoiiAtituÜMiicii dir Unleti ti. k. w. Verniiächte Samm- 
Inugen suuetiger Aotfn finden sich in Zeibtclirirten und Magazinen yric. 
AUl'ü lind Neues aus dem Schatz theologischer WißeeuflcUaft, Wittenb. 1701; 
Unsehaldige Nachrichten von alten and neuen theolügischen Sachen, '2. \, 
1706 — 19; Fortgesetzte Samraluug v»id alten etc. 1720 — &0; Beitrage von 
alten und neuen etc. 1750 — 60; Actu hisl. ecclesitusticft, Lpjt. 173-1, 21 Bde.; 
•A'ova acta, Wrim-ir 1758 — 73, 12 Bde.; ^tcla bist. eccl. nostri lemporix, 
Weim. 1774^00, 13 Bde.; Acten, Nnchriehten und Irfcnnden zur neueste» 
K.-C, Weim. 1788—04, 3 Ude. Ftnicr Wjilch's Neueste Reh-Geerh. 
1771 — 83, 9 Bde., foi-tge»tetÄt v. l'lanck, Lpz. 1787— 'J3; (Küster) Ltie 
neuesten Kul.-Bc^^cbenhciten, Ciiefis. 1778—97; Uenke'a Aichiv, Weim. 
1704 — 99; K('I.-Ann»lt')i. Urn«chw. I8<X) — 5; Heitr. stir nennet. Gesch. der 
Rel., Berl. 180G; Ötiludliu u. Tzschirner, Archiv f. alte u. neue K.-Ü, 
Lpz. 1813 — 22; Vater'» Anbau zur nst K.-Ü. 1820; Stfludlln, Taschir- 
acr u. Vater, K.-lIiet. Archiv, Hai. 1623 — 6; Paulus, Sophri>nizon, Frkf. 
n. Hdib. 1K18 — 31; Rheinwald, Jctti his(. rcci. s. .47.1., Ilamb. 18.3H ff. 

Bearbeitungen des ganzen Zeitraums der letzten vier Jahrhunderte 
besitzen wir nur wenige, eine neuere Kirrhengesehichte ist figentlirli nicht 
vorhanden, und die meisten Hllgemciuen Werke sind unvüUuudet geblieben. 
Doch VL'rdienen Erwähnung: Musheim fortgesetzt von v. Kiupm, Bd. 7 — 9; 
Arnold, Schroeckh, llcnke, aueh Gieseler und Baur, deren letzte 
Bände aus dem Nachlasa veröffentlicht worden, ferner Uagenb»eh, desaen 
Vorlesungen, zuweilen etwa»* zu iiopuliir, wenigstens zu wortreich, sonst 
aber viele gut ausgewjlhttc und reprüsentircndo Stoffe enthaltend, 5 Bdo., 
znletzt Lpz. 1870 — 72, für unsere Periode iimfasaeiu llas XVI. Jahrhundert 
mag liier no^di ganz llhergang<;n werden. Für d.iA XV'II. kuiiimen namentUüb 
in Betracht: Audroas Caroli, JVemorabilia cccf. s. AVIL, Tüb. 1702, 
2 Bik'.; J. W. Jäger, Hi»((tria eccl. s. Xt'//., Hamb. 1709; Welsmann, 
f/isf. ev-cl., Ilnllc 1745, demselben Jahrliundi^n gewidmet, dazu die reich- 
haltige Fundgrube dca Thca/r. Europ. 1G18— 1718, Frkf. 1613 ff. Meist 
anf diesea und don Anfang des nächsten Jabrhnndcrts bezügliuh die 10 fidc 



Einleitung. 19 

TOD J. G. Walch, Gesch. der Rel.-Streitigk. hi und auaserlmlb der Luth, K., 
Jena 1734 ff.; bloss auf die deutsche Geeehiehte; Neudeeker, Gesch. des 
Protest, in 0., Lpz. 1844, 45; eine deütsclie K.-G. in 4 grossen Quart- 
bänden, Jena 1735 — 66, anonym erschienen, ist vou Heinsius, Stock- 
mann und vielen Anderen abgefasst und beschäftigt sich meist mit dem 
18. Jahrhundert Von nun an haben wir za schöpfen aus den oben ange- 
führten historischen Zeitschrit^en, Magazinen Archiven, Acteusammlungcn, 
aas der Zeitschrift für historische Theologie von Illgen, Niedncr, 
K A h n i B, aus den Kirchenzeitungen von E. und K. Zimmermann, 
Hengstenberg, Rheinwald, Bruus, Krause, K. Matthes, Kirchl. 
Chronik, Lpz. 1855 ff. Vornehmlich dem laufenden Jahrhundert sind ge- 
widmet: Kabnia, Der innere Gang des ProtestantismuB b. Mitte d. vor. 
Jhdts^ Lpz. 1840, 2. A. 60; Nippold, Handbuch der neuesten K.-G. seit 
der Bestauration vod 1814, 2. A. 1868. 



r 



Erste Abtheilung. 
DeutHche mid soinveizerische Reformation. 



Erster Altsdmitt. 
Rtjforiuatiuii iii Deutöclilund. 



§ 4. Bearbeitungen und Hiilfamittel. 

Man hat neuerlicli*) die Behandhing der ReformittionHgctiRhieht« sinn- 
reich mit der AnfTassung der lieschichte des l'rehristenthums verglichen, 
well heide Gegentitäiide einer ähnlich wechselnden und forUchreit enden 
Uenrtheilnng unterlegen sind. Hier vie dort folgte auf die erste idoali- 
äirende Aunchaaiiug; eine ratl-Jüalistische, welche darauf ausf^ing, die Hep- 
&t«llung ded blobseu \'ei'uunft{;tanbeut> alt» Sinn der Keformation nachzu- 
«eüienj suletzt eine hiHturiBch beruhigte und untcrHchetilende, — ein 
Stufengang, der eich auch in den Iiis(<ti-i9chen Bearbeitungen des Ur- 
cliristenthums darstellt. Auch die beiderseitige Puluniik nimtnt In gewisäem 
Grade an dieser Wandelung Tlieil. Dem entsprechend mUsste eine nicht 
urtlieiUIoac AufzUhluug der HatiptDchrifton zur Ucschichte der Refoi'mation 
(Iberhaupt nnd der deutMchen inabesundere sich eigentlich zu einer tie- 
schichte der Oesohichto der Reformation ausbilden lassen, welebc ein 
Spiegelbild den geistigen Fortganges des Proteatantiamus während der 
letzten Zeitalter darbieten wurde. Wir begntigcu uns jedoch, Andeutungen 
and Beispiele zum Verständniss eines solchen Abbildes nnr mit Unter- 
scheidung der Jahrhunderte zu geben'*). 

•) Zollor in Sohwciflcr'« Jahrhilchorn l'i47, S. 911. 

") Kahnis in der Vorrede nu dem Werke; Utiulaclie Ueformatioa '111. I, Isii 
Demerkt: .Man kann sagen, dass der Luilierischen Kirche auf jedem Stadium ihrer 
EatwiokeloDg eine andere Seite vun l.nthorzu tieferem Vcraändnisa gekommen 



Qoeltcn ii. ÜUHuiiittc] zur Bef-GcBuli. 



Sl 



Der Zeit nach wiederholt aich liier im Allgemeinen dieselbe Verflnde* 
niDg wie bei der ßetiandlung der Kirchengeftchicht« in den drei letzten 
JahrlinnderlcD übcrhnupt. Anlaugs bcrraclit die durchaus parleÜDcbe und 
polemische Beartheiliing des (_!pgen*Unde8, apologetisch und aelbat ideaU- 
sireod aaf protestantificber, uffenuiv auf katholi&clier Seite, und dieser 
Standpunkt virkt noch gegenwärtig nach, darf aoch noch nicht als ent- 
behrlich bezeichnet werden. Hierauf fulgeu neben neuen Parteilichkeiten 
AnfHnge einer unbefangenen Auffassung, und diese tritt stetig in der pro- 
te&tantiticheu Literatur, sehr vereinzelt lu der kalbdiischen hervor, ist aber 
ancb in der letzteren nicht nne-rhilrt (Kampscbulte). Dies wird anscbau- 
lieb, wenn wir die Mittel sur fvemitai&a und Erkenntniss der Geschichte 
als Quellen und Bearbeitungen nach den Jahrhunderten ihrer Bearbei- 
tung oder Koutehung vorfuhren. 
XVI. Jahrhundert, 

1. Quellen als Werke, Briefe, Acta und Urkunden. 

Lntbcr 'a Werke: 

Wittenborger Ausgabe, 

deutache Werke: Hans Lnfft 12 Bde. fol. 1539—59. 

lateinische: Wiltenb. 155*<. 7 Bde. 
Jenaisehe Ausg. 14 Bde. 1555 — HK. „strenger nach lUss." 

deutache: H Bde. 

Inteinische: 4 Bde. — SnppL: 2 Bde. 

Melanehtlion's Werke: 
Base) 1541 ff. 5 Bde. fol. 
Wittenh. ed. Pe.ticer. 1562. 4 Bde. 

2. Gleichzeitige Biographieen und Bearbeitungen: 

von Freunden: 

Melanehthon, De vita et actis lutheri, Wittenb. 1549. 
Joh. Matthedias, Uistorieo (Predigten) von Lnther's Leben, 

NUrnh. 1565. 
Joach. Cnmorarias, f)e Ph. Metanchthonis ortu vita et 

morie, Lpe, 1566. 
Joh. Sleidan, CommetU. De statu rel. Carolo V. regnante, 

titrasüb. 1555, ed. .-Im Ernte, Francof, ad M. 1785. Üeatsch 

von Semler. Halle 1771. 4 Bde. 



bC»* — Bbrard im 111. Bande der Dtifttnatik von 1S60 will diese Geschichte mit 
(ter .alemannii^cli-Bchwitbisc-hcD Hefurmation " anffefangen wissen und dadurch 
ODterschiedeo schon, .nio viel die Zeit selbst rcformatoriach zu leisten im Stande 
war- und was Luther cr»t liineingehrachl bat. Denu erst aeit lö4>> sei die Kid- 
g«naBK'n»chafL unter dem Namen der Schweiz Ucuuchland als ein tremder Staaten- 
bund gegenObergetteilt worden. 



22 Erste Abtheiluog. Erster Abschnitt. § 4. 

von Gegnern: 

Joli. CocliläuB (t 1552), Comment. de actis et scrlpiis Lu- 

theri, Mainz 1549. 
Suriu8 (KarthäuBer in Cöln, t 1578) gegen Sleidan: Ckroni- 
con 15(X>— 66, Cöin 1567. 
XVII. Jahrhundert. . 

1. Qaellen: 

Luthcr's Werke in 3. Ausg. Ältenburg 1661 — 64, 10 Bde. 

deutsche Werke, die lateinischen nur theilwcise. 
üeber Melanchthon nichts Neues. 

2. Bearbeitungen: 

von Freunden: 

V. L. V. Seckendorf, Minister Ernst des Frommen in Gotha, 
t 1692: Comment. de Littheranismo, Frkf. u. Lpz. 1688. 1692, 
fol., später aueh deutseh Lpz. 1714 in 4. 
von Gegnern: 

Ludw. Maimburg, Jesuit, f 1686: Histoire du Lutheranisme, 

Par. 1680U. 82 (dagegen Seckendorf). 
BosBuet, geb. 1627, t 1704, Histoire des variations des eglises 
prot. Par. 1688, 2 Bde. 
XVIU. Jahrhundert, in welcliem unter den Protestanten schon eine ge- 
mässigtere , nicht bloss polemische und apologetische Behandlung 
ihren Anfang nimmt 

1. Quellen: 

Luther's Werke: 

in 4. Aasgabe, Leipzig 1729—40, 22 Bde. 

in 5. Ausgabe von Walch, Halle 1740—50, 24 Bde., 4.; die 

lateinischen Schriften hier nur deutsch, dazu viele andere 

Druckschriften. 
Ändere Sammlungen vun Acten und neu eröffneten Quellen: 
Val. Löscher, Ref.-Acta für 1517— 19, Lpz. 1720 ff., 3 Bde., 4. 
H.v.d.Hardt, 1 1746, //isfor. Hier. Beformatmiis, Frkf.l7l7, 

worin nuter Anderem auch des Scultetus Aiinalen. 
Spalatin'a Ammles Ref. und Mecum-Myconius, /listor. 

Refonnalionis, beide aus dem 16. Jhdt., zuerst erf. Cyprian, 

Lpz. 1718, ebenso Tentzel's Histor. Bericht etc. 
Kapp, Nachlese zur Reform.: Nützliche Urkunden,. Lpz. 1727. 
Strobel, lliscellaneen, Nürnb. 1727. 

2. Bearbeitungen oft schon in gemässigtem Geist: 

von Protestanten: 

Dan Ger des, Jntroductio in historiam evangeiü-renovatij 
Gron. 1744—52. 4 Bde. 



QoellfD u. auiramittel zur Ref.-Oescb. 



33 



Selig:, geb. 1692, f 1739 oder früher, Historie der Aogsl». 
ConfesflioD, Holle 1730—45. 

Plnnckf göb. 1751, f IKS;!, Gischidil« des proi LelirUegrriff«, 
LpÄ. 1781— 181)0. Spittlor's L'rtlieil: „Kiu Werk Über das 
(lauze der KirrliPa^:oerhlchte mit der fiiinen hiaU Kunst, der 
edcin Müssigung nud dem selinrfen psychologiächen Blick 
wie P l .1 n c k 'li Gcacliiclitc der Kntsteliung deii protestant 
Lelirbegrifls würde niclit nar Alles, was bisher golcifitet vor- 
deu , weil flbrrlrell'eu, Hoiidcrn xui-h ktMtiea WuiiHch Hhn^ 
laßgpn." Vgl, jedoch den Artikel l'lanck von {•!. ilouke 
bei Herzog. D. H. 
von katholiftf hen Bearbeitern : 

Mich. Igii. Schuld, Gcacli. der Deutschon, Wien 1783. 
XIX. Jahrhnndort. 
1. QucUeu: 

Luther'» Werke in 6, Attsj,". Krlnngen 182G ff. von Irmlsoher, 
G7 Bde. in 8., die deutschen vollendet, von Enders ist eine 
2. Ausg. einiger nn^ersngcii, Frki". 18G8. Von den hiteinischen 
Schriften tiind Hd. 1 — 2:{ erst die f.'xoge tischen erschicuen, 
lind wieder erat 18(;8 eine Foi'tj<f;tznng: derselben mit dem 
Titel: Oiicra latina varii fugumcHti von H. Schmidt in 
Erlangen begouneu. 

Luther's Briefe von de Wette in 6 Bdn., 1835—28, dazu 
ein 6. von .Seidomanu 1850, von Rurkhurdt, Lpz. 1866. 
Tischrcdcu, Cothquia, 3. Bd. von Üindseil. 

Melanrhtbon im Corp. fieform. rd. ßrefschn. Tom. 1 — 28, 
Halle 1834 — 60. Leben und ausgewählte Schriften der Bo- 
grttniler der loth. K-, Klberf. 1861, H Bde. 

Die W.'rkc von 8tanpitz, ed. Knaske, TL 1. Potsd. 1867. 
Andere nenorfiffnete Quellen nnd Acte«: 

Rfllzeberger, Gesclu Luther'ß v. Noudecker, Jen. 1H60. 

Spalatin'a Schriften v. Nuudccker, Jen. lööl ff. 

F()rsteniftun's Archiv fQr die OesclL d. Re£, Halle 1831. 
Neues t'rknndeabuch, Hanib. 1841. 42. 

Jieudecker, l iknnden an» der Kcf.-Z., Caasel 1836; üecisen 
AetcustUcko, ^'Urub. 1838; Dessen Neue Beiträge, Lpz. 1841. 

AvUm zur Gesch. KarTö V. von Oiichard, Lanz u. A, auch 
eigene Aufzeiohuuii^Mi Karl'e V. von Warnk<>uig, Lpz. 1862, 
3. Bearbeitnugcu: 
von Freunden: 
Luther: 

Uk«rt, Luther's Leben, Goth. 1817; Spieker, Gesch. L.'8, 



Erste AbÜidluDg. Ereler Absohnltt. g 5. 



BerL 1818, Bd. 1; 6. Pfizer, W» Leben, Stnttg. 1835; U. 
Muurcr, L.'b Lebt'D, Lpz. iH43 fi'., 3 Bde.; Jfirguns, L.'h 
Leben, Lpz. It^iG ff^ uur bin 1617 m li Udn.; Harnack, L.'s 
Tbuulu^ic, TL. 1., Erlang. 1862, KOstlin, L.'& Tlieologio iu 
ilirer gu»chichtl. Entwicklung, '2 Bdt,-^ ^tuttg. IHB.t; II, Lang, 
Martin Latlior, BcrL 187U. Zu erwarten ßioc grösfiere 
Biographie von J. Ki^stlin. 

Mclaiiültthun: 

M. l-'aciuR, M.'s Leben u. OiaraktoriHtik, Lpz. 1h;V2; L. F. Mpyd, 
M. u. TtlbinKC«, TtlU 1839; i\ iiullo, Clmraktoristik M.'s ab 
Theologen, Halle 1840; K. Matthos, M., sein Laben u. Wirken, 
Alt«nb. 1841; C. Schmidt, M clanchtbo ii, Klberf. IBfil. 
Ilji'rliur auch daü »clion genanutc Wt^rk: Väter n. llegrtloder 
der Lutherischen Kirche. 

Gearhiühtc der dentsclieu Iteformation : 

Gcäcb. d. Her. iu D., Altcnb. 1801, 1817, 3 Bde.; Marheineke, 
üeBch. der teutscben K«f., 2, Ä. In 4 Bdn.; K. Ä. Menzel, 
Rcf.-O, (Neuere G. d. Dyntschen, 12 Bde., BresL 182fi ff. ii. öfter); 
Noudeukcr, GvHtb. de« ev. rrolestanl. in Lt. bis auf unRero 
Tage, Lpx. 1844, 2 Bde.; Ranke, Deutsche G. im Zeitr. der 
Ref., ßerl. IHriD— ^13, mit Urkunden i', Bde., 3. Ä. 1852, I.A. 
1868 iu den Wurkcu. (Vgl. Bd. IU, 8. 224, 3. A.: ^Wahr- 
haftige die Grundbegriffe des Dogma'» varen es nicht, welche 
den 8treit verewigten. Abweichungen wie diese kouutL' mau 
au eiuiinder dulden, wie ja iniuier verschiedene Meinungen 
neben ejuandei' be&tdoden hatten. Der ganze Zwiespalt lag 
vielmehr in der Verfassung und den GebrSuchen."! IlAa»Ber, 
Gesch. des Zeitalters der Ud". hrsg. v. Onckcn, Berl. 1H68; 
Sonebay, DeutschL während der Ref., Frkf. 1868; Mcrlc 
d'Aubign<5, liisto'tre de In reform, an .177 sn'cle. 5 Bde., 
Paris 4. A. 184K — h'A, au Ictnjis <lc Calvin, \ Bde., Paria 
18G3— 66; Kahni», Die Deutache Ref., Tb. 1, Lpz. 1870, 
reicht bin 1520. („Mit der Hegeinuiüe der Philosophie iat 
auch das Streben gefallen, die Thatiuchcu der Geschichte 
iu den Dampf vorgcfaösl^T Ideen aufzulösen"; aber ,,kein 
Historiker versteht die Tbatßrtclien , wenn er bie nicht auf 
die Gesetze des Lebens zurück fdlircu kann"). G. PUtt's 
Eiuluitung in die Augustana, Erl. 1867. 68, 2 Bde., ist im 
ernten Theile nur eine „Geschichte der evangelischen Kirche 
bis zum Aujisburgcr Reichslage" (nämlich vom streug 
LutberiitcJieu Stnndpuukte und für diesen). Scliriften von 
specieUcrer ßezeicbunng wie von K. Hagen, Koasmaun, 



DoutAchJauds politiacher Zustand. 



25 



J. 0. Malier, Scbeakel, Rotermund sind in djeaes V'er- 
zeirlmis« niclit anfgciionitnco. 
VoD (ieguern: 

GemSHsigte finden sich Jetzt fast gar nicUt (vgl jodocb ÜÖl- 
lia^or: Kircljc und Kirchen); Auttin, Histoire de la vie 
de l., Par. 183», 2 Bde., ed. i abregee 1846; Riffel, K.-G. 
der neucsLco Z«it, MaJnz; Jt^rg, DentKchland in der Revol.- 
Pfriode von 1621 — 3Ö, Krcib. 1H51; Jarko, Studien zur 
(JeBch. d. Ref., ScIialTli. IHlli; Döllinger, Die Reformation, 
ihre Entwicklung und Wirkung im Umfange de« Lutb. Bc- 
kenntnUscs, Begcnsb. 1846 S., 1853 ff., 3 Bde. 



§ 5. Politigche imd literarische Zastande Deutschlands. 

Baske, Deuls^ihe Ovschiuhte im Zeitaltor dor BcforntHtion. Bd. I. 

Die Heformmtion war kein bluse kirchliches Ereigniija. Wie im Occldent 
Kirche und Staat nnd Kirche und Literatur Bicli stete in Wechselwirkung 
erhalten hatten: m betraf diu Umgebtaltuug der Kirche auch den Staat 
und die Literatur, ho wurde sie aber auch durch die poÜtittchen und 
litomri^bcn Verhilllniflso selber bcstinimt, welche damals mit den kireh- 
lirben zusaiimieutrafen. Dies gilt wie von I>eut«(-Iilaud so von allen 
Ländern; daher wird nölhig sein, zuerst nach dem politischen und litera- 
ri^rhen Zustande Dentsrhland?, vW ihn das .Talir 1Ö17 vorfand, zu fragen. 
Erst uachdeiQ dieser erkannt ist, kann die unendliche Mamiigfaltigkett 
reiner and unreiner Motive ermessen werden, velcho sich in einer so 
grossen religÜls-kiroliÜchen Wirkung begegneten. 

Gerade zu Anfang diesee Jahrhanderte lagen in den deutachen Ver- 
fttatungszuatäuden manche Elemente zu gewaltsamer Bewegung. Das 
Oberhaupt des Reich« fUl)rt<> nach wie vor den alten Kaiaernamrn des 
ECJimidcheu Imperators fort, dieser aber mit seinen grosacn Ansprüchen auf 
die WeltlierrsMdiflft war immer weniger eine Wahrheit geblieben, in 
Deutschland selber war or es ohnehin acltcu gewesen. Immer mehr war 
die Gewalt vom Centrum auf die Peripherie übergegangen mit allen 
Wirkungen ^eschwäcliter Kinlieit eines grossen künstlich gestalteten 
Kdrpers, nameutUch mit dem gesteigerten Reiz zum Kampf der Glieder 
wider einander. S^hon war insbesondere die Terntorialhoheit der grös-seren 
dentacben Reiclii« forsten eigentlich die BtJIrkstc Macht in dieser „Aristokratie" 
udt^r mehr aristukratiächcn als monarchlKchen Verfassung geworden, aber 
doch noch kfioeswegs die einzige nnd niclit unbestritten von Oben her 
und von Unten her. 8eit dem XI. Jahrhundert hatten die Fllrston durch 
Uaterstfltzang des Papstes gegen den Kaiser deseeu Autoritjtt bceiutrticbtigt 



2r. 



Erste Abtheilnng. Erat«r Abschiifn. $ f». 



tind dabei ihre eigenen Aemi«r erblicli g«>maeht; im XIV^ als die AvigDonsctien 
FJipsto (Ue» allzu aotiamlos m!«i}brauc1ilcu, liattcn sie sich zvai' den Letzteren 
widittwtzt, aber dabtji diu Kai8t>rm.icbt nir.ht hf-rpestellt, aondprn alch selbst 
al» WablcoUcKiiini coiistitnnt, um min fast wie Dnmhi.Tri'n ihrem Bischof 
gegniflbcr sich in die Prflbriid<^ii dos Iti'ichfl zu thrilen. I >aher glich 
Deutschland jotzt schon inpjir einem FttratenUuudc als einem monarchisch 
negiert« n Lande. Hörhstuu» datiü die .Städte, stark dureh das, waa den 
übri;<en Stauden am meisten (ehlt«i, durch das Geld, bei dem Kaiser zu 
»tehen ptlegten; aber zu einer gesrhlofBonrn Kinheit im Vrrhältniss zu den 
FUrätou crwuehseu Kaiser auii ■'^tjidte nicht. Da.s Kaiaerthum war beinahe 
wie daa Tapittthum zn einer Idee gewoi'den, mehr geistig fortwirkend, 
mebi- theoretisch und dogmatisch anerkannt als in dem Bestand der Dinge 
verwirklicht. Die Kait«or des XV. .lalirliuiidertä zogen tikh allgemach von 
den Keichsangelegenhciien zurück. 8igi sm und war selten im Reich, 
Albrecht nieiimlH, rriedrieh IIL nicht ciuiual im Laufe vi>n 27 Jahren; 
TOD den Ftirsten wurden die Uussiten bekriegt. Die Kaiser fingen an, 
— aacb dies manclien Pjlpsten jener Zeit ftbolich, — ihre besonderen 
Ftlrstenpfliclitcn und filr^tliclieu Ink'ressen sowie die Sorge für ihre 
Territorien denen fClr das Heich, welehi'Fi nich von ihnen ahgeMst hatte, 
vorzuzioben. Nun war allerdings gerade zu Anfang dioscs Zeitaltern da- 
gegen MauehcB gesrhelien und noch mehr durch den nor.li reglerenden 
Kaiser Maximilian versucht worden, um da« Einheitsbaud fester zusammen- 
zuziehen, die Verfassung l>e«B6r zu organisiren und dnroh engere Ver- 
bindung seiner Theile dem Keiche mehr Kraft und .Sicherheit zii geben 
gegen die iu sich selbst weit festi'r ge-stallvten N:ichbarländer. Auf den 
Rciebetagen, in denen eigentlich die bdchste das Heicb beherrschende 
aristokratische Gewali zur Hanttelluag kam, besonders auf dem Reichstage 
«n Worms von 1-195, waren die schon seit 1467 ansgesprüchcncn Ver- 
orduungen gegen die Laadfriedenbrueher öfter und mit grösflerer Aus- 
dehnung wiederholt worden. Xu einer allgemeinen gleiehmitssigen Be- 
steuerung waren Eutwdrfe gemacht und Gesetze gegeben wif> die zur 
Aufbringung des „gemeinen Pfennigs"; vor dem Ertrage sollten dann 
ftllgemeiue Reichsinstitut^ , rechtliche und militärische, bestritten werden. 
ITuher Zusammenbringting eines allgemeinen Reichsheeres waren Ver- 
ftlgungeu getroffen; dazu diente die Abtheüuug des Reichs in Stande, und 
die Reichsmatrikel regelte das Zalileavorliilltniss der Mannschaft, die jeder 
Stand zu stellen habe. Auch da« ICeirliskammergericht war anders ein- 
gerichtet worden, nicht mehr als kaiserliches und dem Kaiser folgundei 
wie unter Friedrich IIL, sondern als ein stJlndisrlies unter Mitwirkung 
der Ueichssttlnde besetztes, vom Kaiser mfipÜchst unabbjiugigos Institut, 
mit der Befugniss auch ohne deAscn Zuthun die Acht zu erkennen und 
KU verkündigen. Ja es sollte ein Reichsrath oder Reichsregimont als 



Deurachlitoclii ]>olIti8che VerbKltDlsae. 



27 



penDancntp hOoliitc Rpgi<'riingHbphftr<lc in Kraft treten selbst mit dorn 
N >Tni^itiiptreclii aWr diu Truppeu, »»cli ik-u Anträft von 1495 in solir 
AU^gtdeliutf'r Wi'U«, iiiicli rtttn ßi-8rlilö68(-n von 1500 at» pcmiftnciiter 
AasscbuH» des Kciehs. 

Allpia dip Bcarhränkuiigen , welche dlesfl und ftbulichc organisclm 
OcMlae «ownhl dt-m Kniecr als auch vieleu i^Uldten aitfcrlegfon, mji«^liteD 
dies« nnluRtig, fflr dertfn AuHfUhrung und AufnTlitHrhnltuug flirh anzut^trengon. 
Pie SlAnd« hatten in ilireu Territorirn tthuliclioo Streit den durtigco klcimn-cn 
ebenfalls anf«tn4n'nd(*ii Milchten gegmllhcr wIp der Kainer im Vprhältni«« 
Tum Ketch ; die Steuer wnr oft uicht nufzul reiben, dt-r Krifgädienet wurde 
vprveigprt, das Kammerge rieht serfiel immer vioder durch Nichtexecution 
Minor Beschhlssi-, Kichtbeftolduog seiner Mitglieder oder kaiserliche Kin* 
gri0L<, uud dann inii»»tc Kaiser Max wi(Hl<;r unmitlelbiir Entüttheidung 
geben, z. B. gegen deu rrätcudeutcn bairiBulier UciiitzuDgen Ruprecht 
VOD der Pfalz. Besonder» wurden KaJäcr und Reich d.idurrh auiieinandcr 
gehalten, daag der KralL-i-u seine »u«wärtigen Kriege mit HiUfe de» Keieha 
fUiren wollte, die Retehstage aber weniger entzUndÜrh, nur im Inneren 
organiBiren und auf «<>lrhe kfilnie und ui)»ichcre Uotcruehmangou nicht 
«■ingehen woIUku, daher aurh die kaiReriichcn FeldzUge nicht uiiter- 
etfltzten, — sehr unpolitiaeli in solchen Füllen, wo, wie bei der Ligue 
gegen Venedig (1608), von einem nachdrücklichen Beistände die grüsstcu 
Vortheile für das Reich zn erwarten gewesen wAren. l>urch diese Ab- 
wendnng wurde der Kaiser immer mehr gewöhnt, vom Reiche nichts zu 
hoffen, aber anch nichts ftlr dasselbe zn thun, dessen gerechte Forde- 
rungen zu verniiclilssslgen und lieber auf auswürtigc- Kriege statt auf die 
Beraliignng des Inneren zu denken. 

IVotx jener Anfilnge und Vcr«nchc war dalier der Zustand Doutäoh- 
Innds im Ganzen noch ein sehr ungeregelter, unsichcrrr und darum 
büwegtiT, er war e.a um so mehr, je mehr Schwierigkeiten diese ei-Atcii 
Gfrgeaan stalten fanden. Der Kaiser, dnrch das Ausein an dorgohen der 
beiderseitigen Iulrrt's**in dem Reich entfremdet, befand pich zugleich zum 
Papst in dpm VirrhAltninH einer politiselien ItivaiitÜt. Olo Fürsten, noch 
aelir beschäftigt, dio Gewalt Ober ihre Territorien zu vemiohrcu und nach 
Obfn nnd rntcn nnabhSngig zn nuiclien, tagen ioi Streit mit dem niederen 
nnd hohen Adel, ilen Stjidtuii und dem Baiierut«tande, welchen Allen, was 
jeoe gewianeo wollten, erst abgestritten und abgezwungen werden mussto. 
Uud doch muHcten die Ftirsten zu wachsen bestrebt sein, weil sie wohl 
«muten, M'io sehr sie auf ihren clguuon Schutz augewieseu waren. Nur 
die geistlichen nnd uiiier ihnen die grossen Biscbflfc und Erzhli'cbftfe 
waren darin panr. ander« als zu .Vnfang des 15. Jahrbnoderts gestimmt, 
dasB sie fast Alle und anter ihnen mehrere Ausgezeichnete auf Seiten des 
Papitea standen. Der Adel, die unmittelbare Reiclisritterscbaft, sah in de 



28 



Ente AbttitiüiinK. Erebor Aljacbnitt. $ &. 



neuen Ordnung und in dem Emporkommen der ursprünglich ihm gleich- 
gestellten Milchte seinen eigenen Untergang voraus. Üieücr l'nmuth, dem 
wohl auch ein Zug patriolisclicr Thcilnahme an Kniser und Reich bci- 
gemiscfat sein mochte, ftiuserto sich in foi-tdanemder Nichtachtung des 
LiiudlViedeua, in immer ucucu Felidiu oder StraiJsmrRub wie in den 
Unternuhmungou von Selbitx, Berlichingen und äickingen. Knoke 
erwJthnt ein rliaraktL*riKtiBebe« Wort von GiUz von BerliehiDgen: „Glück 
zu, Uobc (jescUen, Ghlck zu (Ibcrall!** rief er einer Anzahl VVfilfe zu, die 
er in eine Schanit^enlc eiiifallt-u »ah. Auch ein Anflug h()hcrcr Bildung, 
ein halb poetischer lialb dem.igogUchcr Drang brachte don Ädol bei dem 
bcvoretehendeii Ruin Hclucr Uuabhüiigtgkeit noch mehr in Aufregung. 

Die StAdte gcnosaen vielleicht noch die meiste Unabhängigkeit. Der 
Reichthum hob sie, machte sie den Filmten und der KJrche Überlegen. 
Dil- KäDi]>le im Inueren und gegen mächtige Nachbarn nährten einen oft 
ruhen Freiheitätrieb, der nicht viel Anderes und Höheres über sich achtete 
und zur Zurückweisang fremder Eiogriffe jederzeit bereit war. Uer Bauern- 
staud war der gedrückteste , alle Noth fiel zuletzt auf ihn ; die aof- 
zubringenden Steuern wälzten die Fürsten auf den Adel und dieser auf 
die Bauern, oder Adel und FUrdlen vereinigten sich, sie den Bauern ab- 
zunehmen nnd selbHt dann nicht mit beizutragen; die adeligen Landstünde 
pflegten den Filrsten diu Besteuerung der Bauern zu bewilligen gegen die 
HetliDgung, dass sie selbät uubesteuert blieben. 80 zählte man sohon neun 
Aufstände der Bauern in Franken und Schwaben für Qleichholt der Rechte 
und gegen Adel und Gei*tHchp, einige bereits unter Mitanregung christ- 
licher Ideen, denn 1502 wurden von den Mitgliederu des Bundscbuhea 
tügllch ftlnf Vateninser und Ave zor Pflicht gemacht. Zwar bezweckten 
die Maassiegelu Maximtlian's auch nach dieser Richtung eine gleichere 
Vertheilung der Lasten, Aber sie waren zu schwach, um dem Druck und 
Missverhilltnisä zu steuern', und diese allgemeine Spannung aller Kreise, 
dieses verbreitete Missbolingeii au der Gegenwart fconnto zu einem tumnl- 
tuarisclieu Ausbruch fUhreu, sobald ihm ein neuer Gegenstand des Un- 
muthes als Ableitor und zugleich eine neue Hoffnung nahe gebracht wnrde, 
wozu es eben nur eines kleinen Anlasses bedurfte, äo gross und viel- 
grgtultig aber war die Zersplitterung, dass in diesem Lande eine Einigkeit 
und gemeiusumc Unternehmung etwa dum Papst gegentlber schon im Voraus 
unwahrscheinlich wurzle. 

Hit diesem rulitisehen traf Vieles In den literarischen nnd kirchlichen 
Zuständen zusammen. Auch in Ueutsrbland hatte sich seit Mitte des 
XV. Jahrhunderts die Zahl der ünivenülAten sehr vermehrt;*) ihre Bildung 



*) Schon aas dem 14. Jalirhuudcrt stauimcn die l'niversitäileu: Frag I34S, 
Wien l'A^i, üttln Uä!»— ITDT, Uoidelberg 13^6, Erfurt 1392— ISlOj — aas dem 15. 



» 



nod lutelUpenz crliubeu sie ubor die der goIstUchcu Wurtlcntmgier, in- 
laDdlecbe Gffichrtf guiwannen sr> viel iSel^ßtgeflUlil, Ha»» jede RpfDrinntion 
bei ibueu aurh Pnpat nnil Kirßlie gegenüber auf wiitbige iiiid uuiibliän)iiKe 
Wortfnbr^r nnd Vertret«r rerbocii konnte. Auch die aiiftitrclitiiden 
TerrituriiilKewiiltcii konnten dies benutzen und sorgteu um so Lieber fSr 
die Stiftung nooer nucbarbub'n. Uiraile dio RrtmiHrben llecbt^e lehrten 
dtir Univei^l tüten eracbienen hU VerlVrbtvr einer t^rüiuercii AuHdebunai; 
ftlrsiUcher Reeht« im Sinne des Byzantiniaclicn und Jnsti Diane! sc heu Ini- 
perinm»; diecte» wurde von ihnen alviT auf die Ffiräten und nieltt »uf 
d«n Kaiser nei-h iiuf die Stfldte nogewendet, welelie iiirereeit» benidbt 
wu-eu, das deutsche Recht zu erhalten. Auch die Docton^n der Tbeologlo 
Auf den rnive.rAiWtPn kimntun wiu zu OirrBon'x nnd llus' Zeiten sich zu 
einer freieren refurmaUtrisehen und uur nach der Wahrheit IVageudeti 
prophetischen Wirksamkeit in der Richtung auf die Kirche aufgt'furdert 
fühlen. Aiisserdcui war auf den Universitäten, zumal unter allen auf 
ihnen gebildeten AiTXten, ItiH'btBgelebrti'U, Kdcllcuten wie Überbnupt den 
Gebildeten der Kation jene Partei sehr ausgebreitet, welcher ßrattnius 
und Reuclilin , — die beiden Ang;en Deutschlands, wie Hütten «ie 
nannte, — da» Ziel geistiger Bildnug erreicht zu liaben oder doch zu 
ervtrebea sebienen. Mioht die filtere Nation alliteratur benchilfligto «ie, 
•ondern weit mehr die durch d(«n riruck zum (jeiueingut gewordene antike 
piechische und noeJi mehr ItuuuÄche. SIp wurden die Trüger eines 
hnmaaistinchen (leistce, der sich in der Ocriugschätzung und dem Sputt 
gegen alle ültere besondcrR kirchUrlie Autiirit^ten, diu noch nicht auf das 
antike Latein, sondern nur uuf dua ächolaslidcbc eingerichtet waren, geticl. 
Von ihren Gegnern wurden sie grutiunatici, griimmnticeUi, pocfaf genannt; 
vielfach unter »ich abgrstuft , tlieÜwr-iHe frivol und Rehadenfri>h, utY stdir 
TenchJeden von der (lesinunug der Reformatoren, oft nur dcBtructiv und 



Lei[jiLii{ \H\i&, Roatuok 141», Trier I4ä4 -17117, Büael Um», Ingoliradt 1471, 
Tubingen 147", Mainu 1477 -ITy*«, Kopenliagon M7s. Im Iti. Jalirbuudert kamuu 
hinzu: Wittt.*nberK '.hU2 nach dem Mtii^tcr vnn Tübingen, Fntiikfiirt h, 0. Kim: liiu 
mit, dann uaeli Breslau verlctrt, Zürich i;»2i, Rcfunu. Collcg. ('arfi)iauui, iinr 
J^i|i>g. HildaugsansUilt, ticnl' MM, /.iir rnivereitüt ilnrch Calvlu, duch ohne 
^dictniacfac KhcuIiül Luusanne li>^7 vuni Ratlie zu Bern geotiltet, ltIUcU erst 
Anfang de» IS. Jahrbtindert^i uiac hiaturtticlie und jiu-tuliitclie PfmIckbiu-, Mur- 
boTg 1527 von Philipp von Iletitieu, Kef. Itl^:t, Strasitburg 15.16, gestiftet auf 
Stnrm'ft Raih darch <len Luthonstheii Miigisiral, denn df4' grosnpn .Stitdte hatten 
meUt da» nötliigc tield, woran e» den FüvBten genilhuHch fohlte, KJinlgatwrg 1644 
durch Markgraf Alhrecbt. Hillfngen !.%:.) — Ihii, ,)pna 154!^ — I5;t7 und 5ä, 
gv^iludct von Jiibann Friedrtuii'e Sttlmen, Altnrf I.i7ö, geatiftiet durch den 
ilagi«rrat von Nürnberg, »cii hvil vüllig eingerichtet, lufgehobcn lsr)7, Wtüra- 
Iiurg lj**3, Grübt läS.i, et-neucrt 1^27, llelmBiÄdt 15'», ein Pädagogium zu Ganders- 
btin, dnrch Herzog Julius nur Universität erhoben, Paderborn 1592 — 1S19. 



30 



Erste Ätitlieilung. Erster Abschnitt, g ■'i. 



vuruciiieuii, in der Verfolf^ing litiuiHiiistierlicr Ideale zuvernicbtUch und ntols, 
srlivingeistig tiiid lichtfreuuiÜirti im N'crliiiltnUä zur Kirclic und Tbi^ologic 
wit Hiilteii uud Kobau ilviS, ^^cgc'u Tliuuiislist'he und Scotistiaehe Regeln 
Ditilir iuditl'orent ala widurrtprecljcnd und liHretwcli , — trurcn dücli Alle 
zuä:uiiiiieu in der KiiuMi Bercitficliält, die alte Hiirbaroi namoutlicli des 
Klt-niH bei jeder Gi'lcgrnlK-it zu bekam pfen. Ai;bnlirh nctzU' wu hiur- 
Dubeit von Qüuervr dcnUichcr Literatur sieb iu Umlauf befand, fast onr 
Üpott , lloitfrkeit und derben Viif^tJUid dem H««t«^hendeii entgegen , wie 
Briiut'rt Knrrcuacliiü", wie Keinoke Futhö von lil>8, wie Eulen upicgel, 
Tie daa Heiate von Hana äacha. 

Eudlieb die eigentlichen tbcolo^iiielien Sehuleu wuren oiebrfaeU 
geüieilt ] uut4*r den ucli <> I ii 8 1 iac b (jcbildelen di{! Einen AuhAnger des 
altea OccauiisclicQ ^otuiualisiuue, wie etwa Jodocua Trutwetler, Lehrer 
LutherV in Erfurt, Andere alte. HeaÜBlen wie die liegner Reuphlin'a in 
Köln, ein Uücbätraten und Pfeffcrkura, wieder Andere wolil achoo 
vou bumaniatiscber Bildung bei-abrl, doch nucb eonsert-ativ« Freunde 
bestehender Traditicin , dea Mariencnltna und Papstthums , wie Jacob 
Wiuipbeling (geb. UDO, f erst Ki'iy), wie später Emscr und Eck, — 
man hat »ie neue Rcalitttcn geuiiiint. Aber ziemlleh t^inig waren AUo 
noch in dem Tniditlüniilismus, d. h. in der AnBchliesaung weniger an die 
Schriit abi an die HlX) Jahre alten AuluriUMen, an dun Thomas, auf 
welchen die Duminicaner, den Sctitus, auf weiehen die Kranziäeaner 
i^udchwurcn halten, einig- also in der als Verdienst aufgemunterten Unter- 
drückung der Selb:4tl)i:itigkeit und der Kritik, und &ie mussten erleben, 
daas ihrer Unkiitik von den Humnuisli-n aueU iu der Philosophie der 
wahre grieehiHehc Arintoteles »tAtt des vermeintliehen tiehülaBtiBchen ent- 
gegongceelzt wurde. Dagegen mehr gcgecwflrtige Lebendigkeit wirkto 
auf Seiten der Myatiker; denn diese, angeregt durch das erneute Bibel* 
atudiiun in der Weisi« Johann Wesaer«, äuäüerten schon ein reformato- 
risches Hestrcben nacti bibÜi^cher Einfudihoit und Rtlckkehr zu diesor, 
uueb Abworfuug der Last spriterer .Satzungen, und darum ein vertraucns- 
Tulles Verlangen, die aeholaetjacho Theologie auf Grund biblischer und 
Kugteicb gegenwartiger Ideale materiell zu richten. Iu Deutächland hatten 
die.t« Grundxjitze der reineren biblischen Myntik de» Augustinereremiten- 
ordens uuter seinem üeneralvicor Proles nud dessen Nachfolger 8taupilz 
Eingang gefunden , uud ein Convent diettes Ordens stand in näherem 
Verhältuiaa zu einer neuen Universität. 



^am 



§ 6. Latber und der Ablassstreit. 

1Ö17 — lftl9. 

Ukert. Luüitif's Lebe», Ootb. 161'; 8[)iuker, Gesch. L.'a, BuH. l&IS, lt. [-, 
G.PfiEer, l- '8 Lcbea, Statte. I^:tj; M.Muurer, 1,.'« LttbcD , Lpz. Kl:) ß'. :t Hilt*.^ 
.Mlr^ens, l^.'i LfliL-n, Lpx. Iblii, uur bis I&17 in .t lt<ln.; Hnrnnok, L.'AThtwilo^e. 
ib. I, lürL \M-1: II. I.mig, .Vtarilri L., iJort. IHTd; KUstUii, L.'a ThüultiKio in ilirer 
(teschlchtl. Entwirklung, 1 Mik, Sniitpr. ISk:(. Bin pKlsscres bingriipliisches Work 
•lessrlV-n K<i8tliii eteht ku iTwarten. Eine kritlHvliv Uebersiclit «ler Ülteri'U iimi 
ucacron Sclirit'tPti giebt Viigol, li^tiodmcn bio'jntjihica Luthcraiia , l>jl, tiuü 
uoucrlich Mniiroiilireüber: StmliL-u uiiil .Ski^siMi zur ticitcb. il. KufdnuHtifMibztiif, 
S. 2U5: Zur Liirberlil«ratur. 

Zu Anfang tleü Jahrliuudertt) hatte i'in dmit«rhcr ruret, Friedrich 
der Weint-, geb. 11Ü3, Ivurl'llr&t vou Sachseo aal I4st>, in (t*iiuT ei^eucii 
Ke«ideDS Wittenberg etnu UuivcmUit gegründet, also in einer Gegend, wo 
m noch bt'i»ouderä nach Daten hin au Uochscbulvu fchltt;. Xwa Gütern 
4«* Scblusalcirche wurdi- die Stiftung ku äLaude gebracht auf dem dortigen 
Coiivent des AagnstincrurdoDü, denn hier zählte num noch auf den Beistund 
dor Ikttelmönthe, zn Miirburg trieb man «ie ans. Der Yicar des Urdons 
Stäup it2, BfJir thätig bei den ersten ICinriclitungün, wurde iiU crätiT 
theologischer Decan eingetragen, der heilige AnguBiin zum Schutzpnti-on 
der AnsLilt crkiilrt. Diesmal nur e» vurtbeilliun, daäti die Univeruitilt sieh 
in d«r Uesidenz [»cfaud, mo wenig »ich damals Wittenberg durcli WuhUtand 
und Umfang auszeichnete. Hier lehrte s^t 150S ein BettuiuiOnch dos 
genannten Orden«, .Marttu Lutb»r, geboren am 10. November 1-18;t zu 
Eialeben. In gedrUckicu V ei-hültui^äon , die sieh spüter etwa» besserten, 
atrfio^ erzogen, auf kleineren Schulen in Manst'eld, Magdeburg (1-Llt3) und 
Giaonach fl498} untcnieiitet , bczug er lüOl iider 1DÜ2 die Universität 
Erfurt, woselbst d[(! pbilos<*phi8che Kaenltät noch die ^Stelle der Gymnasien 
vertrat In Eiaouuch war eine vis mgenii acerrima ei imprinm aä elo- 
ijuattiam iäonra an ihm bemerkt worden. Zu Erfurt begann er unter 
Anleitung dt-s Juducus Trutwctler, eine« Sehuluslikcrs ans der Schule 
Oeram'ä, seine Studien mit der Aristotelischen l'hiloriopliie und den 
Sehrineu den Occaui, äcotus, Bunavcntura und Thomas, bosebüftigte 
»ich aber auch mit den lateinischen KLansikem Cicero, l'Iantus, Terenz, 
Virgii, Liviaa. Spittcr sollte er nach di-m Wunsche scnues Vaters, g<^'n 
den uicht viel einznwenden war, die Keehte. stndiren und machte wirklich 
diunit den Anfang. Er wurde l&i.)3 Baecalaoreus, i5iJ& Magister und hielt 
»elbst achoH Vurlesnngcu Über Ai'islotell&chc Schrillen; doch hat er nicht 
io hohem Orade unter dorn Einllnss der dortigen Ilnmanistcn gestanden. 
AU Haccalaureua 8:di er auf der Bibliothek zn Erfurt zum ersten Male 
vino vullstAndige Bibel, eine Vulgata, lad auch eine Stelle aus 1. Sani., 
konnte aber nicht dabei verweilen, sondern Ausseilo nur den Wunsch 
riner spätem genauen ßukannUiehaft. Es war also nicht ilaa Studium der 



33 



Erste Abthellang. Erster ÄbselmKt. 9 6/ 



faeiligeu äclirift, aeio ce varen Kampfe nnd GcmUllisbcwe^nDgen , velcbe 
ihn rtcr weltlichen Lani"bÄlin abwcnilig niiclit«n. Dif Kiirrht vor dem 
Zorn Gottes imd den göttlichen Htrafeu, sa^l Helanchthun in der \*ita,') 
Bciireckte ihn bis zum Tode ftü paene ejranimrtrehir); Br fohlte sich 
bckk'iuinl itud niederi^i'bciigt, diuBcr Drnck wAr es und wühl auch der 
Verlust eines Freundes, nescio i/iio casu inler/rcti, sa^^ Mel.incbtbon 
(Uatlhesina: ,,da ihm sein gut Gesell crstochet/*), was ihn i;anK plötzUob 
sam Kintritt in djia Erfnrtor Augustin^rkUiBter bewog. Am 17. JoH 15Öfi, 
22 J.-thrc: alt, befand er sich zum letzten Male heiter mit seinen Freunden 
xusaninion, gab aber alle tieine bjghertgcn Plflne aui^ schickte der Universitüt 
sein MaKifiterdipUun und seinen Ring zurflek und ging am folgenden Tage 
in diia AugnstincrklosttT «ehr gegen den Willen seines Vaters, nnd nichts 
nahm er aus der Welt mit als einen Virgil, den Knhrer Uante's, nnd 
einen P l a u t u ü. ini Kluster nahm seine L'urulie nur zu. Nach zwet 
Jahren zum Priester oi-dinirt, unterwarf or «Ich mit ganzer Strenge der 
toiiuehisehi>n Askcäi-, aber er niusste erfalireo, daas sie ihn dem Himmel 
nicht nfilier bringen, des gdtllicben Geiste» uicbt theilliaftlg niaehen, »och 
von der Angst vor dem götlliclieti Gericht befreien kCnne. Er empfand 
und erlebte, dnss die menschliche Sflnde eine Macht sei grosser als daas 
solche Uebungen tue zn brechen oder über sie zu erheben vorm&cbten. 
Das Bild dos Gekreuzigten stand ihm schreckenvoll vor Augcn^ erst in 
dem Gedanken einer Silndeuvergcbung nicht auf Grund eigener Leistungen, 
sooderii nm einos Grössei-en «iUeu, der statt seiner einträte, nnd in der 
rechten Inneren ITi'rrttellnng dett Verliältniüset) zu ihm ernffnete. sicli ihm 
eine tröstliche Aussicht, Nun erst «Is MOuch lerute er die Bibel näher 
kennen-, vorher liattc er wohl BehoUitiker gelosen wie W. Occam, den 
er mcbrmalit seineu Meister und scholasllcoriim tfortor princeps ncoot, 
d'Arlly, Gerson, (iabriel Hiel und Johann von W e a e I , Einiges 
sogar, wie Melanchthon sagt, fast auswendig gelernt; jetzt las er 
An^'iistin und zwar alle Schriften desselben nnd die Bibel. In solchen 
Studien fand ihn ein liöborer Beamu^r seines Onleus, der Generalvicnr 
Johann von Btaupitz, selbst ein Anhänger der edleren AnguutinischeD 
Mviitik, dieser wurde nnf ihn anfmerksam und bewirkte 1508 seine Bemfnng 
nach Wittenberg. Der aufgegebene Magistergrad wurde also wieder hcr\'or- 
gesogen. AI» Bacealanrens der Theologie ad hiblia las er seit 1509 über 
Psulmen, Römer- und Galaterbrief, predigte zuweilen, wurde darauf vom 
Magistru-t zum Prediger der Stadtkirchc gewählt und eudlich IhVl unter 
Staupitz's Mitwirkung und auf Kosten de« Kurfürsten zum Licentiaten 
und Doctor der Theologie beiV-rdert. Sein Misstrauen gegen die Scholastik 
und seiDQ Vorliebe fdr die Bibel nnd die Schriften Augustin's befcatigteo 



■) Vorp. Rif, VI. p. /SS. 



Luther In Uom. Lrä 



33 



* 



dich, er war seihst, wenn disd tlim nach den alten Klaa»eii seinen PlaU 
»nweidttiD wollte, jetzt ein biblisriier uml mystiwlier Theologe. Daran» 
erklärte midi tieiae Httit liäftiguug iiiil Tuult-T, und ebenso dass er die 
nuunrme mystische Sclirill eines t^ankfinter Deiitscliordensbeainteu miter 
dem Titel der deuiscben Theologie lälti tlieilweisu und 1518 voll- 
stAndtg berausgnb. 

Zn neiidn eigenen Erfahrungen hatte tuoli schon frühur Gelegenheit 
gefunden. Sehr folgenreich wurde die im Äufti-age des Ordens 1511 
anterooiDmene Itois«- nncM Knm. Mit itaüenisrhen Unmanisten srjieint er 
dürt nicht in Verblndnng gekommen xu sein , aber den Uof des ritter- 
lichen Fitpstes Julius II. und die Frivolität der H^Jmischen (ieistlichen 
lernte er keuuen. Kr gewann einen Kinblic-k in die herrschende Öitteu- 
UiHtgkeit, musste sehen, wie Kleriker, welche bloss mit Weibern lebten 
ohuu Sodomie, deshalb wie Heilige verehrt wurden, and sagen hören: 
„Ciebt OS eine Holle, so at<-ht Rum dai-uuf." lu dem eiligen Messelesen 
kunote er ea thnon gar nicht gleich tlnin, sie laehten ihn darüber aus, 
wi(r er selbst bescbreiht;'} passu, /Htssa. riefen sie ihm immer au, wen« 
er feierlich langaam die Eiiisetxungswurte las, „fort, fort, schicke unserer 
lieben b'rnti ihren Sohn bald wieder heim", wenn er zu langsam ronsecrirte; 
Einer rtlhmte sich, das« er nicht mit der gewJJhulieheu Formel consecrire, 
annderu er sage: panis e.v et pmtix mauebis , vhmm rs t't vimun nuinehis. 
Uhr gauKL' Klostcrlebeu aber wurde Luther dadurch vollständiger bekannt, 
iUha Staupitx, als er 151ti fllr den Kurfllrsten in die Niederlande reisen 
musste, ihn iiitt^riroistiseb mit der hispeetioii uud Visitation der sflchsiachen 
Augustinerkl^Hter, — es waren Über vierxig, — beauftragte. 

Nun war 1513 noch wflhrend seiner Lateraut^yuude, die er gegen die 
xn Pisa hatte eröffnen lassen, der Papst Julius II. ges^turben, nachdem er 
tehn Jahre regiert, — krie>reri8eh, denn er bniebte 150H die Ligue von 
Ounbray gegen Venedig zu :^tande geistvoll uud knnRtiiebend, — denn 
er lits» ftlr seine WolinxJmmer im Vaticau durch Perugino uud Rafael 
die Kresken aufangen, welche die gntsstcn Werke der Malerei aller Zeiten 
geblieben sind; — und gewühlt wurde an seine Stelle, währoud ilie 
Lalerani^ynode noch fftrtdaiieite, der jUngsU* und doch wegen seiner Abkunft 
und Talente angesehenste und beliebteste Cardiual, für den man eine 
Ungo und folgenreiche Kegiernog er«-arteu konnto, Johann von Medici, 
der ^hn Lureuzo's des ^»aueJiteu des Regenten von PlurenK (geb. 1475). 
Schon lä Jahre alt hatte ihn Piqtsl Innucenz VIII., dessen 8vhn Franz 
Cibo mit einer Tochter Lorenzo's verboirathet war, zum Cardinal ernennen 
mtlsflen iWHÜ), doch wurde durum seine Erisiebuug nicht vcrnaohläsaigt. 
Tlu^Iogiicb war sie freilich nicht auftgefallen, aber die gelehrte«ten und 



•) Luther'» Werke von Walch, XIX, S, l&O». V, S. IW«. 



34 



ünito Abtheilnn^. 



itcr 



initt. 5 ff. 



^t>i6(reielitil«u OriccIitiD und llullem^r, welrtu' lUmalti \m P:ilasl(f Hiccardi, 
— wo noch jetzt die Iiie^rlirifl zu lesen: tue Ulerw fiifimn' t/rtifctiet/ut' 
rcsiauraku . Plutunica phUofuphia rfslilula rxt. — uui^ und (ihi^iugfii. 
Angclns l'oUtianas (I 149-1), Argyrophylua (i am Kndo dos Jiilir- 
liuiidcrUI, Denictrins CLHlkundylnü und AihU-i-(j huttrii Ilini die cU'^utitu 
Aaabildiiiig iu den klaitsUplK'ii Oichlirn gfgcben utid die linninuiittiacb» 
llilduiig uiit fciiK^m Siuu fUr Keinlielt dca Intcinisclieii Htyla eiiigedöitst ; 
niclit minder wur er aUc-r auch an das «diwolgf-risi^lic, gi'iMn-ii'.h frivoli' 
Mcdicäifiche im l'ulaHt scincH Vntci'S gi-wi>liul. .Mit ül Jaliroii Papst gL-Würüen, 
blieb CT auch als Leo X.*) ecincm Vater Lorenzo lUmIlch| war 
wegtMi »einer Fi-cnudllctikeit, Ffinlieit und Frcigi'bigUcit in Italien beim 
V'olk«^ «(dir beliebt tind bpgüuötigto (jeUdirte, Seh Ungeist er nnd nuch mehr 
die Auagczeicimcteu KUuitUer Bruuiautc, Michel Aogelo nnd Kafaul 
(t l.^iio, .17 .lahr*i altl umi ihm rDternehmnngen in der vornehmen llli-iüt- 
lichcu Weise sciucs UauEiCs, wcnugleich aua der beabsiuhtiglea FurtAibrung 
dra von Julina IL begunneneii gro^juu-tigüu Uiiiic« der Peteräkircbo daaualti 
nicht viel geworden iüt Kirchliclieit und Theulugiäche» war wenig an ihm 
äu bemerkten, obwoLl er von seiner dhüiui majentijs reden nnd »ich nllfr 
Dens m leirit, orbis terrarum tnonurcha a. dgl. nennen üeßa. Seine Zeil 
ging in eleganten Vergnügungen hin, er war ein leidcBschaftlicher Jüger 
und trefflicher Schachspieler, ea war ihm so »elir Bcdllrloi»», durch Geist 
und feinen Schera uder durch niedrige Posten Btcltt nnterhalten la nein, 
datui auf diesem Wege Alle« von ihm erreicht werden konnte. Dennoch 
fflhrte er Heine poUtiscben Cnterlianillungen zwar nicht ohne TreutoKigkeit, 
aber mit auägezüiehnuler Klugheit, und »eine päpstliche VVlU'dc entehrte 
er wenigateoH nicht durcli roh« Ansneliweilnugen und Verletxnng des An- 
standest aai)günummeu ht^cliüteuB wenn irgend eine Pouuu ihn unwidersteh- 
lich mit fortriss. .Seine Uauteu aber, seine reiche Hofhaltung iPlauonwUrste), 
seine Freigobigkeit gegen Verwandle nnd gegen Alle brachte ihn freilich oR, 
nachdem der von Julius hiiiterlassene ungeheure äcliatz verbraucht war, 
in Ucldmaugel, zu dessen AbbOlfe ihm Iei4lil jedes Mittel, z. B. Ernennung 
vieler Cardiuäle, Geldstrafen wegen angeblicher Verschwörung, genehm war. 
Derselbe Grund veranlasste Leo jetzt, noch vor dem Jubeljahr ll.^»2ä) 
eine neue ausi^ererdentliehe Vertauschung der zeitUehen Kii-chenstrafen, 
d, 1). einen neuen Ablass zu uegotüren, welcher besonders, wie er zu 
sagen pHegte, unter den tiarbaren, d. h. in Deutschland Geld herbeischafTen 
sollte; die Summen nannte raau iu R(im pccaifa Grrmanunun, es war 
eigentlich eint) iadirccte Kirchenetcner unter einem getiihrllclien, weil dia- 
putat)eln und TerfQhreri scheu Vorwande. NameDÜicli wUuschte der Papst 



*) Htiscoe, The Ufe anä pöHlificate of Leo X. \ Bde., deutsch von Ileake. 
Kanke, Deutsche tieschichte, 1, Sl Ol 



Alttreottt viiu MuUu.. Atilatii?lianilü}. 



35 



— w«iiif;st«ns «acli G uicciardiu! und Fra Psolu, wogegen nach 
Anilort'i) U08COC, — seiiip. mit dem Snhm*. lunocenz' Vlil. verbcirnllielf. 
SchwrHttT Miigd»lciia 7.n beBchenken *). Kilr uinen grossen TIh-U vun 
Deiiüu'lilnud baltt^ er darüber mit tiiuem ihm ähiilit-licii uocb viul jUiigeren 
rriiixen einen Vertrag gCHchlussco. Albrooht IL, Unidor des Kurfürsten 
Joiirlum vtm Rramlptibnrg, geb. 1490 f In^S, war, wie dumal» g«wöhn- 
lirh dif! nacbgeburrueii Sübue ruratlichcr Ibiuser, mit bubeu geisllicheii 
A«mterii verBorjft worduu;mtt 3:) Jabren wurdr it I5i:t KrzbiHchuf vun Magde- 
burg und Iliärb«r vcn UalberstadtT 1511 an*s('rdeiii Erzbisehof und Kurfürst 
Ton Mainr und Krzkanzli-r Ufa llt-irlis. Am^ti er betrug sich als Freund der 
Gelehrten und Kdnstter, »annt« Krasmns den Uorsteller der Theologie, 
gericih abir eboiifalld durch Dauli^-ti, HufbaUunj; und Spivlschnlden stota 
In üeldvcrlcgeiiheit. Freilich j^psfhab die» durch Schuld des päpstlichen 
ItotVs fivibst, iUb Beslüligung »inea Kiv.biHchufs von Mainz und auin Pallium 
k«sti-len in Rom lM,nn(t dulden; in «loii .Ifthren U»(>5, loüti, 151ä M-ar 
YacAUZ gewesen, und difse Schulden druckten das Krrstifl noch*'!. Es 
wnrde nnn zwischen Albrecht und dem Papst verabredet, dass der 
Brstrre den Vertrieb des Ahlasttes und dii^ Unkosten in seinen grossen 
blM-hAtlleheii Provinzen Übernehmen, dafllr aber die UülAu des Ücwiunes 
beliAlten «nd nur die andere IlSlfle de^ lleinwlTage-s an Leo abliefern 
aollt**. A l b r e c h l stellte, das fürstliche Banquierhaus der F u g^ u r zu 
Anpthurg dtun an, welches ihm tJlMXKi (iulden au den I'apst vorsehoss 
aud uun den Erlt'S {;Ioieh selbst ejuuehiuen lieHs. Daher begleiteten Cummi's 
dtesc« Hause« die Ahlu^pre-tligcr, Keiner durfte, da man l nterschleif von 
ihnen filrehtete, ohne Beisein eines solchen Agenten die Kisten cniftneii. 
Lter Vertrieb selbst wurde den Kuttplmünehen aufgetra^^en, besonders den 
Uüminieancrn^ die bei ihrer Gewohnheit und Verpflichtung in alle Häuser 
gehen, zn einem solchen Geschäft vurzHglicli peciijiict erschienen. Auch 
ir (lureli andere Mittel fltr eine besondere l'^iiitnlglicbkeit dieses ausser- 
ordentlichen Geschüfts gesorgt. Beitrlige zum Han der Peterskirche, deren 
rmban vun Nieolaus V. begunncn, von Julius II. aufgenommeu, damals 
lueli einem vun Uafael modtticirteu Plane Uramanti^'r« von Leo'X. 
fortgesetzt wurde, waren ais diejenige Art von guten Werken angesetzt, 
gcg'^n welche nach hestimralen Graden der Krlass der regel massigen Kirehen- 
«trafcb bewilligt werdt-u sollte. Die ptipstUehe Bulle erkliirte zwar, daas 
dleäer Tausch nur walirliufl reuigen Mündern zu Oute kommen könne, aber 
das wurde leicht überitehun; für Kiniges, ■/.. B. das Kecht, seihst einen 
ßfichlvuler zu wühlen, der in reservirten Fällen absolvire oder gethane 
üclabdu In auderu gute Werke verwandle, und fflr die Seelen der Gestor- 



') Roacoe, Lebeu lieu'» \. vun Uonko U, S. :(42. 
'*) Banku, Deutsche GcBchichte i, H. 2V>. 309. 



S6 



'Grate Abthelhmp. Erster Ahsehnitf. $ ß. 



bencn wnrde gar keiue Reue der Lebcndeü , sondern nur da« gnte Work, 
d. h. das Geld gi'forderU SrhrifUirlui fVrtifirftti! »nrden denen, welche ilie 
gnten Werke leisteten , von den VorbiTiUrii dnrdber ausgefertigt , welche 
sie ilauD ihren Beichtvätern, venu dipse ihnen PSnitenzen auferlegen wulltvu, 
entgegenhalten konnten. So selir rtt di'Util hatte man die .Snclie i'rHlier 
niemals betrieben. Nach tnnem Tarif konnte man jetzt gegen ^auz kktiio 
gute Werke selbst für kleine Sllnden nud Unterlassungen Indulgeu&scbeiue 
kaufen; aber auch Todsünden waren nirht gar zu borh angcitetzt: Meineid 
»bei Tetzel) mit U Ducatcu, >Iord uiit 8 Dncaten, Vielweiberei mit ti Un 
caten, Zauberet mit "2 Dncaten. 

In die norddeutschen Diöccsen de« Kurfiirstcn, Magdeburg und Ilalber- 
stadt, und von da weiter schickte man anfangH IfilT den Uomlnicaner 
Tetzel't aus Leipzig, einen Mann, der st-hoii crfahrc-u war in diesem ()e- 
Hchäft, da er fUr den deutschen Orden in KuMulauii Abln^H umhergeti'ageu 
hatte, und der gerade jene aus C-harUtanerie und Pöbelhnlügkeit zusammen- 
gesetzte ßeredtsamkeit besass, welche bei der Menge das Meittte ausrichtete. 
Wenn er nun unter abenteuerlichem Oeprflnge, wulclies autt Furcht vor 
Papst and Inquisition geduldet wurde, in eine Stadt eingezogen war, — 
und die Ueistlichen, Orden nnd Innungen muiutten dem apustülisehen Com- 
missar entgegengehen mit Fahnen, Lichtern, Mnsik und OlockongelAut«, — 
begab er i«icli mit Kreuz, ßiitle und Oeldknaton in die Kirche, liesü AIIch 
nufKtclten, den Kasteu unter dem Kreuz und das Kreuz unter dem auf- 
gühjlngten päpstlichen Wappen, nnd predigte dann. Kr vermied natQrlieh 
viel an die Bedingung der wahren Ueuc «u erinnern, das wäre zw kl.ir, zu 
rfttionalistiscli, niclit positiv und wundervoll geniig gewesen, sondern tieiut; 
marktschreierische Kode lief darauf lunaus, als habe er ein Mirakel fx 
operr nperntn wirkaam anazntheilen, wcIcIich auch bei ennst Trügen und 
Unbussfertigen alle Schuld zu tilgen vermöge, literzn ward der Ausdruck 
remhsio plertftria oder venia pfetiaria geiniss braucht, hierzu diu Anpre.isung 
des Papstes bis zur Ilerabsetzuug Christi neben ihm. Nach Luther's 
7ü. Thetu! muss er gesagt haben, das Krmiz mit dem Wappen des Papstes 
aufgenommen vermöge so viel tls das Kreuz Christi. Er verhie&s stilbsl 
Wunder durch die Gunst des Papstej^ , wie etwa reicheren Krlrag der 
liergwerko in Meisseu '*). Uumitlelbai' nach dem Tode stehe das Paradies 
offen, wenn man wolle; da Chriatus von der Himmelfahrt bi» zum jfiugdten 
Tage alle Gewalt dem Papst übertragen: so könne das Fegefeuer ganz 
vermieden werden, — wie auch schou Iuuocou2 VIII. Bich die Voll- 



•) Acten Über ihn 1*1 Gerttei. Introtiuclio in hist. er. rcnov. /, ;>«!?. ^ll. 
H«<hlii l'ila Joh. Talzeiii, I'itrtnb. 171 7. Andere ScbriRea von Vogel, 
Kappen, UofoianQ, (■' rfiue und Ln iber'H Urlerc von Sei de mann H. 10. Ib, 
gtiuaitDt lu dem Artikel vnn Neiideckor hei ilerxog. 

**) LUflcher, Uefonnationaacten I, 9.397. 



Tclwre Ablit«spreili^, 



37 



oiHclit beigelegt h$tiVj purffotothtm xi tJefit penUits evacttaiitH. Für jedes 
Wrhrfrlifn liabr er, Tct7.cl, Krlasia, n ml wenn 8p|hKt Jcin»n(1 die ti. Jung- 
frau gceclifludet: so kr>auc it ibui Abäf^ilutioii vcr»chnlTcu *). 

Nur gpgen diesen Scliwiodi'Ij diciüo nnvernchÄratc iimi vcrCdhrcrißche 
AnpreisuDg, unr ^oj^cu dicftc der Lclirt' der katholischen KJrrhv selbst 
widcnt reit ende UebertreibnDg iieiner Wtrkuuf^en, nicht ^egcii den Ahbss 
Mtbfil noch gPgtiD den Piipttl, v'u-litiehr gcrsde Air die Ehrt dcti Letzteren, 
tltr Hioi- noeh mehr vor seinen Krouodcn äIb vor seinen Feinden schien 
gc^thttut werden zu niiltttien, hxll sich aiiu Luther verpHicbtet etw.-ui zu 
tbun. W:iii ihn .-intrieb, war nicht Misebillig^nng der KJrehenzuctit uouh 
KmnueipatloB, Buudern das Gegoutheil. Tvtztl war von Berlin, wo 
J (lachim d«r Bnider des Kurfürsten Alb recht ihn gut aufgenommen 
hstu-, nueh Zt-rb^t und .lütrtrbo^fk, eiiicui ^tjidlrhen, welches zum Krzbirithiim 
Mngdpburg gebArte^ vier Meilen von Wittenberg gekorameu. Im Beicht- 
stuhl erfuhr Luther, wie tticli das Volk auf die AblitMtzettel beriel*; er 
warnt"' und predigte dagegen, Telzcl autwortete mit der Krklilrung, wer 
den Ablai^ herabeetKe, verdiene verbrannt zu werden, drohte mit dcui 
Hanne und licBS zum .Srhrei'krn i-elbst liuuml ciu grosse» Feuer anzünden. 
I.nther wandte ttirh an den KrzbiKi-hof Albrecht, die UiHchOfe von Naum- 
harg und Meiosen, an den Ordinarius von Wittenberg, Biavhof Scultetui 
v<in Itranderiburg mit der Bitte um AlditUf«', aber vergebena"). Jetzt lie«8 
Luther ani Abend vor Allerheiligen, am :il. Oct. I5l7, das bekannte Pru- 
^moim, die disputabeln Thesen flbcr den Ablas«, am Kingang der äehlosB- 
kirche zu WJltenberjr bekannt machen, wie aneh anderweitig Uiöputationeu 
itnd Aehnlicbe» an der Kirchenthflr, wir würden sagen am schwarzen 
Brett, vernfTentlieht wurden. 

Diese Thesen sind nicht J*.') verschiedene J^cntenzen oder Gedanken, 
)>ondern bilden »ine ziemlieh zusammenhängende liude, in Sätze abKcthcül, 
nicht ohne Wiederholungen. Nur der lateiniftche Text iat original, der 
ticulrfhe vunJnstus Jonas horrülirende wicht immer genau**'). Luther 
Klelll in ihnen der vorwirrenden reberacbatzung der Indutgenz die rechte 
und nicht verführerische Lehre der Kirche, wie sie auch dem Papst« zu- 
zutrauen sei, entgegen. Nicht die ;<chuld der begangenen äUnden kann 
dem Mcofchen vergeben werden, das geschieht nur durch das Verdienst 
Christi, aber schon ohne meusehüches Ltazwisclientreton, also auch ohne 
dfn Papst hei den wahrhaft Kenigeu. Die Busse iet etwas viel Grösseres 
und Innerlicheres als Itebernahme von Strafen, das ganze Leben des 
l'hristi-n soll eine Busse sein (Thes. 1 — 4). Nur und allein von den 



'» tienke ail Koscoe II, S. :i4:(. Spicker S. :i20. 
•*) Jürgens, Ubeu Lulher'» IH, S. lüS. 

'"1 l.tfsclier, Reruruiationsaeten I, S. 43S. Uardt IV, Ui. Eine Aui»wahl 
der wklKlgsten bei Oiesolcr UI, 1, S, 21. 



38 



SwäigTEnter 



hnm. % «. 



mcnacliUclicn Straffu küuut'U dirJL-ui}:t-u, weklie tlici^i! »ugcunlovl lixbf-n, 
aUo niicli dor l'apiit, ctwiig nat^lilfiAi^i^'n, gur tiicht^. Auch nicltt du 
Kleinste ivn der Sclitild (.'>. 7tit. Nur dii's be*leiit<;t die /i/ctiarift re- 
MiMto, nur voHslilnilig«!! KrUuts dvr mciisrJilirben IMnitiMixen und knßo- 
nist-liou RiiscHin9;ir7.c fiir dii- StiinU-ii, iiiid i:a iM diu scliüdlit-listt* Vcrwlrrnu^, 
h'etiii tVieA niclit tmUTBrliicdpi) wird v^if, 21); $Uudenver);cbuiig itelUttt, 
welche Gott gewährt, kann drr Pap«! nur vurkfludigi'u, eine oigentticlic 
6cblil»si'lK*'wäll lipsifzt nr nirlit [i\. Uli). — hict^t' [iiriplii-ln- mnissin, nilm- 
licb bloss der int' usc blieben Xurlttiguu(;oii KUi>Mnnnen uitt i-iiK-r di^icipliiui- 
riAchcn Vollm.icht ku mtboilcn, bat nun allrrdingB der l'iipAt dt» Itccht; 
sein Krlii*i!*fii int ciu ICrkblmi, Aiikiliiditrcn, für dii'tüc auf die von ibiu 
Tcrbiingtrn Strali-n brz[l^lirh<i Krkl^iDiif; darl' vr (jcburDaiu Ibrdtrn. Map 
soll scino Commiääanoii cbn-nvoll oufia-liiihm (CO), ja vcriliicbt bvi, sai;^ 
Thesp 71, wer widi-r dii; Wiibrbrit d^'s nüj»stIiobi»ii AhlnÄHM rt^Ict, mit 
Itccbt bestraft iliu der Pap&l, und fii> biit doch ditr Abhiüa selbst sfinen 
partiellen Wertli als einü Deelarnlinn der Kirebe tlher die niulit von Uir 
uorh vom P;ipM, wondei-u vuii (iott au* {leRcbelieue Vergebung (XS). Aber 
eigcntlieb ist dereetbf doeb ah exliibitive Abnulutiou etw;u> zkuiLieli C4e- 
ringn^gigtis (ÜH). Denn xunälrlint, ilu die IIUfiÄgcjtetxe nur den labenden 
gelten, bat er im Fegcl'cuer keine Wirkung (H — \'A), dnnn aber ist auch 
jedeH wahrhaft gatc Werk der Liebe, weil Knriickwirkcml auf seinen !>• 
beber, und jede biluRliclie .Spar&auikeit wcrthvoIbT (13. li. 4tl), jede nodoit) 
Predigt Af.B Kx-angeliunm mehr alti die AblHt>sp redigt |r»:i. M). NiMzUeb 
Ist er eigentlich nur. wenn man kein Verlraiieu nuf ihn mid -^oine Wirkung 
setzt, im anderen Falte sebiUllieb (4*.). r>2), und dadnrelt wird er eine Sache 
freier Wahl, nicht gebott.», tiherw. Htm {n-a^cfpUte (17), ja die rechte. Itu^Krt 
wird lieber die schwerere KircbenÄirafe, welebe sie befriedigt, als die Er- 
leichterung ertragen, l'ni w enip^ircuder und gulUi^lflsterlielier ist die Art 
fleiner Anpreisung in dor iiemelnde; wahre Rene und Ahlaaa xngleicJi zw 
empfeldert, dudnreli erat kommt Si-biuiioli über den pApät, und en wird 
schwer; ihn gegen die bedenken den gfuieinen Manneü /.n vertheidigen. 
Jetüt fragt das Volk, warum befreie denn der Papst uiebt lieber mit 
Eiucni Male alle Seelen atit« dem F<'gerener um der Liebe willen und 
tbno ert nur im ICiiiKeluen um ib-t> (ieldets willenV Wartini wurden ilenn 
nnn die Htiftungen fUr .Seelennieiwen nicht zni-fiek gegeben, venn man doch 
fllr I'Jiofte nielit meliv zw beten braurhi-y Warum bau.- der Pa|>st die 
Peterekirche nicht mit meinem eigene« Oelde , da douli Bein«; Guter mehr 
seien als des reieheu CrjiBsUH? I>i'rgleiclien, sagt Th. 1K> sehr sententiftH, 
kilnne man n'rrht mit Oewalt niedersrb lagen, «mderu iinr mit niigegrhenen 
UrUndoii, uiul man M^tze doch die ganze Kirche dem Uelaehter aiiH, wenn 
man es nirhl vermöge; »viebc sehr ripit7.lgo Argumente vnfe man aber erst 



I 



h«rvor durch eioe AblnssprediKt , welcbc clera Golst nnd der Meinnug ilos 

iltiT war also iiiclit mir iticlila gf^n die Kirche nad dpu Papst ge- 
Intirt, «Glidern Beide wnrdcii von einer crostereo Kii'clienlehrc am» gugeu 
den Mifjjhriiiicii, der auf ilm-ii Namoii mid zu ihrer Srliaiide r.w gpHchohcD 
fechii'u, in Sfliiitz t'*'""i"™'^o. Aber allerdiofi^B war damit si-Iioa der Punkt 
bctattiehnt^tT vüu wi^lchom atm tiirb nat^hher nrid bis jetzt die katbotischc 
and cv.ingolisolif Kirche irrscbifdeii haben und darum »uch iHiicrhMlb der 
rv«ns<"'»*'"ln*i> Kirchi; da* Kalhuliairen und Nidilkatliolirtin'n. Nftiulicb es 
war in hühcr<'m Gr«de eine Knlbobrllchkeit lucnschlicher, aisu aucli päpKt- 
lirluT odor prii'nti'rlichwr tnliTui'ssion xwi«rlit^n (lott und dem einzetnon 
CbrtAlc-u bei Krworbnng äCJntT -Sflndenver^iobung beliatiptet, aU das Papst- 
tbum und dt;ii8ttn Vertreter zugebeu mürhten. In de^n grossen Thesen 3ft, 
:i7. 30 la;: Krhehmtg über alle Hiemrebie, Furilurunp mne« uomiltel- 
bartü V'erliäUni»8t*ti des Einzidueii ?.ü fiotl uud ('liristus, Anerkennung des 
rirbtigen iDDoren ZuHiaudcs als de» atleiu lledingendm und Nutltwendigen'l. 
JCs huttn aUi> der urspiilngliehc Streitpiinkl , obgleich znnAcbitt mtr disci- 
plinnjisi-her Art, b^-itittt die foljjeureiebsteu Kragen der Lehre und Kirclien- 
verfa^duiig bertlbrt, beinahe sehon die }can«e rnteraeliciduntr deeseu, was 
•Irtu PapKte jt4re hutmtfio und üb ihm etwa» ßtre tlh'ino zukomme. Ver- 
ÄUMorlielinng und Verinnerlirhnnp:, auf diese beiden Worte hat ruau zn- 
weibn dru prossi-n Uejrfnsatr, vnn katboliseli und t^vaugeliaeh zurürkgelUbrt, 
uud verwandt damit iitt dt^r von roinaniHeb uud gerntauiKeh. IndessvD waren 



*) Wa« Ist evangelisch innl wn» kathiilisL-lr;* paa IKcst sieh nicht otymo- 
logffteh (lejintwortcn , denn dann drUckeu die Nauiun keinen Gejceiifatz, sundem 
Jciier ein (ian/e:« »m. auch uiehl hi»tort«(-h uml besiitidcrä dognienliiaturiBcb naeti 
dein Kr(rn;r der heiderbcilijfeii Lt'hrbenlituiiiiniir; ilit'»e härte ini Kinzelnen uueh 
undtT» aiibfalk'ü körnien, 7.. B. auf cv»Dj;eliöeh('r S.-rte weniger Augu^tlnlsch und 
««lHiU»tiscb und mehr »ynergtstiitcb, aneh hatten die hlcfts theulogiechun UiMenee 
wie Im Mftrckiter ohne Hethuilif^iag der (-lunieiuden mehr tler Behnlo UhcrlssHen 
wi-nlen k'innrn. Vtelnifhr hiihen nir von den innersten Impulsen ausziigeheii, 
dvrcn I>llVerenz und CegeuNitz die lateinische Kirche gesprengt hat. und naeh 
wi-khi-i» noch iütxT die L'ebcrtritte erfolgen. Dann ii»t evangclisith der Wille, und 
ili« L'elMTZea^irig, iiellij*! in seineiu Heneu und (iewisMin heia Ilpil Bchaffen xn 
iKlrfc-n und :tii niüätmn, Oott lUL'hL anewejelien m können und /.ii wi^llon, „allezeit 
lM>n>il zu »ein /.nr Verantworlinig .ledeniiaiin , der' fJnmd fordert der lluiVnung, 
die in iinä ift," fleiucm eigonen Herrn vur üut( und im gifitliehen Gericht zu 
strii'in nnd zu falten. — mit einem Wurt der Beruf und «lle Stilhstbratinimiing, 
Frlehfunmittelbar zu fteiu im Reiche Gottett. Kathultitch dagegen ist das (ieeetz 
nad dir Vcr]iiliehtuiig. auf fremde mrnarldiehe AnetoriiÜt aicb vcrlaw-en zu tlUrfen 
ittid iM inllufieu. (lulKirsatn zu leinten auch in .Sachen dea (>ewi8HenB und, wo 
direes widrrinrieht , die VcrantwortUDK nuf fremde Seludtem abznwjüzen und 
Ufatu* ttich VL-rfli;ren xu la^Ben. Sn gilt ua fllr den Kinzelnen , no auch für das (in- 
Uniti^tehe) Kirchen reg! luent. 



40 



Träte Abtliciltiiig. Krater AbicfanlH. $ A. 



tluinaU uail iosbeKondeir bui Luther Bulbsl (lii'ou Foltj^L-ruiigcu uocti keiuee- 
wegs entwickelt, pr wns*|v sirli vifilmehr, darf man »nnehmfln, iti voU- 
kuiameuer GomcluBcbitft mit der Kiifbc, wi:lcbe er Iiicr gegcu faUcbe 
FrcODfle vertheidigtc. Djüier fflpte er HeincD Tliesen schun in der Uebpr- 
sobrift eiue Autrorderuiit: liinzu, itiii der Waliibfit willen niElridlicli uiid 
Bcbnf^tii'li vorzutragen^ wn>4 dagej^cn 7.u »»gvn Afi, inid am ScbliiSH die 
berkümniHcbc nll^ciuciui' Vcrwabriitig, dxttx er damit nictitK habe U'hrcn 
wollen, WM der Srbrifl, deu Kirr hon viltern und fleii vnm Kfimiifehen Stublu 
gubillifftcu Lehren und Kecliten zuwider fi«i; doeh behielt er hich dah<'l 
wieder vor, »ehrirtwidrij;e llehaiiptiingen der Seholaatlker Thoma«, Hnna- 
Ventura od. A. ~ und dabei dachtet er wohl an die Theorie vom Schatz 
des flberdipHfipndiin Nerdii-nMos, — zu vMwerfeo oder auznnehmen narh 
Paulus' Kalb: Prüfet Allej*. 

Will man titrh in der UeBehirbtc da« allmähliche Werden grosser Er- 
eiguiHse reehl verjr)-^enw»rtigeii: hd uiUHä man hei ihren kleinen Anfriiigen 
imeh den Gedanken zurückhalten, iIääs spater so (irtisscs daritui« geworden 
iHt Wie nnsebeinbarj wie gewöhnlich Kng da» groeso Drama an! Eiue 
neue UniverftitSt gestiftet au einem Oil*-, wu es auch BotteluiOuebp gab, 
— diese berangraogen für de» l'nti>rricli( anf der L'niversitslt, — Kiner 
unter ihnen in die ZweifeUqualen vertieft, welehe Niomandem ersparl 
werden, der nicht h^ielitfeilig iat, - deraellw nun liald auch iu der Stadt 
Prediger und .Seelsorger, uhR> im ätaude, wa^ er als soleher ernttirt, auch 
in Miner aeadcmifirhen WirkRiinikeii sieh znr Ikdehrung dienen zn InitHen 
nnd dioae für jenen Wirkungskreis zu bennt/.eii. Hier iitt niehts Unge 
wnhnlieheiii, ein kleiner Compctenzitlreit , nur ein 4'ondiet mit einem ein* 
«ändernden Reise p red iger. 

L'm difiRflbe Zeit, — es Ut streitig, oh v«r oder naeli der ruhbeation 
der Thcflon, — hatte Lutbcr noch ein« gedrängtere deutsche Erklfl.ruug 
bekannt gemacht, den sogenannten .S<>rmon vom AblaH», vielleicht eine 
wirklieb darüber gehaltene Prciligl, «her ebeufiills iu xw:iuzig Sätxc abge- 
theiU*). In dienern wird Allein iioeli klarer zuKammengefaBttt, VietüR ver- 
fiehftrfl bili zn eigcntlielier MitisbilUgung des Ablasses. Der Verfasaer 
erinnert zuerst au die dogmatiHehc rntflr«eheidnng der drei Theile der 
Busse, erklärt es jedoeh fUr nicht erweiBlieh aub der 8<'hrift, da&a auwer 
der waliren Kene ueeh etwas mehr von Gott gefordert werde ((j). Sollte 
DUO die Kircbc noch eiue Uenugthuuug fordern au Bctcu, Kasteo uod 
Almosen, als« an .Schmerz und guten Werken: ko »ei es viel heiUauier für 
deu Renigen, iUe>40 und die ganze iStrcnge der allen Uussgeaulze ^elbät zu 
flbornehmen, als sich durch den Ablnss davon di^pcnairen zu la»»en (ti). 
Der AblaM kann also nur um der faulen Cbrlfitcn willen zugelassen 

*) Löseber. SerannatiomtHcten J, 8. 4ti$. 



^ 



(trossoB Anfsehen der Theacn. 



41 



MiD (IG); vmpfclilon soll mun Ihn gar niclit, wenn auvIi nicbt clag:ßgCD 
Rden, vorschrcihen uocli wcniRor, wio er aucli lu der Srlirifl nicht be- 
fohlen ist (11). Nicht elior 8i>ll man Ablass kanfi^ii, alfl wenn Icein HUlfs- 
bedurfliger mclir iui llatiüc udcr iu der .Stadt i»t, wu idaq woliut ll.Titii. ö, H). 
CioU muw j.-i immnr nor attti freinr (inndo voi^bRn und kann fn niclit 
flu* etwas, WA« der MenAcli ihm Iciatetj der nburlmnpt nielitji Gemigtliuen- 
dw KU hieti-n vermag*». 

Hier wtdcrrütii Liitlicr scliuu drn Ablii»« tlbcrliiiupt, ohne vom FapHt 
ftwaii aiihK)i:<Agi'n. Znti'txt wt^ist ar ancti rlitjcnigon hitter xiirdck, wi'lclio 
ih» eitlen Kirlzer delmlU'ii, uitd weldit« dir RiliHt^ii nie Kcnruht-n; er Kclieinl 
«Im» diese Krhftrfcrr .Sclirift, welche schon eine Verfolgung vorftuftsotat, erst 
•pftti^r bekannt j^cnmeht zu haht-n. 

Der .Streit crn'frte »ogleirh da« {frösstf Anfei^hon in flentsrlitand. ük'T 
Unwille Ober dou Abbss wat »Ugcmcin. MaJi sah ihn trotx mIIlt ortliu- 
diixcD \ nrwSndp nnr äI« eine in Kntn'nriÄC frcgrbcno indircctc Stpiirr an, 
Mtlhül im Aualuudtr widersetztun «ich kirrhlirh g^siiuitc. ItiurhöfR wie Otrdinal 
Xiaii.'iios* Auch »ndcrv FUrsteo nnd KisctAfc theilton den Widerwillen, 
dAB dcnlHrh«' Keich hatlf »ich Hrb<'!i laiigr vcrgcblirli llbcr dergleichen 
Ukndol beschwert, nnd nurh beim letzten Jubeljahr 1&04> hattr mau die 
ADAbri'itnng dvü JnbelablaKiiCii llberauH beitehrilnkl; von dnm einkommenden 
Geld war dem Legaten nnr ein Drittheil bewilligt werden, alles ITebrigo 
aoUtc in Uentseldand behnUf^n und zum Tltrkenkriegü angewandt werden; 
man fand mit Luther die gnten Werke in der Nühe n<tthiger .ilit dio in 
der Ferne "I. Nene B«i»ehw(Tden ilhiT pjip»! liehe Erpreanungen wurden 
15U> anf dem Reichstage zu Augsburg laut, und noi?h lölft liAtte eben- 
doDpJhat Maximilian den llominicjinern die Ausbreitung neuer ludiil- 
^etnen verUilen. Selbst deutsrhe ßiäi'hufe waren dagegen, Joliünn vun 
Meimeu duldete keine »olrhe Predigt iu seiner I'iiSccse. Um so mehr 
wfcf i-u Hohen und Niederen au» der Seele gesproehen, waa Lnther'8 
»Sermcin** enthielt, der aelhst deutttch geschrieben eieli achaull im Volk» 
vefbreitfte. Die Droekerei wirkt« jützt in der Volkasprarlie und ftlr die 
M'olkaiarhe. Zwar Friedrich der Wnise m:I1>«1 war damit tiieht recht 
caGricdea; er luitte 1512 von der Uülftc des Krtragcs oinee Ahlassea dio 
KlbbrBrkcn zu Tnrgau baueu lasäcu; hatte iitich fUr die tingohenre Menge 
v<in Rpilirjuien, wch-lie er fllr sfiue .Sehlosskirche flberall sammeln lieas, 
- 6latipilz's Reiae in die Niederlande hatte keinen anderen Zweck, — 
einen brimnderen Abla»» viun Papst erbeten, war endlich scibitt 1493 mit 
eTf'SS''m itf'folL'.' uach l'aUatina gepilgert- Doch wurde er durch Ver- 



•) LtJecher I, 174. „Meiu Wille, Pilt und Begierde \ti, daso Niemand Ab- 
IBbc.'^ ^iMi» die faulen Christen Ahlae» lu»en. gehe du fUt dich." 
") Planck, ticBch. der Bildung de« prut. LehrtfCgr. I, 83 ff. 



12 



Er»w ^bthcilim^. Krtter Ahgc>tnltt f C 



wcniltiiigcD wiodvr begütigt, selbst Lorenz von ßibra, Erzbisuliof von 
Wllrzliui;;. ualnn »Uli [.utliL-r'ü an. ZtiKlcicli erfreute tlpii Knrfürstrii 
duH Wnritetlinra der nciifn rnivorttitÄt; noch 1517 wAren niclit m<'!ir »U 
200 Studirondc imuiatriciilh'l worden, SfiUlom kaioen jalirlicli swiäclicn 6U0 
lind >!)wi. Noch im Monat Ncivoniber bnttcu die Tliesen ihren Weg bis 
Rimi gefundcu '). 

Dies gi'Otwe Anfüchcn luachto es Totsvl, welclivm der Markt vor- 
dorbfii war, niinnigUcli utill t\i Hrhwelgen, und da or im gi'lphrtcn .Strrll 
ijt'tmarh war, Irjtt ȟfurt der guuee iu iliin beleidigtu Orden iiiivh lllr ilin 
ciu. Luther hatte »ciuo äclirif^ «Dgar dcoi Knrrür«ten und Erzhtachuf 
7.Tigeschicl4t mit t-'incr IJcsohwt-rdt' Aber den geschelieni-n Unfuj:, wcicliür 
docii gcwisM i>finuD Aiiflnig ilbi!rechrei(c"l. Albrt'rhl untwort(!te nicht, 
TetÄPl aber fiphricb iinii (jfgeiitlie&on oder vicijuehr lies« we Bi^Iireibcu 
difrt-h Kiinriid Wtinpiii.'i, ditzn noch cinv deult>i-lit: und ciuv lati-inihchc 
Abbanditiiig, ^iclirirtoii in denen die rohe Ahliissthcorie und die tlbor- 
tricbrusUMi AeuBttcriiiigfn von dt-r Oewnlt des PapHtes wiederhtdt wurden, 
berau*furdi;rnd zu ueiieni Wiilersprueb. Uenu eB wurde gt»agt, die 
SfldUK^cIgewnit sei nicht der Kirelie vrrliclien w^ndeni dcni Papst, nnd 
den Ablas» könne ein all|;:en]etui'» Concil nicht bcurtlienun, viel weniger 
getH>u, sondern nur dnr Pajtitt; auch iteien viele Artikel (ttr elintttltrhe 
Wahrlieit zn aehten, welche nteht wi^rtlieh in der Bibel stehen. 

Seit mm von lh\H an der .Streit In-kannliT wnrdc, traten mtt andern 
Dnminieanern lltr Tctzol auf: Jacob Hochstraten, der Inquisitor uod 
(ie^ner Uenchlin*», Johann Rek'**|, Rch. l IHR in Heidelberg, unter 
Kcnehliii iu Tubingen gebild>:i, luit 11 Jahren Magister, hierauf in Köln 
und Freibni^ tbfttig, seit 151(1 Lelirer und l>(»ctor der TIu*ologie iu Ingol- 
stadt, riuvh Iminisitiir für Franiieii und Haierii, weleher in HoKigua irilÄ 
und in Wiou 101*1 onv-iillich dinputirt liall*^ und Itia dahin mit Lutlior 
befreundet jetzt gegen ihn seine Obefixci riehtote, worauf dieser mit Aste^ 
rixri ;iijtw<irfete; — hesonderB abiT Hylvedler I'rierias (Maznlini von 
Prieriol, der als mct/ixtcr SU f'ii/otti t-iu «Ue» Umniuicanerftnit am pApct- 
lichen Hofe beaasa nnd in der ('nmmisHion Qbur Kenclilin'B Sache eine 
Etitsrheiduug filr diesen verbindert hatt^'il. Alle diese, — i ud Eck war 
kein lioiiiiuicauer, — drohten jedocli und liöhnten mehr, alj» d:i«s mo -»ich 



') Spjil»{iii> Lu'icn Krii'drit'h's des WrisL-n iii Saiimiluiig xur »Uch- 
tdm'luMi (tvHvIiit^hCC W \\'v\e*, SäcliA. fieschirhtc III, 71. Mnrh<-i m* ke, (.icflch. 
•l«-r Kef. I, 8. h\ 

"1 Der Brief bei de Werte, l.'e Ilriefe I, S. üT- 
"•) Wirdi-uiiin ti, .h»li:uiii Kck, Itr^eusburg l(*ti5. 

',) K«nk(! «. a. O. B. ;f jo. iiioRclcr III, t, S. .12, wojh'Umi vIih l'rthiil de« 
Krartiiu»: Scrij'git Prierias — — Siüi iln , ut causam tniluhjeNtinrum ftfverif 
iieteriorem. 



Lnthcr ah dpn Pspst. Prieriae. 



4S 



[«af ()eg«a beweise eingulaHsoa hfttton, am wcnigateu auf Schriftbewoiec-, 

wräbnlti denn mich die («egcusrlirillfu Liitbcr*>4, der Jety.t (IuitIi rinn 

^lHs|itiUitiiiu zu Itetdcltmr;^ i'2i'>. April] sohun nu-hr Kuf urUngt liuttc, min- 

[dcctem cbeneu bitter »usficlcii uiul tibiM'dius Hciilageud ilüvch iliu tlebor- 

ßcwiclil der Orfltitlf. I'nter den dniualö vi'd;is.stpn war die heduutpndi»tp: 

HeMtitulionex dinpHltühnum dt' indtüyentiarum virtult *); siti L'Uttiii'U fast 

falle fralicr uii^o^'obeucn Kifl^cTuii{>en, ititpellii-to Ktiglekli niif tinü solir 

wflnligt; Wviae an die ^'auze l'artct dfr gobitdftcu fie^nt'r df>r alli'ii Kar- 

hntv'y, brbauptctc dfii tiruiKl&iitK der litJelmtcn uud nlleini^;!;!! ScbrirtiM-inn, 

luich wcIrbiT HplliHt die KesrbliUäo der Conciliün geprüft wcrtieu mQüatni, 

and beklagte don wej^cu seiner GcL'lirSHtnkeit und sciuc« WulilvruUenft 

KTpritwenru I^apat, welcbrr bei dem driujrt-nd nothweudigiMi und längst 

gi-furdt-rtcu (Joäcb;lft einer ttllgcniciiiuii IcircldidiL-n KetVirui mit so viel 

Schwii-rigkviten und IlindcrniHHeu zu kampl'cii liaben wenlc. Kie«« Schrift 

bitte er auch nicht nur au ßeiucit Üischuf .Soultetuü von Branclc-nbiug, 

ilrr ilim gjiürb ant'aug6 Recht gegtln-n, aber mit Ernialmtingen zum Htill- 

sebwrigvn , sundeni ancli an den Pap^t geschickt, nnd er begleitete aie 

nut rliiL'ni Uriefo"), in widchein er dioAein von ilem ganzen Stri'ite Nacli- 

ridit gieb[ uud sieJi iliui g^aiiz unterwirft: vitüfica, nvchtc. v»ca, rcvvt'a. 

atutrnlifi, repr&b*t ut phctieril ; cocem iuatn vocfm Cfwixti — ntjmscam. Leo 

iwfli «iner Neigung filr geistreiche Leute ititeressirl , war der Meinung: 

.Bruiicr Mitrtinu!« »ei ein trefflietier Kitpf, nnd die Klagen wider ihn 

rtlkrtcn vom NoJd der Moucbe her.** Aber nueh ehe Luther'e Brief iu 

Ron xnliingtej hatten die I*ominicaner, wolil wissend, dass sie im litera- 

ri»>li«B Streit mit ihm nicht aiukameu, iu Rom zw den ihnen geläuligcn 

MlUcIn ihre ZuHucbt genommen. Prioriar« insbesondere, stolz aaf seinen 

•ffcrtfUti'lleriiicbfU Hubni aU Seliola»tik*T, — er batle den Helden eeine» 

Ortena Tbijuias von Ac[uiau commenlirl, — aber aacb gcwidint, f'ehon 

^n\ sein blonsits Ansehen al» Kfimiücher Uofmann Menrben zu inipenircn, 

f<Mlp «ich iluppell beleidigt nnd setzte es in Kum bei Lei> dnreh, das» 

din^T die äaehe erutiter nehmend eine eigen e (Vunniiasion niedersetzte uud 

Prierit«, deu Duininicnuer au» dem Inquisitiou^urdcu nnd poraduliebcn 

Purti'tgegncr Luther'^ zum Ptiüeal bei deräutheu ernannte. 

\VaA I.nther von dieüi-r t'ummiäsiun, die ihn im August l.'il^ bei 

wafe de« Bannes nach K»m eitii'tc, bevoralantl , war nilndeHtcus »ehr 

«»fifi-Iliiift. lleberdii-s hatte der Kaüser Max, verletzt durch de« Knr- 

f^nien Widt-rstand bei der Wahl meines Knkels Karl, welcbü er damaln 

'l1ln'^81:tzeu woiUe, und begierig deu Pap^it in dietter Augeicgeulieit für 

iWh zu geviaiien, don Letzteren anfgcfordei-t, der Neiicning tn lHnU»ch- 



**) Lttther'» Briete toh de Wotte 



119. 



44 



Erito AlithflilDDg. Erstpr. Abschnitt. S ß. 



land l^tntiHlt zti thnn, nnd vor>iprnrlicn, ftuiiic Maaasregoln in Detitnvlilnnil 
siii uuterstützon. Allein vuii il<.-r Mii'U-rii Äeite botvu LiitlKT'B l'Vcnndo 
Alles auf, ihn zu sirljerit iintl ihm die Kei»* zu ert4p»mii. Spiilatin, iIpt, 
IIofprcdiRi^r PriedrifV« des WciBcn, wirkti: attf dicecii und setzte durch, 
(Inrig Kiitlior in r>i>ntA<']il!iTii1 Mrilu-ii dtirfh'. Uml ttrilist <1rr Papst .ils 
ttriliciiiitclu'; tinJ mit F'r.inkivirli ilamals tuTrtMMidcitü .Macht wlluflchtc die 
Wahl Karl'a V. nicht, nnd m htiiU: er oin Int*rc*isp, dem KurfUrstei 
(tcriillljii'r 211 »ein al» drni Ktüücr; die pollliftchc Rficksicht stnnd tht 
hfilior iils dir kirchlirh<', vr willigtn j|;eni i-in, dsss die Sjichc vom Lf'gatcnj 
in DfiiUrhlHud imlcrHiudit iiud crlcdi;i;t werde. 

Legat ffir l>entBelilanil war damais chenfaUH rin Donüitlctncr und] 
TliomiHt , der CanliiiHl Thuina» ( [■ijfcntlicb Jacob) du Vio aus Gntrti 
t'aj<>l:inim, nisrhüf iit imrtiftHs von Afscnlon, gi-b. 14G8 oder tID, ats 
14 Vis 15 .lolirc Älter als Luther.') Prllhcr war er Lehrer diT PhiloswpluR 
und Thcrtinöjio ;rowcpen. Hciilhnit Als ftnclitburer Schriftsteller über diej 
l'iiivcrealicn. rlbf-r TiMtm««' Summa, Itber die Piialraen ii. A., au»gczcichm 
aU ergebener (.'uriitÜHl, — donn or halte anf der LatcninsyModc von 161! 
eine hÖehHt piilhetiiiclie, d-i« Auriflun den ConriU ;;äii7,tleh dem pSptitlicheii 
unterordnende Rede gehalten, — ^all er auch rlbrigcna aU ein »i-hllmrer 
Mann und war, wie Planck sagt, gerade wegen des Itufes tteiner Ileilifikril 
zum Lc^ut^-ri Hlr lVulscli1;*nd aus}(esueht worden. Vor ihm tKpltte I.uthe] 
flieh Btvllen. Mit weni;; H^im-geld vom KniHlritten vernelmu, meint wanderndj] 
aberdicA krank, doch udt Kmpfchlungeu au Aut^tfhurifer Itathshcrren, dif 
ihn nölhigeufalln vor (Jewalt und Korlwbleppuug nacli Kom urbfUzen «olUen, 
kam Luther Jim 7. Ortober iu Au^sbur^, wo der Lc^fal >-ieli aufhielt, au. 
Diese Voreieht war nüthigf denn, was Luther freilich noch nicht wui 
der Iicgat liatle wirklich eine pilpslliclie In!»tructiuu'*) vom 'JS, A«j;ust, 
welche ihn »war erinächtijrlc, den Möneh zu absolviren , falls er Uene. 
zeige, aher ancli heaultragti', ontgr^'niB:esi' tuten Falle» ihu fetttzunehmui 
und bi» auf weitere Uufchle gefan>!en zu htilten oder doch ihn uud alle 
Bcjuo Anhüntft-r 7.u bannen. C'ajetan »brr ^^rheule die Gewall; als Gelehrt^T 
gern dispiirirend «oj; er es vor, zunaelist de« Weg der Widerlegung eia-i 
zuschlagen. F.r lieä» »ich aUo, naehilnii die g;tuze Ktikettc der Begrlisttunge 
durchgemacht war, — man liatte e* Luther eiustndirt: erst niedeifallei 
danu würde ihm der Cardinal erUuhen, sich aufzurichten, dann knieet 
bis ihm gestaltet würde, nntynstuhen, — atn 13. Octobi-r zu einer Uii^putatioi 
mit ihm herab, eine MeHnlüanee. welche ihm witlirend der ganzen l'ntei 
ritlun;^ ein iiiimerwahreudcd Lächeln aninöthigte, das zuletzt ein ael 
gezwungenes wurde, AI« Irrthnm bezeichnete Cajetan hanptsAcblieh d< 



*) ItBukc, Doutaclic Ccfrchidile, 1, 12(1. (M. ^arhciauke, 1, Si. SX 
*) Von Kanko bezweifelt 8.3B3. 



Uithor nnd Ci^jetAD. 



45 



I, daiis der Schulz dur Kirc>be, aiiB welchem der Ablaaa vertbcilt wt^rdc, 

iteltt ilus Verilifatft Chri^iti »v\, und liielt eine ianpa Kode, nhne meinem 

üt^tr den gefordertvu Widerruf jibzugewinncu, zur t'cbi'rrBMchuug der 

[cUnzienden Versammlung, welche den läflielndeii TrÄlateii begleitet« und 

niocn Triutupli hatte uiitrrlelKn sollen. Noch aeblimmer ging en bei der 

twt-Jtcu ZaMininienkunll am 14. Octobür.*) Audi hier snchte der Legat 

einen (iegner aiifä Neue niederzuKpreehen und niederKulaidien, biti Luther 

iti, wie er aagt, zu schreien anfing und autt der citirten Kxtravngantc 

Ir da» OegButhpJI naebvies. Der Streit *elt>er drehte sich darum, 

LotUer daa Uecht der Ablasserlbeiluu^ als einen Act der menseh- 

ehen Kircheuziicht, als Auaflns« der kireheuregimentUehen Befugnitwe des 

^J^>6teä uud diese Schl(lB»clgewalt als eine von (Jliristuä erworbene, nicht 

[«iKr alä etwas daneben auf i^ieli selbst lU-nilieudes, vt*u (>ott Ogebenes 

nnd wuudervidl Wirksanieis betrachten mnüste, während Cajetaa dusselbe 

rReebt als Tbotulst aus der Tlieoritt vom Scbalz des (tberflUssigOTi Verdienstes 

iKrlfitete, alsu fUi' eine hosonileie vom Papste zu verwaltende V<dlniHrht 

rrkUrte, wodnrch diesem Letzteren eine Befugniss der OewJthrnng und 

Tenmgung, ein Mitbewirken der Sflndenvergebung KiigesrUrieben wurde. 

Di««e AuflasAnog war gcgon eine zuerst von t'ajetau augczogene, dann 

aber VAD Latlier selbst aufgegritfenu und dir seinen Zweck benutzte Stelle 

da kanunlBchen Kechtä scltn'or zu erwuiseu.") Oajctan anehte daa Uespr&eh 



') Briefe TOD de Wette, I, S. Hl Lutlior's Werke von Waleh, XV, 
&CK tr. 

**) Du Wette, l, 1-IS. Polissimum vero m« nryebat Extrai^oganh quadttm 
CkmenlU texti, iftac Incipit ,,uiii(feHitns". Hie, hie, inquit , vitfrs juifNim He- 
Irrnman:. intrnhi V/irtxti irsse thexaiirum iiufulz/eutiarum: creiits nl iton creitisf 
A« ffatiebittur aUa/tt tieirlinitfiinmut setl vi veibvrutn ayehiil t'l clumitbtU. TmtJem 
nwtis seheäidis atqae contt'mtis revocaliimem dt-mto cüiRUtbal, el iniiUo Imiyo^ue 
«nwiiKt fX S. TiMmtte fahufis trnelo ma viei'ss^ W cuMfifiCaUse vifus est. Decits 
' fmt eot^ wf Inqnerer, fUifs rurftts fouahat et soius retfutthat. 

Tindem et eyo elomare eorpi tiitens: ..Si patesi ostendi, ifuod Extravayan* 
3U tlh'trl, Mcritii t'/irtiti ihesauium esse huiHttjeittittrum, revncabo ut wies" Hie, 
V b(us , quunlus yesiui el tnchinnus! repenie libium aniptiil, legil fertens et 
tuJtelaits, tlimec pervenit eu , ut/i scinifittr, '/Hott Christus satt passionc 
ae^uttirit tkesaurum. 

Bie <y«; „Hens paler revereHäissime, hoc veii/iim „aa/uisivit" pcrpeutlc. Si 

tUtrittus p^r stm uterita ae^Hisivit tttesuuntm, erf/o mertta hon statt ihesaHrus, 

\$td iV tfUifä iiteiii» memerani , iil est ctaves ec^elesiae (ilie Älmulntiotixgewalt der 

fPaptto). £r^o conclusio veru." Hie repenle ctiN/iisus. '/huih noUet Vitien eoii/'HSHS, 

urmmlUiit fortiter lut iiiin et vulehut hoec vhlicift'i prwhns: verum eijo (cerle sntis 

\mrrreTcntcrj fervens erupi : ..Sun etiam fjrammatiaim itohis äeeise credat H. l'. 

(rmretuit pittertiitas'f) itta Germunis : aliud est .,esse thcsuWHm", aliuU 

,acquirerc thtsaurum''. t't sie fracta fidueiu eius. t'vMt aähue ctumaret reco- 

ttoHem ahii, diet^ite ipso: „Vade, et ne rcverlaris ad me amptius »ist recoeare 



4g 



Er«to AI>l)i villi Qg. Erster Abftchiiitt § (1. 



za wKiidvn, Luther liiult ihn feist und erklärte nicht ku witwuii, wub vr 
videmilVo Rulll, bin jener im \ urj^rfühl eine« groiMwri, wenn aurh erst 
ungcdeulelcii lioj^eiti^Htzcs, wrlclicr sehlieütilicli auf die Fra^^e liinauslief: 
hedari" o« in t*aclipn dm Heils der Djizwisrlienknnft einer l*ri«BternrliÄ(ltl 
vun ^Öttllclicr GinBctKUn;;, oder t^enfi^t was üüU tliiit und ^illiiui lialV — j 
in iinffaltrender Weise abliraeli: er mÖRe gehen iiiid nieht eher wieder^ 
kommen, aU bin er widerrufen wolle.') Naeliher «»Ktc er: KffO tuih \ 
amfitfus rtua hac bextta atlht/ni, hübet enim ftrnfundos ocuhs el mirabilex 
rpeitttationtfs in capUe sito. Vielleicht war jetrl zu befürchten, dawb derl 
liCgat nach üein^tr Inittruetion andere M.iaHare^ela prgreifea machte; 
wünigMteus sor^tuu die Itathslierren, an die Lutüev einpluhlen war, und 
HtaiipitK dafilr, ihn aeliiiell in .Siclierlieit zn brint^on, verocIiAtt'ten ihm 
ein Pl'ei'd, uud au» der SUdtpfurte wnrde er heimlieh eutlafisen; ohne 
Halfter, uhn« Stiefel ritt er acht Meilen, ho dm» er AbeniU gleich V(>r| 
MüdiKkeit iui Stalle niederfiel und eingcbtief. Knr/- vorher halt« orj 
titatt dei* Widerrufn den lirief an l.'ajrlan gexebrieben, in welchem er' 
diesem seine Appellation ii siwrtisstnut ttominu Leone mak hi/'vrmoto aä\ 
mtlius htfurmumttim anzeigte.**) Kr erbot sieb zu völligem Si-bwt-igen in 
der .Sache dcd Abla^HCü, wenn nur tteineu Oegnem gleioheH Stilläehweigeu 
auferlegt wttrde, «tollte nnb^im^ die Streitfrage einigen l'nivcrBitÄteD anr' 
EntKtheidiiQg zn tllkThisseu, und verliiest« iluun auf der Kanzel zu widtT- 
rnfenj wan er etwa gegen da<< papatliehe Ansehen gesagt halw. Mehr 
gereizt wurde er, aU er auf ivx Kcise von der InntruetioQ Gajetau'B 
Nachricht erhielt, und wie nach dieaer »ehon ehe ur gehört worden, aom- 

C'ardinul Viu tiioehle bi'buuplet haben, vun dem Verdienst Chri!*ri ('<■ döIB 
KolLitÄ) vertlieile der I'ap»!.: halber aber luoebte entfreKengesetit habon, das 
Verdleuat ("liriÄii und «a» ilsidDrcli erworben, sei zweierlei. »Iw» nicht vom 
Venlicnöt Christi *iftlbht vcrlheilu der I'ajiM; was aber erworben, «el i)io 
Absuluiioiift^(>WAlt (= tUe SchlliKHOl), unil dlerie kilnite der i'rieatei' go^en jeden 
walirhat't Reniigeu »UHllben ohne sntiAfactiu ofierum, alKo aueb ohne IniliilgenK In 
He/ug auf dlette. T>ieäc opera Aciea znlüjiKtg iijid beil((.i]iie Zucht, atK^r je «ehwerer 
dvKio besser, alwu ludulgen^i m-liü<lticti. S<i drehte Aich hier iler Streit xuletxC 
um den ncwcl«, ob VcrdieuAl Christi und erworlH>iier .Schatz iL-utitelbe tieien oder 
»woierlei. 

*) Wenn Luther den Cardinal fragte, was er denn whierrufen collc: so war 
das keine l)[n^»e rorni : er wuMte es deshalb nicht, weil er sich in dem ^teu 
\'orti-uiteii bci'aud, an« dem Cuiifieusua mit der Kirche uicbt bcrauitgefatlcn zu 
xoin. Und wcnu der C'urdioal auf die Frage antMurtcn Aollte: mu wtirde es iliiu 
gb-tchfaJU schwer oder unini>gHch gewesen »ein. weit es steh nur um eiue Auf* 
faü^niig, nirbt um einen sicbeni Bemtandtlieil der kirchlichen Lohte liandiiltc. lind 
dennoch verlangte er den WiderniC und wotd nicht lilos» »i'lner Instruction 
gemJfftf. VVaramV Hier driiugtc itich ihm du« lielllhl einer Ulfiereux auf, deren 
'i'ragwcitc »ich ni>ch gar nicht ermessen Hess, die alitii sofort durch etnfaohei 
Nachgelwn iiud Ktngesteben rUokgHngig gemacht werden sollte. 
") Briefe von de Wette, 1, S. lei. LÜeoher, U, 8. 4M. 



Mniit« tut Fric<1oii»Blinor. 



•n 



Unheil fcc&praclien dt'j. ICiu {lüpällk-liuti Dvcrctalu vom Novembur 151B 
bilUgtr JKzt iiodi dazu Ate Al>taA*pri'di^t »ml licdrohtc, i>luie Jenmnd xit 

loctuicu, (Icrvo Gcguor luit düui Uniiiic; in i'Vlgc do»&cn appcltii'tti er iiuu- 

(.inctir, — nnci A\m der irpwfilinÜrlic Anfutig uine« Wi(l<'r»*tainl«8 gflgtin den 
Papst, — in eiotT .Schrift, worin er da» Uicrotale mit Anmerkungen 
hcratiBgab, Tnm Papnt uu t-in allgpini'iaea Cunüil.*) 

Vvr Eiudruvk wiir zwiefacli. Dtrr Le^at erächii^ii pruatituirt, uud von 

[jehnr wxf ca Hoch t*iti wiclitiger Ürund^iatK piipütlivlti^r l'«litik gewesi?«, 
«hicn »ulcheu iiiclt fnlloii /.u Insbod. Diu otmeliiti seliim uitgcwulinllülie 
Mildf war trotzig zurllckgL'BtoöSfu, di« UoialuicAniT liUiasgcalelU wonlcnj 
es maaste, fto iirtheilte die gAOKe Hltliicrarohische Pnrt«!, etwas Hnt- 
icbt-idrndü8 g<:ädielivu , um der Kirclic Genügt tiiiun^ zu virrMcli»äl-ii. 
Andfrirreuita nAlitn l.nthcir's Kofitigktit iintvr solchen ücfalireu itowir »ein 
uffcuea Aiii-rbi(-t«ii, die Univärait&t«;u filier slvli richtvu zu lassuir, llborull 
<1m Vtdk lind die freiBinnigcn Gelfhrtcr fflr ilin ein. Da» Jahr ir>ll> kam 
licn:in, und dhr Paprtt \uiiU-. nun wolil die Inquisitoren gi-walt.Ha[ti ver- 

|fiüu%n laäsen, witrö nicht am 17. Januar der Kaiser Max gestorben und 
der KurfUrüt von Sachsen Iteichsvorweser geworden. Koch einmal wilÜgU' 
L«o X. ein, gliiuptliebe DedingUDgen zu stellen zu Ouiisten des Friedens, 
und damit nicLt wieder eine HiKpuiation Altes verderbe, sollte diesmal 
kein Tlieologe sondern ein Ilofmann das tiescbüll besorgen. Der Kammer 
bvrr Karl von Mlllitz, selbst ein Haebsc nnd OeseliJllUtnlgcr dea Knr- 

' ttreten I» Korn , seit Decembor 15 li< in Doutseliland anwesend , wurde 
bcaoftragt, dem Reicbsverweser die güldene R«»e zu bringen, zugleich 
aber auch den Streit ia Saehtten beizulegen. Uies gelang. In der Unter- 
redung zti Alteiiburg im Januar 1Ö19 beredet« der Uufuiauu Luthuru zu 
Altem.'*) Üiüsor veivpr.ieb abermals Stilläcbweigeu, nenn diu Gi-gnor sich 
nthig verhielten, dazu eiueu demütbigen Uriel' an den Papst, worin er 
bekenoen wolle, dass er EU heftig gewesen, obgleieb in d»r gut^n Absiebt, 
den Kucbtbeil zu vcrhdten, den er von dem Abiaas geftlrclitct; die 
deutschen Ki-zbischr»tc von Trier und tialzburg sollten die Sache ent- 

^Kfaddcn. Uer Brief an den Papst wurde am 'S. Milrz geschrieben,*'*) er 
erkUrt darin zwar, dass er nicht widemifm könne, und wenn man frage 
variu»? so sei es, weil er <Jott und <?hrlstu^ nicht könne durch mensrhlicfie 
und hierarcbise.hu Anmassungen antasUMi Int^sen, verspricht aber doch, den 
Ablua auf sich beruhen zu lassen uud eine tichrift abzufassen, in welcher er 



-) LOscher. 11, 8.493. 505. 

"( I.nthcr's Beriebt bei de Wi-ttc l, .S.S»^ ff. Vgl. die neiiesle» Beurtlicilurigeu 
de* tfeffpnioliB : Schenkel, Luther in Woj-uw und in Wittenberg. Elberf. ISIU, 
S^Vt ff.; KabniB, Die deutsche Uet'ormatiun, I, K. 24U; l'litt, Einleitung in die 
^Asgutana, H. Itd. 

•••) de Wetto, 1, i33. 



48 



Ente AhtbeÜang. £rsr«r AbMliuItt. ff 0. 



zar AocrkenDung der Autorität der Iti^initKtben Kirche im Allgemoinen auf* 
fordern woUp. 'l 

So schien iler tMede erreicht Usü püpttliche Ansehen wur gewahrt; 
inachteu die Erzhiachüfu auch Austall, zu untiTsucheu uder untersuclion^j 
zu Imspn^ en wiir nichts Ungttwühnliches, dann iii:in ilfirgloiehen Oinge 
eiu^ohlaroii licsa. 

Allein dies sollte dcnnocli nicht geschehen , es wnrde dadurch ver- 
hindert, das» Miltitz aiiT tlait Andringen der Duminicancr eint* neue VtT- 
anlAASung, den Htreil lllitr dii: disciplinorisclit- Krage zu einem religiüs- 
dugmntiacben xu erweitern, lierbeifülii-to, die Leipsiger Disputation.! 
Johann i->k war n&mlich mit Karlatadt, einem Alteren Colle^en 
Lotber's und daninU nuch mit lüeeem verbunden, llber die Civgcnschrifl 
gegen Luther in einen Hlreit gurathen und liatte zuletzt, wahrend sich 
Luther in Atipihnrg aufhieltr eine riffcutliehe Disputatiou vor einer l'ni- 
veritität vorgüüchtagcn. ") Die zu diesem Zwe^'k ruu itiui lioraii&Ktigeheneu 
13 Theson enthalten die Sfttze:"') Ks iat falsch zu sagen, dass der Papst 
nicht die Seelt-n im Keg:efi>uf*r von ihren Strafen befreien kclnne; es ii^t 
falaeli, daä» man das (iebut Chriäti „tlml Biiiüm^'* nicht vuu dem Sacrameut 
der UuBse verstehen dOrfe lljuther's erste Thesis behauptete, es gehe 
auf das ganze Lebenj; die Hiimiacbc Kirche hat seit •Sylvester eineui 
Voraug vor allen (Ihrigen gehabt, und l'etri Nachfolger ist stets als! 
vicariuA- Christi gentraiis anerkannt gewesen. Und gegen diese Siltso,l 
eigens darauf berechnet, dureb prtjvocirteii Widi'rspnirh die Nicbtreligion 
und die revolutionäre Tendctii der üeguer an den Tag zu bringen, wurde 
nun auch l^uther, wenn er es wage, aufgefordert zu disputiren, zumal 
gegen den letzton. UKlsste Anerkennung Ec k's hatte derselbe soeben 
noch ansgcsproehen. Paris, von Luther damals noch hoebgepriesen, und 
Erfurt, — darüber war man zuletzt einig geworden, — soUtuu naubher 
die Hichtor sein.t) Vergebens surhte Adolf von Anhalt, ßischof von 
Merseburg als Kanzler dur I7uiversitilt Leipzig diese Disputation zu hinter- 
treiben, von der abzugehen war, dnss sie jedt^ntalls im .Streit Über diu 
letzte Thesis Dinge, die flu- das pi^pstüclie Ansehen anslössig waren, zur 
Sprache bringen uiusst*-. Der alte Herzog Oeorg von Saehseo, in dessen 
Gebiet Irfipzig lag, ein eifriger Kircbenmann, hatte zu viel WohlgefaUen 
an Bolchen VcrbandlungCQ ; er busehwichtigtu den Bisuhof; es sei doch 



*) bn Pebrnar schon erschien: Unterricht nuf etliche Artikel, die ihm voa{ 

seiuc'u Abgünnero aufgelegt und zugcmesaeu worden, Lntbar'ti Refürmatiuns-, 

srhrifleii, li^rl. Ausg. von Iruischer, Bd. 1. 

'*) Wiodemaun, Kck, S.IS. 

'••) LOitchers Urkunden. III. 210. M. 

t) KauipHchitlto. Oio L'nireraiiät (Erfurt b ihrem Verhallen zum Honm-, 

nisuina und zur Kefurmaüon, II, 9. IG. 21. 22. 



Leipziger Disputation. Ucbiichtlion. 



49 



«lefatlg, meitite er, so erfahren, ob die Seelen sogteicli das Fegefeuer var- 
UcMfü, wenn das Geld gcKnhlt aet; man dtlrfe pb den Lniou nicht vor- 
rnlbälU'n, da»ä ^'w sich durch eiiiu ofTeiitlivlie Diaputatinn bettser belehren 
k^innien; wuzu lidlti* muii MtuHt die Theologen, ituitt lieber das Geld xuiii 
Unterlialt alter Frauen und aruier Kinder zn verwenden. Daher »erf^u 
vT Ti(.'lmebr, duäs alle Fremden in Leipzig auf» Elirenvullste euipfaugen 
wurden, und daHK die I)it(|iiilatiüii, dtn- rr tR-lber hvivroJiDtti, dureh erhühte 
F»IerliehlietU.Mi eindriloklieher und wnrdevoUer geraaeht ward.') 

Diese Di)i|iiit»tioQ, 7.U Leipzig auf di;r PlelstifDburg gehalten^ dauerte 
mit geringen L'nlvrbreehungen v.im 27. Juni bis IG. Juli. Eck war allein, 
tän Au^enzeag« nennt ibu einen ricHigeu uu^-hr hl achten Menschen mit 

Aasaehen eiiips FleischiTit nnd wie ein Auftriiter. ") Die Wittenberger 
shienen in groüiter Zahl: Ltitliur, Karlsladt, Nie. Ainddurf und 
nehn'ire Andere, auch viele .Studirende; vor Allen aber wurde unter ihnen 
Keiner (fiuiisfii .Iiigeud wegi-n ein anderer Wittenhcrger Lehrer bemerkt, 
welcher hier zum entcn Mnlc Geleg(*nhcit erhielt, Geist und GelehriMinikeit 
der Smche Lalher'a zu widmen. — 

Philipp MeUnchthon,*") «rebortMi am lü. Februar U97 zu Bretten 
iut Badiflchpu, Sohn etneü Waffen itcbiuiedri und \'erwandter Reachlin'a, 
wurde anter deäseu Leitung luerst auf der jschale zu Pforzheim, dann 
vom 12. Jalire an auf der Fnivcniltät Heidelberg, wo er Mirhaelis 1509 
ioscribirt wurden, in der alten Literatur unterrichtet. Mit 14 Jahren 
Bwxalanrens der Philusoplüe genonlen, begab er ^di IblÜ nach TObingcn, 
wo er S4-boUättftche TheoUigie, KerbtawisatMischall und Medicin, bedouderB 
ahvT utte Literatur und Philulogie atudirl«-. Seit Jauuar 1Ö14 Magidter, 
hielt er Vurleaungen über griechische und lateJniuche Schriflateller und 
«rOfTnete IfilH mit der Heraungabe «einer griechiacheu Grammatik seine 
lit^rartHche Laufbahn. Einen »u hervurragendeu Sclitller kuunte Ucuchtin 
trotz «einer Jugend dem KurfQrtJlen fflr die Cniverriitüt Wittenberg nur 
empfehlen. Ausgezeichnet ebentwi durch Atibpruehetuitigkeit und Feinheit 
de* Betragene wie durch elegante Bildung, hatte er beroitti die Bewunderung 
d«i( Mannen erregt, der »onat auf Alle« herabsah. Denn Erasmua aagt 
161ä von ihm; M Ofitr/i immortulem , t/uam non ipetn de se praebet — 
pame purr f'h. ,Vefiifichtfiott utnujitr titernliirn //aene e.r aequo sasci- 
ftiemiuA .' (ntciJ hivfniiunis acmnen! inute sertnonh /nwitas ei elegnuHn! 
i/Mmta rvcouffHarum rerwa memoria! i/umn vuria iectio, i/uam vere- 



*) ScbrAckh, K. G. seit d. Ref. I, S. 181. 
") Her;eog'H Em>ykl. III. t'.SI. 

"*) Heber Um bemuidera Matthe», Pldl. H., sein Leben und Wirken, Alteu- 
barf^ ISII. F. ifnlk*. Vfmieh einer Charakltriaiik Melanchttion'« alt) Theülugen 
nnd Cutwiekluug seines Lelirbegriffb. Uälle IMu, C. Schmidt, Phil. Uel., Klbvr 
feld l-uil. 



50 



Erat« Abtbtrntin«^. 'Bntor AbBoholtt. 1 0. 



CHudae regtaeqite prorsus indfiUs /"Mitütas.'') Eiii Jdii^liug von 21 Jahren,. 
— 14 Jaliro jQii^ei' aU [.iiflir.r, drn er aticli iitii i^licntioviol Uhürk'lH'ii 
suUtv, — kaui als«,) MclHiii-hlhuu liorlliiu und gcwnnu in Witt^iibcr^ 
eine lleimath, die er bia an aeinen Tod uiclit wicüer verlasBen aoUte. 
Die ganze Universität liüe^K sielt von ilnn in seiner Antrtttsrrtte :iui 
'2^. Augudt lülH eine notliwendigf Ri'turm ihrer bishi^rigcn Sludienvrridt: 
und Mctliodu aiikuudigfu, und uiit ao hinraiiacndor Bciti-)ii>ldeiihnt und 
Jlingebuiig an den Uegt-nHUnd wurdi-ii dicBf Forderungen <j;t^Hte.1U, ilaaa 
aie, uliut: WidorwIIlun zu crre^^uu, dfu alten Lt'breru dir lji>i:)iitcbutc inid 
LuLhurn vor Alli^n den Eindrnck uiiir.litun, luaii könne liier uirlitn tiniu 
als nur lernen und iiaehlolgi n. Kr da<;egen widmete Luther die u)9cbtige 
Hülfe Hi-iner philnlogi geben und HouiitJgLMi (Jidtlir»aiiikelt und geistigen 
Begubniig mit uiner fix'ien ünterordijung, weletie ihm zwar anmöglieh 
machte, Lnihur ku leiten , ihm abur ducli die eigene L'uablüngigkeit 
siebertt-f wo er von dicfieni abnivli. Dies zeigte aicb, aU er mit tVi>niuicni 
KiithuHiaüuins fdr die heiligt! .ScliriH l-*hi)oHi>])|Ni; tiud AridtoteliHiiiim wi^g- 
werfend, deunucb narliber bei grüSHerer Reife wieder zu derun Ant-rkenuiiug 
ztirUckkelirto. lUriu dem grossen Ilanfen aller i^eiten so unilhnlich, welcher 
Hit'li uiugfkehrl zu betragen pllegU Keurbliu aber niJatibilligti-- Mulanuh- 
thun» Anxchliecftfiiiig an Luther und entxug ihm die l>>bMubaft ttuiuer 
Biblinthek. Jdbatiii KübsUt hu^i ;^t. Clalleu , der lü22 lu Wittenberg 
ritiidirte, be^ebreibt den juitgen Mann hIko: „Er tat nach Ij^ibesfurm eine 
kleiue unacbtbarc Peraün , %ermeineäl, er wäre nur ein Knab, uit Ober 
18 Jahre, üo 4>r neliiii .Murtitio Luther gehl ... Martinutt Obertriiri ihn 
nach der iJhige mit ganzen AelitH.'^lii.'* **) 

Doch surQuk nach Leipzig!**"*) Zuerst diaputirten Eck und Karl- 
ütudt eine Wuehe laug ilbur den freien Willen, und hier war Eck weil 
ilberlegen ; Karlstadt zeigte sirb kngMtlieli , mmtäte ininter in Ai>inen 
Papieren blütteru oder lu Bflcberu na e buch lagen , wiibreud Ee k grnasi; 
Spracbfähigknit bei einnebnieiidem Bittragrn entwickelte. Ohne selbst uinea 
Ulaltes au bedürfen, bpottete er llber »einen Gegner; wenn dieser stockte, 
ßUriterte ihm wohl der jnnge Molauchthon etwaa zu oder reicht« ihm 
Zettel bin, so dass Eek einmal aiidritf: Ttife lu /'fiiii/jpe ac Ina sUtttta 
cura (well er a]» rfv(ur grut'cut linyHtw angeatelll war), ne me itertnrha.\) 
Ufl wnrde da» Gespräch bu langweilig, dass in den heiwen Tagen gauee 



') Vorp. lief. /, i'XI.I'I. Kr sagt ille« in Adnott. mi Thcu.; in Rpüt«ren 
AiiHKabeu ilersellien in dun Werken (Baael ITilt. Lli. VI) felilt die Stelle. 

"I llagenbaoli. R«f,-(]. I, S. 210, woselbst auch l,oüier'.t Aen««orungen tlbcr 
bitfb unil Melanchthon. 

*") IHo A'erluiud langen hei Lusvhcr, Atta, Tli. III. y. i.\i>M\y\. 
tt Vm-f». Rtf. I, p. i'XLIX-, au einer auiltu-n •Stellu neuut Eck ibu multHm 



Vert&iir ilur Leipziger IHipuouioD. 



61 



(Uukf vo» Tlii:>nl(ignu und Studonteii, düreo (Iber a(K> von WitU^iilitTg 
milgt'kuuiiiten wurcu, acli liefen, 'iligli-jcli u« unter <1ics(?n auiiüt su wenig 
ftit A4)rini-rkrt:kiiilcBiL lind IntcrcMc fclilt«', y\a»i dii- KQrgcr, l>oJ denen i\o 
I<>);trt4rn, mit (;iiier Ilrlli-burdt.- Iti'i Ti»clic zu »telirii pfle^^tvii, um zu ver- 
mitteln, wßun dt>r Sti'i'it zu liiMtig wcnlfu Hollt«. 

GxnK »ii(U-ni nud vit-l tt-bliaflrr v<>rlii?f ilit stweitc L'nterrtidiiug zwiaeheu 
Lattivr and l^ok.*) In den Ul Uo^fiitlifAen, nclrlie Luther den 13 
TW-Jtvn EckV mit|;ogttiHst^t<*'tJct li^iUi*,**) virrwarf der Ersten: sunücbtil die 

*) I.ü^cber, llt, 123. :i:ifk Kllstlin, l.nlhrr'n Ibeulogjf in ibrur Kt^tichirbt- 
Heben KntwirtElunp, 1, SM H. Ucbtir den Ctunir diT iJisputntioti Hiebe l*lanck, 
Gt>»('h. ib-r BUdnug der |imt. Kirche, 1, H. IST tt.; neuerlich KitliniH, i>eut»i-Uti 
form.. I,.S. ^ällT; l'lllt, IClnteitnnir, S. llt fl*. 

") Ki^-k'» in 'I bifäen zur Kfi|>zi;;t>r l)U[iurariiin, I.Uicher 111, S. 310. 213. 
f. ('hfintim h:tt niii itf-m Wort: tbui Kiiahc, nli*.ht ^em-ollt, dasa du gaoxe 
LtIm-u der tfliinliigon oimt Ituiw« tu'i ; daniiu vtnl das Won BiisBf paMend vnu 
der surmin^ot lieben (ir^bi'auvbr. 

2. Wir vvrneiDoa , d:iäe der Gi*i'tM.'hte nauli iu jtidcuj guhin Werku semycr 
p^cejirKf WRDU auch jieccatn rtnütlia tÜKÜcb vurkunimOD. und das» in yhero pott 
hmjtUnmutn nlit-tnn' fitluntutii fitueatuin rtwuttfiy, 

3. VrrwcrflUdi Ui zu tut-^'t-'u. thua» dit^ Hubbo niubt anfange mit Ahfrcbun 
gCfCrn itii,' Slliidt' nnil KrwitKUU^r (l<>rhcllien und der Hlrftfe. 

-1- E» T«n>t<i»«t gt^gfxi S4-hrirt und Kammeit ku ku^u, diua tiott auch die 
ätnUe i>r!&.'t»tr, wenn er die SdIiuUI crhüMie, und dano er die Strafe nicbt verwandle 
M fO€nam uliyuiiM xtitts/'urtorutM, 

ft. Wir nrhntttu tdt^bt an. ilasii rin I*n4>»ri-r nur dann rifbtig abaolrirt, wenn 
«r pUmtrie mn Schuld und Strafe l'ioiiii[ii-ichl. 

6. Irrig (Ht. du«» lUe .Spelitii nirlii. im Fegofffner Dir die nicbt cr1lic«nen 
Strafru geuii^tbun. 

7. Irrig iitt. den fräieu Willvu det Mcuachen zu leugnen und xn behaupten, 

>. Irrig, (iai>H aui Laviillkduiuifubett vüd 4JbiubeD und Liebe Verxweillnng 
bia xnuj Tode Im Fegefener ben-orgebe. 

Ü. KbeDHo (laut den Im Kegefener Leidenden uuatire suffragiu nicbU halfen. 

tiK Kbi>niK> die Ifeliiuijitnng, das Verdienttt L'hriHÜ »ei nicht der äcbatz^ 
«nmuii ilitr AliIttHa aituuuit, Buadem die äcbltiB«el seien dieser Schatz; meniis 
Sitnrtftram uiljuiutnur. 

II Irrig, daM» der AbloMt uluht ntltzlicb sei ffxpfttire) oder ein nnvoll- 
kAnitufiMw Werk. 

12. FalBvh, der l'A|iHt kümw uirbl dii^ fit-buldi^i' Strafe durch ludulgeaz 
erbuwen, aui-b filr diut Kegt.MVut'r utchi , ItfAundora lalecb, dasa Schwacbu und 
Sterbende, höh erimma fmhiiat hnhattfs, oiclit dch Ablasnea bedürfen. 

13. itiimauam i:cch:siaiu /tnn fitisse tuptTiorem nlns ft'cletiü ttnttf temporo 
iüftrrttri Hfi/amnn- Seit cmw yMi Sfiiem B. Pfiri tiabuil et /iiiem . suacsSorcm 
Petri W nioirium f'hriili (/eneraU^ut semper ogHoviutui. 

Ijcgi'ntht'nen Luther*«: 

1. {tuiUi^ü pe(C»t omiiis fiomo, seit et ^Hutiilit ptittiitit. 

2. PoMt hiiptUmum peciatum rt'Maums (CrbsÜude) Hcgar*- . hoc est Paulum 
tt Ckristum semet eonctäcare. 



52 



Ente Abtlieilting. Krater AbBcttnitt. g 6. 



zu lajie Ansicht voii der ÖUiidä utid iitelltt; dur Lek-htigkcit ihrer Iliiiweg- 
nalitnu durch raensclilirlies Ziithtiit üa» andtTP Kxtrem gegunQber. (Jiiotitlie 
fteccaf onims fovno, lautet diu ei-slo BcliuuptiiiiK, die zwi-ik dringt auf dii* 
Auerkeniiuiig der SUndc iu Kiiuk*rii oelltrtt nach diT TaulV , dii« dritte 
urklärt v% für r(!laj^iaiii&rJi zu aiij;cii , daäK Busse und gute Werke durch 
bigenuu perflönliohcu Abscheu gofjeii die ^flndf- begonnen werdmi kihine; 
v% Hei verktihrt {Tbc». 7), den freie» Willen f(lr den Herrn über gute und 
böso LIaiidInngen zu hnlt<^n: iiherum arhitrhUH achium give iHmurifm sive 
miilontm d*nnhmm rssr, »ISrker in den Resointiunen: fibermn urbitfimn 
esse twrf jttisshutm in omni acfu xun, f/iii vt'Uf rociUiw, verkehrt fiue 
Kechtferligun^^ durch den Glauben allein (»der fitlent lotli iiuoUb^t crimlne) 
zu leugnen. Dazu die ndchnfinligp Verwerfung der Theiirie vuiu iSebatx 
der Vci-dicuätc und vuui Ablniiti , wclchu Tleüiü geradezu fUr iM:bädlich 

3. Wer vor der Liebe xiu* <turechfj|rkeit dnii kuI« Werk und die Buhbc mit 
üem Alischeu KeK^u die Stlnde tiei^Dneu läs^t. und utine Sünde denkt , ist 
Pi^l&giftQcr, Sfd et contra sacrum suum ArtstvttliHt ifi'sij'ifre jintbamus. 

4. Outi verwimdeli die ewigo Strafe iu eine »'itürlie und in die TrA^ng 
des Kreuzes, tionut Keiuor. 

5. Jeder l'rietstcr nius» die Ufisaenden von Strafe und 8ehu)d uline Vur- 
beludt absulvireu, uder er sUniligi. 

ij. Mü^lieb dusü die Heeleu iui Fegefeuer für ihre 8(luden bUsaea, faUeh 
aber, qnuil littts murituro filut tfiiani vtitutitttriam mortem n-i/nirat. 

7. Wer den freie« Wilb;n zum Herrn der llrtndlnu/fen uiacht. oder wer 
leugnet, dntiit der Ulitube allein reelit fertigt, aber auch Uareh Jede« Verbreehej 
nelbfrl aufgehoben wird, - triinmt. 

H. Kh widernpriclit der Wahrheit und Venmnfi, dasit die unfrciu-illig 
Sterheuden von der Uebe alifallen nud (UruQi ille Schrecken de« Kegefenem 
erdniden. 

ti. Das» die Seelen im Feex^feuer ihre» lleileet gewii»» ^eit-u nud die Gnade 
nicht in ihnen gewuliri «rrde, ist nur ein thöricliier Theologen wahu. 

lu. Gewisaiieh \nl lUs Vei-tlienal Chrioli, dureh da» der UL-üigeii unterotUtzt, 
der dchaiz der KireUe. aber den Sehatz der üidulgcuxeu hu die Stelle zu betzun. 
iat uur ein »eluiödtir unil »ebi' oicbleriiteher WaUu. 

II. Den Ablas«, der von jedem rtirislen verworfen werden inus». fUr ein 
chnatKehcü Out erklüren , heieat irraintüg itciu. 

t'i. Zu meinen, daäs der Paput jede Hlr diu SiUide venictiuldete Straff «-rlussen 
kUnne, ist Einbildung der uugelelirtvu Suj>liiateit und dt-r verderblieli>'ti Sei luit^ic hier. 

1^. Hotfiiuuim ecclfsiam cnfc orunibiu uliiii sitferiortw , prubutur fj: fi'uji- 
iHssimis H'*m. J'tin(i/icnm tU'frefif intra '/Uitiiriiit/oitoii antun uulis ; coutra f/iiiiir 
sunt hisloriae approbatac initlt- et cculnm auitorvm, ttxtM scriptHttte dkÜHaf et 
tleerctum Niceni CoitciUi uitiniHm Sficratissimi. 

Von Kck's Thesen hatten also rinigo die Ueiitimroung, die Mltnirlcnng de« 
Mensehen selber im Werko der Besaenmg zu vertheidig<>n, die Lcngnung de» 
freien Willens und die itirken Atudrfleke, daait auch die (iereeliten immer 
aliudigeu, znrdekzuwejui'n. itucli tlie i>n(itilndigende Wirkung der l'aiifo fest- 
zuhatten, andeie iietrafen den Wi-rth di'« Abladat^o: nur die letzte, dii- kirohlicb- 
hifttoriselie, ateht wieder lUr sicli alleiu. 



VerUaf d«»r Leipziger Dlftpatarion. 



63 



prkUrt wird. Das Fegefener länst Liitlier noch unhestrittcD. Die letzt« 
Tliegi» Eclc'a bftkitinpfl vr ubeDfaUs mit Beiiirr Ictztiin, aift lanteto 
dihin, t\iu» die Snperlorität der RömiBoIicn Kirche über »Uc »uiieru 
KJrrhen nur »iis pSpstlichen Dccroten <ler letetnn 400 Jnbre su erweisen 
wi, »Ich «her mit der Gcsoliichtr der rrÄten I IW Jahre, der heiligen 
Schrift und dt>u RcHchlüMAcn von Nir.ta im Wideraprach bcßndc Luthor'8 
kleine Bchrill: Risoinlio super proposUione 13 de poteslate Papae, — 
mtwrdflr rnt narh (\rr I>isputatinn, wie LfiBcher nnd die Meisten wollen, 
•der «chun vorher gedriirkl, wie KJ^tttUn I, S. 2r)l nach einer AeuHscrung 
Eck'H brt LARchpr 3> 'IHfi Annimmt, enthiilt die weitere He^rUndung dioAea 
Sfttxce. Nicht dem Püjiftt, lelirl er hier, sondern der KJrehü sind die 
^chtQfflfl verliehen. ChriBtns bat Mattli. H», 18 sie dem Petrns verheizen, 
lAtt noch nicht übertrafen, dies gesebidit cntl .Tob. 20, 22. 3:) und dort 
mit Bezug auf alle ApoiiteL Selbst Mattli. in, IH i&t, wio «chon Origenes 
und Ilicrtiuyniua behanpU-n , an nllo Jünger geriebtot; denn fllr Alle 
Kpriebt Polru», nnd so gilt aueh die Antwort Allen, ja für Jeden, der 
die Offenbarung willig vernimmt, altH> fflr die Klrehn selber; aic Ist jener 
Petrus, der mit dem (ilauben aueb die ächlllssol empfiiugt, nnd eben sie 
»t nach dem NicAnigrlton Symbol kein einzelner Prülat, Bondcrn die 
„(jrmeintK-baft der Heiligen". Der Folseu, auf den Cluristus bauen will, 
war nirbi die schwankende PerMtri des Peirns, vielmehr war vs sein 
Glaube, «Uo C'briMiiR selbst nach I.Kur. 3,11, l.Petr. 3, B; und mit 
Job. 21, 16 — 17: „weide meine Schafe" ist keine Herrschaft geatiflcl, 
aondern mir Pfüelit^'» dtr Liebe und Kilrsurge sind aufurlcgt worden, doch 
&ncli dieiic dem Petrus, dem Apost^'l der lieitcbncidung, nicht für alle 
Bchafe, sondern nur fOr einen Theü, und fltlr andere Scbsfe auch den 
übrigen Aposteln. Kinen Khrenprimat de« l'otru« rJiiimt Luther ein, 
Horb gelangt er auch schon in der Anerkennung einer ursprünglichen 
Gleii'hbvit von Uisciuifen nnd l'rosbyteren sowie einer nothwendigca Mit- 
wirkung der tiemeinde bei den Wahlen der Bischöfe. Auch bekennt sich 
Lnther zw dem Satz de« Uns, das» die Kirche ans den (ilftubigen und 
Prildestinirtea bestehe. Diese Kircho war niemals vom göttlichen Oeiste 
verlaasen, nber sie iflt auch etwas Anderes als Papst und Cnncil. Die 
beilige tScIirifl bleibt die einxigt^ AuctoritÄt, „man soll einem Laien, der 
Sehrifl bat^ mehr glauben als Papst und Coneil ohne Schrift'*. In diesem 
ZitAainin entlang wird bereit«, wenigulen» in den kura nneU dem üeapr&ch 
abgcfasslen Resolutionen eio starkes Missfallcu am Jakobusbriel' als tief 
antPr den Pauliniaeben stehend ausgesprochen: s(ifun epislnlae Htius longe 
€rl ht/ra apostoUcam maJesUUem nee cum Pmiiino uUo modo comparanäits*') 

'1 newOhnlieb wenlen mir vitirt die bekannten Auosprilt^bc :ui8 Liither'a 
itMher Vorrede, Walch, XIV, 148, l«&, den Tischrede«, \Val«h, XXU, 
B.SII7; und der Schrift Ot^ tnptivU. Bab. bei GieB. 111, 1. B. 79. 



5>i 



Knte Abtfaellang. Kfstor Alivfhnttt. g n. 



Die BchilrfsteD EotgegiiDiigen voranlfwsto nattirlich der älmt Qber das 
PapsUhum. Clrgeo Lutbpr's BfliÄtiptiinp, es si-i cröl KK'' .Tahif all, 
berief sich Eck auf tlie päpstlichen Üeci-etalen, nnd er durfte die» tbun, 
da d«feii Uoechttieit nucb nicht crkanut war. Alwr er masate Hucfa 
Lntlipr'ii kecke VVrmiitlinng hintielimcQ) da*« alle jptii* frifiifiimmn dficrftn 
keinen Cilatibcii vonlieni-n, nirlit minder drsfinti DinwtMsinig auf die groRse 
TtiatFActio der grlechisohen Kirche. Kothweudig zürn Bestände der wahron 
Kirrlir darf der Paprtt nirlit genüittit werden ; denn w.-t»i wlirdc sonst anst 
der f^nnzcn alt^'u ciricutali^beu (.'hri^tPiibcit , dif^ doch Niemand ilesbatb 
kctzcriHch ttriielten wird, w<;il nie dem Paptit nicht gchondit! 

Und Kpk setzte Ihm noch weiter zu mit der Vorhaltung: die 7.weifol 
gegen d»ti g<tltlirhe Recht dcä Tapiites seien ala Irrthiitii der \VikliliteQ 
nnd IIuüAiten zu (.'otistjinz verdammt, — eine sehr hnndgreifliehe Bi>- 
icfauldip;un{^. Ita »ntwurlele Ijuther, es Mien wnhl nicht alle MeiuuntrrD 
von lln« achleelithin verwerflich. Soweit riss ihn die innere Kolgcrii^htig- 
keit seiner eigenen (jedittiken fort ! Da» hatte Niemand und rr Aelhat 
nicht erwartet. Ucrsog Ueorg fuhr auf: „Oae walt die Sucht"^ rief er 
die Arme in die Seiten t;e»toH»tiit. 

Da» Ende war ji!»*«? wie gewidmlieb, d»*» beide Parteien sieh deu 
8ieg Kuacbriebcn. Die uiiinitl^lhnren Wirkungen waren zwi-ifi-lliaft, die 
mittelbaren wurden so bedeutend, dit^s »ic dicw Leipzif^cr Vt-rlMindlungen 
XH einem hochwichtigen nnd nucnthchrliclien Mittelglied dcR ganzen Ver- 
lanfa gemacht hahem. Pnris entscliit^d für I'>k, Erfurt lehnte daa Urtheil 
ab. Eck forderte den Kurftlruten auf, «ich iiirlit länger der enllarvf^'n 
llnsniten anzuuelnncn, und ging, nucbdem der Bnefwcchwl flher die 
Divputatioa eine Zeit lang fortgcdanert, am Anfang 1524t oaeh Itnui, wo 
er gerade diese Verwerfung der WilliMiwfroiheil iiwil die l'rade»lin»tion&> 
ansieht Lnther'.s »ainnit den ZwellVhi an der Anetoritüt des Papstes 
geltend machte. Kllr Latlier selbst hatt« die leipziger Di^putaUun die 
groH«e Wichtigkeil, d:iÄB Av ihn weitere Oonnequenzen »einer Cfrmidsälze 
erkennen lieäH, t'onbe(|iieuzen die er tiefer eindringend in deu Gegcuaatx 
zn den herrschenden L'eberlieferuugeu jetzt nicht mehr scheute. Frtth 
seine .Scbrifterklflning unch AugiHtin bestimmend konnte er, wie uberbaiipt 
kein menschlichen Vi^rdien»!, so auch kein (iberfliesiseudcs anerkcnueu, alsu 
auch keine Superioritat der Heiligen; damit fielen die Ptlrbltten der 
Heiligen, deren Vei*ehrung, Keliquien. Wallfahrten, Milncbt^heiUgkeil für 
ihn Iiinweg und erBetiicnen sogar ve.rMerllieb , weil beruhend auf ein- 
geblldetrm Setbslruhm, ebensoder mit der Wiederludnug des Opfers Chriali 
verbundene Ani^pruch priesterlicber Heiligkeit als Aniiiatiiiuiig und scfarifl 
widrig 7,tip|pif'li. Einstweilen unbegrenzt filbrtr ihn uach Ahwerfung jener 
IleniuningL'u und falKchcu VermittcUingen ein innerer Zug uach Unmittelbar- 
kelt nnd Innigkeit des Verblltnissea su Gott nml Christus. Aach Aber 



Folg^jn der I.elp7.ig*r PI«par«iion. 



55 



dfn Papit folgto t.m Allem, dus wie sonstiges Zutluin und DasK-iscben- 
trotten »nd^ror Mooscheu zur Verbürgung: de» IlrilH und der Sllnden- 
vrrgcbimf;^, ^n wnlil auch dun des l'apstcs eiitbolirlich aci. In dieser 
rebtrxonjcting wurde er durch drn ScLriflwochsi'l mit Eck fliwr dir TDrao- 
i:anf;<>ne r>i»imlatioii liffp^tipl,*) AiidfMc ri)lgMunp;pn frgMhcn ßicli «iif 
BJche Weise; in einem .Sermon vom Abendmahl miBbilUgli; er nach 1.')I9 
wlwn din Kclehentziehuog und bedanei'tc biild, dtws er nur dnrch za 
gerinp! ßek.inuLr«rhal'i mit Hiis verliind(>rt Hei, ihn noch mehr in 8iThntz 
ita qebraen, ala ohnedies geschehen sei. Die Folge war neue L'nzufrieden- 
lieit bei Friedrich dem Weison und Klagen von Seiton des Herzogs 
'ioorg; der Krstere aber erltlürte, er wolle ihn gar niebt vertheidigcD; 
weil Ml>er viide gelehrlü und fromme Männer seine Tli&putiitionen ehristUch 
Binden: «n wnlte er der Kntscheiduog durch die Üi^ehöfe, welche zu Aags- 
bnrg beHproelien und vun Keiietii durch Miltitz eJngeleitet gei, nicht vor- 
grelfen. — Wenn es wahr wnre, dass n-cht Vieles glanhen und glünbig sein 
da!«e)'lbe sind, dnM Wirlh und -Stitrke de» Olaubeiis mit der 'StolDialligkcit 
WArh^rD, daKs ein nrthcitsluecr Ülaube beseer ist aU ein durch abdingendes 
I'rtbeil begründeter: dann w.lre jene hochkirehltrhe prlpfltliehe Partei^ mit 
«elrher Liirlier gleich nninngü zusamnienätic&B, glüabiger und ehrtsUielier 
grvesrn als nr. LntIterV Unglaube aber oder »ein Nlehtglanben war 
grricbtet gegen die Gultliehkcit deeflcn , waF> Mcoüchen leisten zu k'Annen 
den Ani>pnirli machen, oder gegen da» meuifchlich« Kingreilen nnd Ansieh- 
rel««en in dem uofticlitbai-cu gültlichcii Work der SUndenvcrgebnng. Kr 
trat' damit den hierarehiHcbon Uochmuth an Reiner empfind iiehsten Stelle. 



§ 7. Die Bulle und der ReiohBtag zu Worms, 

15*20 und 1521. 

Znr l.fteirniur des Wonnser Uetehtagcc: KflriitcmaTin; Noue.8 L'rkundenlnieh inr 
f»«»cIiirhlB iter evioig. Kirelifiirefunnaliim, ls-12; Serkendürlf, llistovi« de« 
l.nrherthQiii». S. ^"21'* ff.; Hrllekncr, Zur (icAehictite des ReichsGAgH e» Womifi, 
iMki; Uprgonroth, Cittnidtrium, Ud. II, ISiiO; Waltx, Her Womiaer Iteiohetag 
uBil iw-ine BcEiehungen 7,ur n>r(irin. liewegiing, in F<irsehungon znr l>, f». VIII, 
IHdf»; .luhmiD Friedrich, I>cr Keiehst-ig in Woim», Hnnksehriftoii der MUnehener 
Ac^'lLiiiic. XI. Bil-, 3. AbllL, S. ön, ii» Anhiiiig Aleiiiider'it Biiefe timl ^epe^ehen; 
Msiirenhroeber, Studien u. Skizzen z. Gescb. il. Ro forma tionsieit, I>i7l, S. 211. 

H'iA hierher verlÄaft die ganze Bewegung an dem Faden einzelner 
Scenen, Verhandlungen, Disputationen, des BchritHech»cU und der Driefo, 
Ijald soltic sie in <len ■Schauplatz grösserer kireblicher und politischer 
VrrhäUaic^^e eintreten. 

WAhrend der Leipziger Disputation war zu Frankfurt die neue KOnigs- 
waJil enlarhiedru wurden. Ccwählt wnrde am 28. Juni 1519 ein juugor 

*} JlsrbeiDoka. 1, 8.140. 



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Site 



fiellBUK. Rnter Al»s<*nf 



König, welelier so viele Rdcho vereinigte, das» durch ihn der Imperatoren- 
name mit spinen Ansprilrhon auf die Hp-rrschafl flbn* die Christenlieit 
wieder zu piner Wahrheit worden konnte, und eine Abhängigkeit «eth^t 
doB I*iip8f«R von dieser frrßii»tt<n Mxcht iu der Chriatonheit, wtc in deu 
Tagen KurV» des Gro^weii, Otto'ft des GroRscn und Ileinricti'H III., 
sich erwarten lies». Kurl L K'^nig von Spanien uud jt!l7.t der V. im 
deulflchon Reich, erst »m 34. Februar IftOO geboren, bcHuss die Nieder- 
Iftnilc, Neapel nnd .Sirilien, die amt'rlkaiiisf.beti Pnivinzen, gi-osse Älftcke 
von Oberilalien und halte »ichcro Aussifhlon «ut' Ungarn. Aueb ging er 
bald entsehieden genug auf BefpÄtignng einer neuen Weltberrsrhafl au», 
wie nie hier vorbereitet ütehien, abt-r er begegurtc auch nllea Schwierig- 
keiten, welche die Zu »am in en zwingung bercitÄ entwlekelter verschiedener 
N.-itiimen mit eich bringt; darum frblte seinen Unternehmungen der dauernde 
Erfolg.*) Dero PapatP xeigt« «r sieb zwar nirht untfrwilrlig in sli-piligen 
Füllen, aber doch, da er einer lliiTart-hli-- des l'aptsteH znr Vcrkndpfnng 
Bo versehiedener Völker bedurfte , narbgiebig , ttobald ihre Intcrcuaen 
zusammrngingi'n. iVm dcnt^chen Ueiche, ehe e» aieh gefallen llc>i«, deu 
8>pani6chen K(fuig lieber als den franzöt^ini'beu zum Kaiser zn nehmen, 
ward er aber jetzt auch iil« der Erste durch eine .\rt von Vvrfassuugß- 
urknndc, nämürb durcli eine Wahlcapitulation vei-plüchtet, mitt^-lst welcher 
sich die Fürsten gegen Spanien siehcr stellten. Er versprach iluriu, bw 
Reichskriegen keine fremden Truppen nhn<* llewilligting des Reichs herbei- 
zuziehen, die Reich» und Hofäuiter liluss mit geborenen Deutschen zu 
besetzen und in IteiehsHHchen keine andere t^prache als die dentüehe zn 
ftihren; aurh stdlttn tUe Heichiiüländc wv kein andeieg ticricbt als ein 
inländisches gCÄtelU werden dürfen.**) In .Sachen der Kirche aber ver- 
hiess der neue Kaiser Alh'ä zu viThindern <»der abzuheilen, worin der 
Papst von den Toncorflaten deutscher Nation abgewichen sei, ebenso ver- 
sicherte er die baldige Wiedercinriebtnng des Reichsrogimeuls und dea 
KansmergcrichtR beftonders ('(Ir Zeiti-n seiner Abwoftenlieit. Diese Con- 
»titutioii liciRi Luther viel v<iu Karl V. liotfun. Anfangs 15*20 stellte er 
sieb durch einen Rrief an Karl***) und durch eine JXTentlicbe iVote»tati<>n, 
dafte er nicht ungchärt vei-dnnimt werden dflrfe, feierlicli in den •Schulz 
de» Kaisers, «ppellirl^ also in fintr kirchlichen .Angelegenheit an die 
hl\chste von Gott eingesetzte wcltüehe Macht and rief sie znr Entscheidung 
anf. Auch schrieb er nachm.Hln an den Krzbisehof A |b recht tl und 
erhielt diesmal eine merkwürdige nnd nicht unfreundliche Antwort. 
Albrechi, biess es, habe zwar seiuoSchriflen nicht gelesen, da» äberlasac 

•) T. Sybel. Geseh. der fraaz. Rev.. I. IIK. 

•*) Unnsaer, Zeitalter der Ref.. her«« «gegeben von Onokon, 8. -11 IT. 
"•") vom IS. Januai, bei de Wette. 1. :yM. 
t) am 4. Februar nw, bei de Wette. I, S. 399, 



l.Qilier'ri Stellnitf^ zum Adel. Hatten. 



57 



«r gelolirlen Leutcu, «ber er bil1t{;c, <1hhb jener «Itr Wahrheit ntch der 
Srhrift Irlire, onr mA^(\ or daa^ loit riottet^fiirclit und SAnftmiitli thiiu, nicht 
mit Lft«tera und Htfliolt<-u; dimu werde vs steh au&wi'i»cn imoli (iiimaliolV 
Worten, wino Sarh« -wptde bleibitn, wenn we aas tiotl eei, wttnn aber ans 
Neid and Stob, werde sie als MfiiSfilK-nwrrk bald zn («nindo gt-hen *). 

InzwiarbRn wurde in Dt'Utftrbtand hrkannl, was Eck in Rum »usge- 
riehlel. I)nrt lirati'>hte man nun den KurfUr^Un niclit inetir; man war 
pliltzlirb unKufrieilrn mit Miltitz* VonniWoliing, der viel zu viel nnch- 
gegcWu, aber dfu aueb KtTk K(*kli<(|:^ bHbt'n nim-bte, unzufrieden mit dem 
KnrfhrKten nelbst, aU begllnKÜ^e und tbello er Lntber'ft Meinungen, man 
»pmeh diivoii, daui dioa nicht länger zu dulden Msi Friedrich der 
Weise, welrhem die« dnrcb einen Herrn von Tentleben, Vic;ir de« 
Erxbisehüfä von Maiu]: in Korn, niielihur Birtidiof von nilde*>heini , hiutur- 
brschi wurde, lleiw Luther, mit dem tn- nonst nach meiner Voniicbt und 
Eipenheii |M-rHönl!ebc ß^-rflbrun^eii vermied, — at apraeb ihn flberhau)»! 
narb Sf ekendorffft Angabe nur zwei Mal in seinem Loben, — durch 
8palatin hiervon benaehricbtigen. \'m diünelbe Zeit war Lutbur von 
mehreren kleineren K<Meli*iunmitlelbareu , welebe damals d«8 sie verdrSn- 
geodr IVbtTge wicht der Kdrstüu verKlinimt und ittreHluMig gemaehl hatte, 
«ulifErfordert, sich niftliigeuralls in ibrcu Schutz und vielloicbt selbst auf 
ihr« Rurgen ku ln-p-bf n. I>a8 hatte ihm .Sylvestter von Sehaumbnrg 
durch »eiuL'u in \Vitt*jDberg Bludircudeii $vlm Hagen lasscii, ubcDso Franz 
von Sicktni^CD, der au e.bon 1&1!> in KHIn, freilich durrb Landt'rieden- 
bmrb, Reuebliii Riiehe veracbafll halte und an '1er Spitze di« (VÄnkinehen 
und rhfiniHchou AdeU stAuil , welchem wie diu L'eberinacbt der grtlKneren 
geistlieben und weltlichen Fürsten cbcDso auch der LaudlVicdc zuwider 
v«r'*l, endlicli mit diest-ni verhiin<leu L.lrieli von Ilntten (geb. MJ^H, 
t l.^'JHt, der lnl9 und ün uine Reihe von goittlrt-iehen Scliniülischriflen 
gpgen Korn srbleudort«, nachdem or sebou l.'ilT den PapHt durch dio 
Petlication der Schrift Vaila'fi gegen die Si'henkung ('"inatantin'a ge- 
orekt liatu\ Im April l'»2ri schrieb Untten den f'iifiisau mler die 
KOmiMcbr Dreifaltigkeit, }i)inlich wie Liilber glcichiEeitig die .Schrift vuu 
d^r Babylonischen Gefangensebatt ; . da» nationale und antihierarrhisehc 
lolcreÄ**- ond nur dieses verband Beide. Dienen freie Kntgi'gcn kommen 
bot neben der nngewissen Aussicht auf die feindseligsten Maasf«regcln von 
Rom ans nnch wenig Sieherbeil, aber es erweckte Luther m ueaera 
Muth und erhöhter Sehkraft ftlr Alleg. was die Kirche drtlckte. Jetzt 
erstarkte er Im AngeHieht deiii Ltanno« und wurde %w einem unwillkürlich 



■1 Marhelneke I. S. tll. 

**) Pfizer. S. nu. bT ff. Vgl. Ober äickingen die kürzlich erschienene 
Monographie ron ITImsan, Frans von Sickingen, IST2. 



58 



Erste Alitltellung:. Eruier Atmchnltt. ft 7. 



in deu GejeeiiBflta liineinppsrtgrnei» ein freier und vordringender Kitmpfer. 
5irin Ältf^f Ziitniufn zum rapstlhtini sclihig i« rlus jjcrstlü (j^jirnthcil um, 
Bt.'il 1520 betrarlitetf er alle« luvdllkomnieiie in Aar Kirche jiIb Wirkung 
und Srhttld ditA PHpJit(>s, iliu selbst aU den .Anticfirist"'); und niclit 
nur obglftirli, aondern uncli eoincni ('hnrakter (;;pr;»dr wiiil pr dainaU 
vi>u dif^ärm noch viel ku fürrlitim liattR, Bpnicli it sicli nur dmtlo rück 
lialtttlusvr gvisf.u ilui »us. Selbst vun der Furcht war er durch die Zn- 
sirlniRrungcn rou Rli'kingon und di<* Anfft-iziingen von Ilutteu, wie er 
selböt b<'kt-Miut, befrciL A'oto Us reconrUiari in perjtelHwn. „Otanbc j«. 
nirlit," Holirpibt er im Ke.hruar l.^'iO nn Spalatin, .,daj>a die Sjiciie d«8 
KvaogotiuuiB tilmc Tumult uml Aufrulir gi-fiilirt werden kftnne, da wirst 
MUS di-m Schwert keine Köder, a.u« dem KrJp^ keinen Friedrn machen" "). 
Der Kainer war nueh jnui; uud noeli nicht HUgekomnieu im Ki*ieh; viel- 
leieht dxstt er nach aoiucr Wablrnpitulatitm uud »o .vielen und wolilhe- 
i;rtlndetrn JJ»>öe!iwenlfn wider Koni »ieli zn (-inem {rnni neuen Anitrrten 
lK'we.gen lies». Sclilii^ (*ich nun der Adel auf Luther's Seite: so linU»! 
dessen Opponition zu ilirera biiüierigcn religiöAen und thcüloj^iBehcn Wcrth 
norh eliK< pidtilHehc und imtii.»in1e Hfilfskraft tiinzugewoniien. 

Lutlier'i» jetziger &txitdpuiikl erhellt uns einigen kleinen Hclirifton 
diQiteH Jahre«, am meisten au* einer deutschen, welche er am 2:i. Juni 1520* 
An Kai serl. Majestät und den ehristü eben Adel den tae her Nalino 
von des ebrlstlieben :^tandi'ti HeÄserung llbersehrieh '"). 8ehon der 
Titel enthalt eine Appellatiuu von den GeistlieJien an die Laien, von dem 
Amt an di« wellllrbe von Uott eingesetzte Obrigkeit. Die Sclsrift selhrr 
itft eine .Sturni[)etitioi], nieht nur an das dcuteebe Volk Überhaupt uud die 
dcutfiehen Fürsten, daiis bIo die nnbcreehtigten KinmiRchungen des Papstes 
in diMTti4t-li? AiigclegenlK'tten uiclil lihiger dnldru und tiinfarh ihm falucb 
erworbenes lint uud itceht wieder abnehmen sollten, sondern insbesondere 
au die gläubigen Laien als gteiehhercehiigtc Pne««ter, um .der Kire.he sn 
helfen, ftiutemal der geijftliebe iStand, dem es hillig gebllhre, ganz unaeht- 
Hjim geworden sei," — die>i Alle» in einer Manaslomgkcit, die er seibat 
nicht verkannte; — er nennt es Tliorbelt, was ihm gehii-to, die Sache so 
anzuAehen, — von welcher er aber im Gefühl einer ihm auferlegten höhcreu 



4 



') ßrietu von de Wette IV, M. 42o. Eyu sie angor, m jtrayc nun iluhHem, 
Papiim esse proprie Anticfn'ittum iUum. quem vn/ffatti upinioiie cxinieUxl 
mttnilus: mleo ennrfniuHt »tunUt, ifuaf ripit , fatil, (o^u'tur , xtitlHil. Dien dai< 
<TMe M;i|. Anttn der Nmiie vnn Liiilier n»f den l'apM aagowendci wird. S. I'litt, 
Kirileiiiiiif; in die Aii|;n»tin», f*. l'»I.S2. T'. 11. 

••| Kampschuile, Krfiirl II. 71. TT», d« Welle 1, 117. 4<IH. 
"') Liitbcr'p Werke von AViileh X, iy.2m ff. Im Aus/iige l>pi rijoHcIcr, 
S. ti^t. Tri. Annp. Bd. XXI, 'i'*^. "Snch wenigen Tagen wnren l'iun Exuniphirtü 
verVaufu 



Lutber «n den Adel ileutachvr NntioiL 



ft9 



Fffiebt gaiu rQckUaItäU«cr n^zciigunp au<!]i nirlitx xtibrrrlion zu ilfirfen 
gUnbto. Kr wurde diilK-i zn AiiHdrflckoii, zaonal deiitorhou, fortg;cri&st'ii, 
wrlfhe hall) narhliRr nirht mir von rcformatorisrtiPii , Hoatlern auch revrt 
luti<inäreo TcttdHnzcn niit'^rvgrifTfn tiiid f^r^tiiiftabrniulit werde» kntiiitea, und 
die «r eben deHshsIti wulil itpstor von auderii, dii; daneben stand«;», si'MihI 
bitte UDl4;r8clieuJcu ditrfi'i). Ilintor drei M n u e r ii , »a^t or, babni dio 
Rfiniani»U>n sirli verM-.li:iuzt und damit jftlf Ij<'f<inii verhindert: II wollte 
nu tie atift der weldiciteu Muclit angieifco, m sagloa sie: di<i ^eistlirhe 
G«walt sltti*' niclit uotei- der wcttlicliiii, vielmebr flUer ibr; 'Jl wollte man 
r* tiüi der Sehrift, 8o ei-widerteu sie, nur der Papst dürfe Rte auslegen; 
3) ■ppellira man an ein Cnneil, en werde geantwortet, nur d«r Papat darf 
w I^rnfen. Iliernnf setzt er tiuii dctn ersten f»riiiid».nlz niclil etwa irgond- 
«plebe NebeiKirduung ]^eit>tlirlier und wettlirlier (irwalt, i^oiidern die uni- 
gfkfhrl«? Kordernng der vullkoninieneo linterordnunK der geititüctien Auet«- 
nnler die welllielit' riilgegen; er «rberit sieh nieht, dan Volk oder 
nioüt Jeden, doch besonders die wcllÜehe Obrijrkeit, wclelio allein 
Obrigkeit aHn «alle, alao auftb in kirrblirheu Dingen, g^en die Iliernrohie 
iror iSrlltsthiiire aiilzuri'rdt'rn. I'nd an dem zwrilm (irunrlsalz verwirft er 
du rt'ttü c'cHf mui de» I'apstes, djuM n\m dieser Mich «el))8t. an ilie .Stello 
der Kirche und Oemeinde gesetzt und diese dadiurch verdrängt habe, 
wflehe dn» Mirigc vielmehr ziivilek fordern mllBse. Der dritte tirttndsatz 
rndlich „fnlH vtn »•■Ibat, wenn die ei-aten beiden aiil'g*'gebeu werden; ea 
ril keine tiewalt in der Ivirehe denn nnr znr Heäserung," wer dazu Iwi- 
trageD kann, darf uud eull es, und wer t^s unterlüsat und »cliadct «tatt zu 
helfen, i'rweiiit ttirli dndnreb als nnbereohtigt. Ilieranf folgt eine Keiho 
pofitivrr KrkLtrtiugeii. W.ia refunnirt werden inilSHe, wt*nn ea nieht auf 
dleAC Weine UlAber dureb da« l'apiitthum geliindert worden wflr<', wird in 
37 Pnnktru anfgez^blL Darin tiirlit minder weitgehend fordert Luther 
die Hr^eitigung reBp. Uedueirnng nielit allein de« PapstthumK selber mit 
Allem WH« daran liilugl, wie Buat^tcung der KirchetiAuiter, Anuatuu, wclt- 
lielie und anAllndiiiehc Krwerbungen des Papste«, — dfMin in Koni ft<>Iieint 
er iliD biKf^i-n zu wullcu, — aondi-ni weÜiT AbttchalTung der F.heloäigkeit 
der G«i»llichon, der M<'nge der Kcste-, des Intcrdiet«, der üottelei der 
Brttrimi'lnebe, der Itrudumtehafleu, den Abla^^ett, der niüperiHationuu, nnd 
was de» Dingen gleieh ist, „nur atlos ei'AAuft und umbrjtclit, <la ist nicht« 
^to;** — »odanu Verbannung de» Aristoteles und der gelehrten Reehu- 
vtSArnselmn von den L'niversitSIeu, dn „e« gut würe, das geistliebe Keeht 
von dpni ersten Buehsiaben bis auf den letzten würde xutirund ausgetilgt," 
eodlich des Luxufl, des Zinswuchers, der Scliwclgerei und Unzucht. In 
dem Allen Hegt der Orundp^danke, dafst nicht die Formen und Mittel, 
dorrh welche die Kirche ihi-c Aufg»h<i lo&en »oll, gi'ittlieh und unvcründer- 
tiefa sind, sondrra lediglich diese Zwecke selber, und das« andere Mittet 



fiO 



Erste Ahthctlnng. Üriiter AbB^tinttt. % 7. 



und Fonncn gewählt werden dQrfen und tnüsBcn von da an, wo die bis- 
lirrigrn, x. H. das PnpRtMinm odrr dir zu »rhroft'c und dif flpmciiiHrhalt! 
zerslilrende Svliiiidiiug vuu Klerus und Laien sich als naclitlioüin erivio*(?nJ 
bahcn. Hie Krlnlirung d»rl' nnd roII gehrn-t werden, nicht nur Air kirchnn-i 
rrchtlielR' Theorie; halKni also cli'ulttcfu- Ilisrhiift' und Obrifrkcitori mehr 
Theiln.ihm«.'' l'ilc dcuUche An}?<.'U'g;enheit(;n nU iUlifuischt-: so sind Deutsche 
ftlr DenUiclic anr^h lu der KirrhiMileltnnj; gDeigncttu' und darum br richtig ti-rl 
als Fremde. Auch verritlh sirh iilKrall die Absicht, die Ilinter^ednnken, 
fUr welche die an »ich w>DhllHUtcnde Lchro und Uechlütheni-ir bcrcehnet 
iat, m diirnhiu'h.itien, und nichts iel Hnlutherigrhcr, als hint«r bleudoudcr 
Docti'in diette liicnircht^f-hen TendcnKen nicht sehen zu wnllcn. 

Nnch starker verwerfend lautet die zweite im Oelober d.J. erschienenft 
lÄteiiiische Schrill fie cfiplirtlftte fiabtjlonica ecelesttie*], so benanit, 
nm die jHzti^v kirchliche L'nfroiheit der Chiistcu in Vergleich zu stellen;; 
KQ der KucchlHchart der Juden im Kxil. Viv Siebenr.ahl der Saeramcnti 
wird verworfen, nur Taufö, Abcndnialil und Bubbü bleiben stehen, 06 ist 
tIcrabHetzung der Tanfe, die selber schon der Bnese dient, daneben nocl 
viele andere Werke zu ftnileni. Per weitere Protest richtet sich f;ef;ei 
die Tymnuei ilcrf-r, die den Kelch cntzt>t,'eti huben, obgleich dessen gewall 
same Wiedoreiiiruhrun>r iiidil eurpfohlcn wird, und KCgeti daa handwerkt 
u*a«sijre. Abtluin der Messe, die ja erst durch den (Jlanben einen Werthj 
empfiingt. Neu« Vorscliriftcii dca Papstes Verstössen (;ej:eu die chri^tlieh« 
Freiheit, er hnt gar keiu K^cht, auch nnr eine Sylbe neuer Gebote dei 
Men*ichou !*ufzul("freu , itis/ hl fuii rjus/icm consnixu; alle fjelilhde solbial 
.'luflulren, mirdcrttens die öiri-ntlich abgelegten mit der auf i*ie g:egrlludoleiij 
besonderen Lebensweise; Keiner soll sie Aber sich nehmen, auch diu d< 
Priestertliunift uieht, der nicht die Werke des Laodra.inurt, der auf deml 
Acker arbeitet, und d<'r Hausfrau Itlr ebenso werlhvoil hält in den Augen 
Gottes. Bei der L'ntersnchung der flbrigen von Luther antgegebenen 
Saeraincnie findet sich schon, wie in der Iti-solntion pejjen Kck, ein Zwoife 
aasgettproeheii jregon die iipoätniische AbfnsHung des Briefes Jacobi, alsc 
ein Anfang der Kritik des Kanons. 

I»ie dritte wcuig spüter tatciuiscli und rlcnfsch edirle Schrift /ff lihrr- 
Inte t'bfisfititta, von derPreilieil des ChristcnmeiiKchen **), begleitet. 
Lnther, indem er sie Leo Euscndet, mit den Worten: «eft ist ein kleii 
ßadilcin, so das Papier wird auge«clicn, alH-r doch die ganze Summe eines] 
christlichen Leheiis darin hcj^n'inVn," ..dnnitis deine Heiligkeit nclimeckeaj 
mag, mit was ftlr Üesebüftcn ich geni wollte nun auch fruehtbarlich umr 



•) ZwfA. Ofip. /,'«. //, ^;. 251». 
"> Lntfi. Opp. Jen. II, Krl. Ausgabe, Bd. XX\1I. Opp.latmn IV. Lnther'l 
Brief« l, 8. 497. 



Luther voD vhmijichcr FrcItteiL. 



(•l 



gehra, wenn inir'a ror deiuen uuclii't»lUcLvu ScIiiueicUlerii uiöglicli wärt:.'* 

In dieser AUliundlniig lien-bcht ein ganz Hnik'n*r Ton, gar nifht lieflig und 

' '1i, ^ar iiiclit uacli Auttüiii ^(.-waiiilt, sunilcru wit: lu das OcLidtli 

_i kebrt, «olir iiiitdt^' im Sinne tler edelsten Mystik 8U^llt aw üih 

[tJmndzil^ de« echt vlirislliclicu Lebens lUu; en ^iub( eiuc Freilifit tiuü 

[riue Kueclit^cliaft, eino Fmlioit des innereu gi.'isti{i;i-n L**W»8 im ülaiiWu 

in der (IciuiMHücliiifl mit ("jliristns, t^ine Kncclit6L-hal'l des ihirnieren 

|Meni»clieu, während der innuix* rreibloibun kuiin und soll, ao dasu die Be- 

r«-rhtijL'tmg pntÄtelit, ilusaere kircliliche Gesetze, welelie niehl gerade wedenl- 

licli sind wie d»s Kasten, umzuwerfen, deren Milbeiibiichtiin^ aber dun 

Asderrn werth und znr Krb.-iltiing äe» Frieden» nnd der Liisbe nütldg 

encltetiien mag. 

Mit diesen drei gewaltigen (ledankenergiiSHen und Anreden :iu die 
iKcit lind Clirlsti^nlieit ist*) Lntlicr'a Oppusittou einen bedeutenden Schritt 
rorgerflckl; antangii gegen daü «clileebte Kirehenregiment genebtet. tritt 
iir nunmehr gegen da^ durehau« nnbrreehtigle auf. In der dritten 
Sclirift lat; allerdings noeb ein Clednnke nn Annühernng und Verhöhnung, 
dalier aehiekte er »ie naeli einer letzten l'nterliandluug mit Miltitz düQi 
Papate zn. Dem Knrfltriiten hattf er sclion früher im Vertrauen auf 

Iaiidäm Sehntz erklKreq bissen , er möge aieh seinetwegen keine KUek 
■dühtm miferlegen; der Kurfürst aber hatte dem l'aptite vorstellig gemacht, 
wie unbillig eti sei, Luther ungehürt y.a verdammen, n.-ieh(lcm Miltitz 
gerade in eolnem Namen eine regelmilssige IhiterÄiiehnug eingeleitet habe. 
Inzwiücliun war wAhrend Eck'» AufeuibaU tn Hom die liaunbuUe 
Esxunji' /toHitnr nnter dem 15. Jnni IfriO aurtgefeitigt wurde», eiti Ver- 
dammnngadeeret , welebea aun der weit gröiieeren Zalil der Irrlehren 41 
heraDubebt ">. Als Uitrettieen werden ihm besondere soivhe SSt%e achnld- 
grgcben, in denen er die ICntbehrlirbkeit der prieMtvrlichcu Intereedsioii 
► <tark ati^espruehen htttte^ aber »iieh Andere Uebauptnngcn wie folgende: 
bio Sünde bleibt in den Kindern anch uacb der Taufo (3); die drei »ehu- 
taatiueben Stileke der Bliese «ind nicht be^;rlliidet in der !?elirifl (5); nicht 
Wiedertbun iHt die beatü Biiüde |7i; VulUliiiidigkeil der Ueiehte ist nicht 
mSglich (8); wenn auch der Priester aplolend veriHltrt bei der Abeointion: 
wer nur fest glaubt, er sei lue!>(eHpruchen, der int es auch Il2); bei der 
Vergi'bnng der Selinid tbnt der Papst oder Hinehof nicht mehr al« der 
mflmis sacerdoit, ja jeder Christ veBniag dasaelhe, etsiftmsi mnlier et purr 
rtKfl HZ); das Wort an Petrns: Mt. 10, ly f.rtfnditur dunhurai utt ttt/afa 
ab Ipso I'ftru (3ti); die UObuien thun Hecht »n der Anatheilung des 

n L'eber den Znsanimenhang deraollien mit den nationalen und patriotlAcben 
T«adenz<*n der nnmanist<-D, nrunentllch eines Hütten nnd Crutus, vgl. Mauren - 
breeh>>r. Stadien nml .Skizzen, S. 218. H. II. 

"> UfcBcler III, t, S. tl» dr. Lutber's SehHfteu von Walch, Bd. XV. 



oa 



Erstp Abthellnitg. CrsT«r Abschnitt, g 7. 



IjiiivukolcliB (IG); Abla«» (Ctiii^irt zu di'U rrlniiljti'ii, niclit zu duu oUtzlichcn 
nriO iiotlirt-ciiili«;«!! Oiiigpii iitwl isl vrrfillironsc'Ii (IK — äiM; Kap.-tt und 
KJrclie ktiuiH:» wt-dn- m-iie Libiubi-iisarllkfl iturli nittliolii* Vttrsclinrit'ii f*'8l- 
setseti (27); Ketzer visrbronneii ist uncrUiubt i'A^)', dwt Fegpfciier aus der 
Srhrift riiflit vrwiMHlicIi I^H); ciuijiSC von II »w liclitiuph'tt', vour Coiiril vc 
urtlioilti' Silt7.<* Hind wjilir uiid cvKU^clitii^li i'Mil lhvr.]\ nut'li lai'lireri' gt'gc 
die WiUcuHfrciheit KerirlitcU* Ufbortieibiing^ni: lii jedem gutcu Werk sQ 
digrt i]cr Gerrrhti- mindiiitrug iäHslicIi (:U. tVi)] der freit« Witlp, wenn 
tliut wiu an iliiu ixt, biilndifct tivdllirb (S6). 

Mit diitetr 1tnHt> war Kak .im :i. Oclobfr iii lii*ip%i(; angekuuiniL* 
ciiid diiruni hntU' Lntbor M.-ineii »pülor t;(-'>t<-'briebeiii.*u k-tztcti Urief an deii 
HapKl auf Mittitr.'« ViiritiT|ila<r ziirilckdalirt *l, wie ihm aurb wirklich die 
Bulle Qut'h nicht nugercrtigt war. Et- k betnilbto sich, dfu Bninisprui-b 
durch Abdruck« zu verl»rciteu,- womit fr öcbltebte (ivacbRl'te tuurbte. St-lbst 
einige HisvhOfc Wfiger(en sich, ihn zu publicircn, während fc^ek vuin Jlvncog 
(Jcorg rpirblicli bi-Kcbi-nkt wiirdt*. In Leipzig hatten »ich sd viüb'. Willen- 
b^rger ätudenteii äingffimdcn , und er erhielt ao zablreicbe Pehde- und 
Abangebripfe , dssa er aif-b sogar seines Leben» nicht sieber ghiubte; iu 
Erfurt wurde die Bulle von den Studenten abgeriä»cu, in Wittenberg gur 
nicht erst angeschlagen. Luther, ehe er noch auitlicfae Kunde t>rba)tuo, 
antwüi'teto mit der irouiäeheu Schrift .A'uti den neuen Ecki»cheu 
Bullen und l.ngeu"), iiiilem er vorstellig inaclite, wie uDglauhJicb es 
sei, da»8 uian ihn uugchün iiud vor dem Ende der Vdu Miltllx eröffnet 
Untersuchung mit dem Banne bek'gt, nicht niiuder tUin» der l'apiit >«ic 
etnea au unwürdigen Buleu und Agenten wie dieser bedient iiabeu sollte. 
Anfang November hall« er di« Bulle in Uünden und kunute sie nicht 
Unger ignorln-n; aber die iu ihr enlhaltenr Zuuiutliiing, er mogi^ binnen 
tiO Tagen wlilemfen, duiin erai «die der Bann reebtakritnig wenlen, — 
brachte ihn völlig zur Eutacheidnng, der Brach mit dem Papat ward a 
widerrnflic}i. Itaber biutet seine Antwrirt vom 1. November: .Idversus 
fAsecnihUein AndfhrUu hitilatn **'); er erneuerte am IT. November öcinc 
Appellation vom Papst an ein freies christliches ('ouvil und vßrfasste einen 
rnt<-rrielit der Beichtkinder Über seine verbotenen Büther, iu welcbeni er 
auÖ'ordcrt, von Ueichtvätem , welche iiaeh seinen hiiretiseben Üchrifle 
inquirirt«n, zuerst Widerlegung zu verlangen oder aicb sonst gegea sl 
anfzulehneu. AIh aber Nachrirbteu einliefen, djtss zu I.'iwen und KOI 
der Befehl der Bulle uusgefilbrt unti i^eine .Schritten verbraunt wurden, d 
liess Lather, — was zuerst Viele iu Wittenberg von ihm abwandle, seiui 

•) bei de Wotto I, 8. 4y7. 
") IMese uud die folgenilen iu L.'s refonnations Mstorisehen .Scliririen vc 
IruiftL'liei', Uli. I. 

"*) Wider die Bull« des Endcbriata. Reronnatiouiwebriftun von Irmiachor 



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Lutbor'fi Verbrt?unuDfc der Banuhalle. 



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rbr dem ICinchp gI^gtlnUbff^ eracliworte und deiu Maas und di>r Agitation 

rider ihn gr'>äi^.T(.* NaliriuiK »»b» — dio Stitdi'ntcu vuu Witteuherg durcli 

tn AiurbljHT zuBuniuit-nrulVn und vcrbmimti^ jiin 10. Drr^mhcr mit 

PM nnd mit Mii;;iätorn nicht nur die Bulle mit doin Atisnir: „weit du 

I Elerro drr IleiTlicIikeit betrElltt lintit: lUi bctrltlK' und vcrzohre dich 

rwigf Feiit-T," — und i-hctiüii die Hchriflcn Kck'fl und Mutttcr's 

>ni juidt i-in ExerupUr dt!« ^iizoii kAiioni!»!licu K'>i*htslinrhtt, aUo der 

VsielMTudt-u Kircht'ugeHi>t2^L>buii>(; duitiit war «UTeullii-h kuud};uthan, daaa 

•tf TUM alhT päpstlichen ftpriohtsharkcit luBE^ebnndm dast^'hen wolle*). 

Uiew: kci'ki- llniidtuii^ srliieii dir Vorwürfe derer, dir ihn ul« A^itnUir 
Brdifhti^en, zn ri>i'hU'f'rtJgen und liciuintc zuj;Ii>lrli Anden' , welchr ihu 
ri>r den Wirkun);i-n dtm ßuiimra »iclier s''«*t'dlt wünüchttiu. Naih dein 
m id-rbt und Hi'ii dfu KaiätTgesf-tZru FriedrichV II. und dfr Narh- 
aolltv d«m Uttun de» Papstes Much du»8en wclÜivhe Ancrkenanng 
llurchfDhruuu; in A^r Fitrni der Keu-Iiä.<ieht naclit'nigou; wie aullt» difd 
kindcrt werden? Alleei k^tn Huf dtMi iiJle.hitlen HeichitlHg und diiranf 
IV ob tiipr etw» auf Oniud der noch unerludigteu deutschen „Be»uhwer 
Ipn" iu Ktre.hrQiiuelie.ii Oberhaupt eine itllgeineine M:iaHi«r(>gel ^e^en dt!n 
Pap«t dnreligesetzt werden kounti', wie HiekiiiKen, Hütten u. A. wohl 
[Iwfttcn nnil wnuachten, — oder nir.hL Damm und wegen der Wuhl- 
'Uni, weleljp die ffrtivnmiuii ahxuBlelh'u vtirblesn, hntleii rtelhrtl dl« 
- uut diu Kxecutiim der Itiille sieh wenig bemahl. Ki>m hatte »eine 
|lc<xtr Waffe verbraucht, aagt Ilitunaer, der Ilann war ni.itt zur Krdu 
ireiallro, nur noph eiue Hülfe blieb (Ihrig, die weltliche (icwalt. Der Kaiser, 
an 2m. i>i>toher \^i'2i) iu Aachen gekniut, helanil tiich zum ernten Male in 
DevtMhIand; swei päptttliehe Ije.gaten, dtir Nunciu» (^larrHeiufi and uiit 
drr Bibliulhekar der \'atieaua Aleaiider, wareu dazu herbeip^kouiiiien, 
da» VcrhältnlsH deü PapttU^ii zu dem neuen K:ii»er günstig zu urduen. 
DievtT ceigte auriiiiglich weit weniger entitvhiedeue l'uguntit gegen Luther, 
aW man in Kum gereelitferligt fand; d«ieh rechui-le der Papst auf diu 
äckwirrigkeit der spaniiichen und italicuiHehtn Angelegenheiten, welche 
Rarl Duthigtm w<!ii]e, gegenüber den Feinden detf Uluuhentt und der 
Kircii« fliue t^ugore Verbiuduug mit ihm eiiizugtiheu. 

Atn iH. Januar lf)2l wurd« der Keichtttag zu Worms eröffnet, l'ni 
daHM*!! Gang niiil Ergcbuiss zu verstehen, iut niilliig, die Stellung der 
eiltfrUicn Facturen dieser Vursainmlung keuuun zu leriieiL Kincn ent 
KltieduucD Vcrtheidiger hat Luther in deren Mitte niebL gefiindeu» wohl 
ahvr oianohcrltii ^ymp.iihieen, mochten diese nun ihm wether und tteiuer 

*) de Wette t, .U2 nn Spnlatin: Ut vidtruiu incemti/irÜ Ptii'istaf, noit ftse 
mMtjuurtim virium , UhfoS twureff, quos etmfHiare non pasgunt. h^XHSlimih 

mmticAtuiiatiarutn itecrrtalium Acta, Opy. Lnlh. Jen. II, p. 320. Walcli XV, 



64 



Erste Abthnilim^. EratAr Abschnitt. 



Uesmnuiig (gelten adur doch dem Staoilpuiikt, wolcheii er als Vuricftmpfer 
dvr OppuHitioii i;rgoi] kirclilielif Miäubraiirltu uiiil )m|>stli<.'lic UtrUerfcriffu 
einnabni. hub<^i- kgiint« cn gvsvlwhvn, (Iaüs iler.-M;lb<> lieiohtitag, Aer 
Luther VLTdaiiiual<> , iltui dctiuiH-li itaclilicr f^fwIääL* luittflbnru Vvrtliuile, 
wie die rinctie Kiniiclitun^ Avs lieiv.hurf^mvwU inid ileii KHriiniorgcricht«, 
verd:itikU>. Der Kaincr braclitu den iliiu »ui'iv.Of;iMit-ii Htrriig k:ahidit>cheu 
.Standpunkt mit, nber gi'jrcii sein politisches luterübSf i.»dcr mit V'frleiig- 
niiiig jtider Billigkeit wollte er ihu nirht treltvnd tiiti(dK'ii; ziiiiAclist »ullleQ 
die Lt-g.ttcn in Schranken g^-1i:iUr'N nnd die Itcichsäiänile nicht beleidigt 
iiucli .tbwvndig geinarht wordüu, datniL der NVcg zu ciiirr Ucstt(*niiig dfti 
kirebliellun Zuätaudd ohue gefÄhrliehe NcuenniKfu offen bl«>ibi?. Der l'apet 
war gegen Hi>ine Wahl gewusun: Kiiiikt- 4!rwSlt|it eiiior AcuftHOrung xeiut'S 
Uesaiidtv-i), wt^lchor denk Kaiser bomerkllcli machte, er raflssc in Deiitai^h- 
Und einem gewiaacn M a rti ti L u tbcr einigt? Guaat erweineii , uiu dem 
Kilmirichcn Ilnf Hi'Hnr^nisit i-inKiiHiiüRcn *). Achnlit'^li wie Karl dachten 
de8B«ii Riiliif (lulliitHra und d<T Kan/li-r Herzog von ('IiÜ'VreH, noch 
milder und wuhlwuiltrnder der kaiserliche BejchlTaCcr und Franziscaner 
Glnpiiin. Difser bewunderte F-nlhcrj aber er erschrak KUgleioli vor den 
An»tO»digkeiten seiner iiciicst^ii Sehviftcn, besonder» der gegen das äacrn- 
roentsayatem g«richtnten: ße capHvitaie Babyhiu'ca : privatim bezi>ivbiioto 
er dem Kanzler BrUek 31* Artikel, welche Luther ftlglich zurilekoehmeD 
kitnne, und dann werdt^ ca gelingen ihn auüZiiBiihnen, ja aogar iieine aoa- 
gezeichneten Krlifte für das dermalige Bedtlrfnisa der KiiThe zu gewinnen. 
Uiese Eniffiuingen fallen in die Tage vom iL bis 17. Februar. I>ie Mög- 
lichkeit eines gtlustigen Ausgangs wurde von dieser Seite nucb festgehalten. 
Daneben war das Pnrstcurnlli'giura ¥un eulgegcngeselzten Tendenzen be- 
herrscht, die Mehrzülil und unter ilir drei geistliche Knrfilrsteu der Sache 
Luthers durchaus feindselig gesinnt, ganz anders Friedrich Ton Sachsen, 
der Kn-und der flererhtigkcii, treulich bedacht zn reiten was sich rcttvo 
Hess, und daht-r püpstlichi'u KinflUssen vorsichtig ausweichend. Bin ein- 
heitlicher Wille fehlte den Kcirbustilnden , böc-bsti us heslimmt« sie das 
Interesse, daaa kein Aufnilir in's Keieh gi-wurfen werde, und dass die gegen 
die ItHmische Curie gesammelten „Heschwerdcii'* nicht ungenutzt bleiben 
niOcIiten. Auf diesem si-hwankenden Buden bewegte sich an dritter Stelle 
auch die päpstliche i'olitlk, nnd sie hütti- kein geschicktere^ Werkiieug 
tindcn können als den dem Carrauivli beigegebeoen zweiten Legaten 
Uieruuymns Aleander'*!. Geboren 14H0 in eiiieiu Städtchen an der 
Grenze von Friaul war dieser durch Spraclistudhtm und humanistische 



') iJeulscbe r.oschichtc 1. K. ;i72. 

") Seekeudurff, HisioHo des Lnthorthutas, S. 247. 330 ff. und die Artikel 
bei Iseliu, Herzog ii. A. 



Reichstag lu Worms. Aleander. 



HS 



Bildtiug, welche iliu zu Venedin; eiue Zeitlua|< mit Eraüiana in Verbindung 
braclitt-j fr tili zeit ij,' einpor^ckominen; an der Universität zu Paris lehrte er 
svit löMH mit gläuzundrm Krlolge, \nn iliu IbVA ecioc äcbwache Gesund- 
lieit utitliigte, snr kirchlichen Verwaltung, znerBt hi'i dem Erzbiscliof zu 
Pari», duun bei dem Biächuf vun LUltich UbiTzu^elien. Auch in Diiutaclt- 
Und verbuchte er obwolil vergeblich hii mehreren Orten ciuc ätelluug zu 
trlHUgun; es Hchclnt, du»» er (l.-im:iLK noch kein no gründlicher llamer der 
Dtiilfichcn war, wie er 8|>Jit4T gowordeii isr). Er begiib sich nach Rom, 
dort tindtr» wir ihn I&IH alu .Mitglied biuuit literarittrhun Voreins nnd als 
l^bliutliekftr der Vaticana, dann fUbrte iliu der pMpstUche Auftrug nach 
Wurois. Vun ilcrxiMi iinerbittlithcr l'apisl und iDfaltibilist, zugleich mit 
VollDiarht und Ijeldndlteln und mit einer zweiten und ganz dctiuitiven 
Bannbulle gegen Ivtithcr vom [\, Januar 1621, — die erste lautete nur 
eventuell, — anegenlstet, hätte Alennder wolil gern den kürzesten Weg 
eiugest^hlageni ihm wÄr« es genehm gewesen, die Bulle einfach zu befolgen 
uud mit der Vertilgung der Schrinen Luihur's und der VernrtheiUing 
Ihres Urhebers ohne Weiteres vorzngelieu. Aber er stiess anf Schwierig- 
keiten, nnd wie er urtheilte, sorgte iiiul ftlrchtele, erhellt aus der seit 
Knrzein vollständig bt-knniit gewordenen Correspoudenz unoh Kou **). Koch 
trennten sich die Absieltten der kaiserlichen um) pApsLliehen Politik darin, 
die erstore geneigter war, Luther beizukommon, die andere, Uiu 
jforn; nur in dem !Ciele tmfen sie zusammen, dass jeder tiefer 
gn^fmden religi<)sen Umbildung vorgebeugt werden sollte. Es war daher 
Aleander sehr willkommen, in der Schrift /fe ca//tivifate Bahtjlnnii:a «ut- 
«chiedene Verstösse gegen die Kirchonlehif und die Aactorit«t der Co»- 
ciUeu zu entdecken; diese gaben ihm Waßen in die Hand, als Uärctiker 
tnussie Luther hinguätellt werden, um dafür zn bllsscu, was ihm als 
kirchlichem Reform Ire und vun Vielen verziehen, wenn nicht als Verdieiutt 
angerechnet wurde. In diesem ätnne hielt der Legat am 13. Februar vor 
der Vervaumliing «ine dreistündige Rede, die wir aus Bruchstücken kennen, 



') Vgl. Friedrieh, Der Reichstag zu Worms, woselbst S.59 ein rühmendes 
Zeugtii»» Aieander*» über die I)eiit;iclieu siue einctu Briefe aä Mich. Humel- 
hitffitini ftijgenthrt ist: Bona invcnw inyenia i« Gailia, bona in llitlia, «rf 
Mtratfue haec gens h( phirimum Uliflis (H4m sine avariUa nola) jtedibtis stsc ad 
eas arten itat . rx t/uibus solum pracscniancum itin'um sperct. AI Germania vir- 
iutis uHtus aiHvre ctimmuia acmiter Hvvi aUquiä qiuterit, unde sibi yotias gloriam 
<umparet i/uam lureUuui: et cum i/tsa per se Laceäaemoma paupertate cotnmenta 
Sit. in comitutuem aliur am gentium tiSHm Utborut, artet meieret iUastral, novas 
invenil . quas lunguui esset in praesenCut percensere. Reservo mihi super hac re 
jnSti conficieniti libeüi materiutn, r/uam lial/itur qtties. D. W. 

") Vgl. den AtiliJiii^ xu der ^^enauuteu Schrili Ton Friedrich, die 
Briefe Aleaudcr's au» Wurius nach i'oii. iMazzttti äo der StadtbibUothek 
la Tricut. 

II* Pk«, KmiitiicavcUriitiU L 4 



rfi 



Ürstfl Abttefltmfr- Eretw Ahwim!!*. 5 7. 



der aber b«i PallariciDi ein ganz fnUrher tnlialt nntergesc hoben wird*). 
Der Kurfllrat vim ättcbHt>ii „itiiuulirU' l'tipäBalicIikt'it" uml lies» sich v«r- 
tretoii. Weitläufig wie« Aleauder iiacli, das» Lot her da» I-Vgefouer 
verwurTi^ii, sieb au dvii U. Vfttcni uud deiu Auäcbun des Cuatoitztir CoueiU 
vergriffen Ii:ib«* iVilgllch nidssH, mid liier berief sieb Alvaiider auf die 
zweite BauübuUe, auch uhm vorhorige Vcniebuiuug über ibn ntid itfiue 
Scbrifteo abgeiirtbeilt vcnlco. Vci^cblicb hätte der Legat nicht geJ>prafben; 
Hclbüt Karl V., buwugeii durcb di-ii uuC dit- Krtxcrcimi Ltitber'd gelegtttn 
Nachdruck , eignete Airli i^in Kdict an zur Äu^ftibruiig dor Unllc; aber 
utcbt er, ooudoro die RoicIiHitiludc sollten die KuUicbeidung gebeit Nun 
folgten lcbb.ifti^ Dittcnflsionim , ja bOcbet leidenKcbaftllchc Aiil^ritte iui 
FüratcucuUegiuni, bis aiu 'J. März der Vui-scblag gomacbt wurde, Luther 
zuvor beiragen zu lassen, »b er nicht, was er wider den (ilauben behauptet, 
lieber widerrufen wolle, und iu dieueui Falle sei ein glimpfliebcn^s Ver- 
fahren geboten; Über seine antibierareluäcben Angriffe soll« er tiolbitt ge- 
hört werden. So gi*o8B war das Vefrlaugeo, die Angelegenheit von dem 
religiösen Gebiet, «uf welcbeoi üe Aleander fcsChnlten wollte, auf das 
kircbenpulitiscbe zu verlegen, — ein (jedanke, dem sieb auch der Kaiaer 
bisher nicht verschloBScn hatte. Ans einigen Uoctoren, geiHtücheu FUrstan 
uud andercu äiclicreu PertMJuliebkeiteu, auch Olapion unter ihnen, wurde 
ein AusBehusH zitsainmengcitetzt. Als dieser aber ein sebou vorhandenes 
kaisei'ticbeH Mandat gegeu Vcrbreitiiug der Schriften LuCbern wlederauf- 
ualim und auf dun ganxe Reir.b ausgedehnt wissen wollte, widerspraehen 
die Stände abcrmaU, and der Antrag, Luther nach Worms zu eitiren, 
gewann die Oberhand. ruiDoust widerstrebte der Legat, umsonst bot er 
die Künste der Ueberredang und gegen die oinHussreichen Unterbeainten 
sogar die Mittel der Ueittechung auf; — es blieb dabei, Luther sollte 
vernommen werden, wenn auch nur, wie Viele meinten, um zu widerrufen, 
oder auch , wie Andere wollten , um verdammt zu werden. Selbüt der 
Kaiser gab auf Zureden C'hliivrß's seine Zustimmung und wühlte sogar 
die aiistttudigstc Form"). Luther euipliug in Witti-nbiirg einen üelcita- 
brief, die Einleitung begann mit: ^Ehrsamer, Lieher Andilrbtlger"; nicht 
Reiter, sondern ein kaiserlicher Herold wurde ihm zur Abholung zuge- 
schickt, — und dies Alles, rief Aleander, .„einem Ketzer so ganz gegen 
Qott nud Vernunft!" In Itom wurde inzwiscbeii Luther am Gründonners- 
tage durch die Bulle In cofim dumim zum dritten Male ini^ebaunt; dort, 
wohin der Legat insgeheim berichtet hatte, enegte die Kunde von einer 
so ehrenvollen Art der Berufung eine fttriuliche Mnthloaigkeit. Ebenso 



*) SeukenUorff. Utaturie dea Ludienhum», S. S'M. Paitavte. Hiti, couc. 
Trid, i, cp. 26. Friedrieh a. ». U. .S. r.y. 
"*) Friedrich a. a. U. S. 7S fl". 



Luther'fl HeJae nach WonDs. Du VcrfaUr. 



Ol 



war auf der andern Seite die Anfregnng der Gemllther in der L'm- 
gebang^ vud Worms, um Kbeiu und auf ült BbcrnburK, rou wo die Btinim- 
fUhrer der Fn-ihoii dr-r wnltcroii Riitwirklniig di-s Scliaaspiels mit ^ettpannter 
Auüncrkfiaiuküit zudcliriiitvn. Ea ächioii uüfblg, dicseii Sturm zu Wüvliwüreu. 
üUpion, immi'r noch auf Frii'dcu bodiirht, begab sieb selbst anf di« 
Eb«niburf, um durch Gespriirlii; mit .Sickinji^cii iiud Hütte» dies« zu 
einem einlenkenden Sihritt*r zu bewegen; M. Uiircr sollte I>utberu eut- 
§«gcTigt-8chii:kt werden und ihn zn niier vcrmitk-lnden Conferenz dorthin 
einladen, doeh It^lmte diciiRr dan Anerbieten nb'). 

Unter di«ffi!u l'uititjlndt'u glu-li Luthers H<-ise vun Wittenberg zum Kelchs- 
;e einem wahret! Triumplizug;**) er war bcgleitf^t von Nicolau» Ämsdorf, 
einem WitlciiberKer Juridt«u f^uliurT und einem dKniichun Edelmann. Sein 
Mutb wueh», nnerftcbroi'ken und feurig lanteten »eine ilriefe '"), In tirfart 
wurde ein Thi-ilueliuier au dem öffentUehen Volkßjubel bestraA, In Folge 
dcSHon deroolirten die Stndirendeu datt .Stift der Canonici. Wie ein sieg- 
rriclier Zeuge der Wahrheit zog er unter lauten Hcgrllsänngen der Menge 
am Iti. April iu WonuK ein, und di*eli wie sollte er biegen, wenn der 
gew5hnllehe Kerbtsgang, an weleheni dio Meisten festhielten, fortge- 
Mtzt wurde! 

Wir schweigen von den mancherlei kleinen Ztlgen und Zwischen- 
Mcnen, welche die grosse Handlung der beiden fidgendcu Tage umgeben. 
ärlion iun näehttten Abentl, »iti 17., wurde er vor die ReichsTersanimlung 
geführt; der glanzeude Anblick iiuponirte ihm, er zeigte sich befaugcu. 
Asch ergab sieb sofort, daas an eine saehlichc Verhandlung mit ihm gar 
uieht pL-dHclit wordiMi w:tr. Der Reirbstnai'äeliall Pappenheim, der Ihn 
geholt und geftihrt hatte, bedi'iitet<' iliii j^^rtzt, er niiige niebt sprechen, ata 
bia er aufgefordert witrde. liaraiif erfolgte die Frage dos OfHcials von 
*rrier, ob er sieh zu diesen seinen Sebriflt'n bukeuue und ob er sie wider- 
rafeu wolle. Er bejaht die erste Krage und bittet zur Erwägung der 
xweiten um ItüdL'nkzeit, die ihm nach einiger Uiscnssion bewilligt wird. 
Der ȟcbetfulgende Abend des lH, April findet Luther abermals vor den 
Versammelten Fdrxten mul Herren und diesmal in vUlUg gesammelter und 
fester Stimmuii};. Die Frage des Oftieials von Trier lautete jetzt dabin: 
Viitite lihro.s luos agnilos o/niies turr't, an vtTO quidquatn retractat-e? 
Luther hierauf antwortend, nnterscliied dreierlei Klassen seiner .Schriften. 
Einige seien rein cbristllrben Inhalt« tttid von seinen Gegnern selbst gut- 
gchelMeu worden, iindt-Te gegeu die püpstliclie Tyrannei gerichtet, auch 
lie kdnne er niclit zurücknehmen, wenn er diese nicht bestärken wolle; 

*) Maaren brecber a. a. 0. S. 3^7. t>ä. 

**) Iter liUHslfche Dii-Iiinr Enrioius C'urdus besang den £inxag in einem 
ainisohrn Jutiänm, ». Krause, (.'nnliis, IhCuI. 
*") I»oi de Wette 1, i34. 573 ff. 

6' 



(18 



Erste AbthüiluDK- firaler Absülmitt. § T. 



wieder andere seien BtreiUtcbriftpn gegen einzelne Peraonen, in denen er 
wolii zuwtiJlvii liitzi(;ci' gi.'we(t(^u sei als Döt]ii^^ niid gcziemciid, ubvr ein 
Unrecht küniK' er uicht ciiirilanu'n , obiie flbi-rfuhrt /.ii Hciii. r»er Offioial, 
aoubumls cinleukciid, erwiderte, die Vurtfauimliiug wiliiscbc diis (inte iu 
seinen BQcbem zu r<*ttcii, wenn er nur das Setilcchte znrilrknchmen woUo; 
vielleicht könne er dciinoeb Einiges niiädbilligcn wie etwa ^elnc Verstösse 
gegen das Äuaclieu der Costnitzor .Synode; selbst Arius, bätu? er Einzelnes 
wtdurrufuu, würde wolil nicht virdauimt worden sein, und dann wären 
seino besritren .St^hriftcn i-rlmltf-n worden. Aber Lnthcr hielt es für nn- 
inüglieli, auf dergleichen l'utertielieidiiugcn eiiiztigelien; er hielt die Ant- 
wort nicht surUck, anch ein allgetneines C'oncil könne ja irren, nnd er 
wüUu (lau beweisen, e» müsse ihm sonst aus der Hehrift üder aus stiusttgeu 
klaren (»rtliiden das Oegentheü gezeigt werden; er kitniie nicht anders, da 
CS nicht geratlicu aol, etwas wider das Gewissen zn thun *). Seine be- 
Hlhmte LrktiLrung sehlieri>it mit den Worten: „Hier stehe ich, ich kann 
nieht anders, Gutt lielfe mir, Amen!"") 

Von Luthcr'aWort und Persönlichkeit sind in dieser welthistorischen 
Stunde stille Wirkungen auf die Uewlssen der L'togebung nnd weiterhin 



•) Per Text seiner AiitT^nrten in Acta huthtr» ttc. Ujtp. Jan. II, Waleli 
XV, S. V297. Erlang. Aueg. l.XI. 

**) l>te hiäloriecKc Jtielititirkelt der bekainireii >i(>lihit«HWiirte ist ricnerHcli be- 
stritten wurdeu, vgl. A. H. Burkharde Uebcr die (ilaubMlinÜgkeiE der Antwort 
Luther's etc. Stud. n. KrJI. IbüS», III, H. aiT it., dazu Schenkel, Lui^hur In 
WunuB. S. 123 ff. Spalatiri (Fürstemann'e Neues rrkuiideitbucii. S. Ü«) hat 
den gewühnliclien Text nicht, jmcli andere Quellen nicht, die Meieten referiren 
nur: „tjutt helf mir. Amen." uder: ,,da bin ieh, Qutt kmiim mir zn Uülfe. AmOn." 
Dueh Kine (Quelle, ein Bericht Tun IJil, bei Bnrkhurtlt F, — it-h habe das 
Autographim auch aus der 'Wolfenbllttler KiMiDitiek. — bezeugt die Worte; „ich 
kann nicht änderst, hie steh' ich, <iotl hell' mir, Ameu!" — .Soweit IL Hlten 
erhalte ich das neneste Üsterprogramm von .1. Ki^stlin: Luther's Itede io 
Worms am IS. April 1.V2I. JTier wird nuler «orgnütigcr Vergleiehiing aller vor- 
liandenon Berichte, FIngbIHtrer und Drucke der .4ctii l.nthfri und unter Rr- 
wilgung des Zuriannuenliangti die rm^e auf» Nene in L'nrersncbiiug gezogen und 
nach meiner Meiuiiiig der Verdacht der l'rriohtigkeit jener Wurtti verringert. 
Der Text der «rsti'n griitiseren und lateinischen Krklürung Lncher's steht 
ziemlich fest, die .ScIdnsHnntwurt kitnn allcrdinjis nieht luelir vüllig »iehergeatelU 
wertlen. Scliwerlicli aber wird sich der letzte Ausruf auf das blosse: „Gott helfe 
mir," oder „Gott komm mir zu Ulllfe," tla» fasi vuu Allen bezeugt wini, beschriinkt 
habeu; ein weiterer Salz erscheint uatllrlii-li und beinahe nutliweudig. Viel Wahr* 
Bclieudichkeit hat d:iH; „ich kann nicht an<lerft," weniger das; „hier stehe ich," 
wofBr »ich K^istlin noch ,iuf Luther*« Briefe !>', .S. ItM*: Hk sto, hie et'vt/o. 
iHtnift. rvr Verfasser bemerkt S. .'(5: „Wollte aber etwa Einer durch Conjeetur 
einen (>nindte\t: „Ich kann nicht anders, liie bin ieli, frnlt kumm mu- zu Hill",'* 
Iterstclien und um* ihm die anderen Fassungen erklären: si> wiiru ihm auch eine 
Müglitfhkeit dufiir ziizugehcu." lianke iu der neuesteu AuH. der D. G. 1, 1^. SXfi, 
Anm. 1 onthült eiuh der Eulschcidung. D. 11. 



4 

I 

4 



Lnther's Erkl^rnng r.ii Wormx. 



69 



«nf dio Flerxea der Zeitgenossen nnft^regaDgcn : aber die Stimmen der 
3l]ir|ilhabfr warpn pcpcii ilin. Alcandor hatte seine Reriifung narh 
Womi* mit allrr Macht vorliiiKlcTn wollen; jetzt war er zufrieden, der 
Ausgang ImttR den Ilän-tiker entUrvL \nv.h auf den jungen Kaiflor hatte 
derselbe einen tm^llnsti^en Eindruck binterlai^sen; «der soll micb," fragte 
or, «nicht zum Ketzrr machen.** Auch snin alter I«e.hrer, der nachherige 
Papst, hntte ihn in einem Briefe vom 8. April ermahnt, Luther seinem 
TerhtoiäHsigen Richter zur verdienten Strafe zu überliefern. Sfhon am 
folgenden Tage t-rklärte Karl V.» e« »ei ihm Leid nach der Harlnäekit;- 
keil, welche Luther gestern gezeigt, da«« er einen m erwiesenen nnd 
eingestandenen Ketzer bisher geschont; er selber wolle bei dem Glauben 
Hiner Vorfahren heharren, nnd dazu rechne er Alles, was auf den allge- 
■Deinen Concilien, namentlich «uch zu Cusluitz btiselilosiaon sei Auch ein 
OoDclnaam war sngieich bei der Hand, nach welchem Luther nach Hause 
cnttasftcn nnd dunii aU Häretiker bchnudelt werden sollte. Bei der Vor- 
lesnng dirRrs vom Kaiser roncipirtcn verdammenden AuBHpmclin zdgerteo die 
SUnde^ nnd er liesi) es gesrhrhen , dass in den nflcbsten Tagen von 
mehreren Seiten nuolunals mit dem Erzbi&rhof von Trier and mit Lnther 
st^lbst unlerhandt'll wurde; luan netzte dienem liei«» zu, einige »einer Bc- 
hanptungen zurtlckzuzielien, wfthrond Aleander jede Nachgiebigkeit zu 
verhindern snchie. Luther srineraeit« glaubte in keinem Punkte weichen 
au iltlrfen, und hielt jede Auflorderong dazu für eine Wrauchung; es 
■cliieD gerathen, ihn ehe noch der abzusehende Reichsscbluss erfolgt war, 
ÄH entlassen und in Sicherheit zu bringen wie IftlH in Angsburg. Der 
Legat muaste »ich fügen, wälirond er in der Stille Vorkehrungen traf, um 
Luther nicht etwa nach Böhmen entkommen zu lassen. Auch der Knr- 
ftlrst vtm Sachsen reiste früher ah; vergehenB war er beinllht gewesen, 
ein gOnstiger<^8 Urtheil auszuwirken, denn wie er selbst von Worms an 
seinen Bruder und Nachfolger Johann i^c.hrieb, „nicht nur Hannas und 
Kaiphaa, sondern auch Pilatus und Herodes widerstrebten Luthero." 
Mehrere wie der Karfitrat von Brandenburg, der Bruder de» Grzbischofs 
Albrecht, gaben sogar den Rath, man möge nach Art der Coetnitzer 
Synode mit dem Ketzer verfahren, nllein der Kaiser widerstand, er wollte 
kein Sigittmuud werden, und er »oll spjiter bereut haben, Ihn nicht nach 
Rom abgeliefert zu haben. Statt desaen erhielt Luther auf 21 Tage 
ftflca Geleit, er vorliess Woi-ras am 26. April, nnd am 1. Mai begab es 
sich, dass er auf Veranstaltung seines Kllrsten nnterwega in der Nähe 
von Möhra di>ra Wohnort »einer Eltern am Thüringer Walde aufgegriffen 
QDd nach der Wartburg gebracht wurde'). Erst viel spüter wn 26. Mal 
wurde das Edict des Kelchstageii auHgefertigt, und da damals die Meisten 



•) de Wette H, 3.5. 



ro 



Erste AbtbeliuDg. Krater Absclinitr. § 7. 



Bcbou abgt^rPiBt wnrcu, sclii^nt« mau »ivli Di«*)!!, i« auf einen Zeitpunkt 
ZDrQckzudatiren, an wi-lclicm i't) gar nit^tit hätte durcbgesctzt werdeu 
kJlauca, nämlicb auf den 8. Mai, an welchem Ta^u Karl pinen Vertrag 
mit dem Papst ic*^gvn Prankn^ii li abj^eaL-hlosHcit batti.'. Üie Abta&aung 
oder doch die Kpflactiitn der Lrkiindi> wiinlf ik-m Legaten Alcauder 
Qberlu8tia*)> In dei-üclbeti wird übrr Luther imd aUe seiue BesühQtzer 
die Acht aii&gesprochou , uicht uur wvg«'ii vieler gefährticheE Irrihtlmer, 
— deuD er habe dii: trieben äacraincutt! verkL-lirt, die Ghe;;4:;tictzfl v<;rwirrt| 
die Döhinischcn in der AnwüDdiiiig des Laietikelelie« bestärkt, die Ueichto 
aht eutbehrlieh hiii^eslilll, dau prie«t«rlirbe Ami vf^rarbtet und die Laien 
bowotren, „Ihre Ilitndn in der Priefiter Hhil 7.11 waschen,** den i'apst gc- 
Uatcrt und verl'tdgt, autf der heidiiiiii:heii Poeteit Liedirht bestätigt, daas 
kein freier Wille »ei und uUc Dinge in einer ge^isae» Satzung gteheni 
den Gebrauch iu Fasten und Bt'K'n verkehrt und die Auctoritiit der Vüter 
voraehtet, — simdern üiicli weit er den (lehurnsni unii die Kfgierung gänz- 
lich hinwegoehme und nichts Anderes schreibe als was au Aufruhr, Zcr- 
Ircnnung, Krieg, TcxUehUgj Unind iiud ku gauzctn Abfall dra ehri.-^tticIieD 
tilaubeus dien«, ein eigiMiwilliges von „altem Geuelze aungesrhb.wscnca 
ganB viehieches Leben** lehrei, weil er die Dcerete nnd geistliebeD Gesetze 
öffentlich zu verhreiin''ti keine Hebi'B gehabt, weil er endlich besonders 
das Costuitzur Cuneil aiitiute mit dein Uf]hmen , dn&» wenn Uus« ein 
Ketzer gewesen , so sei er ea zehn Mal mehr, und bei dem allen vor* 
spiegele, mit dieser ZersUining des christlichen Ülsnbens und der gnten 
Ordnung predige er nurh den (ilanbeu. hu war die Ketzerei Luthcr's, 
nachdem der Kirebcnhann sie getroffen, nun anch in aller Förmliclikeil 
und mit laiigathmij^er AufKühliing der in ihr culhaltcDeu vermeintlichen 
Sltudenzahl dnrcb die Keiclisacbt btstJUigt; und das erreichte der Legat 
oder erleichterte c^ wenigstiJUH in hohem Grade leiilt^r dadurch, womit er 
sich selber naclther gegen den nudereu Inegalen Ca r a cc i 1 i gorllhmt 
haben soll, was also nüt gutem \ urhcdaeht gcAchehcn war: „Haben wir 
sonst nichts Besonderes auf <lic-seni IJeivhstage dnre.hgesetzt, so ist doch 
gewiss, dasti wir mit diesem Edict einen grossen, — Zwiespalt ist viel zu 
gering, — ein grosses Zerfleischen in Deutschland eingeleitet haben, 
worin die Denischeu gegen ihre Kiugewcide wUthcud sich iu ihrem 
eigenen Blute ersticken werden. Kia mi Caracrfoie, ria! Si nihil adeo 
jtrtteclamm his romUUs effedmus , tarnen crrfutn es( , nos maffnain hoc 
eäicto hl iicrmania lanifmim concitarfi, i/wt Atema/mi i/ut in rixcera fHU 
sat'vicnies propediem in proprio sanffuirur sttffocabuntur ; zugleich eine 
naive Aeusserung des Wohlwollens nnd der Ftlrsorge, mit welcher die 
Rtimischen Prälaten die denläche Kirche anzusehen pflegten ")■ 

') Der Tezt bei Watcli, Lutbvr'a Suliritton XV, S. nu tt. 
"J ScuUeli AnnaUs, „fertvr HixUsts': U. v. d. Ilardt IV, 31. 



Lu^er »uf dor Wwtbury. 



71 



Zunjl<'hst bi'gitb sich Aloandor wieder iu die Miederlande, wo er sa 
riiiuol Lä23 für dn; Hini-i<'litiing' d«r beiden AiigiiBtinormOnche nu6 Ant- 
^prpen ^orge trug. ÜafUr empfing or von Clcmoue Vll, das Erzbielhutn 
Itrindisi und vun Paul Hl. den ('»rdiualBbiit. VVeiteron Lolm eeiner 
Tbalcn Uni er aber nirlu diivnngptr«g<^D; seine beiden späteren Gesandt- 
flcliaflten nach Dinitiicliliind blifbeu frfolglim , dn eich die Verytltnlsse in- 
swiscbcu «ehr gcüudcrt batten, or starb lbi'2. 



§ 8. Luther's Verborgenheit luid Rückkehr. Hadrian VI. ond 

Clemens VIL Zwei Nürnberger Beichfitage. 

1521—24. 

Das Edirt dfs Reirbstages xu Worms kam nirbt znr VDlIziebußg, wie 
freilich so oft die BescblUssp dos deutsohfü Reichs. Was verhinderte die 
Anftfilhrimg?') Inl^r diesr^r Fragt* kann man die giinzu Reibe der fol- 
genden Ereignisse bettser iu ihrem Zusammenhange übersehen ; sin sind 
formal betrachtet bi« iura ReUgioiiBfrieden von 1 j.^a ciuc Aufeinanderfolge 
vun liinhalttmduu .Srhritteu. I>ie Anhänger der Keturmatiou, atsu ein Tfaeü 
dfr dentschcn Hcichsstilndc, verzögern oder verweigern die Befolgung des 
Rcicbb»rhlusscs; sie vtTtlieidigcii dies mit (Irflndeu und erlangen Zuge- 
st/inflniSMi), bis nach diesem sclileppendon dcntsehun Giing der Knt- 
scbtiessungcn der Rel ig luus friede dahin filhrl, dass die bisbcrigoa einst- 
weiligen Conrettsionen ilffinitiv ^'fwiilirUMittet aiid d.ndiirch fTciltch eine 
TticiluDg Deutfichlands in kirctilirber lliiisirht vollendet wird. Man kann 
nicht leugnen, das« durch diesen laugsameii Kurtgang der Reichstage 
der deulselien Rt'r«rn]atiün»geschieht<: ein Thdl ihres erhebenden Eindrucks 
geraubt wird. 

Zunächst scheiterte diu Absicht dea Keicbstages an Luther selbst. 
Dieser war auf di« W.irtburg in Si^^hirhcit gebrar-lit. Sein« letzten Flug- 
achrlttea hatten die Nation zur 8elbstlttllfc aafgcrufcn. Im Volke selber 
entstand uud erstarkte die Neigaog, seine Sache zu unterstützen, sich 
vom Papstthum freJzuiuarbcu uud auf dicacm Wege zugleich die deutsche 



*) Ks ist sonst kein Vorzug in der deutsclien Gescltichte, dass Beschliisse des 
Keiches wohl gefusst, aher uiclit befolgt uerd'Hn; aber in einem Falle, vro man 
d<>n K^infg vi») 8|i.tiiien zinii Oberhuiipt den ileiiti^eticTi Keielies gemacht hatte, 
wirkte «lies N ich tlit- folgen eine« mehr in iipaniHclioin und KtlmiscIieiD nb deut* 
Si-heni litliTCMO zu Siandc Reknmiocneti Ilcichfnelilutisefi nUtzIIcli. Napoleon 
hat penaKt. Karl V. sei i-iti Thor pe\*ei<eii. d».*s er den Augenblick nicht or- 
griffeu, UMi ftu der Spitnc .lei* N«fio« die FHrslen und die Papstgew-ilt in Dcntsch- 
lainl in «tfirzeu, diese» zu einuiu EiuheLt«slaiit und dadurch zur ersten Mai:bt der 
Erde iti machen. 



72 



Ente AbthenuDfr- Emnr Abschnitt. S <^> 



Kirche iimznßefliaUcn; dndiirch irttrde der gebannt;» nnd geÄfhtPte Ge- 
fanpflne selbst zq einer MHt-ht, die nicht ipnorirt werden könnt« und die 
jeder nndoren flberlepen war. Sein KinflunÄ wnrdf^ nm m grÖRser, da 
ihm noch kein Verdacht einer bürgerlich revolutionären Aufregung: an- 
haftete. 

Am merkwflrdigßlcn für die Lape der fHnge iat sein nriefwoehsel von 
der Wartburp mit dum Kurfürsten Albrecht. Dieser hatte von Monem 
den Abiaas bef^ntttigt, auch einen IteiatlirbeD, der sich vertieintthel, ge- 
fangcii nehmen hinsrn. DafUr ^iib ihm Luther jetzt den pröbsten Ver- 
weig; er woll« da« wedf.r t<'ideii rorh Ät-.hwt-'igcn: „Ka ift au Ew. Kvirf. Gn. 
meine unterthftnjge Bitte, Ew. K. Gn, wolle das arme Volle onverfithrt und 
nnberanbt laasen nnd «irb wie ein HiHfhof und nicht wie ein Wolf er- 
zeigen," n. dgl. Und hiirauf antwinteU- Albrecht nicht etwa mit Er- 
innerung an das Wurmfur Edirt oder durch TleqniHJtion hei der velttichen 
Gewalt, sondern sehr niiterwürlip: ^.Lieber Herr Doctor, ich habe enern 
Brief in Gnaden emplftogen und will midi, ob Gott will, dergestalt halten 
nnd erzeigen, als einem frommen geistlichen nnd chrisDiehen Fflntten za- 
ftteht, als weit Gott Gnade, Stärk*^ und Vernunft verleiht," — und der Ablass 
Bei abgestellt.') Als aber 7.ngleich Kiiier der geistlichen Iteaiiiteu, Fabrl- 
cin» Oapito, Luthern Vorwürfe machto wegen der groben Art, wie er 
den Knrfiirstrn ln;hanilfU, setxte er diesem auseinaurlcr, wie e» ein Andere« 
sei, das Laster loben oder gcriug macheu (verflucht sei der des Uerm 
Werk lässig thut, icr. -48, 10), ein Anderes es mit GUtigkeit nnd Frennd- 
ürbkeit heilen; erst müsse man die Wahrheit klar und ohne Schmeichelei 
sagen, danach, wenn dies der ZiihiViiM' angenommen, solle man ihn dulden 
und «ich des Schwachen mit Liebe annehmen. Ans seinen Vorwürfen aber 
mflsate er nur srhliessen, dass der Kricf des Kurfürsten niclit ernstlich sei, 
würe er da», so «ei der Kurfürst der bt'»'iiiideruswünligstc Mensch, dem er 
aich nicht werth .nehten würde die Fdsse 7,h klSssv-n fitr solche Demnth, ") 

Auch sonst geben Ober Luthor's Kesrhrtfligunp und Zustand aaf der 
Wartburg seine Hriefe an Melanchthnr, Spalatin, Jonas nnd die 
Wiltenberger einigen Anfschluptt. Friedrich der Weise, an das Wormser 
Edict gebunden, sorgte fllr seine äussere Sicherheit, nicht minder Spa- 
latin, der mehrere .Schriften, welche ihm dieser zuschickte, Vorsichtö 
halber, aber zu dessen grossem Verdruss, noch geheim hielt. Wer nichts 
von sich h5ren liesa, konnte von Manchen fQr todt geglaubt werden. Bei 



*) Harhelneke, R. <!S. Hallischcs TrutKron von 1521, Balle 1862. Gegen 
Athrechr voa Main/, nml Ither <1o><sen .\hlasj> xu sohrcihcn, wollte iniin Luther 
vun W'ittonherg ans verhleti;n. hIut umiMinpl, Briefe von de Wette II, *J4. 112. 
Doch hielt er allerdicjfs dii' Schrift -Wid^r dm Abpoit jiti Halle- nuch zurtlck. 
Giescler lll, a. S.'.iii. Lather's refunu.-hiiitur. Schrilten von IrmUubcr, Bd. I. 
"") de Wette. Briefe II, S. 129. 



Von dör W«rthiirR. Molanchthon's Loci. 



73 



der uujETPwiSlinUrb jcnton Pflege klagt doch Lnther über Hypochondrie 
ond Uebtfibefinden. Die täclicli auf der Barg; celebrJrte l'rivatraoftSP ver- 
drifsst ihn, wi-ü sie dem Nanu'ii communi" widdraprechc Die Jagd, an 
welcher er einmal Theil nimmt, wird ilira ein Uild, wie der Teufel durch 
seine Werkzeuge, die Biächufc und Theulogeo, die armen Aeelen in Netze 
voi-atrickt und zu Tode hrintit.*) Eiumal SusBCrt er deu WuDsch, dasä 
Mrlanchthoo statt seiner dentsrli predig:pn möge ; indeswn wart*?! er 
aucli selber der Gemeine , vom Eude Oetüber 1521 datirt eine dentsdie 
Auslegung des Psalm :17, welp.lie er ,,dem armen Ililunein Cliristi zu Witten- 
berg'' zusehiekt. **) Wie wenip er übrigens niilssip gcweaou, ist allbekannt. 
Gr lernte Grieehifleb und Hebräiseh ntid Oberaetzte einen Theil des Neuen 
Tfwlaments; aus dieser Zeit stammen die f^treitseliriflteu gegen den Löwencr 
Tbeoli>gen Latomus and fif vofis momtsticis , welehe letztere nyrb in 
dciDBelben Jahre die ersten Heimtlien der Kleriker voranlassti*, wiewohl or 
selber Ober die Zulünsigkeit der Kbe xumal ftlr Münebe noch schwankte.*") 

fiegen Ausgang l.'iSl erfuhr er eine grosee Fn'ude. Naoh einem 
Entwarf vom Bnde 1020 oder Anfang 1521 licferto Melanobthon, 
damals 2-1 .Tabre alt, seine erstf^ Hearbeitung des eraten Lehrbuchs der 
Dogmatik im Sinue Luthor's, die Loci rommunex rerum (heoingicarum, 
oder wie sie. damals hlessen fftffinft/ptjsfis thenlnffieaef) (der Käme nach 
2. Tim. 1, 13^ ein hfleht bedeutendes und KukunfCsvolles Bflchlein, an 
welchem Luther solches Gefallen fand, dass vr es des Kanon wllrdig 
naoote. tt) 

Gleichueitip aber wurdon die Rlirke des Reformators nach anderer 
Richtung abgelenkt. Öeioe eigenen Schriften wie der Onng der Kreigniaso 
wirkten tamultnariRrii. Srluin im .?ahre vorher hatte, iu Wittenberg bei 
der dortigen UeberfttUuag ein Studenlentumult stattgefunden, und als 
Luther dies missbilligte und freimllthig, obgleich mehr in allgemeinen 
Ausdrucken dagegen predigte, war die Folge die, welche er selbst aus- 
bricht: /feus hone, quimtttm mihi ittriiiifu» concil(wi! üi) Jetzt wiedcr- 
bolten flieh die t^iruhen, der ansebwellende Strom nahm wilde Waaaer in 
taeh auf, und der IJeist der Aufregung erzeugt*^ l'eberlreibnngcn weit 
hlBRUSgeheud über dasjenige, was Luttier wollte und was er uuter dem 
Gedanken, daas alle Macht in der Kirch« nur nur l^rbauung und nicht 



•) de Wette, 11, S. 92. V.i. 44. 
*) de Wette, IJ, S. fiß— SS. 
»•) Oiesoler, S- OT. 
t) Der Text der er&ieti AHSgahe von l.*.2l hpi n. v d, Hardt. Hist. lit. ref. 
Frmtcof. 1717, wieder abgeilrtjckt vnn .\tigu8li Lps. I^'il. BJiiiimtJiohellearbeitiingen 
susmaniengcHteiU und kritisch berausgegebcn von Bindsoil Vvrp, Ref. XXI. 
tt) Schwarz, Stiid. und Krit. 1^&5, 1. 
ttt) de Wottc. Briefe, I, 406— II, 



71 



Ente AbtbeiluDff. Erster AbschntU. § R. 



znr ZeratJlrung dienen aolle, mit foiKtt^m Muse ziiennimonhinlt.*) In 
WittcnbcrK kam es 7.11 immer i-adicalcroii Auftrittcu. ITio Aiijtii8tin*^rniönehc 
an» Thtli'ingcii und M(ii&8<;ti t-inigtcn i^icli auf riiKT dortigtm Zuäummun- 
kiinft dm-Uber, dass »ii- dtircli iljrc Gelilbdu lüclit mehr gcbundcu soieii, 
*w bogAitni'ii aiirt7.uu'»iidrrii. THca billigte TiUtluT nncli, unch von itiiiur 
durcli den KorlHlrstcn cingoBcutt-n L'nki-saflningscoramisuioD wurde es got- 
gcheisBen.**) Scliädlichcr und vcrd.-tchtigond für die nene Kachc wirkten 
die von Karlstadt :iiigr»tiftrtcii Rrforioen. Oicsor verlieiratliote aicli nitlil 
allein mit iinnoLliigüni Mlrm , Rondi^ni ßng aui;b an, den Cultne nach 
a|io8Utli»dier Kiufapldu^it unixugi'Btiilton ; unruhige Bürger und Studenten 
ritisen oittor tteiner AnlTflirimg die Itildrr aus den Kirclien, drnngon auf 
Al)8tcll»ng der Fnstuu uud aurgtou dafür, dass wübreud der Fastenseil 
KIpUpU und Kier gegfHBt'n würden, und dit-a Alles mit grösater Winhtigkeit. 
Kr BcllMt liatto alet mit einigen 6etiwHruii>n8cli<ru Handwerkern cingcloason, 
wplchf von /iwifkari »n» uiieli WitHmbtTg gckoiiinien, niitpr Leitung eine« 
(leifttliclieii Tliouias Mflnzer und mit Hi-rnfung auf Avn Geist, der »le 
ioeplrire und treibe, oigcntlicli all es [leeteliendc nmetoHHcn Hollten nnd 
daher eine baldige Aendcrung aller WeltverliilUninsr- ankündigten, wobei 
koin CiottUiser m^dir am Leln-n bleiben tnollte. Ilirc positive nnd mit 
gru»ficr KmpliaH« proelaiuirt« Sundermeinnug war die Verwcrfang dur 
Kindertaufe; dieKe «ei nit^htig, di*- 'laufe geliflre dpii Mflndigen, Jeder 
raüaae sie erst uocli urdetillicb euipfaugen.***) Sellist Melanuhtliou wusetr 
nicbt, wie weit mau dieg(*n Leuten entgegenkommen mier wider«trebeD 
müHät-, Mitn bat den Kurfüri^ti-n , LutLer Kurüekzurufen; diL-t>L-r aber, 
obwohl niclit wediger rathlns inmitteu dicner riiorduungeii, wollte doch 
dorn Kdi<:t nicht Kuwiderhandcln und daehte an den nfteliston Keichstag 
zu Nürnberg, welcher nur diinn einen ftlr Ijiith(^r gtln«tigen Krfolg hoffen 
lieiw, wenn wenigtiteus h\» dahin der Wurmncr Besriilusä nirht Ubertn^k'U 
war. Luther crkl&rt aleh snerst brieflich über daa Verfahren Karl- 
statU's, und in «einen L'rtlurilen erkennen wir dir Wege de» Refc^rmatorB, 
wie Hie »ich von denen des blossen Neu«rcr« unterscheiden. I-Yellieh gel, 
was bisher gcaeheheo, erst der Aufang dessen, was geschehen mü^e, abpr 



*) Zn einer Zeit, wo tdenirehi»t-he Gelüste in der evangolisrhon Kirche sich 
nieder regen und gern «!te Antee^-ilentien fllr MpIi iiorhoiKiehon mifrhfoii, gilt es 
darnn zu erinni'i-n, wie wenig Luther tierglefi-lieri tingcdielitet werdeu kann, wie 
vielmehr M?iu Widerstund gegen ilon l*aii»( einer Aufrechterhaltung des inländjsohou 
iloiitdchrn Hegimenis statt der auslilucliäL-lii-D Kiiuiiischnng glctclikommt und daber 
tiic Bercehtägutig nnd die ^Inicli »ehr giltrllcbe KinsetzunR der weltlichen OhriKkeit 
in sieh schlirgdt. Kino 'IVndent nielit mir ti»ch Nati^mali^irung, sondeni uncli 
nauh .Silcnbi-ifining ih^r Kirehe int vax\ der ditufttebea Ket'oruialiiin untrennbar. 
*•) Lutber'fi Werlte vim Wuleli, XV, S. 2:t3^. (iicacler, S. 'JT. 
'*') Strobel, Letten, Solnirb'U und Lelireti MUDXcr'o, S. 12 IT. Ansfütirltche 
Mitibeilungnia auch bei IMUt, Eluloilung in die Augustana, B. 2~b ff., 3dS ff. 



Lutber nidor Ku-tstsdt und die Bildur«lilraier. 



7r> 



Vfrwcrflicb, Bulcbor NeticriiDgcn vcg^ca in Husfie, Bacramont und Bild^irn 
und um ^anderer liodcrlichrr Ltitig(«" willen, dar.in nicht« gelegen, den 
GUubcii und die Liebe fabren zvt lasueu.*) „Der Teufel, ecbreibt er, bat 
dich auf ibi» kleine Njirrcnwe-rk Refft h rt . das Sarramünt anzugreifen, Eier 
und Flciscb zu eseiii, Hn%» du dictweü doä Olaubena uud der Lielw ver- 
gueost" Vtelmebr n\(l»Hteti diese iiinge frei bleiben, und darin bestebe 
eben die Tyrannoi der ßiäeböfe, daaa aie bier stigefabreu Heien uud di« 
Freibeit verktlmnicn bütteo. Vorau stoben UiDge, die GoU ku bnlten 
geboU-n bat, die uiiltiHen frebalteu xein und kein Anderes, und kein Mt-nerh 
»uf ICrden b»i dnwjder Oewalu Andere Itinge aber bat Gott frei gelaAi^en, 
fasten, «SHuu , Irinken , \Vvil>cr nehmen , und diene mUHtten frei bleiben. 
Allein nm der Liebe zu di-n Sebwaeben willen, welche an (üeBeai und 
jenco) Au8to8ti uehnicu, könne man tiich hier fügen und mü^se e«^ weil 
toan Bonst jene hflhei'eM Gebole verletze. Karlütadt verführe, sagt er 
iiaebbtT, das Volk, daäi« es KJrb »ebon »nf Grund Bukber Kleinigkeiten 
(per has re^ nihiii) fUr eJiriatlieb halte, und dahin reebnet er, wenn e» 
imter beiderlei Gestalt communieire, nicht beichte oder die Bilder xerbreebe. 
Allein diese ZuR?ebtweirtung reirble uiebl bin ; die waebitendun Unruhen 
n^tliigten Lutber, aus meinem Ver>^teck borauHEutreten. Ohne Knrebt vor 
der Gefahr und ubne RrlaubnisH, zn Pferde, nuch im Aufxuge det» Junker 
Jorge, mit Bart, Schwert und n>tliem Wani« verlietw er im März 1522 
djo Wartburg mit aiittdr de k lieber Verzicblloitituug auf deu Sebut» des 
KariUrsten; denn dieitem erklärte nr in dem berflhmten Briefe von Boroa 
aus mit begeititerteni Helbsigcfubl, da^s er, vun höherer ilaud geleitet, weil 
eher im Stande sei, ihm 8ebutK 211 gewähren, als von ihm, dem noch 
Aengsllichuu und GlaubenssQliwHeben, sololien zu empfangen.**) In Jena, 
wo er unterwegs im Gasthofe zum scbwarzeu Uilren verwoilte, traf ilin ein 
Schweizerin eher Hindent Juhuiiu Korisk-r von St Gallen.***) Am 7. Mürz 
kam er n.irh Wittenberg und predigte eine Woche lang gegen da« lieb- 
lose und ärgerliehc G<-babrcii der HilderstUrmer und Wiedertäufer. f) Dieac 
l^edigten, bestimmt die aufgeregte Menge zu Maa^ts und Ordnung znrtick- 
labringou , halten Hieb »treng an deu Unterschied zwiacbeu umsichtigen* 
Heform nnd ObTAtürzender Revolution. .Mit Abxehaffnng der McMie ist es 
viel zu radob gegangen, weil viele Scbwarbe dadurch geärgert worden. 
„l)u spricli&t, eH ist recht aus der Srhrif^, ich bekenne e» ancb, aber wo 
bleilit die Ordnung?" „Wenn es nicht ein so büs Ding wäre um die 



*) de Wette, U, IIK Gieseler bomerkl. Ui, I, lOfi, dass am angegebonea 
Ort wohl Februar statt t>eceiiiber \h'i\ *m setzen. 
•■) Itriefe, U. .<. i;iT. vom r.. Mifrz. 
"•} Bernet. Johuun KoBAler, St. (fallen \^2\\. 
t) Acht äcruion AI. I.. v(in ihm gepredigt zu Wittenberg in der Fabten, bei 
Waleh. Bd. XX. 



Errte Abthcilnng. Erster AbBclinTtt, § «. 



Messe, 60 wollte ich Bie wieder aufrichtco, Eiu Anderes ist „iduss seiu" 
und jjirpi nein". „Predipen will ich'«, erhroiben will irliV, .-»her zwingen 
und drinKCD mit Gewult will h;Ii niciiiimd." Arhnltrh sti-lit es mit di'iii 
Citlibat, den Bildern, dem Fleischesüen, dem Abendmahlskeltli; die Beielitn 
8oU erhidtt'ii bleibt-n, alnn- aurJi si«- niclil zwiiiip»inS»8ij;. lYwn äie Abisicht 
seiner vortrefflichen Prc-digtoii. Mit Knrlstadt blieb er üoeli in leidlich 
gutem Vornehmen, ohne f\»f» ch ihm gi^lnngon «"äre ihn umzustimmen. 
Vielmehr zojr diewr nur »lärkfrc Consi'niKMizen; selbst Schule und Vni- 
vprsitÄt Iiielt er fllr iiDm'Ulii'j, fordwte anch in difser Richtnng allgemeine 
Gleielihcit, verwarf iiadi Matlli. 23, 8 — 10 die a endemischen Orade, — er 
selbiT wollte nur Naelihnr AndresA heiRsen, — und «chmcirheltp den 
RHr;?crn mit der Erltlilniii^, dnss »ir die Schriften beaser atmlegen könnti^n 
sl« dio Itoctnren nach M/ittli. 11, 27). ') Nach einiger Zeit hegnb i-r sieh 
narli Orlnrallnde, wo frU-ielie GniiidHütze niid gleieho GeringscliittÄung der 
Wiswnurhaft von ihm «uf seine Tnigehung Uliergingcn. Sehon fTdhrr 
hüttf^n jeni' Wiedertüufer Wittenberg virl.iRsen mdSKen sehr unzufrieden 
daritbor, dass Luther mit ihnen nicht (jrmelnschaftlielie Sache gemacht 
hatte. Diener aller t*elirii-b nelmn jetzt kirim- Klnghliitter, um das Volk 
zu beruhige» und vi>mi Aufruhr nntiT dem Vorwand duö Evangeliums »b- 
7.um.ihnen. Ueherhanpt wnrden Karlstfldfs Uobertreihungeu sehr folgen- 
reich; dnreh sie znei-at wurd«* Lntlier wieder auf Üe Cüoservntive Bahn 
Kurflekgclenkl, ohne dniw damit feine iSffcntlichfl Stellung eine andere 
geworden wäre. Denn nach wie vor erschien seine unorlauhto Rückkehr 
und »nin offeneji Anftrrten im l/iehte einer Auflehnung gegen dax Reich. 
und CH war uiclit abzuwlieti, was ihn gegen die Ausführung des Worrasur 
Ediets airherstellen sollte, sobald das geltende Recht Beinen Lauf behielt. 

Allen schien nun auf den RcirhHlag zu N'llrnberg anznkoniinen, 
welcher am 2a. MSrz 1522 ei-ofTuct. am Kl. December Jesselben Jahres 
sieh zum zweiten Mal versammelte. Kin andercH Kreigntsa erhöhte noch 
dessen Wiehtigkrit. Am 1. Deecinber l;'i21 war Leo, erat 46 Jahre alt, 
gestorben, am ft. Januar ein Nachfolger gewiUiU worden, wie man 
gewftlinlich meint, was aber Ranke nicht liestAtigt, durch den Einlluss 
Karl'a V., ein Papst ganz nnJUinlir-li .Vllen, die man »eil langer Zeit 
in Italien ge«ehen huttc.*'') Er hiess Hadriau und behielt den Namen 
bei, was ihm verOlielt wurde, obwohl es charakteristisch war, dafts er 
auch al« Papst derselbe bleiben wollte. Dieser Hadrian VL,***) ein alter 



*) Gtrdfg. mtit CnrolstnHH in GerHes. Misceü. JXger, Andreas Undenstein 
von Karlstallt, Ktnttg. |<M. 

") Uanke, Dil* Hitniim-hen Papnte, IM. 11. S. 90 ff. 

'") KGUKt'n's Stjntdijma tht-nLttjüif Afitiani f'I. Ae.cedunl aturilnta Adrinnt 
nunc }niimu» eäita. Löwen l&üi - Gachard, Vorrespondence de CharUs i'. 
H d'Adrign Vi., Briix. IS50. 



Hadrian VL unil aulii Betrngen. 



77 



l^iederliiniler aus Utrvclit, geb. 145!)^ also üclion bei vorgerückten Jalireu, 
frflher I'rofessor zu L5weD, Scliohwtiker and »Is solplier auch theologischer 
äcbriAsteller in der alten Wcisp, war ein s<^hr rcilliclicr Manu von den 
eiuf«clist«n eilten und a\U-in Luxus abliold. AI» Lehrer Karl's V. war er 
XU diöitem iu vertraute Bezicliun);; Kutrettin, wolchur twlbst geätelil, dai» ur 
von ihm : tln r/u<^l if atHiit /o-it le inu de tfttres vi de honnes momrs, tpte 
ilieu liii miail ihnnc. Der Kamer halli' ihn nachher nach (Spanien gezogen, 
ihn xuiu Biftcliof vüu Tarraguiia tiud durch Leo zum Cardinal erneuueu 
laaden, dann aber nach Xiniene*' Ti'de und während »einer Abwesenheit 
Tou DcutiH-hluud und Flandern (üctuber 1520 bi» .Sommer 1522} bei der 
Kegentdchafl nüt angeHtettt. Va liegen UriefR Hadrian'a vor, in ilenen 
er den Kaiser von iiipauien auä eritiahnt, ja nicht gelinde gegen Luther 
ZQ verfahren, wundern ihn seinem HIehter dem FapäC zur verdienUni 
Beatrafang auszuliefern. Obgleich Karl dorn Cardinal Wolsey versprochen 
hattp, bei einer Varanz dessen Wahl znm Papst zu befördern, und diese» 
Ver«pre.clten auch jetzt erneute: ko freute er sich doch noch mehr dicäur 
plOtxlich ohne bciq S^uthnn geschehenen Wald seiooB alten Lehrera. *} 
Der Üardtnal Julius von Medici hatte »ie freilieh auch mit KUcksicht 
auf den Kuiai^r gegen dio Franzosen durchgesetzt, und so konnte Karl 
nachher auch gegen Hadrian behaupten, daas die Seinigen seine Wahl 
begilnstigt hiitt^^Q. Hoch auch gegen ihn behauptet liadrian als Tapst 
seine gewÜMenhafte Schwerßllligkeit und tlnabhAngigkeit; in cuncettauh 
parcitiximitjt . aber freilieh auch im reci/tiemh nu/hm auf rtirmitiunt . wie 
ein Vcuvtianischej- iie,-(andler ihn ntMint, zeigte er sieh viel ungcneigter als 
Leo, dem Kai»;er einen Antheil am Ablast und Kirciiengut zu gewähren 
udor dessen Widerstand gegen Frankreich zu unterstützen, da er vielmehr 
fttr Pilichl hielt, eine vermittelnde Stellung über den drei Kduigeu zur 
Beförderung eine» christlichen Friedens den Tdrkcn gegcntlber zu behaupten. 
Auch aU Papst hielt er sich nun zur Beförderung aller nOtbigen Keformeu 
für verbnnden , machte daher Ernst mit der Besserung an Haupt und 
Gliedern. Den glünzendeit llof Leo'e und seine Verguliguugäanstulten 
redueirte er vüllstfindig. Kicht allein Impruvj»atoreu und liul'uarreu, 
Ji^or und KOche wurden entlassen, auch wirkliche KiUutler verloren ihre 
Untervttltznng. Nach Vasari'ä Ueriehl**) erIüelt«D tiinllu Komauo und 



•) Roper, life o/" lÜr Tho-' More eil. Utvis, I*ond. 1731 p. «: Wolsey sei 
in eeioer Krwartnng der l'ap&twUrde getäiiAolit wonlen, da Karl V. dea t'ardinälen 
dringend eluen ('AidiiiHl Hadrian emprulilcn habe, sornttimc h\S scJtoolauitter, 
Ww frum Si'^iiit, where lu- n<as then rcsidcMt. enmiu'j on foiU In Home befurc his 
mfrtf in lo (he cittj äUl jiat of his hose amt sfu/cs and barefuuled and bareU^yed 
fMttsed ihiuu4fh Ikv city strefts totvards hit jtaluec milh stich hHml/lm'ss. Ihat att 
the fifi'fdi had Hirn m great revercncf. 

"J Bd. Ul, 2, S. :ibü, Au»g. V. Förster. 



?i; 



Ente AUiheilnng. Krater AI»»)raiU. g H. 



.intlere KUitatIfr, welche in den tStAnzen die tSaia di Cmtstanthut vollenden 
WüllU-n, ihre Kntlassun^ und gcrii^tlien in die bilterate Noth. Als daher 
dna Vaticau lischt! Miistum und drr Apoll vun ßfflvndero ihm zwm ersten 
Miilü gezeigt wurden, sagt« er, .,«^8 Atud tJütZL-riliilder der Heiden". Auch 
1)61 der Vei^cbung geistlicher Aentter , di^n-n p.v 5<M)t> rac^unt vorfand, 
zeigtu er grottse Strenge. Er üelbi^t hatte bnrrnst« und im di'RiOtlugdtfn 
Kleidi' ai'ineii Eliixiig in Kdiii geihallcn, Bctxt«' ibinn »nine jiskt-tiwlh' lipben«- 
wcise fort, hielt t%licti die ksnonii^cben Stunden, uelebrlrle die Mosae und 
widmete »o viel Zeit drr KiiiBiiniki'il und diMu thei>h)gi»i'lieu .Stndiunt, das« 
die (jiei»c blitze Uagäaiu gingen. !)en Unliem-ru IrautA? er nicht und lies» 
die Cardinäle ungefragt, zwei Niederländer, diu er nchon nach Spanten 
gOKOgcn und von dnrt rnftgebraelit, iniu-Iiten A11ei> bfi ihm; eine al(e 
flaoiJludiäcbe UjiiL»h:ilU-rin Ül-mh er iiueh in Kum Hi-inr WüHelie und Küche 
besorgen. Von einem solohen Mann lies« siub aunohmeu, dass er aacb 
für die !v*bädea der Kirelie nirbt blind m'in werde. 

Dennoch war seine Stellnug zweiielbalt. l>eou obgleich er als Fro- 
feiwor die Kehlbarkelt des Faptitee gelehrt*) und »elbst gegen den Ablam 
gL-ächrii'beu hatte: su BehieiuMi ilitn durh ilIb Schulatitiker LutherV thcolu- 
giäuhe MeiuDugen so abnurd, dasH nicht einmal ein AnlUnger 80 reden 
ki^nne. Durch «einen Legalon Ohiercgati licstt er am Ende 1622 und 
Anfang I.VJIl dem zu Nflniberg venutuiuielten Keic^he erklären, et« sei 
richtig, dat»ä von Kom viele MiMtbrAuche verselinldet »eieu, und Alle 
mtlauten airh deiuUthigen; diese Häresie und Verfnlgntig der Kirche Bei 
eine gerechte Strafe, aber schun weil die KriJukbeit an Kaupt und (Jliedern 
so tief eingewurxi'It , künue diu U<.'iluug iiirbt Übereilt werden. Rechte, 
welche den Fürsten willkürlich vom l'ap^te abgedprochea wurden, sollten 
Ihnen, auch wenn «ie nicht durth Cuncürdatc. verbrieft seien, wieder au- 
fulleu, durchaus kein ungerechtes Gut wolle er dem Papätthuni erbalten. 
Und da«* hielt er ho cbrlich, das» er nelbst Erwerbungen früherer Päpste 
an Land den Katuilien Kurdckgab, welche er aU die rechtmüssigeo Uesitzer 
anerkannte. Er urbut sich 211 Uutei'bllltKungen an wQrdige doutachu 
Geistliche und zu Keviaiunen der vewcbl^ppten Prozease, tadelte hingegen 
diu Stände , weil sie den VVorni&er Heichsachluss nnauagefuhrt gelassen 
hätten ; denn eine Kerolutiun , die alle heiligsten Ordnungen der Väter 
verhöhne, werde bald »ic selbst treffen, wenn nie sieh nicht mit ihm zur 
Ijlogen Wirkung vereinigten. 

So seltenen Anerhietungen kennte Nieniand bloss«'« MisÄtraueo ent- 
gt^cnsctzeu. Die Stände aiilworteten, gegen Luther hfibe nicht verfahren 

*) In seineu Quaettl. in libr. I V senlentiantm , de tacr. eon/innationis art. 3 
fub fitit'iH hiese es: certum est. gumf Rom. ponlifex fitssii errai-f eiiam in iis 
*iuae (unguHl fitl^H, hacrrsin per suam titlrrmtHationcw aut äecretalciH atstrcHdo. 
CaUxti Acta Lmtdijr. p. i34. Gieseler, I. e. p. Wl. 



iCrteer ReichBtUf^ zn Nlli-ntM^rK. 



ardeii können, weil soiml das Volk in Aufi'nhr gerathen sein würde. 
Dpr l'apHt nidgn jütnArl^t auf dir Annaten T(>rxletitr.i), und weiter riß 

ideut»ctie3 freii'S (.'nneil jn ftirr jo lieber narli Mainz, C^ln, ^triusburg 

[«der Met?, auiuclireihen. *) Bald daniuf sbcr wurde nun eine arlion frtllier 
vorbereitete SAmmlung von Üeschwerden, jet«t hundert an der Zahl, 
Knsammengegtellt, welrlie der Papst bei der von ihm verheiBSflnen Rftfomi 
berUrlcBichtigun solle. Zugleich wai-d beHehluaseu, das» der KurfUriit von 
.Sikchsen xu er»nt^heu mi, vor der Hand keine weiteren Neuerungen v<ir- 
znaehmen; ulchts dürfe ohne C'ensur gedruckt «erden, und die Prediger 
h.1tten die streitigen Atiiidrürke ku vermeiden. Die hundert Oravamina 
aber enthielten schon in der Uestalt, wie ftie fVtthcr übergeben waren, 
inaneheB uiit Luther*» Forderungen Zusammen stimmende , 7., B. die Be- 
üchrünkung des Ablasseit, und ao wurden ochon dadurch, durch emente 
Au&telinng der WOnache und der Rtlgen aueli die (jcj^ucr Lntber'a in 
J'Uuigeni der llerörm mehr genähert. Oer Legat Ohieregat! suchte ein 
00 lebliafu^H Eingehen auf die »ngcbotcncn ßes^crungen noch zu hinter- 
treiben, aber der KeichsUtg bobarrtu auf &eiucu Beschlilftseu, und gegen 
den, dflH4 von den streitigen OUnlienHlehren vor der Hand nirhts ver* 
OfTeutUclit werden tfoUto, protosUrte auch der kursäehäischc Gesandte. 

Iladrian machte in Rom mit den gewünschten Ahstelliingen einen 

[xiutnlieh ernsten Anfang, eticAS aber ikbei'nll aaf r^cJiwicvigkciten. äollten 
Himonie, AUIahh, Unordnung der Kirchenxucjil wegfallen: ao wurden viele 

[Bömische Beamte um die ihnen xugesicherten Kinnuhmen gebracht. Alle 
KxpeetanTEeu hatte er glejeh uu tanga abgeschalTl , aurh dies beleidigte, 

[nicht minder daaa er mit VernacUlisaigung aller Italiener nur zwei in 
>n]ischen GeseliSfleu uucrrahrone NiedcrUnder za Ralhe Kog. 

Aber »ehon am 2-1. September 1523 starb Iladrian, 65 Jahre alt. 
He dentHuhen PäpHte hatten nlemak Unge ausgeballen, wie viel weniger 
ihx solcher! Ea entätand der Verdacht einer Vergiftung, und der gleich- 
seitige üiovio erzählt, daiw die Römer in Freude nber den Todetifall 
äeinen Leibarzt gcprieaen nnd desäeu TbUr bekränzt hätten mit lliuzu- 
rugung der luselirit't: liUeralori ptttriae S. P. (/. /f. Und diesmal vuaatc 
denn der Cardinal Jtiliuä von Medici, der Hadrian vorgeschlagen und 
arhon unter Leo seinem Vetter einen grossen Thcil der Regierung geführt 
hatte, die pApstlirtie Wflrde für sich zu behaupten. 

*> Die Antwort der Stände beiUiosuler,ä.ltö. Rauke, Deut5ohdUeäcb.U,53. 
Dimer hgatio et respoHsio tsi ein lauge« Verzeicimtss der v<ia R<im geforderten 
Anniton angehängt, nie es ehist dem Conatanzer (-.'oncü vorgelegt aei, doch mit 
dem nvmerken, duns jetzt mindenteiii) die duppolten Ansätze Im (Jehraitch »efen. 
Anch die hier .angegebenen alnd »e-hun ho<-li, 7.. B. H'ratislav. in Germ. 4000 ß„ 
MoQunt. lO.dOO fl.. Mriliiituft. JliOO. Hfrhijiut. 2:utO . Canfuttiie» lO.OOO, Loudo- 
niiH -tOOfi. BHrdftfnl 4VIH/. LeudUu 7:^f/(i, LitgäuH Mmt, Lingomn (= Lmigers) *JO(io, 
Lhi^onien (scheint Lincoln «u sein) iOOO. 



80 



tirstci Abrltellniif;. Erster Abwäinltt. f R. 



Clütnena Vil.') (1&23 — 34), nattlrUcher Soho eines Braders vou 
LoTcnr-o, geb. 147H, dn*i Jahre jünger als st-iii Vetter Leu X. und fast 
2o Jahre jünger alß Ilndrian, ww rtcKarfsinnig, gelehrt und bercilt, 
Kennor und Beförderer der Knnat und Wis&CDttnhafl, deun er bestellte 
eiuat bei lUTael dessen letztes Mihi die 'rrftn«Hg:uriitioii für die Kirche 
von Narbuiine, — iiieht ttehwelgcrisrli wie Leo iiud wicht lodterbaJl wie 
frühere Püp«tc, nber doch ganz italici)i8rher l'iipst, d. h. gcuötliigt pulitisclie 
UUck^ii'ht 7M iiehnirn und mit (iew'aiHkheit in soleheu Verliältnitijien sich 
bewegend. Oegeii Alle» was il»driuii verwirrt hutte, wustite er dich 
nur dndnrrh zu hellen, dasR er ed ignorii-te. Er Hchickte einen anderen 
L«)!:ateii imeh IfeuUchlHiid, den Cardinal Tauipegi^io,**) welcher ohne 
«ine achriftlirlie Antwort auf die Gnivuniin» eingeben und die .Vliwierlg- 
keit ihrer Abstellnng dAi-thiui fiollte; raan brauchte twgar den Vorwaud, 
dass dii- Briefe, in denea so viel gefordert wordou, für nueeht gehalten 
worden »eieii. Uücb auch vou] Kaiser eipu^en AuffordcrUD^eu, dem 
Woriuöer lidiet Folge zu leisten. Dem gegenllber fasste der KeichdtaK zu 
Ntirnberg im Krilhiahr 15'J4 (M. J:i.nnar bis IK. April) aeinen Bedchlnsa. 
Die Stände wollen „dem Mandat gehorflamlich, wie sie sieh dessen eehuldig 
erkennen, soviel ihnen uiOglieh nachleben und uachkomnien'*. Es soll 
thunlichst bald ein nllgemcineM Ooncü veranetAltct, mittlerweile das heilige 
l'vHngeliiim und (jotles Wort nach rechtem wahrten Vemtand nnd Aus- 
legung der vijn gemcinior Kirche angenommenen Lehren ohne Aufruhr 
und Aergemids gepredigt werden. Kine nuchmalige t'eberlegung der gegen 
den Köinisclieu Hof vorgebraehten Uesehwerden wurde der im nüchstcn 
Jahre zu Bpeyer zu lialltinden Zutuiunneiikuurt überlassen.***) 

Die Versammlung zu Speyer kam nicht zu i^tandei und der Kaiser 
liees sich vom Papät und, wie Kauke zeigt, aueh von den dentächen 
Stfidten bewegen, den Ftusten ihr eigeumächligea Vorgeben und die Forde- 
rung des Cuncils zn vei-weisen und unter Androhung d«r Acht nnd Aber- 
acht wegen des crimen lut'sac maje-tlttiin Jie Ikubaehluug des Wormser 
Edictü einzuschärfen. Krust« Krmuhnuugen ergingen auf Betiieb des 
Papstea an die Künige vou Euglajid uud l'ortugal ; er liess den Ftlraten 
vorstellen, dass mit dem Kampf gegeu die geisiliche (■ewu.U nur der Anfang 
geninebt werde, dann werde man gegen die Wi-ltlieben uufatehcu uud 
zwar desto eher, je mehr vou ihnen der Widerstand gegen die Hierarchie 
unteratQtzt werde. 

Indessen blieb es doch bei dem Beschhiäse des Nürnberger Roicbs- 
lages. Durch eine verhelsacnc Ausführung des Kdicts nach Möglichkeit 



*) Kanke. PKpsie, I, US ff. 
") Uanke. Deutsche Gesch. 11, S. H12. 

"*) Üer Keichsftbscbiod vom i$t. April In L/s Werken von Waloli , XV, ä. 2674. 
Gieselcr, S. lid. 



Brat« Parteibtldting. Lttentur. 



81 



wnrüp es in die Witlkdr der FOrst^n gestellt, ob »ie ilic Rcfonuation 
bcgdusligcii oder ilir t-nlgi'fiiMitrt'tiii wolllru. War Hns lieicli befugt 
gewesen, bis dahin die gemeinHdiRftlicIie kirrhilclio Angflcguuheit zu 
butrcibi'ii: ao (|l>ertnig vs damit den Fllrstcin diese flcichssorgi* fQr ihre 
TüiTitDrien. 



§ 9. SoBderbÜDduiese und Bauernkrieg. 

1524 — 1Ü3G. 

Ztinächitt war das diu Folge, da^s die Feinde der Reformation jetzt 
gewalt^anic (tegenoiitiel .inzuwündün begaiiupn, die gQusttg Gesiuntun aber 
ilireu Fortgang, — mehr war uiclit uölliig, — weiiigBtena nicht hinderten, nnd 
daas tlberhaupt von nnn an zwei Parteien unter den Fürsten sicli olTeaer 
schieden. Ut-r Beficblu»» deti Heichutagett zu Ntlrnbcrg enthielt allerdings 
ein Zngesiandniss an die Autonomie der Territorialgewalten gegenüber dor 
Einheit des Keiehä und Heiner KntiR-hcidung, und hu muittito <lie Aiut'flhning 
desselben auch auflöBcnd auf jene Einbeh wirken, wenn cIJc pai-liculareu 
MiU-hte ihn in entgegengegotztem Sinne verätxnden nnd voltzogen. Die« 
Aber geschah. l)oeh hatte sich inzwischen dat> lutcrOBSe ÜElr dio kirchUebä 
Umgestaltung und man darf auch Ragen das Int«rc8Stt fUr das Evangelium, 
— duDD dies forderte man im N'olk , uud dies 2U fordern liielt man für 
eine an veräu »verliehe Pflicht, — aberhaupt die ganze Bewegung des Zeit- 
Iter» unendlich vermehrt und wurde durch die hinzutretende I^iteratiir 
:h bedeutend gesteigert. Oie uuermeftHliche Wichtigkeit der Bnclidmcker- 
kunst wird offcobar. Im September 1522 war das Neue Testament 
I.uther'» in erster Aufgabe erschienen, im DeceinUcr die zweite, in den 
uächetcD Jahren folgten tJtllcke den Alten TealaracutB, bis läüi das ganze 
Werk zum Absrhlnsä gelangte.*) Wie es aufgenommen wurde, bezeugen 
viele Aussprüche der iSeitgeuiiBÄeu. Alles, auch das Nöthigste wird ver- 
kauft, um t!B zu besitzen; alle f^chirhten der (ieHellscIiaft und der Bildung 
vereiuigeu sich in der Losung der heiligen ^cbrifl, Auch Gegner «io 

'j Oenaneres in den Gewhichlen der deutaebcn BlbeUlborsotzung von Woide- 
niann, SrhoU ». A. L'ebcr die Mundart deren er »ich bedient, bat sich Luther 
ia den Tiacli reden »« spej^ji rochen : „Ich habe keine ^uwitise aonderlichc eigene 
Bpracbi' im Iieutäelieu. üunderu brauche der gemeinea dcutdcben Sinacbe, ititss 
mich beidp Ober- und NicdcrIÜndcr verstehen nitigcu. Ich rode nach der aJicU^iscbun 
Kiiuzlei, Kclelier tiaclilolgen alle Ftlrslcn und Kiinigc in Deutschland. Alle Reichft- 
atiwlie, Ftirtfteuhüfe schreiben nach der säehiti«cben nnd unBeren FHrHten Kanzlei. 
Dnrmii ist'« auch lUe gcmciutte dcut^clie .Sprache. Kaiser Maximilian und 
Knrfflrftt Friedrich lleneog zu Haehdeu Imbcn im RÄiraisobon Reich die dentschen 
Spraclien ftlsu in eine gewisse Sprache gezugc«." V'ergl. R. v. Räumer. Der 
Untorriclit im I knifsclicn, aun M-iiies Vater« C. v. Kiiuiiior Gesch. d. Pädag. bea. nb- 
gtMlruckt.-fenuT »ies Eralcniu epracbwisaeiuuhaftl. Abbandlaugen, und W. Waoker- 
nagel. Gedch. d. d. Lit. 8. :m. 



B2 



Erste AbtheHtiDK. Erster AbxeliDitt. $ 9. 



CochUnn klagen, doaa Laien lieaaer in ilir boleBeu seion ula die Oeitit- 
liclieii.*) Mit (lern Herbst 1522 beginnt <lie»e «ngelieiire Wlrknog, die 
nicht nach dem MiuiB»»(abu unserer lictiU^eu lU^rnirUchuu lleherBÜtügniig 
bearUieilt werden darf. Noch anduro SchriflL'D kanion hinza , nnd diu 
Zahlen sind sprechend. Noch 1517 werden iu dem ganzen Jahre nur 37 
ncugedracktc Ütleher gezählt, im nScIisten sind ea 71 ^ iin folgenden 111, 
dann äOt^, und I&2H eracbicnen bureits 49.S, nnd zwar meist in WittunbiTg:, 
von liUthur »Hein eine betrJlclit liehe Zahl niis (\t:in Jahre 1522. Uie 
Schrift an den Adel döutacher Nation wurdt w.1hrend wimiger Wochen 
in 4000 Exemplaren verkauft. Lnthur's ArbeitskrftR uiufasete mehiure 
Gebiete, an die kleineren praktim^licn udrr erbaulichen ächrit'tftn aclitottMun 
sich grossere Le'istungt'u »n wie die Auslegung zum Galaterbrlcf, vines 
der merkwördigatoo Proilnctf dieser Ziut. Der Kachdruck förderte die 
Vorbi-eituag; an» dem Jahre 1531 laflsen »ich 'U verflcUiedcne Ausgaben 
dputschrr Schriften Luther« nachweisen.**) l'nd nicht den geringst«» 
KinHuHH illiten die neuen deutfte,hen Lieder^ »ut-rst meist Hearbintiingeu 
von Psalmen oiler lateinischen ilymnen nnd Formeln. Luther «elb« gab 
zupr»t ft Lieder, 4 eigene woiuntcr 8 Psalmen, 3 von iSperatns und oiu 
achtes hcraui^i uud noch in dciuiielt>en Jnhro erschienen 9, 1525 aber allein 
3S Ausgabe» uder Sammlungen von Kirch enge ttäugnn von Luther, Han« 
8achs u. \., unter ihnen Wittpnberger uud Krfurter, mehrere von Luther 
besorgt.***) Ee ist bekannt, wi« bei allen Revolutionen aufregende Lieder 
zünden; an einigen Orten kann mau es genau beobachten und nflchweii^en, 
in welchem Hrade dai! deutrichc? Kirchenlied, indem es alti Volkslied au 
die Stelle der lateinißcheu Liturgie trat, die Masse fdr die neue Suche 
entflammte, freilieh auch bisweilen bis xu leidenschaftlicher Erregung, wie 
etwa Luther's Bearbeitung des 12. Psalm in dem Liedc von 1524: „Aeh 
Gott im Himmel sioli darein." Verse wie sie hier vorkommen: 

Darum spricht Gott, icli mass lllr nein, 
Die Armen sind zerstfJret, 

Ihr Scnfzen dringt zu mir herein, 
Ich hab ihr Klag gehtlret. 
Mein heilsam Wort soll auf dem Plan 
Getrost und frisch lüc greifen an 
Und B«in die Kraft der Aniio», 

führten an eJuigcu Orten KU wirkliuhen Aufstünden. Ebenso hatte aber 

anoh schon au einer Reihe von tieiätlichen die kirchliche Erneuerung 

*) Gicselor 111, I. S. 110 — 12. L'ebcr die allgemeine Ucdoutang der Ulhcl- 
fibersetzuDg Luther's siebe die trcffendau iEeiiierkungcn von tlUusKcr, Gesch. 
«l. Zeitalters d. Itet. S. m ff. 

") Plitt. KiiÜL'itung, S. Iil2. 

'**) Die Uelegc und naaicnüieb die Genchichie der iüt^'stn! GeiuingbUelter liefert 
Pb. Wackernugvl in dorn Werk über ihis dentacfae Kirchenlied. 



Luthor's wachsender Anhang. Cauipeggio. 



83 



Aoliänger uoil VerkUndiger K^^fundon, die iu einzelnen Gegenden für sie 
ihAÜs waren, wi« l''rkMlrieli Myconiiis, liberlin von Otlnzburg 
■Mvh tiicbt wenige eltetualigu Mönche wie Martin Bucer, frllber Domini- 
canirr in Str&esbnrg, Crbauns Keglue zu Angsbarg, frnher CartuelUer, 
Jühnna Uugciibagen, fi-ühtr Pi-ämonBlraleusor in Pommcru. n-berall 
in Ober- and Nieder(lont»i-hland, wu eulcbe l'rediger anfTraten, fanden sie 
bei di-tn Vulkt! eiu ung^thcilu.-« Eutgcgcukonimun äugur in Nachbarländern, 
vfie Luthcr'a anerkennende .Schrifi an die Böhmen von 1523 beweist*) 
Man konnte damals meinen, <^ sei schon nicht mehr ausnUirbar, mit 
Krf'ßlg entgcgeuzuwirkeu. Als Campeggio**) 1521 nach Augsburg und 
Nürnberg kam und duB Volk segnete, wurde er voraputtet und rviste ohne 
Abzeichen und Cardinalshut wieder ab; dennoch versnehte er, was sieb 
noch crreiclieii liess, nach dem von der piJpsUichun Politik so oft an- 
gewondten Unindaatz: tiivide et impcra. 

Wenn en also den Fllrstcu dberlassen war, „soviel als oiögUch" den 
Wormser Uelchsschluss auszufahren: so mnsste der Legat sieb an diese 
wenden, um wenn sieb von Kintgvu nicht viel erwarten liess, wenigstens 
bei Anderen mehr £U erreichen. Ja Campeggio brachte es sogar dahin, 
das» nach einem in Nllrnberg gestellt<>n Antrage zu Ivegensbnrg am 
tf. Juli 1624 ein BOnduiss dorjcnigeu Karsten zu Stande kam, die sich 
ihm am gflnstigtttrn gezeigt hatten. Der Krzlierzog l'^crdinand, die 
Uoiz5ge von linicru und die meisten stlddentschen Bi»chOfe verbanden 
sieh, das Wormser Edict und die früheren ReichsachlUssc in ihren LSndern 
«trcDg vollziehen zu lassen iiud sich beiznstcben, wenn es dartlber zu 
AiifittiLnden ihrer Unterthauen kommen sollte. Die HerzJtge von Baiern 
benutzten dies auch sogleich zu ihrem rrivatvortbeil, liessen sich fdrstUehc 
Rechte Hber lüe LandesbiBch^fe und Antheil am Kircbengnt vom L<>gaten 
eiuräumcu, womit siü im Euuzelneu und auf einem undem Wege filr sich 
Einiges erreichten, was anoh die Reformation wollte, so dass gerade hier 
zuerst fUr die kirchlichen Verhältnisse der Freunde dea Papstes sich 



") Walch, Lutber's Sclirifton X, S. 183». Laflier lobt hier das von den 
Bnfamen anerkannte angetneine l*rie8t«rtbuni und nennt as ,,eine verflnchte Rede, 
wo man sagen wollte, ein IVieater wäre ein ander Ding denn ein (.'brist iet" 
,,(')ni«nu iät der erste rrieetev worden itea Neuen 'i'eÄtaments oline Schied und 
.Sdiiuied" .,und ohne alle diese Larven bischütiieher Weihe, hat auch alle wilne 
Apostel uod JUngoi- nicht dureb solcbc Larven zu Priestern gemacht, dnnim nicht 
ronnlithen ist eine solche Lurvunweilio''. Walch, X, S. 1*:»3t>. Uobngens Ist die 
den Bühmen gcwidoietc Scbrirt „Vom Anbeten des äacramuntt»" \b%i auch dämm 
u'icltrig. weil Biß die erste ErklHrang Luthcr's in der Abcndtnuhltifrage nnd xwar 
zu Uuoateo einer wirkliclieu Gegenwart und Geuiessuutc dcti Ix'ibes Christi ob- 
wohl ohne Tr.iiini4ul>titantiatiua enthJÜt. Luthcr'a Briefe« Q, S. 208 fi: Bd. VI, 
Ton s^eliiemann, 8. :i'l. 

**) Vivte Briefe desselben in Lämmer, MoHumanta yatkaiia IS6t. 



8'4 



Erste AbUtdtIflDg. Kreter AbeclinKt $ 9. 



güwi&Be ADsfttze sn Landeskircheii ci-gnbcn. Andere detitsche Fflrsten, «o 
aelir aie Gegner der Kcfnrin waren, wie Kurftlrtit Joiichitu »im Hnindeu- 
burg und Georg von Saelisen, tanileu Bß nocl» iinwilrdig, sich von deiiv 
Legat'eo zu einein Sondcrbunde gegüo da» Reich und gegen alle kQuftige 
OemeiDSchalllichkeit der IlanJlmigsweise 7,imnmnn-n ketten tax Inssen, und 
Bocb verstand lieber äuMsertu tnr.ti Luther Ubi-r iVmse MaKsregeln : „Wohlan, 
wir Deutsehc niUsäen Deutsche und de» Papolütt Ei^el und Mürtyrcr bleiben; 
ob man uns gleich im Mörser zertificsHe wie Grütze, Kagt Salomo, dücli 
will die Thorheit nicht von uns lassen; da hilft kein Klagen, Lehren, 
Bitten noch Flehen, auch uieht eigene tägliche Krluhrung, wie man iiu» 
geaehnadeu und verBChlunger hat." *) 

Aiiwohl dicBu Regeusburgcr Verhdudetcn wie anch andere gleich- 
gcaioute Fürsten fin^n nnn damit an, das» sie ihren Unterthanen den 
BeAucb der ÜnivcraitAt Wittenberg und die Verbreitung der ächriften 
Lutber's ond sogar der ItiboltlberBetznng verboten; bald aber griffen ale 
zu Gewaltmitteln. In den Niederlanden wnrden schon im Juli 1623 drei 
AüguKÜDer verbrmut**) 1» Wien Ueae Ferdinand auf Gampeggio'a 
Rath einen Bflr^-^r aU Lutheraner hinrichten, cbenao kam on In Schwaben 
und EtäasH zu Ilinrichttnigen. 

Von der andern deitt; erhielt auch die nene Partei bedeutenden 
Zuwachs. Auf die Ilhlfc der kleinen Reichsunmittelbaren , auf welche 
Lnther l.')20 hatte zahlen können, war freilieh »cW \^y2:i nach der Unter- 
wcrl'uDg Sickingen's nnd der Äerst^Trung von 23 frjlnkischcu Ritterburgen 
nicht mehr viel zu n:ehnen; degl« wichtiger wurde der Ant4ehhmH der 
Städte. In Nürnberg, Straßuburg, Augsburg, Nördlingen, Frankfurt, Magde- 
burg, Bremen geschahen Sehritte zu Gunsten der evangclidchen Predigt**"*) 
und zur Befreiung vou der biuchöfliehen Herriwhnfl, Auch lochrerc Füniten 
traten der evangeliachen Sache bei. Albrecht vou Brandeubnrg, nicht 
der Kurfürst von Mainz, sondern sein gleichnn roigor Vetter, der damalig« 
Dentsclinieister, als ein Waffeusül Island mit Polen, den Karl V. auf vier 
Jahre abgeachloesen , nahe daran war abzulaufen, und als er lü24 zn 
Nürnberg keine HuUV de» Reichs gegen Polen erhielt, glaubte sich 
gennthigt, selbst Polen zu unterwerfen; alx-r er benutzte dies zu seinoui 
VortUoil.i') Auf der Reise zum Keichslitgt^ war er durch die Predigt des 



') Ranke, l>cnt«che GoBöh. 11, S. 15«. 

") Seckendnrff. Uutorie des Lnihcrthnuis, I.|»k. I7H, S. Wk». Liither's 
Ilricfo vnn de Wette, IL, .S.W2. 

"'*) .Icdo dieser Städte hat ihre eigene Reformatiunageschichte. Ueber Frank- 
tnrt z.B. gekitrun liierlier die Schriften von E. Stoits über Uartmaun Beyer, 
Westtffburg, Micyllus, MelsnUer. il. I!. 

t}äeckeDdurff, a. a. U. S. 74» ff. 



Fllrslliche BeschUtKor Uer neuen Lehre. 



85 



Andreaa Otfiander in Nllrnburg suergt und dano iu porsOnticher 
ZuKaninu'nkQnft iiiil Lnt h pr nnd Mplsnr li t Ii o n für die kirchliche 
RuiiiigUQg K^woniiuR, oiid t>clion dauinlri batli: ihn Lntlif-r aufgemuntert, 
qdip tolle Kep:el fiilirriu zn Ins^UMi, zu bcirathcn uud Prens^en in die Form 
eiiu'» weltliolit-ii FlirHtcuthum» zu gii-äiiru". Er fut]^e dictum Rnlli und 
isvltloBä zu Atiliin;; 15*J5 ein Hflndniss mit Polen, woau'li er Uinterpreu^en 
&1h polniiiclicit Lehen uud als crbltctif» lierzogthum filr sirh zurtlnk 
frliiclt; Adnt iirid Stiidtc stimintcn bei, evangeliscLe Prediger kamen in's 
Land. Älbrcclit ^uh dein Ürdeu alle kaiiU'rlii'bun niid pilpitt liehen FreihiMts- 
briofe lioraiia; der Ordon hatte uoch andere Besitzungen genug anwer 
Prcn8Scu, nur dioson äcineu Hatiptäilz, den er doch vielleieht nicht gegen 
Polon hilttp halten küinocn, verlor er jotJct. Von nun an wurde Mergont- 
Iieliu der Regier ungtimlz dc8 OnlcuH, l-Iuö nett« Mei^ternahl fiul auf 
Waltor von Kronborg, welclior den Titol Ad miiti Strato r dos Uoch- 
nii'i;4li.rtliuinä In Preu^seii furtfOhi-te. Kn-iüch wurde Albrueht's Schritt 
aU V'erratb und Abt'all vom deutschen Ueieh and vom deutseboQ Orden 
zugleich betrarhtet, und in dem weltlichen lierzogthum and der bald 
folgenden llclrath des HL^rzugs faudeu die Gegner die Beweggi'dndo seiner 
Vorliebe filr ReTormation und it'ines Kvangeliiim. Dam Kummurgerieht 
sprach dje Reieheacbt Qber ihn au«, uud der tüiitier erklHrte den Verti'ag 
mit Polen fUr njehtig; aber das hatte keine Folgen, da» Reich ki>nnlo 
uud wollte koiucn Krit-g mit Polen und Preussen antaugou, uud bewirkt 
wurde dareb die» Allea fUr die Zukunft, zumal die kirchliehc, dasa 
in Pren«aen deutsches Wesen gogon das polnische das Uebergowlcht 
behielt. 

In demeelben Jnhrc 1525 gewann die Rcforniatino einen zweiten 
BffRrderer, aU naeh dem Toile Friedrir.h'd des Weisen am 5. Mai 
dessen Bruder Johann ditr Beständige ihm folgte, ein Haan schon 
bejahrt (geb. I-tfi"), aber weit kraft\*olier, heftiger und der neuen Sache 
enl«rliJeUener ÄUgethan aU jener, wenn auch weniger gebildet nnd weniger 
omsichtig, und neben ihm Kein 8ohn der Kurprinz .Inhaan Friedrich. 
Die Zahl der Beschützer wuclts ferner durcii den Beitritt der Fürsten 
Wolfgang von Anhalt, Frnsi von Lflneburg, Heinrich von Meekleu- 
burg, Pfalzgraf Wolfgang von Zweihrilck, zweier Grafen von Mansfeld, 
vor Allen aber des l^anctgrat'eu Philipp von Messen. Dieser FUmt, 
welcher 1501 geboren und gestorben Hl. Mürz 15G7, schon 161tf mit 
Nierzehn Jahren vom Knisor filr volljilhrig erkIHrt worden nnd seine 
Regierung angetreten halti', war 152) zu Wormä gegenwärtig gewesen. 
Obgleich für ein ernsteres Interesse noch nicht reif, t'asäte er doch hier 
eine Verehrung für Luther, wclehe mit der Lebhaftigkeit eines cnl- 
Hobeidendeu Jugendeindineks In ihm haften blieb, und der er nachher als 
Herr eines nicht uubedeutenden Landes, uämlicb des unter ihm noch ver- 



66 



Erat« Atithdlong. Erster Abscbnitt. % 9. 



einigten gAnsen CASselftchen und DjtrmsUdtitirhpn Gebiete desto mehr 
Nachdruck geben kountc. ') 

Hello» EU.Wormn hatt<> er Kutli^r (^eitehcn, rInmaU »Ixt ibu ^encrkt 
mit den Worten; .,Icb bore, Herr Dociur, ibr lebrt, wenn ein Mann alt 
wflrde, daKS iiladann die Frau möge einen andern Mann nehmen"; er 
lachte, BAirt Luther, denn die Hofräthc hatten es ihm olngeblttsen , ich 
aber laehle auch und sagte: ,^cli nein, gnädiger Herr, Ew. F. Ou. stdlte 
nicht also reden." Canicrarius erzühlt im Loben Mclanrhthon's als 
An{;(inzeiige, wie er mit dIeHem und mit Anderen im Juni 152-1 vou ncidol- 
berg zurückgereist, und wie Ihiieu iu der NHlie vuu Frankfurt ein anderer 
Haufe Reiter begegnet, nämlich der jnnge Landgraf Phili[)|i und sein 
Gefolge, welrhor d«Iiin ging, woher sie kamen, nach Iloidelberg, woflelbrt 
droisiehn Fürsten nebst dem Legaten Campoggiu zusammenkommen 
volltCD, jene zwar zn einem Ärmbrnstsobicasen, aber anch zn Vt^rab- 
«Hlungeii Über die Rei<Tb8augeIegenbciten.*'l Der Landgraf halte schon 
kurz vorher Einon seines Gefolges an Melanchthon geschickt, der ihn 
anBfragen und zugleich anfTordorn sollte, zn Ihm ttbersagehen, was Me- 
lanchthon «clir cntscliiedcn abgelehnt hatte. Jetzt als er die«en Xug 
keranrciten sah, — ('amcrariuH sagt Hclbat, et animudvertens fi/nttatum 
noMtrum esse minime eqwMretn. — vcrmuthotc er aogloich, dass es die 
Wittenberger Professoren seien, und ritt nun .in Mclanrhtbnn heran mit 
dem Bemerken, er wflnsehe tibcr lüinigoB mit ihm zu reden, vielleicht be- 
sonders über Coremonien und ob es erlaubt sei , sich von der Messe aas- 
KUHchLieflflen; er Imt ihn mit Ihm umzukehren, die Nacht bei Ihm zu bleiben 
und uichtä zu fQrrhten und scherzte nucli weiter: rreilieh weun er ihn 
hier gefangen nähme und dem Leg:aten nach Heidelberg mitbritehte, das 
werde diesem nohr angenehni i^ein. Diese Laune äowic die ganze Um- 
gebung mochte Melanchthon fttr ungeeignet halten zu einem ernsten 
Üesprftcb, daher Camerarius: /irhtcipis et'tfim itttimus uondwn nuujnoin're 
res iUas curare uii/ite esse aiiis roffUtUimiihns hifejitiis viilehatur. Me- 
lanchthon wich au», bat ihn seiuoä Weges' weiter reisen zu lassen, und 
versprach ihm acbritllicli ein« auafübrlicbe Antwort auf die vorgelegten 
Fragen zu ecbickc». Auf diese Weifte entäland Melanchthon's ICpUome 
rcmvaine ccclesiasticae Uoctrhiae, «der dentneb: „F.in kurzer Begrifl' der 
erneuerten rhristltcben Lehre," Wittenb. 152-i. '"» Hier geht der VerfaBser 
davon ans, daa« allerdings, — und vielleicht hatte der Landgraf gerade 



*) Bommel, Philipp dor^Orossmllthige, tiiess. lS3u, »Bde., Bil. I, 
S. la» ff. 

*') Melanchthon befand «ich auf dem Rückwege von einer Erholun^'vrciso 
in Bcine Hoiuiath. Vgl. C. Schmidt, Phil. Mel. S. lOö ff. 

'") Vorp. tief. I. p. 7<K». Neu herausgegeben vou Schoffer, Morb. 19(10 
S. Schmidt, Molanchthon, 3. tU7. 



MflAnclittioir« Schrift »u Philipp v. Hvssen. 



87 



darabdr jfekln^t, — zu alttra ZtMlon mancherlei widerBp rechend r MelDungen 
Uat f^ewonlen »eieo, wie ?,nr Zeit des N.T., so auch jetzt. Dcnu jotat 
wk-n ciuige Bifieht)rc itud Kürsti-u aus PrivatiBt«r*f8.sr für dim Papst, abnr 
el)(>nt*o aurh Viule an« dem Volk für Lnther nlu den Bringer der Fi-ci- 
beit, ulso aus Uebcrdru&s hu der altvii Zurht, itfrUiems monim veterum. 
lind endlich auch violo Professoren atiK Khrpreiz und GewiunBUOht für eine 
neue Lehru, um «ich «olhfit dem Pöl>el hinzugehen, quo se ad vulgus ven- 
Hiteiit, mit welehem Letzt^Tcn ohne Zweifel Karlstadt gemeint ist Manche 
«eien «urli uoeh durch die Lehro von den Werken hefaujj^rn, daher hieiben 
nnr »ehr Wonige lihnp:, welche im Gedanken »n dad Gericht Gottes ge- 
wiseenhaft den Iiih.iU der Religion ku erfurtichcn und xugletch in ihrem 
Lehflu 2u befolgen »uchten. So sei denn such ihm au rächen, da Christus 
und daa Evangelium nicht ungestraft verletzt wurdo, daad er in negocio 
Lut/ierano ut vocanl niehts beschlicasen möge, was dem Kvangellum sn- 
wider sei, nnd nicht zu denen gidirtreu, qni fcr<^ ticf/nwafus mores majnrum, 
mate mteUectfi patrum ficn/tt/t et futlnj- rntUnm Judicium ittl htuic conlro- 
vemiofit judicandam ufferuni. Paulas verweise uns an die Schrift von 
Gott cing'jgcljun, Petrut :in das feste prophetische Wort, das Liebt da« 
du »rheine an einem dunkeln Ort, bis der Tag anbreeho und iler Morgen- 
stern aufgehe iu nuscrcu llerzen, 2. Petr. 1, l!l. Hierauf orklJlrt or sich 
tlher zwei hesoiiden' streitig gewordene Punkte, 1) tlbor die christlicbo 
Oereebtigkeit und S) tibur die MeaschvusatxUDgen. Bei der ersten Frage, 
welcliti keineswegs nach der Meinung Einiger, — und violleicht liatte sich 
der Ijandgraf so geäussert, — auf ciucu Wortfltreit hiuanslanfe, unter- 
scheidet er den chriHlÜchen und den bloss mouHclilichen Standpunkt. Das 
Evangelium st^l Verkündigung theils der Busse theils der äündenvergebnug 
um Christi willen ; zuerst rieliärtü ca diut Gewissen nnd hisse den Menschen 
seinen Zustnud und sein BedUrfniss erkennen,*) und d;LUU richte es ihn 
durch das Zweite wieder nuf, dnroh den Glauben an Ohristus und die in 
ihm bezeugte Gerechtigkeit (»otU-s. So wirke es hei den (iläublgen durch 
den b. fielst die rechte ehristliche Gerechtigkeit, welche nicht auf btusscs 
Erkcujicu hiiiauaiaufc: «dvyMf id est nasse Deum. u( mtyo docenl, prae- 
ccptn ^m uosse; m>nmi e.uim Judaei twmen Üei, normif legem, imUabitn- 
fiir ul nimmt; sondern sie bestehe dai'in, co>ifnm comcientia subiemri no$ 
per fidem in i'liriitlum, fiet- qu^m agimscAmiis rim misericoräiae Dei; das 
»ei die wahre cognilio Bei, tpiae parit timorem et ceteros bonos fructm. 
Wer aber dazu noch nirht reif sei, der uutcrUege einstweilen dem Gesetz 



*) Vgl. i'orp. fl^f. l. c- p. 7ii5: /« rebus se.eHHitis somniamus (enii'rej» esse 
DifHm, fjuam t/ni tjfuviler noh'is iiasci /inssil. /« rrbiis tiät'i-tsi.% erHdciiorem cssi: 
jttftictimus , »jn'tNi tjiii uns respiciat. (Junmvis vnim amiias, bcisst es vorher, 
ftipinus comminationcs tiul promissioitts, tarnen pectus mm asienlitur, ulat simuks, 
si nOM ncetsserit Spiritus sanctus. 



ftd 



Erste AbÜieilnng. Crnter Alwcbnltt 9 9. 



and der weltlicbea Zucht, welche den ÜDmilndigen zu jenein hdboren 
religififten Stantipunkte lierauzutülden vermöge. Divw Mmrht Imhe wohl 
eigt'utlicli lii'i dem nn'incbjsrhcu Lübeo auni OruiMk- i:clegi!u, allciu dk' 
mendrliliche AiiBtrenguDg in der Befolgung enlcher pädagogUcboa Vor- 
HcbrtßcD trnDte da» Gewittticii aielit und kt>nii(> nur scbudeu, sobald sie 
mit der wahren chrisHIeben Gerechtigkeit verwechselt werde, wie die 
Ariittoteliker gctban. *) — Weniger Hcliwicrig bcü dor itwoiln Punkt, oh- 
glcidi grade dieser stJlrkere Liiruben errege. Willirettd Luiher auf die 
eTHtt; Prüge weit grÖsMercn WerLh lego , werde dorh von Vielen genteinl, 
er lebre ulehts als hntnatuirum tradifiomim coutemtum, sie hieltfn sich 
ml^o tUr aehr fromm , wenn t»ic nur gegen die Guiätltehrii tobten und 
Heisch äflseii wider die Sitte- Menschcnvitznngen dllrfon nicht aU Gottes- 
dionst angeordnet worden, man kann sie Üiellfl ohne Sünde beubachtcn, 
wenn man sie iiieht für roehUertigend hiilt, tbeiU aber wirken sie geradezu 
Bcbftdlieb, indem sie dem IWaiigeliurn widerstreiten. Im letzteren Falle 
Bolleu selbst Gelübde nicht bindern, sie abzuthun wie CöUbat und MOneb- 
thum, während eelbst Fürsten steinernen ilersene lieber dem Papst dienen 
alfi dem Evangelium goborchen. Nun möge or selbst eotsehoiden. Es 
sei eine bewegte Zeit, aber niK-b koiiiie der Prtede erhatten werden. Die 
Einen eifern fUr den Papst^ die Anderen /'feudoIiUherani sedttiosis dütut>~ 
ribus, dm» grntificmtur muiniudmt niioqtti cupidae itoearum rcnim, fiar- 
Um Si'dUiones excHünt. denn sie hielten ca für cvangctiscb z. B. den Zehnten 
zn verweigern, wodurch Uorohen von beide-n Seilen voranla&at würden, 
weil die Fttrsten zJlgerteu, hontrsOs coitxitHs opem ndferre reijmhlicae. 
DiQ Fürsten niCUslen die Sarhe in die Hand nehmen; das Evan- 
gelium zu unterdrücken sei nomi^giicb, wer aber andrcrsoits aus Furcht 
oder Tborheit der Menge zuviel gestatte, nÄbre den Aufruhr ztini <lffent- 
licbcn Verderben, denn die Menge misabrauclie das göttliebe Wort Daher 
liege den Filreten o1>, sowohl äaa Kvangelium predigen zu liasen, welche« 
wo es richtig gelehrt werde, Frieden und nicht Aufruhr ötifte, und dazu 
wie Josaphat für modcrufos et boju/s piroxe qni sacra äncerntt, curare, 
als auch der Wuth der Menge, ^tiw impio praetextu evmigalH humtihtalur 
und das Vermögen Anderer bedrohe, Schi-auken untgegenzusotzcn, auch 
für die neue Generation durch gute Schulen zu sollen. 

Diese eindringliche, auf den offenen Sinn des jungen Fürsten wie 
auf die damalige Lage der Dinge trefl^cb 1>crcclinel« Sobrifl scheint von 



*) Der Sinn Ist: Erst das Aufgeben der Selbstsucht belBgt dio Oosinuuug 
und verleiht »uhjeedv diu Zuversicht der Silndcuvergetmng. die nur der also tie- 
läuterte verdient und dnruiii hotfu i^rnt mir ileiii V>rtratieti nicht mehr uuf eigenes 
sondern auf fremdcü Vi-nlii-nnt wcnlitn wir von tU'r SelliHtHUclit iMifreil, und auf 
diesem Unrndo nibt die üfl)itirzeugu(>g, liass dar auf seine Werk» ['nchcnde nicht 
zn vtdliger VersfJbiiong uo«h tum Frieden gelangt. 



ßancrnkrieg nnd dcnftcn Ortlndc- 



89 



onfacbclileDdem Einflass auf den swanzi^Hhrigen Laoclgrafen gewesen zu 
Atiu. WoitiRfttons befol^'l'C er dictH-'u KaÜi. Schon nhvT scbifo ea zu apÄt 

[zu atuD. L ulunivollt^ KreiKninDe waren im Äuzuge. Uli* Befiovgoiss vnr 
den Gofnliruii der VoUu>l>owc^uug wurde nur aUzuHchr gei-echtfertigt. 
Wo ÄWC'i l'arttien »Milstelittii, da sind ps immer vier, denn jede der- 
Belb«a kauu »ich itiil uiacm wilden und niauasloKen GeiHte, aber aueli aüt 
einer treuen und teeounencn Cietiiuuung verbinden. Dies anzuerkennen, 
bietet die (ietirbicble vii'lfacbe (jeU-gcnbeiL, den damaligen Beweis liefert 
der Banerukrieg.') Die Aufrcgunp im Volke war iu^wi^^chen fort- 
geganscn, aie wurde gefiibrlicbrr dui-cb den fortdanemden DriK^k gegen 
den BauerDfltand, frciliob einen viel älteren Grund £u Empörungen, wie 
sieb das scbon in Franken und Schwaben in neun vemcbiedcnen Auf- 
atitnücn gezeigt batte. Die ühnliebeu frilbereu Unruben In dcu geunnnteu 
Gcgeudeu hatten einen durchaus polttiHcben Charakter; jctat aber gaben 
die miHRvcrstaudcDcn Ideen von evaugelisehci» Kecbt und cbi-istlicher Frei- 
heil, welche bereits zu Kiide 1621 und Anfang 10*22 aufregend gewirkt 
hatten^ starken Auliu»« und neuen Mutb zum Widerutand gegen drückende 
Abh:lugi|2keit und tyranuisoibe Betiehrünkung, nra Bo viel mehr aU das 
Helbbtvcrtraueu uud diu Kraft wiieliKt, weun was bitiUer nur eigeuutltzig 
begehrt war, ptötxlicli aU beilige l'Hicbt znr Ehre Gottes verstanden wird. 
Ein tiefer langgehegter Orull, welchen die Refurmatiou keiuei*wega ver- 
erhuhlet, suehte und fand in ihr die Bci-ecbtigung in zen^tiJrendeu Flaiiimeu 
emporan lodern. Die dffentlicbe Losung lautete Freiheit, Ertösuog von 
willkllrlicben /.iimutbnngen und Schranken- und dies war genug, nni das 
Mi»-8verguflgeu der Bauern in Fanatismus sii VLTwaadelu. Luther'» 
Flugschrillen erhitzten die länget Terbitteiten Gcmfltber noch mehr, und 
die 8^'il dem Rcgeniiburger BüuduisH vorgekemnienen kirrhliehen ße- 
drflrkungeD und vereinzelten lünrichtungcn steigerten den llass. Nach- 
dem aUu bereits drei Jahre v<irlier der rejchunnuitttelbare Adel sich unter 
Siokingen's Leitung erhoben b:itte, um „den Uebermntb der Ftirsten zu 
zBchtigeu und dem Kainer zu belfeu," vielleicht nicht ebne geheime Zu- 
stimmung oder dücb klugci* Abwarten von Seiten des Letaitereu, und naoh- 



*) Bcnsea, Ooitrhicht« üe» Bauernkrieges in Ontfranken, aus den Quellen. 
Rrl. 1H-I0. W. '/tiuimeiMUHun, Oexcli. d. grosien Bauernkriege». .Stuttg. IMI — 12. 
3 Bde. F. Ouuhsic, Lie«eh. d. B. im achwSb.-fränk. Urenzlandu aua bandacliriftL 
Qoellcu, Heilbr. )S44. Andere Schritten von Sartorius, Wachsmnth, Schrei- 
lier, nornelhis. J. E. Jörg. PeutttcblaiMl ia der licvotutionsperiode von 
1623— Ä>, an« dipluiii. l'urresp. l'aiiiKcher Arebive, Freili. im Br. IKil. In der 
letsteu SebriO gib dieser Krieg als eiüto grDnee Scbilderbebtmg des Riidicali-Hma» 
■uf ilLMitncbem Button in deiner dopiH'lIcti Bczieliua^' auf Kirclie und 8ta:it. der- 
gestalt das>f der politiactien Kevulutiuu eine kircliliebe vuraagegangen »ein mUese, 
Lntber eelb&t beifist der „poltermle Afteruiystikcr,*- der. „von den adeligen 
Sebaappbiihnen iKinntztc Flgiu-ant." 



90 



Erat« AbfheHang. Br»t*r Abechnltt. s "• 



dem der Adel von den Fdrsten, — die sooRt Gcscliivdonsten verbandeu 
sich hier gegrii üin, — besicfjt worden war: erhobeu sJcli ln2.'> dir HaiiPm 
i;ogeu dio ltitt«i-. Anrh war«n ihn! Fnrdvriingen abnlirliu: Ilpftchrfliikuof: 
der I.aadf«Iiolml der I''Ui-iitCD imd ebeufw der Prtlatoa, Vervendnii); den 
K-iiTheitf^it» «iir Vt'rmiiid«rimn der Stcuorn und ZöIIp, Ifirgtellang gewißaer 
Gerccbtiininu dur Huiii-r», deubuchoe Uecbt »tati dos R(>mi8chi>n, aber auch 
Itölierc Maibt und Un«bIiJlngig:kMt dea Kaittcr» statt der H^icbsaristokriiUo;. 
daneben u. A. fmi- Wnlil Avr PfjirriT, Anlbi-il nu Hol/,, Jafidcn und ZpIib- 
icß, und die* Alles mit licrnfnnf; auf da» Wort (ifitti-K. Am Schliib.8p von 
zwölf Artikeln dU^äcB Inb:iUi> wnitl aiitidrflcklicb rrkbirt, da«M was dem 
göltlicbeu Wort wldorsprwhc, im VorauH anfi^idmben sei.*) Auf dii^tten 
rirniidla);en wui-dr U»2r> in W(tr»bnrK und lleilbronn eine f^trmlicho \'fir- 
f«68ung im U.inernratb und uutflr dum Ikixtaud cioiger intelligentt'U H&upter 
entworfo», und die lotztoro Stadt sollte dor Sitz der Kaiutloi werden. In 
diesem zweiten l'rogramni treten die reüpiösen Ideen schon mehr in den 
Uintergniiid, das Kvangolitun wii-d kaum genannt, die pulitiache Tendenz 
ben-dcht vur. Mehrere der kleineren Keicbsunmittclbaren schlosaen aich 
dem Vürbidien an und «miwton Urpbede schwören wie Berliehiogen n.A. 
Aber auf diese mit vieler Ucherlegung geti-offeneu Maassregeln folgte eine 
AuHfUliriiitg der bltitigaten Ai*t (ieBtUtzt auf ihre Kordeningen und in 
der Aussieht, das« nie nldite mehr zn verlieren hättoa^ vorhecrlun die 
Kauern ganze Gegenden von Sehwahen and Franken, Itiftthümor wurden 
vcrwOätet, gefangouo Edelleute erstochen; jede Gewalt ficliien gc^en solche 
Korden gerechtfertigt, und ea mag riehli^ Bein, was Jörg sagt, da«» sie 
ohne die VcrUiugernng dea aehwilbii^ehen Ilunilcs nicht zu unterdrücken 
gcwoBen wären. 

Aiieh ThoniH't Mttnzer aus Slull>urg hatte siHi an die Spitze der 
empörte» Banerii gciitellt- i^uerat durch Tanler'a und Luthers Hehnften 
aufgeregt, verlictw er sich jetzt auf (ugeue Eingebungen und Vifionen in 
der Meinung, dan** Oott niil ihm reden mOaae wie mit Abrnhani.'*) Von 
Alstädlaus, wo er tiieh einige Zeit aufliielt^ eiferte er 1523 gegen Luther, 
der ihn aurilekgewieaen, nicht weniger als gegen dun Papt^t; in Flug- 
sehriflen wie „Protcatation und lüntbietung" und „Deutsche evangelische 
Messe" wird VolkMonverÜnitat in Kirche und Staat und sociale L'mgestal- 
Inuff proelauiirt, einfache Kleidung, L'ntcrlaä&uug des Hurtaehecrcns u. dgL 
Huhefnhien. In einer ,^Seliufxrede wider das gtÜHtliche sanftlcbende Fleisch 
KU Wittenberg" (1.V24) wird Luther als der achmetchelnde Schelm ge- 
schildert , welcher die KUräten durclilauchtig nenne, der Entlmsiasterei 

') AnafUturliche Ucsprcchiing der xwUlf ecliwklnschen Artikel bei Zimmer- 
mann, (icHcb. (I. Buuernkr 11, S. 'JS Rauke, Denteehu Geschichte U, S. 1^2. 
ilüuflflor a.a.O. S. HO. 

") Luther'» Schriften von Walch XVI, 8. 20J. 



LnthefR St«lhinp zoin Bitiicrnkriei^. 



91 



widerstrebe uad die h. !>ichrift zncn Bchnoddeokel gebranohe, am sifb sf Ibst 
xum neuen Papst z\i roachen. Dea^elbeu Ton äclilagen ftetue Prcdi^ft^n 
an; die (temeinde, sagt it in der eiaeu, h«be die (levalt de« .ScLwrrles 
und „die Grundsnppe der Räuberei seien die FilrHtou."*) Dieses wiiste 
Geschrei fand soweit Beifall, das» e» MUnzcr, nachdem er aus Sachsen 
and NürnherK vertrieben, zuletzt gelang, mit zu tiam menge lau fenem l'i)be1 
den Magistrat in Mühlliansen abzusetzen. Er selbst als l'ruphet »bernutun 
die FlIhrtiuK und lietf« die beuachbartfin KlftsUr iiud reichen Ortachaften 
auBplnndmi. "*). Ihr Grnndsatz war naoh eijjenem Uekenntniea: nnitUa 
»imul ammunin, nud Jedem «oU nach Nolhweudigltelt aiii^getlieilt werden. 
Fttrsten, Grafen nad Herren, die sich dem nicht fügen, soll man hängen 
oder ilinen die Köpfe absi^hlagon. Uut«r diesen [ymstiiudcn war e» nicht 
mi^glich, den Beistand de» Ueiebcs abzuwarten, die FOraton selbst mn^i^ten 
Hülfe schaffen. 

Luther aber kam zwisrhon zwei F'eucr. Seine erste Schrift „Ueber 
die zwdlf Artikel der BaiiernHcliaft" beweist, dnss er ein Hi-rz fltr die Koth 
des Volks hatte, er urtliejlt gerecht, tadelt die harte Bedrückung und hält 
die liilligkeit vieler WHnsebe der Bauern den Fflnftcn in starken Aus- 
drucken vor; aber er erkennt diese als rechtmässige Obrigkeit und jene 
doch zuletzt als Insurgenten go^eu die gÖttUr-he Oi'dnung au, und sie 
seheiueu ihm um 8o genihrlichcr, da sie die Sache des Evaugetiums zum 
Deckmantel nehmen. Dagegen war die zweite Schrift „Wider die räabe- 
riachon und mörderischen Bauern" durch die mswUchen geschehenen 
Grftnelthatr'n und Brandntiftnngrn veranlagst, nud in dieser verfallt Luther 
in eiui' ielitenfielinftliehc Sprache, nnd ohne weiter an Schonung und 
Menschlichkeit zu denken, giebt er die Sache, der Kauern völlig preis, 
furdcrt unbedingte Viitcrwerfung uud rflth den Fürsten, in Gottes Namen 
und ohne ^lchonung drein zu schjaficn. ***) Und dazu ist es anch Iiald ge- 
kommen, da die 09*1^1111161»; Ruhe keinci Zögernug gestattete. Uie Uerzoge 
Georg und Heinrich von Sarhaen, Kurftlr^it Johann und Philipp von 
Hessen versammelten ein Bundesheer, wclcliem Mlinzer i^twa 80(M) schlecht 
bt^wafTnote und noch schlechter geführte BauiTn entgegenstellte. Die 
Fürsten schickten einen Abgeordneten zur Unlcrhundtung, welchen .iber 
der Volkslieilige aller Khre vergessend aufs grausamste unibrhigiMi Uei-s-t) 
Darauf ritt der juugr Landgraf heran und suchte die Bauern uocli zur 



*) Seidemann, Thomas MUnzer, S. HO IT. 

"j H. Ptuifer um) Th. Htinzer in Mliblhaiisen. Schuidt, Zohechrift flir 
GescMchtswiMonaclirtit IV\ S. 365. 

"•) Beiile vielbesprochene .Schriften Hilden sich Bd. XV. XVI der Walch- 
ftcbon nd Bd. XXIV der Erlangcr Ausgabe. Rofuruiaiinusseliriilon, Bil. l. 

t) Den Ausgang beschreibt uinu „Uistoric MUqkci'h'' von Molanchtlion 
bei Waloh XVI, Wi. 



92 



Erste Abtbcilang. Erster Äbschiütt $ 9. 



NarhgiHbigkoit zu bewegen; Allein MHnzer vcrRicherte, er werde alle 
Kugelo In sciDem Acrmel nalTaD^cu; ciu R'^j;cubogeQ, von Ihm aU Zeichen 
l^edeuti't, iTgtt' die seiioii verzagrMid^* Menge ooclimaU aaf, sie gang „nun 
bitten wir den h. tieiat*' und Hess »ich überfallen und oltMlerm neben. So 
fielen am U». Mui ITiSri iti der Sclilaelit bei Prankrnbausua an ."ÜlOO, nnd 
dreihundert OeiaugcDe wurden geköpft, aacb Münzer gefangen, lange 
gefoltert und zuletzt enthauptet, nAchdom er die Füraten noch gebeten 
balto, „gegvn die nrmen Leute nicrbt so liart au sein". libeuso endeten die 
AuiBtSnde In aniU^ren Mögenden, der Veiluftt an Bfenttchenlpbon war nngp- 
Louer, viele Landstildlc und Dörfer standen wtlato. Der RoichsachlaBs 
emjifahl (innd**, von den Fdrateu aber wurde das Leos der ßanera wenig 
udcr gar nicht erlöichtert; daher fanateo diese einen tiefen llasa gegen die 
kirchliche Reform, welche ohne dienen Krieg weit kriUYigere Furt^cbrittfl 
gemacht haben würde. Lutber selbst bebarrte bei seinem strengen Stand- 
punkt, indem er erklarte: „wenn die Uauurn Herren würden, so würde der 
Teufel Abt werden.'' •) — An dieser Stelle miisa noch ciu Kreigniaa ana 
Lntber'a Privatleben eingeschaltet werden. Er verheirathetc sich, zwar 
nicht au3 leide nachidtti eher Liebü, aber doch unter beidersei liger aufrich- 
tiger Zuneigung am lll. Juni lb2h mit der vormaligen Nonne Katharina 
von Bora.**) Unbeirrt durch den voransBiebtHcbuu Tadel und Spott 
»einer Widciiiacher, der aneh nicht «««gehl leben ist, nnd noch wHhrond 
der Unruhen des Bauurnkrieges bat er dajoit auch filr sich selber und 
thatäächllcb die Kudsebaft der Mönehsgeltlbde dargelhan; viel wichtiger 
abvr war, dass aieli ihm von nun au ein neues Feld zur Pflege seines 
Oemlltbäleben» nnd volksllillmlielien (Jliarakters eHilTnete. Üer Keix vieler 
Briefe und Tisehrodcu stammt aus dieser Quelle. 

Krfiihriingen wie die genannten konnten von zaudernden nnd zweifel- 
haften Freunden uiclit Itberburl werden. Viele wurden der Sache Luther'a 
eatt'remdet. liiu Stadinm des languimen Fortsehritta beginnt Gerade in 
diejie Zeit fitllt der Streit mit Krasnius ***) (iber den fn^ien Willen, +) 
durch welchen dieeor lleprüsentaiit Iinmanirttiscber Uilduug erat wirklich 
in die Reihe der erklärten und entschiedenen Widersacher LutheKs ein- 
trat, Sudann der a.ndere CoufUct mit Karlatadt, Zwingli, Bacer, Oeko- 

*) Luther wlrtl »ehr hait g.^«chiiiiilit in Si-hwegler'» .rAhrbUnhem IS17, 
S.'iiti wegen seines „wtithenden bhitillirfttigpn Piirtcinehiuens gegen die S«che 
der Bauern", aber auch ebendu». S. dfi& von Zullcr geuiäsaigtci- vertheidigL 

•*> Meuror, Kailiariua Luther, 1851, Lnthor'e Briefe VI^ S. 1147 ff. 
"*) Vorben«itot achim durch eine lüngßn> Spannung zwischen beid*>u Männern, 
veranlasBr dnrch Lutlier's grobe nnd MlionunKnIoflc Antwort auf den Angriff 
Heinrich'» von England. S. nntoii <le»oli. der cn>rl. Ruf. 

t) Urusm. De Hb. arbilrio. Sept. iri2l. Lut/t. Dg servo arhitriii, Det". ISSi, 
iCrasm. fiypcrasjfistes , I52(i. Lnther's Sclirifl Bd. III der Jen. Ausg. Vergl. 
Oiesfiler 111, 1, & 17& ff. 



LurtiCT*« StAnilptiiikt Torgnucr BUdiIuIm. 



93 



t»utpai] und Capito Über das Abendmahl. Dieser letztere Gegensatz 
Qäiniirh ftlhrtc selbst die Anhänger der KeforuiatJon besoiiderit in der 
Kiclituug autieiuaiidcr, dass die Schweizer mctu- nach dos KrasuiUä Welse 
ScbrifU'rklürting nnd ttonHti^^ Porscliiing in L'ebereitistimninng zu erhalten 
suchten, Luther aber keinen Anstand nalini, sich der Vurstellung zwie- 
facher Wtüirlieit zu (tittiern und ^t>geii ilari Uestrebcn nach VereiDbaniog 
Tou Schrift und Vernuufl Einsprache ku thun; dadurch wurde er sugleieh 
sneigtor, jangere Traditionen der Kivrlie zu Hchouen, statt sie der bisher 
^Qblen Kritik ebenfalls zn nuti-rwerfen, vielmehr eher seine eigene Si;]irlft- 
erkUrang durch diese conservativc Neigung bestimmen zu la^een, aowio er 
z.B. Occam'a Abend tnuhlHlchre der älteren AugUHtin*» vorzog. Es ist 
viel zu stark, wenn Krasmu» an Pirkheinoer schreibt: Vhicu.nqm' ref/nat 
Lulhcranismus , ihi est Hterarum interitus:*) aber indem Luther giinx 
allgemein darauf verzichtete, zwischen Schrift und Vernunft Ueberein- 
stimmung finden zii kituneu, Ing darin doch eine Schwäche, ein Aufgeben 
tiud Kinßt<*llcu eiuer nüthwendigeo Arbeit zur Krkcnntniss der VVahrheit, 
dlb doch nur Eine sein kann. Und diese Zurnckz.iehung begllnstigte die 
Entstehung eines neuen und sehümmen grussen llaufcni> derer, denen das 
Privilegium zur Cieringschütznng hnmnnistihrher und Molnnchthonischer 
Bildung, welche sie selber nicht besassen, willkommen war und zur Ver- 
suchung und Uestiirknng gereichte. 

Die Rcgeusburger Verbandeteu waren inzwischen zu einer starken 
Macht geworden. Wenn man nun nach dem Bauernkriege jede» Zeichen 
vun Änhänglirlikeit an die kirrbliche Keuernng eifriger zu beargwöhnen 
und zu verfolgen begann: ho wurden auch die dieser günstig gesinnten 
Furhten aar entschiedenen Gegenwehr gonüthigt, sie traten in engere Ver- 
bindung. Schon im October 1525 hatten sieh Philipp und Johann 
Friedrich von Sachsen auf einer Zusammenkunft im Schlussa Friodewald 
lui Atigemeinen verstlindigi Im Mai 1526 aber wurrle zwischen diesen 
Beiden das zu Gotha verabredete und zu Torgau r.ntificirte Torgauer 
Schntzbündnisfl abgeschlossou zur Aufi'cchterhaltung des gdttliohon 
Wortä, zur Abstellung der Mit^sbi-äuche des (iottestUenstes gegen alle 
Widersacher auf Leib nnd (Jnt, Land und Leute. Schon im Juni Ciudeu 
»ich Ueno Mitglieder in fünf Ucrzilgen von BraunBcliwelg-Lllneburg unter 
Heinrich dem Jtlugeren, in Heinrich von Mecklenburg, Wolf- 
gftug von Anhalt, z«-ei Grafen von Mansfeld und der Stadt Magde- 
burg.") Im September verbllndete sich Albrecht von Preussen mit 
Kurrtachsen. Es zeigte sich bald, doss es die höchste Zeil gewesen, dieses 
von den Theologen gemiss billigte und wlderrathene Mittel zu ei^eifen, 
und ebenso wie viel es half. 



•) t'rasmi Uj/p. III, p. ^ti. Frobcn. 
'•) Ranke, D. Gcacb. ü, 8. 3äU— M. 



94 



Krste Abchellttiig. Erater Abschnitt, i 10. 



§ 10. Reichstag zu Speyer 1526. Krieg zwischen Kaiser 
nnd Papst 1627. 

Durcli deu Baim des PApst^s und die Acht des Reichs wiir Luther*» 
Haehe in I>fnt3ohlaiifl 7.11 r-inm- ollVntlirhrii luid .illgeuieiiicn fllr Kirche 
und iStaiil gL-wurdeii, welche Allen, auch den liüchätgcstcllteii <^iu Purloi- 
nchmeii fOr oder vider Jibnßthiglc. Aber geit du N. T. 1&2:j fertig vur- 
hig', ui'hob »ir Hielt zu neut:r Selbatändigkeit und trat aU wacliHcndc und 
aufteilende Macht dem l'api^ttlinm entgegen. AU eine l'flicht diüngte 
gich'& denen auf, wekbu die Leitung in der Hand hattcu, ihr zu diuicn 
und di'u» uugöttliehcn Wesen zu widerstreben. Selbst der Uauernkricg 
könnt« dietie« Ptliehtgenihl uielit mehr ei'titicken , obgleirh er allerdings 
Viele in der Weise Hugstlleh inncliti*, Hmh äio an der M'^glichki^it, die 
Gofalirüu der nenuu Glauhens- und KirchcnbilduDg zu buheiTüichcn, ver- 
zweifelten. Die gri>Käen Plinsten durft<*n aicli'« geäugt sein lat^aen, dnss es 
ihnen zuutfhe. vor den Bi»s zu treten und die rechte Alittc zu erzwingen. 

Keue ZwiHchenorcigulssc brachten ucuc Uiuderuisse für die AuefUU- 
rnng deä Wornixor l^dictä. Jene 1525 bei^i-hlostiene Venumiulung su 
Speyer, wu die unt<:-i' Hndriau VI. wieder augeregteu Oravamlua noch- 
niali) bearbeitet und das Coucil vorbereitet werden aoltte, war unterblieben, 
und der Kai^ter Imtte dle^ bewilligt, weil er Spaniens und des franzOatscheti 
Krieges wegen mit dem Pupift in gutem Vernehmen bleiben wollte^ Und 
diese Freundschaft suchte er auch noch bis in das folgende Jahr su er- 
hatten, Krat unter dem 23. und 2ß. M^lrz \h'2G war cine-s der »trengsten 
Mandate dea Kaisers von Sevilla au» nu das Kelch ergangeu,*) welches 
die Vereinigung aller Re^Heren gegen diu „unevangoliüche verdauimte Lehre 
Luther'», dadurch viel Mord, Todachlage, unchristlichc Gotteslästerung 
und Zerst'^Tung von Land und Leuti;» erfolgt seien" (Hauernkrieg), anbe- 
fahl nnd darum zur Vollziehung des Worniser Edicts aiifforderte. Schon 
früher aber war eigentlich Cleinens VII. sellier vom Kiüaer abgefallen. 
Dieser hatte aui 24. Februar 1&25 in der Schlacht bei Puvia gegen Frauk- 
reich gesiegt; in Folge dessen suchten der Papst nnd seine italienische 
Verbllndete Venedig den Feldherrn Mnrchese Peseara, welcher die 
Schlacht für den Kaiser gewonnen, zur Abtrtlnnigkeit zu bewogen unter 
Verheissung der Krone von Neapel; Peacara, obgleich vom Kaiser be- 
leidij^, machte doch von dem ihm zngrmnthete,n Verrath sogleich Anzeige.**) 
Damit aber noch nicht geuug. Nachdem KOnig Franz am 11. Januar L.S2l> 
don Frieden mit dem Kaiser und die Bedingungen, auf welche er ans der 



*) Aligoflrucki in Neu deck er's Urknnden ziu* Relormatiunszcit, Cnsscl \^'M\ 
und cbeuHu im Urkuudenhaad von Kouimel'tt Werk über l'Lilipp von üeBsea. 
•") Kanke 11, S. 329. 



IScfclutsg zn Speyer. rutiHsche W<>nilungen. 



d5 



Ueikngcoflcliaft entlassen werden sullta, lieacliworen Imtte, wurde er sofort 
diircli Clemens stiiios Eides eiitbniideii, und Frniiz schlose nra ä"2. M«i 
flu gegeu dfn KaUer gerirliti'tt-b ItUndni^, l)er Pap.st scheute also kein 
Mittel, um die kai»erlictu* Maeht in ItnÜcn zii Iflhtncu, er wii^t« w, «io 
Raiiko ttagt, mr.li ttclbitt aln d^n MititOpunkt HfM Widr.i'ittnndctt go^ti 
Kurl V. aurziiatelloii. Zum Io(%tcii AIaU> im Juni desselben .Ubred uuler- 
handclte drr Kaiser mit dem Papst, um ihn nhznzicheii, aber vergeberia. 
Dien crfiilir nian nnch in l>eiit:R-liland auf dem RciclD^ta^u sii Speyer. 
AI« das aoharfe Mandat nua Sevilla vom MArz Lri'Jti liier tickaimt gemnclit 
wurde, wuaiite man bereit«^ daiis die t*iii&t:inde sich inzwitsclien ku Gunsten 
der dentsclien nnd der evangelit^cheu Intfreasen ge.lndnrt hatten; man be- 
seliioBfl eine Gcsandtüichart naeh Spanien zu schicken »nd liier nochmaU 
anzufragen ja der Kaiser selbst kam entgegen nnd Rehiekte »einem Bruder 
üue Verordnung vom 27. JnU 1526 naeb t^peyer, narli welcher die ätrafun 
des Wormaer Kdicta aufgehoben sein »iollten nnd llbritiena verlangt wnrde, 
das» ein Coneil Über die evangeliaelic Wahrheit rntitcliitide. ') Hätte Fer- 
dinand dien zu publiciren gewagt: so würde vielleicht zu Speyer ein 
uoeli ent8cbiediner«^8 L'ebergewirht fllr die evangeliache Sache nnd ein 
dem cntbpreeheuder BeBchlu^e erreicht worden sein. Aber gehemmt durch 
den Sunderbund, den er schon «ngehtirte, nnd ans Rdvkiticht anf die 
Regensbarger Geuo»&eu, be^odor-i die Herzoge von ßaiero, welche dann 
vielleicht dem Papst aieli zugewendet und mit ihm nnd Kniukreieh gegen 
den KuBer opcrlrt hätten, unterliues er ca. Soviel aber wnrdc doch durch 
Uuse Wendung erreicht, daiis Ferdinand nirbt auf dem Hti'engeu G<'bot 
Pou Sevilla bestand, sondern »u Speyer 15*26 wieder nnr ein nnbcstimuiter 
Beachlnss möglich wurde, nach welchem den Territorialgewalten ein nnbe- 
scbriinktca eigenes Verfahren vi-iii Keivlu* selbst bis auf Weiteres noch 
VDÜtitAndiger aU früher Uberlnsaen blieb. Die einzelnen Stände erhielten 
noch melir Freiheit, ab ihnen das „so viel möglich" doä Nürnberger 
Keichstages von l/iSl gewährt hatte. Denn besehloKsen wurde, es fiolle 
ein freioä dentacbea Coneil gehnltcu und der Kaiser gebeten werden, zu 
dicBcra Zweck nach Dentsehland zn kommen; inz%*iscben sollten die Reiehs- 
stitnde es mit dem Wormser Kdict so halten dürfen, „wie Jeder es vor 
^jGott und dem Kaiser zu verantworten hoffe," — eino offenliare 
Erweiterung der schuu zwei Jahre vorher eingerAumtcu Befugnis«.*') 

An diesen Fortschritt sollten Hioh aber noch andere gtlnstige Regeben- 
heiten nasehliessen. Der Kaiser hatte seinen Bnidor durch jenes Schreiben 
zugleich aufgefordert, mit einem Meere entweder selbst nach Italien xu 
gehen, am dort die spanischen Truppen unter dum Connetable von Bonr- 



*) Ranke U. 8. ;i«t(j— TA. 
")QioielorIU, l, H.TIi. 



»ft 



Enu Ahätaiwikg. Enux Ahtcbnitt. $ tu. 



boa n Tervtirfcen , oder doch esB aolcli«« lünzngchicken. HJeraar 
ia I>emUcUuMl nüt etneto Erfül|rp freworbon vte ule tuvor; ^ig^eii d 
Ttrfcea" uete buui, »her AUr inist>hrv, m gelie wider den Papst. Dej 
alte Prnndsberg, dtr Luther su Worms ^-Hfaea hatte, and von den 
eia Zuaigcaitme bemeHct, djua ^as h. ETan^elinm in aän riti^rlich Gvmaili 
lud Ben eiDgemaoeit oad befestigt bc-j," ') bot Alle« auf; oiclii bluss 
LiDÜftkaeclite liefen zasammeu, ancti Andere faDden sieh cia, die ein-] 
gristigcs lolereaAe zd ciDem Pctdzu^ ^cgi-n deo Papat Uk'IcI«. Novfa Im 
Winit^ 152C legten sie den gofälirlichen Uancb durch T>tu1 larOck, and 
kam ea aach aus Mango! an Sold tu einem Auf«tand, in wtlchcro der »Ite 
Frnndiberg hcJnabe erlag: äo trieb sie dies nnr dc^to mohr vorwArL». 
Die lleert* verdnigten »ich, dvr Papil hatte sich iiuf» Ncae uiil der Li^e 
vf'rbnndcn; am C. Um 1527 aalim die spanisch-dfliitsehc Armee Rom eia 
der CooiK^table fii-I durch vlneu der ersten SchütbH-, dir Soldaten plflnd«rtm 
und iiiÄnltirtt-n die Heülgth&mer und Gräber worhrnUg, dir> I^ndsknechtc 
rittfin auf f^fleln ab Päpste and CardinAle in der Stadt urab4?r, segnetra 
mit OlAdoru in d^-r Hand, hielten Uerathnn^eii and ftchriccn, sie wollten 
Luther zum Papst wühlen. Am f). Juni inusMe Meh Clemens ^faugeo 
geben und einem Vertrage unterwerfen, nach welchem eine kaiserlicbe 
ßfnatznn^; in Rom bluiben^ er iiclb^l aber zu weiteren Verhandlungen nach 
Kcapet geheu ^llte. Von nun an Hchien der Kaiser den Kirchenstaat 
behaupten, ja er schien in einem Knne Kaiser werdon zu wollen, 
lange Keiner gewesen. Es war ein Moment, wie in der Mitto des cilflen 
Jahrhunderts nach der Synode van Sutri. Der Papat, so faiess ea selbst 
ia kaiserlirhen InAtructionen, sollte nur die geistliche Gerichtsbarkeit wieder 
erhalten; die fi-sleu Platze wurden alle fflr den Kaiser behauptet, bis der 
Papitt ein t'oucil zur Besserung der Kirche berufen werde. Freilich ge- 
schah dies nicht unter allgemeiner Zustimmung. In .Spanien wurde mui 
gegen Karl wegen der Behandlung deit Papstes rebelltseh, und Bnrgoa 
schirkte ihm einen Fehdebrief. 

t*m dieselbe Zeit wurde auch noch durch andere Umdtände besonders 
der Bruder des Kaisers zu grössorer Aufiucrksamkeit auf das VerliAJtnisa 
zu den evangelischen KeiehastAnden gen<)thigt. Durch den Sieg Soliman^« 
hei Mnhacz i'2*X Au^st 1626) und den dabei erfolgten Tod de« Königs 
Ludwig, dessen Schwester Ferdinand zur Frau hatte, wnrou die Krouen 
von Ungarn und Böhmen erledigt wurden. Nach jener strebte, begOnatigt 
von Stilimao^ Johann von Zäpolyn, nach der böhmiächen der Herzog 
Wilhelm von Bsiem. Allein dicM^r hatte sich viel cntscliiedener dem 
Papat ergeben und der Roforuialion feindlich gezeigt; Ferdiuaud schien 



I 



M 




') Barthold, Georg von Frundaborg oder das Kriege band werk zur 
Zelt der BefoniiaUoo, llamb. 1S33. 



Weitere Sjialitingeo, Lutttorisclio Märtyrer. 



97 



milde, er Ubcriialun Uberdict», iu Oniiiteu der Utraqubt«ii dio alten 
(_'outpactacien aurrecht sii urhalttn und zngleirli eine christliche Veri^ini- 
[tcuug und kirclilicliv ÜLTätL'Ilung zu betreiben. Dabi-r wurde or in Bähinon 
[gewühlt, und Kanke bemerkt,*) es sei ein erstet» Beispiel, <Uss das Kmpor- 
kuuiuit-u BaiuruH durch dessen Uberuiäitäigc Unterwürfigkeit gegen den Papst 
verhindert wurden. Auch in Ungarn wurde er aui 3. November 1527 ge- 
krönt, rrt-ilich puch sein flegnor schun ein Jahr xuvor und Beide von 
.ilemselbi'U Bischöfe. Aber weder in Böhmen noch in Ungarn war Ferdi- 
lOund» Mavlit befüstigt, und die.tj bedingte seine Stellung nach Aussen. 
|(jegöiiQber der balrisL-ti-püpstlicheu Partei, zu welcher" uuter diesen Um- 
idun nicht bloss Zapolya sondern auf gewisse Weise der Papst selber 
gebart«;, musste er das Vertrauen des eigenen Landes zu gewinnen suchen, 
hattu daher (irund genug, der evang«>lischcn Kirche nicht entgegen zu 
lieln; denn ftlr diese hatten sich in beiden Läudcrn starke Neigungen ge- 
xeigt, wie denn noch Knde I.'iS!) .SoMmau's glücklicher FeldKug bis vor 
Wien und Zapulya's KinAotxnng durch ihn diese Gefahr bestätigten. 

Alle diese VorßlUc acbicueu vcmiitt«lud einzuwirken auf die höchsten 

[Gewalthaber im Reich. DiMinoch blieb der alte Zwiespalt in Kraft, und 

'iu den altgUubig gesinnten Gegenden nahmen die Verfolgungen ihren 

Fortgang. In Baiern wurde I5*J7 ein Mönch Carpentarins und ein 

rrioster Leonhard Kaiser verbrannt, Letzterer auf Betrieb von Eck 

trotz aller Verwendungen f(lr ihn und trots seiner Uedlicbkeitj die sich 

fnoch Im Tode bewährte. Luther widmete ihm eine Denkschrift: „Die 

Oescbirhte von Leoubard Kaiser, der iu Baiem um des Kvangetiums 

willen verbrannt worden.'' Zu Halte wurde ein Prediger Wiuklcr ermordet, 

wie n).-in annahm anl Botrieb des Domherrn von Mainz, ein anderer Johann 

Reichel iu Schlesien. Zu den bekannten KMrtyrern der folgenden Jahre 

i^hört Adolf Ktarcnbarh,**) der im September 1529 in Köln verbrannt 

|wurde. Sonst allerdings wenig Lutherisches Mttrtyrcrtbum im Vergleich 

mit dem der ICefurmirteu Kirche. Dagegen in den der Reformation zage- 

: wendeten Ländern wurden die kirchlichen Angelegenheiten von den Rc- 

[gierungen selbstJlndig und dabei verschieden amgestattet, also dadurch 

«chou An&ngc isolirtcr und ungleicher Landeskirchen, getrennt wie die 

Territorien selbst und diese Trennung vermehrend, an die Stelle des alten 

biscböHiL-heii Kirchenregimeuts gesetzt, welches von der Ausbreitung des 

CbristODthnnis im ganzen Reiche herrührte, ein VerliAltolss leichter eiozufOliren 

ala wieder anfzuheben. Oräo ecclfsiasUcm oräinem polHicum dehet sequi. 



') Hauke U, 8. 42(^— 22. 

"> Beckhaus. HarraUo brgvii He Vlarenbachio, Marp. 1817. Kanne. 
[Camorarins* Schicksale In Italien nach dessen MS., und Klaranbacb's Mart^^r- 
'dinm, rrkf. 1S23. Mobalke, Die entre Quelle zur Geschichte Klnrenhach'H, 
bei Illgcn V. i, ».24Str. 

Hrakr, KlrvlMiifffnoIilcU« I. ^ 



»8 



Brste Ablbcilun^. Enitor AliMiliuilt. § II. 



§ IL Deutsche Territorial -EiichenverfassimgeD. Hessen. 

(^iiellun u. UUIfsiuittel. lui All^oiDvin«n: Itichter, Tiie «VAng. Kirv'lienorilnunpra 
\\ve lO. Jalirli., Wciuuir IMI>, 2 Bde.; Dvi)5elt>e» desuhiclite der pvKiig. Kirt'litin' 
vt'ri'iifisiiiijr. — tu Ilo7.ii(r mif UcMeti : Lambcrti Hpitlvlit ml ('oUinh-nfes ai. lirnufl. 
I.aiizt.', 'rii:ttt.>n Pliiliiipi M»;^Hniuii, CsHorl IMI. Kouiiucl, }*liil)pp der (Irus»- 
iiiiUiiiffB, :i Btie. IMittvr, Kur«t* l>ar«Ii'Uuiis 'l'^'r ht'ö». Kul'.-Ovncli.. Götl. ITIM. 
Ilauä, lleH«. K.-((. bi&AnI'. Wl, rrniikl'. tTiiii. Ilahtciikiiinp, ilc»8. K.-(t. avit 
iler Ktft.. Marl». ISl". Itickel, Uio i^vaug. Tnitil).- ii. Syuod.-Vrrt'. in ihrem L'r- 
»priiDge u. ICiotluden auf llcaseu , JjeMmhxT. ileit VcTcin« fDr lioiä. Lündeskuudc. 
C'aas«! ih'ih. Crednor, rhUipp'fl dos (Inrumlltb. tieas. K.-RQt'.-()nlnnng, 0)e«s. 1!153. 

Nuch üi domscIböD .lalirc 15*24! Iieettt^* »icli der 23jÜlirigo Kandgraf 
PlitUpp von Ueseeu, von dem Zuguülündnigd Aka Kuicliiita^s Gebraucli 
zu mnchtiu, mu uacli den ünriUii'u ded Uatierukrioges woni^teot» dva 
l{ath MeUnchtlinn's %y\ bctulgen, datt» diu Fürsten Hitli lultcnd .in 
ilie Hpit2t- der Ilewcgung HtullL'u uiUäfttcn, wi^ini iiirltt der Tiutitunr. 
alk'ä Uuäleliciidcn gewagt werden »ollte. Er eigentlich als der Erst« be-j 
wirkte no<^li In dBinncIUrn Jalirt; eine CaigedUltung der Kirche uuU Kirchcu- 
orduuD^ liciucs ^'auzc-it Landcfl. 

HeBSiin befand aich aach nauh seinem dain-iligen gröitaeren L'mfuug 
kirchlich nater der numittelbaron Verwaltung von Mainz, dn diu allfn 
itonifazischcn Bisi'iiölo für Htütten theila wieder eingfgaugwn uder mit 
Mainz verbunden waren wie Uuraburg, (heile jetzt uicht mehr auf hessi- 
«chem Gt^hict lagi'u wie Wüi-zbiirg; nur Oicaüen gflitirt« mit aeinor Um- 
gegend zum Kr»bi»thiiw Trier. Üaa Land war Überfüllt mit Niederlaöauugen 
fast aller j zumal der neueren Mtincliseungrcgationen; nieht Beneirn'tin^r, 
aber Pramuiiätriitcnser, CitiU^rciunKcr, Franzi t<>eauer, Duminicuucr, AuguBtmer, 
Cai'mcUter hatten ihre Ueimath )iicr gefunden, dazu kamen weibUehe 
Stifter aller Art, auch dcntaclio und Johanniter- ßjtter; man zähllo 
fiO KlOüter und mehr als liKHt Mfinehe nud Nonnen, dazu llrtlder dea 
genietnäanien Lebens In Cassel, Marburg, Biitxbaeh. l'ntcr den KUtüittira 
befanden älch zahlrelcbo eximirte, aueh ätüdte wie Krankeuberg besassoa 
Sendirclheit; schon im XLIl. Jahrhundert verzichtete Mainz auf Hynodeu. 
An freiisreu Kegungeu aber halt« u» bureita Kcit 1517 ninlil gefehlt, zum 
Tbeil sclbBt unabhüngig von Sachsen. In Marburg, wo jeder der grossen 
Büttelorden eine ^tiederlasaung besass und die Dominiraner im jetzigen 
Univcraitätahausc, die. Franziscaner und BarfElMer an der Stelle der 
Bibliothek und Reitbahn wohnten, predigte 1M7 ein Franziscaner Jacob 
aui» Limburg von der seit f'i(Ml Jahren cingeritwenon VerfAlsehung de«f 
Kvangeliums; man nahm ihn gefangen, aber aus der MaueniS'nnng selues 
Kerkerb redete er zu den im .Stadtgraben versammelten Btlrgcm, bis man 
Um forcierte und versehwiudeu liubH. in Alsfi^ld wurde einem AuguaÜuer 



"HtSäeu. Vdrlinroitaiip xnr iTomberi^r Synode. 



9d 



.Sohnahul, einem Sotittler Lutlit^r'a, das i'retligftn verboten. In Cusel 
tiug Joltitim Kirchli.'iiu 1521 un, ilie Mkhhk duuUch zu adiiih)Utrin;ii. 
ScILiftt ilor Alir von IlerRfeld Cratu Mtle» von Htingeu war der neuen 
Sa^'ht; zii^el)i:ui, t:r «irUnltte Mihirhßn nnd Nnnnrti den Aualrttt, empfing 
Liitlii^r bei «»innr Kttukkclir »nn Woniis nnd lieon ibo prcdigeu, blieb 
über TiplbtT Abt, damit kwiii urH'vanp'ÜBrb fJ*wiuiit«r an die Stelle irfite-.. 
Lu den Juui l.&*2i lallt dann Pliilipirb Ziisauimcnkniin mit Melniicbtbun, 
nnil piimn wi« Kcbnftllen Kindriick (Kpsr gemacht batte, xeif^c «ich darin, 
dflss er sclioii anf Urm Armbnist^cIiic»Hen xu HridclUi-rg dru Fihstcn den 
VurHcblu^'' uiai'btt', riie nn'ii'btHn sich vi-roinigi^n , niv!]it mehr fto luiuiäRBig 
2U trinki'U und zu äuciton, und daits vv nach Bcluer ItUckkehr den heasi- 
Afhen l't'arrcrn f^inplabl^ Aelinli^^lics b»'i dum Volke zn bewirken, bIp mint 
Frieden nnd zntu liuliurrtaiii anznliaUrn und dabt'i da» ^Jvaugpli^m rein 
und Uati'f zu predi^^t^n. iJit^ft gescbab vor dem ßanunikricgv nnd trag 
violleicbt f;oiudf iiöfb Kur EHialtuii^ dr;r Ruhe In Hessen bei. Ira fül- 
gendou J&bro crkLilrte i^r schon, dass er eher Lund and Leute lassoD als 
vom Worte Qott^a weicbeo voll6^ und der Aa^iutg dea Keicbstages bewog 
Ihn zit verschieduneu Maa^tiri'^^'lti. Zwar vuu der Ansicht ma^ er noch 
iiii'bt an8gegan(;en «ein, dasB er als Laudettfürtit an der Stelle de« Uisehortt, 
bier also de« ErzbitjchofB von Uainz einzutreten habe; aber gerade weil 
ur ilaruTt nicht dachte, vcranstaltcta er eine V>rKammlung, anf welcher 
Jeder und nauiootlich die kirchlich belhcilipten Welt- und Ordenügclst- 
Uüben etwa nach dem Vorbilde der sdiwcizoriachon IViaputationeu sich 
an()>iprechcu sullteu. Üass er dieaeti nicht beistimme, war freilich Buit 
zw<:i Jahnni bekannt. Schon war der Landgraf anch mit evangelisch gc- 
äiuuten (Uilhg\.'bLTn umgeben. 'An dieaen geborte vuruehmlicli Johann 
i-*ieinnB'> aus Liehteuan, geb. 1482, »cit löl3 bis an seinen Tod 164(1 
als Kanzler thiitjg, von Erfnrt her, wo er 1503 studirt hatte und nachlier 
Itoetor geworrlen wai-, l->cund bminiDiötiscIier Studien und jetzt der evan- 
geliiteheo Richtung zugefhan, aueb bekannt mil Koban HcBans**) und 
Euricius Cordn», die er nachher nach Marburg brachte. Ferner Adam 
Kraft aus Fulda, auch Orato genannt, Freund Luthers und Melanch- 
Ihon's, ebonfalla in Erfurt angestellt, auch gegenwärtig bei der Leipziger 
Disputation, nachher ans seiner Vaterstadt nach Uersfeld v^rdr&ngt und 
}h'2it vom Landgrafen als llufprediger berufen. Diesen hatte er auf dem 
Mztcn Reichstage uach Speyer begleiU-t, woselbst seiuo milden und nicht 
polemisch };ehalteuen Predigh-n vielen Beifall fanden; Jacob Sturm nennt 
ihn „einen l'rädicauten, der ohne einiges l'ochen und Scheiten ganz sanft- 



V) Strieder, Ileas. Schriftstellerlexicon IV, 42 ff. 
'*) 0. Schwertzetl, Heliiie Eobanus Hesims, ehi Lebonshjlil ans der Ke- 
foruialioiiHZvit, tialle l^'4. 



100 



Ente ÄbthrilaBf. Enter Abscboitt % It. 



mflthig (*bmtQm predigte." Vod die«er Mild« aber seigt« gerade das 
G^entbeil t'in Dritter, den dpr Lnotlp-sl' m\hA eipcits zui' Ausführung 
neioes Vorhaben» verscbrioben hativ, — ein Franioic und chemattger 
PraDztäcaner Lambert aua AvignoD,*) geb. l-it^T, durch Bekauutschaft 
Qiit der Bibel und Lather'ft Srhriften, dann auf einer Heise durch dir 
Schweiz lS'i'2 vün Zwiogli persönlirh uuigesümioL Um Hirh weiter zu 
belehren, war er nach Witteuberg gekoiuiaeu, nud eng au Luther uuge- 
6chlo96en Übersetzte er SchriAen dt^äelben in« Lati^tuiache und Franxff- 
HiDche und («ebrieb gegen Eraämuet De arhilriu hominis irre capliro ctmtra 
adversari(ts Lutheri. Obgleich Luther in mehreren Hriefen «her ihn 
klagt, das» er ihn jetzt eroältren mOHse, wthreuil er doch tK'lbst uleht viel 
habe und sagen mftsse: fiUenis vivo:") so hatte er sich doch sogleich mit 
der Tuehter eiuüü Uäekent aud Herzbi^rg vt-rlieiraliiet, war aber Ui'l\ von 
Wittenberg nach Metz and ätrassburg gekommen, Ton wo er nun, vielleicfat 
durch Jacub Sturm, dem Landgrafen für »eine damaligen Zwceke vm* 
jifühlt'n wurde. Kine glUcklichn Wahl k:iuu man ihn knum neunen, seiue 
PersOuliehkcit gab uiancbe Bldsaen und Beine ^hnpfnngeD haben keinen 
Itcstand gehabt.'*') 

Lnuibcri mnaste jetzt iin Octüber 1526 Thesen schreiben, welche 
bestimmt waren, auf einer Versammlung entweder sofort oder nach vor- 
heriger DiscuRsion angenommen zu werden, — eiu Verfaiiren wie m'an C8 
kurz vorher bei den schweizerischen Disputatiunea eim^etichtagen hatte. 
In dicaeo Thesen, welchen er wohl wegen des Widerspruchs gegen das 
Herkümmlichc den Titel Paradoxa gab, waren Orundsiitzc niedergelegt, 
aus deren Durchführung freilicli ein ganz anderer Zustand in Sachen der 
Kirchenverfaasung, des Cnitus und selbst des Glnnbens hervorgehen niuABte. 
Sic hftttdelu von der allein verbindendeu Kraft de» Wortes Oottts und 
zwar des geschriebenen ; niclits was eine .Synode oder ein Mensch und 
Papst bcschUesst, kann von Gott stammen, wcnu es dem zuwiderhiuft, noch 
kann Gott sich sellwt widersprechen; und davon wird im Folgenden die 
Anwendung gemaeht auf das liecht zu reformireu, auf Messe, UUder, 
Pricatcrche, Fegefeuer, Ucüigenverehrung, MönchLhum u. ». f. 

Die Synode aber, denn das sollte sie sein, eine Versammlung von 



*} Ilassonkamp, Lambert von Aviguou, EiberC ItJBO. Baum, Frau 
Lambert sus Avignou. nacli seinen Scliritten und den gleiehzeitigeu ijuelleu, 
Par. u. HirasMb. istit. 

•') do Wette U, a308. Mtflander, Jocoteria S ü^t ;»• »^3. 
***) Gegen Laoibcrt's Itctragcn, seiiio Aniuaiissung und Lcidouschaft slud 
mehrere Epigiamme seines damaligen Collogen ünrlcius Conlus gerichtet, 
welcher, obwohl selbst der rcfonuatoriöchen itud LulhenBctieu Partei antfchOrig, 
Jueli an dem f.PfaffuutitUniten" iu Erfurt K>2I und alnilicben Auslassungen kein 
WoblgofHllen hatte. Diwto mehr werduu KruJ't imd bchoepf von ilun gelobt. 



Synode %n Bomberg. Lambert, 



101 



Geistlictipn, wolohor fliese Thesen vorher durch Aiiaclilftgo hekaont gemacht 
worileti, wnrde »m 2fi, Ortober ISSfi in der Kirrbe zu Tlomberg gehaltRn. 
Der Lamlgraf Halbst [iti<l rtcr Ksiiizler Ficiiiu» warrn gCKoawürtJg, ausaor- 
dftQ za.Hjniincngcnirt^n, wie Ijuuzi^ *^sU —iNc Pnitaloit, Ai'btp, PriorPH, 
Patrc», Goiifeasore» der Kl<>8tor, Decbaot, Tliumhei-rcu, Pfarrer und Priester, 
and ih'ben dm Allf'n anrh dio [tittirschaft und Gefiandtc von St-tdlen des 
Farrttctilliiituä HcKM-ii tiatl di-u dazu grhöngi'u GrafsehatV-u.'* Diu Acten, 
nnd Protocolle Rind uoch oicbt wieder «utgefunden, aber wohl von Lanze 
bifHutzt. Fkt Kanzlcir h('>;a!iu mit der nitiw»isuug auf tivu gogvDwJlrtigeu 
Zwirspalt Zwt'i Ueherzetigiiugen stehco eiuHndor entgegen, der eine Tlieil 
kla^ Aber unlautere Auslegung des KvangeliuntH and Einmiachung falscher 
dalznngeii, der aud<*re, deu Vorwurf zurückweisend, bitU fest an der 
Celicrlieferung. 841 aeicn die Gewiaaen gequält und geÄrgext, nicht Alle 
könnten grflndlieh widson, welchem Theile sie anhangen sollten, und es 
mds^e ihnen gesagt werden. „Nnn sei aber gleichwohl wahr und unleug- 
bar, daas etliche Dinge- eingerissen, »e dem Wort« Gottes zuwider wilren, 
und lue man nun gleich sehr von wegen der langen Gewohnheit fflniebme 
tar Recht zu vei-theidigen," nud in solehen Füllen habe, wie dem Land- 
ifen berichtet sei, ,,die alte Kirche die QeistUchkeit versammelt, um 
durch deren einhellige KrklHrung die Mensehen wieder zu einträchtiger 
Lehre, Loben und Vorstand zu bringen." Darum habe nun aneb jetzt 
nach dem RelrliHtichhiss von Speyer der Landgraf „keinen bequemeren 
Weg" gewusst, als alle Geistliehen zusammenzu rufen, um von ihnen Unter- 
richt zu nehmen, wio man sich hier am besten zu verhalten habe, und 
weiter „dem chrwUrdigen und hoehgelehrten Franziseo Lamberto von 
Avignon aus Frankreich befohlen,*' die angeaeJilagenen Thesen, welche er 
ans der Schiift zu erweisen holte, zu verzeichnen. Wenn nun „Einer 
oder myhr" dieae .iuh der Schrift zu widerlegen wi«se, der möge da» ohne 
Scheu mit freundlichen und bcscheidcneu Wurteu sur Belehrung der Zu- 
hfirer thnu, nnd «s m^IIc ihm sicheres Geleit gegeben nnd fflratlieh gehalten 
werden, llicriuif 1:« Lambert seine Thesen vor und vertheidigte nie in 
mebrst[tndig'>m lateinischen V4>rtrage;*) ebenso Hprarh am >tachmittage 



') Lambert'» von AvJgnoa 16S Thesen Paradoxa genannt, in Hardt, Bist. 
fif. ref. V. 1*. Ö*«. In 2;i AhschnittcD. 

1. Alles uiiiPA nach der Sebrift nllnn rcfoniiirt werden. 

2. Aufweiche \Ypifio, da» sollen djo BipchJifo o<ler miiiistri erelrs. Ichren, 
und deu KUrateii und Obri(?lcciien bleibl die Aiiftllltirting; denn iiriacijiiims et 
tt*ivj>«lraUhus omnis mtima fubiliUi est, ^tiain fpiscojii et cUrus tolus, Wim. 13,5: 
a tUabol" sunt »Hivcrgn dcri exctnUoms ft i>nvHfgia. 

:). AUu die Kirche lehrt und die Fürsten hallen aul Execiitfua. 
4. Die Kirche Ist die Gemeinde der Heiligen, ilu- entgegen die Synagt^o 
des Ijttan. 



102 



Bntb A1)tlit?na&g. Erster Absotinitt ( lt. 



Ailam Kraft rlputüch. Man ilarf nicht Torkrtnnmi, m gt*b<1rte Mtitli dazu, 
iiotpr eolclicu ['inslSudeii zu widci-sprechon und für daa Koclit tlcs Alton 
aofsutrelen, denn wie dii' Stiimuting war, aeigtc sidi ilraiiitsoii , wo 



5. Die SchtKflSol dei« Rl-icIics Gottes sind die Macht aufzuiiehmen und au» 
KO»chli(«»<!u. daim dpr GoutI Chricti und das EvH»t;t-'Huai. 

li. Htj t^vhi nur Kia (vahn>& FHe»tertliniii. ita!> <'hri»ti, ali« wabrhaft OlSu- 
bi|^n beiilerlri (ir^K^lilt^-liT^ wprdon dcsAfii 'rheilii»)iincr. 

7. Kein rwhte» uwige« Opler aU das «lete SeUislDpfer der (jlllobiKen^ 

S. Da« Ahpndinahl ist cummanomlw don Opfers Christi, non ileratio, — 
Kucharistla est graiittram netto ac nwutorln umriium, tfuae Christus in cni'ue pro 
nobis ftcit. — /m ea msibites substaniiae ejus, ijui inptsfffäiter adest , titjna sunt, 
Uicee Geponwart onisfelit niclit durdi AuctorifSt udiI Anrufung (adjuratiu/ von 
Mvnsclii'i), Bundcni nacti Clirittti WilUiii. I)«;r K-cltlt' (>t«)>raiivli lot dieae vtimmt' 
morntio der Olüubitccn, xleo fliickwUnliner Miwjljraut-h die Autbcwahmu): in BebiUt- 
tiiäscu, fleintio «rf iufirmof. imsfutin /»ru t/Lfitnctis et vivis. 

y. Das saccntniium xacrificuloram, UHCli'rum <r/ rasomm est a salana ex- 
e&tfitat»m. um da» sncertfofium Christi zn vereiteln. 

10. Bilder sind orlanbr, so laniro »io nicht verehrt vcnlen, ihr CnItnR ist 
Oiitzendicnst; über nicht Judcr, »ondoru die rUrKt«n Bollen sie wegnehiüen wie 
Jotiia; ihfminus mittil uocum eliqHem Joxiftm. 

11. Die Schrill kennt nur zwei Nnmeii, die «ler Biscliüfo und Diakonen. 
Die Bi«rbiJfc 8ind iwu iarvae iUac j^rmtiffnnttt: guadcm telbst I'redijjer des ErBQ- 
^eliuins und Verwalter der Hacraiueute: sie luUsEjeii mit ibren l-'nmilieu cmHhrt. 
werden \uü denen, fllr welche i*ie jiredigeu. und diese sind von den Ftlröten dazu 
aozahallen; aber <tio OlKubigcn tiedllrlo-n dcxsen nicht, da »ie wissen, daas man 
dem Oriisen der da drischt, ni^'ht das M:tnl verHndRn aitll. Fürsten können nicht 
selber Blscbilfti sein, weil der Dienmt tun Orte dHxii erforderlich. 

12. Der <VtIjbiiT dea Kleniti ihr iinfhnfttlirh, ilio Rbe rein und ehrenvall sclliat 
für Miinelie nnri PHiclit für diejenigen, 71« sc non coiiiinent. 

i:i. Pur/jatuln sitnl cor<ia mistni a fcraitis , das (loecbieht nur dweh da« 
Feuer de» gi^ttlichen (^eiitte» im Glaiilieu, nisu kein Tur^itoriuni »U die Kirehe. 

U. Corewunien, iKibald nie nicht »el)ri(twidrtg. uiti^co frei bleiben, notbwendig 
Bind tue nicht. 

15. Wciliwatfuur u. iterf^l. ist verwerflich, dnnn dem wahren Gtanbcu wird 
damit »u viel entzi'^eu. uls dafllr iihuben Kt^fordert «irtt. 

l)>. Es ^ebt keinen l'empel als lUe Glllubitren, keine äalbnnj; aU dnrch den 
tfJUtlictiru (ieiat. nielit mit Oei; abusivc fUitUum tat/ernacultt (die KirrhcogebÜudc?) 
Itei tt'tnplit vocantiu\ 

n. Impium est pulare, srpuUuram aliquül faceri ad saluttm. Qui loea 
fidif, pcrit. 

!*•. Annitung Gottes wdl im Herzen geschehen nud ia verstrindeuer •Sprache. 

10. '1'aufe ist Signum, quo quis admittitur in consnrliuin fidt-Uiim, um auszu- 
drdeken, dat-s er nun der .Sünde altgi'Slorhen sei und Gott tubeu üolle. Stgunm 
ab homhtihus tradilur. fidi's » Ucn. Auch fUr Kinder und äcliwaehe soll dt>r 
Köttliehe GeiKi erbeten und diene darnm i^titauft werden. 

'in. Aller nirht vnn tiott eingesetzte cuühs Sin Ist eitel, der besto ihn nach 
Beineu) Wort in Ilechtfteliaflenlieit zu verehren. 

21, Nnr Gott ist invoeandtu, nicht die Ileiligtm, denn lUeie sind auch nicht 



^ 



Vi'rliiadloiifreo za Hombetv. Nie. Ferber. 



in» 



Volk einen GoisUirlion, der die Thesoa Unt vorgelMaen ßnd npmprkungen 
uhor siv ^cwH^t, niil' der Strasse zu Buden jiicvorfeu und gcmisahandelt 
UaUir. Ell* middpli- a1i-.li abpr zum Wort der (iuanlina der Fninziacftner 
xa Miirburg Niculnue Ferber*^ aus Herber d. i. Ilerburn, nnd erhielt es 
für dpü MiTgou. An dicüem lieiis man Lambert seine Thesen erst noch 
cinmnl vorieiten und rr»f;le dann di-n Nu'olntis, was er zu crinoern habe. 
DlpftRr, nnchilom er sebon frlllur dem Lnndgrafcn schriftliche V'orst^Iiiingcu 
penineht. U-hiiUt eine eigimtlich» Oispulatiun mit Lambert ab, wulcbem 
IT demniichist andere biblisch erwi^iÄli^'he ErpebniBsi' (■ntg;cp'>n ansetzen ge- 
dcnkr; dagegen hob er dm Ftecht^pnnkt bun'or iiud bei^tritt die Com- 
pt'tmiz der Ver*8nimlang. Es gebUliro, so laaleto «eine KrklArung, der 
rvltlicbcu Obrij.'keit nirbt , t-ine Hynodif zu halten, die ('ieidtlicliim zu he- 
)tlon nnd Über den Glauben zu verrügcu, zumal nacli dem Wenneer 
Kitirl nnd dem äpeycrichcn ReiehsHclduBH und bei oral noch bevorstehen- 
dem Nai'uHiali'i-iicil, und der Landgr-if nn'jgc, »ttiit eigcnmäehtigc Neuerungen 
vurzitnulniieu , vielniflir in die Fiiüst.npfen Meiner V<irfuhren treten. Es 
aei richtig, dasa das Lehcu mancher KIoHlerlcnto ihrer Regel nicht 
gi'müKri hrfundcn worden, aber diesem Uebelstand mdssten di<' Kloflter- 
uberen abbelteU;, und den wcltlirben Herren stehe nicht zu, deshalb die 
Elnater abzuthnn nnd ihre Güter zn verwenden. 

E» war uieht jrnnz leicht, dieaeiu formellru Bedenken ein gleiches 
gcgenütii^rznittellon. Uer rerbtitge lehrte K^usler Fi ein n» fand einen 
Oeg«ingrund in dem in un»orea Tagen wieder geltend gentachtoii Begriff 
einer Advocator nder Seliirmvugtvi . welche der Obrigkeit auch nach 
Stelleu den kanoutöchcu Itecht» i'iber die Kirche zukomme und sie, wo 
diese in Noth und Veifall komme, einzuschreiten berechtige und ver- 
pl)ic.'Lt<;. lltT Ouardiiin konnte darauf niebtä erwidern, ala was er schon 
gewagt halte; er wünschte i'ilr die kirchliche Sache compotente Uiehter, 



mcdiiitures et ativoniti^ was nur ('bristutt Ist. Filrbitte fltr einander ist GotteR 
Wille, aber diu sanrti tfnrmiirnU-s hwlUrten ihrer nicht 

2"J. l'i/lc noH kistorka ti>ln, fctf ifun Den crcUmiis et V€re ftiUmus , justt- 
ficarnnr ; fittt:s niiH'/iiam rft int-f/iuj'. sctl fncU , ut sfionte tfx Bei scrvetia: Die 
Offcra extcrmi-, Kitiiiefi u. «If^l- und denj Gläubifren frei 7.u lausen. 

'iX Mtlnelitham ist .Sectcnwueen in der Kirclio. und Secten sind nia Treiiauagen 
in Jeraellien verwi'rfliüh und Abliill. da» .Münchümni olme Liebe sucht das äcinigo, 
die Golttb'le fluchwürdig al8<i nichtig und gegen die ehristliehe Freiheit. Das 
Betteln i^t rapuciias und widerspricht ohuehin der Miiioritenregel, noch Bchlioauicr 
da» .S4;hä!/.cnunijiufen ncgco Jea, 5. Häher sollen alle KlOster durch die Ohrißikoit 
gtMifTiiot unti in .Seliulcu der Cliiuhi^'vu verwiindelt-, die Jüngeren zur Arbeit an- 
gehalten, die Alten (rvscbont wi<nleu. 

*J Den N.inien Fcrbnv krtmt weder Lnuze noch Uainhert, auch or selbst 
int aicb nicht su; sollte also nicht Ferber nur Verwoeb&otuug mit Herber 
in? Vgl. Uraud's Anagahc der h'pisli>ia Lamberii ad CoUm. p, 11. 






104 



£nte AbtbeflnliK- Bnter Aliarhnitt. $ 11. 



wofür er weder die Leiter der VernAmTnlung noch einen a1>gefallencn 
achismatificbco Möuch anorkcuiien küunt', iiud hielt znictzt dem Landgrafen 
vor, dass er zu der Vcrwpndiing des Kirchpngiites kein Hecht habe. Oieaaer 
antwortete, daas er nach so laugcm Sehnte und so vielen VcrgUastij^ngeOi 
welche er dem Nirolanti und Bfinein Htifl erwiesen, »olrhe Entgognnn^ 
nicht uro Ihn verdient habe; er wulle ja nur Beilegung der vorhandenen 
Spaltung, und wenn der LSuardian gegen Lanibert'B Thesen etwas ans 
dem Wnrte C!ottes VüHiringeu könne: hü sulk' er e» thun und sei dazu 
verbunden bei Verlust deiner .Seligkeit Aber Lambert brach nun heftig 
los: er eei kein Schismatiktrr, er bekenne Christum als (Intt und Mensch 
und rillinie sich, das KloBterleben verlassen zu haben, weil e« dem Gvan- 
golinm widerspreche , der Guardian aber als verstockter Verfechter dos 
Antichrista und seines Itcichs hüre uielit auf, Gott zu lästern. Ancli am 
Nachmittage wurde der Guardian noch vom Kanzler zur Nachgiebigkeit 
ermahnt, während Lambert schrie: occiftofur beslui, oder doch e.xpeUnlur 
bextiu dp prormcifi . Mb denn Nicolau» «nlotzt nur noch um da» ver- 
sprochene sichere Geleit bitten konnte. Noch ein Dritter, Johann 
Sperber aus Waldaii bei Casw^I, wagte eine Opposition und drang anf 
Verehrung der Maria, darin wurde er aber, wie Lauzt: sagt, mit Stellen 
wie l. Tim. 2, b dermawen zarechtgewiesen , daea Jeder mit dem guten 
alten Manne Mitleid hatte. 

Nach einer letzten Disputation zwischen Lambert und dem Prior 
der FranziscBner wurden die Verhandlungen als beendigt angesehen und 
eine OommiBaion „der vornehmsten PfaiTcr" aus der Synode gewählt, nm 
die Ausführung des Vorhabens und die Abschaffung der Missbräucbe in 
die Hand zu nehmen. So entstand die Üeformatio ecdesiarum Hassiae, eine 
Kirchentirdnung, *) die nirh prhon dnrrh die latfinisrhe Spr-iehe, dnrch 
die wörtliche L'ebereinstimmung vieler istellen mit Acusseruugeu Lambert*S| 
durch die in ihr vorgetragenen GrundsAtze, die Schnelligkeit ihrer Aus- 
fertigung und endlich durch den Umstand, das« sie bald wieder abgeändert 
wurde, als ein Werk des Letzteren zu erkennen gieht. Die hessische 
Landeskirche, — denn dieser Au&<lruck erhält jetzt zuerst seine rocht- 
mäasige Stolle, — empfftngt hier, — und schun dadurch wurde sie als 
ein kleines mit dem Staate congrnentes Ganze ausgesnudert, — eine freie 
sehr demokratische Verlassung, in welcher der tiemeinde ein grosser An- 
theil bei der Rirchenleitnng (ibertragen oder, — so sah man es an, — 
nach den For<lerungen des Kvangeliiims wiedergegeben wurde. Die höchste 
kirchliche Behörde Bollle eine dreiUigige jflhrlirhe Synode zu Marburg 
sein, zusammengesetzt ans allen Geistlichen und ans abgeordneten Laien 



*) Gedr. in üettmiH. Mouumenfft ttassiaca und in Klcbter's Kircbenord- 
nungen I, 8. 56— G9. 



Cbaralcter der bemlscben Rirchenonlmmg. 



105 



aller Gemeindeu. Diefie Synode väliU dann Air jedee Jabr drei Viel* 
tftloron, welche tincntgoKlieh umhcrreiöeo nnd jedo Gemeinde vonigfttcos 
eiomiil im Jahre prüfen milHsen; hIp wJililt fiTner einen Ausärhntta von 
Dreizehn, welrlier die von ihr zn cntso beiden den Aii}<elpgeuheiloD zu 
bearbeiten und vorzutraf^en hat; Rtagen der Ocuieinden Über ilic Oeiat- 
liehcn beurtheilt die Syuoile sogleich. Den Pfarrer, welclier naeh dem 
Irenen Tettlamont auch Bisehof heiligen kann, wählt die Geoieindo aelbst, 
nod sie mnsfl ihn dergestalt criikbren , dass er aueU verheirathet Icbun 
nnd Gastfrennilttehaft ilbt^n kann. Zu Ihrer Auältildnn^ Bnllen alte hcIiHK- 
erfahrenen und fromme» Miiimer von jedem Staude und jeder Beticbiirtiguiig 
gevftblt werden ; anch ist ihr Amt nicht so exclasiv, da«a nicht anch 
.U^der einem andern C-hrtsteu nueli beiehlen, Jeder den Andern al^ttolvlrcn 
dUrftf. Wer in der Ncth die CJemeinde verliUat, wird ahgcse-tzt. Auch 
die KirchoQzueht wird demokratisch von ^der Gemeinde in eigenen wöchent- 
lichen Veraamnilnngen geiiht, wozu sieh jeden Rountag nach dem Gottoa- 
dii'nat und unter Leitung der Geistlichen die Gldnbigon vermimuieln ^ um 
lucb Matth.lB, 15 — 18, 1. Kor. 5 den EJrohenbano oder Zur echt Weisungen 
zn verhängen. Schwierige HeHtimmungen ergebeii tticli dabei, doch werden 
bttrgcrliche Vergehen der wettlichen Obrigkeit iiberlasseu. Nach Kup. 29 
nnd S. 68 bei Richter soll in Marburg ein Studium uu'wcrmle bestehen 
zur Ausbildung eines neuen Geschleebt« evangcligcfaer Lehrer nnd Geist- 
lichen, und in diesem nichts gelehrt werden, i/uod negntiis regni Dei 
obfsse posfü. Dazu dienliche Vorlesungen werden aufgcztfblt, das Kirchen- 
recht aber verboten nnd nur ein Anathent gegen denjenigen ansgesprochen, 
der hier etwas gegen das Wiirt GnUes beachliessen werde. 

Dies war eiue so demokratitich geordnete KirchenverfaAeang, wie sie 
nicht bloss damals, sondern anch in spiiteren Zeilen nicht wieder versucht 
worden, iKichstcns etwa in •SiriiBsburg und bald daranf in Genf und spüter 
in Sehutllaud und wo sonst sieb das prcBbytertanische. Wesun verbreitete. 
In Strassbnrg war es auch vermulhlich gewesen, woselbst Lambert von 
Farel diese GrundSiStze .tnfgenommen hatte. Keineswegit trat hiernach 
der Laudcifllrst als aolclier an die Stelle des Biscbots, sondern l'redig.-r 
nnd Gemeinde, nnd der biblisch« Name Bischof ward geeignet gefunden, 
Jedem Prediger beigelegt zn werden- *) Allein eben deshalb hielt sich 
diese in sulehcr Ausdehnung fremdartige (Ordnung nicht nnd kam in 
manchen Gegenden wobl gar niclit zur Ausführung. Oleich anfangs 
Bbienen wenigulen« Modifieationon niithig wie die, dass es fllr das ersto 
- dem Landgrafen Überlassen wurde, mit Zuziehung der Visitatoren die 
Pfarrer zu ernennen nnd Über Zosammcnziehung mehrerer Pfarreien In 
Eine Uaaaeregeln zu treffen; anch auf die Wahl der 13 Deputirten wnrdo 



'] Baom, Lambert S. 82, 83. 



lOfi Krpfe Abtheilung. Erstei- Abschnitt. § 11. 

ilim (rill Ehifliiss wngeräuint, — Alles, wie Püttcr bemerkt^ ausdrUckUche 
IJfbcrtvagunfrni von Kcchlon .in dir Ijaiidcshcrpen, von welchen vonuft- 
gotictzt war, das!< sie eigentlich iler Oeinoindo gehörton. Eino CommisBion 
von Weltlichen nnd Laien durchzog ir>27 das Land, um die Pfarrer in 
prüfen, ITnwürdigo zn entfernen, den Cnltiis zu vereinfachen, den Oebranch 
der Itilder sofort iibzustelleii. Ausltlndisehe Gerichte aufzusuchen, ward 
verboten, auch 1528 mit Mainz ein Abkommen [getroffen, wonach Mains 
die Ausübung der gelatliehen Jurisdielion in Hessen (und Sachsen) sowie 
auch die Für.>*ten in Folge des Keielissehluäseä nach ihrem Gewissen fiber- 
nehnieu und nicht hindern wollten. Jjuther*) selbst warnte achoa 1527 

*) liUtlicr'n Solireiticn an den Landfinilcn l'hilipp von Hespen. 1527. Gnad 
nnd Friede in Cliriatu, Diirehliuifluiger liocligeborner Fürst, gnüdiger Herr. Anf 
die Ordnung, so mir K. F. O. /.uj^escliickt nnd meine Meinung darauf begehrt, 
iintwurt Mi /,\viir nielit gerne, weil uiim vm Wittenberg viele Schuld geben, als 
wulltcn wir Niemand vor uns las-rieu etwas gelten, so wir doch, das weis Gott, 
wohl wUnaclien, itass .Tedeniiiinn an uuci das Ailerbesate thät. Aber E. F. G. zn 
TJienst und weil solch Ordnung niiielit mit dein (Geschrei auBgehen, als wäre mein 
liath auch da/Ji ktnunieii. ist da;* mein treuer und untcrtliänigcr Rath, dass E. F. G, 
nicht gcstiitf«, nm-h zur Zeit dics^e Ordnung auszulassen durch den Druck, denn 
idi bisher nnd k:inn auch noch nicht so küline sein, so ein Haufen Gesetze mit 
so uiä<ditigen Worten bei uns voiv.inieinnen. Das wäre meine Meinung, wie Mose 
mit seiueu (iesetzeii getli;m liat, welche er fast das mehrere Theil, als sehen im 
Braudi ganghaflig uiitor dem Volk vnn Alters vorgekonimcn, hat genommen, anf- 
gescln-ielien und geordnet. Ak»o auch 1^. F. (.!. zuerst die Pfarren nnd Schulen 
mit guten Personen versorgt und versucht zuvor mit uiüudlicliem Befehl oder auf 
Zettel gezeichnet und das Alles ant"« kürzeste nntl wenigste, was sie thuu sollten. 
Und welches noch viel besser wäre, dass der Pfarrhorre» zuerst einer, drei, sechs, 
nenne untereinander anünf^en eine einträchtige Weise in einein oder drei, flinf» 
sechs Stücke, bis in Uclmng nnd Schwang käme, nnd darnach weiter und mehr, 
wie sieh die Sache wohl selbst werde geben und zwingen, bis so lange alle Pfarrer 
hinach folgen. Alsdann künnt mnn's in ein klein Büchlein fassen, dann ich wohl 
weis, liab's auch wohl erfahren, dass wenn (iesetze zu frühe vor dem Brauch und 
Uebnng gestellet wenlen, seiton wohl geratheu, die Leute siml nicht darnach 
geschickt, wie die ineinen, so da sitzen, bei sich selbst nnd inaien's mit Worten 
nnd (Jedanken ah, wie es gehen sollte. Fürschreihen und Nachtlnin ist weit von 
ein.nnder. l'nd die Erfalirung wird's trebcn, dasa dieser Ordnung viel Stücke 
wurde» riirü ündern müssen, etliche der Obcrkeit alleine bleiben. Wenn aber 
etliche Stücke in Schwang und Brauch konnneu, so ist dann leicht duzuthiin und 
sie ordnen, Ks ist fürwahr Oesetz mai-hen ein gross, herrlich, weitlänftig Ding 
nnd ohne Gottes Geist wird nichts Gutes draus. Damm ist mit Furcht uud 
Deinntii v..r Gott zuznfahn;n, uinl diese iMass zu halte, i kurz und gut, wenig und 
wohl saehte nnd immer an. l);irnaeh wenn sie einwurzeln, wird des Zuthuns 
selbet mehr fnlguii, denn vonnöfhen ist, wie Moai, Christo, den Itömern, dem 
Papst nnd allen (Jesetz^^eheru gegangen ist. Solches ist meine Meinung, mitdi 
damit zn verwahren, denn E. F. li, und der Prediger in E. F. G. Lande will ich 
hieinit weder Ziel, noch Mass stecken, Boiidern sie Gottes Geist befehlen. Sondern 
E. F. G. zu dienen bin ich schuldig uud willig. Zu Wittenberg Montag nach 
Epijthan. 1527. 



Aenildronf^en der lieeMiwhPti Kirchen rt>rraRBiin^. 



107 



Tur zu \ielen papiprnen Vorsclnlfton RUf einmal. Atich woitorhin zeigte 

IkirL ti4ich S^-bwierigkeit, nls naii die Kirrbo voo den (.ietncintlcn uqb in 

wrtchentliohpu ViTsainmliingt'n vprwalM wridni Rollte. Lambert, der 

>ducb »choü l'iao Biiu-b, kUjrtti baUI ilbi-r allgitmcinpn Vf.rfall; „Wir Imbcii 

^yiele» »retört, sugt er, sbev wiii viel bubm wir anrtfcbaat! Der I',ip»t 

mit fli-im-n ranlinälon li4-gt flnrniedrrj dt*' KbVter ftammt den Orden »ind 

^iiuf^ebubcu, dir tN:ri'ni«iii<-ii nnd aMe» tv^brit'twidrigp litt nb^'tbuii, das ist 

if aber damit )«tV nirbt j^enug-! Wo i«t die rcebCo Fel»r dea Abeiid- 

[roabk?*) Wo ist der alb-ii Kiivben bOeb«! iiMliifre Buiii», don Vii-Ir 

F^gen diiA oiTiMie S-ImltÄeiigni-^s verfteifriiV Wo ist jene l'rciwjlligi- 

u«oim:iiiM.>bAtt der ÜiUer, widrfae bi'wirkon ttoU^ dii«s die Ni>tb diT Ariiieu 

diircb deu reberÜHflit der It^'irbrn crb^irbtv-rt wrd? IJie. Rrrirbluii^ 

.dur AluioacD zeigt jetzt ci-ät, wie Bcdii- die Liebe erkältet laL Uud 

riiB für Ltnte, grosser Uott, «teilen «o vielen Kircben vorl Uor 

PMrsi bat wobl Viele» verordiiel, «ber Alles wird niieb und nseli vor- 

,worfcD." 

Der Ijind^af liesa sieb über KinEolnes vou Lutber Ciutachten jrebpu: 
'Folge war, iIh^^s ni.inebeä Dcinokratifiebe beseitigt oder der Riiebsifirben 
Binricbtuu)( aii^ft'pHHrtl wurde. Dska oäebBtacbe VmitiUioii^bnr.b er:M:liieu 
152»* »u Marbiiri* im Drnek. An die Stelle der blos» &\i( ein .labr 
^gewAbtlen Viüitatoren traten iM'bon Ib'M Aeeliit vom Lnndtrrnfen rni.inQtu 
,äuperiiit^iideu(eo, dcron Jeder die Ortscbaften sciiie» Bezirks wenii-'steii« 
[jülu zwtil -Jjilire KU beaurbeii butte, tinter ibnen Adnni KrnfL, der rUu 
Ivold LAinbert niebt <;aiiz bejalimmti' ; und iu der lieRtaUiing dermdben 
'«prarli Pbillpp den GrnnclK»t7. .ins, Aa^m (iott ilni „Kuni Vngt und Ver- 
walter dir Ivirolie in aoiiien Liiiideu ernannt babe". Diese secbs Super- 
intendenten von ('.oftHel, Etotonbiir^^, AlsiVdd, Marburg, St. Ooar und Darm- 
stfldt bliebeu bis UjH.» die bötdiiitcn j;i-iHlUebeu Pei-fiimeu, Hij^ebfifen nliTie 
t'on»lst<M-inin vergleirbbar, nnd über Jbre Wnbl wiirdo i't'M micb eiu- 
rgerifunitf ditss bei Vacanz einer »olcbcu Stelle die Pfarrer des Bezirks 
drei an» ihrer Mitte w.-iblen «tiUlen, von denen dir ttbrigen .Snperintendtnlen 
dnuo lütDcn zur Ut-statitrim}.' zu prasentireu hatten. Ohne l'rtbeil ilie^er 
'beh^nle dnrfle keine Kxeonimnnieation tnehr i^lHttftnden, dio anrh an««cr- 
deui keine bllrporlieben rnljieu hatte. Auch Synoden und zwar Hiüd'Ban- 
and CieneralByimdfii wnrden durrli die VlrtitationÄordiinng von 1.537 bewiUi{:t, 
'iloeh k.imen die letzteren vnrzu<»weiae zur Aiiftfflbrung, dergestiilt rjiutg 
die .Sii|MTiuleiidfnten niiler einander und inil ilm^i Pfairem in jiihrlirhen 
Cuuvcnteu /.u&auimentraten, um das Reifte der Kirebo zu beratheu, was 
dann aber niebt ohoo Vorwisaen des LandeHherrn besebloABen nnd ver- 



I lif MIT lh>iiil-irj;iT .Syiiüde finden «u-b AnilLutnogen einer nlubtLutberiMfaon 
AheD4hiiab!ftlehre, Si-Iiniitt, .S, •tu. 



108 



Erat« Abthctlnng. Erster AhMhnItt. § 11. 



wirklirht wenlen Jiirftc*) Anf dießom Wege ontetand beroita 1531 tn 
Zie^cnlmin «iuü vom Landfrnifpn bfslätiglc „Ordnuiij; der rbrisllielien 
Kirchen»ui"ht"j welche dii; üemeiiiduverfaMTiiig deu lloraberger Kln- 
richtiiugcn ühiilich beratnlUe, niimentlicii nUo daa Institut der Aeltcstcn^ 
i'infiibrt«, deneu es von nnn an obing, in jeder Gemeinde nnd in Ver- 
bindung mit dem Prediger deren Vcrbalt^rn zn tlber wachen. Alle* Frühere, 
auch i'Liie für Ouäsel 151)9 gegebene Agende, wurde d»nu 1&66 In einer 
Kirotienordiinng xnaammongefasst; bieranf abor, naeh dem Tode Pbilipp's 
1567 und ia Folge der Erbcluigung aeintT Söhne, findKC u'tr wieder 
Genorals^'noden im Gange, die zwnr nur ane Ueistlicheo bestandeitj — den 
»ceh» Buperintendentcn, einigen Predigern, Marburgor Professoren und fflnil-j 
lictieu Kiltlien, — aber doch bei der sonstigen Theitung ein Uand der 
Eiubrit bildete» und niebt ohne guten Erfolg von Iftfiß — 82 dreizeliii Mal 
gehalten worden aiad. Am Anfang de^ folgenden Jahrhunderte achloss 
sieli dif PonKiiftoiTilDrdnung den LandgralVn Moritz an^ doch unter- 
«ehiedi-n sifh ilii! n:ieli dem Vorgänge Kurttnebi^eus IfilO eingriictztcn 
Coosistorien nnr dnreb ihre. Permanenz von den bisherigen .S>Tio(len. 
F.ridlich folg'Mi noch eine Reilio von Verfflgungtiu bis jirrab zu der Ver- 
fassniigfiirrkunde von 1H31, deren § 131 aufs Neue ein freieres Klement 
aufgenommen hat dureh die ßcslimmnng, das» in liturgischen Sachen keine 
Nenernng ohne Znfltimranng der -Synndo ■stattfinden solle. 

Aus der früheren Zeit niögru noch zwei wichtige, unter sich xusammeu- 
hlingendo und in Folge der iSynodc von Hoiuberg crgriffoue Maassregela 
Erwähnung finden, znnflrhst das Vrrfahren mit den Klilstern. Der Land- 
graf berief l.')27 einen Landtag nnd in diesem besonders eine Vertretnng 
des Adels und der Stfldtc. also, — so sah man ea an, — derjenigcu 
Familien, deren Vorfuhren die Klöster hanptsitctilich dotirt hatten. Mau 
erwog, dasB viele Urdensgeistliehti AuidiLndiT 8<Men, man vereinigte sich 
Vorsorge zu treffen, wie solche, dit; austret«n wollten, ubzuliuden Büicn; 
Andere liiiss man au8»lcrbeii . noch Anderen schafftt* m:iri Mittt-d zum 
gtndircn. Diese sogleich odor nllraithlich durch Anssterbt-n gewonnenen 
Güter wurden tlieils zu Spitiltern theits zu micligen Erzieh ungsanatalten 
und Stiftern unter ständischen Verwaltern verwendet, vornehralicb abor, 
— nnd dies die zweite Maasüregel, — zur Orfindung einer Lnivoraität, 
wetelie als die orute ursprünglich protODtantiseb gestiftete zum 
bcHtcn Schutz nnd zur Erhaltung des reinen Kv»ngelium8 und eines ihm 
gemilssen kirchlicben licben» in Hciiiien dienen »ollte. Sebon ifie Synode 
zu IbtiHbiTg inHclite dieses Vorhaben des Fürsten bekannt; die beiden 
Kieler der Bettelorden zu Marlmrg, das der Duniiuicancr, noch jetzt das 



*) Ledderhose, Kurlie&R. K. -Recht, bearbeitet von Chr. H. Pfeiffer, 
Marh. 1821. Ueppe, Oeu^ll. der hes». G6n.-&ynodeD, 2 Bde., Caasel I6t7. 



I 



rnivL'rBiUt^jrebänUu, uuil da» der Franziacauor um Eude der unrli ihnrii 
l>oiiaoiit«u ÜJirfÜSÄt-rrttrasse, «o jt-tzt tVw Bibliothek, ilati Stift der Kugel- 
hurruu, djuu bciiachburto Kloätur zu Xla{vU\, Tnin», Iloinber^ wardtm ibr 
bcBtimnit Srhon am 3o. Mai ir>*27 ward dio ueue lIochBcbiile erößunt, 
die in Latuburt, Adam Kraft, Erbard Scbnepf ans Heilbroon ibre 
erstcD tbrologiacben Lehrer hatte,*) 

§ 12. Fortsetzung. Preussen und Sachsen. 

Ilnnkiioch, Preiiss. Kirobeii«c»c'bifblo, Lttz. I'>'>6. Jakubaun, i-Jesi-biL-btc der 
VuellcD dfä ev, K.'Rvvbla iu l'rviuttt-u uud ruBt-u, KOiu^b. \^'.l± Kuaku, 
Deuiiube ßcticb. Bd. 11. tJobafi-, Der l>uui zii KiiHi]?[t!H.'rK, lb35. H. Vyig-t, 
Oeaoliiclitt* rnMis)!oii.H bin zum Liihirirani; dee dKuttwben Ritterordens, IX Bde., 

KnnffCKb. Iv27 ff. 

War die Kircbenorduuug der Hoiiiberger Synode xtenilicb demukratisch 
ausgc-falku : ao iiabui bin^'egeu die Utoi'gnuitjatiun 6ei kircblichcu Wesens 
in »iidern Lündt^rii eliieii streiJgen'ii Ohurakter a». 

Prenaaen war am Anfang dtMt Jabrbuudert» zum cimMi Theilu beruitn 
von Polen unterworfen und dem Köiiigrcicb einverleibt, so Marienbiirg 
nnd die BiütbUmfr Krmhind, Ciilm und LuiUu, ein auderer Tht'il, die 
Biatbllmcr .Saudand und Pomosanicu, geliörtt'n uoch dem Orden; aber der 
Waffe nKlilliitand lief ab, und Kcbon batl4< ein polniiteber Reirbttlng den 
Bescbluss ^efasdl, daas dann aufit Neue der Orden angegriffen und aus 
dein Lande vertrieben werden Hollte. Die» wJlre wohl um su leichter 
gctnnj!:en, al» der llauptthL-il der eingebllrjrerteu Ucvölkerang mit der 
Ifcrmcbaft dea oingewuuderti'u tiiul durch Fremde xtetD ergänzten Ordena 
ttieh aeUv unzufrieden ^ezei^l hutte. Selbst die Bischöfe waren gegen ihn, 
der Dnr unter dem Pa)>&t« stand, eingenommen, sie konnten wie- daa V'ulk 
Milber einer Lvbre GehOr schenken, welrlie im Namen des KvangeUumä 
BeocbrJlnkuDg ilea Papsttbuins und .\endcriingen der ^'erfas8^^g forderte; 
eine zahlreiche OrdeuHgoisllielikcit lündeite alc nicht, denn sie war niemals 
tief in'B Land eiogedniugcn. Ja sogar die Hochmeister hatten sich früher 
schon dem Laude und ^-inen lutercäscu uüher gestellt; ihrtj Verwaltung 
wurde wie eine ftlrstliehc nicht durch dentsche Bitter, Boodcru dnrrh an- 
stellte Beamte betrieben. So Ingen die Umätftnde, unter denen faät ohne 
(iJTeittliebc Unruhe der IlDcbmeister Albreeht, umgestimmt dnrch 
Oslftodcr, Luther und ae'meu Bruder den Markgrafen Georg von 
Brandenburg, den Rost der preuasi»cheu Ordeuabesitzuugeu, welche ihm 
weder das Ueicb noch er selbst sich schützen konnten, am 10. April 152Ö 



") Henko, Die Er^iffnuiig der Univ. Marbnrg 16^:1, M. IStiS (woselbst anch 
von der Stiftung). Pbiliijp'ii (toadeu- und Freilieitsbrief vom 31. Augast 1529 
xnerst iV) gedruckt in Romuiel's Urkandenlwud S. »47. wo aach S. 351 das 
tJrkuudliche über die äiipeudiuteuuuutalt. 



l Ki-eter AUsctiiiUt. § I.'. 



vom Köd!^ vou Pulcu als ein Uri-zni^tlmni ku Li'licii aDDuhto;*) tn&t AU 
wnreD ilnniit znfrietlcn, diu lieviUki-rrin;.', dit Itit^c.liiirt;, iti-llial die [nt:ii*U*a 
iCittur, wrlclu? im Lüiido lilit'ben. iiud ddi-h ist itii-ili-iL-li dtirett die Ein 
fUliruiig der Ktffurmiittou ä'w kltnftige 8olbsUindigkcit dc8 Landra, aet: 
di^Qldclior Diarakti-r tind eciiie (icscliirdrtdifit von WAvn vorhoreitrt 
worden. Äl)tri;rlit vi-rlifiratlurU-. sirli llrJü uiit fjut-r ilütiixrlii'n Prinxe^dlu 
llnrotlH^tt nnil Ht^liloi^t« riii Itiiiidititw mit 4HiicbBuii. Im Laod«' aber blieb 
dit- kirubliclii: Vurfiii^un^ t'iittt nit- sii; w:ir. 'Aw^r wiirdro nitf d(>in Lund 
Uigt! von 1525 (iu^luicb iiüch di-r f!('te1itiuiijr diu DoiiiknpHci zu Könin^H- 
hi'ts uud Maric'iiwunk-r uuJgeIßst, uud viele Kitter eut^igtcn llireiu Uolnbtlir 
dif Imidnii biHcbf^ru über btlcboii :mf ibruii riutzt'U, iitdeiii die nuf wel 
liübu Mni'bt vorzicbtcnd nur den kutboliacbcii .Stundpinikl mit dem cvnn 
g«liaclieii vertauitclittiD. Georg vod PolenK,**) UiHcbnf von äamlaud| 
fviibir (.i'-botmspbvi:ibt-^r Jnlius IL, Iiatto t»i"'h scbu« 1533 für die Kc- 
l\inuiLtJ<iu L'rkbirt, cbt^udo der neu» Biäcbof vuo PoiaesanitMi Krbard vvn 
QuciflSj iu den Kirchen unter Ihrt-r Auläicbt und in dur ätndt Köuigdberj 
wni-de die Prodist dcmsomiias cingerlclitct ; «iicb war l-'iiii auf Polen 
Anordnung üi'hun deut^rb gepnrdigt und L a t b e r's Öcbrlßen cnipfoble 
wurden. Ulciubzeitig (1525) erging eine VcrorduHug Albrecbt'a, wolc 
den rrurrern belabl, das Evungrliniu rt^in zu verk Und ixen bei Andruban 
der Yoi*trcibnug auH dem Laude, „wie uns denn da« Amt de« SeliMO 
wider die rngeliurauuien zn gebrnacben*' von Gott auferlegt Ut. V< 
«cbrit^en gegen GoticslSsteniog, l'nznobt, Völlerei, riucheu und unäctUok- 
liclieii Ceapräcb über retigiütte Liinge, Wiukelpredigur und dergl^ioben 
wnrdcn 1526 in einer von den Bldvböfcn ausgearbeiteten Kirebenorduuiig- 
mit liturgiiM:beu jVnweiaungeu zutnammenguü teilt und diese vom Liuidtaga 
augenoinnieii. Aucb die gleieluct-itig geueUiuigte Landeäordnnng cnlhiell 
kirr.blifdie IleMÜmniungenj und hcIiud im MürK des genannten Jahres sobritt 
man zu eluer auüfUbrcndcn Kirebenvitjitatiou, auf welche, da lüe niebt 
nberall durchgedrungen war, 152>* eine zweite folgte. Hier wupdo vor 
Allem filr beäüere Beaut'äiebtiguiig der UeistUebeo geborgt; iu den Um- 
tbamcrn sollten Dccauc und Arcbipreüby leren die Geiutlicbeji der klfineren 
üezirko flherwachen, kein (ieiötlicber sollte ohne vorherige biscbüfUcliü 
Prüfung MngestelU werden. Au deu Kirclien itoUlen zur Krliattung der 
Armon genirJne Kasten bcstebou, mit deu GemoiDdeu^ — grotueti Kircben- 
giit gab es hier niclit einziiztelieu, — wegen Unterlialtuitg der Prediger ^M 
und der Kirebengebiimle Vertnigu getii-bluttäea werden. Bei einer Wieder- ^M 
aufaalime der Statuten von 152fi stellten zu Anfang Polenz und Paul 



I 



•) Seckendorff, UUtoric de« LnDiertbum» , S. 74V. 

••) Ucl'pr iliii J. Voigt, Gcwhiclite rreitüseii» v-on den üUcateii Zeileu b(» 
zum L'ntergftnge des deut^cben ßilterurdeott, Bd. IX. LutJier deüieirto I'iilen« 
seinen Cuimncnbir xuui Ucutorououiiuiu. 




Ktft-liuDurdnuui^ !» PreuBttra find KtiraaühM^n. 



III 



Sporatii»*) AUH BachHcn, seit 1524 SclUoseprcdigcr in Kttiii^bci-^, in 
eilf K.tpitrlii TitanlionsAJltzn zuMtmint-ii , uacblirr iMter Conslitufimtrs 
xynod'tJcs**) goiiatiiit, nuil dh^e_ «'riicuortu IMtliJunK wurde am 12. Mai 
ISMO auf eitler allgi'mfiu«!! äyuodo ku Köuigslteig pulilieirt.***) 

Abermals verachUnlcu w»r der (inii-; ilcr Hinge lii Kurtutcli!i<^u. Hior 
hatte man (ilch wiNler mit einem llisrliufe za einigen, noch Vulkö8timuu>ii 
butziitn^ibcu, noch eine Synodu v(irHiizu»t«tlcn, fOr wi-lcbc i-e nn jetler 
Neiguni; iin<t Vntrrlage fehUr, ttondern es war der Laudealierr, welcher lu 
Fulge ile» Keieh»Krhluttdi'H dureli )Uilbät:tndi};ii»« Fliiittchn'iti^n die KtrehH 
seines Torrtturiiims, wenn auch nur eii)Atwr\||eii, iuii};ääi:tltetL- und auf diese 
Wniae ihre weitere AnsbilduDf; »1» Landeäkirrlic bl^);rtluüete. 

Luther hatte wiihrend des 'ganzer) für Diu ruhijieu Jalireü ir>"2ü auf 
diti iimeren kiixhlielien /iiittaiide sein Avijfenincrl; geruditi-l. Die Aendc- 
ntngcii oder Vereinfachungen Im CnltoK uod die Anstrittc aus duti Klt^tcrn 
hatlni Heit ib'2'2 uughMcli und priueii>h»i ihren Fortgaug geniiaimen, 
Luther gab iwine ^ Üentselie Alcs^e uud Ordount^ de» GuttesdienHle» " 
beraUH und lieferte andere Beitrage durch deulu'he Bearbeitung von 
Liedern. ICudlieb aber wurdeu die Zubtiiudc so dringend, djuw i'twas 
Unrrbgreifendtr« geschehen nini^te. Wie ungünstig in mancher Hinsicht 
die gauzo Verfludcrung aufa Vulk gewirkt halte und wie aelbat in SachKeu 
die «»•ang«'U«ehe »eilieit gerai ««braue ht wunlen, zeigt .Ihntich wie ed aua 
andercD blageu erbclltr ein Hehr uierkwflrdiger linvi LutbertiH an den Kur- 
fttraten Johann. Ueberall, »chreiht er, aei Streit Krischen Predigern und 
tiemetudeii. ^Da wullcn die Bauern sehb-chlj* nichtit mehr gehen, und hi 
BoUther L'udaak unter den Leuten für daa lieilige Uuttettwurtf dasa uhuv 
Zweifel lÜDG grosso Plage vorbanden ist von Gott, und wenn icb'a mit 
gutem (jewiifgeu zu thun wiläste,'* setzt er in aeiner Heftigkeit luuzu, 
„mOehte ich wold da:£u helfen, daa» aie keinen I*farrer oder IVcdiger 
hätten und lebten wie die ÜAiie, uU »\& dueh tltun; da ist keine Furcht 
Gottes noch Kucbt mehr, weil des Papstes Uann ist abgegangen, und thut 
■■edennauu, was er nur will." Aber fUr die ZukuuH uud für die «arme 
Jugend** mUssr man doch si^rgen; wollen die Aelteru ja nicht, «mOgen sie 
sDtn Tenfel litniahren", ..aber wo die Jugend TcrsHiunC und unerzogen 
bleibt, ist's die Sehnld der Obei-keit" Dazn Auütalt zu treffen, «ei also 
die L'ttieht des Kurfürsten, „uuu m FlU-stenthuui püpstlJcher und geist- 



") Cosack, I'aul S|icmtu». ßmaasehtv. ISöl. 

") Jikuhdon. Gej(i-Iij eilte der yuülleo &.'Xi: „Erste» Bymbolisches Buch." 
■") Geurg Sxliitius. geh. IJujj, wurde LWrt Welanch thon'a Schwiegersohn 
und U}^S l*rnffabi<r zu Frankfurt a.U.; ibinn begab er «ich i.'itl nach Küaipborg, 
,.wu die Univer»iüit auf sein Aagehco faudirt ist". Im Vorlauf des Osiaudriftchen 
Stnrlta wurde er 13öl aar seine Bitte entlassen. Er starb l&CO. 
t) de Wette, LH, ä. ir^, vom '12. Nov. \b*ü. 



112 



Grate Abtlioilong. Erster Abschnitt 9 13. 



lieber Zwang aus iBt", — bedüiitnng^ülle Wort», die Luther's damuUgv] 
kiri-hcai-fohtUclic AuKicht auHsprctlico. «Nun alle Kltiater uud Stifter' 
Kw. Kurt'Urstl. (.iiiadcD als dem obersten llänpt iu die Hiin<ie Tailcu, 
kummeu ziigUneb mit aiirli die Pflicht und Bcscbwcrdüf iwlches Ding xa 
(»rdut-n, denn sieli'» suniit Niemand annimmt nuch annelimen Ivnnn uocb 
aulL" Von einem Intvriuiitilicuiu ist hier knine Hede, der vorläuligB Zweck, , 
der allerdiu^ bei dem Kirche m-egimcDt der eiütret^DdcD Territorial- 
gewalb^tn eioB Zeit lang anerkannt wurde, bezog »ich auf die vorbchalteno 
Eul^ieidun^ dureli du l'oncil; aber da dies nicht erfolgte, giug da» 
Frovieoriuro in ein iJc6ititivuiu ttbt^r. Nicht ein an »ich gültige« Kecht 
wird der weltliclien Obrigkeit zugestaudcu, sundern iivi llberuimuit PÜtcbten, 
welehcj da nod so lunge keine andere niid besser befugte Bebrirde voi^ 
Iiatiden, ibr allein uatiirgcmäsii zufallen. Luther fordert uun den Kur- 
nirsten auf, eine ('ouimissioo niuderzuttetzeu, welche das ganze Land, 
Kirchen, ächuleu, Pfarren und Gemeinden durchreisen und Alles besacrn 
soUü. Die Kloätergatoi- uitln&ten zur Kmchung der Nachkommen dieneii, 
weoD die Oemeinden zu ucvermdgend seien um üafllr aufzukommen, sonst 
werde der Adel sie an sich reissun; uuch die Kammur de» KurfUrsten 
solle zu ilUU'e kommen. 

Auf diese Weise wurde die Anordnung der atlgemeiueu eächaiiicbeu 
Kirch enrisittttion eingeleitet. Kine fürstliche Commission be^teheud 
aus vier Personen: Melanchtbon, Zwei von der Kilterdohaft und ein 
Rechtskundiger, Dr. IScburff, also eigentlich kein Theologe, erhielten eine 
aehr äpecielle VoUniacbt und Instruction deij Inhnltä, da»» sie in allen 
Gemeinden zuerst nach den /.ustanden der Kirchen und .Schulen, nach 
Lehre, Sitte, Cultus und Kircheugut sich erkundigen, daun aber ermächtigt 
sein sollten , solchen PfurrL-ru , die fibur Abendniabl und Taufe unrichtig 
lehrend befunden wUrileu, anzukündigen, sie hätten daä Land zu vcrlusseu 
und fortan nicht wiedor zu betreten. Die weltlichen Amtleute wurden 
tiberull anfgefurdert, diese Maassregeln zu unterstillzeo. I)a es aber nun 
hicriiobcu noch einer weitereu Grundlage des Verfahieuä und einer 
Erklärung über lÜchtigkeit der Lehre, Erfordernisse der Kirchen und 
Öchnlen und Bedingungen kirchlicher ZuUösigkeit bedurfte: schrieb 
Melauchthou nach eiueiu lateinischen Entwurf von 1527 und nnh>T 
I^uther's Mitwirkung einen ausführlichen „Unterricht*) der Visitatoreu 
an die PfaiTberren im Kurfdrsleuthum zu Sachsen'*, das öfter sogenannte 
Visitutiousbilchlein, eine der ersten umfassenderen evangelischen Lehr- 
nud Kirclienordaungeu, und da sich manche auderc deutsche Lander den 
säcbsisehon Anstalten anacliloaseu, bald auch fllr diese die Grundlage des 



*) Jetzt deiitBch und lateiulscb nelwt N'orarheiteu und Prolegomena in 
Bd. XXVT dos Corjf. Hrf. 



tnhult lies Vläiuitiüniibaclitt. 



ii:i 



gtttiZL'ii UebergADgs Ava KirciieiiregiiDeDts aus iler Leitnng der alten 
Biflcliöfe iu dio der ItciclitfrUrBtci], *) Du Eiusclircitcu iliuscr wird gleich 



*) Unterrictit der \witaioni an die Pfarhem )-iu Knrfilreicnthmu tn Saclisacn. 
WUteulierg I&2S. I. Nt>(i hcranK^^cgottoii mir KInleittmg vim Weber. Sctillk-liU-rn. 
IM^ — Die Schrift ^etit itavoa ims, llivctiof lipisse ein Auli^cher, ein Vitiuior, 
hImi Boi »oliie UituptpSiülit Aiii'^ielit, Vi»ihiiiuii iti Imlu-n, wio tiiidi leiiiü unit lebv. 
Dvr Eribi»cliof iiiiissi* die lüachüü' btsuclicu, »L'iulüui abui- die Bjitohülo „xu 
TOritru timl ilvrru itirli }fcuiiiclii", liiitton Mir wtlcli KcMU'liaJiint (.'twa t-liiciu l'rnpat, 
Viair Hud •JergU-icliL-u uui';;utni^''<Mi . „uud bi-riiucli, da rrU])Hlti unil Dechaiit tmd 
Uomlierrt:!) xiicb laute Junker norden , ward lulcli» duu Otliviiilun iH'lidilen , dio 
mit Laüfzuttt!ln die l.euti.^ plaf^un in litrldiuiclifn ucil Niiintaml bufiticlitcn." 
„Emllirb blicli Junker Ul'ficiaJ auoli ttülK-im iu ^va^llu^ iStiiben und Bi^bicktc tttwa 
einen Srliiilinen udiT Rubon , der auf dorn I.iindü und iu duu -Sritdtfn uuilkorliftf, 
Iu den 'laberiK'U die l.f-nre iiiieliDreliU- nmi einlieritrhiete. So vurfiel der lielligti 
Send wlor Svnod»» ; liUebsrniii otwas llüren nnd (iolditachim, „aber wie man lebrp, 
gljiulie. livbe, wit? man cliiiHlIloh lebe, wio die Armflu vereorgt werden, wie man 
dJo Schwachen in'iütot, die Wildou nirafr und wait m<;hr zu eolcbem Amt cubürt, 
Ist niu gedacht wurden, eitel Jiiuk^'r und Pratjsvr atm\ es Kuwordcu, die dun 
Lvateu diu Ohr verzehrctvu und nichlti ja elrcl Schaden diifUr tliateu." Daher 
das all/euii'iue Sittenvcnicrbcu und ilic L'niitdi^keit. Seit nun ttas KvauKelintu 
wieder unlireiriingfn und dadtireh dit«i»er S<diade erkiinnt »ei, „hätten wir ^cm 
isclbiffv rocht bidchüllieh«* uud Uexiich«!' Amt airi auf» hi>chittG vou NUthen 
tatkr aurKurichtei jrenfliuu." „Aber da aneli nnitfr Keiner tlazu Ifonifon.'' hJttien 
tdtf ihre weltUcbf ülirJKki'it ifvl>t;U'u, \teui|{;«ten« in dii^M'Ui t,äu<le goei^»ti> Männer 
dazu abzuordnen, uud hu neieu g;ewäldt llan« v. Pijinitx, Dr. inr. MeburtI', 
Annan V. Hnnhit]! nnd M. Melum^htlion. \V:u> nun hier (Im vorigen Jalire V) 
«nsgeriehter ttil, die« nieht gRheim x» halten, wollten nie hi«r davon Zen^iHH 
^tifn. uichr nm eine neue pUp^tliohe Decretnle lUil'xiMVurfen , JHiiHlcm huft'eud, 
dus nich alle l'fiirrer, di« dm Evangelium in Sjtc)i8i.<n HOtrenunimen bab^n, deui 
wUlij; uritcrwcrieu wcrdeu; wer bicb uiutliwilli]< widcrscizi, aull als ."^pruu alv 
gOeuudvrl ^>crdeu unter /iistimmung dea KurrUn»U-u, welchem £war uieht heluhlon 
M. j:ci*llicli zw regii'rcu. welcher aber doch Zwietracht biudern uud IClutmcbt 
fUrdem tnuaa. 

1. VüQ der Lettre. 

ik>n»t ist XU riel «cur Schrift iduKUgfläcrzt, jetzt rciewn Viele Weaenüichos 
tlavun , naiiientlieh die vou dem (ttaubcn unentbehrliche Ituaee. Dteae 8uU vur 
Alleui ijii^'t^achüfu uud 4U'Ui Irrihum, dem BchlJiiinink'n der jeimila t^ewest^tu, cnt- 

jugflwirki Mcrdüu. abi crfotgc die Siinilcnvcfgobun^ ohne Weitere». Ka hb>Il»t 
rar dabei, „der <tlaube iilli-in", und die Huä«u) )i;eitürt al» Anfang zum (jUubcn, 
«her filr den ^euicineu gr^ibeu Uaun ist's Itet^er und vcrslünillichcr, „da»6 uiaii 
»ulcbe Stilckt* lutid bleiben uuicr dem Name» iJusäc, Ucsetn, Turclit etc.'* 

'2. Vun deu lü Gvbütun 
mU aua demüclbcu (iruatle oft nnd ficittKig gcprinligr wi>rdeu, aucti tUe StraTvu 
rorgclialtru und die (einzelnen Lanier gi-nn-nft und erinnert werden, d»»i) ohuc 
Heu aml fCrti'uniDisB der Sünde kein <>lnuUc sei, und dos« die«« erat zu dem 
Trual und der l'Veude th-ii. (.tlaubeuK fUhrcu köuuc. 

y. Vou dein rechton chriiitliclicu lii-bel (sclir ftusftdirliclu. ■!. ^'on TrÜbB«!. 
y Vu» iter Taurc. \i. \\im Sacraweui des Leibe« uud Ulutcj Cliriuti. i. Vuu 
der rechten ohriatlicheu Buhik. 8. Vun der Üeieht. U. Von der recbtou uhrisi- 

tTtnke, KUchoDgtMlLkltU 1. b 



11.4 Erste Abtheihing. Erster Abschnitt. | 12. 

zu Anfang nicht förmlich als ein Recht gcfordei't, sondern weit mehr als 
ein Act der Liebe und des ICrbarmens t^t^g*^» die von den BiscliÖfen ver. 
nachlJlBfligte Kirche hingestellt und gerechtfertigt, und darauf, das heisst 
auf der Ucberzeugnng, dass inlandisclie Obrigkeit für das Wohl und Welie 
des Vaterlandes inuigere Theilnalime hegt als die analändische, los- 
gerissene und gegen das Wohl und Wehe der Nation gleichgtUti^', 
wird auch stets der Vorzug eines mit der Übrigen Landesregierung so 
innig als möglieh zusammenhängeuden KirclicDregiments beruhen. 

In dieser Urkunde wie in Luther's Briefen tritt der Kurfürst eigentlich 
als Fürst an die Stelle der Hierarchie, völlig andei-s als in Hessen. Im 
Einzelnen gelit der luhalt der kurfilrötlichen Instruction dahin, dass Prediger, 
die der neuen Ordnung nicht beitreten wollen, zwar entlassen, aber doch 
entweder auf Lebeuslang versorgt, oder bei Ergreifung einer andern 
Beschäftigung untersttttzt werden sollen. Unwürdige Geistliche sind aus- 
zuscheiden, die Kirchcngiltcr bedürfen einer bcascrou Verwaltung, ärmere 
Kirchen sind durch die reicheren oder vom Kurfürsten zu unterhalten; 
doch ist den (Jemeinden vorzuhalten, dass sie nach Befreiung von den 
bisherigen schweren Lasten nun auch ihrerseits zur Unterstützung der 
Geistlichen biUigerweise beizusteuern iiabcn. Die Prediger in den grosseren 
Stildten werden zu kurfürstlichen Inspectoren oder Superattendenten *) 
henteUt und enii»fangon das Amt, unter t'ürötlicher Vollmacht die übrigen 
Kirchen mittelst regelmässiger Visitationen zu beaufsielitigen, auch Kirchen- 
gütcr, Kirchenzucht, Ehesachen zu verwalten, so jedoch, dass von ihrer 
Entscheidung an den Kurfürsten selber als letzte Instanz appellirt werden 
darf. Im Gottesdienst endlich sollen die anstössigen, dem Volke bereit« 
verhasst gewordenen (lebrnuelie abgcscliaftt werden. 

Älit solchen Instructionen wurden nun CoHiinissioiicn und einzelne 
Juristen , ") unter ihnen L n t li c r und M e la n e li t li o n , i ii die Länder 
geschickt, um die Kirche hicrnacli /.» rcibrmiren, wnrüber beinalie drei 
Jahre hingingen. Gegen die Widervvijligen wurde überall mit grosser 
Schonung verfahren , iiisbesondcn; gegen Monclie. Kranziscaner und 

Hellen (ienufjthuiing l'iir liie Sfiiiile. Hl. Viui der iiiensehlichen Kirchenordnung. 
1!. \'on Eliesaeheu. 12. „Vruii tVeion Willen." l;i. \'(ni chriBllirlu-r Freiheit (L vom 
'reulcl, 2. in Meltliclien hin^ren ViTseliicdenlieit, '.i. aurli in kiiThlielien Satzungen). 
14. \'om Türken (iliiii zu widcrsteiicn ist deii t'liritsten nicht veriioten). 15. Von 
täglichen Ilchungeu in der Kirche, lli. N'oiii leehten cliriatlielien Bann. IT. Von 
Ven»nln»ng der .Sui)eratten(h'n(eii. I^. \tni Schnk'ii, erster, zweiter, dritter 
Haufen. 

') Ein Xamc der freilieli vuii Aug. Seriiio »1 in Matlh. 2.">: Kithcoinis huff 
aiipcffalux est, quin sii/u-riiileinlftitlit , f/niii sii]u-riiilt'iiif<'iufi> curat (conf. De civ. 
bei XIX, lU), ftir Bischof gel>raucht worden, hier aber durehims nicht diese 
Bedeutung haben »oUte. 

**) Die Namen bei Marheineke II, :i4l. 



Kirchen ruform in Kiin>iictisea, Nnssiin. 



n:» 



Aiiguätiucr zu Altt^iibiirg , FrauK'mcaQin- zu Saalfold weigerten sicti und 
fragten, ob es karfll retlich er Ik^fohl sei, 4ws sie iliro Gebrttuclii» nnd 
KleidniiK aulVehen snllU'ii, tlifs wurJ«? vi.'rn*'ini oiiil man Ueas sie nngcjitilrt. 
Dil- Visitation liatti> ziiiiäi-hst die Frneht, KiuBidit zu gewahren in den 
SCiidtand der GciatUcliea and des ChrisU-ntliumt) m Volk^*) und gerade 
die» vomni.isetr Luther lÖ2y zur Abfiisäung der beiden Kalechiämcn, 
durch drren KinfUhrung HogU'idi ciu aelir wichligi^r Sc)iritL zur BtiHserung 
de« Volk 311 ntcnri cht* geftehehen war. Wahr8clieiulich schrieb er xuerst deu 
^uuHv», naclibiM' don kleinen K»ivc:hi8uiuä.''"'') 

An S.iphiien» Vurgans Rrlilosern aich mehrere deutachc Territorien an, 
iu anderen half man aich ithnlich, aber in einer uuabhJtugigcn Weise, wenn 
auch die Kinrirbtungen noeh keinen bleibenden KeMnnd hatten. In 
Nassuu »der ^ennuer in Weilbttr^ hatte üraf Philipp III. sich seit 
15*J4 nir die neue Sache interettairt, wälirend seine Agnaten tu Wies- 
baden bifl 1551) und zu SaarbrUek bi* lö69 ihr abgeneigt blieben.***) 
Zn Wfilbur-c befanden sieh Canouiei der heiligen Wiiljiurgiii (•=^ Weilburg, 
Wulburg), »neli Julmnniler in der Nilhe im Pfannstiel, auch beiderlei 
Uoltrlniuneho hatten eine .Station. Itortbin berief (Jraf Philipp I52ü 
auf den l^Lth »eine^ Kauzlcn» Jo h a n n h u n nnd »«liuea HofpredigcrB 
11. StruttH, auch Jiomiinus genannt, den Schwaben Krbard Hchnepf, 
einen Studirenden der Kecble und der Pbiludupbic, der iu Erfurt mit 
CamvrariuH, J. .InnaK, HesAiiiii , nachher auch mit Melancbthnn 
bekannt geworden war, »um Planer au der .Slirtskirebe. Ihm übertrug 
CFi walirend die Krzbiaehöfe von Mainz und Trier abmahnten, die Ein- 
führung der Keformatiun. Schon am Allerheiligentage, 1. Nevember 1536, 
kurz uaeii der lluniberger Synode kam es hier bei dem Deehanlen des 
Stift» XU einer Art vun Uibputattou : ein Doctur der Theologie, Tervich 
Trier, ebenfatU zngi'-gfn, ginfr anf .Schuepfa biblisrhe ik<.ban]ttungen 
(theltend davon. .Iiln>;i-i-e Kiiuuuiker wie (ira^er wurden gewonnen und 
XU hnmaniMiBcben Stadien eminnteri, ancFi Altere zeigi<!n atch der Predigt 



*► Ulattheoiuft' t'mli}:lcM ItU-r Liillier hril, S. 2»*, Aoägabe von HH: 

„Anf der Ran?.«'! kann ich mich nicjit orinnirn, daset ieh in meiner Jngeud 

diu Tebn liehitti', \'au>run»er iiiter Tanfe niulegen i^eliürl hülle. Der AbtMiIntlon 
nnd •Uf> Tn^tea, den man diireh ifeniesiiung de» Abendmuhls bekam n , hahß 
icli, - - ebe ieh uaeh Wittcnliüru kam, weder in .Sclmlen imeh in der Kirche 
mit olneni Worte gedenken iiUroi. Wie leb miib aneh keiner ^etlnickteu oder 
pfacbriebonen Annle^anp; der Kinilerlehre int l'aimtrhum xn eriuneru weina, da 
ich doch Vun .Ingfud ant' »tle I.e};endeii und (iebetliMU uülirend eines ganzen 
.lahreit durrhgeleaen habe." 

"I Su aneh Sebneider: I.nther'H kleiner Kateciiiamus nach der Original- 
BUKgalm krjl.. Bctifn IVi», uud von Hnmack, .Stnttgart lHr>t). 

***),Kiehbciff, Die K.Itei'. in Nassan-Weilbnrg, Ih31 Ullrich, Landes- and 
K-G, von NasMu bis zur Rot., 2. Aufl., Wieab. I>t(>2. 

8" 



na 



Ente AbAfiltrap. Cntn- Abschnitt. $ 12. 



Schnepf's geneigt; dennoch fand dicerr noch Boviet Schwierigkeit, dus 
er «ich gern aaf die neue vom Landgrafen Philipp zu Marburg gcstiA)*tc 
Hochschule berufen liess. :<o trat Ueinrich Strosn (Rumnuub) »llKtn 
in fifinp Stelle, welcher dann auch «pAter 1536 — 44 aU ergt^rr Vi^itator 
bei der weiteren kirchlichen OrganiMÜon du* Mcisto goloiatet hat 

Gleichseitig wurde au audem Urten der kirrhlirhe Zu&tand geAndcrt 
^nach dem Evangelium". In Franken , Äuäpach und andern Orieu hatten 
die Markgrafen von Brandenburg, (ieorg und Casimir, ihre Oeaitzuui^xia, 

[^eorg auch in Schlesien,*) und dieser war entschieden cvangclueh gei^innt, 
50 die Vormundsrliaft , welche 1 52H (Vi an Pa tti m i r's Stelle trat. 
Auch hier waren es also Befehle, welche unter Sanction der Landtage an 
die Prediger gelangten, da» reine Evangelium zu verkflndigen, die üebrfiuche 
nach Gotted Wurt za vereinfachen.**) In Verbindung mit diesen Bewcgimgen 
refonnirtu die nahe gtdegene St:idt NDmbenj;; hier hatte naan 1531 di« 
liturgiacben Formeln in 's Uculsclie ilber^etzt, .ehristlieh corrigirt", viele 
(iebrftucbe behalten, andere leicht geünderl, ju B. wo Maria genannt war, 

'Christus gesetzt, SeolcnroeMPn und Vigilien abgcächalTt, das Abendmahl 
mtl» ufraque eingefnhrt Der Hiacliof von Bamberg excommunicirte die 
beiden Pröpate, ahur sie appellirteu an ein Concil und die Stadt Hchfltzte^ 
sie und berief sich auch bei allen Ueichft- und Bundesverhandluugen ai 
den enUchiedcneu Willen d»T Börgei-nchafl. Die ätadt, wo Hans Barha' 
nnil Albrecht Uürer lebten und wirkten, war eine der reichsten und 
gebildetaten, die Reichstaf^e hatten äie zu einer Art Ton Hanplatudt 
Deittftchl.iiidR erhoben, und nach dem Bnuenikriege hatte dann der Katl 
die üeiatljehen selbst in Eid und Pllichl geuommeu, da sie, — der Bauern-' 
krieg zeigte es, — sich doch nicht selbst schützen, sondern nur durch diu 
Stadt Sicherheit und ScInitK empfangen konnttu. Die KlöaU-r niusaten 
versprechen, keine neuen Mitglieder aufznuehmeu und evangelische Prediger 
zu unterhalten, daher verBchwanden sie bald; alle Schritte wurden gerecht- 
fertigt mit dem Willen der Bflrgc-r nnd mit der Pflicht der Obrigkeit selbst 
einzuschreiten , da der Uiachof sich doch nm niehta bekümmert , keine 
Kirche visltirt, keine Schule beachtet habe.'") — Aehnüches ^escluih 
in Stftdten und FtlrstenÜinmern von N'orddeulsehland, in Holstein und 
Sehicswig, in OstfricsUnd, woselbat die Prediger seit \li'il der nenen 
Lehre zuäclen, ihre Aoliünger sich 1528 zu einem Bekeuutuiss vereinigton, 
Domiuienuer die K-Iöst^r verUessen. 

In LUneburg fuHstt^n Herzog und Laudstünde genteinsanie BeachU 



*) L'elur .luhanu Ilettä. den Kcforuialor und erxien fvangeli&chuu l'redimr 

Von Ure»lmi ic\t l:>2.'l nii'lu- .1. Kllstlin, /eilaclir. lies Vereine Mir Ues<:li. und 

AlterCliinu ächli.>ei<iu». )^(il, IM. VI, und di<n Antki'l bei llor^oK, Bd. XIX. 

") KrniiRSold, 4:c»chlelil4.' der m. Kirclic in Baiieuih, Ert. i^no. 

***) Siehe daa Allgemeine Iral Hanku, U, S. 467— 5S. 



Verilicuete BugcnhagOD*». Pack'McIio Üamlieii. 



117 



über Vc-rktüidi^un^ des reiiiea Kvangeliiima, iudeni alc die Acnderun^ der 
tiebrf&iirlie doii I*rSlaten üherliessün. Daiw von .SaoliBeii biild eine gcordneto 
Propu{;auil» der Ktfurmutioii ohue Zudriuglicliki-it aufgclioii kinintc, Kuigto 
Mich »n niühreren Orti'U. Dttreb Jubanu HngenhAgen, gewÖbnUch imcb 
ifeiuiT Ilciiuatb dvr l'Mniiiür >^'i'ii:iiiul, dvr scbiiu wegen Heiner Bf'kanut- 
Bcbnft mit der uiederäftebtiiäcbuii äpruebe dazn besonders geeignet witr, 
crhiultt'M dir ätildlD llraiiiisi'bwi'ig (15ä8), lianibiirg (1529) tiud später 
noch niebrnrc luiderc cvAugeUscbe KircboDurdiiuugeu in droser Spraebu.*) 



^ 13. Die Beicbstage zu Speyer und Augsburg. 
15^9 und ism 

I.iit'famr I Die wii'liti'gpten Acten don Speyer" scheu ReicbMURe» in Lntbör's 
Werken \on Wuleb XVI; MMHer, nisuvie von der evAngelischen SUinde- 
l'rutekUttiun etc., Juua ITiiä; Juiig, Ouacb. doe R<;icbtages «ii Speyer vun ib2ü, 

l.plt, IS30. 
II. PJirsti'ntuun'ii Ürkuoileiibacb r.ii iler Oe«obiobt«^ des Reivbstugcs xu AtigH- 
biirir. 2 nde.. Halb* l«;:a 35; D^^tielheii An^biv I. d. Oct-rl. ilcr kirchl. Ref.. Ild. 1, 
IIjUIc I-:U: Fikünmiber. (ieneh. d. Rt-f. xii Aiig»!»., Nlinili. IS-to; pfaft", Tic-nph. 
d. Uff. XU An^nb.. Ktntig. I^.'iti; (•epicblrtiivn iler Au^nh. ('oiiFeifftimi von t>. David 
üb y Lriiii .-, Ront. irtTTt, vmt (!. ('itU-ttt Iti , l''rxnciif. LSTT, von .Salig, lliitturie 
der Aughb. rnnf., Tbl. I ; (J.Plilt. Kiiileiuing m die Augutttana, *2Tble., Erl.lVil; 
|)CB»ell>ßn Iife Apubigie der AiigrioUin», KrI. Ii^lä; 7.i\c.k\or. Die Augflh. C'oiif., 
Kraokr. I^7i>; N'eiioi«rc Beitrüge in 11 eine, Kricfe an Kaiser Karl V. vun seinem 
Heielitvater Ii;tlt — :i2; Moittunnitn Valicunn . nl. Lticmmcr , IWI. 

Alb! A\i'»c Sebritte gewbaben zienilirb nngcMlvrl und gefahrloa. Der 
Fortgang dfr neueu Rlivbn in Folge dos oiiiten Keicbrttngea zn Speyer 
war durch den Zwiespalt de» Papfite« mit dem Kaiser nnd dureb die 
poliiisrben Vcrwiekliiiigen in l.'iigaru nicbl wenig erleicbtert werde«. 
Allein seit l.V21t begannen dies» VerbiÜtnirwe aieJi wieder ku findorn, nb- 
wnbl nifbt sv fnlb, alB einige cvangelisclie Fflrston mcint^'U. PbiUpp 
von Hessen wullte nAniUeh »rbnn l.'>27 fflr gewiss wi»»t<n, A-aü» ein neues 
V>lrllab(^n aur Unterdrückung der cvangeliwben Sache im Werbe ftei; die« 
die Angrlegcubeit dea t«>genannten Pack'scbeu Btlndnisses. Kiner der 
KAlbe Herzog Hcorg'a von Snebscn, des liöcbst ungleich gesinnten 
Sohwiegrifvalerw Pbilipp's von Hessen^ Dr. Otto von Pack, halte dem 
Landgrafen die ErrtiTnung geinacbt, das« Ferdinand, Joacbim von 
Brandenburg, die Herzöge vun Uaicrn, die t'^rzbiMebiife von Mainz und 
Salzburg und die Bischöfe von \Vlir?.bnrg und Bamberg sich verbündet 
hätten, xnerst mit einem gemeinschnftitcben Heere Ungarn voUenda zu 
antorworfcu, dann sollte der Kurfflnl vun Sachsen durch einen kaiser- 



*) .läger, Dil' lleiientiing ricr Dugenbagen'sclien KJrchenordnnng, in den 
ätud. und Krit. lH5:t, 2, ü. 4Ü7 ff, t'ebrigetu Vogt, Johanneß Bngenhagcn 
Pomeranua, BIberf. l6Ci. 



118 



Tnng. 



>M!hnl 



Uoheo Befehl aufgefordert werden, Lutlier aelltst nnd allea ßirohengui 
Buszuliefeni und den vuri^eii Zustand hcrzii&tcUcn; weigci-e er siclideiMcn: 
8u werdo IT Abgusotzt, und Herzog Georg crhaltp arin Land. AcliuliobnB 
stehu ihm selbst, dem Landgrafen bevor; diesem hatte Pack auch ein« 
Abschrift dctt llllndni»8cn milgctb^tU nnd da^ Originnl gegen eine Summe 
voreprucbou. Philipp von Hessen gerJeth dadurch in die gröaslo Unraho; 
er hielt für nötblg, aufR ftchnclUte offeDsiT zuvnrznkoniniRn, reiste anfange 
152S zum Kiirftlrsten nach Weimar, wo man wirUlicli wegi-n Aufbringung 
eines grot^HOn Heeres ItrsdililKtte fn^ttte, untt^rliandfltm überall, sogar durch 
Pack selbst mit dem Präteudouten von Ungarn Jobann von Zapulyn 
nnd deesen Schwiegervater Sigiaraund von Polen. Luther rieth zwar 
seinem EurfUreteu von einem solchen Angriff als einem Landfriedensbriicb 
crnütlich ab, weshalb dieser «ich nur deTensiv bereit biell; der Landgraf 
abor stellte gegen die UiechJilfe von Uamberg nnd Wllrzbiirg ein Lager 
auf, zwang diese uachlicr, ihm t>0,<;X)Ü Oulden Kriegt^koateu zu zahlen, 
nnd vcrkilndigte doreh ein Manifest dem gasseu Ileicbo, wie dies AUea 
nur Nothwehr sei gegen eine bevoi-stebende feindliche Unternehmung.*) 
Alle Fürsten leugneten hierauf, etwas davon zu wissen. Ist nun auch 
noch Vieles nugewiss bßi der Sache^ — Rommel verweist auf ein zn- 
voriflssiges Äcten&tUck, naeb welchem 1ü28 allerdings eine kuiserlicLo 
Aehtserklamng über 1' h i l i p p ausgesprochen war : — so scheint doch 
wirklich, dass Pack, der auch tlbrlgens des Betruges and der Uabsncbt 
verdächtig it^t, das BUndniss crdichlct habe,**) um, wie Ihm auch gelang, 
Summen von Philipp zu erpressen; er soll dies auch 1536 bei »einer 
Hinrichtung, freilich auf der Folter, gestanden haben. (Gewiss hatte der 
ganze L;trm nnr die naclitheilige Wirkung, daes er als willkllrlicher Land- 
f^-iedousbrucb und dieser wieder als Zeichen der Gesinnung gerade eines 
evangelischen Fürsten betraclitet wurde, als Beweis dessen, was man Ubcr- 
hanpt von den Torgauer Verbündeten zu gewärtigen habe. Der Hasa der 
pitpstlleb gesinnten ]£eichsstände wurde neu belebt. 

Aber auch die Lage der Letzteren und des Kaisers selber wnrde seit 
1629 eine andere. Diesem war es ans vielen Grtlndcn wichtig, dou Papst 
wieder von Frankreich und England lo«zurei8.*eii. Auch Knpland hatte 
sich, und zwar im Zusammenhang mit verwandtsehiifttichen Verlialtiiissea, 
den Feinden des Kaisers augescbloason. Heinrich VIII. begehrte schon 
damals, durch den Papel von seiner seclia Jahre Siteren Frau Katharina, 
Tochter Ferdinand's nnd Isabella's und Tante Karts V., geschieden 
SU sein; Karl and Ferdinand aber wilnscbton, wie c« scheint aun 
persßnUcher Fiotät, diese vor der Beschimpfnng , dass sie der Anna 



*) Komniol. Philipp der OrussaitiKiJKe, tll, 2. S- I». 
**) Rommel, Dl, 2, S. 2t!. Ranke macht os noch wahrsohein lieber. 



Papst nnil Ralaer nfihern fft-li. Rpeyar. 



119 



BoUyn weichen »ollte, zu BclilitKeQ, liattcn also dn InteivHao, daae der 
PujiHt hiiT nitlit Daclij,'clicii u»^;;i'. Paati kam Anilcrfis. I>er Tlcrzoj; von 
ItaJL'rii tttrvbto nftcli «lor H(^iai8o1ii>n Köiiigglcmno. Die nDgHnBcli-bi^liiuUckc 
Frs(;p War noch nnorledlgl ; Jutiaaii vnu Zapoly» wurde vom Fapet 
nnt<^rBtnt7t.*) I>ie ^t-ifstliclicn HeipliKnirstcn waren wie {Jcgncr der Kc- 
fi>ritmlioii , »ü ji'ditrzi'it sirlnTcrc StÜlzPii der kmiMirlicIitfa fiewnlt nU die 
weltlichen Herrf^ii mit erljltulion Rcgic-niugeii. Auch sonst riilile die ganze 
Stellung dctH Kaiäi'rd wie die dcd Papittca auf der Iilce dciv Hflilig-kcit dnr 
liürli»h'n Gi'Wiilt Uoidi-r Qbcr das Kek-h; mau könnt« xuwuHeD farclitcn, 
das<j ein« mit iler auderi-ii leiden wi^rdt?. In Apanien , wo not-li so vieto 
NicbtrlirifiioD nntfrdrttckt wrrdcn sollteii, ko]ini(> der Kaiser des Papsies 
und dt^r Inquisition nieht cutbi'liren. DaliiT uflliertL' nicli Karl V. dem 
Papst*' scbun wieder, aU diewr noch sein Gefangener war. Der Krieg 
ffüg iu2wtacheu fort, and auch diem>r zweite verlief glQeklich fllr den 
Kaiaer, welrher nun am 21*. Juni lti'2^ wlfd^r mit dorn Papste Frieden 
M^hlotkk Oe^en geringe Z»geAtiindnia?(C , welche ihm am r>. Aii^iiät I.Vi}'J 
der DamenlViedo sn Cambrai noeh mehr aleherte, gab Clftmens VIL 
Zapulya, Sforza, diii« franzOftiAi-he nilndnitö. die Scheidung tleinrich's VHI. 
und jio Vieles in Itjtlieii auf. Karl aber hcliaiiptete Peine ganze Macht 
iu Italii'n. 

Diese rmatüiide wirkten schon, als aie erst nahe bevorstanden, auf 
den nrnen Ri'irliiit;i;r zu .Spryer, welrher, — uwei andere waren 15Ü7 
nod '2i^ nicht recht vollzAhlig gewonlen, — vom 15. März biii zum 19. April 
1520 Kfhftllc'n wurde. Sofort ergab »ich eine veränderte Situation, die 
Altkirehlirhen waren entschieden iu der Majorität, untl xu dieser sitlitten 
bcsnndOTft viele geistliche Pflrslen , welche inswittehen durch daa Ein- 
achreiten der cvangeliaeheu Kürsteu in KirolienüJtrh«n ihres Ijindea erfahren 
hatten, waa sie l'Ür Erhallung ihrer kirchlichen Aaetoritiit oder, wie man 
sagte, ihrer -«Obrigkeit" erwarten durften. Die Mehrholt setzte daher in 
Knrzem «inen Rpäclihwi» durch, dessen Verschiedenheit \'vu dem fHlhi'reu 
tipeyer'sehi'H von I62(j die inzwischen eingetretcni' Wendung nur nllzu- 
dentlieh ausdruckte. S!wnr wird aafä ^etie der Kaiser um Berufung dea 
Ouncilii »um Zweck deliuilivcr Kut^oheidungcn iingogniigen: bis dahin aber, 
«drd be^liniml, soll nliLTall da, wo man damit schon begonnen, nicht 
fortreformirt mlcr genaniT fernere Neuernug vormieden, auch Kiemaudcm 
die Messe verwehrt werden. Wo man aber das Wormsvr Edict befolgt 
bat, Süll t's ferner gesehchcu. Lehren gegen das .S-acrament de» wahrvn 
l^ihes und llliucs Clii-ihti tfidlen aber nirgends mehr geduldet worden, 
und damit war zugleich gesagt, das« die Freunde iler Kcformaljon nicht 
durch Kintracbt Hlark wenl<n ».illlcn; denn man vcrgissl hiiufig, dass das 



7ttBnke, 111, 8. u*i. tn. 



120 



Ei^te Ahthdlnnp. l?r«OF Abschnitt. $ tu. 



Ucrabsehcn der Lutheraner nnf die Ucforroirten von den AnriiPtsereicn 
der altkirrhlichdi Partei horrltlirt. Aiirli Bi-i nöthig, wie v.u wuitpr 
hcissl, Prediger and Sflirirtslcllcr diirrh Censurmftftsuregtln einKuachränkeiit 
aiifrllhr<^rt8clieu Bcwc^ngeu vorxubeugcn und zu verhindern, daw sich 
die SWndCj Kiner den Andern, in ihren Hechten nnJ Kinkilnllen ver- 
gewaltigten, ~ dies Alles bei Strafe der Aelit nnd AUoraelit.*) Diese 
Grklärußt; enthielt fttr die ovangeliächcn Fttr»tcii die Folgerung, das« sie 
eine Antiret'orniation Ranetioniren, eine Mi«»hiIligUTig ihrer bereits getroffenni 
kirrhlieben Kinnrhlungen «elbst aiisäprcelien , auf fernere Stiirknng ihrer 
fSaehe vorzit^bten und endlieb in IteKiig auf die Meüäe nnd di» ßeatimuang 
über kirrhlicho Rechte und KinkUnfte neue Biumisehnugen der Uischöfe iu 
die woltljehen Territoricnj wn i*ie frflher f>rf/itmni gewt^Rnn waren, geetatten 
oder gar veranlaiweii Btdlten. Üieae Znmuthung war zu ätark. Üaruni 
nach vergebliehon rnlerluindhingeu mit König Ferdinand verweigerteu 
die cvangelisehen Stünde dfii (iehuräain und legten dann jene :iUbekauah< 
„Protcstation"* gegen deu ItelebsiteliluKs ein; e» war dieselbe, dio 
ihnen den Nameo Pro tnt* tauten gegeben bat, welcher aueb noch all- 
gemoiuere Deutungen und dnKwixcheii nncb Mifliidentnngen kuUosf nnd 
sieb wobl gerade deshalb im (iebraiieh erlialten hat. Wat* er itrsprOn^Ueh 
bedeutet, ist I^roteBtntinn gegen alle raenseldiehe Anctorität, — das bnisst 
einiger MouHclien über andere , — in filaubensHaeben , (Uo Verwahrnng 
gegen Entsebei<tnngen dorHelben dureb Abatinimung Anderer und Majo- 
ritflt, die Ablehnung aller nnbereehtigten dem Worte GnttcH wider^ 
streitenden flewralt; denn dieser allgemeinere (iedanke wurdß schon auf 
dem Reiebuta^e ausge!>)>r<>ebeii. l/ie Urheber deti Proteste» verlangten 
nümlirhj dasx der letnte lU'MrhliiRs Ac* Reie.hatagt>.B von Speyer (153(i) als 
ein einmflthig gefadnter nicht jc^Kl dureb einen andereu mit blos^aer 
iStiinmenmehrlieit erzielten aufgebubeo werden möge; sie erklürkn sich fllr 
entttehnldigt, wenn aio, son^t zu jedem Gehoream gegen den Kaiser bereit, 
doeh ihre eigene iu einem höheren L>ienst.e ergriflene Glaubeusausiclit nicht 
selbst verdauniien k'iuntcn, »w klagten über Heäehwerung der tiewitMcn 
durch MajoritAtssprneli und sie warfen die Frage anf, wie denn ein Rolelift- 
lag, der seiue Entsrheidung nebtlg dcni begehrten C«iHcil tlberlassen wolle, 
sich dennocli erlanlKMi dürfe, selbst vorher maassgebend abzuurtheileii und 
diu zu Speyer ausdrQcklieh den Ständen ertbeilt<! freie Knnächtigung jetxt 
rUekgitngig zn maeben. Kurfürst Johann vun Sachsen , Landgraf 
l'hllipp, Georg vou Urandenburg, Ernst und Franz von Braunsehweig- 
litlueburg, Wolfgang viui Anhalt waren es, die sich nebst 1-1 älüdtou, 
— uat«r ihnen Straasbnrg, Memmiugon, Üonstanx und Lindaa, auch 



*l Luther'a Schriften von Walvh XVI, S. .12». Uieielor UI, I, 
8. 231. 



Spojfer'scTif» ProtenhiH'jn. AhfndmahtMitTeit 



131 



St. Gallen, — zn dieser ProtPRUtio» und AppelUtion um 19. und 22. April 
verpinigt4'u.') 

Zn dk-iirm welUiislorierlif^n Xen^niinä li.ittm Aicli also <lor gcmohiennien 
(iefahr gegouQber Sulrliv. verbundeu, welche sonttt iu einigni L4*hrpuuktt>ii, 
bfsoiidcrs über da« Aben<inialil, voi^scbirdciioii Anslogiuipoii des Wortes 
Ciottnü anhingen. Oii* (^Rnannteu StAdt^t und ihre Th<>olog4?n folgten 
ZwinfTÜ, und diiMicr kuttu sirli tlbrr die AbeudnmlilsleUre schon tw hcfli;; 
mit dt'u LutlieriH4'lit'ii ^«sti-illen, dsHn trotz aller (ipmfiinnnmkplf und Riu- 
intlthi^koil im IVint-ipicIleii doch eiiii! Ein>t;ung unter ihnen um jener 
theoliigiitchen THtteren/. wi]lr<ii nnnu'iglich gefunden wurde, heHondprs von 
Lulhor selbiil. Audi \&«st sieli in der giuiseu Oesinuung und Ricbtnug 
Beider eine allgemeinere tirfer gehende Verweliiedenheit nicht verkennen.") 
In Luther war und wirkte ttwas {konservative», eine gemUtbvotlv dLUtaohe 
Pieiflt gegrn ds» dun^h ICrfuhning ihm LJeligewonlene. Daa Dieiweitig- 
nnd Fiels^hwerd'M! des Gi'dtlirhen war ihm ein uiienlht'brliohiT Oi-diinke, 
er war nicht j,'rneigt, ihn di'r C'nnhfi(HH"n7, zn Mpfern, weit fher berrit, ihn 
angeacblet denselben xu hegen nnd zu plli'gen and weh demgenifts» nurh 
ht'i di-r .Srhrifti'rklHrnn^ bestimmen zn laRHon. HiTftcIben pieUitevollen 
AuH^bauuug folgte nr, wenn er sieh dii* Korldancr und Wiedrrhulung 
(dnes g^genwitrtigen Wnndem des dieHseitigeu (löttlichen, aIho ChriKtas im 
Hrodl«' nicht gerne ntdimrii licüH. Her Stn-il mit Karlatiult nnd dt-r 
Hauernkrifg linlten ihn in dtffler Kii^htung nur bcütürkl. Ko wurde er 
clngeaoinuieu gegen Zwiugü'B Nflchternlieit nnd dejiscu Wäit^irgeheD In 
Her Revisio!) der seholarttlsrhen und kirchtirbf^n 'IVadttinn nscb der Schrift. 
Wie es nun nngcnrlit war, wenn Luther von seinen Gegnern mit den 
WledertaulVm in Kine KIasm- geworfen tmd weuu ihm der Hunernhrieg 
aU gradlinigle Fulgc 8i«ines eigtinen L'ntemebmcntt angereehuet wunle:***t 



*) Der Text Aar PrMtrttiation und AppdUtion Wi VValeh XVI, S. :»tt4; boi 
üic»e)«r S. ;f:i2 und olkTb. 

•"I Ttn» lii'tinuere Uljcr den Abendiualiliwlreit bleibt einem »päiercn AliBclinitf 
vort>oh:ilten. 

••■) Wii llt'Curun'n nml Knr(»ictiritte gef-mlert wcnlen. welche Kinigen zuwidfc 
«tuü. ptb'gvn ([if8c nicht allfiii iHc lUiBor^iiie zn ünsBcra, iIohb dies zur Kc-votutioii 
rubre. suDikM'U wohl auch eine allgeuieine ticFehirhtstietrachtnng hiiuMziinigeu, 
diu ilaniuf hinaualäuit, üas» wt>nH aucU einmal i:iot;h ein Halt und eiau 1'umhl' in 
iliestin Ahstnrx za bringen sei: ho werde es du« uKchsie ^al viel tK-hlimuior 
worden nnd eine nllgomcine Au(h>t«nng jeder kirchlichen und politUehi'n Urdiiuiig 
orfolgun. Die Genchlchte aber liestätigt diene Auitiohi uu keiner .Stelle, aiu 
wenigsten die Folgvruug eines regeliuiissigeu Zunchmciis in der Aullösung, womit 
hier gfdrutit wird. Zwar zeigt .sie bei9j)iele eniüolzHchiT Au»»chrvitUDg, wie 
selbst in der Keroruuitiun^zeit, aliur diese treten rurtiliergeheud aut', und slatt 
bald nachher zu noch ärgerem ünweaen binzuiieibcn, geben sie vielmehr den 
Oebildutün Qulegenheit, die Oberband ku gewinnen und die Ordnung horzmiteUeo. 



122 Erfite Ahtheiliing. Erster Abschnitt. { 13. 

HO beging er docli selber die gleiche Ungereclitigkeit, wenn er ZvingU 
mit jenen Hiidicalen unter drm ItegriH' des Znweitgchcni» zusammendacbte 
nnd Hieb vun Beiden mit glcieliem Verlangen, dn^s seine gnte Sache nicht 
iiuter tüelileelitcr Ocmeias(-h:it't It-ideu möge, losisagte. Zwingli war aller- 
dings ein Anderer, kein Di-utseher, sondern ein ftcliweizeriacher Bürger 
einer kleinen deniokratiriclien Republik, welche mit ihm znaammen ihre 
Ueformation keineswegs zögernd, dehonend und conaervativ, aoüdem kurz- 
weg und ziemlich radical durchgeführt hatte; er war demnach weit ent- 
schiedener und entsrhlossener d:Lrauf hingerichtet, die bestehende Kirche 
von allem nach seiner gewissenhaften Ueberzeugung Schrift widrigen , ina- 
bcflondere von dem Götzendienst nnd der C'reaturvcrgÖtteruug, welche der 
Feistigkeit des Kvangeliums in Lehre und Praxis angeweht war, ohne 
Sehen vor Unbequemlichkeit und Ueberraschung zu befreien , also Dogma 
und Cnltna zu vereinfachen und zu vergeistigen ; aber eben durch die 
bcwussteste Anhünglichkeit an die heilige Schrift und nnr an sie war er 
von wiedeiläuferiacher Maa^islosigkeit und Selbstinspiration himmelweit 
verschieden.*) 

Aus dem frelmüthigeu Act der Speyer'schen Erklitrnng ergaben sich 
neue Schwierigkeiten. Es war ja nur eine Minorititt, welche auf dem 
J{eielistage hatte appclUren und pnttestiren mflssen; nun aber konnten die 
Theologen sieh nicht einmal entsehlicsBcn, es zu genehmigen und gelten 
zu lassen, dass diese Minderzahl verbunden zusammenblieb, und wenn sie 
wieder zerfiel, wie schutzlos stand sie dann vollends der Majorität dea 
Ueiehes gegenüber! Schon zu Speyer hatte man sich auch sonst mit den 
Städten verbündet, Verabredungen wegen eventueller Anfste^lhing eines 
Heere» getroffen, man unterhandelte mit der Schweiz, Frankreich, Venedig; 
Weiteres sollte zu Roftich bestimmt werden, wie wichtig, dass dies nicht 
gestört wurde ! Aber h u t h e r konnte nicht umhin , den Kurftli-sten 
Johann gewisaenshulber von diesem gemeinschaftlichen Vorgehen ab- 
zumahnen. 

Das waren die Thatsaclien, welche den Landgrafen bewogen, der 
(Jefahr eines immer grösseren Zwiespalts, deren sieh die Gegner freuten, 
durch das Keligionsgespräch zu Marburg entgegenzutreten. Mochten 
auch Luther und Melanchthon widerstreben und im Voraus erklilren, 
das führe zu niehts: das l.ii^spräch kam dennoch zu Anfang Oetober 1.52'J 

') Wie natiirlicli, dai*» Liitlier diecc Vorzüge Zwingli'» il;iuiiila in der Kitze 
de» Streits verkaniiU'! l'ud wii^ unniitlirlirli, affecrirl, iingcn-cht oder auch un- 
wissend, wenn dies uucli iioeli :tiio .lalire npiiter in ruliiger Zeit geacliielit, wo 
man alhnühlich liiatonttclieu Sinn genug wieder hiilicu sollte, um migleiche Grössen 
neben einander würdigen zu können! (Jenidc :ih wenn Einer jetzt meinte, 

auf ShiikuBpüHrc schelten zu dürfen, «eil Honior und Sophokles gross 
waren. 



Uarburifcr GesprilolL 



133 



laf dem ScMosiC ^e^ Land^atcn im iiflrdlirlu^n Ritterssale su Stande. 

ititlier, Mcluiich tlioii, Jonas, Oslander, Hronz nnd Agricola von 

.<r eiueu, Zwingli, Üvkolanipudius an& Ka«--1, Bucur tiud Hedin aua 

ätTiwsbiii^ von dt-r andern ScUo waren die Theilnehmer; mir dioso Zehn 

hübten iiutcnieliriL'tHni, wilhrrnd al» blousf Zuhürur uucb diu Mnrhiirgrr 

i'huologen Lainbuit, Kruft and Schnepf sowie noch ai(;JirLTe Ik-gleiter 

lUtbcr'H, Meniuti, Mycouius, Eberhard vonTaim »ich butht^iligten.*) 

Ucbiteiu man lange ver^vblivh über das Abeudmabl ge^trittcu, vereinigte 

mau Hich wirklich Über 16 von Luthur ubgefassle Fiiudami-nlAlnrtikrl, 

und da dieso alle IlauptAtÜckc de« (tlaiibens urafassten; bu lag darin, daaa 

alti CoiiseoHUit förmlich und durchweg anurkanut wunlen, ein nicht 

fringes poiiitives UcsiiUat dieses KdigionR{;;e-Bpra«hR. "I Allein hnther 

er war, und wl«! ihn gerade die Aussicht auf cinou iiabctiegcnduti 

ren Gewinn der MacJigicbigkgit doppelt mi>i8traui«rli und streng gegen 

Üb Schein der BcDtecliung »u machen pflegte: so betrug er sieh auch 

liesmaL. Kr hielt es uicht nur gewieifcnslmlber fQr unmöglich, Zwingli 

und die SiMoigon ala Brtlder anzuerkennen, denn, ugle er, ,^r liabet einen 

andern (.Jeist als wir", — sondeni noch in Marburg beronto er es wieder, 

aar-h nur ao weit ztir Kiiiigiing die Hand geboten xu haben. Denn noch 

dort arbeitete er wahrscheinlich die Artikel aus, welche noch in demselben 

lonate in Sctiwabaeh vorgelegt worden and viel aciirofter, besonders in 

r Lehre von den Sacramenten^ der Zwingli'se.heo Anüieht tue LnUieriaehu 

itgegenstcUteu. Bitter klagte der Landgraf Über diesen Misserfolg. ***) 

In .Srhwabacb und Scbmalkalden, wo in demselben Jahre Zusammenkunft« 

ittl'anden ?.ur Bufctsligung dca Btluduitjses mit ätras^hurg und den andern 

>rten, wurde nicht nur nichts erreicht, sondern die Trennung noch bo- 

Itimoiter 6xirt; die Mai-burger Artikel, umgearbeitet in den öchwabacher 

fein und namentlich mit einer etaiken Verwerfung der Zwiogli'itcheu 

ibendmahUlehre vennehrt, konnten auf Verlangen von den Gesandten 

icht angenommen werden, und eher wollte mau nicht veiter mit ihnen 

interhaiideln. 

Auch dadurch schadete ma» sieb ttusscrlich , dujss umn nach lungeren 
^'erhandlnngen Itber daa Hecht de» Widaralandes gegen dun Kaiser, — 
jenn daäs mau uicht angriMfen dürfe, war sehou bei Gelegenheit dos 
*ark'«rhen Hümlniiwea hearhhitwen, — nnter Lulher^s und des Kurfilreteu 
Inßusa sich daltin entschied: Nein, c« sei niuht erlaubt, sich gegen die 
ron Gott eingcsetatt: Obrigkeit zur Wehre zu setzen, man müsse Alles Ober 



ler 



*) Schmitt, das UeliKionsgesprUeli zu Marburg, 1^10. Haeseukaup, 
t«8C. Kir^h^'IlKCltctliehre 11, I. a.:\b. 

") Hep)ie, Auti>^ra|ihou dor Mirhurger .Vrtikcl. ('assel IM7. 
— ) Hflrlkofer. Zwingli U, S. 213. 



134 



Erste ÄbÜieniing. Entw At>&i;liuitt. § 13. 



Btoh er^hen Urhpii. So ondote ds» Jiihr 1529 mit ungewuuwn Auwicbtei 
Wa» aber twllle ilim Iblgcode liringeii ! 

Kroilinh miügr nofriiiii));cii äut7.t<;it diu fViuigi'ÜBr.licn SUnde wolil an 
diu neue Jalir 15H0, aloor pk gcttchati niclit ohuc den Kebeiiäiuu Aor 
«ignatiun. Der b^vorAtobmidi; Ki-ir.lislitg zu Augsburg war jedenfallA 
eiu rteltoue«^ biid(Mit<*ude«, schon dadurch uiue letzte Zuversicht wit<der bi 
lebL'udL-s KroiK^ii''^- 1*'''* KaiiMT kam wieder «elb^t in'tt Itoirh, jfUt «m 
eriiten Male Htiit dur WurnistT Ver8uu)iuluiig, tiiid jctst war er erat xai 
Manne gt-wurdfu. S(!in AiiRsrhreibmi kbin^: sehr frenndlifh*); „cino« Je 
lii^hcii Unibfdiiiikcii uutl Mi^iuniig i^oHld in Lieiiu und (JlUlicbkuit t^eb^i 
alle /jwiftrarht bingelegl, nller Widerwille gelansen und Alles zn einij 
chriütli'i-lit'r Wahrheit tti-bnielil und vergliidien werden." Auch mochte dii 
keine Verrftt^llung* w\n. Zwnr liulLe der Kaiwr Hieb uiiu t-i-xt |24. Kebrui 
ld3()) zn BulugQu ohne da« Reich vom Tapste krÖneD laHsen, halte Uuj 
Vfirti'aulieb mit ihm KiiHAiiicaru^cwuliiil und ihm vm'B]>r(>uheu , die Ab{ 
l':illem-n nVithlgrutalU tuil (tu wall bi-ntu2UKirhi-ii; iler l'apät halle Uli 
ttliDlicliA ■''.tnrichtnugf^n, wie nie in Spnnien von der lni]nii»itlon gebratiebl 
wurden, tiiipfolilcu, und Aiv» war dem Kaiser ein wubibekautites VerHilirei 
noch vor Kurzem gegtMi di« Maurinken in Valencia erprobt,**) Aber 
wut*i)te aueb, wie uuKiclior die Freundhchaft zwiscbin Papst und Kaiuer bi 
uiaii behselt iidcIi nn diMitHchert \ i-rtniut-n ilbrig zu „dem edlen Bliil 
Kaiier Carutu«'", und zwar mit riuigem Kecht, da dJetier, äo kalt ui 
undeuUrh er auch war, wohl eimuih, wie wenig er Hieb anf den Paj 
aul' Uuiern u. A. verlasweii dfiifr. .Man betrachtete, - - dies ist wÖrtUt 
autit;t*Hprucheii in dein Scbreilien des Kiui'flrt^len Jobiinn vun .Sachnen, 
welubem er seine Theologen mit der Entwerfung der Aup^burgiaebou Coi 
re4)siou beauftragte, — dou grossen Keichstiig, hIh «uUte derselbe „vielloiel 
an eiin:s CuiieLlJi uder Nulidnalveruaniinhing Statt gehalten werden", tii 
setzte daher auf ihn, selbst gegen den AiigcuAeliein die ll^l)sten llufl'nuagei 
iodeiD luan »ich xugleirh auf Jede Mügliclikuit gefas»! hielt. 

Heiiuu in <len t^rsten Tagen sultte der ICrust der Verhitlttiirise ulfeul 
werden. Aui 1. Juni war Rarl'n Minister Gattinarn, der Vei-fasat 
jenu8 friedlichen AuHAC-hreibens, gestorben und der den l>utberanern sei 
fiiindlielie Grauvella an die Stelle getreten. Der Kaiser verlangte gloic 
nach tteinem feierlichen Kinzuge (1^- Jnni) and zwjir mtindlich und pei 
aönlicb von Johann von äacbseii, PhiUpp, Georg von Brandenburg ni 
Franz vun Lilnebnrg, datib das cvaugeliüeho Predigen in Augsburg st 
höreu sulle; darin gab man naeh in der Kllckäicht, daaa Angitburg d( 



') J. J. Müller, llistoric von der cvangcUscfaen Btüodu Protest- Ai>pcllatt< 
Ute. S. 4lti. 

"} ßanko, Ul, S. lOä, 22S. 



AnKsbuTf^ ßcichsttfr nn<l ConfeBBlon. 



135 



Kaiäcn SU<)t sei, wo dieser zn befehlen tinci die Prediger ku beAnftragen 
ibe, mnelite jvdoi^h zur Bcdlu^ungr, ilass auch dio Prädi^t der Gegner 
»chwcigr. IVr Kaiser bestellt« nun Prediger, die bloss den Text leaeit^ 
Iso (Ua Gumeins:ime oiiuc die streitig gewordune AuiilcguuK verküudigeii 
tditi'n. Sehon bei dieser VeranUssnog ksm es zu den b(*ftigeten Aiif- 
rittcn. '»(forK von Bnindt-ubiirg «aj^t«': Übt* «r von (ioltoa Wtn'l und 
lieser Irf-hr*^ lusse, niUesö iliin Ihn'* Majceiät zuvor den Kopf abbiiuen 
icu. KnrI V^ nncbdeui es Uim Übersetzf worden, brarlite aucb so viel 
lii'derlündiifi'tiett Deutsch »usiinimeu, dngs or imtworti-n koniitt?: „Löwor 
^Qrritt-, uit Kup »b, nil Kop itb." Dnuu gab die Frülinli'.irhnamKprncfH^iou 
:; der Kaifter wollte, daw die t^lreteo am 17. Juni an ihr Thoil nolmien 
'sollten, »U' glaubten cä niclit zu darfen. 

Danebcrn wurde als Ausdruck der schon in dem Äiieschreiben erlor- 

Idrten Glaub« u&crklürung die AugHburgisrhc Coufea^iiim vurbcreitet. *) 

lieber Zweierlei, Ober Kohro und kirehlii^lie GebrSur'he s^'Ute Üo riebt 

Fr»tJitt4;t wcnlen, weshalb denn auch die erste Ansgabe der Confeasion den 

i(el führt; «Anzeigang und Bekenn tait^s." lu Angelegen beiton der Lulire 

bereits in ilen Marburger, naeliher Seliwabacher Artikeln eine 

iebbare Vorarbeit gegeben. Teber das Zweite, die Miaabniuehe und 

>romi<nicn nebst den .Grflnden ihrer Al>aeb)il1'ung, hatten die Theologen 

hl Fiitge des Aussvhreibens dem Knrnintti'n noch ein he-sunderus Bedenken 

'^narh Torgau xnge«ebiekt> dies die ersl IHSiJ wieder bekannt gewordenen 

und loit Iteelit sogenannten Torgaaer Artikel.") Da/.u kauieu noeh 

ideru 8rlinfti4tnekp, welche von evnngeliscb gesinnten POraten mitgebracht 

forden und deren Urrflcksichtignng sie verlangten, wenn sie doui im 

Manien Aller :ihzuf»S!M>nd6n Ikkcnntniss sieh aiisehliessen sollten. Die 

lUTgahe der Abl'nsiiuii^ war Metanehthon zugefallen, auf der Grundlage 

Ueaer MaleriaUt-n arbeitete er fori, ane.li nachdem liUtber, der in Coburg 

Eurtlckgeldifbeu war, den ersten Kiitwurf utiner Confesäloussehrift achon 

ibilligt hatte. Pnd Melanchtlion war vor Allem daran gelegen, in dieaer 

teintien 7.war niHit zu verdecken, worin die neue Glauben»riehtung von 

ler .'Ulea ubweiclieu mllBi^e naeh der 8ehrift, aber auch niüht die Differenz 

Bchnrf heranuxuatelleu, KOndorn vielmehr zu betonen, in wie vielen Dingen 



') Um die 1^0 der Evungulittchen zu veräcldiuimera , tiatte Dr. l:^ck lul 
tetxcrlHche SHtzo aus deren Schriften ausKi^r-otreu und biu mit einem scTir Mtter 
ibgcfauitftn Bri<ifc unter dem 14. MJirK dem Kaiser zugescldckL Plitt u. a.O. 527. 

a IL 

■•) KiVrfttemann'd L'rkundenbncb. [, S. Uli ff. Corp. Ref. XXVI. IßT— T«. 
fgl. Ober Jitwt! Vi»rarbellen atu-li Zöeklor. Die Angslmrgiwbe f'niifeagion, 
'rankfiirt Is70. Na<:Ii Plilt, ElulciUing in die Augugt-iin» 1, ri2U ist unter deu 
Pargaiier Ariikeju «lieae t;auzc v.u Turgau llberreichte Saiuuilniig von Vurarbciteu 
tu Tvratuhon, nicht jene Budctiküu Ul>cr Ovbriiuuliv und L'ereniuuiuu allein. 



VJfi 



Erste AbüteiliiDK. Erster Alisebnitt $ Vi. 



nnd geradr. den llatiptearben rann nocli eioi^ soi, sovtw iLirenthon, iImi 
mau in der l^elin^ der Kii^be Überhaupt gar keine Ncuenuig bfatiKirlrti^, 
äondcni d,-u Altkirrbliflif^ bestellen Iium^*), in dun Oobrätiehi'U ubii 
fallrt um- Abstelhnig geradr nicht alter und spati*r <t8I aiU'j;i?kuir - - 
MiBsbrJiuchf» wnllo, also aitob in dieftor Hpelcbinig Aiir (Im L'raprflnglicbe 
aurückgcbc. l>or Kwcck wur ulchl puliMuiscb, nicht affi;;roKs!v «oudf^n 
rri«^dticfa, M fa^tt! ihn hlclaiu'btboii, und in dii'Sfui Sinuc war er boHunder« 
gpiiigutit, dio ABfgnbe in üvr bflkanntun treffUrben Weiftv su lüacn, antl 
Lntbcr iTkunnt*» selbst, dass er »so sani't und Inisn nicht treli-n krtnnr-".") 
Daher ittt dio CoutVsäiuu, weicht* 8o Kit BtiindR kam, nicht nur kein s<:htY)lTi'* 
Entgogcnbiilton des l*nter9€-.bcidoiidc<n, sondcru ein Achter UDiimsvemitl 
mit »M^fUtirlicher Ilcrvurhrbting den (j<Mut>inAatnen imd Motivirnog der 
bluM thtilweiscn Ahweiclinngen vom neueren Ui-rkommen, woiwi immn 
noch oinigL^ IIulTnnng verbleibt, durt'b Üii; Ki'rhtfrrtigung ans St'brift und 
l'raditioii eben nni dieses gcnieinßitin auerkannleu Uniudrs willen, — denn 
oiu excluaivpa Scbriftpriurtp liat sie nicht, — auch dit> (tegner zu Qbcr- 
zeugcti und eiidlicb zu vei'Sülineu. Zumal der latciuiifchi: Text bt g»Bl 
historitfcli gelmltrn, ein Itericht verbunden mit der Forderung eiuL*s Zo* 
gi^HtäudniM^iü, weli-beä di'^ui t^uliisuia vurbcngen still. ***) Am 25. Juni wiird« 
die b'^lirill in eiuem kleiut-ren l^ocal des bieclKirilrlieii l'al»^^.■^ , wu der 
K^acr wohnte, in der (laprlUtnbe, — die (Jrbäude Hind ji'txt geändert^ 
dofh wild df-r kleine Hof noch gezeigt, wo innn iinti-n die Woii« liOriio 

') hiwt'v Villi de Welle, \\% 17. 

"} IialuT An. 22 ^'iTt.a>,rt wird: Haoc »uiuuiii e^t duetriiiae upud uos. iu ijnii 
cenii porosi, niliil itu-t>9L-. ipunt diticrepct u ncriptiiria vel alt eudcsia uiihulicn rol 
all eiv^k'fia KmitaDU, ijualouii^ i'X «cripluributi nota vnt. 

"*) |iJo Aiij^liiir^i.-^cht: Conlo^i^ioii war tunital und uui'li ihriT Kiil.-*tt'liun/; be» 
trarhtel uine .Sl-tatARciirift inctiri'rcr diMit^i^tien Ueiebfioiilmle, In w»k-hor diese uaob 
dem kuiserliclifu Auttselii-eiben 1. hiätoriM-lien Ueiifrht iirstait^t«>n, wie es bei ihnen 
mit Lehrtet uuil Kiivhenreirimtiut ^elutltt^n »cf, um) 2. eituMi Antrag im|ibviti« dsr^ 
Ulier «tellieii. was iltrcr irtlit'rxt.Mtguigj^ iiiuli ii1i<;rliiiupt ui t-im-ni ruebten evittige- 
liBcüeu itn^tand erlunlfrlicli, nho ail^jeiufiii i'inAUililiren »ei. rit'nbe» wir vm. 
ds»H dies darchtjegautci'U und nach Ati!*icli( der Urbt-lit-r mir Aunnifiriiun gL-kdinmon 
wUie: 8u wilnle nie uU eiue der vielen SL'Iliütltt'st'Ujfiiii^en der kutlmliäclii'u Kirvbe 
erlicheincn, die ju »iieli aimut Alten und Ntuc^ verbunden hab«.'n, uhm.^ den Cha- 
r^ktur einuii partieiilaron Hek(.'uutniü»eii an sich xn tragun. Aber wua sfe actlr 
ukht werdt^n Millie , iitl bii- nat-hhiT psssiv i^ewordfu. Da was siv als acht evan- 
gelisch vcjrtmg, nicht all>foineiu als n^olchv» un^^rtcannt wiirde, da die (legrwr 
die»«.'!' i-vAngetinrlien HeM>n<;inig rivU im 'rriileiitiiintii aU l)färta>b-re IcirohMobe 
Ahthetinnfr urtciiuifirtt'n. dk' Majuiitiit bütiivlitu und d»i[tiroti unler Anderem anub 
den scbüHi'U Naau-n der katlluli^(.■)lc■u Ivbciii^ dt:u Kvanfcidisclifu i-nlzogeu: ao 
«luptiuK nun «rsi die AugHbargiscbe (.'oorusniuii DRclttrüglich uiue i^tellung, die 
sie umitriluglich nicht hatte rinnchmen wollen, sie wurdi- das UUnl)CD»zeagutaa 
einer Fractiuu der laleiulscben Kii-ehet der Ausdruck einen cuniessioD eilen 
Oegcaaatzes. 



Vorlofliing un<1 Gi-folt; <lvr Aiignli. Coiifession. 



127 



>Datc, — von il<>m KiioKler Bayer deatiicli TorgcIcaeOf denn i-ndlicb hatte 
«•r Kaiser eingewilligt, BJe oiif düuUclicui Ürnnd nnd Ilodeii ancli Ju 
luiitcii'lii'i' Sprai'lit: zu vcrui'Iiuitin. Öiu lial uiifan^'t« nur aU ni-keiintniM 
kr (iiri*trrt.'li('ii rredigor (llji-rgcben wurden »nlleii, und rlor ztiglek^i ein- 
gebt«! luti'iniäf^hi* Tust driirkt sich nnrh tuehr dahin aus; aber J o li a n n 
'jou 8iK*lift«*ii hüiU' iitiEtJrilcklich vcrbiiigl: «irh will mt.'iui-n Ciirintiis aiit'ii 
))t tK'kfnncii", niui di-n Tlictilogi-'U hiiUv er noch znlelzt sn^oii hi8«(Mi, 
Lsk* BolIt«ii tlinu, was Rocht sei^ 0ott zu Lobe, and ihn und sein Luid 
licht aiiwUcn". So wnrd«- die ('ontVntnioii aurb als rigcnc» Bokenntnias 
1er Ktiröti.'n »ulbtr mitgeüii'ill, es w:irL-n iUtuu ucbt: Juhnnu vou Saclii^irn, 
Philipp von IleMen^ Ücorg vun Urandonburg, Wnlfgang von Anhtüt, 
^DTrunK nud Krimt von UriiuiiBcbweifr-Litneburp, dsizii XQnibmi? nnü 
^BRuutlluK<'n, wobei ungewii<ii bleibt, uh ancli derKurprin« Juhanu Krii'drioh 
^pron .SaebsLii nud ob Franz von Jjtlueburg mit uuiui-M:lirti-beii bubL'n. 

Nat-h der Vorli'sung") scheint di-r Kaiser gewollt xu haben, wie i»« 
inch dns AnHüi-bn'ibcn erwai'tcn licMS^ daiu) fOr den Zweck dor vt'rhclii^'teurn 
liglfiebim^ alh'r (Jptniuuk'n am\\ \\k liöuiisch gefeinalcn .Stünde «^iii Ke- 
tennlnii» üluilieher Art einrviidien »olllen.**) Alltdn dieüe weigerten sieb, 
üie jrt keine Neuerung noch Abweichung vom Wormser Kdirt zugol:i$Si;ii, 
airb nte-btfl zn recht fertige u bitten; sie wullt<>n den Kaiäi'r in dicker 
lolte nicht Mhcr die l'urtrieii stolk*u und untscbt'iden bi6«en. Nun luusslo 
T Kfiinrr, widil xuni Tlu-il wider Willen, seHiÄl Partei nelinieri, und bt;i 
•inrr )vlf,j^vu N'erbiniliuij: mit drni l'apst und bei Bcintmt luicli pulitiscb 
renirsaebtcn Widerwillen gingen vigi-nmüirhtigi: Neuerung k<iuutt' vr kaum 
Indern niK den (iegnern iIit KirrlienverboBseniui;, als den Vortheidi^orn 
U'H altin |»ii|if>tlii'ben, auch in S|>»iiifn i;elteiid(in uliilun *fUo, zn^ltMeh dun 
iltüngi^ro d«« Irllhuren Wnrniuer lleiirbliuscs. streng «nr Syite zn treton."') 
n ^eüebah • -<, dii>ri tni Juli zuerdt lUe Tbeolitgen, wvlrht' arhon gcgcu die 
•fiiruuilinii giULdiriebcii und dir »ich in gruKger Zahl eingefunden batttu, 
^aber, Eek, Wimpiua, (.Vtrhiäus, — während Andere als tlber den 
^lirtt'ieu i>ti:bend wie Krasmuö sich (vru gi'haltyn, — mit der Abfiiflsung 
incr Widerlegiing»»«brit"l biianflrjigt wurden. hieacji «ogenaunte t! iin- 
itfttitiniibiieh t)t wit* ■'» endlich niich viermaligen Armierungen dem 
iaifter gcliel, »et/te dem «Tt^leu Theile der Augtiburgi»rlieti {'ituff-^iiioii nud 
lesoen AuHprncb uuf KirebUebkeit nnr einzelne Uewei»e ans .stellen der 
tn»ol uud der Ooneiliitn «ntgegen. Es bestritt iui Kweilen Artikel diu Au- 
ihroe ai-tui-lter Sllnde iicfaou bei Kindern, im vierten die VnnitelluDg einer 

•| IVhei ilrn fT»ton ;<ilniitifi:i'n Kindnnk d^räcHieu »opar auf iiiaiirbe kiiihn- 
»ehe /uliMrxj n. iHe Itttlege liei l'lltt, die A|ti>logle der .Vii^usiaua, 8. It), 
") I or]i. Kef. XXVI. 
'•') Ranke. lU, iUi tV. 
t.) Uju Te&to linden stell im Corp. Ref. XXVIl. 



128 



Bnitu Abtlioiluiig. Erelcr Abscbuitt. | 11, 



(tnadea Wirksamkeit üKue uUi:s Zuttiun vou Seilrn des Mt-usclieu, im eJcbcDtuDJ 
die AaffaMnug der KircUe, iui 'Juten dio ßcnrtbeilniig der HcUigoo, 
wflhreuil dit; llbrigen Artikel g:anz oder groHtieiitlK-iU als reclitui&^isig an* 
crknuiit wurdt'ii. In Ht^treff de» zwt-iti-u TIm-üs dage{(Ou, dvr dio kirch- 
liolien Miiütbriiuclie attfzt^igt uitd die getroflfcuun Aendrningi^n rucbtfurtJt;t 
verfuhr ah: diirchiiud pulemi^M^b, prutesstirte ^c^cu jede Verbutiscriiu^ iind] 
L'nif^edtaHuiig und puclitc stark auf da^ gaiiz allgcmelDo cuDtii?rv.HtivuJ 
Priut^ip, weleb(.*6 liefürnieu vcrbiutut, weil aio zur Aiifl<)8uiiii; bealvlieodoi 
OrdniiDii; filbre. Am lueisteu wiirdi> di^r Anpjt^iigcliein jinftgrltcntet, di 
fiuige Aeudcruiigcu uur um ünencrer VortlieiU* willen aufgcbrai-ht »»imir'! 
aUo dio MöDi-liugt^llibde beseitigt, damit man alcb verhciratlien kdnn«. 
Diese» gaiiü uberfläehliebe l'riKlucl wiinle iini 3. AiigiisL vor der Reieli»-, 
vtM-samiulung aU (iegeuKtüek der CunfcBHion durch den kaiiierUrbcn ::^cretAi 
Aloxaoder ächwei«& deutsch vorgelosuu, »od dabei HuUlen die Evaii' 
geUscheii sie.b beniliigen; eine norbinnligo Verantwortung wni-dc snrOck- 
gewicjtcn, wie denn der Kulaer die bierant' van Melancltthon niiagearbeit< 
Apologie der Coufcsüou , das ireffliebtite liteniriscbe Krzungnis» di^ 
Zeitpniikta, nicht mehr angenommen hat.*) 

l)er Eiuigui]g«veraitcb war aUu abi-nualii gcDebcitort, er hatte dei 
i^wiespalt, statt ihn unfzuheben, nitr volI^t^Hndigcr xum Auridrnek gebrarhi,] 
Ua» Bi'ddrtuiäs nach Frieden blieb uugeätiUt, aber nicht Alle wulUvu so-j 
gleitil) vuii Jeder gdnstigen Hoffnung Kcheiiten. Anf einzelne (ieniQther ft«*l| 
die (i;jin7.e Schwere der Verautwortuiig und die nahe Anaiiiehl anf denj 
kircblicben Unicb mit beklemmender OeM-alt OarauH erkUrt sielt^ 
noeh iu (lemsclbcii Muuate abcruialigc Vergleivbsvi*rhiiudlungeu eiagelritet^ 
wurden, nnd sebr merkwürdige, die iiuf die Ölimnmng eine* TheiU dur 
VerAanimellen ein Kicht werfen. Ein Anni^cbnsd vou vierzehn Porttononl 
wurde zuHammengesetzi, von jeder Seite siebi'n, zwei Fürsten, drei Theo-] 
logen und zwei Dortoren des Kirrhenreebts. Auf katludiaeher Si-ite warepi 
C8 der Blscliof von Augslmrg, Heinricb der Jüngere von UrKndenbnrp,] 
K e k , \V i m p i n a j ( 'o r li I ä n s, der badinehe und der kiHuische Kanzler ; 
ihnen standen auf evaugeliöehor .Seile gegenüber: Georg vun liraudeuburg, 

•) Man LTscIiwert sich <lti& VerstündnUs der Gesebicltte der dentSL-bcu Refor-' 
uiiitiuu oft dadureli »ehr, das» mau »ehun im Laufe, ja im Anfange derselben die' 
.Streitenden zu »cbr uaeh den «{lUlct vullendcien Gegouüiiiiceii und Sclieiilmigcnj 
aell)eit go^ehiedun denkt. So lange der Streit uiwh lebendig und nnentseldeden' 
lortjrlug, kauu man noeh gar iiieht fragen, wie war der C'onfeBBionöHt;ind, wa» war 
l.uthoriecb. Katlioliseti, Reformirt, l'liilipiiistifich'i' Dürfen u ir einem Stnmie ^lilbeu- 
deu Ki:!teiiä ficßenUlier fra^'eii: zu wi-lcliei Mas^e alter Hciiw<.T(kliiigcii K^hörl ^tiu 
MetaliV Mitten im Kaiiiplv heliiiden »ieli die iiKinclierlüi AiinJilivi'Uilgiiu l'reunnn^en 
uml Ki)llreuiJn»Ken uocit im Wecbset. DemgeuiNäK um»» aueli die Aiij^sburgiäctie 
Coufeiwiuu beurtlieilt uud iure KiirBteliung vuti ihrem spütcren Gebrauch uuler* 
Khiedua werden. 



Augeborger Vermittclungtiverauctie. 



lao 



Johann Friedrich von Bachsen, Melaochthon, Brenz, Scbnepf 
|Dr. Brflck und Dr. Heller. Die Abfiiclit war, auf Gnmd diT Cuufcäsiou , 
iund Confutatiou abzuuicssim, wie weit mau sich L-inander uäberii k^nnu. 
>AiD 16. August bcj^auaeo diese Bcratliungca. Spalatiu füUrU; das Pro- 
tokoll. ') In Glaubcnäsachon Latte die Au(;sburger Confeasion selber be- 
liaiiptct, nicht abzuwciclicn von der Schrift uud von der Kirche, sogar der 
Kömiacheu, soweit sie au» der Väter ÖehrifUiu bekanDt sei; daran lies« 
«ich auknüpftiu. Hier fehltv (« ntin wohl an bitleren Worten nicht, wie 
Kok einmat gegen da& Wort: sofa fidcs Justifiat. herausfuhr, man m5ge 
die Suhlen zum Schulter schickvn.**J Detinuch tiuigtcu sich Eck und 
Melanchthon in den dogmatischen Kragen beinaht vüUit;, indem sie eiii- 
ritaratcn. das» oiau ftlr die Hauptpunkte sich der evangelischen Itezeich- 
nuDgen ebenso wie der katliolischeu bedienen kCinne. Anerkannt wurde 
• %. B. bcideräcita, ^dass man gute Werke üben mQuso and solle, und das« 
dift Werke, so aus Gtanbon und Gnaden gewirkt, Gott gefltUig fieien", 
uiuchte auch die Art der Verdicnstlichkett verschieden aufgefatut werden. 
Anerkannt wurde sogar, daas es gut sei« wenn die Klrcho das Gedächtniss 
df^r Heiligen zu erhalteu suche und dass diese bei Gott für die Menschen 
bitt«u, obgleich die EvangcUächen die Ajirufuug der Heiligen wegen vor- 
gekommener MiäsbrUuche und fehlender Belegstellen für bedenklich er- 
klflrt<?n. Auch in dem Artikel von der Busse meinte Eck, es sei ja uur 
ein „Wortbampf'*, und die EvangcUscLcn waren geneigt, sich die drei 
Theile der Busse contritio, confessio, satisfactio gefallen zq lassen, lotztoro 
als „Frllchle der Hasse", nur die Notliwendigkeit der öatiafaction zur Ver- 
gobnug der Sünde konnten sie nicht einräumen. In dieser lUchtung aUo 
bfttte man sich wohl geeinigt, nicht gerade Über die Lehrbestiinmung als 
solche, aber doch darüber, dass mau deu noch Übrigen Dissens einander 
»ohi uachtifdien dürfe, wie ja solcherlei theologwehe Meinongsverschieden- 
heiten in so speciellcu Dingen jederzeit und hcsoaders im MittolaUer haben 
geduldet werden können. Indessen zeigte sich doch auch die Schranke 
der VerslUudigung Qberall, wo Sein oder Kichtsein der hierarchischeu Ver- 
waltnug in Ilctracht kanion; M*ie viel schwieriger rnuaste es also werden, 
Über die augonfUligeu Ucgcnsätze der kirchlichen Verfassung und des 
(hiltus selber htnaiiszuknnimen! Ahpr selbst darin fand es Melanchthon 
noch möglieh und sogar wlhisehcnswerth, Einiges unchzugeben; die frühere 
Horrechaft, meinte er, müsse aufhürou, aber eine bischöfliche Verwaltung 
in äussi-rcn Angelegenheiten dürfe fortbestehen. Dabei scheinen sich ihm 
jetst mehr als früher die Gefahren und Schattenseiten eines territorialen 



*) Die Acten hei FOrstomaun, Urkunden D, i'Vi S. Mit GcnauiKkeit be- 
richtet riltt über dies« VttrliADiUuagua, Die Apulugie der AugusUna, S. 43 tL 
") Malier, a.&.0. ä. ;<10— SO. 

Bank«, ICUchai^(«Mhlittil« I, H 



Erste Abtheiliuijr. Krater AbscIioItL § lü. 

Kirchcnregimcuts unter weltUclicn lUthen der FOraten aufgedrÄügt iti 
liaben, «reshalb er in einem Uriefe an l'n merarin s sagtsn koimlt.-: „ww 
fllr eine Kirche werden wir halwu nacli Auflösung der KirclionviTt'aftsnng! 
ich »ehe, wie nachher eine viel nnertrftglirhere Tyrannei einreiKnen wird." 
Die Einheit und rnzerriasenheit wollte vr ri-lten, die Trennung in Souder- 
kircheu »talt einer deutschen Tcrhtltcn ; os war aUo nicht eine abetracte 
ausUndiflchc nud vom Staat losgorisacue^ sondern eine intin- 
dische Kirchenverwaltuug, ein Band der Reicli sein hei t, welches ihm 
als etwas Erstrebe uxwei-th es vor A\igen sUnd. Dies Alles legte sich 
Holanchthon durch Abwägen zurevhl unter dem KiaHuss einer godrOekten 
nnd unfrcudigen Stimmting; allgemeine Mi)gli<>hk(>itea nnd tbeoretiöche ITntor- 
scht-idungen fühlten seine Zugeständnisse bis an die lireuzo des Erlaableji. 
Aber die Macht der Dinge war doch ntärker al*t die Eingebung einer weit- 
herzigen Reflexion,") Damals lobte Melanchlhon den Kaiser, auf dessen 
Betrieb dieite rnlt-rhandlungf n in fiang gebracht worden, aber seine eigene 
Partei wurde an ihm ine. Philipp von HcRsen, der gleich am erftten 
Tag« nach dem Zusammentreten der Ausschüsse den Keichstag plützUch 
und ohne Urlaub verlassen hatte, befahl seinen zurückbleibenden GeAandt4i<n, 
„dem vernünftigen, weltweisen, verzagte« Pliilippo in die Würfel zu 
greifen"; ebenso urtheiltcn die weltlichen Rathe de» Kurfürston von SbcIiäou, 
und die Stidt Nürnberg argwöhnte sogar, Melnnchthon sei bestochen. 
Selbst Luther, ohne stüiicu Freund verkennen zu wollfu, fand doch dessen 
Kachgiebigkeit bedenklich und tadelte sie heftig, wiewohl er spiUcrhiu an- 
erkannt hat, da»8 MeUncbtbon der evangelischen Sache im Wesentlichen 
nichts vergeben habe.") An die lleratbungen jener Vieraebn schlössen 

'1 Am 1». AiiguHt erklärten die ovanircMsrhen Mitglieder de* AaswIinwieÄ, 
sie BOicu j-ur Vereinliannis bereit, wen» in:ui ilmer die (^omiimuiun unter beiderlei 
(Jestalt, die Kho der Gpisiliehen und Ihre bisherige Mespfeiur tii» zur endliehtrn 
Untwlieldnng des Coiuril» treigelte, wollten sogar ihre GeiBtIicheu »um OeLursatn 
gegen di« Ltttclilif liehe .hiri&diotion Kurliokflihntn. Allein der kathuUsche Aus* 
schuäfe naeh erneuerter Berathuiig autworteie ibirauf jJdehnentl und utaelito nahezu 
die Beibehaltung de» ganzen allen Cultus zur llfidingung. ÖcLwi damit war die 
UnausfUhrbarkeit de« VerKWdirt Wnietwn. S. riin, a.a.O. S. 51. 

") Aus der groxeon Xahi sciiiHier und bedeutender hriefliober Aemwerungen 
Lutht'r'B von Coburg »h« uivg\' luii- Eine iiier I'Iäiä linden. V.r acfireibt aiit 
an. Juni (de Wette. IV. .S. Ij2) au Helanehthuu: J» yrtvalis (actis infirmior 
tfffo, tu aiUem furtior: contra in jtubticix tu itüis t/aalis effo in privatis, #/ ego in 
publicis itiiij qualis tu in priviitit fsi privatum dici ticbet, f/iio'i grritur inter me 
et suitinnmj. yam tu vitmn laum eoulfmnij:, pubHcae causae meluis: ego vcro rf* 
publica causit salin uut'jiin et »lius» animo suih. t/ui sctam ccrto ipsam esse Jas f am 
el verttm, 'latif/uc ipsiun Cftrinti rf Ud. t/uac «on «V- palU-l rea pecead, sicut ego 
privatus tanchttas pailere et tremerr coijor. Prifimle pitene tecurus speclator 
Mum, fl istns minactes ac fcroces I'npitUis nou hujus facto. Äi nus ruantu, ruet 
i'hrutUM una, sciticel Ute rcgnatar mundi. ICt etto, ruat, tnalü eijo cum Christo 



Die MietcIpM-tel id Angsbarg. Krgebnfas. 



lai 



TBich auf katliotische Anregung norh andera «inea Secbseraussohasses, die 
kein bvsserca Schicksat liAttcu. Zuletzt tuacbte iler Kaiser tu oiuer Privat- 
antcrreilang da« Ancrbieti^n, Priesterebo und Lafenkelch solle den l'ro- 
^_|i't>taateu bia zqu Cvticil ^ulaäson werdt'u, alte» Cebrigc möge das Concit 
^Mi)t)*rlieiden; nncb i^oUe jetzt nictit auf dem Wormser Gdict be«tandeu, so»- 
^^perii dvr Hv&cMm» von Sjieyor (lf)'23) wicflcr iLufgenommen werdi;n. Allein 
^■m dioH« Stelle schoit^rt*' nothwtndig der gutt- Willi- der Friedfertigen, 
^penn dn abermsl» vt;rlaugt wurde, da» fernere Befurmiren einxnsUllvn, 
wurde der Vorschliig verworien.') 

l)\e peinlicliim Bcmühungfu der Mittolpartei waren atsu cbünfallä 
rennltalloi» gebli«b<^n, 8if^ hatten aufl natflrlichon Gilludeu dnrchan» keine 
Lnnitbcrun^ hcrvurgobrarlit. JetKt erfulgtc am 19. November der itobr 
te Rfictutgohlnfta/') welcher den Intzten von Speier (1529) melir ala be- 
Cigte, Denn die Lelire der Pi-otestaulen wii-d aU widerlegt angrtichcn 
Ind verworfen, die VVIederaunahme der alten gefordert, daa Wormafr 
lict erneuert; d<<n l'rotnü tauten wird uuferh>g(, die Jnrittdietion der 
tiscböfe anzuerkennen uud die eingezogenen Kirchengfltcr zuntekzugeben 
vor dem 15. April fotgeuden Jahres; aber die Ungehoi-aamen Bnt) durch 
kaiMjrliebeo Fiscal und diw Knmiuergerieht die Kcichsaebt verbilngt 
rerden. Der Kaiser und diu Stände, welche den Abschied angenommen 
iben, verbünden Bich, — die» war ungleich erklärt, — in Allem was den 
Den angeht. Ueber die Besehwcrdcn deutscher Nation, von deuen 
liJttte die Rede sein sollen, — denn der Knitser in «einer Wabl- 
tpituUtiun hatte jn versprochen ^ die Abstellung alter Vertetzßugeu der 
leclite iler dcut»chen Kirche beim Papste zu bewirken, — wurde nur 
Inbestimmt bemerkt, dass sie dem Legaten Übergeben und emplulilen seien. 
Naeb nu vielen Versuchen war der Kaiser keineswegs heiter gestimmt: 
,Uheim. Oheim," sagte er, aU Kurfltret Jubann von ihm Alwchied nahm, 
Ldu htttte ich mieh bei Euer Lieb nicht versehen." *"> 



ttre, quam ruin Cnasare rlare. Seine [JaEufriedenhtit liber den Oang iler Ver- 
bandlun^en iui>l ^elli&t Über MeUncIttlion »prio^t er nnchhcr luebruiAl» uns, 
B p. bS: Sftl tu ati» ctigUns. iiiea nun ailwillis mea, qxutre n€C reqitiem ijuuque 
tbes, et faturis mahs lisi/ue fahis adtUy smuJ praexvntrm crucem tpsam i/uoi/ut 
inntm. p. Ilo. \\h. Qtti't enim cgn minus Fperavi et qtiui a*l huc ininti opto, 
uf He fioetriiiae concurdin traclelur. {tuasi vern hus papam dejicire piissi- 
"iMMi, aut ijutfii safvo pupalu noslia liovtritm salve esse posstl. p. töti. \M. 11(9. 
Aailrn* Belegstellen bei (tiesutei' n. u. O. S. 2<j6. ti7. l). II. 
•) Gjeseler. 111. l. 8.253 ff. 

") Uer Text bei Mdller S. ^'il. Cttb es einen rrtilieren gllinpflicberen 
»icbMtlilass vuu 22. Sepiemlier? Vgl KOllner, Synibultk I, 8. 421. 2i, meh 
em /.eiigolss lies Chytrifns. 

*) FJUstematia'a Arehiv, S. 206. 

9- 



132 



Ente AbthoiluDg. £r»fer AtMchniit. $ u. 



§ 14. Die Jahre 1530—1533. SchmalJkaldiaoher Bund. 

Die AnasichteD hatten sich aUo abcrinalB sc-lir verscUluclitcrt Oowal 
achien b(^vorzuBteheIl, denn vou solrliPti Mitteln war, wie man wnH«tc, ! 
UnterbandlutigcMi zwiscIil-u Papst und Kaiser schon die Rede gcwene 
Die evaageÜBcb gesinnten Fürsten erwarteten es aueb nicht anders und 
wuHsten, daaa eine überlegene Majorität ihnen entgegenstand. Aber Wul 
gang von Anhalt uagte: „Manchen Bclifineu Uitt in's Feld habe i 
Anderen zu Gefallen getban, warum sollte ich nicht auch dem Herrn 
Christus zu Elliren mein Pferd Rattetn und Leib und Leben daran setzen." 
Liebtir wolle vr mit einem Stecken aus ueini-m Laude ziehen uIb fitUehe 
Lehre dulden mid annehmen. WieOeorg von Ürandcnbnrg, wie Johann 
vou Sachsen dachten, wissen wir bereits. Kar davon liess sich ftosgerlicb 
betrachtet einige Hülfe oder ICrleiehtr^ning der Gefahr absehen, daaa die 
Gegenpartei unter sich keineswegs einig war noch einerlei Interessen hat 
und dasB trotz .iller Erbitterntig Viele nicht geneigt waren, das Wohl 
Reichs völlig zu Ouiisten den PapHtes aiiH den Augen zu lassen. 

Das Kammergericht also, — man hatte es eigens constitnirt, 
sollt)' dem UeichsAchlusH zur ATisfflhrimg verhelfen; j^der ganze Streit,' 
sagt Ranke,') „wni-de (von da auj aus einem kirchlichcu allgemeinen ein, 
politischer reich» rechtlicher." Karl V. ging daranf aus, fttr die fem 
Verwaltung in seiner Abwesenheit statt des gewöhnlichen Reichsregiments 
die Stellvertretung 8cineit Bruders, sl\»o det<üen Wahl zum Römischun 
Kfinigo durchzusetzen. 7.a diesem Zweck hatte schon der Papst ein 
Breve erlaBscn, in welchem er verordnet, das» die Zustimmung dea Kur- 
IMrateu von Sachsen , der dem Wormscr Edict verfnUen sei, zu dieser 
Wahl nicht erforde7"Iifh sein werde. Eine solche Verfllgnng hielten denn 
doch auch die anÜevangolischen Kuifllrsten um des Princips willen nich 
fUr gerathen , ohne Weiteres vom Papste hinzunehmen. Gab dies iK:hu: 
einige Aussieht: so mussten die Evangelischen auoli ihrerseits die mÖ 
liehen Vorkehningen treffen, und zwar in Beziehung auf beide Punkte, 
das Kanimergerichl und die KÖuigswahL Das Kammorgericht maehth 
Anstalt gegen sie; die goistlichcu Fürslun hatten nicht verfehlt, Klagen , 
wider die Abtrflnuigeu in grosser Zahl anzubringen; wenn es dann, ver^f 
pflichtet auf den Augshurgvr Keichsschluss, gegen sie enturluMd: a« musitc^^ 
seinem Urtheil dnreh eine kaiserliche Excuutiuu, die diesmal zu erwarten 
war, Nachdruck verschafft werden, das war die Form, in welcher der 
Angriff bcYurtitand. In dieser Iliniticht vereiiügteu sie sich zu einem ge- 
nieiunamen Vei't'aiiren durch Anstelluug einiger l'roruratoren am Kammer- 
gericht, um dort ihre Sache zu fOhreu, und durch das Veniprtcheo, dass 



*) Deutaobe Gesohichle UI^ 3üH. 



SchHeäsQTig des Schraftlkaldlschein Bundes. 



133 






Alle BeidtADil leisten wolltcu, sobald Einer angegrilTca werde. In Ver- 
bindung dajnit t>n»clilo8HRn wenißftt^^riA die MPirtten, aiieli der KönigHwald 
Fordinaiid'ä sich /.u widerectzeu, wie »ic scliun diis Wabk-ullegium lücbt 
besneht liatten. Kwar ging dicüo Wahl bereite am 5. J&imsr 1331 ohne 
Kursaclisous ZnstiuiDiiiuff %'Mr i^k-li; aber sie erkannten, das» es Karl und 
Ferdinand wiclitig Bein nillitse, :iac-)i ihre stimmen oaelitrAgUcti zu er- 
halten, and dass sie sich viclleiclit dadurch würden bestimmen lassen, dem 
Vorgeben des Kamraergerichta Schranken zn setzen. 

Zugleich verständigte uiau sicli im .Vllgemcinen über das Recht des 
Widerstandes, nnd es gelang den llewpisfahritngen der Juiisten selbst 
Lnther für eine etwas andere Ansiebt zu gewinnen. Noch vor Kurzem 
(1528. "29) hatte dieser dera Kurfürsten auseinandergesetzt, er stehe so 
Kum Kaiser wie der Bilrgermeisier von Torgau zu ihm dem KurfUrst«ii, 
habe also g:Lr kein Kerbt tiicli zur Wehre zu setzen. Dagegen gelaugte 
man ntiik zu der Audaiiäung, diids das VerhJiUniss ein aristokratisches, kein 
muuarcLiHchos sei; der Kaiser sei eigcntlicb njelit Qerr und Obrigkeit der 
Kttrslcn, die Stände regieren mit ihm, auch er habe bei seiner Wahl 
seinen Kid geleistet, den er den Fttrsten halten mdsse, nnd jetzt sei er 
kein Mehror des Keichs wie er solle, sondern begebe sich in den Dienst 
des Papstes. *i 

Von diesem Standpunkt aus erschien eine neue Vertbeidigungsmaass- 
reget als durchaus geboliui. Nach einer ersten Ueb^reinkuuft vom 'iH. bis 
31. Deccmber 1530 wardc am 37. Februar 1531 £u äebmalkalden ein 
Bund geschlossen zwischen sci'hs Fürsten, zwei Grafen und eilf Städten, 
unter diesen die gr<>S8ten norddeutschen wie Magdeburg, Bremen, Braun- 
aehweig, I.ilbeek, (^ißtlingen, (ioslar wi« anch die genannten vier ober- 
deutschen, [las ßttiidiiiss eutbielt das Verspreche» dos gegenseitigen Bei- 
standes filr den Fall, dajw Kiucr der Mitglieder oder ihrer Untcrthanou 
am der Religion willen vergewaltigt werde; doch wurde ausdrUeklieh ge- 
t, dasa die Vereinbarung nicht gegen Kaiser und Keich gerichtet sei, 
ideru nur dem Zweck der Kinigung und Vertbeidigung dienen solle. ") 
[Dat Verein wurde so mächtig durch seiue blosse Kxistenz, dass man den 
aDgeaetsten Termin des 25. April 1531 ignorirte and hingeben Hess; auch 



•) Ranke ni, S. .-ilU— 14. 

") Ranke 111. S. :tlO— 1& »agt Über den Zellpunkt der Stiftung: „Neiiu Tage 
Von der grJiäHten lludeutung fUr die W(>ll. Ute gc.tn(nitigte verachten Uinoritäl, 
dir aber einer n'ltgii>»<i>a ldei\ auf welcher die Poriciitwicklung de» mcnscbliclicn 
(iefatrs Iwrubte, Iioi sich Itainn gegeben, niihtn eine kr«fC\'o]Ic nnd sogar kriege- 
dscbe Haltimir an. Sie war i.>iitsclilr>fftten, wit« sie di»> Lehre bekannt nnd steh v<m 
duTftelhen nicht luitte trciticii ];iH«Rn, nn nnn auch den gesammten Zustand, in den 
sie ilatlun-b gekunimen, vor Allem rechtlich zu behaupten, sollte es alter nuth- 
wendlg werden, aach mit den Waffen In der Hand." 



k 



134 



Erste AbtheJIang. Krater Abschnitt. $ ii. 



Bchloaspn sich manche sehr aiitievaiigelische Fürsten , venn sie Fei 
Ocslcrrt-iclis waren, wio lüt- Uüxzoi^t^ von Baiern, durcb Unterbau'llüiigr-il 
dem Uitudit «oweit an, datw bIp in der NirbUmTkt'nnitng drr Kilnigswahl 
Fcrdiuaud's sieb auf dessen Soite stellten. >Scbon begann Franz L lu 
dpo proteatantiÄThen Cifgucrn dr« Papütes in Vnrkcbr xii trot^'n; eine nou 
Gefahr, die den Frieden im Reich und die IltllfBtcistuDg aller Füretea 
doppelt nothwpndig machte, stand dem Hiiuse Oesterri'irb tou den i'arLett, 
bevor, da Sultan Suleiiuan mit groaaeoi Heere dureb L'ngaru ge^cD di< 
deutschen Grenzen vrirrtlckte. 

Daher eutsehlowen aicb,*) aebr ungern, aber durch die UusUada, 
gezTungAn, der Kaitier und der K^miscbt' Kouig, aberrouU mit den Evan- 
gelischen durch Unterhandlungen Aunaiiening zu suchen. Denn beeonde 
der Städte und ihrer Mittel bedurften aie xuui Trirkenkriege ; Nürnlieri 
8l<>Ute alleil) l'XXl Mauit, Ih Kanonon, 2W Harnische, .Slraseborg, -Vu 
bürg, Frankfurt, Ulm koiink-ii uirbt euLbebrt werden. Dadurch veranderla' 
eich dio StTentUclic Stoltnug de» Kaisars wieder^ er zerfiel mit dur Majn- 
ritAt, der er sich in Augsburg zulotr.t hatte anschliessen mUtuen; di 
forderte, dast« das KaiumerKericht, welches ja auch viel mehr dorn Reiche' 
angebörtti als dem Kaiser, nicht gehindert wcnlon dürfe an der immer 
noch verziigt-rten Ausftlhruni? des Augsburger Rcichssclilnsaeft, und mach 
Karl V. ilic lieftigaten Vorwürfe, ab sii^ die» nicht erreichte. Aber ehe 
dies, die Sistirung des Pro cess vor fahrend und die Sicberstellung g 
Eiecution iu ibreu t'lgcnfn Territorien, mnsiätcii diu Proteslaiiten sieh au 
bedingen, wenn «ic am Kriege Theil uelimen Bollten, und »o mtb iti 
Karl ungeachtet jene« \Vidorätrebi;na der Andern endlich geiiotbigt, Iluie 
darin nachzugeben. Kinige aber, namentlicli der Landgraf von II<^SMen|.^ 
stclltuo eine zweite berechtigte Forderung, daüs veräprocheu werden aiUa8< 
es Bolle der Fortgang der Reformation in anderen Ländern nicht ver-I 
bindert werden, denn wenn dies nicht bewilligt ward: ao hiess daa wieder 
nichts Andercri, als da&s der ächmalkaldische Rund sich nicht verstArken 
dürfe. Aber soviel zu vorlaogen, erregte wieder Anderen, wie Luther 
und den Sachsen, Oewissensbedcnken; man ddrfc sich, urtlieilten alu, in 
dio AugelegenheitoD fremder Territorien nicht einmidchcu, so wenig man 
selber eine fremde InlcTvontiun zu ertragen gedenke. So ergab iiicb aus 
beschrttnkten /.u gestund n lasen und wohl bemessenen Forderungen uod nute 
dem Einfluss der Kriegsgefahren ein Cunipromitts, welcher für da» rase 
Emporkommen dea Schmalkaldischen Rundes einen redenden Beweis liefen 
— der erste Religionsfrtede, geftchlossen am 23. Juli 1532 zu Nürn- 
berg.") In diesem werden die Mitglieder des Bündnisses nnmeutlich anf- 



eheS 
npr I 



4 



') Ranke HI, 406. 
••) Ranke UI, im. üicselcr IH, I, Ö. 2:&. 



^1^ 



THtrohersrer HfUglonsfriprte ron 1582, 



135 



peftlhrl; (liesca ulao, — Anderen nicht, nnd Andere sollten auf dieselben 
Hedingnnp«n nidit ln-itretm dflrffn. - wird frcwJlhrlpJBtpt, das» der bei 
ihnen eleiHcfttlirte kirehürhe JCnolund nrigpfiilirdet bleiben nnd als rcclit- 
mäsaig anerkannt werden Hulle bin zntn allgemeinen Cuncjl oder bis zur 
Ent«('h«*idiiiifr «»ini-B npnen Hi'irlistageii, und obpleirh dieflc in nahe Ans- 
sirbt gestellt wurde: wi war dni-b ihr baldiges Einüx'ten keineawpga wahr- 
Bf-bcinUeb, weit eher liess sieh vermuthcn, diiss der jetzt bewillif^ ZuBtaiid 
ein datUTnder nnd nnverlilgbarer »ein vrerdi*. Nicht einmal ein Reichstag 
war ao bald «ieder kii i-rwarti-n, eht^r nueh daa versprorbeut- Conuil. 
Karl V, scheute jt^tzt melir als souat jedes ständiMche Zuifanimentruten 
ilioi gpjjenilber, weil ^in ^olclie« trot« nlUir relipflrfcn L'n<>iuigkoit doch xu 
politischer Oppositiun uiebrniHls, wie in IlesM-n ttnd Baiera, Veraulaasunji; 
gegebon hatte. Das l_^oneil finf; er an feHisaontÜcb zu betreiben, aber 
acht Jahre bat er ohne Reirbslaj; bingeheu hfti^en. Mocbton nun auch 
KiniEt-Ino, wir Lundt^raf Philipp, wnb^her erst am 'AI. Aii^at hinzutrat, 
klagen, das» mau ui<'bl mehr verbuigt habe: immiT war doch in der Au- 
erkeDUtinjr eiues reclitiuAasip^n sftttri>! f/no etwa« sehr Üedeutoadea erreicht 
I>om Knrfllrsten Johann dein Uestilndigon gereirhl« «a xnni grtvsnfin 
Trost, nurb vor «einem Ende mit dem Krtiser venwihiit zu sein, er starb 
lun Ifi. August lt}'.i'2. Statt dasa die Stitnde des Rriehea jetzt in einem KOrger- 
kriege ein»ndi-r iinfieliMi, wurden sie nun vielmehr, — und dies entgegcn- 
j,'eju?ixle Sehaiispifl lijitte ilinen uorh weiter lelirreirli werden ktinnen, — 
wlo SU ehieu) Krenzznge gegen den gemeinsamen Erbfeind der C'hriston- 
heit vereinigt; aus Deutseben, Spaniern, Italienern flosa ein Herr tod 
T&^ — ^5,0(H> iMnnn 7.us:immen, dureh Einigkeit i>ald sehr glllrklioh gegen 
den X) eben oueh Hlr unüberwindlich gehaltenen Snleiman. *) 

Auch na<Mi dem Keldzuge konnte sich in den Utodern der Verbün- 
deten die Reformaliun weiter biifestigen, wie in Saelisen unter dem neuen 
Kurfllrst«» Jobann Friedrich (geb. 150.'tl dnreh Fortaetzang der Kirchen- 
Visitation. Scliun imtfi-rnten sieb iineh Papat und Kaiser wieder mehr von 
einander, triit« einer neuen Ziisaininenknnft zu Hologna. Der Letaler« 
forderte du Concil, jeuer z<fgorte mit den Vorfacrt^tungcn, indem er vor- 
gab, daaa zuvor dtp Parteien in Iteutsehland sowie aneh die andern Länder 
versöhnt sein milasteu, weil os sonst kein allgemeines werden kOnne. 
Koch wirkaamor zog Franz L, xnmal nach cioer persönlichen Bcgoguuug 
in Marseille 1533, den Papst an sieb dureli V'erlieirathung seines Huhnes 
llrtnrieh von Orleans au die Nichte des Papstes Katharina vou 
Hedici (geb. Iäl7, f 15K9) und durch Vereinbarung (Iber ein ftlr diese 
aasammpnznfllgondea italienisches Fürtitentlmm. Ein anderes folgonrcicbea 
£rtignis8 kam hinzu. Der Herzog Ulrich vou Wttrtemberg war lälU 



") Ranke 111, 431. 435. 



IM 



En*c AbtiKflsnf. Enter AtirhiilH $ IL 



M 



«U I.Aa4frMe«hrMh«r nm Kjjkt Terdringl worden, srisr Tloiiir mpfiig 
ILMüg f«r4]«ftB4 n L«bn sad «cH JaJirfn vurdea Äe fir Oe «lcf T ek> i 
TcfvalUL AlwT er halte riaea Sohn Cbriituph, ee%. 1&1.% «ddwr «■ 
luJprriitbeD ll^fe aat^ virlbcber Netii and IMitagaw mnfwncte, ohve 
0«finp|( Mia Erblbeilt — doeli der Vau-r krbt« noch, — jcaab «irder 
si crbiisMi. IHmct Ohrittoph eatäob «tu der UBgebaac des KjüMn 
wuh OrttUrhUad und rief narh mllen S«>itPB am HlUe. !b Ab|:iI»t^ 
rrnammelu-a *irh d> lo ReligioasuelteD hAekat T«fvhifdeB gwtetll^b 
d«!atwrheD Btiodp BiirrD, llmea, SacbMB, adbit griatbcl», nad alle wana 
politi»<!h darin einstininiig, daaa d«r Kaiser and daaa Oaiterrdeh Mhw«n< 
rnr*''-|it b«!(rebe, isdea lie «^iuen Roichüftontm so eig^^aem Vortfacil voa 
der Erbfolgf aaawblAwen. Philipp von llewen hielt sn Anfaa^ 1554 
rinr p(rriH>i)lirhr Ztuarnnteakoiift mit Franz L, welcher Snhsidien aabot, 
und Mlbtit der Papst gab anf die IVftrhwerden dee Kaisers eine na»* 
weichende, alwi di^in prote«lantit^h<rn lolerctue gflofttip* Aatwort. Dfe 
Ttwolegea mahaten wieder ab, doch vergebens; der Laad^rrsr Qberfiel in 
Mai 1.^34 mit einem ^^roasea Heere die AHterreiehiscbe Re^ernng in 
Wart^mberff , nad wiewohl eich ihm hier aDEchnliehe Strcitkrifte, auter 
ihnen die Bflhue SirkingeiiV, enticegcnstellten: su gewann er doch die 
Hehlacht bei LanfeD, eroberte das Land and Mtatc den Henog Ulrich 
wieder in deiaen ßeiiitz. 

Aach das liatte mitgewirkt, das« da» Rsramergcricht, ohne «af die 
KagefflAndDimc den Kaiftcm Rücksicht kü nehmen, im Begriff war, aaf 
ürand de» Angsbiirger RcichsscblDRSCS und nach einer Men^ von R«6ti- 
tatioiuklagen mit der Acht gegen die evangelische a Stände voniugehen' 
Orno diese antworteten auf solche Drohung damit, das« sie bereits im 
Jnnnar 1534 narli vergeblichen Verhandlungen das Gericht selber ver- 
warfen; «e gaben sich dadurch eine weit feindlichere Stellung, aach der 
Kaiser halt« ihnen auf ihre Beschwerde nicht beigestanden. 

DopIi dieser war fern; beide Fragen, durch welche der Ntlmbergor 
Religionsfrii-de wieder zweifelhafter geworden war, mussten rasch entschie- ^^ 
den werden. KOnig Ferdinand hatte sich in <lie Stadt Kadan aa Aer^| 
sAehsiscben Grenze begeben, und hier wurde man einig.") Ferdinand 
rKarate ein, daas Würtomberg an Uerzog Ulrich wieder abgetrclen werden ^ 
solle, wenn auch unter dem Namen einef> Afterlehens von Oeaterreieh, doch ^| 
mit Hitz und stimme im Reich, ferner dsäs im Laude der kirchliche Zu- 
»tand nicht bleibe wie er sei, sondern Herzog Ulrich Vollmacht habe, 
die Reformation durchzuTtlhren , endlich dass auch das Kammcrgerioht 
ulchl weiter gegen die evangelischen Stände verfahren dürfe. Dagegwj 
erkannte der Korfllrst von Sachseu Ferdinand als Römischen KUmg anl 



•) Rommel, Philipp der GroBsmllÜiige, I, S. 371. 




VOTtmg zu TCiilsTi. Pajw« P«hI TIT. 



137 



und hestaod nieht niohr darauf, dass dio Zahl der SchmaikaldiMchen Ter- 
bUndetcD »irh rnibrnpliränkt boIIc yrrmrliron dürfen. Her Kortncliritt war 
ein bedeutender. Der Vortrag vuii Kadaii, K^-schlnssni «lu 20. Juui 1Ö34, 
fährte Wßrt4^mberg rechtlich in die UeHiR dei> protestantischen LUnder ein ; 
der Religionst'nedc von Nlirnitvrg cmiifiiiK cino ucue und nutiehuliche Be- 
featigung , und fflr den Fortgang der «vaugeliaehcD Kirr h« war mehr 
Sicherheit und Ruhe gewonnen, ro das» dietwdbe, alt) t» zwßlf Jahre später 
abermals zum Kriege kam, nicht wieder aufgehoben werden konnte. 



I 



§ 15. Fortschritte der Reformation bis zum fiegensburger Reicbatag. 

1534—1541. 

Dieser ganze Zeitraum hat fast nur von dem sti^tigen Fortsr breiten 
der Bvangeljarhen Macht xu berichten. Obgleich die Vorthoile des Reli- 
gionsö-iedeuB von 1532 and des Vertrages zu Kadan von 1534 nur einer 
bestimmten Anzahl von Besrlilltzern dtrr Rcforrafttion siuerkanot wnren, so 
daas bei den nen Rinzntretenden erst wieder die Präge entstand, ob nicht 
flnf sie noch der harte RcichsseMuss von Augsburg anzuwenden sei: so 
fanden sich doch solche nen^ Anhänger in diesnr Zeit immer mehr. Auch 
machten sich — davon handeln wir ziici-st — raclirerc andere allgemein 
wichtige und gtlnstige tTmstAnde geltend. 

Zu diesen gehörte vielleicht schon der Tod des Capste« im September 
1534. Auf Clemens V'II. folgte im Ortober Alexander Farnese als 
FanI TU., auch ein Mann von eleganter Florentinischer Bildung wie sein 
Vorginger aus dem Hause Medici, doch nicht s» nnbescholten wie Cle- 
mens VII., — einen Sohn und eine Tochter erkunnte er an.*l Er war 
I46H geboren, also schon (J7 .lalir alt, aber noch sehr tliätig und eben bo 
eifrig ftlr kirchliche wie für politische Pflichten, zu welchen letsterou er 
die Erhebung seines Hauses nnter die frirstlichen Familien rechnete. Zur 
Veranstaltung ilea allgemeinen Concils zeigte er sofort die grösste Boreit- 
willigkeit, machte es sogar seinem VorgÄnger »nm Vorwurf, tlass er dem 
Verlangen des Kaisers Bteta ausgewichen sei; noch war er auch nicht wie 
Clemens gegen den Kaiser verbunden. Er schickte daher selbst den Le- 
gaten Vergerio, eine denkwtlrdige Persönlichkeit, an die protestantischen 
Ilöfe, nm über das Concil zu unterhandeln; dieser ksm im November 1535 
nnch nach Wittenberg und hatte linselbat, — der Kurt'drat liefand sich in 
Wien, — mit Luther eine Zusammenknnft, in welcher jedoch Beide nicht 
viel Vertrauen zu ctuander faasten und Luther fast nur scherzend und 
epättisch mit ihm verkehrte. DieAe Vorgilnge sind durch sehr anschau- 



*) Ranke, ROmUcbc PSpate, I, S. 2.17. 



138 



Ente Abtheilnas. Enter Abschnitt. ^ 15. 



liehe, wenn auch im BiazeloeD «bwi-ichende :jchilderooe*'n bekjuiDt*) 
FhTr Lt'jcat zo? w<^iter an viele andere Hrtfc uud nicht o*""*^ Krfolg, wee- 
halh der Tapfll im AnfaDf; t6SH ibis l'oucil auf di-n 23. Mnt ib'■^^ nach 
Mautua anwchrivb, weil er itchnn mit Fraukrt'ich u. A. aber diutv äUdI 
einig' g^-worden ncL 

K.urz vorher (1530), — and dann la^i; «iue zweit« gdnatige VVeudoiifT, 
— hatte Mch Kfiuig Pttrdina'ud persdulich mit L'Iricb vou Würteroherpj 
Philipp von Hcik^^D uud Kulclzl aurh mit dem KurfDreten von Sacbaen 
Jolian n Friedrich in ■ Wieu, wiihin xie Alle elugeladen und ^gangen 
wun-n, in ein viel freundlicheres VorhJlUnisM K<^et?,t; d«r LctzliTe war mit 
der K.nr belehut nud »ni"* Ni^uk .Slillrttand der Kainniergerieht^iproreiu« in 
8aL-hea der Keligioo vei-dprochfu. Die nameiillicho AulTübruap der dadurch 
BevtrzugteDf wolelie eiwu den Nürnberger Frieden bewliränkt halte, 
fiel weg.") 

Kineii drillen Vortlieil gewührlc es, daas 153ß der Krieg zwisrhen 
Friiukn-icli uud drm Kaiser abt-ruiaU »um Aufbruch kaiti. Krtuz 1. war 
jetzt ganz offen mit de>n Türken Terbandet; Ranke nennt dies einmi 
„miilUriärli-|)oliti)i<-.licn Pniletjlantiiimua'', und gewiss tag darin eine obcuso 
unerhörte Ncufrutig niid t'in ebi>nito nugeiiDtlliger Ablail von der P.iuhelt 
der Cliristeuheit, wenn auch vuu anderer Art, wi« in der LüWiagung der 
Prub't^tnnten von der Kftmim*ht^n Krrrhe, Franx I. fllhrte in di^ii J:ihrrn 
U')36 Und 'M diesen Feldxug glU<:klieLei- als i-ineii der rrOben-n; die Tnrken 
verwÜHteten die Intwhi, die VeiietiamBelit^n llesitzuugen und Ungarn, erst 
1538 braehte der Papst ein BUndui^v zwi»eb^u Kaitter, VenOfüg, Johann 
Zapoiya und ihm ttelber nnd Im Mai anrli eine Ziituimnienkunfl Karl'ft V. 
mit dem König von Frankreich zu Stande, durch welche wenigstens ein 
WafTeiittlilUtantl fllr eine Hcihe vnn Jahren crmrtglicbt wurde. 

Daneben fehlte v^ freilich auch nicht an feindüebon Vorkcbrungeo 
gegen die pi'nteatirenden Stände. Diu norddentäeben Gegner der Refonu- 
tion, Kurfürst Albreeht vou Mainz und Joachim vou Branduuburg, die 
llersogf Georg von Sarlwen, llriurich der Jtlngnre von ltraun»chweig, 
Wolf uud Erich vou Braunbchweig- Calenberg, gereizt zum Theil doreb 



•| Ranke, IV, S. -U. MÄrheincke. Ul, 8. ;iM. Corp. Ref. II, p. 963. 
Slxt, F. I'. Vcrgcriu«. eine reCumiatinnBjn^'Ächiehtliche MoiiugrapLie. Ntirnherg 
I8ä;.. 2. Aufl. Braunpthweig lS"l. DaxD der Arük<?l von Herzog in deaat-n 
l^ncyklopädie. Luther ecbreibt U'iur die Begegnung mit Vergerio bei deWetto 
iV, 8. ti4h: r«r«i et comedi apuH cum in aree, Sed quos strtnonts hubu^rim, uan 
*iret homini scrihere. Egi LutherHtn ipsum tvta miitta , et AntonU Anglici, 
quem purifer invitarat, UgatHin egi verbu (nl iilc tibi scripsit) venhiessHcisiimiS^ 
dt fu(/ roram. HpÜter hat üerscl'ie Manu i'vangi'li»clic (Tealiiiiitugen uugenomnion 
und goKvn dai PapsUhtuu gescfancbeo. Er starb in TUbiogen lö^b. D. II. 

•■) Ranke IV, S. 78. 



Heiliger Band. MHiiAterlache Cnrohen. 



139 



das Wachstlioni der nßuen Kirrlie in den SU(lt«D Uirer Territorien, liatten 
»irli 1533 KU Hnllo daliin vc-rhdiid'-t, das» sir tjirh ^vitK'iusrliuriHch zur 
Wehrt" wtzpu wnlllcn, wciid F-iDi-r wogou Aurrerliterhulttiag der ulti'ii 
OrdouDg aDgeKriflfou würde. SutdHim würdig von Baioru aas 1535 die 
JlerHtiillung drt* t)rliwäl>iacht;ii ßundi'8 vi-rttiiclit; aiirli wii^U> rg 1538 Dr. 
Jllattbiati Held. ItaisiTlieLer (>c»cIUii'Uträger In Deiitsc bland, ungeachtet 
er einf weit friedUrhere loBtrucijon erhallen, die nlteu Ocgurr der Uefor- 
tuiitiüu zu viiicm äogeouuiiton ^-bfiligeu BuudL'** zu Nllrubeig zu vt'reiiiijccu. 
llifs gPAcbali am lO.Juni 1538, mncn Monat Hpkti-r a)i> die ZnHamint*nkunft 
zu >'izza ätutt^oruiidon, die dulier Doelt keinen EiuHn^ geübt hatte, König 
Ferdinand, einmal liinrinKezi'fren, kannte nirht wierirr KurQek, dir muUten 
Hallisi^hen VerbUudeteD, Georg, Albrecbt, Heinrich und Erich schlofSün 
flieh :iu, dii' Tbeiluahint: des Raitj4>rii ward KUgesielierl, aiieb eine KH'^gs- 
verfasaung fUr Nord- und SdddeiitÄebland verabredet. Im Norden «ollte 
Hein rieb der J Untrere von ßraiinHrhwi'it;^, im Süden Ludwig von 
Bniero Feldhauplmann ^eiu. Heftige Hrbitt^L-rniig Kwiseben Heinrich und 
Philipp von HcBiien war die tin mittelbare Folge-.*) 

Aueh balte sich inzwifrlieii M^ineboB zugetragen, was mittelbar von 
der Begtlnstigiing der Reroimatiori abziehen konnte. In der Stadt Münster 
lialteo sieh von Anfaug Ity'M bi» Mitte 1535 BchwUrmeriaclie Wiedertüurer 
der nerrrichaft lM-ni!lebtIgl , und bei ihren wahnsinnigen KxeetiKeu und 
Oreneltbatcn beriefen »te «ich auf das freie Kvang<'littra , wi^lebeni man 
Bahn brechen müsse..**) Rc-volutionärc Bt;wyguagea anderer Art waren in 
Ijllherk vorgekommen. N.ic]i eintT demdkratlBchen N'erdrÄngnnp eines 
gn.'Mcn Tbeils de» alten Ratbes (1533) «teilte hieb hier der ÜUrgennmler 
W n 1 1 en w e h e r .in die Spitze , vurfolgtc grosRe pulitiitebe V\&i\v. gegen 
Iiäiiemark, wurde aber, da diei$4t ttchcitertcn, l.'>35 vertrieben und zuletzt 
entbiMiptet, Diese F.reigniaae waren nach Art und Wirkung dem ßauern- 
kriege fthnlieh und sehr geeignet, auf Gegner und Freunde der neuen 
Kirebe zu wirken, hie Einen wurden dadurch xu heftiger Feindsfhafl, 
die Andern wenigstens zu einem gemässigten Widertttande gegen dergleichen 
UebertrejbQDgen und eine so we.i (greifend e Auflösung des Bestehenden 
bewogen, l'nd so war es wohl gonide die lieeorgnisfl vor solchen Ge- 
fahren , nnd das nedUrfnisa , sieh gegen HcbwürmeriHcbe Tendenzen zu 
sichern, woraus wir an» zu erklären haben, dass die Leiter der protestan- 
tierhon Kh-ehen von nun an in weil strengeren Lehrverpfliebtungen, als 



•) Ranke. IV., S. 113—15. 

"} Quellen und Berichte Uiier die >lilnster'acben (Jnniben. Gioseler, S. 393. 
H. Joehmuft, Uescliiebtv der Kinrbenrefnnimlion »u Mflnsrer und ihres UnttT- 
gauga, Mlinaler \y£j. Borst, Gescliiehte der WiederUiufer, MUiister 1S3tf. [>a» 
Spvciüllere wird in dem Absuhnitt über die Socten Dicligebvlt worden. 



I-IO 



Erat« AbthetlDüf:. Erster AbsctiiuLt § 1 S. 



jomale Torlier in Anwondnng gfikommen, neue UOrgKcliafl Buchten. Schon 
1533 wtinlc iu auufii Statuten der tliooluKisclien Facullnt zu WitionberR, 
die Mulani^hllioii btjirbeitet li;ttlc (hftrau»geg. von Fürstomaiin, 1838), 
ein OBuor Kid f(lr die Doctoron ilcr Theulogic aufgenouiinun, worin diese 
von der Augshurgnr Confptttiion nicht »bweirhrn zu wolle» gtdoliRn mttsgtnn; 
im JaJirc i53.'> vereinigten aicU die Prediger vun Bremen, üanibarg, LObcck^ 
Küstuck, Stralsund un<i Lüneburg, Keinen zum Amte zukuIhiwcd, der flieh 
niilit tili' die Lehre der Augsburger Cunfessit^ii und Apologie verpäicbtei 
zu Schmalkalden wardon L637 von den Tnrftamnittltea Theologen anra 
Neue bt^ide äehrifteu nebat den HchuialkaldittcUen Artikeln aU Lebruortn 
anerkannt und 153H anC einer Vrrsammlung der Srhmulkaldiarhen Bundea- 
geneaacu der Be&chlus» gefasst, alle Beamten und ruli^rtbauen derselben 
Olaabens- oder Lelirptlicht zu unterwerfen, damit den »iedertäuferii^chen 
und rt'volntioujlreo Be»ti'ebungeu dureh Erhaltung eines festen Baudes wo 
mVlptirh iu voller Kiii«tiininigkeit Wideralantl gelcifllet werdi;. Itach geschah 
ilit:8 nicht ohne Bi-denkeii st^hoii der Zeitgenottcieu, unter denen Odiauder 
gegen Metanohthon ober die rtom tyrtmnk klagte, weiche man hier- 
durch atifgeriehtet habc?.*^ 

Doch dcherer al» durrh diese Schienen und BefeHtigungen und trots 
jener Oegonwirkungeu gewaun die Refarmatiun in mehreren Gogendeo 
OeutHchtaaiU bedeutend an l^mfang, **) 

Iu Würleinberg Hess Ueraog L'lricli Hogleieh nach seiner Wieder- 
einsetzung 1034 die kirrhlichen Einrichtungen de& ganzen i^andes umge- 
stalten; zwei Tlieolugeu unlertittttstti'n ihti ilH.bci, im ObuTlaude Erhard 
Helinepf, «reichen ihm l'hilipp von Hetzen atm Marburg zugettcbickt hatte, 
im Norden und Untfirlaudo AmbrosiuB Blarer (JSlauror) aus Constanz^ 
ein rreiind Bncer's, JiMier mehr der Lutlienschen, (Ueflor der schweizcri- 
schen Ricliluug zugethau. Es gelang ihnen jedoch, »ich in der ilaupt- 
saehe zu vcratilndigon, und die wUrtembergieebe Laudeekirehe hat «ich 
von Anfang her iu der Lehre mehr dem Lutherthum zugewendet, in Sachen 
des l'ultuä der Hchwoizcri^cbeu Vereinfachung itngi-tscliloasen, wie dies 
ttcboD aus der Kireheuorduuug Herzug Ulrich's eiiiichtllch ist Du 



*) Johannsen, die Anßinge des Symholr.wang«B nntar den dentachen Pro- 
testanten. Leipzig IS4". 

"} Die Frage: hraucht man viel imIci- wonig ZuHtlmmung Im theologisclion 
l>euil der Lehre und der .SchrilicrklJtruuK. ehe man KirchuiigcmcintHihaft halten 
und fortführen darf V ist fast gleicbltcdeutcnd mit iler atiilerii : soll die Kirche gross 
nder nnis» sie klein und noch weiterer ZeniplitteruQg nach iheotogi scheu Uiffcrenaen 
»u&gc&utzt seinV demi das i^t frauz gcwisit und nuch gcwienur bei hUberer Bildung 
uml dadurch vermehrlcr M:miii|;futngkcit der Melniingcu uml l)iblit>chen Auf- 
bwsungoii, duj»» V'iutu nicht iit)cr Alles und Jedes uud nicht über viele« Detail 
einig fein werden und kiJunen. 



KäfonncQ in TTUrtcmberK, Aulmlt, Pouimem. 



141 



Kirchen- und Klostergiit wurde mit ^tobbot Kntschiedcnhpit eingezogen 
und ziuii Tlicil zur Dockuuj; der Schulden des FürHtrn vi-rwntidt, nachlii-r 
»b«r von seinem Si>hup Christoph, dem eigentlichen llegrfluder dieser 
Landeskirche, der ihr ciu^ lur jene Zeit musUT^üUige (ie^talt ^nU, ebenso 
volUtÄndig wieder heransgegeben.*) 

Zu den fH'nsseu norddeutschen Städten Bremen, Magdebni-g. ßranu- 
Mhweig, Ilambnrij;, Lübeck, in denen «ich schon wahrend der zwanziger 
Jahre die Ma^i»trute au diu Spitze der KJrchenleitnng gestellt und die 
Reformen geleitet hatten, — kein Cebertritt und Abfall, nur ein Helbstthnn 
de^den, wad Juukfv OfVicial nnl^^rlassen halte 1 — trat 1534 auch Augi^burg* 
In Folge des gtticklichen FcldzugciB in Wtlrtombcrg erhob uluh die längst 
sehr starke evangelisclie Partei zu neuem Muthe; Hiitchof und Klenis 
worden zu einer Disputation aufgefordert, und als sie sieh wtigerten, ver- 
bot der Rath in den dem Bischof nicht unmittelbar unterworfenen Kirchen 
die McAse und die antivcformaloriselic Predigt. Aebnüches gCÄclifth in 
niederdeutschen Städten We&tpliatent«, in rTei'furd, Lemgo, mit etwat^ mehr 
Unmlte in Soest nnd Paderborn, bicrauf auch in Münster. 

In Anhalt war von drei fürstlichen Brtldern Johann, Joachim und 
Ooorg von Anhalt der Kine dem Augshurgur Reichsschlusit beigetreten, 
der Andere aber, wiewohl selbst Kleriker, nilmlich Archidiakonus nnd Dom* 
propst zu Magdeburg und Merseburg, zu der Einsieht gelangt, das» Luthcr's 
Lehr« nicht schriftwidrig sei er Öberzeugte davon auch »einen Bruder, 
und als Arehidiakouus und FUrst zugleich befahl er dor Goletlichkelt, das 
Abendmahl unter beiderlei GeatAlt auszutheilen, erbat sieb Schiller Lnther's 
(üe die Predigeratellcn, und als der Erzhiscliuf Albrecht und der Bisidiof 
von Brandenburg sich widersetzten nnd die Gciatliche« nicht nielir weihen 
wollten, licss ninn sie in Wittenberg prtlfon und ordintren. **) 

In Pommern vereinigten sich die beiden I Icrzßge Philipp und 
Barnim 153-1 zu einem Keformatiunsentn-nrf, der einem Landtage vor- 
gelegt und von den Stüdtcn gern augenommen wurde. In Stralsund und 
Stettin war die Bewegung glücklich, in Oreifswatd langsamer und schwie- 
riger von Statten gegangen; die Bischöfe widersetzten sich norb, ebenso 
der Adel, indem er theils die Ungnade dea Kaisers vorachützte, theils 



*) Keim, AmtirosiiiB Ularor, äRtiwiibincher Kelmnuitor. 'riiläugon l^bh. Des- 
wlbcn SchwäliiAclie Keloniisikiosgeftchk-lite bis zum Angäburger Kciehstage, 
Tüllingen l^M, l>«SM'll>en KaBlinser Re form «tionsh lütter, I'-iJl, Di-sselben Refur- 
matiun der Reich»t>tadt L'liu. Uartmann, K. Schnepl, der ßefuriDator in ächwaben, 
tleiltironu M'i, UiutiuHnu, 3Jattliüu« jVlhei-, der Bclbruiator in Sch^rubcn, Hetl- 
broun 1S72. Andere Sehrirt«u von Schnurrer, Homer, dcbuiidl, Püstur 
oenni der Artikel Wfli-temberg lict Herzog. Dazu Hauke, UI., B. 3'&— 'J:t. 49:t. 

") ßecknianii, Historie dei« Klirstenihums Anbalt-Zerbst 17lu. Lindner« 
Lntbar's Briefe an dlt^ Ptlrsten von Anhalt, U. I. t. Deasan 1630. 



143 



Erste AbtheiliiDg. Emer AbKhnitt. $ I&. 



ve^n Verwemlaog der gctttlichru Güter, Gebrauch and Verwaltung der 
Stifter, Ürimkirchtn nod KlOsler Bt^rbwertleu erhob. Die Forsten aber 
blieben (cmU Bugeubagen, selbst eju Pomiuer, wurde zur ViÄution 
herbdgoniren; er edirte 1635 eine Kirrhenorduung;, welche der früher 
vuD ihm ntr Braunacbweig, Itambarg nud LQbeck entworfenen entsprach, 
nnd die gleich daraaf unter seiner Li'itung eingefuhrt wtirdi>.*) Aneh iu 
Mecklenburg niu»»teu bei diesem WcrlL äliuUche Conllictt: des AdeU mit 
den SUdten überwunden werden. 

Diese Qtiucn und die alten AnhAnger der RefoRDfltioii witrden dmtJi 
die Breigniitüe des Jjihrea lb'^b, — Zusanimenkanfl in Wien, St^itiraDg der 
Proceeac, Sendung des Legaten Yergerius, — noch eoger verbanden. 
Noch im Decunber dieHeH Jahres wurde auf einer Zusaintut-nkunft zu 
Schnialkalden und im April lö3ii zu Fraukfurt der Uuud emeaert nnd 
durch den Beitritt der beiden pomoierschen und der beiden anhaltitfchen 
Ktirvten sowie der ^tildte Augsburg, Frankfurt, Uamburg, Hannover ver- 
mehrt.") Von KiTinkfurt begalwu »irh Bucf-r, Capilu nud eine grosse 
Anzalil Hüddeutscher Theologen aus Ulm, Augsburg u. a. Orten nach 
Wittenberg, nnd lürr gelang es, einen Vertrag r.n sehliessen in der so- 
genannten Wittenberger Ooncordia*")» welchem zufolge Buccr and 
seine Begleiter üch faat ganz zu der Lutherischen Abendiiiahlslehre be- 
kauDton, indem tiie heffteu, ancli die Schweizer zu der d:iraber aufgcstelltoa 
Formel zu bewegen. I^nd altt deren LlrkUrung 161^7, also nach ZwingÜ'» 
Tode, einging, war selbst Luther fast ganz damit zufrieden und äusserte 
Hieb iio milde, dass die Trennung von dun .Schweizern damit soweit aH^ 
gehoben war, um, so lange nicht neue ätörungeu dazwischen traten, einer 
duoeradcn t^inigung lUum zu geben. 

Nach üoleher Verstärkung wurden die Verbüudeteu auch kaum ge- 
tadelt, all sie, lölil zu ScUmalkalden versammelt, beselilossen, das ange- 
sagte Concil nicht zu beschicken, narhdem der Papst „Ausrottung der 
Ketzerei" nnd in einem späteren ^Schreiben Veitllgeng der Lutlierisehen 
Ketzerei als Zweck desselben hingestellt hatte. Damals erst veroiuigtoB 
weh die Theolugen zu einer unumwundenen Verwerfung der pilpstlichen 
AuctorilAt als einer unehrititlichen. Als Zeugniss dicsej' Gesinnung war die 
Schrift höchst geeignet, welche Luther wideratrebenil und in sehr starken 
AusdrUeken als Gruudla;^e für die Verbandluugeu auf dem Coucil aus- 
gearbeitet hatte, — die sogenannten Schmalkaldischou Artikel, sehr 



*) Vogt, Johannes BugenUagun, S. Slfl ff. 
") Kanko, IV, H. «il. 

*") Olesttler, IU, 1. 8. 307. Ausnihrlii'he llrKühlung nml Hnlenehning hi dem 
Artikel von MasnianQ 1>el llt.r?.üg. I.utlier's tlmnxlige tiifillielie Aen^tH-rnngen 
■. in desstm Itriefeu IV, .S. f>!)2 ur.il Uei KüAtlin, Luthers Theologie, II. 8. 2ol, 
Mviauobtbon lal der Coaeordia Jederzeit treu geblieben. 



Schmalkaldificbe Artikel Cbristian von DilneniArk. 



li:t 



merkwürdig durch ilire Ajilage und Eintlicilung «üwie ancli dadurch, dw» 
in ilmcn dns alleinige Ausoheu der li. Schrift zuerst gruudsjltzlirh be- 
hnnptet wird. Dor Augftbnrgiiiclipn Oonfcssion nnrb ihri?r apolog^tisi-hf^n 
Haltung tTvtdu die Schmalkaldischeu Artikel aU itolemlachi- Doukticbrifl 
KQf Seite; aber nicht sllcin die Scliilrfp der Entgegnungen uiiterRcbeidei 
iie von diüst-i-, äoudern nictit iiündi^r dio ganx andere Gi'upplrung doA 
Lpbrht«fi'8, narh welcher swar mit der Komischen Kirche votldtündig go- 
brouhen wird, über »ndercrscita doch noch uiiLucbe FrAgeu aU geeignet 
zu freii'T OiacnBÄion flbrig bleiben. Alle in Schmalkaldtm vi*ri*:niinieU!>n 
Theologen gabfu ihre Zustimmung, nur daas M c 1 u n <- b t hu u bei »uinor 
Annahnic die Klaumpt hinzutiflgte, <laK4 di>ni Papst, so er wollte dns ETan* 
gfliiitn Kiilfls^en, eeinu Snpei'iorIt;it über die Bischörc, die i-r ä<niät gehabt, 
jure humauo zu belasden Bei, wa« e.inzunlnnu'u Bt^lbdt dem KurrUräten bc- 
dooklich schien. Um dies 2a begi-ündcu, veifaaatti MeUnchthun den 
Tr.ictat Tfe //oltshtte et primuhr pajifir, welcher aU die illtt^j^te klreheu- 
rccbllicbt! Abhandlung de» FroteBtautisnin» späterhin den Scbiualkahli^chcn 
Artikeln als Appendix Angehängt wurde.*) Die ijtilnde aber baten nun 
den Haider, ein l'reies Convil zu venuilaaneU; wie ca iu dem nach Mantua 
ansgcscbriebenea nicht anerkannt werden könne; der Kurfürst Johann 
Friedrich betiieb sogar Belbet eine Zi^itlang eine derartige Zuaamnien- 
knnn; Luther und die Gieichgetfiunten, dachte er uich, aolllcu in Augs- 
burg versammelt und der Kaiser womöglich zur Heschickung bewogen werdnu. 
Noch weiteren und sehr bedeutenden neuen Znwnehs erhielt die 
refu rmalortrichu Partei in den nüchslen Jahren. König ('hriMian III. von 
Dtlncmark wurde L&38 in den ^oliraNlkaldiechen Llund aufgenommen. Im 
folgenden Jahre starb am 1!*. April der ehrenwertheste nnd eifrigste 
Oegper der protcatantisehcu Bewegung, Ileraog Üeorg von Sachsen; dieser 
hatte bis zuletzt jede Neigung zur RefurniaÜou gewaltsam nnterdrlicitt, 
AÜer die von ibiu Vei folgten hatten auch frahzciÜg bei seinoni Bruder 
U e i n ri c h eine Zuflucht gefunden, t^ndlich, nachdem er umsonst ver- 
lebt, diesen »t-iucn rvehtmilssigeu Erben zum Auschluss au dax kathulisehc 
Indniss zu näihigcn, setzte i;r Karl V. und l'erdiuuud zuNaclifidgerii ein. 
Allein aueh die-ser Ocwaltschritt hatte keine Folge; denn als nun G<;oi'g 
kiadcrlos ülarb, hielt es Ferdinand dennurh ftlr untnisfilhrWr, dem 
Heinrich und desseu beideu Si'ibnen Moritz fgeb. If/il, f I55:t) und 
Atigust (geb. lb'26, t l&tfti), welche sogleloh Besitz ergriffen, die Erb- 
folge streitig zu m.-ichen. Heinrieb aber sorgte nun sofort für die Uni- 
ge«taltuug diT kirchlichen Dinge, er veraustnllete eine Visilalion, Hess die 



•) r*lB ScliuiiilkiildUclifiii Aitikel erschienen tuernt Wittwnherg l'iSS nnd in 
V«rtiiniluug Ulli deui Aulung Melanchtbou's 1^7j. Mourcr. Der Tag xu 
Schmal kal den, Leipzig 16^7. Ranke, Dvutsehe Geachichte, IV, Ü. 71. 



144 



Ente Al^lhcQiuig. Er»ter Abflclinitt $ 15. 



Kloster meist aufK^sen, tlie Mitglieder abfinden, deu Ciiltaa vcruinfsclien 
und eine vou den Wittenberger lleformatoreD hinarbeitete VerfasBuug, die 
Kirchnnordauiig Ilersog Hcinricirs von 1539, eiuruliren. Luther kau 
ßtlbst wioder nach Leipzig und predig daselbst^ wo er zwanzig Jahre 
vorht^r gegen Eck disputirt batt«, ebenso Justus Jonas; von eiuem 
Widcrataud Ist tust gar nicht die Rede. 

A<thnliches erfolgte nui dieselbe Zeit in Itrandenbnrg. Karfttrat 
Joachim II (güb. 1505, f 1571), der auf seinen eifrig anticvangcUscli 
gesinnten Vater Joachim L gefolgt war, hatte bisher zn den gemässigten 
und vermitlelnden Gegnern der Reformation geliOrt, denn er hatte ^eh zu 
dem llcld'schen Bflndnisse nicht herbeizielien lassen und dagegi^n 1539 
au bald zu erwähnenden Verhandlungeu Theil genommen, die ihn tIdI- 
leiolit der neuen .Sache uocli geueigter hJltten machon kitunen. Doch be- 
hielt er bei diesem Interesse immer noch eine Vorliebe fUr einen nicht zn 
sehr entJeerton, sondern litnrgitrh an^geprä^j^en und gtllnzenilen Tultna. 
Jetzt fand er Einen der ßlsehöfe, welche die kirchliche JuriMdletion tu 
seinem Territorium inuo hattvn, den Dischof Matthias vod Jagow ebea- 
fallri und ans tlieologiachen Grilnden günstig fflr die neue Lehre gestimmt. 
Daher koiinlc hior Jihulich wie tu Anhalt verfahren werden, nämlich aus 
dem Gesichtspunkt einer Vereiuignug der Änctorititt des Landeshischofs und 
des Laudcdherru. Der Krzblscbof freilich, Albrecht von Brandenburg, 
der oft genannte- Kurfllr^t von Mainx, lie^s seinen Neffen durch den Lvünig 
Ferdinand abmahnen; dcnuoeh wurde am 1. November L639 zu Spandau 
von <lem Uischüf von Urandeuburg nuter Theihiahme des Kurfürsten und 
eines gro^ison ThciU des Adels das Abendmahl uutiir beiderlei Gestalt 
gespendet, und 1510 liess der Kurt'ilr»t unter Aufsicht des Dompropöt 
ß. Hnehholtzer und dess^iäterenGeneralsuperlulcndeuten Jakob Stratner 
eine Klrehenordnung bearbeiten, welche sich »war in den Vorschriften 
über den (.'ullua durch BeibeLnltung einer Menge von altkatholischcn 
Formen vou deu tiiictiaischeu uuterscheidet, ~ wie er auch aU möglich setzt, 
dass dereinst ein allgeuieiues C'oucll definitive Knischeidnnguu treffen 
werde, denen er aiflh alsdann ebRiifalU zu uutrrrworfeu Willens sei, — Id 
weletier er aber eiustweilen selbst sich der Kirche annehmen zu mUssen 
erkUrt und für seine Hhrigeus im Sinne anderer deutscheu Länder vor- 
genoiumeue [.'mgestaltung des Ivircheuwe»cus L'utei'werfung fordert. Kin 
Landtag deuelbeu Jahres gab soiue Einwilligung; über das Kircheugot 
wurde verfugt z. B. zum Uesten der rniversititt Frankfurt a. 0., die Bischöfe, 
welcbe nicli fügten, blieben einstweilen und die vuu den sflchüischen 
Formen weit abweichende Kirchenordnnng wurde sogar dem König ein- 
goreicht und später vom Kaiser bestätigt.*) 



-) Bänke, IV. S. lih. 



TfeaeTTcbortritto zur fiBrönnattoii. 



W 



Auch iließps vonnittelndc Vcrffthren blieb nicht ohne Nichfolgc. 
J ü» c h i in*» Schwester B l i 8 « bc t h schloas sirh nacli ilem Todp ihrp» 
UaniiFs, de» ilerzu(;s KricJi vuu Ürau nsoli w«ig - Calenberg (| 1540 
zu ÜRgouau) unii uU Vurmiluderiii iliieä Söhnen denselben Maatutregoln an. 
Iii Münden, Hameln n. «. 0. kam ihr schon eine Vorliebe für die evan- 
t;<ili!4i*lit- Kichtiing entgegen; ('inf der Hrandenbnt'giBchen nnohgebltclote 
Kirch^nordnaug ward eiogcfubrt.*) 

Sogar der (.'ardiual Albrecht von Brandenburg, der KurfÖi*at nitd 
Erzbierhuf vun Mainz und der Ultcste Gegner htithur'iS konnte in Magde- 
burg und in ll.iUe i^einur Reeideiiz und weiterhin in der l'mgegänd einor 
KinfUhrnug des geräiulgtcu Kircheuthiims durch die ätüdtisclien Voratfinde 
nicht wehren, und wenn er aiieli nirht — wogegen Ranke ihn verthei* 
digt'*) — aeiueii Landätandcu gegen Uebcruahuiu seiner Sehuldun aus- 
drücklich freie Heligionsflbung, wie tue wollten, suBicherte: so ist doch 
[kiided wirklicli eingctteteu, eie Übernahmen seine Schulden und er Hesa 
ptwchehen, w&» er nirhl mehr Vtirhiudern konnte. Die .Stadt Halle berief 
einen Witte nberger Theologen Justu« Jonas als Prediger, nnd Albreeht 
verlegte seine Residenz nach Mainz. Aueh in Mecklenburg koDoti) sich 
dauiuli» mit üvr fliriitlichen und biächüfltehen Würde eine. proteHtanüsr.he 
Tendenz verbinden. Korzog Magntiä von Mecklenburg, Biftohof von 
Srbwciin, verbot auf dem Landtage zu Parchim die Messe nnd srhaflTte 
sie, da er miderwcilig ni«.*bt dnrehdrang, in der .Stiftskirebe zu Bdtzow ob; 
auch hatte er Antheil an der 1&40 durchgeführten mecklenbnrgischi^n 
Kirchenordnniig. Anna von Stolberg, AebtiSRin von Quedlinburg, etr- 
muthigt durch das Beispiel ihrer Nachbarn, berief ans Stolberg einen evan- 
gvlisehrn {^upenuteudeuteo nod lies« dnroh ihn Stadt und Stift refoimireu. 

In Fidge dieser giflckliehen Fortschritte blieb in Nord deutac bland fast 
kein vuUchicdeiicr Gegner der Kircheuverbcssernug mehr Übrig als der 
lU-rzog tlcinrich der Jüngere von Braiinschwoig-Wolfenbllttel, dieser aber 
in Brtianrfchwrig »elbüt ohne Eiuduäs, da diese von ihm anabhäugige 
HaoBt.'StJtdt dem Schmalkaldiscben Bunde angehörte. 

Aber diüa« \'erbtitrkuug sollte auch neue rriedeDSverhandlungeu her- 
iM-iftlhren. Nachdem II eld cnlfenit und dem Nürnberger heiligen Bund 
vuni Kaiser die Bi-stütigung verAagi worden, Iraten im Pebniar 1539 
mehrere der vemüttelnden Reichsstände und der rheiniaehen ICurffir^ten 
luid Joachim von Brandenburg mit dem au Ueld's Stelle beauftragten 
Enbischuf von Lnnd in l'nterhandlnng, und wenn auch hier die Pro- 
testanten nicht erreichten was sie begehrten, dass der Friede, der ihnen 
fUr den Augenblick in der Form der Sistimng des Kammergerichtsverfalu 



*) Harheinoko, iV, s. 12. 
-) Kanke. IV, .S. KW ff. 
tivak«, lUreliMVMehldiw I. 



10 



U6 



Erste ÄhtheÜanir- Krater Absebnlti $ 15. 



rcuH bewilligt wurden, dIh bhübcnd Diid aiisnfeclitbu' auerkaiiiit wenlcu 
Äullle, uiul mit iliii) ziigli'ifh ti»s Kcolit filier sclbstüiuligcn Vcrwaltiiug iUt 
Kirrhim^lltcr für nicb nud die kilnrtigüD Auhüng(.-r der Au^burgiücUen 
Coiifosftioii: 8u wtmic dovU die äuspcneioii d<rr Proresse eiiifttweilen criicutirt 
und .laf Alle, dio »Ivb jenem Ik'ketiutniäi« :nitichlI(.'Ri«i.nt würden, »iiKgedehnt; 
zur dcUnitiveii lüaigimg aber wurde l'ttr lU» folgende Jalir ein lic»präch 
vcrabrodet, welches zur Hcilegung der ganze,» Difl'erciu! untrr den ätttndeu 
de» Rciclirt dii'nt'ii aüUte. Diiniber gcrittb der Hapst in den grussten 
Schrecken, obgleieh die kuitstrliehe HeäUltignug norb fehlte; er unturnahni 
es, den Frifdeii Kwii^clien Fruii?. und Carl mo möglich xur Anrcgnnj; 
gcmeinschaltlicher Schritte gege.n die Wiilersacher der Kirrhc tn benntzen. 
Carl reiste damals duri-li l-Vuukieieh nach den Niederlanden, daher but 
Rjcb (lelegouheit zu persüiiUcben Hesprecbungen wegen Heirsthen nnd 
Ländervertheilungeo unter den Nacbkgmmen beider Kiinige, und dabei 
legte AU-h noeh der ICiikol des Papates, Cardinal Alexander Farnese^ 
in'ti Mittel, weil hei diir^T Gelegeiilicit für deiläl^n Familie ein FUr»tcntbam 
ablnllen sollte. Wirklich nahmen die Vcrabrcdnugen oincti so gUnatigen 
Fortgang, das» »elbät König Ferdinand sich dadurch gegen Frnnkreirh von 
seinem Urntier üurtlckgciietzt faod; es miieste Ihm daher sehr willkummen 
sein, als Franz dennoch unbefriedigt blieb und Alles wieder in'a Stocken 
gerieth. Zwar hatte der Kaiser den Nflrnberger ,,Iieiligen Hund", welchen 
der jetzt wieder ernelicinende Huld veranUfeat, doch noeh genehmigt, wäh- 
rend er das Frankfurter t'ebereiu kommen unbeKtÄtigt lie»e; aber auch der 
Rrzbiächof vun Lund, Held's Gegner, bubauptete bcin Audehen und ver- 
sicherte den l'rote^tanteu, dass es deonocb der Keihe nach bei den Frank- 
furter Verabrediiugcn bleiben werde, was auch geschah. Znt^rat in Speyer, 
hierauf, da eine ansteekeude Kranklieit sie von dort vertrieb, in Ilagcnati 
im Klsass, traten im Juni 15-10 dlo bütnde zusammen; sie ciuigteu aich 
Kwar im L'ebrigeu nicht, — denu die Einen forderten Herausgabe des 
Kirchenguta, Rt-tichränkiing des Sibmalknldischen Hundes ant' die Tbvll- 
nehraer von löltü nud nugehinderlj-H Verfuhren des Kantmergerichts, und 
die Andern machten vorstellig, dass ihre Verwendung der Kirchengfltur 
genidc die richtige «ei, das Febrige aber auf Coiieessiunen beruhe, die d«r 
Kaiser st-lbst ertheilt habe; aber darüber wurden sie doch einig, das» vuu 
beiden Thvilen «ine gleiche Anzahl von friedfertigen Theologen eine 
Zusammenkunft halten sollten, um nach der Schrift den Grund des 
ganzen religiösen Zwiespalts nuehmals zu erwilgen. Dies hatte schon au 
Hagenau geschehen aotlcn, dorthin hati« Kui-fdrat Joachim seinen da- 
malige» llofprediger Agrieol» gertidiickt mit dem Auftrage, wenn es zum 
streit llber die Lehre und nauientlii-h nher den allein rcclitfertlgcuden 
Glauben komme, doch ja das Wort „aUelu" wieder mitzubringen oder 



Melanchthon's Knnklieit Philipp's Doppelehe. 



14' 



lieber selbst gar nicht wioderznkoramcn.*) Allein Einige der bedeutenderen 
Theologen kamen nicht n-ich Ilagcnaii, tmd Melanchthon war auf der 
Reise Jurthiu in Weimar todtkrank geworden, nntcr Anderem aus Schmerz 
Über Häi durch die zweite Ehe des Landgralen Philipp gegebene Aerger- 
nias. Diener nümllch war mit Cht^stlna, der Tochtor des 1539 verstor- 
beoon üerKogs Georg von SacTmen, geh. \hi)^, -j- 1549 und ilamala H4 Jahr 
»It, verhuirathel, und Jet?.t vcrüel er auf den Ent^ehluäü, Bieli noch mit 
Hargartttha von der Saal, einem ITjährigen lIoffrAulein suiner Schwesler 
der Herzogin Elitiabetli von Sachsen • Strehlitz, zu verbinden. Da nun 
die«o nnd ih^ren Mniter auf eine reclit massige öchliengnng vor Geistlichen 
and Zeugen drangen: so wurde endlich uieht bloBß der Üemablin des Land- 
grafen ein ücbriftlicbcr (."onsens, sondern nuter Bucer'a Vrrmittclunj; auch 
Luther und Melaucbthun wenn auch uiebt eigeutlicü eine Kinwilligungf 
aber dnob ein Bi-tvlitrath abgepresat, in welchem sie zwar den Landgrafen 
möglichflt abmabiiton, doch aber, falls e& gewiss sei, dasd er äonst id 
schlimmere Vergehtingen verfallen werde, eine Art von Zustimmung gaben.") 
Melanchthon Uc»a sich sogar bewegen, bei der Schliessung der Ehe, die 
am 4. Miir% 1540 zu lUttenbnrg eingeeeguet wnrile, gegenwifrlig zu aein. 
Der Landgraf hatte aich zu seiner Rechtfertigung auf einige Aeusserungon 
Lather's berufen, namentlich auf ^nnierkungen zn desaen Commentar zur 
Genefiis, wo dieser m'b cntächuldigcnd über äbnliehä von den Patriarchon 
erzählte Fälle erklärt hatte. Die aufangiii möglirlint verheimlichte Sache 
wurde aber bald JSffontUch; Luther behauptete zwar, ein Beichtratb unter 
d<un Siegel de» ßeiclitgeheimnisses sei kein Gntachten und werde durch 
bekanntmach nng uicbtig^i aber er konnte nicht verhindern, theiU das« der 
Landgraf mit den Meiüten seiner Verbllndcton für den Augenblick völlig 
zer&el und durcli deren Drohungen sogar versucht wurde, äicb dem Kaiser 
aiiKuscblieMeii, theiU dasa den Theologen die bittersten Vorwürfe zn Theit 
wurden nnd der \ orfall wieder den öcblimmsten Eindruck macbte und 
ein nngUnaligPS Licht anf die geitammtä kimhlielie Neuerung fallen lieas, 
man nicht verfehlte, Nutzauweudnugen zu ziehen ftbnUcb wie bei dem 
inenikrieg. Der .Si-hiiierz darüber uud dif EnAügung, daas aich dieser 
Eindruck schwer wieder tilgen las«en werde, hatte besondere zu Me- 
iclitliMn^ft Sehwerniuth und dann zu »einer Erkrankung in Weimar bei- 
ragen, doch er (Iherßlaiu) den ^'ofalirlit-hcn Anfall nnd Luther half 
ihm durcli muthiges Zureden.***! Daher konnte Melanchthon noch am 
Gnde do« Jabrci löBO sich zu dem verabredeten RoUgiousgesprfich der 



') Marheineke. IV, S. iT. 

■•) (Ntrp. Ref. III, p. SUi. Heppe, Urkunden Hber die Doppelehe nebst den 
Trauredeu, iu Nieduer'^ Zeit^ufariO lsb2, II, 8, 2G.1 ff. 

**') ^'g^- den aneiehendeu Berichi eines Zcitgeuosscn, des Leibarztes de« Knr- 
fUnten von Sachsen, aus eiucm Uoiliaisclieu M,8, Corp. Ref. Ul. Melanebthün 

10 • 



148 



Erstö Abtlioilimß-. Erster AlischnJtt. § 15. 



Theologeu ia Worms ciutindoii. Hier lernte er einen jnnfren Frutzoseni 
kcnucDf der eich Üamalit in Stmaxbnrg aufliiuU und üclioii als ftus- 
gczcichnetcr dogmatiöclior Schriftsteller bekannt gomacht hHtt«^, und welcbe 
weit grütvtttrre Laufbahn aoWU'. ihm uix-h hovoratehen! — Johuun Calvin 
geb. löOH; zu iUio trat McUnchthuii fortan in ein« freundsrhaftUche 
Ueziehuug. Aii8&c-nlem waren vim jirotcatantiBPher Seite Cruriger^ 
Ijryufin», Mcuiiiit erävhioutru , von den Ciegueru Eck, Cochlftasi 
Nnnäea, Minsiuger.*) Jede Partei hatte tneret eilt* Sl&ndf* gewJlliU und 
diese hatten je Einen Theologen »bgcordnel, wobei es »ich ftlr die l*rote- 
ätanten gUubtig triif, dass jene Kitf auf der Iji'gcnßi'it«, — unter ihnen die 
Kurfürsten von Bi-audeubarg, der Pfak und Baicrii, — selbst nntcr «ich 
UTieinig lind theltweise der Ueformation geneigt waren, denn demgoniftai 
waren auch ihre Deputlrten gewählt nnd lieauArngt worden. Dagegen 
bot anch der p.tptttlirhe Legat, welclicn man zugelasaen, Morone,**) 
Alles auf, um jeden Krfolg des Oicspi-Üchs zu V(^reilelu. Granvella, den 
kaiäerlieiien UovotlinächtigtcD, der iu t'ricdUcher Absicht gekoiuinen wur» 
suchte er abwendig zu machen und veranlasste Seliwlerigkciten ifn^ 
(jcächitflsgaug, mit denen die Zeit bin^'ing. Als Morouc die miliidlichen 
Verhandlungen üUirliaupt nielii bintertrcibeu konnte, setÄti: er wenigsten^] 
durch, dass von jeder Partei nur Ein^r roden aollte, Melsochthon von] 
der einen, Eck von der anderen Seite. Mit Reebt hatten die Preteatanten 
sieb stark dagegen verwahrt, da«ri ihren Geguern der Xauic „katholisck*'. 
als eigenthllnilich beigelegt werde.. Kaum aber hatte man mit der Unter- 
redung bcgonuen, als Granvclla mit einem k:iiserlieheu •Sehreiben den 
Auftrag erhielt, die Vci-winimlnng aufiiiihlih'n , wi-it der Kaiser selbst ia» 
Kt;ieh zu kommen im KegrilT sei, um das Weitere au eiurm andern Orte 
veranstalten zu lastien. 

So vorbereitet erfnlgtA* nun t.'i4l der dnrrh den Namen des ersten 
lutertm bekannt gewordene merkwtlnlige KeicdtBtng 7AI Ktigensbnrg.*"! 
Anfangs waren auch bior die Annsiehlen zu einer Uebereirikunft sehr 
günstig. Der Kaiser hatte die eutschiedrustc Absieht, das deutsche Iteieli 
zur Einheit zu flihron, damit er uiehl dum Aufvlaude, FraukreiWi und ilem 
Papst gegenüber immer wU-der dareb den Zwiespalt der dcnitschcn An- 
gelegenheiten jwlen UOekliiilt verliere; or versicherte Regonsbnrg nicht 



bnttc bereits sein 'l'cslnucnt gemaeht. aU ibu Luther besachte. C. Schmidt, 
MeUuelilhun, B. :it>(l. 

M Cry. tief. SU. }K t/üß. 

"i S« netiiif ihn mit Heelit Il»n k t> IV, S. 2oo nm-li ib'iii /engnijis vorbanitcDer 
Briefe; bei Üarheliieke hei?«! er IV, .Vt Tlioma-s rjiiiipi'gins. 

'••) Httrgnng, Iias Uegcashnrger liel.fifdpr.. ('»mdI IKth. Urieger, CnulariiU 
iiuil ibu) KegcutiburKer luterim, UurJiu 1>7<i. Üoawlben: Hf formulae Cuni-vrdiac 
HatisbuHCHsis vritfinc iitt/Uf intluU, //at. 1870. D. U. 



R^^tiptmrger Interfm, 1541. 



149 



» 



eher verlnsutn su wollen, nh bis man einig geworden sei. Der Landgraf 
Fbi[i|>p f i1i«r Hi!diMitcutUtf> unter ileii gegen wärt igen protei)t»nti<^clioii 
StJtDflen, war soiiicr lOliofiiw-hp wi-geu gouclgt, ilim »uweit indglidi niicli- 
zngebpn, und wurdt^ gr-HbttwulliRli von ihm liDrangpzogcn; noch niÜK^r «Und 
ilem K..-ii!«>r KnrftlrKi JitiK-liiiit von ltriiiuU>nlt(irg. Die xnm rolluqiiMitu 
iHitttilUt'n Tlin>l)igi'n w»i-i-ii ntif HiHrii'li Avt^ Rmserri eit gewiUilt, dasH »ich 
Taut nur Gooiilssigtc zus»uiuu!nbiii<l4*u, — von der dnen Seite JaliuB vuu 
Pflug «nd (Iropper,*) und nur Jnh.iun Krk hatte Jil« hairiRcher 
Tbeulugf uicht tinigangrn wi-rdrn k<^nufii, von der andmi Meluucülüon, 
I'iatoriuH, heMdriohfr Prfdigt«r und Martin Rnottr, welcbpr Letztere, 
wie ihm fünf Jahn- voi-lit-r die Witttroborgpr Coiic-urdia gcluugni war, nun 
jiurIi den (iedankcn oinor noch giilsttioroii \>r8<1hnung mit Lrbhafltigkeit 
ergriff. Ja, waa das 8«!lt«u8tc und ^ItluBtigvte, Bclbat der päprttlicbf 
NunriDB war nirhl allein vi'rxillmlirh gestimmt, Mindern stand Heinor 
IbouLogiscIien Ik'herzeiiKung iiat-li dvm Protealautismus iiugcwAhnlioh nahi*. 
0»psr Coutariui, clu VenoliantT geh. llHa, Imtto ächon früh Ix^deutende 
Ai-mtur im DicnsU; iwiner \'iitcrstadt gefdlirl, war bei Kaitwr KarlV V. 
»•rater Aukiiiift in litutsr-blaiid diesem als Gesandter der Hepublik ent- 
gcgvQgcHandt worden und liatt^' iiin dann narh Spanien lH!gleitet; Gci»t, 
(JeldbrAAuikeit und i^ehtc Fr^^mmigkeit niaehtun ihn des Anarihena wUrdig, 
welches er allg«nrie!n giMitiitri. Kr gehörte in die. Kirhtiing oder war viel- 
mehr diu Seele derjciii(;ou lireise In Italien wie iu Rom Hclh^t, welclio diireli 
die groHW; Bewegung innerlieh angeregt, einsehen gelernt hatten, daüfl 
allerdiiig« nur eiuc liefere innigere Frömmigkeit, als welche die VV-rilusser- 
livhung mtluehlitelier Werklu'iligkeit nueh lihng la»ii(<, die rechte und rliriat- 
liche »vif uud dagR demnaeh die Kcchtfcrtigung auf innerliche Bedingungen, 
auf den in der tiiebe thStigen (Üauben gegründet werden milfwe, — eine 
UefiijiDiing, weli.lie noch einige audci'e huelisteboudö Katholiken, «. R der 
Euglftnder Pole, Verwandter Heinrieh's VIII., mit ihm theilten.**) Alle 
Geistesverwandte hofften, das8 Contariiü die Annäherung, die Überhaupt 
Ducb erreirlihar, aneh bewirken und damit die Einheit der Kirrhc retten 
werde, Alle blickleit ibui, — die Briefe heweiBcu es, — mit sorgenvoller 
Theihialime nach. Znn:U-haI wnrde nun zwischen den genannten Theologen 
(las In^baiehtigto Colluiiuium, aus welchum das .,Regeuäburgcr Interim", 
Libfr /iatuhoiieitxiSf hervorgegangen ist, unter VorsltÄ des Ptahgrafen 
Kriedricb und dea Cardinal GranvclU wirklich abgehalten. Der Nnucius 



*> \'gi. Über ilieseu den gründlichen nn<l gut gearl»eitcten Artikel von Hrlegor 
in I^Tärh und (iruher'ri ICiicykl. lieber J. von Pflug, Alb. Jansen, Neuere 
illltliellun(fen deo ihüring.-itiichn. Vereinfi, IM,». I>. U. 

"I trttrjt. CoHlitrt'iii Ofurn, bemufft «liireli neineii NnfiTcn AlovB Cüiitarinl, 
rari» li~A, Toi. >'gt. LtoitiAclii; ^eilachrift t^r ühristl. WiHfteuscIiaft, 1SI>U, i^. 2no. 
Ranke. Uütu. Püpste, I, 152— (iS. 



150 



Erste Abtfaellno^. Erster Ä.li$t<huitt. $ 15. 



iieas PS ge0chRhf>n , dasa man nicht die Pap^tfra^c an die Spitze Btollti^ 
souderu mit den dogmalluchcn t'-ontToi.'frscn hv^inn, und zwar auf der 
Grundlagt^ eines von Kucer gcüi^ferlfu Kiitwurfn. Mnn Vfr>:lii'Ii sich oder 
verglich sich nicht Ul>er folgende Funkte:*) 

1. L'ebor Krbsüiidu, Frt^iUt-it, Rerhtfcrtipuog wurde man narh filier 
von den GomKssi^teii, wnlirdcheinlich von Contariui hcrrdhrcndpu Fai^BUUg 
ganz einig; man Behlos« aieb vurwiegeud der reformalorisclieu AiiDidit ha 
durch die KrkiHriuig, dosa ilie Sttnde auch naHi der Tanfti noch Ideiht, 
d.iKR die tVrihi'it vi'rlort^n, üaKi« KrbbOndi; wahre SOiide imI, das» Recht- 
ferti^nug aus dem in der Uebu thätigcn Glauben erlangt wird; aelbil, 
b^ek gab sutetzt dem Andringen Üraii vcllaV nach nud untersulirieb. 

2. In der AuH'a&sniig der Kirrhe blieb eine Unbegtimnitbeit surtlck. 
Der Entwurf bczcicbnote nirht aitadriirklieU die Unterwerfung nnter den 
Pnpst als Kennzeichen der wahrtii Kirt-he, hingegen wnrde der Kirclie 
die Aiitticguug der .Sebrift vlndicirl, duch nur ganz allgemein nnd mit dem 
Zusatz: „keiner oinselnen Person**. Die Protestanten ibrertwita kountnn 
sich picht nnbedingt ent8eblieH8cn, die Atu-torität der Citnciliun anzuerkeDDCU. 
Was blieb übrig als den Artikel eiustweilcn fallen zu hwBen! 

3) In BetreiT des Abendmahl» wurde die VersckiodeuhoU dos RitOft, 
als Nebenfrage hpzridinet, Hbrr die reale Gegenwart war man einig. 
Aber aubdrUi^klicb die TrausHubHtantialiuu, diu Orundbigc df.'r ganzen Mcsac^ 
zu bejahen f dazu konnten die Proteeljuiten , welche dietterhalb noch eino 
besondere Berathuug liielteu , sieh nicht verstehen , nnd ebenso weiiig , 
gelang es Granvella, hierin Contarini zur N'atdigiebigkrit zn bewefpen. 
Daher blieb aueb dieser Artikel noi-li uiivr^rglichen. AhemiaU war man, 
in den bloss iTligiitsen Artikeln einander »über gerückt als in den kirrb- 
lieben und in die kirchliche Anst-hauung eingreifenden; diette offonbartoa 
wieder die Kluft, welche auch der diesmal mitwirkende ernste Wille nicht 
zu aberbrdcken vermochte. **) 

Das Kesultat der L'ebcreinkmift wurde imn am 11. Juli 1541 znnILehst 
vom Kaiser den Kurftlrslcii »ur Itegutncbtiuig Übergeben. Und bei diuseu 
Berathungen ergab sieb dnrrh Brandenbnrg, Pfalz nnd Küln gegen Mains 
und Trier, — äachsen w»r niebt zugegen, — eine Majorität für die 
Meinung, dass die verglichenen Artikel bin xutn Ooncil angenuunuon worden 
sollton; anch die Städte waren damit einverstanden. 



*) Ranke, Dentschc Geschfchte, IV, S. 3(K>. 2iH). 
") Ueher die Fnf«t<'Iiiiug des liei^enHltniger Hnclitt, dtintten wiilirwlipinliebi* 
Verfaoser fGropper, Bucer nnd N'eltwlck) nnd ober da» Vorhidtniss dieses 
VorglelcKsentwiirfs zn den GroppeiVctien LehmrtikelD ^phe die neuesten L'nlcr- 
sachangen in Kampschnlie, J. Calvin, 1, :i:)~, Sriiaefer, De tibri Raihb. 
originc ft histaria Bonn. JS70, Maureubrcclior In Syliel*!* bist. Zeitttcbrift, 
1^71, 111, 2.11 nndBrteger im Artikel Oropper, S. 224. d. B. 



Aufnafamr des KejcenBliQrfrer iDlerfans. 



161 



Aber lAnti:st hatte Hieb Vlfileü vereidigt, wodurch die Vereiobarung 
dennucli blnlcrtri*^lien werdpii solltp. In Hom wnr man KchoD vno Krank- 
ri^irh aim uiid durch <li>n Kiirfürsti'n vun Miiinz ii)iti(ilr»ui»('h Kt-'^'"!^!^'!*; 
Co Uta r in i empliii}? •fcacliäi-np Woitttiiigi'u, weder als UevollmAchtigter 
noRb für ttirh HcIUst .Mfimiti;;oii v/'iv. die vtigÜchcnfii a« i^i-uebmigcii. 
Franz l. anterhielt zwei Oesandte iu I{e^ri]i6bui'g. Einen der die i'rote- 
fltantcn und Kinen dnr ibrr (ipgner auHlinrrhon nnd buarbciten inusfitti; 
Bfidi' nülirtcii ileu VmalAudtu iiitt>b die Spultiiuf;. AuderiTwils batto aiirh 
Luther uihI itntBr (U'twi'ii Kiriwirltinig der Knil'itrxl von ^cbDrii Vt-rdaclit 
t;c»cbüp(t ^vgen jede Vertiiiliftriuifr, bei welclior ciu Legat tbiUiy ffowpaen; 
man scbirklH «ine tomilU-bt; Oi'iuindlHühaft an ihn von Rcgunabur;; aus, 
die ihn aber nicht umzustimmen vermochte. In Kcgensburg »olbat war 
die Muhrzaid Üvr FflrBtt-n von Baiem b«eint)ufiät und gegen alle den 
l*rtit«8tanton zu maohfiidi* ^u^osUndnitssc durclinu:* eingenommen nnd nirht 
gt!wiltl, vuii den fnihtn*(m KoicbHMchlfiPH<>n, sawvit fiic hier in Betracht 
kamen, abzolaasea. Uicsnml wollti: sieh daher der FUretenratb nicht, 
wie sonst gowdhnlich, der Abotimuiung dtT KurfDrstBO nnterverfen, sondern 
ein bcftondercÄ üutiicbtcti desKclbL^n slcllte den Antrag, der Kaiser möge 
den ganzen V*T(;l*üih üinfach ablrbnrn, da über Tragen dieser Art nur 
ein allgomeinea Concil rcelitmässl^ zu beßndeu habe. Dieser AuHweg 
üi'hloää »ich fn;ilii*.li an den stafitx *jiirt und djut bli^berige mehrj.Hlirii!;e Vor- 
halten au, und cä musflte. dorn Kaiser leiehter werdvii, wenn er nun 
einmal onfaeheiden sullte, ea beim Alten zn buuMin, als plötzlich und zuerst 
den (.iegnern den I'apt^tes heisntreti^n. l>er HeschlUM fiel daher abermal« 
pnivitHiriiic-fa aiui. Der R4:ir1i)Uibrtcliied ^ut^ duhin, tlnsß. die Verhandlungen 
des Colloquinms einem demnilchstigcn All};emelucu Concil zar Abnrtheilung 
zn fllM;rwei(ieu seien. Das Untcniehmen war fjeftcheitort, aber e,s tHtlltc 
nicht völlig verloren sein, noch alle vers'dinlii'he Wirkung einhüwen. 
Kaum war der Kainer zn der alten Partei znrürkgetreten: so suchte er 
dureb Bewillii^nngeii, die er der neuen iiiaehk, den .Schritt wieder gut zu 
macheu. Vit erlicsa eine lleclaration des UeichsabBebicdea, der znfulgu 
deD Evangßtiarhcn gestattet wurde, Klöster und Stifter zwar nicht auf- 
znhcbcD, :iber cbritttlicli zn i-rfuniiirpn ; kein Geistlicher aoltte, — was schon 
der Absehitid aus«prach, jetzt aber auf die Protestanten nui^edelint 
wurde, — in seinen Kinktlntlcu verkflrzt werden; für das Kanimergerichl 
ndlte der KeiehasehlnaB von Augsburg, so weit er die Religion angehe, 
»utgehobi^n sein nnd Niemand, aiieh wer die Augsburger Confossion nn- 
gonommcu, vom Uericbte als Mitgbed zurückgewiesen werden dOrfcn. 
Anaacrdem srbloss Karl V. mit den Einzelnen \'ertrÄge ab. Mit Sachsen 
gelaug ee nichr, aber mit Philipp von HcKsen wurde ein beaunderes Ab- 
kommen getrorteu, nach welchem der Landgraf vereprach, die politische 
Partei de« Kaisers zn halten und den Zutritt Frankreichs und Englandfi 



X52 Ente Abtfaeilang. Erster Abschnitt. { 16. 

zum .Schmalkaldiftchen Bnode zn verhiDtlern, der Kaiser aber im Jnli 
difricü Jahre» die Uiiiveniität Marharg förmlich bestätigte.*) In einem 
gleichzeitigen Bfindnis-( mit Bnmdenburg (21. Jnli l.Mll wnrde die dortige 
nr;u<- KirchcDorduung bc;»tiitigt, aber ohne Aufnahme tu den ;:>chmalkaldisctieo 
Bund. Mittelbar und für den Augenblick hatte aUo der Kaiser angefähr 
erreicht was er wünschte; aber über den Protestanten schwebte noch un- 
erledigt die bluKH Auspendirte Acht, welche deßnitJT abzuwälzen sie gar 
nicht umhin konnten; eine Wiederaufnahme der Verhandlungen hing damit 
nothwendig zuüammen. 

§ 16. Fortsetzung bis znm Kriege, von Mitte 1541 bis 1545 and 46. 

Maurenbrecher, Karl V. unil die deutecheu Protestanten. 1543 bis 55, Dtlssel- 

dorf l^ö. 

Abermal» gingen fünf bis ftcchs Jahre hin, während welcher anter 
den protestantirtcben Stünden die »elbsttlbernommcne Verwaltung der Kirche, 
alBO da8 Bestehen der von den BiBcböfen und dem Papst getrennten 
Landeskirchen fortdauerte und sich befestigte und überdies deren Macht 
und Partei noch durch Zuwachs verrttirkt wurde. Der mitwirkende Ein- 
fluss der enropftischen Kreignisse war ein überwiegend günstiger. Moeh 
1.54 1 nach dem Tode J o ti a n n Z a p o I y a s', wo es nun gerade darauf 
ankam, König Ferdiuand's Anerkennung auch in Ungarn durchzusetzen, 
nahm statt dessen Suleimann im August Ofen ein. Ebenso erlitt eine 
von Karl V. gegen Afrika nnternommene Expedition durch Stürme solchen 
Abbruch, dass der Kaiser, welcher persönlich Theil genommen, sich nur 
mit Mühe nach Spanien retten konnte. 

In Folge dessen konnte der neue Reichstag zu Speyer 1542 nicht 
gefUhrlich sein; er proclamirte einen allgemeinen StilUtand auf fünf Jahre, 
und über die Declaration des vorigen Reichsabschiedes, welche Karl den 
i'rotestanten 1541 gewährt und die ei- freilich so eben wieder gegen den 
Papst abgeleugnet hatte, gab K<inig Ferdinand die Zusicherung, dass 
auch Bio noch diese fünf Jahre „währen" solle, — wäliren, hiess es aus- 
drücklich, denn mit dem verfiiugliclicn Ausdruck: „iu ihrem Wortho bleiben", 
hatten sich die Protestanten nicht begnügen wollen.") Unter so verbesserten 
Umständen kam jetzt ein gemeinschaftlicher lleereszug gegen die TUrken 
zu Stande, angeführt, obwohl sehr unglücklich, vom Kurfürsten Joachim 
von Brandenburg. Es ist bcmerkenswcrth, dass die Protestanten bei allem 
ihrem llass wider den Papst doch für die chriatlieben Unternehmungen 

*) Das kaiserliche Privilegium fllr Marburg und Regonsburg findet sich 
gedruckt in Winkelaiann'B Olironik, IV, 441, Lünig IX, 773. Vgl. Rommel, 
Heus. (Jesch. III, S. :i2I Anmerk. 
") Ranke, IV, S. 23S. 



rilrkenftrieg. Oeffrn Heiniieh vnn Briunacliwdjc* 



iri3 



gegen ilen Torkfii weit t^rdsaeivn Kifpv an den Tag lcgt«?D aU ihre Gegner, 
fjplion hrarlt in tlptnsipU.if'ii Jnlirc in Folp*: oder auf <lpn V'irwnnd der 
Ennonluii^ awi'ier franziisiBrluT (icRiiitdttMi iti Apv Luiultardei der viertr 
fraQS<>fli8chv Kriet; nü», und wic^dor eritctilcD FranK L verbunden mit dea 
Tllrkcu. Zwar war ^ilcifhzpitig der prste Vfntnrh geniadit wurdni, eine 
KHtnnierpericIilApntttoLciduug gegen dlt> ProU-tttHutnu mit (ji'^uU zur Au8- 
fültruug zu lirtngt^n. Die Sudt tioRlar, lAngitt i«vAngeIi«('li urgJiuUirt^ Imttc 
iu ilirer NäIu^ KIfi.ttrr m-rstiH-l , welrh<> dt*ui Herzog Ilcl iiricli dem 
JUngi*ren v<in Hraiinsrliwpjg bei Augriffon gegen sie als feste IMiitze 
(lientCD*, atif Andrilngon dudsotUcn liatle t-ndlicli einmal das Gorirht die 
Aclit auHgc-Aproflir^n, wie sie auf (iniiid ilr>r BpschlllRfte von Worms und 
Augsburg schon m> oft augvkilndigt wurden und vorliftngt wt-rden sollte, 
aber 8t«ta dnrrli StilUtänili> und m auch dieamal durch din Declaration 
dosi KeirlisaUttrliitrdfs itiiApciidirl war. Allein Herzog Ileiuriclir »U-t» gut 
kaJB^rlicli gcHiunt, nai'hdmn Karl V. iliin dir I.M'.) — 2'A dem Riii^-liof von 
lUhU-äb<--im abgc-nomnuricu Länder zngeBicIiort liatte, wollte nicb's nicht 
acbineii la^isen, dt-n Kxeeiition&KUg gegi^u Goslar Halbst in's Work xn »etitrn, 
m04^ht«n anrli KalKor und K<inig vrrinilteliid da2wiiitrh<<n trt'ten,'*') und 
fthDUrb bedrohte er unter Vfi-w audio» UmsUfiidcii Hrnuiisrhwoig. Geradi^ 
grgpn solrht* AngrilTt' tttaiid ja nun df^r ScIiuialkaldiHrlir Hund grgcblogaen 
da, nud heido Stiiillo gclklrtm Idugst zu iliin. Itcr6<*lbr solllc »war iNgoot- 
Uch nur defca^iv verfahren: iti ilirrtuui Falte aher, sobald drr biwuratoht'iidr 
Angriff gewiss war, kameu ihm die beiden Feldhaiiptlrutc dea Unndeit, 
Philipp Ton IlfHacn nnd Johann Friedrich von ^iarhäen, oATensiv zuvor, 
ab»rHeli;n den Ikr^og iu sdncui J^Dudc, wtdeheff er in raßclior Flto'ht 
verlit^sa, nud eroberten die festen Platze, namcntlicli Wolftinbllttcl. Ot- 
6i^lbsl wurtle nin i;i. August 1512 xiim eralvn Mali* von lU-m hfÄSJsihen 
llofprediger evangelisch und zwar über den ungerechten HnuHliallcr, 
— doeh dieser war fcra, — gepredigt, und im ganzeu Laude wurde unn 
eine evaiigetisclic Rror^itnisjitiou des K'trchenwt^tutnä unl«T dorn Schutz 
dieser eAi*hi4ii4ch-heäHiBL-lK-n Ocrupatiou ciogckülut , auch die ätadt liihlea- 
hoim rcformlrt. t'nd einstweilen blieb es aueh dabei; Herzog Ueinrinh 
frrilich schrie (Iberall nui llolfc, »her verhaaat und Überdies gewarnt wie 
er war, fand er nirgends ein allzu eifriges Gehör. 

Im August 15-lS erobcrti-n dio Tflrkeu Gran, die Franxoaeu Nixu; 
die protcs tan tische u Stitudc mus>iteu aufs Nene um IlewiltigungRU gt^geu 
beiderlei Feinde gebeten wcrdeu, »sie setzten e« auf dem gleiphumtigen 
BciebBtage zu I^Urnborg uivhl durch, daBä diu einstweiligen Zugeatändoisne 
XU deßoitiveu erhoben, noch aueh daa« das Kammorgerieht, wclehea den 



*l Lflueuatcio, UildHahüiiuiitcbo Kirchouguschichto, S. 135. Biiobof Johann 
luitte gtMagt, als Karl V. ihn geächtet, ,,acht und iberacbt seien 16". 



154 Erste Abtheilang. Enter Abschnitt. § 16. 

kaiserlicheD Zusagen so hartnäckig widerstrebt hatte, anders beeetxt wurde. 
Kur eine Visitation deft OerichtshoteB nnil eine BeschwichtigODg des Hersogs 
von Brauutirliwt'i«: v<Thifi>s iliu<-n Ferdinand , und so verwarfen sie 
ilen Ki'i(-h<sab<;<-hiei) gerailr wie lö'Jlt;*) sie konnten jedoch den Henog 
Uil'ielin voll CIfvo, wcli-hor :ii<-h aiiscliliessfn wollte, wfder nach Smchseiu 
Wiuiicli in den sdimalkaldUchen Bunil aurnehnien, naclidem der Landgraf 
derjrleidit'n Btilritte zu verhindern versprorhen hatte, noeh auch vor des 
Knir; Ti* Aii;rrirt" scliützen; der reberlall di-sselbeo hatte vielmehr die Unter- 
wertun^' <U-t4 Ilt-rzn^ä uud seiitt-s sciioii halb reformirten Landes Enr Folge. 
Iiidfäsen »liesci- Nachtheil war vorüberjjcbeiitl uud trollte eine desto günstigere 
Wcndunjr vorbereiten. 

Eine Zusammenkunft Karls V. mit dem Papst (1543) brachte Beide 
einander nielit njiber, wohl aber eröffnete der am 20. Februar 1544 
eriilVnctr Reichstag zu Speyer neue Aussichten fiir die Protestanten, ja er 
führte iliise in i-im- so vortlieilhafte Stellung, wie sie naclilier nicht wieder 
uud kaum Jemals früher eingenommen haben. Kaiser, Kurfürst und Land- 
graf waren persuulieh gegenwärtig; der Krsterc forderte zun&chst Unter- 
stützung gegen Frankreicli, ohne dessen Demüthigung man nicht gründlich 
die von Franz I. begünstigten Tilrkcu nuschädlieh machen könne, denn 
mit solcher Hülfe versprach der Kaiser dann sogleich gegen diese za 
ziehen. Iter Lauilgraf freute sich in dem Gedanken eines solchen Kreus- 
zup*-8, als sei es für ihu eine Tliat ritterlicher Entsündigung, and der 
Kaiser machte ihm Hoffnung, ihn an seiner Statt an die Spitze des Unter- 
nehmens zu stellen. Die Hülfe wurde bewilligt, der Reichsabschied flber- 
liess dnu Protestanten, für Kirchen und Schulen das Kirchengnt zn benutzen, 
erkannte ihre bisherigen Maassrcgeln hierin an und versprach eine ganz 
neue Zusammensetzung des Kammergerichts durch neue Präsentation aller 
Stünde. Der Eid sollte bei üott mit oder ohne Ileiljge geleistet werden. 
Noch wichtiger war das Versprechen, dass, da es mit dem Concil noch 
ungewirts sei, — Paul III. hatte es freilirh 1542 schon nach Trident 
ausgeschrieben, aber die politischen Verwicklungen hatteu ihn uachher 
wieder abgezogeu, — der Kainer einen neuen Reichstag halten wolle, 
welcher über „die streitige Religion uud was daran hange", entscheiden 
werde, also wohl allenfalls auch ohne den Papst, und dazu solle ein 
Kefurniationaentwurf vorbereitet werden; die einzelnen Stande wtlrden 
daher wohlthun, gleichfalls solche Entwürfe abfassen zu lassen, damit sie 
dann dem Reiche vorgelegt und auf Üirer Grundlage ein Vergleich dar- 
über geschlossen werde, wie es bis zur wirklichen Erlangung eines Gener&I- 
concilii im Reiche deutscher Nation gehalten werden solle. Auch war, 
wo sonst des Coneils gedacht wurde, dasselbe als ein „freies" bezeichnet, 

*) Hanke, IV, 283 ff. 



Der Kaiser wirkt flir kirchliche E{[iIj!:tinK. 



155 



fdu PrAiiicat „unparteiisch" hstten ilie FroteBtanten nicht dUToli«etzen 

k<>uuon. L)t-r Pap«! üimi>frle sieh Krn-hHt orhittcrt fCgen (ttn Kui.^er flWr 

dif hier ip Aimfiifht j^i^Htrlltn Hflliiitilnili;;p \ tj-fiiniiiij; des Uticliit in Siictifn 

1er ßtiligiuii , alter es blieb dnboi. Nun verlief niicb dor Kampf gi-:;en 

iJ^Riokrcich iim^rviirtet gtflrklirh; durch fini^ii rxttchi'u und ^i>»trhi<'kten 

liufuJl ward m^ut Paris bi^droht, der Kaiser hciintzte ihn tichuoll zu cem 

Krieden toti Vrespy (IH. Öoptomber 1511), und outer die IViiiiiguD^en 

fiircn »w<*i Punkte uiif^t'in'iiiiuiMi , welche widil :Mich p*>K<*" die Pn»U!- 

itnntt!0 fiai> Anuifudnii^; LMlaubtt'n: I. dann .ilh> Staude in ih>n Kritnlen 

^*tDt;o$chh)iWon sein sollten, welche dorn KaiM:r ^■burBani Hoin würden, und 

!. dnttH Karl and Franz airli ku v(>rbindPO hätten für den Zweck i'iner 

'educthn de notre sainte religlon en vnion chrHienne, Das lies» sich m 

rcmtohcn, diw» die ge^unücitige L'ulerstlltxung: auch KUr l]rzwiu(;ung 

tieser Einheit dieueu iM)lltf; jetzt aber schien es nur auf den Papat 2a 

i:hpu^ ejtthielt aiüu dii; ZtiKat;e, daiut diu beiden Kiinigc allenfalls aurh 

»hne ihn diese Kinii^n^ zw Slandü zu bringen geditcht<ru; dasd es der 

*apHt ehmiBo vi^ratand , ging anä den wiedcrbolt«n Abmahnungen gegen 

*jeuca Paetani hervur und ebenso aus der neuen Ankündigung dee Cuneilft, 

welche ihm jetat vielleic.lit durch diw Verlangen abgt'presst wurde, i*ieh 

Ue Oberlcitun}; der Üingo uiclit aus der Uand ncbmeu zu lassen. Durch 

iü Bulli) I.arbtrr Hiausalfrm vom 11). November \h\\ wurde d.-w Conril 

mf den Milrz \h\b uaeli Tiideut aitsgeselu-iebeu. 

Nach diesem günstigen Ausgang muesle der Krieg gegen die Türken 
tn die Reihe kommen ; au^^b gediehen Kcbon die in Ausalcht gestellten 
EL^firnualionHentwilrfc und bliebi'ii nielil uhni- Aunähi-ruug vun pn)tf»l;in- 
iaehor Seite Am i\. Januar 1545 vereinigten sieb Luther, Bng»D- 
lagen, Melanchthnn. Cruriger und Major äii der «o^i-naunten 
'ittenborger Ileforrnation; *) es war ein kircbliebos Programm 
betreffend Lebrc, Sacrament, I*redigtamt, guiiitliclic Jurisdiction, Blldunga- 
anstalten inid l'titerlialt der CJi-istHcIten. In demüolbrn wiinU' mit groj**pr 
lliaaigung auf diu WlluMoh^ des Volkii hiugewleAeu, welehea Uborall bcbott 
tont Uaevangeliachon Wider^taud leiste und bei dem Abendmahl untfir 
rinerlei riestalt in Bai<;rn, Oesterreirb, den Niederlanden nur noch gewalt- 
featgeliallen werde; in der Lehre wurde eine bciichränkte Anerkennung 
ter HcUjgeD, deren man al» Kundgeliungen eines auätterordentlichcD gött- 
lichen Beistiudes, als /.ierden der Kirche, ale sittlicher Beiflpiole zn gedenken 
Lrraarhe habe, y,ugei<tajideii. Von be>ionden>r Wichtigkeit war, daua ein 
Episkopat nicht nur überhaupt aug<imeABcn befunden, aondern auch Unter- 
werfung unter die biaebilflit-bf. Verfaesnng angeboten wurde, falls nur die 
liachofstellen ao heäctzt wiinlfu. dae>a dies tbnnlich sei. Denn durch 



') Corp. Ref. V, SSO, dk Untenwhrilton p. 606. 



156 



JönfT 



gnttlivhcH Gebot .werd« ilen ItiKrhilfon t>inv Reihe vüq Vfrptlichtuugen muf^ 
urlent; es liogo ilinou ob, dÄ* PrcdijrUmt Bclbst oder durch Ändert* wohl 
KU vf'rwaltfii, dir Ordination „mit recliti^m Krnitt, n:lndich mit grbllhrliclit 
CiHOicii aiid Uuterwrisiiug" cu vcrrichlen, die Predigt der recbtoo Lei 
ilurt-lt dit: Pfarrir im ptlej^iit imd in Aclit zu uidiiiK'n, uud dazn ditiuc 
i\W Kirf^lionNiftitnliitn, wok-Iie abor uiobt gegen das Hvanguliiim gewendet 
werden dilrt'v; terner gnito .SUteoBUcht ku oben nscb Matth. 18 nml I.Tim, fl 
tind dii* Liuter mit droi ßnntif ZM slraft'n, endlich aber Siirge zu tra^eti,] 
darth iVw L'iiiv(^v»itÜti>n uutl Particularflrbiilt^n gut bestellt Beii'U, „denu dii 
Univorsitflieu sind nuu wie vor Z«itoD die ersten Capitel und CoUegii 
cmtofles tiorlrimu; die i-briptlirbe I^fbre bewalircn aollen nnd aollHn Zi^iig« 
sein, wober die Lehre kommt, die sie den Kirelien aiutboiLeo'*. Ka Wirt 
binzugofjlgt, dasH es an Hulrben Rihrbüren in den Capiteln nicht fehlen 
wciJe, auch vorge^vhljipeu, diiss für KbeBacbci) und zur Verhtltnng d< 
ölTeiitlirhcn Aei-gcrniMiw in den Bialbflineru guiiitürhe tieriiJite oder Cunsi« 
storieu eingedelzt werden sollleu, denen es zudtehc, nAch Untersuchanf 
z.B. gegen Wiichci, wilde Kboa, Spiol* nnd Trunk die ICxcommuniratioi 
zu verhüngi-n. 

Dit' I)t'weggr41ndf> die^ea Kntwarfs sind Iclar, anob die mntbmaaitsliehei 
Fiilficu laosen t*ii-h aiigebni, die deast-ii Anwendung nach hicU gezogei 
baboD wflrde. Aber die Tbatsaehen filbron nns an Bolrben Krwilgungoi 
raarh vorüber. Die der kirchlichen Umgebt »II iing zugeneigte Partei hiit 
inzwischen immer mehr zugenommen. Tfatzgraf Utto Heinrich Hrlih 
aieh ir>12 dem Srhiualkahlibchen Bunde an nnd traf dem entaprechcndv' 
kirchliche Hinrichtungen, ebenso die Stadt Kcgensburg aui l.'l. Octobcr 
dc!«seibeii Jahres. In Metz, damal» mieb einer Reicbasladt, hatte die evni 
güUdche Sache wenigsten» grossen Auhaug, wahrend ihr eine andere, voi 
den einigen nntersttltzte, zugleich franzüAUnbe und anlievangeUHche Uichtun| 
entgegenstand. Auch der KorfUrtit vott der PtaU bezeugte 15-15 lutcre« 
nn der Reformation, obglridi n* ihm .Srbmalkaldischen Bunde nicht bni^ 
trat. Ja selbst ein geistlicher RelchüfLirst, Hermauii von Wled, El 
hiachof und Kurfürst von Knln,*1 ein alter ehrwürdiger Mann^ der Bit 
nicht verbeirathen wollte, wohl aber durch die Lutherische BibeUlbcrttetaung' 
nnd Jas allgenieine ßedflrfnrsa nach licjirtening gewonnen , es Air seine,, 
rtlichl hielt, aclbst für die^c zu wii-ken, kündigte diesen Entschloöit lb4* 
den Stünden an; er berief Oropper und Bucer, die er in Ue.geusbur| 
keaneu gelernt , nnd bald , :Us der Erotere sich zurückzog , **) auci 



•) Decker, Ücrmann von Wicd, Erxbischof zu CWn, Cöln ts-io. 

*') Ucbor ümpper's Betragen, der mit Bucer sehr befrcnndpl gewesen, ititt 

alK-T seit Juli 151:1 vJHHk abüel. de» Erzbischof» Ki'lalirliclisicr (.»egner und rt< 

WidunHKbcr der ßeforuuition des KrztftÜla wurtte, siebe ßrlegui: in dem uboi 

uig^ebenen Artikel 8. 2.t(i. D. H. 



KJIIner Uerormiiiiun. Muritz. 



157 



MelancfafhoD. Anf Jer Grundlage der frankiaflien und Nflrnbcrgisrlio» 
KirchcDordouD); wurde tou ibucn kIu 8ohemn ftiisgearbcitet, wcIchcH aui 
2ft. Jnli 1513 den SlSnden vorgelegt ward. Kinige nfUzÜrhe Orden wullU^ 
iiiui betitcbi-u Uääca, lU-ui Duuu*h|>1LoI wurdi-u sciui' Ri-ebto und Vorrechte 
garnatirt, die Art dpr lieiligenverehning aber, wie sie Meluncbtbon dort 
at« aSgJ^ttiBrben nildenliensl vorgefunden hatte, verwürfen. Hier erklärte 
sieb uua der Adel bereit, auf die VortH-hlägc des EutwurfB eiuziigebeu, 
die Stadt Köln aber mdemelzie sieb; diese hatte von Anfang bor eugür 
dareb airenge Tborsperre diu AnbJiuger der neiu-u Lehre oder wen sie 
dafür hielt, geradem nirht eingiOasHen, und war stolz darauf, dadurch ihre. 
Rohe crluiUcu zn haben. Nicht minder widerstrebte das Domcapitel, 
geleitet von d**m IJrnder Heinrich den Jüngoren , dem nomprdpdt 
Oeurg von Braanschweig. Capitel, Universität und Klerus legten aiu 
8. October 1644 gegen die Refonoation Protest ein.*) 

In diesem Waehäthnm der reforinHturiscben Mücbt laseeit sieh uueli 
IngeL and aehwaelic Stellen nicht verkennen. Schon der L'inatnud 
imt iu Botraebt, weicher der Sache der cvangi'liaehcn Kirche seitdem 
immer geschadet bat^ das» ihre Mit^^liedcr wohl eine verbundene Menge, 
abrr keine urganinirte und einer hi'lclistcn Lettnng folgende KInhett d.-ir- 
stellti-u. Einige befanden sich !ui Schninlkaldiscbeu Bunde, Andere uieht, 
und antcT dienen Brandenbui'g, die I^falz und der nene Herzog von 
äachiten Moritz. Liiescr war 1641 seinem Vater Ueinrieb mit zwnnxig 
Jahren gefolgt und gleiebzeltig der Seliwiegerrtobu des L.iudgrafen Philipp 
geworden; Überdies gerieth er in Sti-eit mit seinem Vetter dem Kurftlrsten 
Johann Friedrich,") obwohl dieser ex vermittelt hatte, dass daa Land, 
weicbes Moritz' Vater unter ;»eiae g(ihuc hatte tlieilcn wulleti, dh-iH^m 
uliein zuerkannt wurde."*) Der Streit betraf fast lauter Kleinigkeiten; 
eine deräelbeu wegen des Amtes VTurzeu, wclrhes Jubaiin Friedrich 
15-12 besetzt ti.itte, bewirkte plötzlieh eine Kfl>itnng de«« Herzogs und dann 
auch des Kurfflrsten und wurde eine kriegerische Fehde veranlasst b»hi>u, 
wenn nicht Lutlier eniTgiRcli dazwisebi-u getreten wilre. Dieser niiinlieb 
Hess sit-h mit kr;if)iger Miibiiniig geg<-u diesen uiievaugelläehen Aufruhr 
nnd das Betragen der beiden sKchslseben Fttrsten vernehmen, besonders 



*) Canl- Paeea, Ve ^antle tneriti veno ckiesti caltntiiut tiet cifnt, tlelt 
univtrrsilä e *h Miujislmto di VnUtnia »rl sfcttlo XFI. VeUt-Iri, Domeui/ro 
Krcu(e. tS'J'J. 

") V|;t. dJB »chUne Charakterisrik dräsenic-n Itei Kanko. IV. H. 2ra ff. 
"') HauptTverk Über ihn: vtm l.angenn, llerzufr und Kurfllrut Morim von 
Sachsen, 2 Bde.. IH-U. Vor Kurzem hat Maurenlireuber. .Srntlleu uud Skizzen 
car (ieach. d. Kef. M. t;)T fl*. eine Itanslcllung gegeben, in welcher Moritz ala 
{HjlUUcher Kopf ersten RaagCB tietiillietit. ^ehr hndi untl vielleiubt allxuboch 
gewellt winl. 0. U. 



158 



£r«l« AbthfUang. Entor Absdinitt § IS. 



gHgcn Moritz, tler doch Juliann Friedrich Alles verdauke; er errtMuhta 
damit, — und dies war di»- •;nte Wirkung der Sacho, — dasß der Land- 
graf xuerril wieder seit seiner zweiten Khe in eiu friedlirheü Verbttltniaa, 
zum Karfnrtstun trat, aber die Bitterkeit nnd Spaiinnng zwiaciioD dieaen 
und dt;m juuj;cu Uorzuir veniiuehte er uieht zu beaeitigen.') Der Letztere 
scliloit» »ich ileiu ScbtnalkaUliscbeu Uuude niobt an und zog die vod seinem 
Vator zuiilckgednLii^eii Rütliu auB dem Mei^äeuur Adul, von Altere her 
UD deu Streit gegen die Kurlande gcw?ihuto Mänucr wie Christoph von 
Carluwit/, mit Vorliebe wieder in seiue Dienste. Eine auderu unerledigte 
DilTerenz luiierbalb KursachAontt bezog «ich auf da^ Uistbum Manubni^.") 
Nach deiii Tode de» BischolK hatte das I>i>meapitel 1^41 einuu sehr gt- 
achteten, aber der Kftforinatlori ahg^Ünatlgen Theologou Jnlina von l'flag 
gleiehrulU aus dem Mei^änischeii Adel gewählt und der Kaiser die Wahl 
bestJltigt; Juhann Friedrich aber alt« äcliutsberr dett dortigen Uiüthum» 
botrarhtete sieh gelbst fUr die outacLeideudo Instanz, lies» einfach erklären, 
wer e» nieht mit ibm und »einer Confegsiou halte, den kOnne er unr aU 
einen Widerwärtigen anaidien, nnd obgleich Beine Hiltbe nnd («nihur da- 
gegen stimmten oder wrjiigittens riethcu, einen Mann wie den Fttratcn 
Georg von Anhalt zu uiiLersttltzen: so setzte doch der KiirfUrst vielmehr 
einen Schnler Lnther'e Nicolans von Amsdorf als ßisehof ein^ varf 
eine Besoldung auti uud helUelt tIhrigtMis die welllithe Verwaltung dca 
Stifts in eigener Hand. Lnther nennt den MelMniscbcu Adel bei dieser 
Gelegenheit ein t/(*Nus hominnm mperbUi tit.tu Hhiiime avwitia itsura 
pielnte peniHigsimwu und Hiebt in der I-'.rbitternng desselben nber die! 
genannten Vorf^Uo die Ursaehe der zwiseben dem Ueraog Moritz aod 
dem Kurfüi-aten an«»gebrorlic«en Fehde."") 

Desto »rtdiuiiiier wenn sieh Jclxt trotz alloB Anschein» ftilgeurt-iehcr 
Anndlieningeu plützlieb wieder 1515 ganz cntgI^genge8etzte Aussichten 
erCtt'neton. Dies geschali hesondera durch da« CunciU Seit vielen Jalinm 
war bei allon einstweiligen Vcnrüge», zuletzt uoeb VhW zu Speyer, all- 
seilig eingorJlnmt wui-deii,|) dasa nur ein ullgemelues Concil, aber i<in 
ft-eiea nnd Über dem Papst stehendes, drfinrlive Bestimmungen geben könne 
und uiflsse, nnd man dachte dabei an die grossen Vt^i's.immlungen von 
Coslnitz und von Basel. Jetzt stand nirküeti ein C'oncil bevor in einer 
duiitscheu Stadt, deun dafUr musate diis freilieh schou Imlb italleniscbe 
Trldeut noch gelten; und obgleich der Papst es atisgt^seh rieben halt4>: so 
war der Kaiser doch offenbar entschlossen, die Leitung nicht diesem zu 
nberlasseu, suudorn wie Kaiser Sigismnnd nnd der Sache nach noch 

'J Ranke IV, 273. 71. Lnthor's Briefe von de Welle V, {b\. 66. 
") Kiiuke IV. ö. -iOtjfl'. 
••*J LuUitr» Briefe bei de Wette V, 8. IS-t 
t) Lutfaor'a Werke von Waluli XVll, S. 1198. 



Neuer Zwiespalt mit. den PrutCBtantuu. 



15D 



s«1li8Utni1ig(>r in die Hand zxi nehmen, damit die verhelssrne Reform.itiun 
dt'r Kin-lii' au Haupt nnil Olicilerii, «Iso die Rpviöion der W-rhiiltniss«* 
xum Papsttimm di'dtu i^ucrgitirlitir bi'triobuu werden kitunir. K» muäste 
ihm datier liuciiUcIi znwidor sein, dns^ ^i-izt &n( dem zwibcIicd dem '.M.März 
und 4. August gelidlteneu Rciidksta^ie ku Worms, wosRlbst or nm Kl. Mai 
vun Külii lier ctntnii', von der (.Jcgcupari^M die altt'ii Ucdcnkeii wiedt'rliolt 
wurden. Man verwies dio protostantirtclicn .SUndi> nul' das neue ('uiicil, 
sie aber zogen sich mit der KrkliU-ung zurück, dosäelbo gar nicUt ald ein 
freies anerkennen «n kiinnen, wie os noeli küVÄlirb zn Speyer ver- 
sprochen «lorden; man ver)ixndelt<- nUo nun itber die Bedeutung dieses 
PrXdirAts. Dazu kam die Krdncr Angelegenheit, welche dem Kaiser lianpt- 
säcIiUeh der Niederlande wegen verhassl war; liattc er in diesem ÄCiueoi 
Krblande die kirrliüehe Knhe noch nnfrecht zw erhalten vensncht: so 
«mrde dies faat unmöglich, wenn in dem beuMchbartcn KOlu eine stdcbc 
Umgestaltung durchging. Dort liatlti »r auf der Heise zum lleiehatige .ille 
Gegner des Ktirntr^tciL, die Stadt, d»8 Domeapitel und die Univen^iUt 
pcrsflnliob aufgemuntert und es daldn gebracht^ dass diese nan ihren Kur- 
fürsten und Erzbincliof in Koni zn verkLigen wagton. Die Inquisition war 
gegeu den Willen des Kurfürsten versehürft, und so wurde dieser nun 
Scbmulkaldischeu Bunde hingedrängt, der ihm eifrig entgegenkam und zu- 
pleich eine feierliche tJe»-andt8ch,'ift im den Kaiser schickte, um Bich fllr 
ilio in seiner doppelten Eigeniichaft zu verwenden. IMiilipp vun Ilc»ijcn 
ftiiiwcrte nachher, nicht« habe den Kaiser mehr anfgobraeht al» dieso 
Sendung. In diesem Angenblick stieg Karl's l'uwillc Über die ilart- 
nückigkeit der Protestanten, nm so bereitwilliger wurde der Papst, der es 
jetzt au uichtH fehlen lassi>n wq11U\ Sein Enkel Alussandru FurnesB, 
dessen Uruder, einen anderen Knkel des Papstes, man ndt einer uatftr- 
Ueheu Tochter Karl'a V. verheiratliel hatte, ersehien in Worum und maehle 
alle Ancrbietungeu , siibald sich Ksrl zum Kriege gegeu die Widersipcn- 
stigen entachliciwen wolle. *) Itnhl dnranf halte Herzog Heinrich der 
JUngcro von Uraunschweig Truppen geworben, um sein Land wieder tu 
erobern; Philipp von llHir!;u.'u aber l^siegte ihn nielit bloss, sondern iialnn 
ihn gefangen uoil Hess ihn in Ziegenhaiu bewaelien, worüber delt^t 7.wei 
eifrige evangeliache Fürüien, Markgraf Hans von Cflstrin, der .Sehwitger- 
wthu Heinrich"«, und Kübabeth von Drnmisehwcig-C»lenberg mit ihrem 
Sohne Erich II. Klage tiilirlen. Durch den Frieden mit Frankreich und 
durch einen Aufstand in der TQrkei gewann Deuttichtand plötzlich nber 
diese ein grosses Uebergewicht; doch wurde dasselbe nicht zu dem ver- 
sprochenen l'Vldzuge benutzt, sondern zum eiligsten Waffe nstiUstand auf 
'/t Jahre, noch duzti mit der llewillignng eines Tributs. Auch von 



') Ranke IV, S.377. 



160 *=^"*c Abtheilung. Erster Abschnitt. § 16. 

Frankreich her war eiuatweilen nichts Neues zu heBorgen, da es we^n 
IJoiilogno, welches in Folge neuer Annälieruug au Karl V. von England 
erobert wordeu, »ieh mit dieiseni Lande im Kriege befand. *) 

Somit hatte der Kaiser iiacb allen Seiten freie Hand; für die pro- 
testantische Sache war unter iliesen Umständen das Schlimmste zu besorgen. 
Und nun st;irb auch am IH. Februar 154ti Luther selbst, der Mann der 
nocii bis zuletzt die EvnngeliBrheu nüthigeufalU zusammenzuhalten and 
Feindschaften wie die zwischen Johann Friedrich und Moritz zu über- 
winden vermocht hatte; er schied vielleicht zu seinem Glück, denn der 
Tod ersparte ihm schraerztiehe Erfahnuigeu. Allerdings waren ohnehin 
seine letzten Jahre hinhinglieh verleidet worden, nicht nur durch körper- 
liche Leiden, sondern auch geistig theils durch uenen Streit mit den 
Schweizern , gegen die er sich zu neuer Heftigkeit und Erbitterung hin- 
reiflsen Hess, theils durch Befflrchtungen, welche ihm in der Nähe die 
Folgen der aufgelösten Kirchenzucht sowie (Iberhaupt der ganze nene Zn- 
stand der Kirchen Verfassung verursachten. Von der bischöflichen Gewalt 
hatte man sie freilich eniancipirt, aber schon mnsstc Luther erleben, daas 
Mcluuchthün's auf dem Reichstage zu Augsburg geäusserte BeB0i*gui88e 
in Erfüllung gingen , und dass die neuen Verwalter der Kirclio und ihrer 
Güter sieh gegen die eigentlich kirchlichen Zwecke gleichgültig verhielten. 
Wie oft war das grosse Kivehengut eingezogen worden, aber die neueren 
Kirchendiener Hess man darben;*') die Folgen stellten sich ein. Luther 
selbst litt Noth und beklagt sich oft; bis ir>32 hatte er 200 Gulden, dann 
erhielt er 'i(M). Die apostolische Armntli des Mannes, welcher den Fürsten 
gebüt, mag grossartig erscheinen, aber nicht das Betragen derer, die ihn 
dazu verurtheilten. Im Unwillen über die in Wittenberg eingerissenen 
weltlichen Sitten uud Unsitten,**') die er grossentheils aus der gleicligfil- 
tigeii Kirchcnleitung durch die Juriateui) herleitete, hatte Luther im 
Juli 151.') diese Stadt ganz verlassen, wünschte auch nicht mehr dorthin 
zurückzukehren, auch Melanchthon w<ilUc ihm folgen. Zwar finden wir 
ihn nach einer Unterredung mit dem Kurfürsten nochmals in Wittenberg, 
doi'h reiste er bald wieder ab, und üf> starb er auch auf einer Heise, 
welche er zur Ausgleichung eines Streits der Grafen von Mansfcld in das 
Gebiet derselben unternommen hatte, dort in seinem CicburtsoH Eisleben 
am 18. Februar 154tJ, gerade zu einer Zeit als die durch ihn in's Leben 
gerufene Kirchenpartei von Aussen durch Kaiser und Papst, von Innen 
durch so viele Keime des Zwiespalts und des Drucks bedroht war; und 
wie dadurch gerade jetzt sein Tod bei Allen desto mehr Sehmerz und 

•) Rauke IV, 8.309—77. 
••) de AVette, Luther'« Briefe IV, iw. 
•"j Ualle, Melanchthon S. 140. 
t) Kühler, Luther und die Juristen, Gotha I^IX 



Ltithcr'a TtMl. Bcbuiiilkulilistiher Kriug. 



im 



Bestürzung erregte: so schien ea auch die hald wirkHcli einbreclieutle Xotb 
zu b<3«tAtigcD, (Imb ohne ihn auch die isciolgcu rntblofl nnd haltungslo» 
<]n8t<>ii«'u wünieu , was ilaiiu wieder die Vcrthrung vor ihm bis zur Un- 
gerechtigkeit gygen Ändert- wii; bcÄüiidera Melani-hliioD steigern niasatc. — 
lieber aeiocu Tod und aeißcn Charakter nichts mehr; dass »vine Krad 
niebt );fb rochen , dns» ihm in treuer Arbeit auch zum Lohne bei jedem 
Aufathmen die nnverlil(jbare Ileitcrkeil der Seele geldieben war, davon 
umg utan sich aua de» Briefen überzeugen, die er uuub kuns vor svineui 
Tode batipt^clUicb au seine Prau geachrieben hat *) 



§ 17. Der SctmialkaldiBcbe Krieg und die folgeudeu Ereiguisse bis 
znni Augsburger Beligionsfrieden. 

W. Uaiirenhrecliur. Kml V. uml die deutnolien Pr.ite»lanien Iil5-:i.'i. MH 

Acten aus dcui fpaDieclien Archiv, t>us»eM. isüj. Densulben Studien u. Skizzen 

cur Oeichiebtc der Uefurmatton, Lpa. 1ST4, S. 1^7 ff. 

Im December I54ö war dad Concil zu Tridenl rroffhet worden, aber 
die Evangelischen beschickteu ei; nicht Ihr Ausbleiben bedchlennigte 
ein Btladniaa, welcbca zwischen Kaiser und Pap»! auf secha Monate und 
zu dem Endzweck gcschloasen nurde^ nro die Protestanten znr Anerkennung 
eini-r luatans, au die äic selber so lange appellirt Iiattcn, zu zwingen; 
Truppen, grosse Summen und noch grossere Hechte bewilligte der Papat, 
päpstliches Geld wurde (iranvella anvertraut. In Regeitübnrg war noch 
»nf Anfang l'>16 ein Religiousgcsprüch anberaumt, zu welchem aber dies- 
mal gerade die heltigsten Gegner der Reformation, ein Spanier Malvcuda, 
CoehUHs und ein CarmcUter Billik berufen und mit den Protestfluten 
Bncer, Breutz, Schnepf nnd Major zu>uimmenge«tollt wurden. Die 
Ifetztcreu sollten schwören ^ uicbts von deu Verhandlungen auszusagen, 
aurh gegen ihre eigenen t!ommittenten zu schweigen j und da sie das 
nicht wollten und durften und sich daher entfernen mussten: so hiess es, 
sie seien schuld im d»>r Vereitelung der letzten' Fnedensunterhaudltuig. 
Der Kaiser, von seinem Sohne Philipp gcdrüngt, machte Anstult, sich 
dureh geheime Bfludnibsc zu starken; in Bairrn fand er willige» Gchitr, 
nber es glückte ihm sogar, die Aubänger der Kvformatiou 2U spalten nnd 
Einige der Streitbarsten unter ihnen an sich zu locken, wie zwei Brauden- 
bargisehe Markgrafen, Johann von Cllstrin und Albrccbt von Baireuth, 
bvMnderi) aber duu Herzog Moritz. Dieser, statt sieh bei einer verab- 
redeten Zusammeiikuuft mit dem Kurfürsten von Sachsen einzuluidcu, kam 
nach Iftngeren Unterband In ngen zwischen Carlowitz, dem eigentlichen 



•) Bei de Wette, Bd. V, S. 763 flf. 

Ucuk«, KU«lMAB«>oblcb(e [, 



11 



1G9 



£r8te AbthciluD)?. Enter Altscbnilt. % IT. 



Faiseur, und GraDveUa am 24. Hai 154B persönlich snm Kaiser.*) 
war damalB 25 Jahr alt, sciii WuiiBcli wnr, nach dem Todu üva Krzbiechof 
von Mainz dem KarfUrHleii das SchulzhcrrDrccbt Qber die t>titte Hagd*^' 
bürg und llalberstadt , weluhes immer melir ein fUi^tÜched Amt warde, 
abzugewinnen; zu dieauui Zweck hatte er Bckou tm Jahre vorher beim 
Kiusev augefragt Ca i- lo w i T z hiült nucti du höheres Ziel fQr ihn im 
Auge, einen Oewinn, den Karl V. vorsichtiger Wei»e nicht 7.nfWgle Bon- 
deru nur hoffen lieBS, am ^ch den Herzog za siobern. Sebuu im Juni 
wurde dieauni jenes Schutzreelit zngcsprücheo, er trat in Itaiderlifhä Dienst 
und vurtiprueli den)uücht?l das Cunoi] zu beschicken; nur einstweilen vei 
hiesH Karl, boi MoritE'a Huldigung den damaligim Religtonsznstand voi 
SacltSMi noeh zu dulden. Gleiehzeitig vorhielt aich der Kurftlmt noeh' 
ganz arglot) zu diuben Vurgäiigen , aber schuu lachte der Kaiser bei einer 
Bitte um AnerkennuDg der Besohlüsäe von 1514 and der Äug^bargischei 
Giinfcssioii; ^ehon WHnin drei kaittcrliche ITrore im Aiiznge, und äelbe 
aus ItaiicD bevc'gt<; dich eine bcträchtUcho Truppcuinacht durch Tyrol 
und am 20. Juli 154G sprach Karl V. die Acht Aber Johann Friedrich 
und Philipp HUci. Zur Keehtfertigimg des UrlheiU wurden alle altoi 
längst ausgegliehciicn Oiuge, die Vorgang? in Wurtemberg, die Packscliei 
Unruhen als (irtlnde horvorgesncht An eonetlgen Zusichern Dgen fehlt 
es nirht, und es wurde :tu!)dril{'klieh erklärt, daHs nur Jene Beiden gem^i 
seien. Dennoch nihlten sich aueli Andere mit botrotl'cn, und t)t:iudhi 
schloäsen sieh Ulrich von Würlcmberg und die Städte Ulm, SlraäsbDr| 
Augsburg den beiden bedrohten Ftlrslen an, welche ihrerseits hef 
Gegenmanifest« orüeasen. 

Der Krieg wurde niiu zuerst an der Donau gefuhrt, und es feblt 
den Sf-huialkaldiseheii Verbündeten weder an Truppen noch an Feldlicrrei 
wohl nber an Einigkeit^ Die Menge d^r Führer und Räthe crsehwerte di( 
Bt^wL'gung, statt sie ku fördern. Schä rtlin aus .\ugsburg wtlnscbl 
dringend, die Tyroler Pässe zu besetzen, die Festungen wie IngoUUdt 
Uberfallen, um die Italiener uicht durchzulassen : mau entsohloas mic-Ii nlcl 
dazu. Bis in den NovembiM- wurde mit zi<Mulic]i gleichem Erfolg geritrittei 
durch den eintretenden Winter, welchen spanische und italicnischt; Trappei 
nicht vertragen kuunten, erlitt dsi» kaiscrlirlip Heer gr<wse Verluste; nui 
aber lief die Nachricht ein, das.^ Ki^uig Ferdluaud von ß^ihmcn itud 
Herzog Moritz von Sachsun aus zur Vollziehung der Acht daa kur- 
sflchsiäcliu Land besctj^t hllttcn. Erst kurz vorher hatte Moritz eicl 
viUlig sichergestellt. Am '27. October l.iUi unterschrieb der Kaiser mn4 
yuu Carlowitz entworfene Verfügung, welche die durch die Rcichaa< 



')So Raube IV, Ü. W-i uaeh eiuoiu Tagebuch Im Brüsseler Archiv, Lange» 
S. iTi sagt im Juni. 



Krieg und Schlucht bei Mniüborg. 



16ä 



Uten KiirUodo dorn Moritz vorbttrgt«; dicacr aber SteWUi liioraaf 
ten ftärlisUchpii Laiidtitilndcii vor, dass wenn f^r die Execution nirJit selbst 
QbcniL'litnc, der L'cbcrlAll dv» Köiii^D von Bübtncu m-lbsl für SaoIutiD ge- 
fdhrUrli wonleti kdnnr. Nun sfitzteii ihm die HiLchsisvheu Stadt« kernen 
WidorBtttüd cuigcg^n; Zwickmi, Torgau, Altcnbrng Uesacn selbst Schutz 
ind iWie Religionallbunf; vfrupro^-Iion und huldigten dafiir dorn llorzog 
orit«. iJurvh solche Urtahn'» gcKwiingPO, und da Jlorltz äie\i ijubun 
in Mu^cburi; featzuäotzen auchle, kehrt« Johann Tri e d ric h in »ein 
■^Erbland zurQok; der Ktüüer aber folgte ihm, demtltbigte zuerst die ^roaitou 
^^Btadti- rira, Au^burg, Str;iH»hiirg und lieM »Ic ungeheure Summen zahlen, 
^|pa.rantirtc ihnen aber ihren Religiunttzuätand äUnlioh wie frUhcr Moritss; 
^^and*'re wie Frankfurt er(;,'aben sirli (IbereJlig an vortlberzipheude Truppen. 
Xaib Köln seliickt» er im fcbniar 1517 eine üeäaudiecbuft iu Folge der 
p.tpittlichun Suapenainn nud Absetzung gegon den BiMhof, welche achon 
^^bu April 15-lt) erfolgt war; der toid l'apste xum Nachfolger ernannte 
^^BMfljutor A dolf von äe.haumbnrg wurde gewalttiam eingesetzt, und 
^^■UilUch vensichlct« anch der achtzigjährige Her ruiitun, legte seine WUrdc 
f nieder unil starb lünä. Doch auch der KurfllrFt entwickelte auf dem 
l^^j;euco Ifoden eine glückliche Tltatkntft; ohne Mühe vertrieb er Moritz, 
^Heaetxte deaaen eigene Lande und Magdeburg daxu und nßthtgte den Krz- 
^HUeliof Johann Albreeht zw reslgniren und ihm zu huldigcu. 0er 
^^■Ichsiache Bund der uorddeutachen Städte hielt zu ihm und Ueas duixh 
^^■ie Grafen Christoph von Oldenburg und Albrecht von Manefeld ein 
^^palfsheir werben; aehoii ftlrebtelen andere Nachbarn wie Jonulnm vuu 
^^Irandenburg, der sich enger an den Kaiaor anschlosa. Sogar in Prag 
und Bolimen erhüben airh die ITtraiiniaten, indem aie sieb nicht allein 
reigerten, gegen Sachsen zu Kiehen, da ihre KeUgion»sache ciue gcmein- 
le aei, sondern auch Tnippen aamuieltöu, um den uuehnatUchcn Spaniern 
Icu Durchgang zu versperren. Leider aber gewiihrU- diese UutcrstUtÄung 
piclit den Vortheilf den aie veraprach; aie tAuavUte den Kurfürsten über 
If Gefahr und mlthlgte König Ferdinaud, den Krieg zu einem .Selbst- 
|rh.-iUuHge)kani[tfc 7.u ntcigern. Auf den IbUiand der Böhmen hotfend 
leb Johann Friedrich mit geschwächter liecrcäinaeht Im Sndc» des 
mdius atatt sich auf die Festungen znrUckxnzicIii-n} hier, ala es zu »pät 
fATf sie «(K'.li zn erreielien, holte ihn daw vom Herzog Alba gefillirte, 
ircli Itöhmcn heran gezogene weit «Ulrkcrc kaiäerlirhc Lleer ein, und 
llir«nd er nur -KtOO Mnnu su Fnas und 2*>iK) Pferde aufzubieten hatte, 
ii er eine Infanterie von I7,<mhj nebat U»,0(M) Kcitrrn aich gegenllher. 
He Külgu konnte kaum aui^bleibon, die ScbUebl bei MUhlburg am 
I.April 1MT entHehled gänzlich zu meinen IJngunKti<n. Der Kaiaer liens 
Ebn gefaugeu nehmen nud sagte, als er ihm durcli Alba vorgeftlhrl wurde, 
^er aei reicher ala Cfarialua, denn der habe nur £iucn Vernltbfjr an aeinem 

II" 



1G4 



Enee Abtheilang. Erster Abschnitt. $ 16. 



Tische gehabt, er aber din ganzen Tisch vtiU." '1 AiifanKS wurde dei 
Rurfllnif. -/Jim Tode venirthrilt^ was der lieiditvuUT des KaUflrB nndij 
uiotimrc Prillateu eifrijipit betrieben, dniiii aber uach Abtretniig seines 
Landes diireli die Wittonberger CaintnUtion vom l'J. Älai f.M ewiger Haft; 
seinen Sühnen sollte Muritz eine gcrioKC Rente zahlen. Die Gefangeu- 
schftft hat nieiftt in Iiisiiriiclc stattgefunden , »w üess ihm jcdoeh noe-h 
uinijffii GiHnzj a,lle ilort;t'ti wurde tiidd nn die Annen vt^rthoUl, und 
seinen Maler Cranach Hess er dvrthin nachknmmeu;") er regierte von 
da das Land, da er über Altes f^rfragt wurde. Bald naehhrr wurde nneb 
1'hilipp von Hessen wenn uielit {reiiötbij^t *l»>ch bewogen, üiuli am 1^. Juni 
KU Halle zu erguben und vor dt^m Kaiser Kur Abbitte zu stellen. Wie c« 
dub«! 3!ugegang*>n , ist elreitig geworden. .Sein Sebwlegersohn, jet«t offen 
alH Kurfdrsl d<-äignirt , und J n a e b i m von Braudenbni-g hatten am 
2. Juni d. J. einen Vertrag vermittelt, in vcleliem unter Anderem garantirt 
war, dsss dattt Gesehehcnc dem Lund};rafun nicht zu körperlicher Strafe 
and beständigem GclHngniäS gereichen soUo; aber »ie hatten wohl spst«r 
gehofft, — 60 nach Ranke mid Bnchlioltz, nach welchen die Krzflhiung 
»ich nicht durch Wurlaubstilution erledigt,*") — dass neben anderen ge- 
machten Bedingungen der Ivalser die in jener KrkUlrting enthaltene Con- 
ceseion ^nor oinstwciligen (}erangentu^hafl wieder fallen gelassen, in 
dieser Znvorj<iclit ala^i «ich fdr die Sieherheit des Ljindgrafen verbürgt und 
ihn zur Unterwerfung bewogen. WaliräCheinlich hatte der Kaiser dies 
durc^hschaiit und bestärkt, er benutzte also, — womit auch Karl's eigene 
Worte und seine AufzeichuQugun tibereJntilimuien, — am Tago der Abbitte, 
was ihm der Wortlaut »eine» VersprecheuB ofleu liess, reichte dem Land- 
grafen die Hand, befahl nber, dass er gefaugeu gelialteu werde, und den 
Fürsten Hess er anktlndigon^ das« wenn unr hcssiseher Seits der flbrige 
Inhalt der Capitnlatiou, — Schleifung der Foiitnngeu, Zahlung von Geld- 
summen, Ablieferung von Kanonen, gut befolgt werde: so wolle er auf 
ihre weiteren Bitten dergestalt eingehen, dsss sie zufrieden sein sollten. 
Dieses Verfahren dient wohl zur Crklfirung fdr Moritz's neuen Abfall 
und trug viclleichi besoudoiiit viel bei, den Hass gegen Karl V. in Deutsch- 
land zu vermehren. .\urh Bfihmon wnrdc unterworfen und durch lliu- 
richtuttgon, Kcriceratrafco, Beschrünkung von Roehton zur Ruhe gebracht. 



*) Beck, Johann Friedrich, 1, 2u. Ueber das Haufen seiner Cavaliere 
r. ßtf/: .VAT, ;;. 707. Oalle. Slrlanrlillion, S. 131. HO. 

••) (^rnnach'fi llnua zu Witto'nln-r™ war die Iloffmfton'flehe Hofbnchhand- 
lunft neben rliira Stadthaiiao, deiii Ratbhaoee geKcnilher. en war ein Erbe Beinov 
Tochter, der Frau des Kanzlers Brüok, und soUlc bei desaon Hinrichtung mit 
confisclrt werden. 

*") Rauke, IV, S.M2— »2. Mauronbrecher, Karl V. imd die deutschen 
Protostanten, S. 144. 



Neue Wendung. THdeiit. CoacHr 



^t»i( 



[DigcgeD bliebcu ilie niedersSchsischpn Städte BreniRQ, Braanscbweig, 
Ipdoburg, Hamburg von diesem Scbieksul verachoBt. 
Wir befinden uiiti abenuals bei tihier Wuodnrtg. Die g»nzo Zukunft 
Kefurraation scIhcd in diesem Angenblicko in Frage gestellt, aber an 
Binom vereinzelten WaiftinglQck des Kaisers &olUe aic nicht acbeitem. 
rftbrend der Kaiser hier Sieger und Herr geworden war wie niemals 
, hatten ihn äeine Verbllndeten nnd der Papst selbst wieder im 
Stäche gelassen. Selbatündiges Verfahren dca weltlichen Oberherrn la 
tirchlieliHii iJingen mnsi^te dem Papsti^ viel geTährlicber ergoheinen aia 
die giiDze Refunuation. L>euu diese war ihm nur wegen der Eigeuuulchtig- 
kctt der kleiuen IteichaBtände zuwider, wegen di^raclben Rigenmarht, iu 
welcher tiieh jetzt der Übermächtige Kaiser verbucht« und vielleicht um 
mohr in L'ebnng kam, da sie ihn mit den Ständen anssJ^hnen konnte, 
he Kirehenveräauimluag zu Tiident war als eine fast nur uua Itaticuern 
und Spaniern zuttaniniea gepelzte Synod<t zit Stande gekommen, sie bef^ind 
itch mehr alä eine der friUicren unter päpatüchcm Einflass. Poher wnrdo 
laoh Köpfen abgestimmt, die Legaten aHeiii hatten die hntintive, nnd die 
^anxe vorgängige Berathang fand in den llituBcni statt, üeber Deiitseh- 
id und in Denteehland sollte das Coneil cntdchciden, nnd doch war kein 
Insiger dentächer Bis<!hof, fast flbcrliaupt kein Deutscher zugegou. Die 
torl anwesenden 'flieologcn waren fast lauter spauischo Dominicaner und 
Gelehrte, noch eifriger als die Risch<}fe bemüht, alten atteu Doetrinun neue 
ttdtzen zu schaffen. Daher worden lölG UesehlfljiÄe gefasüt in einer 
Tcisc, dauö ea bis jetzt dem Kaiser nnausfilhrbar Crächeiuöu musste, die 
}t«8tauten, anch wenn er sie besiegt hatte, zur Änerkeunnng einer 
solchen Synode zu zwingen; er aelbfit hatte die Untcrworfeuen tiberall in 
der Lehre, obwohl nur iu liie^er, uubcngsnm gefunden. ÄU er daher von 
den ereten Decretpn über Ansehen der Tradition und Vulgata, Ober Recht- 
Hfertignng und Werke Xachricht erlüelt, verlangte er, dass dergleichen 
^nrenigstens noch nicht publii-irt werden möge, weil »oost jeder Erfolg 
^bach der protestautlscbeu Seit« hin abgeschnltteu sein würde, nud noch 
^pUrkor pnitcätirte er gegen die ochon betriebene Verlegung nach Italien. 
^■Ato nun endlich die prnktiticb kirchlichen und reformalorischen Fragen, 
die dem Papst am meisten zuwider waren und zu deren Verdrängung nnd 
seitiguug er die dogmatischen Satzungen zuerst hatte vornehmen lassen, 
B. über die Residenz der Bisrhöfe und über deren Verhältuiss zu den 
irdinälen, »u die Itethc kamen: da trachteti^ der Papst eruütUuh uach 
luflöaung des Concilß. l'ic cigeamÄchtigc Bürgschaft der Duldung^ ilie 
1er Kait4or den 8uldten f^egeben hatte, erzUmli^ ihn noch mcliri er Ueaa 
jegen den Willen dee Kaiser» im .laiuiar l.'i47 die schon gefaaftten Be- 
:blUti8e bekannt macheu und verlegte dann die Synodo nach Bologna, 
>Ueh wegen Ausbmchs einer gefHhrlichen Krankheit In Tridontf tu 



Kwci 
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1Ö6 



Ernt« AbiliciliiniB;. Erster Alittchnitt. § 17. 



ÜBren Bc9tilti>;iiu>;, wie eioc Nachricht meldft, selbsl Aentto von dei 
Legatou 1n'8tiiclicn wnnlrn. Aurli ncf er »eine Trappen vom kaieerlicbM 
Ucerc üb, weil das ^cclismonRtliche Ritudnistt nh^cluiiri-n B(*i, bi^gÜtislj'gU 
lli^hclIioiLcn iu ibilifuittclitru .Stü*lt«a wie Neapel, Flurcns, Cicnua, woäelbäl 
im Jftiitiar löH Fi<'»fo die l'orin angriff, besonder» den iilteü Ailuiii'ä 
AiidreaH Doria und ileHseu Farailif-, wttlcliu dort <\ha kai3!erlichi> Ajii)i<b>*j 
vertraten, reizte Venedi|^ auf titid schluitö bich on^i' an don »eaen Kaü\ 
Ht'inrirli 11. vnu Frankreieb, aiicli wold weil ihm ein Kaiser vuu uulcl 
Maclit, wie sie Knrl V. jutzl besituM!, pulitiseh wio kireblich ^Imeh läiiU| 
wurde. Uer Kaiser klaffte daher tatet, dH»et ihn der PapHt variaiMen; 
selber werde filr die Uenirii»;; eines alle Thcile bpfriedigondon Ooncil 
Sorgo tragen. Im Ilcire de« Kaittere wardc an einen zweiten Foldxuj 
nurh KoQi wie 15^7 gf^lanhL Sii grooH war damala der ge^euBeiti{ 
UoM, dass der kaiserliche <ic»audtc dajHii denken konnte, sieh der Engeli 
bnrg zn beniärliti^ini. l-nd aU im H(!ptcmher 1547 ilur Soliu de.» Papali 
Ficr Laigi Furuoau in Piai'eiiza, wo er sioli als Tyrann feätj^esct 
batt«', ei-mordet wurde und kniserlieho SoIdat<n von Mailand am» riacem 
bcaelKteu, welche» M'liun mit iVanxOüiiii'bua (jo^andten an^Kcfullt war, hi 
nmn allgemein die Auttieht, der Kainer habe darum gewus«t , weni^t 
aleixcrte d«» KreJfrnisB noch den Widerwillen des aclititityalirigün Papslei»,' 
DcMo mehr Kinigkcit linden wir im Scplembcr dvArtelben J;4iire8 ai 
dem ReichsUge su Aujttjlmrg. Die evangelit^ehc Majoritdt des KurlUrel« 
war gesprengt. Nach dcu ^ieg^en dea Kaiiierii war dait Hetch aut 
Staude, sieb gegen Anerkennung eine» Concils zu erklären; aber nt 
lieber gingen die evan^-liM'-hen Famtcu und Städte dar! n auf d« 
WünHi'lie pin, dass sie mit ihm die vciVKiIit,'e Vei'i^ffcntUchnnj» der iK-erel 
mi»äbiiligten und daAK die fernerhin erklärten, dna Concü uiilbäe aadoi 
zuuautnieugeAetzt oiid andern geleitet und von dem liberuiiUäigeu Einflni 
der päpstlichen Legalen befreit werden , dann seien die bisherigen He^ 
sehlü»:>e nucbmaU zu prilfen; selbdl davon war diu Kcdc^ dass der Knbc 
fiolbeit den Vorsitz flbernehmen aulle. Uierauf wurdo ein Gesuch an 
Papst um S^urtlckrerle^ung iH-scblossen. Dieser lie&s sieh nicht ans d( 
Fassung bringen, er for<lerte zuerst, dass die in Trident zurilckgcbUebun« 
PrUlaten na(;hkonunon eollttin, und fprni'r die Zusage, daas das Reich alli 
bisher Beschlossene anerkennen werde und der Kiuser in der Leitung dur 
\'ersammlnng nicht« ändern wolle. Das Verlangte schien unannehmbar^ 
daher schickte Karl V- am 16. Januar 15-18 (?) Proenratoreu nach Bologni 
welche die Zurllckvcrlegung nochmals und in seinem Numon zur Ucdingui 
machen mussten; geschchr diese nicht: so protogtire er gegen jede ferne] 
Bescblnssfaasung, da er einem C-uncil, wolcliea das Land, dem es Oesvl 



•) Raoko V, S. 10-12. 



j^ 



Das AugsbnrgBr Interlai. 



!•■" 



gt>hf>i) »mU«», niolii liinlniitrlicli kutme, dif dÄzu nöthige VollmAclit auch 
uiclit ztu-rkuDueii ki^uur; or >ifllisl über folgt um- öiin-r kaiscrlirlieii Pflicht, 
wenn er »ich der vum l^npst vcr^ii muten Kirche «nnchme. Aber anch 
die.ic YrtHtHltuiij; hlifii frurhth)», iU*nn »lür L*'};at vi'.rw.*ihri4r sich windpr 
-gegen jfdn wi'lllirhp Ui-vnriuiiuiiuiig iiiner .Synode lü^io neiieti äclii.sinA 

lion er^tTuvt und feierlich »usgcsprochen zu »üin. 

AlU'iii dlngiT Brm li rnthielt KU(;li'io.h für Kniser uud Ki-ich die 
NOthignu^, HiL-h tuiudc8ti-ut! uiuHlwuik'U twUiat zw holfcii. Wah nun de^r 
lUad di'H Pftp»t06 nif^ht angmommm verde-u konnte, sollte der Keichstitg 

Iber dat bieten. )f:iii knin iilao darauf xunti'k, die :ilt<;n mi'hrniHJti lie- 
uitetuu Keturmatiotiüi'utwiirl'e iiucliiuals in die Hand zu nehmen. Zur 
BeratbuDg der Lehre wiirdi^n drei Thuolo^>n berufen, Julius von Pflug, 
jetat BiKchuf in Nanmbtii^, lli'lding Weibbiachnf ku Mainz, and der 
Ilofprcdiger de« Kun'Ursu-u JuAehlni von Brundenburg, JuhiiDU Agri- 
rol:L üud diese brarhti-u einen Lehrenlwurf zu Stande, in WL-lcheu 
ilie Kpchcfertiffung, wie o» l'fing'ä Meiimiig war, nur von Gottes Gnade 
ohne menHchliehe« Venlieniit abgek^tet, die Metwc- nieht aU Suhnopfer, 
nur als Linakupfcr bestiuiiut, Pricstcrehe und L:üenkelch oingerüuuit, äuu»t 
aber ühi^r Kirche, giSttliehe VuptoriUlt der BicK'hi'lfe, nnch des Papatoa, — 
faUti derselbe seine Hiu^ht snr Auferbuuung und uirbt zur Zcr»tdruiig ge- 
brauche, — über üieben bserauienle, TranisubAtautiatit»«, PUrbitte der 
Heiligen, Olanx des Caltn» und Fanten zieuilicb die alten Observanzen 
beibelmlten waren.') Den meisten Antheil Imtte Pflug, ein gütuäüalgter 
Katholik etwa in der KIphtuug Contarini's. Aber selbst Agricola, sei 
Htt aoa Hn)i;eborener iuilelkeit, aci es weil er den früheren ConÜict mit 
liutlipr und Melam-hthon nirht verwinden konnte, hattt^ sich zur Mit- 
wirkung an diuiiem Coinproniiäs verleiten Iai«en. ") So entstand das be- 
rüchtigte Aagsburger Interim, eine Urkunde von *3G Ärtikoln, weleho 
mit dem Altrirn Brgen^tbnrger Entwurf verglichen einen bedeutenden 
UOckflcliritt nach der k.ntholitiehcu ^ite veiTiith und doc^h noch alle 
£igcn4chafica utncr halben Muas^regcl an sich trägt Es galt jetzt, ihr 
Auerkonnung xu verächnnVu. \'nn den drei evangelischen KurHlrsten, 
Pfalz, Brandenburg und Sachsen war die Kurpfalz seil dem Tode Kur* 
fant Ludwig's (16'll) und dem baldigen Regiornngsantritt Friodrioh's 11. 
Aneb der Reformaliuu und dem Sebmalkaldisrhen Bunde nfther geführt 
wurden. Aber nnr Moritz verweigerte die Annahme mit der Antwort, 
dass er seinem Lande den jetzigen Bestand der Religion garauttrt habe, 

*) S. die Auüztigo bei Gieselor m, 1, S. 346. Biock, das dreifache Interiui, 
8. 13—131. 266—3611. 

^) Uelier Agricola und sein Lebcu die Artikel bei Bayle, Erich und 
Oruber, Herzog und in Uei' AJlgem. deutschen Biographie. Cinu Monogruphio 
fehlt noch. D. Q. 




t68 



Ente Abtboiluafr. Erster Abachaitt. S n. 



versprach jertoch, tlbor eine mögliche Vereinbarung mit Beinen Stjnden sa 
untf^rlianüeln. L'nlcr ilon llbrigcu FUi-sttu erhob sich (Uo Römiijchu Partei 
mit iiencm Eifer. Uerzog Wilb<*lii] von Baiem, Jetzt vrieder lUdiirrh ge- 
tüUHcht, (lasä er niclit Kurfftrst geworden war, fragte heim Papste aü, ob 
er beistimmen kOntic, unil da dies nattlrlich verneint wurde: ao machteo 
die Fürsten uutcr seiner Fuhrung vorstellig, dass os nicht zulisGig sei, 
ven schun gefa«9tcn BeBclilUf^sen eine« CooriU abziigehcD, and daas weder 
der FapHt sie uuflicheu, noch der Kaiser wider sie einerhrL-iten dQrfe. 
Allein Karl V. gab ilie Vorstellung der Fürsten znrllck nnd nahm auch 
den Legaten, der um ICinsprneh zu tliitn, herbeige k um nie u war, nicht elietj 
an, aU nachdem am 15. Mai 1.'>4H dies Augsbarger Interim, nnr noeh mit 
Mudilicationen wie dJe, dass es nicht ftlr diejenigen gelten solle, welche 
Ton den alten Ueberliefi^ningen nicht abgewichen seien , vom Reiche an- 
genommen war.*) \hv hatte sich nun das Reich selber geholfen; war 
die« antifllhrbar und hatte dies neslan<l: 8r> konnte Deutschland ein wei- 
teres CoQcil allenfalls entbehren. Zugleich war ancfa vun Pflug auf 
Betrieb des Kaisers eine formuUi reformotimm aufgesetzt wui-den, nach, 
welcher jftzt die Rischöfe in ihren Diaccsen einstweilen die Keformen deri 
(teistlichkeit dnreb Kirchenvisitation, Prnxnozialsynoden, Abschaffung der 
Pluralitilt der Klreheiifiuiter bis zu einein gewinsen Zeitpunkte ins Werk 
setzen sollten.*') Freilich ergalien «ich dabei die grOastcii •SehwierigkeiteD, 
zumal in Bezug auf das Interim »clber. Hilttc e^ durchgesetzt werden 
können, was der Kaiser auch wünschte, der Papst aber sicherlich Dicht) 
daas Alle ihm Folge geleistet: so würden die Protestanten durch diC' 
damit erzielte Annäherung ihrer Gegner nnd die Einigung als solche üeh| 
leichter haben aufricdcu stellen lassen; nun aber bewirkte die ganxe 
Haassregel keine Einigung, Sondern erschien nur als eine den i^otestaaten 
allein, nicht den Anderen, auferlegte Beschränkung, und gegen eine solche 
atr.^nhto sich da« Gewieften der Mehrzahl. Der Kaiser aber setzte gegen 
Fürsten ujid Stildte die äusscrsto Strenge eiu und erlangte von den Meisten 
wenigstens das Versprechen der Eint^hrung. Auch dies wurde theilwciac 
durch Zwangsmitte! erreicht, niiincticu Städt^-n wurden ihre Einkünfte und 
Rechte geschmSlert. Im Volke hatte das Verlangen nach der Kirchcn- 
verbesserung stete den grUästeu Anklang gefunden; der Kaiser beschrünkl« 
an diesen Orten durch Abselznng deä Ruthes und Anstellung eine« neuen 
und durch andere Zusammensetzung der ganzen Verwaltung den Biufluss 
der Gemeinde und stÄrkte die aristükratischen Kiemente durch Begünstigung 
einzelner angesehener Geschlechter, welche »ich meist weniger eifrig der 
neueu Richtung zugewandt hatten.*") Dies geschah in Augsburg und Ulm, 

*) Ceber das Lel)>ziger Inteniu wird in der L#ebrgv8chiühie berichtet, 
") ßnnke V, S. 50. 
•") Ranke V. S. 1(1-83. 



i^^ 



PÖlffeiniwÄflgSnäi^örTnterlm^ 



IfitI 



und Coustanz verlor aetnc ganze reich äst&dtiscbc ünabliüagigkcit Am 
BcliIirDtnDtcti L^rgiiig es deu ovaugclisrhen Prefligcrn, welche sioh glPiolifalU 
dptu int«?rim lUgca üml ihre bisherige' Kvangdirti^in* PriHligt einatcllcii 
sollten. Die Mehrziilil vermoclito das nicht, and etwa nicht bloss sit^bon, 
sondern mau £;iiilto in Suddrulschhuid gfgdi virrlitindni't, welrhr »ich 
mtiist mit Wfib und Kind vertreiben Üesacn und httlflos umherzogen. I>ir 
Eifrigdteu veriangto man auch wohl ansgelißfert nnd hielt sie gefangen. 
Auch Gemitösijrtc wie Bucer, der Kathgeber des Lnodgrateii Philipp 
und zuletzt dcä Knrfflrsten, und Bischof Herrmann von Köln, glaubten 
sich nicht unterworfen zu künueu, gerade weil ihre MäH.sigaog oft von 
den Leidcnarhattlirberen aU Lauhoit angekingt wui-de. In Kurpfalü wurde 
das Interim wirklich eingeführt.*) In Kursachsen erkhtrtc nach langen 
Verhandlnngen auch llelanchthon, ilass einige Punkte, McaBgewAnder 
und Aebulichee belrelTend , wühl uuboBcbadc-t des Gewinsens angenommen 
werden könnten , aber dies erbitterte die Eifrigen selbst gegen seh-he 
AenaacrlichkcitcD. In Hessen masBte von den äöliuen des gefangeneu 
Landgrafen der Versuch der IClnfllhrung gemacht werden, der auch bis 
1649 nicht ohne Erfolg blieb.**) 

So war allerdings diese durch spaniBche Soldaten anfgenöthigte Union 
und Reirhseinhrit kciueswegä geeignet, Vertranen zu dem Unternehmen 
und tu dessen Urheber zn erwecken, öle lies» den mehr auf Deutaehland 
aogo wiese uen KOnig Ferdinand ebenso unbufriedigt wie die eifrig kirch- 
llrJien Stande, obgleich sich auch in diesen KreiBoo wie<1er Oegenhflndnisse 
bildeten. Der Papst widerstivbte nach wie vor dem gewaltsamen welt- 
lichen EiuBcbreilcn, und die nnn wieder in Trident vereinigte ^'»ode, 
auf welcher auch die Protestanten vertreten Bein sollten, gab wenig Aus- 
öioht.***) 

•) Wen'It, r>nindriBB der Klrchenye schichte der lYnlz, S. :ni. 
••) Noch 1.%5'i macht ChHrles nomoalin ileni jüngeren Ijinilgrafen Wil- 
helm von Uesaen ein ifiitauliten gegen Nassau und preist seine patriotischen 
Bemühungen zur llefteiung äefnes Vaters. 

•") Der nenc^to Bearbeiter dieses Abschnittes der Ref.-Gesch,, Manren- 
■breelier, sagt S. ino: .Ein jeder Fortsohrin der RefoniiAiiua in Deutsehlaiid 
war ein i>i«g de« PurticularihiaiiB ülipr die Mowirchie: eiu jeder Sieg diosisr Hali»- 
bnigiarhen Monurcliie über die trennende Fllrstengewali war ein Nerinnt ftlr die 
KerorruHliun.- Darin lag aUurdtn^fa da» VcrhKaguUavolte, daas Alles, wa» »ich 
üla einigende Macht deui Partie ulurl^uiub entgogvusiellcn konnte, der UeformutioD 
feindUch war, nicht nur der Papst, nurh lier Kaiser. IHe InteiesHen Beider 
gingen häufig soweit aunelnandcr, dass die HofTiinitg, die der Eine versagte^ sich 
au den Andern anklammern konnte-, »chlieselieh aber einigten sich Beide wieder 
in dem Widerstände gegen dJR kirchliche Umgeslaltong; auch der Kaiser verwarf 
die vfUligo l,onrpispung vniii l'upBt, und naler einem iidt »panischen Soldaten die 
iCluheit Deutschland» eiii»auiiiH-uhulteDden Kaiser mochte mau utt noch weniger 
[fltehen als anter dem Papst. 



t70 



Erste AbtheflDn«. Erster AliMhnitt & IT. 



Id dit^eem Augenblick ist Knrfllrst Moritz znm zwei(«Q Mftlc uai^ 
diesmal dem KaiMr uelbut untreu gewurdeu. Indum er durch oiue gruss- 
.irtige KatHrb1iee«ting »eine frühen* S(^hiild sälintt^, vaMv or der Uefrui« 
der dvutarhi'U Prutvtilautru. Vud Karl V. mil dem lSxtr.iilJuusr.ugc gegen] 
dir nunigHuuK- uiiil guät-liUAte Htjidt Magdeburg hoiiul'lragt, nüirkte er oeio« 
Mai-lil diircL imuduiHäu uiil uii.'bri'ruu pruleblauliauLeu KUrKtfu uud mit Frauk- 
roich (1562), griff den Kuier an, verfolgte ihn bis Tyrol und ntithif 
ilia vuu ludprui'k »Jicli VÜlarli 2ii llicbt-'u. lu Fulge diostiM |>l<>tzUrki5ii' 
Unincltwungs wurde tVmc Vcr^iiiuiluiig der l''Urst(m und Ivurt'ilrMeu uacli 
PasttHU bfrufeu; und bier vorlangt«» die EvAugi-lisebcu blribcnde An- 
erki'UuHiijr ilirt-r Kircbo, nneli Abgtf8fhen von der religiösen Fragti Aelbei 
und abgi-echca davua, ob darüber finc Eüuiguug uucti zu ötunde kuiuniei 
wllnle, ferner aber «inr nndere OrgaiÜBBtiou des K am tn orger ichtei Lo»- 
gubuug der (lefäugeneu uud AmnuAtie für die Qcflücbleteu. KAiilg Fer- 
diuiiid war diesen FurdtTUugeu iiiibL abgent<igt, aber »ib delinitiv uud^ 
fQv immer zu gewährcu, dazu konnte er seiDeo Brador iiiebt bi-wegt 
weither strb mit den Jabreu immer strenger verpflichtet bi»^It , die »It 
ICeligiun nnd Kirr heu verrasi^uiig aXa eine vom Papul vernacliLitäMigte ii 
Sehutz SU nehmen.*) Nur soviel wurde daher zugestanden , dos« d( 
gegt'uävitige Rrie;; bis zum uücliBten Hi^'ielislngc uufhürLMi aalle, iincli oahi 
uiaii »n, daüH t'allx tkilbtit ilie uiicbKte FrledcnnverliandluHg durcb lleiekst 
odoi' Coucil fdr die Religion kuincu Erfvig habo, der Friedeusätitud seil 
doch noch fortzuselzeu ncl. Der Kiirfflrst war «elioti bei dem Ueberfall 
anf freien Fustt geiietzt, nud uur Küuig Ferdiuiiud hatte auch um di 
Friodenti willen für Muritz ilalün vermittelt, daaa Johann Friedrifil 
ihu aU Kurfürsten auzuerkcnuen vertipraeh. Deuu scliou rodete ii 
Kaiser von Jnbauu Friedriuli':^ Wiedereinsetzung, ^er babo,** lUigtc ei 
^cineu Bilreu au der Kette, der, wenn er itiu Uialasse, Moritz leicht ant 
drucken kunne."'*) KOnig Ferdinand ftidoiTieth; dagegen erhielt d< 
Landgraf, desüen Befreiung ein Hauptantrieb für Moritz's Feldzug guwcMi 
wjiT, sofort Beine Freiheit wieder."**) 

Und jetzt htttte es leicht noch einmal zu Kümpfeu uud Schwankungen 
in alter Weisr kommen kfhinen, wenn nicht durch den neuen und fllnfiou 
franzüaischen Krieg uud duixb das dringende Verlangen König Ferdl- 
nand's nach l':LciftLation Deutschlands endlich lÖ&ä der Reichstag si 
Augsburg herbeigeführt worden wäre; dieser aber stiftete Frieden 



•) Der Text des PanÄÄuer Verlragea In Uortledcr, Vom deutschen Kj-i< 
Tb. II. RtiohS. Steidani lih. XXIV. Christoph Lehmann, Acta pubUca 
orighutiia de pace pubttca etc., Frankf. 1707. 

••) Beck, Johann Kriedricli, 1, S. tll. !2. 
***) Uolier Uoriti's jüheH Knde am II. Juli 1553, zwei Tage nach der Schiaol 
bei Sievärshauson, Uaaronbreohur, ätndiea und Skizzen, S. 3D2. 



Inhalt de» ReligioninfriedenB tob 1W5. 



in 



fDt&rbied sivh ftlr eine definitive BewilligriDg deMen, was zn Psbuu einst- 
weilig angi'nimimfn war. Aiiffall<Mnl genuj;, üam die RRaiegtt'n uiuhr 
erhielten, dir Sieger imr da» Zugt-ftänrlniss, einen Tlieil de« BcaHzv«, den 
tiie Oiktisrb )»c!iou iune hattun, zu buhauptun. Der Augabui^er Rvligions- 
friede von Lrir^'i vrar ein Vertrag de« Kaieertt nud der reichi^nnuiittelb.irun 
r^tände unter einander und gegenseitig, und Kwar zwiiKtien d>--ut Kaiser 
und den nicht refurmircndon StAndcn eiucrseitd und andcrerBeit» atis- 
HTrhlieHHÜfh den die. Aiig^burgisehe ('nnl'e)fsi<iD »nerkenueuden Stauden, die 
Aiclt KUgieieh vuu der Juriüdicliuit i\ta Papäteti nud der Biövbüfe toi^enagt 
hatti'pL. [k-i der Nennung der Augdburgincbeu Conres&iuu war der Zusatz 
b('j*ntrn}ct worden, „wi*' Bolcbe 1530 (Ibcrgfben sei"; allein der Antrag 
fiel durch, selbttt äatdiseu tttimmt« dagegen, folglich war dttr Text der 
veränderten (.'oniosaion, der t'ariala, freigegeben. Der Inhalt de» Ver- 
tragei» aber ging dabin, daa» von der eraten AbthiMluiig dt-r FürDt^'U der 
zveiten defiuiüv eingeriUiml wurde, sie itotitcn bei ihrer Religion ruhig 
vorbleiben^ ancb diejenigen eingezogenen geistUebcn UUtur, welche ulelit 
ReiciisnnniittolbareQ gehörten tmd wolehe zur Zeit de» Passaucr Vertrage» 
und Bpjller nirbt iiH Reidtxc von Oeiütlirhen gewcKi^n itt^ien, behalten, eud- 
lieh abor b!« zur dercinstigon Einigung von der gcintUcben Gerichts Imr kcit 
brfreit sein. lliiTuaeh wni-de aleo (ür die Territorien der Letzteren defi- 
nitiv iitiKgi'i^proelH'n, wait ihnen schim so oft einKtweüeu eingeräumt worden, 
die äuiipensiou des RecblD zur Uetilrafung dea Abfalls vuu der 
tllerarchie, freilich wieder nur bis zum einstmaligen Vergleieh 
nher die Rcitgiuu. Denn dieser wurde abermaU in Aussicht gestellt 
u nd von weiu-reii nur g ä 1 1 i r b e n Verliaiitllnng^tn gehofft ; es gosehah 
jcducb mit der bcstiuimtm Zusicherung, daas auch wenn ^o weitorvu Vor- 
hundlnngcn /.a keiner Kiiiigiuig fillireii sotttcni , »alsdann nidlilii desto 
weniger dieser Krled»tand bei^teheti und bleiben" und als ein „bcstilndiger, 
unbedingter ftlr und für 6Mig withrender Friede anfgericht nnd bettehloasen 
»ein nnd bleiben** «die.*) Nur l-ins wurde hier § IK zum Nachlheü de» 
Korlganges dpr Ftolbrniation vorbehalten: ^„Oeif^tliche Rcichs^tünde, Krz- 
biachibfe, Bischöfe, Prälaten oder Andere geistlichen Standes'*, wciclio ^von 
nns'^rer (de.i Kaistrsl «Iten Religion abtreten**, sollen ihr Krzbtstbuni oder 
suustigc BtTucheion nud damit alle Fruebt und Einkommen sogleich ver- 
Uasen, und die Oapitel oder wer sonst beruchUgt^ ^dUrfen^, — dies soll 
bloss zugelassen sein, — dann sogleieh „eine Person der alten Religion" 
wählen, welche berechtigt sei, in Ami und ElnkUufle ungestört einzutreten. 
Al>gesehen vou diesem rrsenui/uiti ecclesiasttcu/tt erklärt die Urkunde ein- 



*) Der Text rie» ReligloiiBfriedflnn in Gatrtner, Vorp. Jur. eccl. Catholi- 
coruM noviarU t/uvJ per Gfrmttniam obt'mtt, Salzburg \~^~i, I, p. 4i)7. Kanka. 
». a. 0. V, S. 2S4. 3U3. ». Ä. Eiohhorn, IV, S. UV. Gleseler, UI, I, 373. 



11 f 



m\mg. 



facli, da«8 Niemand irgend Einen der Stünde des Reichs von wegon der 
AugsbiirgiT Confession vergewaltigen oder in anderer Weise »ider seine 
CuiigcieuK, Wissen nnd Willen von dieeer Religion und Ccreuiuuicu, so 
sie aufgericbt uder naclimals Eufriciiten möeliten, beaehwercn, 
sondern friedlich dabei lassen, die streitige Religion aber nicht andei-a denn 
durrb cIiri»tUttbe, freuudliebf, friedUcbe Mittel und Wege zu einheUigcm 
vbriätlichcn Verstand and Vergleiebnng gebracht werden äoUe. Demnach 
HPi denn auch nach § '20 die alte biacbüfliclift ^geiHtliche JnrisdirttoD 
wider der Augeburgischen Confession Roligion und Cercmonien, so aio 
nnfgericbtet und nacbmnU anfricbten möchten , bis zur endUeheD Ver- 
glotcbacig dt-r Religion nicht zu exei*ciren, sondern ciuxusitcnen und zu 
aUHiiendtreu**; auch w;ia man ^etlichen .SUlnden" an Kirchen und Klotttergnt 
eingezogen and au Kirchen, Schulen and anderen Sachen angewandt and 
zu Zeilen dee P.iȊ:iuer Vi-rtniges noch ao verwandt worden, soll nach 
§ l'J nicht restjtulrt werden. 

Au» dieaem Inhalt erbellt die Wohlthat des Friedensscbluaaes, aber 
RUi'h der wesentliche Maugel, an welchem dertsclbo litt. I)<>nn nur die 
weltlichen ReicliH^tilnde orhißUen durch Ihn freie Wahl, den geistlichen 
FfIrtitenthQmem war nie ^ehr era^rbwert; denn ohne Jonen VorbcbaU hätton 
sie sich vielleicht Hehr bald der neuen Kirche angcschloseeu, witren muth- 
musalich crblivbe Lünder ihrer alsdann vcrhcirat boten ßiacbdfe geworden, 
l^ur in dem Falle, dass ein ganzes Capltcl sich die Äugsburger Confcseion 
gefallen liess, war eine Vcrändening niUglirli. Darum stritten auch die 
prutestaiitiKcbcn 8tHude so eifrig gegen den Vorbehalt^ welchen sie niomals 
ani«drUt^klti-)i iiiifrkaunten; di>eh liei^Aen sie es zuletzt geschehen, äan» % 1^ 
:itmgetj[)ruehen wurde, wie mau sich hierüber nicht habe einigen kennen, 
dasa aber deuuoc-h König Ferdinand, in dessen Namen der Friede Ähor- 
haupt erlassen iüt, kraft besonderer kaiserlieher Vollmiicht jene Bestimmung 
aufgenommen habe. Wenn forner die üebereinktinft nur filr die reich»- 
nnmittflbHren Stände der bmden Parteien, Für«ten oder Bii*ch»ifo, Reicha- 
ättidte oder reichsfreie Ritterschaft gelton sollte: so warou damit alle 
AnliAuger anderer Confessioncu ausgeschlossen, die Augsbui'giscben Coil- 
fesaionavcrwiiQdteu aber an diese Bekenn tni«Bnonn gebunden, wenn auch 
mit der weitgefassten Cunceasiun, das» sie mit dem Glauben und den Ord- 
nungen, die sie Hutgeriobtet oder nachmaltt aufrichten möchten In ihren 
Uinden, nicht solllen gehindert sein. Für die Unlorthaucn selber und die 
von FfirHten und Magistraten abbilngige Bevölkerung war hingegen (ant 
niehts aiisbeduugeu, soudern sie wurden dnrch das gegenseitige Reformations- 
recht di.T Keiehsffli-stcii nur passiv milbetroffeii. Dies ist der (irund des 
bittersten Tadcia geworden. ') Die niUhsam eratrittene und oft citirte 

*) „Der GmiidsaU von IhtQ: cujus re^io, ejus religio, wnr wJLülcr aufgcnoraniCD 
und nü' iouaer featgestoUt; nicbt Qe wisse Dstreiheit in uosereui Sinuc, sioudcra freie 



BestlmionngeD des Rellg^onsfriedeoR. 



173 



Gevissenftfrpihpit wftr In der That noch keine boIcIio, denn sie giug nur 
wenig^ hiDatitt Ub<T das Rf form auf) tiMn-clit der FUi-ttLoU; dt«) riiterthaiicn 
liew sie iinbefreit, und wenn aticli flir die ovan^elisrhen Torrilnrion, deren 
Volk der neuen Lehre fiist allgemein zugethaii wnr, dietie llcsrhränkaug 
nicht drückend erBclüe»: »n konnte die Anwendung auf die cvaugelJHehen 
Unti'i^t^hfiDeu kathidiseliiT Stilndr- di-Rtii hilrter auftfallen. Ihnen j;ewHhrtc 
der Fritide nur daa ünitaenil »Hiwarlie ZiigistAndni^B, da»» nitrh % H 
denen, welche »ich zu der Itf^ügion ihrrxr katholiFchen Iletren nieht wollton 
zwingen lassen, das Ri'rht der AiiAwandr-riing, nlfU» der j.freie Ahxiig anch 
Vorkanf ihn-r Flah und Gilter gegen Itilligen Alitrag iler Leibeigen«rtiaft 
und Naclisteuer" frei Htchcn ßolle, ein Mittel aUfi, xu welcheu i»icfa unter 
llundenen kanm Elnpr enlttehli^Äflen konnte. t'nd in oiner Neben- 
beätimiuuug vom 24. September*) wnrdr vom K'Wilg Ferdinand nmib ein- 
geräumt, das« wer in den Territorien der geistlichen SUnde, — die di» 
Kaisers und Königs Ferd 1 ii a nd wnrcn iinpürlte schon dadurcli ans- 
gciiümmen, — seit Jahrcu der Äugsburger Coniesaion anhängig gewesen 
nod es noch »ei, von seiner Obrigkeit nicht bedrflngt wonleu, sondern b^ 
seini-ra itlaubcn bts /.um künftigen Ausgleich verbleiben &olle. In Reiehs- 
stSdten , wu beide Religionen vni-treteii seien , sollte nach $ 27 diosor 
getheiUe Zn&tand gleicbfalle fortbesteheu ddrfen. Dagegen konnten cvnn' 
gclifiche Stande prott^fttun tischen ünicrlhanen andnrer Lflndcr nicht tm-lir 
bci&tehcn, daran hinderte eie die allgcuielnc Bestimmung, nach welcher die 
Contrahenten slcli wegen ihi-cs (UaubenH nicht grgenseitlg bcachädigen, 
3rgowaltigen oder in audercm Wege wider Couscieuz, Wissen und Willen 
ringen oder durch Mandat beschweren darftcn. 

Die Wirkung war eine vcrscliicdcne fUr das Ganze des Roichs nnd 
nir die einzelnen Länder. Die Reicharitinde schiedfn »ich In zwei grosao 
Hälften , auch im Ranimergcricht ««ollten beide gleichmüsaig vertreten sein; 
drei tvnrfliräten; — denn Uulimen stand bei dem Kait^er, — beförderten 
noch dies Gleichgewicht. Auch der protostautisehon Hälfte war die Auf- 
gabe nahe gelegt, sicli wenn nicht nnter einem zweiten Kaiser, doch unter 
irgend einer Flcgemonic , sei cä Sachsen oder Prcusäi-n , kirchlich u ud 
politisch enger zu verbinden. In den einzelnen iJtndem hingen die 
i'olgön von der Terriiunalgcwalt ab, und man diirf sagen, dass dem 
Brandsatz nach sich die Dingo bei den Katliolikcn f(lr die Lnterihanen 
InBtiger gestalteten , der Praxi« nach günstiger bei den Proteatanten. 
)icsen nSmlich wai- os au sich getahrlicb, dass unter Ihnen jede Appella- 
tion von der FUratengewalt an eine hnhei-e Inatanz in kinhlii^hen Dingen 
wegtiel, wahrend in kalhoUbcheu Gegenden doch noch ein Recura au die 

Walil unter den ItS'entlirh appiobirten Hekeuntnisseu flir die Landesregierungen 
war gewährleistet" näusser, Geach. der Reform. 8.26**. 

") Gicbbürn IV, 8. I4tl, Kescaurution de« Katholicisuoa in Fulda I9&i>, S. &. 



IV4 



Ente Abthollung. Enter ÄlisclinUt $ 17. 



Bischöfe and d»u Papst ufTuu Mic-b. Dagegen in Pi'axl stcUte stob Atlee 
in den evangellecht-a Territorißn deshalb weit gflustigcr, weil hier die 
Neigung der Bcltun-sclitea luU der der Ilerrsvbcr vjr>) allgentdner 
zwMtnmi'Xitmf. 

Im Goaaninitznstftiide dos Reichs ergab sieh ntis dem Frieden ein bei- 
nsho voUstflndipnr Uebergsng ans der Monarchie in die Arialukratie oder 
in einen RundftmtaAt, wenn nicht M-hon in «'ineu Staatenbund; in kirch- 
licher Beziehung ffthrte dieRcr VVendt-pnnkt im einer DurchfQhning dc'j* 
alten Grundsatzes, Aass die kirchliche Ordnung dur pullliscbeu fulgen 
mtlsse. An die .Stelle der alUm gemeineamm deutschen und bisdiÖfUrbün 
Reichs vrrfns&UDg cratcu eigeiitlieli Überall Territorlalkirchen , da anrh diQ 
antireforuiatortselicMi Stande wie z. H. Baiern sich ilirtt Treue im Uebrigcn 
dnri'h ZHjiL'stiiHduisse un Heehteu wie etwa bei der .Stellcubesetsang vt-r- 
gelten liesäcu, am eutseliirdcusftia freilich auf Lutherisehem Gebiet Wum 
war keiijoawegfl ein hlusse* InicriroiBtieuiD, lUlirt* auch nicht geradehin 
sur Unterjochung der Kii-chc und zur Versclilrchtening; aber ein weiteres 
Stück von Auflösung der Reiehseinheit war es allerdings Und kirehlich 
betrachtet eine Kim^eitigkett, weil dadiireh dem Ueilllrfniss nur xur lUlflt« 
guuLlgt wurde-. In LutliLTischcn Ländern trat der Fürst udcr wer soust 
so unmittelbar an die Stell« des Bischofs, dnss auch die Gemeinde die 
pusi^ive katholische LHieuc;tL-lhing behielt und oft viel schilrfer als unter 
dem Papst von der WillkUr de« neuen Klrchenregimcnls getroffen wurde. 
Die ncno Kirchcnverfassung wurde nur von Oben nach Unten anegebtldct; 
die rrgänzende und evangelisch erforderlichp Oegenwlrknug und Mitwirkung 
von Unten nach Oben, mit andern Worten eine öcraeJLdeverfaHsnng neben 
der Central Verfassung fehlte ihr noch fast völlig. Dieser Mangel machte 
das, was m:in erhielt, gewtt«H uiiv<illk<:>mnu'ti und grossen] Mibsbraudi aus- 
geailzt; aber verwerflich und werthlos wurde es schon in sofern nicht, 
als inUndtsches Kirclicnregiment die Pritsunitiun vor dem ausländischen 
voniUM hntte, aUo mit der Ktuftltirnng der heimischen Kirdienleitung statt 
der »nswiirtigen uud pilpstliehen ein Grnndzug der Rt:foruiatiun gegeben 
und sichergcstt*llt war. Die apecirlle FUrBorge, wie sie besonder» in evan- 
gellsehen Territorien (Iber dio Gemeinden von Oben herab erfolgte, war 
siclier meist hellaam; aber Freiheit der Gemeinden tttellte sie nicht dar, 
und Kreilieit der einzelnen Geistlichen ebenfalls nicht, weit über diese nur 
das Reformatio unrecht der Fürsten erging. Ein einheilKvolluttf nicht bloss 
ideal und abstract «mderu in Wirklichkeit bet^ti-dicudes und auf gemein- 
samem Kechtsbodeu benihendes Ganze einer dcutsuhen evangelischen 
Kirche, wie uinat die kathulisehe unt<^r den dentschcu BischCfen, gab es 
nach dem RcUgioDelVioden iu Deutschtand :iuf protestantischer Seile 
niebt mehr. 



^^ 




i^uellen and UUlfumittoh ülrid Zwmgtn Opp. Tur. S544, aoue vullal. Aiu^. ron 
Schüler uud äclinltheitii, iluutauU anil Idtuinifruh, ZUr. Itiib II'., X iVüti. Vatvini 
Opp. Jmstei. 167 1, Jvtxl iiuu und nurli uuvifliumlut lU FurtatTizuiiK dtiH Corpus 
Reform, ed. Iienss, Baum et Cnniti, 1S03 sqq. Ca.lvm's romnieaLire ^um 
N. 'f. in AlidrUcken von Tholuck, Bernl. tS34 sqy., von demnplhün die Instiintü} 
rtl. Christ Berat. 1834. — Miscelianea Ti/jurina . Turict f722 — 24, HI üoU. 
Fttf »11, HeiträRa ztu- Iärläut<>.ruiiK erc, ZUr. 1741— ä.i, V 'Ihto. Simler, LrkundeDt 
ZUricli 1'6', li Ude. — Ltibt)iisbeeutin!iliUD>;<3i>- i'Haf tjtuituor Reformator. Lutk. 
a MilaneJiih. , JVel. a Camernrio, Ziviut//. it Mycttnio, Ceiv. a Brza, pruef. est 
-Neanäer , Ber. I'>4I. l.elu'o ZwingüV von NÜBPlicler, Zflrich ITTtl, von 
J. C. llesA, Zur 1^11, Kntivriniind, Hrem. ISiii, von J. M. Sdinlcr, Lp?,. I'^lfl, 
voD J. Uottingor. Ztir. tS42. v»d G. W. ROder. St. Uallen \Shh, von Hitri- 
kofer, lips. 1S1>7— <t9. li l'blu. — Leben «Jekulampid'ii vouCHpito, neaeru tjclirit- 
ten TUD Sat. HesB, Zürich iVSS und von Herzog, basel IS4:t, BuUingur'ft vun 
Htf»8. Zur. \'f^fi. li. HuÜer'ii vun M. KircbLufer, ZUr. !•>:!!), Fard'd vun Kirch- 
hofer, II Bde., Ztlr. lS:tl, Üben l.'alviu'a v.,u Henry, Bcri. IS:I5 -38, IlUiflc, 
und v»u dem kathuUactic>n Hlati>rikßr V.W. Kampscbulte: Johann Caliin, 
ulnu Kirche und »ein Staat in tieLf, Ud. 1, Ljiz I*>b9. Dazu: Vüter der reformirtfu 
Ktrohif, X ßdc, Elberf. ISÄ7 — 4i2; auK diuaer ^tlluul)uuf; sind hervorzuboben: Zwinftli 
vun Chrintoffel, iällierf. 1E»5T, Calvin vuu .Stühcliu, II Thlo., Elberi^ litU:«. 
IM« wichti^te allgemeinere Rcarticitiing: Johann Jakob Uotting^er, Uelvet. 
KJruhengeflchichte, zneiüt ITiiS flf., von T\\. III an neu liearl^eitet und TortfceKetzt 
Ton Wir« iitkI Kirchtinfer, ZHrich tfiO«. Ins I.'iZi. Davon im nnternchoiden 
dea glcicboamigcn Job. Jak. Hottin^er Ucncliicht« der tMd^^'enosficn wUhrend 
der KirehcucreunuD^, ll bUc, ZUric-b I^Z». als Fun^etituug vun J. v. MUller'a 
ScbwcizergciictiicLU-, bd. \ 1, \ LI, reiclit nur Uia 1&3I. Neuere kUrzere BeuibeitULt^u 
im ßefunuativusjdmauuvh. Erf. X^Vi nud i\. Sal. Heus, Ursprung, Gang und 
Folgen der Kirclivurcfonn., ZUr. is|*t. DarütcUungcn von Müller und Über die 
Genfer Klrclienf^esch. von Bretschneider. Hagenliacü'ii Vurloauugen U)>or 
dio Refuriiiation in Deulscliknd und iIlt iicliweiz Hind lietfondent l'Qr Bnael wichtig. 
Merk' d'AnbiKiit-, (lOücti. der Uet. in Kuropu zu den Zeilen l'alvln's, deui.-<cliu 
Auajf. Elberl. I >>(;:i— (tt> , IV Bde. — \*tii älteren Werken auHZUzeiebnun: U. llul- 
llngcr, K«f.-Oejk;h-, tternusji,'. von Iluttinger und Vilgcli, Frauenl'. I>;t^, II Hde. 
J. Basnage, Uistutre de la reL des Äglises ref. ä fa Niiye (727. Bucüat, 
Hut de ia r^f de fa Stässe. Gen. 1727, ed. rHiliiemain, IS3G. Berichte der 
ZdtgenüSHen und CbroDikeii 8iehe bei Uiescler. 

Die Schweiz stellte im Anfang dos 16. JahrhuDdurtii aneh ^eschiehtlioh 
die rngU'ii^lihcit und Zcrutllckelung: dar, xii welcher ihre Insaaaen achon 
durch die gewaltigen Krliebuiigen und zalilrelclieu Spiiltuu^en ihres Budens 
mehr noch als die Kinwuhncr llalicns prüdeatinirt erschienen. Aber wie 
diesea zcrschnitteae Territorium trotz seiner VieUUciligkott üch doch anoli 




176 



Erste AbtJieilung. Zweitor Abschnitt. $ Ifl. 



ffiedor von den um^cbeudea grDs»eu Lfiudoru durrli seine natttrlicbi 
BcHrbnlfimlirit Rcliarl' untflrsrhici): ttu ffliltc ea aiii'b dt^m Volke gpgpnllb(*t 
den Nftrlibtirvölkcrn nii'ht hii ciueiu gcBcliiclitliclieu Bnude, woIcUes eii 
gugpn da» Analand za«iAtnmrnliirlL 

Vor Zeiteu sclioii linttvii »«Iir v(^fa<iliicdciic üehieto, alt« tinabl)Sti|cig4 
LaQd^cin('in(lt>ii in tiiixugjini;lir)ien Tliillern wie die drri VValdsUldte, piik 
ÖHtcrrititluHcbt; Sudt Lnzei-n au deiiiäelb<-ii .Scc^ cntfL-rntere OrtscfakfU-i 
wc-lclie tlieiU nobru kircbUchon Stiftern wie Zctrirli, tbell« neben 
liolu'n Bo»itziint^m uinpurgükuitiiiKMi waren wie Bern, »teil in altvu Bnod« 
niaBou lu t,'egcn8eilig^oni Scbiitz bei Angriffen von Anaaen vproinigt; immei 
mehr wai-pn entle^ntir Wohnende herangczo^n worden wie die bisohftf 
[iclie lind t'niverRitats-St.idt IlascI. St'Iinfl'hansen erst 1501, die 8ftToyiBehi 
ätudt FriiLiurj; weni^^ früher; mit »nderen ühnliclieu bestanden noch initttil' 
bare Vt^rbind^ngcn vio mit der eläässi&chen Stadt Mflhlhaunen oder nai^ 
Genf.") 

Schon hatte ee aber auch au innerem Streite nutcr den ICidgcnouoa 
neit dem 15. Jahrhundert nicht gefehlt nesondert* waren die WaldstHdte 
gt'gea die dui-ch OcwerbHelss und fremden Lnxns anfütrebende und in 
sittlicher llinHirrht «(igelluHO StJidt ZUrich eingenommen nnd hatten am, 
1436 Über Toggenburgbefae Qüttir Krieg mit ihr geführt, bei weicht 
Gelegenheit b!« sich mit Oesterreich verbftndeten. Nnr etn oehwacheal 
Band der Einheit bildete die mit der bischüflichcu Verwaltung gcgebeni 
ZasamnieDgehffrigkeit Die Mncht der KrzbiüchDfe von Mainz und Uesanvot 
war Bu pripwtlichv Legaten , welche nieht sollvn auch in politischen An- 
gelegenheiten auftraten, verloren gegangen'^ die Ülschüfe .in den Grensei 
ringriam, welche Tbeilc der Schweiz en ihrf.n DiOcesen rechneten, toi 
HaHel] Constanz und Chur auf der düutschen^ von Latiännne nnd Conio 
auf der welächea Seite, v^mioehten mit ihrer Gewalt, die anch zum Theil 
durch Vertrüge abgekauft war, nnr nnterbrechon einzudringen.**) Daher 
drohten die natürlichen nnd die geschichtlich entetaiidenen Vergeh Jeden -i 
heilen norh ein weiteres ZerwUrfoiss. Freistaaten waren es wohl uWe^ 
aud durch gcmeinaamc Inlercäaen gegen d:iä Aueland zuii.aromengehaUon, 
aber im Inneren sehr vei-aeliieden gearte,t jo nach der (wie noch jetat)] 
höchst uugloicheu Mischung anatokratischor und demokratischer Elemente, — 
Zürich, wo der Adel »elbiit neben die ZünfU> wenn auch als crate, gcslellt 
war, demokratisch, Bern duichaus uriatokratltich, Basel fast eine dentscbt 
Stadt, endlich einftiche patriarelialiselie Zustände in den WaldstAdten.j 
Auch ans den rnteraclüeden der Lage und der Berülirnng mit den grossen' 
Nachbarl&uderu ergaben sich nnglciche innere Verhältnisse. Die äacheron^ 



■) V. HUIIer, IV. S. 109. 173, V, 50. i2. ^ 
••) Hottiuger, Fortiietaimg von Müller, VI, S. 240 ff. 



ficbweizeriitche SÜte itnd Pntriottsnias. 



177 



* 



nArdUvIien und Ostlichen Gegenden, algo ZDrich vor AUcn, hatten sich 
TQloh nod modern entwickelt, dorn naiidcl mit der Fremde, der Industrie 
und Ouram aacli di-r Einwirkung von AnsHnn, der Bildung und drm Luxus 
Iciclit geÖfTnct, ittinüch üasel; dagegen blieben datt sUdliclic uuzugilnglifhe 
Buchtaud und die Waldstitdle itr.hwercr erTeißlibar auch (ür frenide Kildunga- 
elemente; ätilteu betreten und sich »elhRt flberhi&aen verharrten dicae 
Gegenden in der armen Hirten lieb gewordenen Anhänglir'likelt gegen die 
»uch bei ihnen eingewanderten und einwandernden Fremden und gegen 
ilit aoslAndiitche Ilii.Tarchie. 

Und nun uiaehte ^c\i £U Anfang des Iß. .labrhuuderta nuch ein 
besosdoroT UmatAnd geltend In dem vermehrten Verkehr mit Italien and 
in den KriepSMlieiiHtcn, z« welcTien «ich die Schweizer Latten heranziehen 
la«sen. Besonders eintlusBreich wurde der Eifer, mit welchem Frankreich, 
Kaiser und Pa|Mtt bei ihnen, die fOr die beatcn t>u1daten galten, IlOlfo 
snchteu und sich daher um sie durch gegenseitiges Ueberbieten bewer- 
ben musaten. Durch bttufigc Kriegazflge gewannen «ie wohl an Welt- 
erfiihrung, aber selir zum Schaden der alli.'n Einheit ; schon hatten oft, je 
nachdem we hier oder dnrt aU Milizen gewonnen waren, Schweizer gegen 
Schweizer gefouhten; gelitten halte nicht minder die alte Sitteneiufalt 
durch die Uekanntachaft mit auswärtigem Laxua. Die Patrioten beklagten 
die ganze Einwirkung den AnnlandeH als das Verderben der Schweiz. Da 
nnt«r dit- nachtheiligen audlüudlsehen EinßUsBC anch leicht und mit Grund 
der kirchliche von Rum her gerechnet werden konnte: so verbanden »ich 
In der Schweiz von Anfang her ein Ginheimische« Selbstgefühl, ein 
«rhweizeriHcher, d. h. repiiblikani^cher Stolz und Patriotismna und ein 
Verlangen nach ursprünglicher Einfachheit zu einer desto encrgi^ieheroD 
Opposition gegen kirchliche Miftshränche. Bei dem geringen Umfang der 
wenn auch ungleichen Republiken UeHsen sich im Einzelnen dest« raitckerß 
und const-quentere Erfolge erzielen, wührend judoch die TlieÜung wieder 
bevlrkle, dnsd wo ein Uebergcwicht ausländischer Einmischung einmal 
dies« freieren Tendenzen nirht aufkommen licss, da dann anch der Wider- 
stand gegen sie desto durchgreifender und siegreicher auftrat. Bisweilen 
fiel auch in den kleinen Staaten der Gegensatz aristokratischer nud demo- 
kratischer Bestrebungen mit dem von kirchlicher Koaction oder Bewegung 
zuttammen. 

Zuerst in ZOrieh, welche Stadt durch geistige Bildung von jeher an 
die Spitze der Schweiz gcBtellt war, zeigte sich jener patriotische Eifer 
in der Anwendung auf das Joch der Komischen Kirchenher rschaft. Schon 
ror 1S18 hatte der Hath von ZUrioh Prediger begünstigt, welche bloea 
biblisch predigten, und ein solcher ward auch 1.')18 wieder an das Grosa- 
mtlnster berufen und trat Anfang 1Ö19 dort sein Amt an. 



Erste Äbtboiluiig. Zweiter Absubnitt. $ 1^. 



LMriub Zwiugli') war am 1. Jauuai- 14H4 zu WiMIiatis im TuggcD- 
htii^iftrhcD auf liutioti Borgen, wo keilte Tmcht mehr gi^iUtllit,") un» uiaom 
uu^L'üt'liuucii liaucru||;vs4.*lit(:<:litu gvborcu. &*im Vutcr wiir Ammauu uud 
liatti' acht ;äOliiie, seine Oheiiiio waren Cieistlichc zu WiMliunx; auf Schulen 
iu UaiHil und Bvru^ cinu Zi-illaug auch in Wien, Liurauf wietler in Uascl 
KUtMiuuncti mit einem Fnumle Li-o Juilae (geb. 148:2] unter Tliomas 
Wyttuiihuuh, oluem anngezeir kneten Kxe^vten und rtiforuiütü rieche n 
Tiuller des Ablassert und l>iestercÖlibutd, uaterriclitet, hatte er dann seine 
ruhigste ItildutigHzeit Ii'i(f*i hin I jIC. als I'redigtT zu (ilarujt verh'bL "*) 
Hier »tuiUrtti ur die Klassiker, die beilige Si-ln-ifl und diu Vfitcr, und 
unter den KlH^t^ikern i^ehiUzle er Senern und l'iudar am höehüUm; die 
Puuliiiiactivn Urirle ftelirieb er biefi lielbdi utj, um üur einen Text zu 
haben, ebenso etaen Commuutai' au» Origenes und Chryso^touiUH, und 
unter diesen Bi-sthällif^iiugen gfhuif^'ti' er scbou diiuialo zu der L'eber- 
Zeugung, da»8 die reiue Lehre nur aue dur heiligen Öthrilt durch Ver- 
gleichuug ihrer Aoäspi-Uehe erkannt werden köuue, und dass Vieles in der 
Kirche unter dem l'apstthum iinsgeartet sei, denn so iirthcüto er zu einer 
Zeit, aU LucliiT nueli die volle Pietät für daäselbe hegte. Aueh durch 
die Thetluahnie an einem oder zwei italieiiirtclieii Feldzügegi der Glarotfr, 
welche er ala l'Vidp rediger begleitete, erweiterte sich seine Krfalirung. 
^oeh mehr aber ward JCwingli in aeiuer Meberzcuguiig bestärkt, als er 
I5IB — IH als Prediger zu Kloster ICiusiedeln wirkte, wu er mit Leu 
J n d ae die Altt:n , KraMui u« und Keue li 1 i n fortstndirte , und wo Bin 
gefeiertuH Marienbild und vielfacher l'ufug bei den Wallfahrten zu dem- 
selben den »c.hon vftrhantletieii Wiilerwilh-ii ^eg<ni lieidniöclie» (ieprängu 
nur vermcLrcu konuteu. Der Ciegeusalz gegen diese VeräuiMerlicIniug der 
Keligion, die unbedingt«' Auflehnung gegen eine zum (J<itzentlienst und 
Polytlieiauius uuturteU- UeiligeovcrelLrung , die Kntäi'hiedenheil in der 
Dni-cbfillining des MouolheismuB, die llocliftchittzung des rechten geistigen 
Zutituudes und des SelbstgewisswerJciiH des einzelnen Menschen Ober seine 
KrwäbUing aU dea Einen, was Null) thut, ilas Geringachten und selbst 
Verachten Jedes sichtbaren Koislandes und aller sinDÜckeu Trftger und 
Vehikel der Frömmigkeit als entbehrüeli und verftlhrerJsch, — und alles Ab- 
wälzen» auf fremde priestcrliehe Sehulteru, - blieb vun Zwiiigli her eiu 
Gruudzug der schweizerischen Reformation überhaupt. Zu dieser Ent- 
Behiedenheit kam dann bei ihm noch ein bcaoudercr Zug patriotischer 



*) Man vergleiche bau ptsäi^h lieh die ltiogr>iphicen von ('hristuffel nntl 
Mörikorer un«! dnu au^lllhrliehen Artikel in flerr.og'ii Knrykhipädie. 

••) Der iUtesce lljograiili Myconlus bemerkt, auf ilcn Üergeii habe Zwlugll 
anhnuui äiviititatis minni/tit covto firuyirtrftu i'oHlrtt^x'ifst. 

'") L'elmr den Fehltritt «einer Jugend vorglciclie Ziv. Oyp. ed. ScAuter et 
Schulthtss, FJJt Jt-i5. 



Zy/ia$\i's Wirken in Ztiricfa. 



It'.i 



Bchwcuorisi'lier Indien nlioii Qbcj' ilio AbUfui^igkcit TUtn Papste, wL'Iclivm 
rr anfaiigjt piiiitixrli aiigi!lian<reii liattc. **) 

Von grösater Wichtigkeit war scint- Beriirniig nach Zürich; «i ilÄiiertu 
nicht lauge, so wirkti^u auch uliiio den Htaclivif Zwingli uod iler Itatli 
der äbidl xu&ainmen. I»cr Knth g.iU Vt'H) de« Hcfchl, »laBs von jiHeii 
Predigern mir «niifiirli Elvaii(;cltiini und nj)t*hl<»liach<j llrioff. gepredigt vfi'rdcti 
Sollteu ohne Mun84:h<.'n»aUuiij;i:ii, doss aJc iilchU prodigcu dürften, waa iu 
diesen Schriften kciiK^n üniDiI habe. Ini Jolnv \y2'2 baten Zwlngli, der 
in diesem Jalirc t_aiioi»icu» wurde, »uch i'iiie eiftc .Schrift gegen d:w Fastcu 
herausgub**) und lb'£\) suliun eiu pilpdtlieht'i Utdialt jiufgegeben liuUe, — nnd 
lut-hri-Tc (Juiütlielu- üvu Ilisrliof vuu Cuustaux, der hIbo beroItH Schritte zur 
Vorfülgaiig: jcmn- freien I'ndigt getliHii tiabi^n iimcbte, dieHc nirhi ferner 
ux hiDderii; ttic seiüu cnt»ehlintiteu, dns Ev.*iugcliiim ohne rutcrtiuM zu vcr- 
kUndi^eu und wllrdi-n nicht djivtm ublasiten. l'ni diese Zeit suehte aueli 
Iladriaii V). Z wingli duivh »ciue LvgalcM mit Versprirehungeu zu 
gewinnun oder weiUgitteiiH tu begütigen. Ala aber der Biftcbof in aeinem 
WidiTutiiide geg*!n d;iit Vitr^olicn dt-r Zilrichi-r foi-tfnhr und sivM Ulier 
Vcruchluug der altco (.ttrbniiiclie und hi8<;hotliclic» Kcebte bewh werte, 
crkUrtc Zwingli in einer Schrift .-(/«j/««/«//«»,"') das« ur menitcliliehe Vt>r- 
scbriften und allen Zwang iu t!laubeub«9eben verwerfen iüU9su, selbst die 
Aucloritüt der allgcnictni^n t'uncilii'n. L'ud al& nun iiueb die Doutinieaner 
Zwingli als Kct/,cr iiU!«KU schreie» begannen, licas der Hatb von Zflrieh 
1533 sich ti7 Silt£{> vuu Zwiugli ül)ei-geben nud ein grosses K<'ligi<Mis- 
gesprdeb {'2V. Januar liJliUt veranstalti^n, in widchem tlber diese .Sülz« 
dispuLirt werdeu HoIltt>. 

Welch' ein Unterschied zwischen diesen Thesen und den um sechs 
Jabre Alleren Luther'»! Von einer bi'slimmU^^n ätiille aus drang Imllier 
damals in daa prutcstantisehe OUiubcusgebiet ein; Zwingli llbrrsali es 
jetzt schun und besann sich njrht, das Streitige uaeli all'-^n Hichtungen 
aur .Spraidic zu bringen. In Zwingü'st) Thesen gebt der IJauptgedaiike 
dabin, dass Christum allein die Khre g-egebcn werden muss [i. '2. 3. 4), 



*i Lather's .Sclirfftcu hat Itwin^ti frfllixuitig eiapfobleii, ohne vun ihnen 
abhioidfc werden %n wollen; er erklärte (ieuiseiben uaehlier, das» er keine Ver- 
liindunir mit ihm gesucht, damit ilor Welt klar werde, nie das >V:dirc an 
ver»cUit!ilenßn Urtea unaMiäugij^ erkannt \v<^rden iiiHs<m>. Kr solir<.>ibt Iä2(l au 
Myconins: talhtrri nunc fere nuHa hujimus, ul yu<ic viitimus hacteuus, in 
äüclruia evaiujeliea Hm* patainui crrarc. Scis hie si «ncinincris . qua ma,väite 
iflnm f/ratia commendaviriin , quoH scUicct ttut nvn tcvil/us lejflibus ftrmet. Siehe 
riitt, KialeUuu}? in die Auguatana 1, .S. I2&. 

•*J Vuu »rkiesen und Kryhcil der .Spj*»en, Werke L 

*•*) Apo/ut/itiius ArctitieU'S. Opjt. iÜ , p. 26. Die kurie christl. Vulmluag 
vom Nov. 2A, Werke, I, S.MI. 

t) Von Text derselben theilt üieseler mit Ul, I, & 153 ff. 

vr 



180 



Ernte Al>ttaeilung. /.weiter Abscbnitt. § Is. 



dass an i)in und dus Kv-angelinm sich .in7,u9chlk>B3«n da» K\ne Kotliwcndi^ 
iHt, and tlaäs deninacli alle Ausprilcho (lor Hierarchie auf das Kvrlit, sePtst 
noch etwas (tber iln» ETangelium hinaus docretiren xu ddrfen, und auch 
die BefugDiHS ihn^* DazwiBclientreU^ns uud ihrtT Mitout&i-heiduog als An- 
uiassong, Unöinn ihu-aniafi 10. 11) tinil Lftätprung det« allt>inig(>n Hohen- 
priester« Cbri»ti zu betrachten Bind. Wicdi-rhohing den c\u für aWomnX 
geschehenen Opfers Christi in der Messe, an welchem Opfer Christi das 
Abendmahl nur eine commemoratto und ein xit/i/hm redrmti&tus prr 
nirislUM exhibitae darbietet 118), kann daher uieht sLittlinden ; damit 
fallen gänzlich dahin die Haitigenverehrnnv, da er der einzige Mittler Ist, 
das Fegefeuer, welehes nicht aus der Schrift ätamrot (57), die Knu^chtsehaft 
der SpeiseA'erliote, Halten auf Tage, ,\bzt-iclii'n und MeBägewäuder. Von 
einem durch die Ordination erworbenen Charakter weiss die heilige Schrift 
nichts (ßl); keine Sflndenvergebung ilurcli MiMiachen, da IJott allein 
verzeihen kann |50 — :i3), kein Verbot der Khe, da Ootl die Klic nicht 
untersagt hat,*) keine geislliche Obrigkeit, da vielmehr nnr die weit-' 
liehe von C'hristtis anerkannt wird (Itl. :i.'>); ihr steht ej4 zu, den gött- 
liehon Willen darehzusetzeu und Keelil zu sprechen Über Leben und Tod, 
aber auch der widerrechtlich Bedruckten sich anzunehmen, selbst wenn 
sich Niemand bekiagt i:l4^:t9). I»ic6e letzteren SiWze enthielten zugleich 
eine llechtfertigunjr für das poäitivi; EiuBt^lircitcn der weltlichen Obrigkeit 
in Sachen d«r Religion, also fftr deren Vollnmclit, das als cTaugeliseh 
Erkannte gegen Druck und l'nfug zu rirhlltzcn und aufrecht zu erhalten. 

Zu dem OesprÄche hotte Zürich alle Eidgcuossen eingeladen , auch 
die Bischöfe von Chur, Constanz und Basel, aber nur Srliatfliausen und 
St Oalleu schickten Abgeordnete; die Bischöfe erschienen pboufalls nicht, 
nur Einer Hess sicli dnrch einen Vicur Kabor vertreten; sonst al>er waren 
Hbor JiOO Priester und Dociorcn zugegen. Schon bei dieser Gelegenheit 
ergab «ich» das« die Vcrtheidiger der alten Lehre, inshcsondera der Messe 
und lleiligenverehrung, ihre Meinung nicht zu erweisen vermochten. 
Namentlich vermirhte dies Faber, der Vicar des Hiachofft von ('unstant, 
er veranlasst« dadureJi Zwingü zu eint*r ausfuhrlichen Erlftuterung seiner 
Sfttze in der Schrift ICrfilanatio rirticu/ofinn : dieselbe war zuerst dentseh 
abgefaast, lateiniscb von Leo Jndae,**) welcher I52:i als Prediger ao 
St Peter in Zürich augüstcUt wurde, nachdem er 1519 — 22 an ZwinglT« 
Stelle in Einsiedeln gewirkt hätte. 

Einen ähnlichen Eindruck machte ein zweites noch grösseres ReUgiou»- 
geeprAoh vom 26. Octuber 1523 unter dem Vorsita von Schappelor 

*) Zwiagli verbeiraüioto sich 1!)22 mit einer Werzigiiihrigcn Wlttwe Anni 
Reinhard. erklUrte ibsr Beino Ehe, die Viele gegen ihn eluuahui, erst 153 
Uffenüich. 

") Zwingli'« Werke, 1, 8. 169. 






Dritte Deputation ia Zttricb. Erfolge. 



181 



fWatt aafl Bt. Galteu and HnfniBiater aua ärliaffhanaen, in welchem man 
sieb Ober die VerwerTlichkeil der Bilderverehrang sovio darüber vereinigte, 
il:i8s ilic Mesar kiMii OpU'r nci, dar* Abnidmxlil ab*T nur als Zpichpn der 

IEriimernng an dim Tod «.'lirifttt tintl als Ciiesel de» Glaubens diene, also 
'nicht in freuidtr Hpravhe^ uicht siib utia specte, nicht ßlr Geld und noth- 
"Wendig mit ungetiäucrtoui Brote bi>ß:an{^cii werden müsse. 
Nachdem noch fioc dritte Dijspiitation im Jirnuar 152I voranstaüflt 
iworden, ging der liath auf eine L'iuKcstHttun}^ de» Ciilln» und der Kircben- 
verfaHHuug unltr ZwingLTti Lnltting i;in. Ohgleieh eit dabei wühl nickt 
«n Widerstand fehlte, wurde die Reform in Zürich eigeutUeh »chun 1524 
und 1.^20 viillendet Der KhIIi willigte ein, daHit die Bilder antt den 
Kirchen genommen würden, und ohne Tuualt wurde dies uuter Aufsicht 
^vun Zwiugli, Leo Judae, Engelhard nnd Kwölf Mitgliedern des ßathed 
^MUrigeftlbrt l'roocssionen , Frühuleichnamsrcät , Beichtgcld , Weihwasser, 
Lichter, letale Oeliuig u. A. wurden abgeBchaffl, die Ketiquien begraben. 
Uer Rath genehmigte I52ö die Aufhebung der Messe und die UeruLellung 

Idee Abcndmalils xu/t ntraque, welches am grünen Donnerstage 1525 zum 
ersten Male auf eine einfaehe Welüc mit herumgereichtem, gebrochenem 
tind nngefiäiiertem Brmlt und Kelch gefeiert wurde.") Auch machte 1524 
beriuudciit Leu Judae den Aniaug mit dner Uebersetzung des Alten 
Tefltanients, und schon 152'J ksm zu Zürich eine vollstJtndige Ausgabe der 
deutHcheu Bibel zu Kudu mit Lutberi^chem Neuen Testauneut, in welchem 
jedouh nachher gehindert wurde. Ilt» zum .labro 15^14, ehe in Deutschland 
die gaiuo Bibel vollendet war, wurden in Zürich schon fUuf Ausgaben 
der»elben veranstaltet. 
^^ Die« Alles gesehah ohne Schwierigkeit, In kurzer Zeit war der 

^BCuUus vereinfacht; ebenso rasch gelangen die Acnderungen der Verfassung. 
i^Ja» Capitel der Ilaupikirclie in ZUrich begab sieh in weltlichen Dingen 
, unter die inUindische bürgerliche Obrigkeit, wcicbo auch die Ehesachen 
Ibnmahm (wie bisher d<T Bischof von Contttanz), und es verpflichtete sich, 
LUoTtig AUS Seiner Mitte TfaiTor nud Lehrer zu berufen ; die reichen 
'rübcuden nullten naeh dem Ausst^-rben der damaligen Inhaber künftig 
lujij Besten des öffentliehuu Unterrichtes verwendet werden. Die Klöster 
,'urden ebenfalls vom Halbe eutwedur etugCKugen und dann ithnlich Über 
ihre Liilter verfügt, oder äic Stellleu sich freiwillig dem Hatfae zur Dis- 
)OEiition, wie das Kranmflnster von seiner Aebtissin Eathartne von 
Zimbern Übergeben wurde. Aus den gewouuuueu Gilteru konnten nun 
iHclinlcD und eine Vuiversitüt begründet worden, für welche man Kenner 
Ider alten Literatur wie Conrad PolUcauus tu A. herbeirief. Zugleich 



•) Ket. xVIiii. von ittltf, p. 57. 
") Eine glciohu-itigu Beschreibung da». 50—61. 



182 



r.rt(tf> Abthoilang. Zweiter AbBchoItt 5 !>!. 



erInVtt 1537 Hie '/AMohtr Kirche erapn positiven Eraafz für lüp anfgohobrnt 
biüvliöfliolie Kirchonvi-rraäsuuj;; dnipli die Ue-stiiiimnug ImlhjfllirUi'ber «11 
^niii^inf^r Syiioilon lulmlich w.nr wcnif;»timtt riii Anfniig j:rtt^<'lii>:n zu ulni 
tri'k'ii kin-liUchcu Vrrlaswniis, welche nicht eo vflllijf wie die der neniM 
deutsfli-protcutflotiflclion Kirclii« dnr aiiMrlilicsulichrii Leitung der wrltUeboi 
8taat»br»iDten unti'rlic^cn 8')lltc. 

Uiose neue Ordnung;, mehr .iIri> nur Am {'nltn« und der VerfsMiinf 
uIh dtr Li'lirr, für wt^lcliu lt!tztt-re nur Auf dif.^ Xurm der liciUgPu SiTbril 
verwieaeu wurde, olnie da«8 diTcQ Auftlcgnnjr whon durch irgend ein« 
^tifcntliidui Brkliimne liaiilirt oiiiir dirijart w<»rdcn wjlro, — und mit ibi 
Zwingli'» loitf-qdcr KintluftH li.ittt-n in den nJI(^li»ti'n .lahn'n in ZOrich 
vorerst nocb diosolbe (icfabr eu bcstchon, welche durch Karlstadt uni 
dPH Banemkriog die dent^Rhe Ufiforrnation brlr«!', nJlmUch die Gelalir dt 
wiud«:rtaufc ritte hon Ufbertreibuug. 

.Schon 1524 zogen fanatiscbt* Züricher, wekhoii Zwingli und dcwoi 
biblisch normirte Vpri:ilirnn};«wpin(t niclit gonflgti', Conrad Urebol m 
einer der angi-sehcuslen Familien, aber von laxen Sitten, mit llii 
W. Roubli, Felix MauK, Juli. ßrOdlein, xahtreiche Genoväen an aiel 
die eine neue Kirche (larzustellcn meinten mit verwirklichter Uoiligkel^ 
aller ihrer Mitglieder und darum Nirmniideu »uruebmen wullli-n, nl» wt 
selbst die Zuvenicht habe, dans er ohne Sünde eeL*) — ..l'nd Du willfit 
auch dazu gehcW-L-n?" fniKlc Zwiugli den Felix Manz, ab dieser ilii 
zum Ueitritt einlud. Ite&tiirkt wurden sie durch T h o tn afi M II n z e rj 
welcher um diese Zeit auch iu die Schweiz kam, und besonders dttrel 
einen Pfarrer R al t h. II u b m e i er In Waldithnt ; dieser erhob sieb zui 
Haupt einer VolkHpiirtci, die unter Hcrufung auf die Schritt, welche vol 
der Kindertaufe nichte wisse, auf die Wiodertaufe drang, zugleich 
mit zunehmender Scbwännerei auch politischen Umttturz hi» zum C'omroi 
nisnina betrieb."} Ucr Rath willigte auch diesmni ein, daas am 17. .lanai 
152& zuerst im Ralhbaiiaei und dann Öffeullich in der Grosi>manr)terkirchi 
Zwingli mit den WiedertÄiifern iliBpntirte , und zwar mit gutem Erfol| 
denn 06 gelang Htm ciiiteuchtcnd zu machen, daatt die an Kindern roll 
zogene Taufe tiU gflltig nnd nnwiederholbar nnd aU nicht zu verz^gcrod« 
Eintritt in die Kirche fortlteüleheu mÜAäC. Zwiugli hielt zwar eine Geist« 
mittbeitiing aueh uhne Taiifart l'fir milglieli und cbeut^o einen Taufaot uliot 
Geisti'riinitthcihmg, aber er erklärte cn fflr eine Pflicht der Kirche, aio! 
ohne Aufschub die Christenkinder, die ebeufalla erwilblt seien, anzuelt^i 
und einzuverleibeu, wi« die Kirclie des Alten TePtamenta dasselbe ai 
Allen durch die Beschneidiiug geübt habe, und in dem Bundeszeichen utii 



•) Vgl. Hottinger. ZwiiigH iimi seine Zelt. 2ö^ f. MOrlkofer, 1, 9. 2H 
") ZKintjUi Eienchus onUra Culiibainistas , IJI, j/.3ö7. 



ZUrIch geeen die WieclertÜnfer. Basel. 



IA3 



der BUrfcechafl fQr (las Auff^caummen- and V^erpflichtetwrirden ditrr.li die 
kirchliche Gemeinschaft fand er die Bedentnng der Tanfo ansgeilrdckt. 
Auf diew- Ctrilnde lija «ardt? denn jimih die WiHertaufe vom Ritthe Iwi 
Btreiiger Strafe verboten, und die Tanfe ncKt Tftge nju*li der (ieljurt de» 
Kindes blitib vorgescUrU-bcu. Als ucli nau dur Fanatismaa der Ver- 
nrtheüton biorjregeu nuc!i steigerte, — sie verbraüiiteu ihre Bibelo, »pioltcn 
mit Puppfo und TannSiitVIn zur Verwirkliehnng den Sprunhea: „werdet wift 
die Kiuder", wfirft^u die Kleider weg, ein Bruder achlag dorn andereu, 
der ea ala Clottett Wille vfilangte., den K«»!»!' ab ik dgl-, aie lehrten den 
Werth dtT v^m .Stimte ganz scihstsilclitig und (telbetgeHillig losgerissenen 
FractioniMi: — da wnrde jrtzt nebon die Todetwlrafe gegen die Wieder- 
täufer verLiii-;! nnd zuli'-tzt 1527 auch au Dreien, damuter Felix Mnnz, 
in Zürich durrh Ertrilnkeu vcdizdgeu. Hubmeier ward im folguuden 
J*hre in Wien verbrannt. Anf Zwingpli und die Züricher' aber hatten 
dii'*c Vor^'ftnfii' eini'ii ahnliche» Kiiiflufis, wie die Wicderl:hifi_'rei aiifh auf 
die deutsche Reibrmation zurück wirkte?, sie wurden zur Älässignng und zu 
desto gewissen linftercr Ansc hl i eMail ng an die heilige Schrift bewogen. 

l'üd dicHc so in Schranken jjehJiltcne Reformation suchte nun Zdriob 
uueli den NHchbarrantoncn annehrolirli zu machen, zu welchem /jweek« 
Zwingli seine Verbindungen mit bofreundetvn Geistlichen derselbou 
benutzte , wenn aneb mit eehr ungleichem ßrfolgo. — 



§ 19. Fortgang der sohweizerisohen Bewegung bis 1529 in Basel, 
Bern und andern Orten. 

Ea gehQrt su den KigentbUmlichkciten der achweizeriachcn Kirehcn- 
reform, das» sic^ bogdnatigt «lurch die i^elb^tändigkeit der einzelnen bttrger- 
Uchen GemeioweBen und einmal an einem bedeutenden Orte durchgedrungen, 
mit Sicherheit ancb zu andern fortrücken konnte. Die Stadt Basel, 
ftchou nicht mehr in den Bergen, soudeni am Rhtfiu in der Ebene gelegen, 
welche linkn in das ElsasH, rechts in da» Dreisgnu auslAuf^i früher deutsche 
ReicIiHdtadt, dabei 8itz einee Bidchnfa, Itu Anfang de^ 16. Jahrhunderts des 
Behr geachteten Christoph v. Utenheim, des Be^ehfltzers von Jakob 
Wimpbeliug, seit dem Beginn des Jahrbundorts auch dem Sobweizer- 
bunde angeschluSÄOn, — war a«it der grossen Synode noch zu allgemeinerem 
Ansehen gelangt; sie hatte durch Bewilligung des alten Agenten zu Basel, 
Avneas Sylvin«, ;ils ilieser P.tpst Pins II. geworden war, eine Uni- 
verslUlt erhalten (MtiOK wo 1174—7^ Reuchlin gelehrt hatte und 
tiumaulstischo Studien fortgetrieben Wui'Ueu, wo os jedoch auch an Gegnern 
(Icrftclben und blinden FVennden dea Papstthnms nicht fehlte. Gerade hier 
fiel dieser Gegens^^tz zusammen mit dem einer aristokratischen Partei, 
welcher der Bürgermeister Mcltinger vorstand, und einer demokratischen, 




die voD deo] Bürgermeister AdAlberg Meier geleitet wurde. Der Uni' 
Ter»)tftt kiim aurh di>r OnwerbfleiHH der Sliult »u Cuto; schon I4ß2 beita&H 
eip fluo Driiokerpi, bald mehrten «i'^Ii hier gelehrte ßnchhfliidlor, anch 
WL-gen der ausgezcirhnctr.n PapicrtabricatioD, und unter ilmen ist keiner 
hvkaaatrr geworden al« der Fr»uke Johann Kroben. iSchon im 15. Juhr- 
hundert wtird»^n in ßanel zehn Auttgabea der Vulgata and des XicolauB 
V. Lyra gedruckt; auch Ktinstlcr hlithtou wie Uans Uolbein (1498 bis 
155't). Oiesr Ertliche Omist der Mn*Hn zog auch FlrAiimnit si'it 15H 
und hUiibciider^ 8rit lö22 dorthin;') überdies bemilhte »ich der Bisrhof 
als Kanzler der UaivorsitAt, ihn den damals bewiindertHton Gelehrten vom 
eurupiÜMehem Rufe Hilf alle Weise au&KU2ctehiieri. Neben Ihm halten 
andere Lehrer ein eifrige» HibolBtudlum in einer noch praktiseheren Weia© 
befi^rdert wie sehou jener Tboma» Wyttcnbach, der Lehrer Zwingli'ft 
frflher Pr<if(iaBor in Tilbinfren; «beust» lehrte hier 1512 bis Ut'2i) ein 
EUä»9er, Wolf(;aug Capito il-17>i^löll), welcher nach l;'i2.3 in Strasa- 
bnrg gelebt hat; and wie dieser selbst im Hebräischen wohl nnterriclite 
war, anch sonst Polyhistor, Ooctor der Medicin und der Rechte: so zo 
er eiucu im Alten Teetament noch crrahrencrD Manu nach Basel , Joh» 
Oflkulnmpadius,") 1482 xn Weinsberg geboren, einen Schaler Rcnch- 
lln's und Freund den viel jllugereu Melauclithon von Tübingen her, wo 
er 1^1*2 mit ihm zusammeu sLudirt liutte. Oieser Oekolampad, eigentlich 
Hnssgeo (Hausschetn), sollte der voruchmsle Reformator Basels nod Mit- 
arbeiter Zwiugli's werden. Seit 1515 und nach einigen Unterbrechungen, 
— erst 1520 trat er bei Augsburg in ein Kloster, — bleibend seit 1522 
wirkte er hier aU Prediger niid Lehrer. Fräher hatte ihn Krasmus sehr 
geseliittzt und sich von Ihm bei seiner Ausgabe des Neuen Testaments im 
ITebrJlischen unterstfltEcn lassen, bald Hess er ihn als xu weit gehend 
fallen. Dagegen trat derselbe mit Luther in Briefwechsel und in ein 
VerhlLllniss grosser gegenseitiger Anerkennung, welches längere Zeit 
dauerte. In den ersten Jahren iudeBä vertiiochte Oekolampad DOcb 
nicht viel und wurde wiederholt, durch Bischof uud Universität beaohrJlnkt; 
noch mehr widerfuhr dies einem heftigeren, von Meaux nach Basel 
geflüchteten Franzosen Wilhelm Farei aus der Dauphin^, geboren 1489. 
I'isputationen, wck-he dieser und Ockolampadius 1524 Über Evangelium^ 
Rechtfertigung und Cölihat nntcrnahmen, waren zwar nicht ohne Erfolg, 



4 



*) Worte des Erasmns, als er Basel verliess: 

Jtun Uasilita pale, qua non nrbi altera muius 
Annis exhibuii gratiux hospitium ; 
Hinc prccor omttia faela tibi simul Uluä , EroimO 
llospes Uli Mt-uHf/uam tritlior attvenial. 
") Uortog, Lobou»geschicbtc Oekolniap., Basel 164.1, desselben Artikel In 
der EneyU. X, S. 633. 



Bm«I Docb unentHobieden. Bern. 



186 



K 



über sie fttlirteu nocb oicbt vio io Zürich za Aendcrangen der VerfaMtiog, 
Tieloiftbr wiirdf- F.irf I aiiagrwii^tteD uikI Of^kolaropadiiiH' tSrbrlFlpn fltplltp 
msD Quter »treui^e Ccii&ur; l>iB ji-tist blieb <1Ir coDservntivo Partoi de» 
Uisrliofa, Am b^raKiniiH und i\pT LTuiversiUit im Debergewicbt gegen den 
Tbcil dt« RatbcB uad Volke», der mil Ookolatnpadiiu wftitor greifeudc 
RoformeD beabftlfhligt«. 

Aucb in Burn*) warvu anfAn^H die Parkien aebr gellimU. Born Mar 
wieder ein gan^ nudrrr .Staat, weit vernchißdcD von dem doniokratisrben 
gfwurbäuitiHigL'ii Zllricli und vun dür bi&r)i<tf Heben iiud üuivrnitlillK-Stadt 
ttaael. Ah;;ofiond«rt von FKläsru und grossen iätrasacn dt'rt llnudclA sowie 
de» guistigi'u Ncrki^bm, überhaupt wie cinu Burg vor gewaltigen Gabirgs- 
ketton gelpgeo, bildete dicsn ^tadt seit Jatirliunderton ein GemeiDweeea 
unter eubtelütMlcncr VurherrscIiaTt eines rilterlicben Adels, welcher in der 
Umgegend der ätadt und in der Stadt selbst grosse Besitzungen hatte. 
Die Ritleräcliafl hielt sich die Ziluflo zwar durt*haiiH untergeordnet, dtand 
ihnen aber doch nicht gerade schroD' und feindlich gcgeuUbcr; viulmebr 
wurden beide durch gleiche Ucschsnigungen, Ackerbau, nfltbigcnfalU auch 
Fehden, und durch vt-rwaiidti' Bildung uder almllchu Gleicbgtlltigkeit gegen 
di«se friedlicbor zusammengehalten, unter einer freilich vom Adel ausgebenden 
Zucht. Diener „ Militarstaut**, uhuedicH halb ruiuaulscb , war nun wie 
I<ieuerungen , au!«liindtt4chen Einwirkungen und Itildungfelenienten (ItyFr- 
faaupt abgewendet, su aucb denen der Refurmatlun aufaugs keineswegs 
gflastig, wenn auch der Bi»cbof von Lausanne hier nicht allzuviel Ansehen 
genow. Aber „erst geht es an uns", halte der Vicar des Bischofs von 
Constanz Faber gesagt, „und hernacli Über die Junker**.**) Dies Wort, 
erat in unseren Tagen in Beru erfüllt, hatte dort scliuu damals bei den 
«Iten edlen Oeschlechtern viel Widerwillen gegen die Reformation erregt 
Die Einladung der Züricher, an ihrer sweiten UiHputaüou vom Jahre 1523 
Theil zn nebmeu , ward abgekbut. Doch bildete sich nun auch hier eine 
Partei , welche für Reiuiguug der Kirche und des Gottesdienste» ein Herz 
fasste. Der Ralh selber, — er „wusste wohl selbst nicht**, sagt IJundes- 
liHgen, „wi« viel er damit zugestand**, — hatt« in demselben Jahre vor- 
geecbrieben, das» das reine Evangelium und nur was Jeder daraus erweisen 
könne, gepredigt werden solle. Drei Prediger machten eifrig Gebrauch 
von dieser Uereohligung: Franz Kolb, seit 1512 in Beru, der auch 
gegen das „Reislaufen** predigte, Berthuld Ualler ein Sehwabe, Alters- 
genosse und Freund Melanchthnu's auf der Schule zu Pforzheim, seil 
15 IM iti Bern, welcher auch einen viel älteren Berner, den Prediger 



') Vßl. Unixlosliagen, Contliet« des Zwtn(;]l»iii»inus, Lutherthums und 
Calvinismus in Iturn tj:t2- 5^, Bern IH'i. 
•*) Hund«Bhageu, ConOicto, S. 15. 



186 



Entd Äbttiellniig. Zweiter Alisdinltt. $ IS. 



Seil. Meyer (geb. t465) fUr seine Ideen gewann, llinpu schloasen siolii 
Kinige vom Adel an, wie ein Propst Nie. v. Wattenwyt, Hai, nnd der 

4'iiillus8n-irln' Dichter und Maler Nif. Munuel. Bald wnrdeo dleai* ge- 
iliiUIot, bald gedruckt, b«ld ZngcHtJindniHHO gegebou, buld znrftckgczogen 
so Qocli lh•2'^, wo verhetruthctc Pricüter abgesetzt werdnu sollten; zweimal 
wui'ilc HalUr im kleinen Kiitli zum KxU vorurtlieilt und zweimal itn 
grossen Ilatli, — dies zöigle aclum das Verhilltnia», — loBge«proohfn, dann 
auch Fegefeuer und Austritt aus dem Kloster freigegeben und mit Znricli 
unterhandelt. 

AeJinliolip irnglcirlilieji mit zuurlimeudeui üebergowicht der refor-j 
mirenden Tendenzen lien-achte In Mühlhausen^ in Riel, äcbaffbauaeD, 
ÄppeDzell, Helb>^t in St. <>allen.') Am vigcuthUuilichiitcn ward viel- 
leicbt in CJlarus ffir beide l'arteien gesorgt, da hier der Priester und;^ 
Historiker Valentin Tschudi mit seinem ndfer der eiuen Partei evanJ 
gidiAch predigte und bei der andereu die Messe hielt. 

Auder« dagegen befeitligten sich die Pinge schon jetzt in den alten 
Urcantouen, deren Einwohner, scblichtc ElirtcD und Jäger, unberührter toi 
analändiseheu ßildungHtüenicnle.n geblieben nnd darum keinerlei geisUgfii 
Eintlnsß ala dem ihres Kleras ansgesotzt, diesem auch jetzt in altem Vor? 
trauen unbedingt anhingen. Hchwyz, Ijri, Uutrrwalden und an ihr«] 
Spitze am meiste]) dem Nordosten zn gelegen Luzero, noch abgelegea« 
als Bern Freiburg, dazu Soluthnrn gehören in diese Reihe. Leiditei 
gelang es hier, die erste Kunde von Luther und seinen Thaton in Vor- 
urthcile gegen ihn und diese in heftigen Religiunshasa zu verwandeln ; 
anch sonstige HivalitJlt gegen Zllrich kam hinzu, als dieser .Staat unt«r 
Zwing li'« Anfulirnng Lnther's Erfolge so sehneU noeh UberhoUo. Ib. 
allerlei Spott und Anfeindung, Caricaturen, Verbrennung im Bilde ftuwoi 
sich anfangs der Ilass, aiif^h in .SplimJthsrhriflen , von denen bei Woitcioll 
die beirtbendstcii und witzigsten dt:r Strasaburger Franziscaner Thomas 
Mnrner, welcher sich damals als Prediger In Lnzcm snfliielt, verfaast«; 
sehou t.')22 erschien sein Buch: „Von dem gi-ossen Lutherischen Narrri 
wie Ihn Ur. Muruer beschworen hat,"'*) Vielfseho Aufwiegelungen gegen! 
Zürich und Zwiugli wurden in'a Werk gesetzt, besonders tn den noch 
nnentsfhiedenen Cantonen Bern und Hasel. 

I>ic3 war etwa der Stand der Diugc, als im Jahre 1536 Eck 
ZnetimutuDg des Uerzogs tou Buiern in die Schweiz kam nnd Zwioglj 
zu einer Disputation her au «forderte. IHe meisten Cantone intcrestdrtoi 
sieb sehr datUr , mchl weniger die noch schwankenden , uud fast Aili 
holhen noch etwas von oiner geroeinsamen VerhandUing, welche sie jU1( 



•) Hagenhach'a Vorlesuujfeu, n. S. W ff. 
**) £iue Ausgabe dicact* Schrift von ü. Kurs, ZUr. IMS. 



DUpntation zn B&den. Bern. 



187 



bmchickten- Diesmal lat ntin Allttrdings eiu der Keformation gflofttiger 
Elodmck nicht dnrc1if;(''li'iii]^0D. !->k und Zwingli würden nicht fiiiis 
abpr drn Ort; F.rk wllnrtrJilr niclit iiarli Zdrirli, SrIialThnntieii oder St. (JaIIpii, 
Zwiogli uiclit narli Lazeiti udcr lladcn zu ^ohen, wüU Keiner sich liei 
dem Andern fUr Ktclier liii^^lt. Allein unter UetheUiguiig fmt alter Cantone 
wurde man j;leii*hwi>)il vinig, im M:ii lö2(> eine Disputation zu Baden 
Im Aargau [Aquae Helveticac] z« veranstalten, welche 16 Togo hiudurcli 
UQtt^r grossem Zulauf von allen Seiten gehalten wurde.*) Die HauptHtreiter 
von der einen .Seite waren Job, Eck, Joh. Faber und Thomas Murner, 
von der andern vornehmlich O e k o I n m p.-i d i u 8 auB Hatte) , M i; r t hold 
Halter aus Hern, Ludwig Oe^chBli aus SrtiafTbausen. iCwiagli selbat 
war die ßetlirüigung von ZUrieh verboten worden, nud so unterhielt er 
nur durch Briefe, welelie Thomas Plater trug, die Verbindung mit 
Oekolampad. Kck hatte zit tiuiiHten der TranaifuhHtantiatiuu, des Meait- 
npfer», der Marien- und Ileiligcnverehrnng, der Milder und des regofcuors 
Theaen anfgeidellt. Man «tritt — namentlich Krk und Oekülampadins 
— hanptsÄehlieli über die llfili^euvcrelirnug; ilallcr war Jlngätlich, Ueko- 
lampadius »ehr ruhig, und so schienen gegen das Knde die Vertlinidiger 
dersi^lbcu und überhaupt des älteren Ztistandes die Sache besser vvrfuehtcn 
sn h.iheu. tlatler iintl andere evangelisch Gesinnte reisten schon vor 
doiD Ausgang ab. Man sprach über Zvriugli und Oekolampad den 
Bann aus und forderte wogen des Letuteren die .Stadt Basel auf, ihn in 
Folge davon abzusetzen und aufzuweisen. iSwlugli ward, weil er nicht 
erMhienen sei, von Hnrner als feige seine Bache aufgebend ausgerufen 
und vc-rurtheilt, die Bolen der zwölf Orte dankten dem Herzog von Baiern 
fllr die Sendnng Eck"s und baten Zllrieh, Zwingli's Verfahren niclit mehr 
zu dulden; in den Unterschrifleu erklärten sich von den Anwesendon nur 
10 für Oekolampad und 82 für Cck. 

Folglich hatte diese letzte Vursammlung nur die Gegner der Refor- 
mation bestärkt; sie befestigte und vollendete schon l.'')26 den ßrnchf 
welcher beiualic, wie er dich schon damals entschied, auch bis in unsere 
Tage sich erhalten hat. *•) Dies wenigstens in den fünf alten (.'antonou, 
denn Zürich und die ihm anliiugen, Üessen sieh auch ihrerseits nicht irre 
machen; in den noch getheillen Cautouen hiu;;egen nalimeu die kirchlichen 
Bewegungen und das Wacbstlium der evangelisch gesinnten Partei in der 
Btlrgerschaft ihren Fortgang und endigten meist mit kirchlichen und poli- 
tischen Reorganisationen. 

In Bern dauerten diese bisherigen Schwankungen noch zwei Jahre;***) 

') Ausnihrtiche Beschreibung bei Wiedemann, Eck. S. 2(i6— £t>. Herzog, 
Oekotam pädia s. II, erstes Kapitul. 

••) llotiingcr, Komet lung von Müller, VII, S. fl:(. 
■•") Unndenhagen, ConHicte, S. 22 ff. 



188 



Ente AbtheUun^. Zweiter Abachnltt § 19. 



1527 aber Betzto die vermehrt« MajorltM drr ftlr die KirchenTerbMsemiig 
eiugeDommoDVu und mit ZUri«")! iu Verbiudung stellenden Bflrf(er ün grossenJ 
Itatl.e znuAch^t die poiitiMrtiK MndiHratirm durrb, duA die U'aIiI der MJ1-| 
glii^ilcr da» kloiueu Ratliv« ibui dt>m (croüt^m Kathi- gusotzUrh UberLragt<aj 
wnrde, und nun Helen die Wahlen dei« kleinen ItaÜiea so aoa, dtM xi 
Anfang ir>2H gni^tter und kleiuer Katli aidi euUicIiluaäeii, nacb dem Bej- 
Bpiole ZUrieU'g eiuu L'ibpuUtiou zn gestatten uud dazu einzuladen (ti.Jauuar) 
Vergebens mahnten die ftlnf alt^n Caiiton« ab, ebenso der Kuurj 
uugvbetiru V'erüMmnilnng »clbst aus den Nacbbarrauti>uen , aus Schwabei 
und Baierri ritriimtc z.UHauinieu, alleiu :i.')0 (ieit^tlicbe, unter Iluien aucUJ 
Zwingli aus KQricb, nacb dessen Zulassung sowie nacb dur vorher« 
gegangenen polttisclien Umwjllzung man den Anagang Hclxjn faat vorher») 
wissen konnte. Aus Uasel er^cltienen Oekolampad, ana ätra^burf 
Capitü und Bucer auch Farel, auH Bern Haller und Kalb, welel 
lehn Tlicsen, gnuz im Sinne der Ziiriclier, über Kirche, Mesac, A)>end' 
mahl und CtHibat als Gruiidlagpo filr die DiBputation aufgestellt hatten. '] 



•) De sc^uaitihui OtnffiifUmibHS nos Fram'i/cHS Kolb et Birchtotfin, 
Unller. amho pastorrs Efc-lcsinr Bernensis , simnl cum nÜis t>rthoili>xiae prt 
fessoribus »nicuiifiic rutioncm retlihinut, ex scrij'lis liibHcis, Feteris nimirnm 
iV. Testatnciiti (ibris, tlie rietüfuato. nimimm primo post tlomimenm primnm circHmA 
cisioHis, anno MDX.Yf'JJl. 

L SattCin christiana ecciesitt, ciiiiis titiicum cayut est Christus, nata est ex 
vrrbo, m eoquc pcnnanel, nee vocrm audit alitni. 

n. EecUsia Chrisli non eotnUt leges rl mandatxt extra Oei verbum, en prf>ptfr' 
omniis tratiilionex hMtnnnae, quaf Eeclesiastteas vornnt, non ulterius nos ohlüfant, 
quam ffUtttenus in Dei verbo sunt fnndatae et prtu.ceptae. 

III. Christus est vnica sapientia, institia, redcMptw et satisfaciio pro pecct 
totius muHili: itlcirco aitud salutis et salisfacticnts merttum pro peccaio cvnfitt 
ett Christum abnegare. 

tV. Quod corpits el satiguis Christi essentiaÜter et corporaliter in pane EhcI 
ristiat percipiatur, ex Scriptura Sacra non polest demonstrari. 

V. Missa, ut htidie in usu est, iti qua f/hrisftis Deo Patri offertur pro pet 
lis vivorum et mortuorum, Scripturae est ettntraria, in sanctissimnm saerificium^ 
passioHfin el murteut Cfuistt blutphftnn et proyler-aUnsus corain Ilt-o HbominahUis^ 

VI. tjuemndmodnm Vkristiis s»Ihs pro aobis mortuus est, ita etiam sötus 
mediator et luli'ocalus inter ßeum Patrem et uns ftdefes oHorandtts est: iä^t 
atios mediatoret extra hatic vitam existentes ad aäorandum propoture cum 
d«uienfo verbi (lei puffnat. 

VIL Esse locum post hanc vitam, m quo purffenlur anitnae, in Scriptura 
reperilar; proiu iimnia offieia pro mortuis instituta, ut vif/iiiae, missae pro de 
fuuctis, exequiae, septimae, tri^esimae, nnniversariae, lampades, cerei el id gern 
utiti frustntitra sunt. 

Vin. Jrmiffines fabricare eultus gratia, Dei verbo^ Veterts et N. Testameni 
Ubris e»mprehenso repugnat; idcirco si sub pericuto adorationis proponantur\ 
aboUndae, 

IX. Xatrimonimn hhUi ordint h^fminnm in Seriplurn inferdicttim est, st 



Ziiricbor DiaputadoD von 1526, dureu Erlolg. 



189 



,Die Relipon**, sagt Hottinger, ^h»tte die WiBaenBchaft in Bewegimg 

gesetzt, ans dem Vcrdn** beider io\\\f die Politik ibro Ricbtung vmpraiigcit.** ') 

^^ Die Cittgnor waren nur twhwach vertreten, zuuinl da di^^ fünf Cantone, was 

f ihnen aucli noeli schadete, aU ihre AbmAliiuiiij^n unbeachtet blit^beii, zuletzt 

den Ibrigeu die Theilnahme untersagten, und da ebentto die Rtsehi^re auf die 

■ Einlailitng weder oelbst erschienen waren, noch Vertreter geschir.lct hatten. 
Aus Solntbnrn, Znlingeu und dann aus der Zahl der Berner i'riestor und 
Mönche traten Einige auf, aber wenn aicli dann ergab, daiM sie kein 
^ (IrierhlAeb und kftin Uebräiscb verstanden, worin Oekolampad »eine 
^P StUrke beaaiu: hu wurden sie Hcbun dafür, — so beBehroibt eit Etuer deir- 
selben bei Hottiuger, — arg verspüttet. Nielit weniger als 18 Tage 
dauerten die- dentKrhc>n Verliandlnngen, dann fulglen noch 3 Tage lang 

I lateinische, und sebon lieȊ uiau Zwiiigll auch in Uern predigen, wu ein 
Pricatcr in der Kirche gelbst iu Folge dieiser Reden sein Hessgewand ab- 
lehrte. Ein Baseler IK-cau warnte umcIi vr>r »^iner zu raftcheu Entscheidung, 
über die tlbrigt'U VorsitTSfinden erklflrtun, miin «ehe jetzt deiitlieli geung, 
irie ea am die Religion stehe; daher wurde am 3. Februar zuuilclist Über 
die Bischöfe BeschluÄs gefasat: „Wir st'^llen", hiess es, „da sie allor Mitten 
nngvaehtet von der DisputUinu »usgeblieben sind und ihre Scbäßeiu wohl 
geschoren, aber nicht geweidet haben, ihr eigennützig Oewerbe ab, und 
wir und unsre Nachkommen wollen ihntm nicht mehr pfliehtig seilt" •*) 
Üecanc und Pfarrer wurden daher ihres Eides gegen die UiachBfe fUr 
entbunden erklärt, von nun an sollen sie ihn der Hogiemug sebwOrcn; 
■ versieh weigert, wird cutlasseu, Messe nnd Bilder werden abgeschafft, 
^ Qber das Gut der Klüster verfügt die Regierung; die Klöster »oUtn aus- 
sterben und Doch lebende Geber kircbliebcr Dutatjonen kennen diese 
znrUekzieben; Pric«terehe und ['ntyrlaüHiing des Fastens sind erlaubt. Ein 
^m Consiitorium wurde zu^ainnicugesetzt aus Predigern nnd Mitgliedern des 
B Ratbcs, welclie auch die Kirrbenzucht verwalten sollten. In der Stadt 
war denn auch die Ausführung dicker Verordnuugen leicht, im Borner 
Olierland aber kam es bei ftlculnrisirurig des Klosters Interlaken und 
nnt*T Einwirkung von l.'nterwalden her im Ilaslitbale zu einzeluem Wider- 
stand, welche l'nruben jedoch durch achnelles Einschreiten von Bern 
kttfi anterdrückt wurden.***) 



»ewtaUottii et imjiuriiatü tiloNttae canta ommurn ardinum homhtUtus praeceptum 
et perniissum- 

X. Uuiii mamfestus seortator iuxia Srriptvram excommunicandut : Sfguitur, 
sfortatiuuem itul imjiurum eoi-tihainm projtler scutuiatum nnüi orHini hominum 
mugis ijuam saarJotali äatnuosiim atsc. 

') Botilnger, Zwhigli und seine Zeit, !>. :)7a. 
•*) Uoitioger a.a.O. .S. a"ö. 
"•) Vgl Qagenbach, Vorleaangen, U, S. 187. 



t>ip9(> VorgKiigc wirkt«n duun auch auf B:tHL'l zurück.*) Auch hitr 
wnriMi zwar Eraamuit unil die rnivtraitSt ixicli itninor fOr (Ipd BUcliof iiotSj 
iVxv alto Orduuog der Dingi>, ebenso ein grosser TlicU dcü oU^ri'Umc 
sufliiinmen gesetzten Rathe», deaüeu Verwitndln die laliaber der goiatUrkie 
Stcllcii wiireii; nbcr im /^uneliuK-n bt-fftud sieh eiuu der VerüDileriiaK 
iifigtc VotkitpiirtiM. Man batiii 1525 KraituiUK um ein (jutachti'ti gebeten,^ 
abvr dir» war all/.u — Enisiuiach nus^eruUuii, C8 laittelc niif Abwurtea b» 
Kiitit allgiMneinpn ('oncil; ScIiinüliHi'IjrifV-ii sollten nicht gi-diildct wcrtjou, 
allt- (icbrituchc fortbeHtt-hi.-ii , diiiiebt-n wurdiMi ciiiKflm- Zugt-ätSiiduisHe gr- 
iiiacht wie 152ti d<'r ßfsaiiß ileuteohcr Pitalnieit. |)aK uAotisto Jahr 162 
brachte d»iiii z;ih1n-:it?b<> Bc^wi-^miKfii und cni.-fll'H'ht- [tfr.itbunp.-D unU^i 
deu BUri:;vni; dt-r Hath, wolchi^r hier um an ^'Ibittändi^or Imiiihdu lausdl 
da der Bischüf vim BattrI Chr. v. Uteuheini in deiu^-Ibcu Jahre s 
hielt sich fllr vprpflirlitft, ('nru)ieii und ZuÄnrnnienrottungiu »u verbietrü. 
Nach der Burucr Dittpulutitfii aber wuchä duu Preuudcu dur iCcfurmatioa 
der Muth. Der llath wollte es anfangs beiden Parteien rochtmaehrn 
eigoitiuMehtiges Uilrterstflrmru bntte fr mit Gpfau^eusehnfl bestraH, gab 
aber niiu auf Bltli-u dif Gffangeut'D li>» uud hiuute iui April Ib'iti e 
datrt in fünf Kirrlicn die Bihlr^r weggenumnifn, die Ilbrigeu »her, d 
die AIt)£hiubi};i'ii »ueb i)jn*u Ootte»dieust auf ihre Wei»«- halleu ktiunlen, 
nnverflnilert gelrtfweu werden (tollten. Allein die VerbtiUnijwe wurden 
sohwierijifer, die halben Miuu»* regeln unhaltbar, im Febrnnr 1529 iiöthi^e 
etu Aufitlaud zu t^iner durrhf;reiftMideu polttiKelieu uud k Ire li lieben Um- 
wälzuu^r. Gegeu 2< KKi Bewaffuete fübreu K;iiiüucd auf uud furdcrn binnen 
einer Stunde kintdebeidung; jetzt wird oline Weiteres verlangt, da«s alle 
Gegner de» reiue» Wortes üulte» und Verwaudle der Pric«ter ans ilrm 
Rathe austreten sollen. Ullrgcrnieister M i-ltiuger und Andre outHuhen 
auf dem Ulieiue; die Üihier wurden aus den KiiThen gebrochen und vur 
dem Münster Aufg<.''h$uft, als Brennholz an die Annen vertlieilt oder ver- 
brannt nud am M. Fehniar 1529 eine neut^ Verfassung gogonseilig bc- 
scbwureu, dnreli welche den Zünften tnchr Antbc^il an den Wahlen ver- 
lieheu und die Macht dt« grossen Ratlies itusgedchnt wenlcn sollte. Vom 
folgf'udeu Tage an wnrdeu die Bürger einzeln auf dtese Bestlmninngcu 
ventiiligt. 0er Bisehof w:ir todt, AQiü Naclifolgt-r konnte äieh gar nicht 
einmal fi-stsctxen. Uas Domcapitel begab sieh nach Preiburg im Breisgau, 
ebenso viele Mitglieder der L'nivcrsitilt, unter ihnen auch ErasuiiiSj 
welcher aber 15:15 zurückkehrte uud iu Basel starb. Ockotarapatl 
wurde Dompredrger, nach ihm Myco n ins; evangelische Lehrer wie 
Urynacua wurden spater auch an die l<niverr«itüt berufen. l)t;r 
Rath unter dem Namen: «wir Adelberg Meier, kleine und grosav 



') Uageubach, 11, 8. IM) AT. 



Die Rcforni »legt. Zningtf nnc 



jUther. 



191 



Rätlie 8aoimt den Znbotcu", erüeas 1ü29 uocli eiuc Rofunualiuiisüiiliiiiug, 
tu wnirlicr IT crkt:trU\, etait diT g< itttlU-hi'U ObfTcn iiiiniTicbr »i.>ll>!4t die 
maiiiiigfuelir'ii alten Mis^briiuchc abstellcit zu luUtiscu, luid doiugiutätiH 
VonubriftfD gab (lb«r ilin Zabl der Pfarrkirclieu nud tlirur GcistÜrlien, 
Über Kewttage, Abeudmabl, Kirchcuztieht, dazu scbi- stit-UKo Veronluiinm'u 
llbiT die Sttteu. Für die Kht'&iiclit'ii wurdf uiii Klici^ericht atin zwei Ofj»t- 
licheii^ drei MitglicdL-ra dui kleinen aud zweivii dr« groftscti Rathea 211- 
BiituiiieTi(;eHi*tzt; die Sti'afen des liliebrHehä sulltc» Bieli von dir Absi^tüung 
bin zur Hitiriebliiiij; ätoigurii. Zur BciiifHicliligung der Giiitdliflii-u wrrdi-n 
ExaaiinatiprpQ angei^ttillt, swei bis drei UoietUohe und ein oder zwi*i Mit* 
glivdttr deii grü»!k-u Hatlir», wolrlit! jülirlicli luf zwei Syintdru »lle Pfai-ri'r 
veriiamnxtlu und «lurt allr Aergeruis&c, au<-1i v/an 6le an einander zu tadeln 
hatte», b4:iiprci;ben ehiIUi-u. 

Alles Bishtirigc war, wie vs üivtivA Land uiil )4io)i brarhlc, tdiiit- Iteiehn- 
tage nnd gtüsso poUtiiin'lir- Vi'rkflirungeu, dureb Predigt mtd UlMpiitatlna, 
durch Volkswilleu und Knti«t-hlit>situiii!en der fltJidti^cheu Pnhrer «•rreicht 
wordr'u. Da» uiniual Üo»eLkisiicne abtT gelaugte radcb und unbesclirünkt 
xur Ausfillinnig, der L'harakler der neuen Kirebe und ihren Cultut> wurdt* 
im Wi»eotlii'heu schon jetzt uifenbar. Das Zusnmuen treten der drei ge- 
nannten pölitlHoh und ;in Itildnug hKleiilentUten Hl,'tdtL' Zürich, Uerii und 
Basel ^gab der Kcfurmalion iu der Sohwels einen daiierudou Halt." Aber 
vor Gefabren war sie dadnrrb doch noch keineswegt« gesichert. 



§ 30. Zwingli und Luther im Verbältniss zu einander. 
Ende Zwingli's. 

Uteratar: Zeller, Vm tliitül. Syatim Y.wiaf^Ws, Tllb. IK.VI; .Slgvart, L'. Zw., der 

Charaktctr »einer Thenkigie u. h. n., Scutl^. u. Uamb. IS^ä; Ilundeahagdn, Zar 

(liarakteristik U. Zn., Sind. u. Krit. innj; .S|Mtrri, ZwingllAtndiou, l^ti^. 

Wir wullteii die ganze Kntwiiktnng der Üoformation heaonderR aU 
eine Frucbl der Reife betracliten , welche die europüiacben Völker im 
Hechzebntcn Jalirbiniilrrt nnter der Krzieluing der Kireho gewonnen hatten. 
Gegenwärtig »teheu itie urbeu einander in auHgebüdeten Nutioualcbarakterenj 
Sprae.beu, Literaturen, Verfasanngen, .Sitten, tind mau mag ea der Be- 
»chrAnktbeit oder di^iu Huohuiutb Uberlasden , iu dieaein Kcichtbiim der 
£utfattung nichts als SUnde zu erblieken; denn K-ide sind Feinde lebcus- 
ToHer KigenthilmUclikeit und Freiheit und vermögen nur auKuorkenncn, 
was ihnen homogen isL Wer im Waehäthum von Geist und Leben und 
Bildung ein Zunebmeu di*^ Reiches Golu^s 1:11 Hilden weitirt, kann .in dieser 
MaunJgraltigkcit nur Freude haben, und sie wird ihm zn einem Gegen- 
at&nd der Belehrung tiber den Willen Outtea an und in der europftischen 



li)0 



Erat« Alttluülimp 



wArt'U swar E t 
die :tl' ' 



(i.-ihen sie ihrf wichtigste 
~^. iiut tuJlchte luau sa^rL'ii W| 

vAtT (las Borhzelintr jahrhunilv 
['ntiiiiigkeit but M(>h(>ii sehr s 

itit uiitt-r joueti Cm^liiiidtfii nir 



lös: 



J*^'._ ü(h'»*'' 



,j,i-r iu (km pApüt den Feind der Kil 
^.r.'nws «all, wir Zwiiigli vpn Aufang 
irt'- II *">'■''*'' in derselben gru&ücn Augelegenlit 
.ojiijl •1-'* *'^ einig wai-fiB in df.r iniiigatcn 
-irirt nnil '^ ^^^^"^ feüti^ston Bereit Willigkeit uud Eni 
"" . j{ri elof^r göttlichen Ordnnng imd dabei ihrem virk- 
, rtV" dnrcb allegorische Uindeuiung Biibstittiirteu eigeut 
. .rwfHpii- Aber v>» ist von jeher unvcrtueidlicb gewesci 
,.,iVi' a"* *^'"" grossen Rdchthuin di-r Bibel, wcmgat«! 
fipp« SystomB aof dieselbe, vou irgend einer Vorliebe 
!j„. SatJe oder Ideen als die thenprsten, vornehm»t»*n imj 



S* 



mif^ 



. „od leieht weiter von oincDi Absehen von anderen, wnlcl 
l^i»J»""~ ,,p,] nun für untergeordnet und erst ang jenen erkllrl 



. «lurden, begleitet sein sollte; nlle AneignuDg und Bcheri'fieban| 
R'hfUteff«^ stellt nothwendig unter dem Kinfini« eines 7.wiefaeh( 



^^^* 



uniiIigeD nrthei's darüber, was in der Schrift das Wiehtigstc und wiJ 
** ^,wznl<'gt'" ***•• dieses rrtheil aber pflegt sirli nach sonstiger IndiTi- 
inalitAt und nach etgenthUinlichein pcrsöultcheu BedOrfuiss tai entwickeln , n 
irpd eben diese pri-sJin liehe Eigenheit Luther's und ZwlngU's war nQ^| 
gloicli ff*"""*? freartet. Eine Versehiedonbeit, welche sie anter andern ITm^^ 
^tiljiden wie T. u t h e r nud M ela n r b t b o n einander hätte imentl>ehrlich 
mathen kennen, i-utfreuidet« sie viehnebr. Sic kUmpftcii wider denaolben 
genieinÄamen Koind, aber Jeder von seinem besonderen Standorte ans, ond 
WAü in friedlichen Zeilen zu einer wobUbfitigeu Frgünziing hittte fahrei^n 
kJ>rinen, wurde jetzt der Grnnd der Spannung nnd Entzweinng. 1)*^| 
Pai)flttbnin und die unter ihm bestebendt; KirchÜehkoit bot zweierlei An^^ 
grilfspnnkte. Zwingli riebtete sieh vomriegend gegen Heidpnthnni, 
Polytheismus, Crealan'erebrung in der Kirche, Luther'd Reformation 
mehr gegen J fl d i h c> b e b, Pbaridätsmus nnd Werkbeiligkeit , w&brend in 
Zwingli's Lehre nicht bloss die sola fiäes, da» Innere, die IlerzcDS- 
früiuniigkeit und der Glaube, sondern mch die tilaubeusvrwcisnng bis in 
das äussere Handeln zur CSeltnng gebracht war.') 



*) Henko sebliesst tich also der ron A. Hohweisor durvhge fahrten 
urthuiluug des por&finlicheo und des cüDfeBsioueUen Unterscbiedea au, iu Weneot 
Uchen, wie wir ^louben, mit Recht, d. H. 



Theologisclmr Standpunkt ZwiDgU'B, 



lua 



Allcrtlinga dnrcli zweierlei unnTirialUelM! Zumisvliiiug war die Kirr.lie 

itstellt. ilurf^li jiliiisrlips und lii'idiiiftclios WirwiTi, duroli falselic Werk- 

leiU^koit, I')i:u'Uüi»nHis uod (JL'äctzlicIikcit, und diireli L'eber»chützung duH 

^reRliirlicIieii ; auü wie Luther diireli sirine Krfaliruug vou drr Uiinu- 

In^lit'bkoit diT Diüiu^liiBchcti A»kfK«- auf dt-ri Kampf lieRotidcrB gf'^tn ilan 

IretPic lilugL-wicatii ward: su Zwinglt tlareh suin AurgeruiHa au dpiu Wall- 

|flüirt»an zu Kinaiiidpln »nf die HcBtrdiliing des Irtxtcroii Ahwoges, E« 

tbeilte au-h -A&o die Arbeit: liiiiwc^ luit dt'u Werke», mit dem PliiiriaiiiH- 

lUtt lind mit dKm .ladcnthiim! wurde die LiMung der Lutlierlijclieii iU-l'ur- 

utiiiu; liiiiwog mit den (liitxcii, mit der Crc^lurvci-götltruiig iitid dLiii 

U'idcQtlinm! die der «rhwpizcriäclipii. So hiltten aurli die KUhUT bt'ider 

lJiiclituii};en diese Iicilsjuiie Vcrdijppcliiiig des lleiuigmigswcrkfi und danacli 

eiiiaiiili-r itittbst auei'keiinnn ktinneii; e» vditlu-ilti' bicli die Aufgaljo nuter 

i\e ftucli iueuferiif aU Lntlior luelir die .St^iUuiig d«« Kiiiselhuii zu Golt 

und die Freiheit des OliriHtennienficIieii in'» Aiigi; fariate, Zwingli dagegen 

Iiiiid iiurldier Catvin zugleii-li de»tK>u Vorlialttin in dtjr GouieiuMcliafl 
tuid darum Kirchetizuolit »od Kirchen vertii»8ung. Aber di« Uaruliu des 
oniriteii SuelieuH und K.?iupr(!ii8 liUst keine Zeit nach l'nberangeuheit 
llbrig rui die .SetiütKuiig diäfien, wa« der Andere au Krkcuntuib» hiuzu- 
bringt, Hte fordert BciHtiinniitiig uud L'uUTwerfung. 
Zviiugli'« Lehre lUiJ Uieiituug ist der Alles beherrbcliende Mono- 
IhfinuiUA, da» strenge <i(itt allein die Rlire geben wi>llen, und deuinaeh 
beinahe echou das VerwnudeUi aller Keligiunslelire und Theologie in Lehre 
viin C!i»tl-, xuweileii bis 7.\iti\ AuKtreifen an rHiiLhciHniUH, wenigiiten» Wi» xiini 
,Ver6ehwiuden der Creatiir und ihres Willen* vor Uott. ') AiU'li vom Teufel 
lUtc er ntvht8 mehr wisticn, fQr welchen allerdings, wo mit dem biblischen 
'Munutheisinua Krnst {fcniaebt wird, kein Raum bleibt, I>enn wenn in den 
it^brifutelleu über iliii nicht l'eritoninnation, aundcrn wirklie.h eine zweitt« 
[Uierirdischu Pertsüulielikeit geftmdun werden eoU: wua wird dann aus dem 
limndrtatx, „dnss alle IHngc dnreb iJottPs Vorsehung gehandelt werde«?** *') 
[Auch dicM der Strenge, des geistigen etbisrhen Muuotheismiiij geuUlss !» 
FAnerkenunng, du«ii dieiier die uuermcsHlirlie Buperitirität der Keligioii de« 
Alten und Neuen Tentauientuit aUhiimeht, und wir darum, wu hier eine Spur 
von PolylheiainuB ersclieinl, Angcwehtcrt aus fremden heidnitiehen Keliginuen 
vrblieken mUttxen. /Vi/*« rdigio est , tiagt Zwtngli im t'ontiitenfttrius 
de erru et falsa rHit/iour. nnd mit Itecht wird dies z. It. von AI. Srhweiser 
für priacipiell angesi'hen, ul/i uJio /iifitur i/iinut ih'o; t/tii (/uammt/tie crcu- 
turu fitlmit. ini/iii >H;if. Daher kann auch zum Heile di*a Menschen nitilils 



•| CimtmenUtriut rf*r rera et falsa nüt/ionc , Ojtp. eiL Scfiultr, III, 
ff. /J7 sifq. 

") Vgl. Zeller, <lu« äyatom Zwiugli'a, 5ä. 

Uüflk«, lUrebeu«B*clii«bt« I. 13 



CmtOrUcfae« erfurderlich «:!■; <« giebt kciti« VtrtSliiiiiDp fnr Meiuchefli 
&I« darch Gott mtint in Lliriito, Iccine VVrmiUt-lang durch lli^ili^e, keinr 
VerbioduDg durcli irdisehc Stoffe irgend wdrber Art. Die Wlrfcuag dieser I 
VenöhnDDg, Gottes Geist in den HrneD d^r GUub%ea, die ICrvTEUilnsg 
der MeiuchcD, imr djultircb verwirk liclil iiq<! erkaiiDt, dus dieses Pfuid 
de« göttlirlit'» Geisto mit der Oewisiithci;, wr-kiie es 9ber airb Rr'lbüt ver- 
leiht, Tou ihoeo in ihren Hurceo erfahren wird, — lüe sind dn« Kine 
NütUveodigc [ries wendet «ii^b denn leicht an luf die KJrchc, A'w Sarr»- 
mt^oU: uud dclbsl auf ChrUlüA, wclrber von Zwiugli eU-nfillii nur mit 
Vohikol des nicht aaf Um bejM^hrftaklcn gj^ttlichnu Grist«'« ror^ritellt wird,') 

Die wahre Kireht^ bci»tvlit also aus den wirklich Erw&bltcu, dio nnr 
Gott tichtr kennt, die Kicb »eiWtgt aber aU Krwätilte verraög« der Gowi«s- 
heit denken uidttdcn, welche aic Ton ihrer Erftählung haben. Jeile ütrengu 
PrädestiDationelf hre ist anlihierarchlrtrh , denn ihr gegenüber vermag der 
Pricator nichts. Wohl dient dn» heilige Aut der Propbetie oilcr praedtcatiu 
(Predigt) mit aller Nnth wendigkeit znr CebcrlieferuDg des tilanbonSf weleher i 
jedoirh seiiKtraeilti immer nnr aoB der Quelle dcd gOltlichtin Geiste« tttammt;**) 
aber beisteuern und thun zw meint-r Krwäblnug and ritiudcuvergebaiig 
kann ein anderer Mensch nicht das Mindeste, Jeder steht and HllU selbst 
seinem eigenen Ili^rrn, es ist ein Glaube ftlr Männer, ftlr Mtludigc, Olr 
Freie: ului sexcenties Pimtifejc ettum Romtmus dicaS, „conüunala sittit ///»# 
üelicta", ntmqtiam tarnen f/uteta fit mais et certa de recoitciUaüone tiumi- 
nis, iüsi aim u/md se vtdit ac credit ritra »imnem dubitalionem, imo sentit 
se aifS(it\ilum eise.***) Wie Keiner von dem Anderen wiiisou kann, ob 
er glaubt: so weiss such Keiner, ob Jenisndem die Sauden vergeben sind, 
als nnr dieser selbst, qm per fidel htcem et firmittuem certus est de< 
venia etc., dalier frivola haec onmia videntur: Etjo le a/jjtotm, effo te 
certum fncio qnud {teccata tibi ditmssa sunt. Itichtjg erkennt anch 
Zwiugli die Schwäche, welche in jedem Verlangen nach raensrlilirber 
und priesterlicher Hülfe liegt, nämlich unch Abthuulassen dessen durch 
Andere, was der Kins^^lne selbst, schwerer l'reilirh, zu seinem Heile schaffen 
soll mit Ttirctit uud Zittern; er beschreibt den Fehler »einer Zeit (IdSd)! 
so: fittod nemo non mn/lt tdietm quam sua npent salvus fieri.\) 

Auch das 8acrfti»e»t wird dciugemass beurtlieilt, I>cr göttliche Geist 
wird DJclit getragen, er tritgt selbst, kann also nicht an ein Uusseres kSr 



*) Zur lUnntlirung in ZwlngU's Lehrsystem dienen hsuptsächUch di^ 

Scbrin«n: Commeidarius de vera et falsa r^Ugione und De j>rovifimlia , Opp,i 

in. IV. ' 

") Fidei ratio ad Carolam* Cottf. CoUtct. ed. Niemeyer, p..li. Zmitfftii 

OfifK l r. ji. S. I 

■") Fiftgi exjfos., ib. 55, ed. Niemeyer, Opp. IV, p. 60. 

t] SohweUer, Cuntraldogmea, I, S.U. 



porlicfaeif Vehikel gcbiiitdcii »ein; wie kaoii er dessen bedürfen, „7U0 ipso 
cimcln frnmtur"! \ oia AbeniLualile pll allordiiigs: verum cor/nti- Christi 
üfii'ii , aber iliiit belsat uur: f'tilei coutvinplatiune vere uijno^icimns , nun 
fiassian ftiixxc, oder: «jiiritmUitcr etlere corpus Christi ntfiü aliud est, quam 
xftiritu HC mrnte tiiti misericordia et tiimitute J}rt per Christum.*) Die 
nltt« DeHnitioii des Saerameitts: rnvisihitis gratiae visihilis ftjrtiut, kauu nur 
bfdtiiiten, diisa in dem Aenänereu der »arranientnlcii Handlung ein &remplitm 
lind i-ini' nnHluijin r ei per s,,iritum gestne euthalteii sei, uder eio Signum 
de» walirtiMfu-ii dabei i«bittßudendc'ii IJelligllmma, h. e. factae yratiae. 
Aber daa Aousaerc, Lelbliclic, CrentDi-liehc selbst wertlivoU finden, liei&at 
inditi^ Anderi-ij »Itt wieder ziirtirksiiiken in .liideuttiuni uder zurllckaefaen 
üd ottns .If/jij/itiaaur, es l'ubrt xnni MaterUliöiuus de« l'apuMüams. •*). 

Es war also keiu Unglaube, sondern Zwtngli'd Glaube war nnr ver- 
banden mit einem rngbmhen In Hetieff der Mittel tiud creatUrlieken 
V'elükel, denn aolehei bedarf Galt und der K*>ttlicbc Gciiit uiebt, für ihn 
ist CB Zweifel an Outtes AUmaelit nnd znletJEt Crcatarrergt'ittenin}; nnd 
QfltzendienHt, diese fdr schleebtiitn nnentbelirÜrh zu halten.***) 

Aber «bcu diefio Ansdinuiiug nnn war dem gauKeu Sinne Lutlier's 
so sehr zuwider und erdeliien ihm derg^titalt aU Mttterung und Herab- 
seizun^ jenes auch nach eigenen Erfahrungen ihm thciicr gewordenen 
Hciligthnn]!) nhi de» gegenwärtigen Wunderii in dem llberirdixchen Moment 
de« lifiiusses, dMSS er \iel eher darin Recht hatte, wenn er sich hier so 
Mehr verbchiudeu von Zwiugli überhaupt fiihUe, aU in den einxelnen 
Argamonten, welche er diesem aU Atiddrurk uud Uechtfertigung »eines 



') Fidei expos. p. -17. Niem, Opp. IV, p. 0». 
"» Fi'if'i ratin />. 2ß. 27. A'iVm. 

•") DiP Krbsiimiv nennt Zwlngli mnrbtis «o/t pecfatum, ohne Übrigens von 
Lulher's Bcetiuiniiingen abziiweichon. T)io Seligkeil (einiger TTelden atatnlrt er 
etwii wie .)ui>(in, weil eine Wirtisiinikeit ilee lAigo» auch unter ihnen »tallßnden 
kOnuo, während doch Lulliur die Unäcligkcit der ungetanft gesUirbcnen Kinder 
cbetil'alU Inixw ei leite. BegritT und Nunie der uusichtburon Rirclie tuitg uielir 
der Küfumiirieu Itiehiuiig uu^reliüreu, aber Luthciiach ist die Neigung, sii:h auf 
diese zu besehritukrn tibno thätigcs hitervtttiti flU' die Oostalrung ilcr siebt* 
harea. Wenn v« /ninK" )>lt^ Hauptfelder »eiuer IcU botuut , das» üie durch 
alifiui o;icra Heiter al« durch eigene »eiig wurden wolle: w» berührt er damit in 
[traklischer Beziehung *A\wi Kiti^eitigkcit auch deti ileut»chen LuTiivribuma. 
Ifttuu in dit'äeui bffeotigte ^irh eine Schützung de« Kleni8,Verti'auou iiurdne ■•lireuu- 
kratibciie Hierarchie umi inspirirte Fllrsten, diiuiit ztiP-iiiiiuenhängend Niohtachtuug 
dpi .gemeinen Popels". ScJn1nfiudeu der Theiln«lmdt*ig(;eit und Apathie der (Jo- 
nieindeii. Indem »ich der Khizclne in die Glaubenssiäite des eigenen kleinen 
Innrreu ztuUekziuht, iiticrlüitst er steh flbrigeoa gern der Leitnog der lltther- 
gestellteu. Wüldic ihu auf gut Deutseh davon diftpeuMreu, „fiir's KÖminehe Keicb 
zu »iirgen/* Daher auf der uiuun Seite muhr Uvmeiitschuft, auf der anderen mehr 
Unterordnung. 

13" 



196 



£rele Ahthclluiig. Zwcitor Abichnitt. $ 2o. 



Widerwillens entzöge usetzte. Lutlier «ih in all dk'iier /.wingli'itclirn^ 
Knliirhietlcnheit, üt-Ut««- uinl Krcihrilalicbi' «ur L*ii;:l:iiihrii mit Wldwr-' 
tttrebfii i;egen lU« Ingluubliihi', uur ein i-xtroniutt C4timfi;|Ui>nst^azio)ii>n,J 
ciuou liiueii vou dum Wunder abdin^cndun Itationaliäinus und Kmlicali»-] 
nms, welrlier dtirrh ein klllilc!« Antinrlu'nisrlH'S dislmijurnilnin est die gfttt* 
litdu' (Jativ im ^ur.niuii;ut<! sellist und mit ilir den (ji>^un«tand d»r Lhtuk- 
barkt-it, »!»■ auch diette Diiokburküit und den Sff^en aus itir selbst verkOi-xeti 
lind spiritualitttiech Tertlflc}ilif!;i>u y^uIII«'. Cr di-an^ in diuüor Ilirlitaug anf^ 
das Eine: ö ki>f^< ö«!»^ iytnTu, und tmg dii.-8i>ü Satz bis in die Zcicbrii 
des .Sacrument^« binrin; dalier beliaiiiil^t«- er die volle Gtigeuwart ulmc 
L)i»ttni*tiun uiiverUarKt iiud mit der Totalität, welche er vuld aiieli bei 
„gnslig und loiblirli" im äinue butte; mir die CrklUruni; des Wie? der 
aacrameutUclien Uegenwart inusste er der Tr«nöSol>st«utintiun gcgontlbcr 
aldi^hnen. Heber die Kirche waren lieidi« wtfbl einig in der Vorwurfiiug] 
jeder Hierarchie und jeder Erl'orderliobkeit einer meDScldichen Intcm-satonl 
In ÜJaeben den UeiU; dneh in Bcku^ »nf dir nienscliticlir Verwaltuuf^ 
waren die Aiii«chaunnf^eu de»« rcpubliknuiachen Kwingli demokrntisrbei 
als die, an welche Liitbf'r in Knrfwuhsi^n nieli gewülint Iiuttp dureb via'. 
fllrHtlirbe« Kirelienreginient von Obt-n h«-r, weleheü dit-- (iunieiue zii;nilieh 
Uiouhsft, voreinxelt und ohne Mitwirknng fllr die Kirch« liess, ') 

Die geistige Diffi-n-uz war nUti bedeutend, aber nni bcjdr Miiniirr 
noch weiter von einander zn entferiu-nj kamen ämweM; UmiitSude hinzu. 
Zuerst die Schweizer hulteti üicli Karltitadt'fl gegen Luther angenommen, 
und mit KiirSfitndt war dieser aueh souBt immer TollntÄndi^T zerfallen. 
Nacli manciit'rb'i 8treit aiieh übn* die Abenduiahlsk-bn?, in welcher Karl- 
Btadt die Meinung hatte, dass goi' keäne Verbindung 8tattlinde ftwischen 
„nehmet nnd r«8«t" nnd „dies ist uii-in Leib", war KarUladt vom Kar- 
ftlrttten de» Landus verwiesen wurden und nach Basel gv^iangen. Vun hier 
an» lieii» er sehr beftige SehmJtlisehnl'ten gegen T^ntbnr los nnd verthei- 
digte tu ibtirn seinr »hweiclicndc Vurbtt-Ilung vom Alicndmabl aU die 
alk'in rccbtgtüubige. flbglcicli die SlrasHburttcr wi« die Schweizer sciu 
Vurl'fllircu ilbrigeUH nicht billigten, buttt-n ^iv &ich ducb f'itr ilin verwandt 



*) IJufl int der S^geu, den das Stndiuni dL<r Ueschtchte, »a Innige e» ulclit ^ro- 
funirt wird, fast tinveruelillicli mit aicti bringt, dass es lllierall ilas vun (ioit go- 
wullte Gute aufünelien lehrt, indem es gr^Mtite (JL-stJÜten in Ihrer Art uptl Ver- 
Hcliitidunlicit' vurnibi'l und ttii* Frendc uu ilireiu Wcrtli nicht dnrch iVit oud Huf/ium. 

diircli l'arti'i- und Slnntaiiclit verdirbt- IC^ nihl in rieiiifh in Zeiten tic» Kampfe« 
«k* i\w. vio Mi'iis<-lii-n wie l.utber und Zwiugll lt>lilcn, i.atlirlirli .trln, fUr und 
wiik-r l'arti'i xii nt'liuit^u; ahcr man innrtH »oht loli und nrlir liliuil nfiii. wt'nn man 
\uw.\t tlrt-lImndiTt .l»lin< n|ii[ttT lÜc alten Lciihmärtuirieu u.'ilireii iiud plle^n ma^ 
nnd äicli vci^itt lebtet hält, Kinoii von Ui?ideu i» lUslern, weil mau KiiK-n voti 
Btiiden groiia üadet und nicht vleltnehr Beide. 




und Ihm insoweit zagestimmt, ate sie einon loiblicben Goquas Christi für 
oobf^llDilft prkUlrt4>n. Capito and Rncer in StrsHuhnrg wurden xuerst 
durch LnthiT selbst auf dir ciiifachäto Welse vun dem gniisvu Horgnngo 
bcuiiehrichtijrt; iilleiu indem >4ie die von KarUtadL hegonnuneu Streitig- 
k<:-it ml.sshilli^leu, koitiit^Mi j^w iiielit umbin, ihm der ättchc nncli tlieilwcian 
Ix-izutlirhteii; denn e« verhnlte sieh wirklieh 8o, A»»» im Ahendiiinbl Loib- 
liehe& und Getstigeti gettrhieden werden mllMse, Aaa& nach Juli. t>, tiS: „da» 
FlL'iw'h iat kein niltze", das Eiwr-n und Trinken de* Itrodtes und Kelebeä 
für Hieb kolnen Wurtb b»h(-, dii* Ifaiidlnug :il»u nur der Kriungung eiue.» 
gebligrn Gutes durch Andenken, (>lanbi-n, Dank und Gehorsam diene. 
Bald dali sich denn au<')i Zwing 11 dureh Widcrttprurli iu seiner Nitbu 
lh2G genötliigt, in einer Schrift seine Meinung ütTentlirb naszuftprechen. *) 
Vielldebt die bedeutendät« Leistung in dem nun beginnenden Scbriftea- 
wuebael tod Seiten der Sehvoizer war djo AbhAndlnng des Oekotanipa- 
dins: De gcnuim verbomm ftomiut „hoc est cor/tus meum" äix/a veUt- 
xtüairnox awiores interpreUiiionf fxinmHOy vom Jahre 1525. Hier weist 
der Veriassur in biblischen Parallelsicllen die FilUe nach, wo uneigentlich 
l^redet und doch einntch üUBgegagt werilc: Chrlütus ist der Fels (l Cor. 10, 4), 
Johanne» iät Elias (M.-itth. 11, 14), Weib, das ist dmn Sohn Ijoh. 10, 26); 
vor Allem erhelle aus Joli. G, dasa wo Cbrisins selbst vom Esaen seines 
Leibi-s s|ir<:chr, it dir» güJutig vorstehe (v. Alt), wie vr au<^h lehre, daas 
er bi» zu seiner Wiederkunft niehl gegenwärtig sein wenle auf Erden, 
uiid vur denen warnt-, wulcbe sagten: Siehr, hier iat Christus oder da. 
Aber splbst von Oekolampadins mit seinor durch Gelehrsamkeit und 
MUa^iguDg ausgczcichnrton Schrift sagten girh in einer (ifTt-iitücheu Ge;;en~ 
Belurift, dem sog. sr liwllbiscben Syngramiu.i, vierzehn HchwäbiBclio 
Prediger, welrhc ihn frilhiT als LeliriT vnrelirt hatten, nm dieser Differenz 
willen lt)s , und schon aeit ir)*i(> wurden iu Deuteehhiud die äehweizer 
untvr dem Namfn der 8arrjimnntirer, d«r Ja auch als ächimpfnamu im 
Sprachgebrauch gcb!iubi;n ist,") faat den Wiedertäufern an A'w Seite ge- 
setzt, luzwiärhi'u n:ihin dit> Polemik ihren Fuilgang. Ockulampadius 
erwiderte in dem „vViitiäyugramuia" wu 152(j, Zwiugli mit meiner „klaren 



*) Zwingli's Wurke, II, J, S. I2<i. Hii». Frllhor sclnm: Svbsidium sive coronis 
iie KuL-hiiriifia , f/pp. Hl. fi. 32«, aurü v«l. fumuifnl. [*. 2J9. Kin S^brciben 
Toin U. Deconilier Xit'ib tet aiia einem l^llriehcr 3i.S. von Fritzcb» publicirt: 
lllgi'u, Zeitschr. IS43, 3, 121 ff. äclion tiier aber finden »ich fast dicsollHin 
GrUnde vrio »iiütiT, es wird ;rc»ag(. iliiBti diu Aigninciilaliou der Ocgucr eiue 
prliiio priHhpii sei. dazu die Ucnitun>; »uf <Kdi. t;, die ni-'liitnptung dado esi Mtr 
siffnififüi stellt'. 

") Znirigli giot't ib'n Namen xiirilck in De protiiäentia Dei, Opp. p. Uli: 
(Junpropli'r ii '/m'< pitßUhn' iti scriptis ititsli'is sarrtimtittarior inveHial . hoc hojni- 
uHHt ytHua iitUlUyat inoittniux , qiti symbutis trtbuHMt ta ^Htn- sutius lihniuu- vif' 
tutis $Htit tl spiritut taucti timnediate opgrantis in anmis nostris. 



11*8 



Krsle Abllientiaff. Zweiter AbEchnitt % 20, 



Uiitorrirbtang vom NucbtiDAhl" 152B,*) Luther mit dem „Sermon vom 
äaiTHiiicnt widor die Beb warm ij^iater" 1526, and auf Zwiiigli's ■tnuca] 
fixeyi'xhf Ute.'*) antwort«;!« er mit der flolirift: „Daas dicuo Worte: da» ist] 
uiviii Leibj, noch fegtstehfu" ■*") 1537, und wieder nuf einb (JegcnB4'lirillJ 
Zwingli'g und eine Sccnnda reaponsw Oukulsimpiurs an Luther K( 
dirücr äciit jrniäses .J^'kciiiitiil^s vom Äbc^udmalilc Chri»ti" 15'28 folgen. t^ 
In dii'ser Srhrift ist er »ich jed<icb ficllx-i- iiirht gleich geblieben; denn 
nachdom er mit Recht gegen die TranasiibstHnttation, jedes KrkUlronwolleii 
der Gegenwart als ein«*» .My«(«riHriiH verworfen lirilte. war e» etwau Audcrtn», , 
daas er nun dcunoeli selbst eine philusophiflcli-Bpcculativo IWgrilndnng anf- 
Btellte; aiia dor Theünahnic Cliriätj an dor gifttUchpu Allgegenwart oud 
ans der UnÄertrennlielikeit dor gfttlMcbpn und meiisr.hUchea Nalur iu ihn» 
leitete er aiieh die jedesmalige Gegenwart Bcinca Leibes und Blutca 
Aliendmalile her und verlangte Anerkennung filr dieao seino KigdttB 
du<:tioD. Sein (ilanbe an das (ieheiraiiissvoUe war diiiait in eine dogma- 
lisehe Thoori«' ilhergcgaugcn.tl) 

Nnn aber wurde 1529 in den KeichachlnaB von Speyer auch dio Bi 
slimuiiing aufgenommen, dasa Lehren gegen Aaa yaorament de» wahren! 
Leibes und lUntcH Clirlüti nirgends mehr geduldet werden üoltlcii ; nudj 
sicher gcftf^hrth die« nicht ohne die Absieht, einen unter den Preunden] 
der Reformation srhon vurhiiiideiien Iiisnene gegen sie zur irnfricdcD-l 
Rtiflniig und üomit r.n deren Tbeilung und S<'hwüohnng zu l)enutzen. Ob-] 
wohl Saehaeo und Hesaen protc^Ürt liatteu , verhielten sieh diese LSndei 
doch niigleieh, und jene Intention wurde bei Saehsen hesser als hei Hcsaeu] 
erreicht. Der Kurfiirsl Juhnnn, Shnlifh wie Luther und MeUnehthon] 
wollte, wenn zu wählen war, lieber mit dem deiitarheii Reicht! verbunden' 
hleiheu, als um der SchwciÄcr Dcniukrsten willen noch weiter von ihtn 
getrennt werden. Landgraf l'Inlipp dagegen war eifrig darauf bedacht, 
daäa jene biife AbHicIit, die Anliätiger des Kvaugeliums zu spnlten, nicht 
gelingen sollte, vielmehr suchte er sio (Luther nonnt ihn fast um dieac 
Zeit spöttisch den Buudaiacbert zusammen zu halten und zu einigen. 



•» Zwingli's Werke vou Schuler, 11, 1, S. «B. II, I, S. I flf. FrUndUi 
Vcrglimpfiing und AMeiunng. 

") Ztvm^lii Opera, Hl, p. Söy. 
"•) Werke von Walch, XX, S.yi5.«5o. ICahnts, Die l.ohro vom Abend- 
msM, S. UM a. 

t) Werke v>m W&leh, XX, S. IIIS. Vergl. Zwingiia Antwort, Work< 
II, 2, S. 91. 

tt) Ist Lulber'« Abcndmahtplehre etwa ein orhrinile* Rinteln an dem all 
plitimisclini ehristlicheu und hnmiuisttecbeu Pnaluniurt von Leil) uad UtilstV{ 
Ohne dic»en wlnl lach eine IU)erirdisu1ic Offenlwirung xniu Frieden noch vH\ 
n Whiger (1869). 



Morbiu-frer ßesprifch. Latli«r xmA Zningli 



199 



7.0 dicMin Zwcrk Bollte detin «nch 1529 da« Marbnrger GesprAch*) 
dienen, uiid dsruni warcu Lutber und MclaucUthou bo abgenoigt and 
im Voran« rnlsi'Iiiedi'Ji, Um*» t\nme\hi: ntitpi- keiner H-ding^ungr zu „dem von 
dem Laiid^rnfou su liuflig {^ewüii&chtt'u Ziele der Gcmiünscliart mit deu 
Sacrararntirt'T«" filhreu ^olle. Dieses VorlierentsrlilosBenseln and auf niclita 
&!choJn1asAeu wollen ven^UuUß in dlfiior Kustehunji; diu M-irburj^er Pispu- 
tattnn fast |^.-inz oder \w»n (>« eigentlieli f^Ar nicht erst zu einem Weeh^el* 
gesprtcli koinmeu, da Lullior auf ZwiuiJ^li'a Cirflnde uieht eiogchend 
sondern iinr nblelmend antwnrteie. Fast fU\c Woclic blieb man zusammen, 
Montag ilvii 'J7. Scptembi;!- 1529 trafen bereitet Zwiiigli und Oukulautpad 
mit 2wei schweizer K.itb«herren , ans Strassburg nocli Btißer und Hedio 
mit dorn Stfidtmeiater Jacob Sturm nacb langer und geßlhrllchor Reise **) 
in Marbnrg i-in. Am Dienstage den •JtS, predigte Ockolampnd über Ps. 2, 
am Mittwoch Zwingli, am Donnerstage Hodio tiber ,^tohet im Glauben"; 
dor Landgraf war viel mit ilinon znaammc^n, Kr«t am Donnerstage den 
t\0. ^eptembtT kamen Luther, MelauctUbon, .latituit Jonas, Cru- 
eiger, Hecom, Mentus, v. der Tann, dazu fanden steh noch BrenK, 
Oslander und Agricola autt dem Stidrn ein, jener ein Theilnehmer am 
si'bwilbtscben Syugrainma gegen Oekoinmpadius. •**) In den vier 
uäeliüten Tagtin folgten neue ßesprevhungen der Theologen, bald von je 
Eweien zu^amnien , bald in grösserer Versammluug. Am .Sonnabend den 
ä. Oclfibrr fand di« eigcntliclie Entffnnng statt Die Verhaudluageu wurden 
nielit ganz öfTentlirb gehalten, wieZwingli, iiirlit aber Luther gewünscht 
hatte, aber üiHTh auch so weuig geheim, dasn der Landgraf mit dorn 
Kanzler Keige nud gegen fimfzig Marbnrger nebst Anderen, Gelclirteu 
und Hlttern, auch Clrieh vou Würteuiberg zugegen sein kouutcu. Auch 
bediente mau sich niclit nach l^wingli's Wunsche der lateinischen Sprache; 
Luther wollte auch nicht einmal leiden, das» jener das Neue Testament 
im griecbisebcn Text, wie es ihm geUufig war, anttlhre, sondern nur 
la.tcinisvb nud deutsch, er sputte.to über Zwingli's Grossthun mit Griecliiseh 
und Hebräisch. t) Zwingli erklärte sjr-li mit Luther darin ganz einver- 
utanden, dass ITnbcgreiflirhkeit kein Gruud /.ur Verwerfung sei, sobald nur 
etwas mit Sicherheit als schriflgemftss erwiesen werde; abor eben dies, die 



•) Schmitt, i)8S Rcligionsgesprä^'h tu Harburg, ISJii. Vergleich« oben 
Abttietlnng I. 

••) Naehrichrpn dariUiftr bei MOrlkot'er I.e. U. :2i>— :il und Baum, Biogr. 
Uacor'», ij. l-'i»«. Ole weite lleise von lio .Muilen war so t^nihrlieh fllr Zwingü, 
das8 er »eintr Fran verbarg, xviv ev noch von Hasel weiter gelieu werde. Die 
Kosten musstc er aolbsr ojige«, Pferde kaufen n. s. w. (JUürikofor 2:iw.) 

•^) Plaiitfk, U, S. J7S. Christoffel. Zwingli. S. 310 ff. Mörikofer, 

t) Äürikofer, 11, 2;):i. 24i. 



2fK> 



Enrte Af'tlienune. ZwdKr ÄbwhuHt. % Sn. 



Sclirlftmftiuiitirkeil, vermisste er bei dem ganxcn BcpifT vom leiblicliOD Gl 
iiitiift riiri^tl. Die Stelle Job. f>, 5."l — G;\, »n Cliritttu» die Juden von Kapor-j 
iiauiu auffordert: „wcrdtt ilir nicht i'Ä»eo An» Fli-i?cli df* >l''U5elit:ns'.tline4J 
und trinkti-n s^iii Bial: io habt Ihr ketn Loben in flarh'* and das Fcdgrodr, 
tMit ihm duti wirlitigtttfu Bt-wt-iEfiruud ; d(.-un hier, anglt* er, brlelir«; ud< 
t.'hriatUH «elbat darllber, in welchem .Sinnu er wolle, daaa wir Äein Fleisch, 
p8A«>n und sein Hlut trinken «ollten; dicao Fürderuu^, welche Christus] 
Bclbul nor-h lebend nu9spr<:cliu, kiSiine ja nur vom iincigcDtUchen gcietigcnj 
Aufnehmen C!bri)iti im Glauben verslAudeii und es dilrfe nicht, wie dui 
die Kapernaiten gethau, au cigentlielie» Eflsen de« Kßil)i<a Thristi gedacht 
werden, welrhet« t'hriHtnx HBlb«t L e- V. 63 (dtmuiariäeh zni'QckweiM durclij 
dnn Wurt: „Der Oeisi \st tri, der lebendig macht, da» Flcifte.h ist keh 
nutze." Diea war die IIaupli«t<'lle iCwiugli'», von welcher er, aber eboD- 
f»ll« ligOrlieli, XQ Luther äagte: „ilerr Doctor, diese Stelle bricht Eael 
dun HiiU^', wa» dieficr aelir Obelimhm, indem er auch hier dcu blldlicfacn 
Au(*dr«ek zu eigtntlicU verstand. „Ihr seid in Ueaaen", erwiderte er, „und 
nicht In der Sehwoiz, man bricht nicht alao die Hfliau." Kam richti^i 
Wrsti^hcn der Worte Chridti, t'Uhrloii Zwingü nnd Oekolampad aus, gf^ 
bOre eH auch zu unterüt-heidtn, wo Christus eig*Mitlich und wo er, wio 
ort, parnboliach und uneigeutlich rede uud reden wolle, t. B. „ich bio dl 
WeiuHlofk", „»iuhe iliei* Ut deine Mnltr", „.lohaunefl ist ElisÄ", oder weoi 
CliristuH der ICcksteiu, der FcU, der Lftwe genannt werde. Nun iü>ci 
habe er nach Hebr. 2, 17 („er muaste allerdings xavii ;ruvTit »einen Brtl- 
dem gleieh werden") und naeh Pliil. 2, 7 („er nahm Knechtege^tRlt an uui 
ward wie ein andrer MeumOi") einen nienHchüelicii Körper wie der ansrij 
iingpnonimen, alitn einen begrenzten und nicht allgcgcnwjirtigen, denn lui^ 
ein «(dclier kann der nnsrige hcisnen. Also \nl dieser nirnsehlieh beliebt 
f'iiriAtiiä nit-ht mehr nBwc&end vor seiner Wiederkunft, weuu er na»dt dt 
Schrift zur Rechten CioUca orhilht ht, sondern sein oigem« Wort gilt ns 
■loli. 17, 11: „ich bin fmlan nicht mehr iu der Welt", „ich vcrlftssc die' 
W*ill und gelle zum Vater"; er kann hJso nicht vor aeiner Wiedcrkuntt, 
aeiue leibliche Gegenwart haben verhcisson wollen, das Wort: „dies a| 
mein Leih", innaa einen anderen Inlmlt haben. Folglich kann nur eia< 
\CrgU'ieliuug gemeint sein, tUun sonst würtie ja «ueh <lcr zum licil nutli' 
wondige uvungcUacho Standpunkt atirgeliobeu, nach welchem Chritttn« allein 
durrh ilen (Hauben, nicht diiroh I^bucu [Cfirri' r^t crrdfre) angCßigoi't 
werden hoU. X^im cKegoti^che lUigultat findet seine Bestätigung in dei 
eVNDgtdiacheu (jruiidpriueip vom We-aeu de» lilaubem).*) luaufern 

■) 8ehr venttlhullcb crkiarl er mich hpiiivr. t'onf. ZifintjUt ejnst. Opp. Ftll, 
p> Xtt<\\ f'um ergo 4e spirituttli imuniHcnttone tluthim citnvctifrU »itbis rttm l.HlhrTo, 
ijjunii mifire etl crftit-re, cotmlat filtern in Vhnslo Jesu prhnam altfiii' pinfOfui* 
etse IN EHCharistiae mnitdncatiane. quottquc dum iltam praecijiutuN fiabemuf, 



SJorliurg. Zwing]} g«gen Lutber. 



201 



ZwidkU alti^rdiii^ iiiclit duldsam f^gea Luthcr's AufTitasuag des loib- 
UoIk'd Oeuiiartps, ala wr diPÄO nirJit nur fflr voUkoinmen m-liriftwidr'nr im<i 
»cboiftfitLsch luudcrii atmuli, uiclit nur für ctuc uiivolb.iclibai-c ttich wlUut 
widereprocilpndn V'oi'^ti^liin^, iiirht uur i'tlr ciuo Italhlieit, weli'lio voa- 
scqueut die ganz« Traus«uljätatitialiuu zur Fulgo labe, »ouduru aucli für 
nnt Verwirrunj; der cliristlicheu lirkenDtnieä uud Ablookuiig Avr Anfnivrk- 
'UUnkvil ^frade ati dt^r Sl^lle, wu d(--r uvau^^c-liiir.lm rtruuilcliaraktur in llt-- 
traoht kommt, niitiiliolj bei dem Gedaukou von dorn xiim Heil allein 
KotiiW4-iid)K(.-Q , vüii iU-iii rrcbtun VtM'halteu dta IUtzcu» im Gtaiibt-ii na 
Christus, in der g»>iatigi-ii lÜugfbuiit? an ibii, iu dem dadiircli jjp wo» neuen 
Ffaud dca göttlichen GeJtiteH und euülivb in der darauf gi'grßudctäu Ge- 
wiashpit der ICrwillilung. ZwingH begüil(;te sieb uii-hi mit dein Vorwnrl' 
dtr Uuliattbnrkuit, vi- urklürte die Ausicüt iieiiie& Geguuru für gpf»brrK>]i 
und uDcbriätliob, weil zurtlckgrcilVad zu dorn alten Wahn, als ob mnD 
aicb auf Werkir oder Virricblunpm verlassi-B dllrff, dio das ITcil t:v ujierg 
ifprraO} bewirken könuton, wumit denn d:is ganze Kvangelium wieder auf- 
gegflb«n Bei. Wohl gelte von Christi Fleisch nicbt sein eigenes Wort: 
^aa Fleisch ist kein ntltze'', aber l'bristi Fleisrb nfitzc :iU fQr uns iu dt-n 
Tod gegeben, nielit gcgeeson, ca^Kn noti umhesa.*) Lntber erwiderte auf 
dies Alles ikbt nur mit der Hinwfisunic »nf die Worte: hoc est corims 
mcttttt, welche er vor sich Imttf, t-r filgto liinzu, dans er „von den Mnthiv 
oiatikern uiclit« wii»eu wollr", nnd ,,n'cun er vou Clirbiti Leih rede, nulle 
ttr es nicht haben, Aoaa man von eioeni Ort rede oder denke." Er hitdt 
also widersprechende Ik't^riffe wie den nnkitrper liehen Körper fest ; die 
äcbnlaatiki^r — er meiuie Üecani **) — hiltlen ebenfalls gelehrt, ein 
KArpcr kMuue itu mebreren OrUtn zugleich »ein, ett t:ebe melir als oino 
Art der Gegenwart (eircumseriptivü, definitive und repletivel in Gott. Al>- 
Ivnkend warf vr auch die Krage auf, i>b Zwingü und seine Genossen 
nicht auch iu anderen Lelireu Irrthllmer hegten, was denn .laeob Sturm 
veranlasste, dass er Rucer sieh Ober alle Glaubensartikel aussprechen 
lirss und dann Luther anfTui'derle, die IrrthOiuer luuiigeben, worauf 
tli«.'aer nun wieder aimwicb: „er si'i ihr Uteliter nicht, es k(lmuu-rc ihn 
Biehl, was man iu .Strassburg lehre",***) — sich »elhst in der Hitze 
schlimmer luaebend als er war, denn e.H konnlv ihm nicht gleiehgiiltig 
win^ ob das Kvan)>i-liiiiii AiiCiikIiiiic* tinde uder niclit S» vorweigr^rtit er 
denn nueh, alt4 ihn Zwlngli am Selilusa mit Thrftnen bat, dasa sin nicht 



ifiui sarrammtiilüi nihÜ prttriett, Ufa fcro citra sacram^utairm, äaaunotto höh con^ 
Umnutur. nimm,! iuluiis tst, hijnriit e fYatrum numfro rrjidmuri ttiamti in sacrn- 
mcufuli mumliicnliime erremu». 

'» Zetlür, i'ad tlieol. System Z«ini;li*», S. liil. 
"1 ('/. Rctllicrg !u lt. .Sind. u. Kril. WM, H. IU. 220. 
•••) Baum, »■«. O. S. ir>\. 



■J02 



Erste AhUiviliuK. Zweiter AhBcbnilt. f 20. 



In Üit&ictloa naseinandor gelirn mAr-liton , denn „es gcbo NicnuDd anf 
Krclen, mit drm er lieber einig »oin wolle", — »ich zur Getncinschafl mic 
i)itn 211 iK-kcntum; er «tieHH die ITniid ztinlrk: r}It>r babt cinvu audiTcn 
(ii^ist aU wir", er üWrlasec nie dorn Gt^riclitp Ooll««, ja er wmulere sieb, dasB 
»IL* iba, d<*&»en Lehre sie fUr ralscli bieltcii, doch als ßrudi^r anurkeonen 
wollten; sie iiiUsston wolil seibat von ibrer ciguoii Lebre iiiclit viel lialtcD, 
wi-rauf HiM'pr nocli ganz uiiwidiTlHgUrb Äagte:') ,,I)iM)]i wilblfl; entwt-der 
kniint Itir Vietnam] alH Hrtidnr gelten lae»en , der auch nur in uiiiem 
dinzigcMi Punkte von Kiieh ubwiMcbt, und dunii b:ibt llir »iicli m^Wmt keinen 
einzige" llrnJer, jiuoli nicltt in Kun-r »■i^inii TarU-i; u>ler Ihr uehuit lOinige 
ua, die von Kneli abweieben, dann inH»»l Ihr auch una annehmen." Wareji 
ftie doch znletzt noch Iiber ll Äitikcl einig geworden, in welchen wirklich 
die HaitpUttleke deu Citaubenx und die (jniiidKdge Je» Gegeuti:it2e8 gegen 
du» Pa|i;»ttliuni niedergelegt waren; und wenn e« sieb so verbiolt: so galt 
hier das W(>rt B u »■ c r'« xwiefacb. Aber «iich Mein ii e h l li i> n üpottete 
Jamala noch herabsehend über das Verlangen der Sebweizor nach ürudor- 
b'ebp nnd Ocmein»chaft.*') Und wenn nicht in Marbnrg nelbst, f» doch 
im Anriitige Oetober ztt Selileiz verilndurle Luther die schon angcnomDiencu 
Arlikel wieder dergetitall, ilacw nun die Sehweizer diese riebwabaclier Artikel 
niebt luebr acceptiren kunutcu. Kin deulacbuB Intereasc für Erhaltung dos 
Friedens im \ .nlerlaiid und damit üiittamnienliHngentl eine Suben vor der 
ficmeineebafl mit i^ehweizeridobeu l>cuKiki'at«n und vuu) Ueiehe AbgofallencD 
mig Wühl stark mitgewirkt haben. Für I^andgi'af IMiilipp war der Kin- 
dniek der, ilnsit er weil luelir aU vorher für Zwingli gewonnen wurde; 
fUr die hart behandelten 8ehweizer selbst ei^ab sieb freilich eine ^Rsscre 
ICliigcnommcnbeit gegen Luther, wabreud dieser vieUciehl nachher dem 
üefüble Kanm gab, hier zu ttehrnlT gewesen zu «ein, und die Nachgiebig- 
keit und Iteschcidcnheit der Schweizer in niildcrcui Liebte au&ab. Auf 
diese Weise aber war die Spaltung nut«r den Protestanten nur noch ver- 
tieft ttud sie entzweite nach die Deut^tcbcn ; ***') im ftdgoudou Jahre 



•) ChrUtuffol, Zwingli, S. 323. 
") Luther im Äfrricula, Itriefe, 111, S. 51:): [h SHimtm homitu-s sunt infpti 

et imficriti ad ilis/tutaiuitim. In fine royaruitl. ut snltrtn fratres ieas) agno' 

scere viikmus, i/iqw Jh-iMt-jis valde urgfbat, sfti not polnit eis eaHcaäi: »hdinuu 
liUHfH manH$ jtach et canUttit etc. NachachritY M elauclithou's: Valde coh- 
tciulerunt, ut rr «obis ffalrtfi nouiütar^iitar. f'üic eorum stttUUiam, cum damacnt 
nos, nif'iftitf (amen a nnhig /'ratrrs huhiri. Kos noluh/iux eis in hnc re asscntiri. 
Sie umnintt afltilror , st res arlhue tmetjra esset, »im mnfuros atnplins l/inlam 
trof/oetiiiiut. 

***) Wenn man fragt, warum die Uofnnnarion nieht altgomeinor geworden und 
di«5 MelirzAliI der Cbri(>tcn katholisch giibliehea Ist litF auf diei^en Tag: so wird 
miin den Unuprgnind daron sicher angeben, wenn nun nntwortet: weil die Prote- 
5t'm(en selber nicht einig unter sieb wurden. Dies nalmi gegen sie ein and wurde 



Sclu'Hnng «Ut «chwoiKcrischon SiXdto. 



903 



konnte Striwsburg sicli der Aogabnrgiw-Iicii Coufossion nicht auB<^)iliesAen, 
Kondom reiclilo mit drei anderen Städten die Trtrapolitana *) ab eigßnra 
KckonntniAM ein. 

rntt^rd'-iiscn ging in der SchwdK nacli diuscu ungODstij^vn Krtolgcn 
die TeforniatoriKche Bewegung in der nnnmelir enlscliiodeiion divergenten 
Itirlitiiiig vttrwilrtd.**) Sclion bildeten, HEitdHm Hasi»l uud liiTii bcinelrt-tcu, 
(lio Anliüt)^>>r der ueutMi Lobre die viel stürken: Mebrlifit und oiav^liten 
unter ZwinKÜ'» Kinflui«« Anatidt, die übrigen KidgeiursHeii zum AnHcldui« 
7.0 xwingen; sie forderten von den \ValdeaHtüni.>n, das« eie der fi-cicn 
Tredif^t dL'is EvHngeliuiii« aurh bei äidi jilcbt onlgefien »ein äollteu.***) 
Zttrirb Bchlo»B 1527 zuerst mit ConstaoK allein ein .Souderbflndniss, ^elu 
diriätllch BiirKeiTCcIit zum Srlnitz der Glitnbensfrrilmil iiarti göttüi-Iiem 
Wort**, und bald nnhmen anr-h HU (iallrn, Uiet, Mfllillmuiieu daran Theil, 
uHL'bher aueb Bern, und eiilferntur sclilosseii sieb sciUrft HtniKsbun; und 
I.aitdgrsf I'Iiilip]! dieüem Itunde an. Ko entstand i-iiu* Marht »ttjirk geuu^^ 
KU einer gewaltsame ii Eiiifübiting der Uefurinalion in der ganzen Hehwuiit, 
und eine solcbe oiaehte wob! üclbst von Zwiugli aU ptliebttnIaBig an- 
getichen werden. Die «fflnf f'BUtone" diigegm, tfcbwyz, l'ri, üiiterwiilden, 
liuzern und Zug, rerbnnden mit Prejbnrg nnd Solotbtirn, — diese beiden 
sind mit gemeint, Vfenu von den „sielu-n Cantonen" ge^pruehen wird, — 
wie Hie »elion nncli der biidiaeben Disputation den gegenwltigen eld- 
genüssiflcbeii Btiudessehwur gegen Ztlricb verw.-igert batteu, wcicbcr sonst 
mit groBaer Feierlichkeit geleistet wurde, +) erhielten 1529 den Kthiig 
Ferdinand des Kiüserä Bruder 2uin Bundesgen (»«seu (dr den Zwcek der 
Anfrerbtliattuu^' de» alten ZuBtaudeti. Kin attgemeiner 4Sicg der Kiifummliuu 
in der Schweiz liess aueli ein gleicbeü Uebergewirht deröclbeh in Deutaeh- 
land erwai-ten, und diese gegenseitige Rftstang batt» 1529 wühl zu einem 
vorObergobcnden Frieden gerobrt. Allein der Weg «ur Eiulguug blieb 
liier wie dort unerreicht, die alten CrtUide des Unfriedens traten abennaU 



ihnen natb dem: ,,an ihien Frilchien »ollt ihr sie erkennen", als biises Zoirhua 
thclls der L'Dvertrügüiihkeit theila der UnBlcherheii angerechnet, wesflwlh man 
ihnen anch die rnentbehrliehkMt einer neuen MeuselionauctoritSt immer anf's 
Nene vorhielt. Die Uriuicbe der foridKiiernrien Uneinigkeit kann aber eigontüob 
nnr darin gebucht werden, das6 der Mittelpunkt eines nothwendigen und funda- 
in»ntaleii Cifnbensu» iiiebt uiiTerecbiedeii wurde von der Peripherie de»äon, wor- 
über versehiedene Anaicliifii io der Oenieinaeliaft brafelie» dDrtcn und müswn. 
riiimpe und ungeiti^bickt«; Anwendungoii dcü Sutzer«, itu^a die VValirliuit uuf Liuo 
Bei, huU'U mehr »Ih alles Andere NotJi und Lut'riuden in ilcr Christenheit au- 
gestiftet. 

*) Conf. coiitct. eä. Xieincyer. p. 740. 

••) Miiller-notiingcr, VU. S. Ifl3. 
"*) Uortiuger'« Forraetaimg von MUllcr. VII, S. 222 ff. 

t) EbenduB. VII, S. Hlä. 



2M 



Ente AbihellDDg. Zweiter Ah»clinlt(. § 20. 



in Wirksamkeit In Aa^^barg liaU4> man 1530 die AbgfsandteD der fllof 
nltglXubigen Cnntonc nusgeKeichiiet geehrt und dadurch ormutbi«;!; streit- 
barer waren sie nbutilicfi, dii- Hirten und die Alpenjäger, ata die Kanf- 
lonto von ZOr^oli, wenngleich sehr iu der MinderzaliL In Lozeru warrn 
Kinbcimisrbe, welehe ia ZwiiigU'B Sinu gegi^n die Klöster geeifert Imtten, 
in Schwyz ein gefangener Züricher Prediger hJugorichtct wordvo; L'uler- 
waldon untersttttzt« die WiderdetzUrhkeit des ßemer Oberlandes gepen^ 
Itern. Zvingli selber zeigte äich auch jetzt znr Gewalt und xnm Angrif 
gegen die fOuf Cantone bereit, aber Andere vermittelten, weun auch uu-| 
politisch f iluch ans gerechter .Scheu vor oinom Krieg der EidgenoEäeDJ 
nnter einander. Daher bescbriinkteii «ich 15;il Zarieh und seine V« 
bflndoten darauf, den filiif l.'autoneu die Zufuhr von Lebeasmictcln ab-^ 
zuschneiden, um sie dadurcli ohne Blutvergietisen, meinte man, zur Tnter- 
werfnng zn nötbigen. Aber dies reizte sie noch mehr, neben den fast 
das gauze Jahr Ifi:)! hindurch gepdogenen rnterhandlnngen rüstettm mv^ 
insgeheim. Den Naelirichten flhiT die Nillie der (iefahr trauten di( 
Züricher nißht, und so sahen ae sieh im October 1531 ganz pißtzllnh] 
durch ein Heer der fcindHehen Cantone und ihrer Verbündeten mit lO'oasci 
LVbi'rmacht iui eignen Oebietc überlHlleu. >Sle raussteu, um ihre ätadt z\ 
schützen, am 11. Octobor Ity'Al nnvorhereilet gvgen die Feiode ausziehei 
hrarhton wider eine vier- bis fünffache Uebcrraftcht't nur zwisehe« 1(M) 
und 2)~HiO Ötreiter zusammen and erlitten ho auf ihrem eignen firnnd um 
Uwlon bei Cappel eine cutschcidendu Niederlage. Von etwa 2000 ficloi 
über rjiH"». dariuiter Uft Geistlirlie und '2*) Mitglieder de» Rathes, au« der' 
iSlarit aiiSf«eriIoni unch 61 Uürger,**) zuBunmien ein Zehuthcil der ganien^ 
Bürgersrlmft, tind nur (He eiiibrech^ude Nacht lünderto die vöUigo Tei 
iiiehtmig iIcs Züricher Ilecren. 

Ancli Zwingli war vom llathe berufen, als IVcdigcr theilsunehnien.***) 
BcwalTuct, wie die eidgenösHisclieu Keldprediger pflegten, mit Helm, 8eliw«rt 
uinl Alt und beritten, — sein Pferd svlioute, — • züg er jius, und in der 
Schlacht, als er sieh %\i Sterbenden niederbengte, um sie zu tri>»ten, wurU« 
er zuerst von einem schweren ):;teiuwurf und dann von mehreren Lanzen- 
stichen getroffeit, aber erst am Abend sterbend von den plündernden 
Niirhzilglern ergrifi'en; znJetzt, als er diu Heiligen nuzurufen verweigert«', 
wurde er von einem Lnzerner Hauptmann Koekinger erkannt und mit 
einem Degouaticfa in den Hals getüdtct. Die Luzerner hielten Qerieht 

') Nach den A^ gaht^n von M»rlkofer, U. S. &1A S. huttcn die fUuf Städte 
H bis UiHtf), ilio /.{Iricbpr ISiHi hii> hllchstcD» 2t**Hi Mann. 

"( (it'nALie Hciceiiiniiigeii bei Ih.tliuKci-, K«rtM;la:iing v"u M II II er, Vll, S. 30S. 
Niicli Muri ki'ler. II, \<iH lielcn iis IliiigiT, : »h^» kleiui'n, IM den ^roAsen Kutha. 

"•) Uiilliiiger» Hc-rormNliuntigut.eli. hrsg. von H-ittiuRer und Vflgell, 
tKt^, UI, 8. l:(6. 166. 



^ 



Zwingli's Tod. Capptilcr Priwlo. 



*205 



aber dea Leictiiium uiitl verurtlieiltfu ihn als den Kilrpvr eltiett Ketzt^ra uad 
Verräthers an der Kidgenos8cnschatTT ge viert heilt und veibrnnul zn worden, 
was dnrcii den Henker vi>n Ln7.ern vftUzngni ward. Alan ist i-r nicht 
begraben, seine Asehe wnrde buclistribüih in iWv vier Winile zerätroiit. 
Aber selbst Lnlher war nucb dergestalt eingenommen gegen ihn, dass 
er beinahe »eine Fimido Hber desaeii Tod nusupi-ach.*) 

Tiel' ergriffen von dum Kuli Zwingli's, an dessen Stolle er anfun^s 
berufen war, stnrb auch noch in demselben Jnhre 1531 Oekulampad in 
Ttasel an einer cdtzflndÜflien Krankheil erst -19 Jahre all. .Vueh (imsstcn 
sich Bern und ZUrieU dem sehr ungiliir^tigen Cappelcr Frieden vitni N«- 
Tonbor 1531 nnterwerfcn, weteher ihnen das Versproeiien aiircrlegte, ihr 
BflndnIiKA aurziigebeu und die Eidgeuossr'ii der ftluf Orte bei Ihrem ,,w:;liren, 
nnge zweifelten i-hristlirhen (ilauhungäiizlieb ungedispntirt bleiben zu lasi^en". 
Soit Zwingli'a Tude konnte Zürich acjne bisherige aggressive Stellung und 
Thätigkeit zum Vorthril de» Kvangelinmi* niebt im^hr Un^ei- beh.iii|)ten, 
da» Cehergewicht war verloren, nnd wi ilie .Stelle der thcokratisrhen \er- 
mischung geistlicher nod weltlicher Gewalt, wie sie in Zwiugli's 4Sittue 
gelegen, (r:it eriit unter den Nitehfolgern mehr Selieidnng der ■^eisHirhen 
und weltlichen Verwaltung, mehr Trennung von Kirche und StaaL**) 

Allein die kirehliehen Erneueningeu, wcdehc die Schweiz vor Allen 
Zwingli verdankte, wurden dnrch diesen Ausgang niehl gefilhrdel; die 
neue Kirche, wo sie Wni*zel grfaost hatte, bestand foi't. .Selion un di'U 
meisten Orten waj* dieser Zunlaud durch Staatsgeselxe befestigt und durch 
die Vorliebe ilcr grossen Mehrxntil geftchotxt. Zwingli und Oekolnm- 
padius fanden wUrdige Xwehfolger; an die Stelle des Erslcrun in Zilrieh 
trat s<-in ScIiIIIit II. iliiUinger [geb. lht)i, i 1575) nnd sein College und 
Freund Leu Judae, an die des Letzteren Mycunias. Auch blieben in 
Basel UrynSns U.A., in Bern befanden siib noch UalU-r nnd Farel, 
der frtlher in li:inel gelebt. Von Bern aus breilele »ich die Rüforniallon 
in der französisehen Schweiz, in Lausanne nnd im Waadtlaudc aus. In 
das Jahr 15.32 Cällt schon die erst^i Baseler oder MOhlbünser (jontWsion, 
wahri^chcinUch auf dem Grund einer Kede von Oekolampad dnrch 
Hycunins hearlM-itel.***) 

lUermit schliesst der erste Act der schweiseriseheu Ueformtittous- 



') Briefe \tjn de Wottc IV, 3^2: Judicium Vei Hvnc secuHdo videmus, semel 
Tn M»nzero, iiunc tu ZK-uuflio. Proptitrlu f\ti. qw dixi, Ofum noii futurum diu 
rabiilas i'l /'uriitxus b/uxfj/u'minx , tfnilnix tili )iif»i franl irrh/rntt's l/t'Hui Hitstrnm, 
vtu-aitt.'t iiiit carniroios <-/ iuht/uiitibiliax et trtieitlot, 

"I L'cliiT ilun liatiiorldcheii Zug in Zwingli, welcher ihn itnrh zar tbeokratiscben 
VennlAcbung weltliehur nnd geintlielier Aufsei egüabeiteu nnd xur gewaltsamen 
riopo^auita verleiiete, vgl. nnudenhagen, Kirchenpolitik I. S. lh%—*>'t. 
••') Collect, cmtf. cd. yiemeyer, jt.St. 



206 



Erste 



Itin* 



ftr A 



mW. S 51. 



gcsrhiclitc. Dur zwhU' fiuclet diicu neuni äUttiilptiukl uui) itfUt eine der 
btHl»uti>ntlBt<in rt^rüonlicIiUt-ilvii des Jülirliiindci-U atif deu SctmiipUttK In 
ileni Haiiue, Wülclii-r Migur :iuf diu g^tiKC übrige Uefuruilrtu Kirvlie, (l<>reu 
L«lirc iiii'l KirclivuvLirfiiäfluiig eiuon viel märhtigercD Kiiiflusii grwinuoti 
sollte uIh ticIUl ZwiDgli.*) 



^ 2L Kcformation in GgdC Calvin. 

/.ur Lilurutur vorglciclic den V(»rif!un §. Auüscnleta: Ituburcl, Hist. ftc d 
de ticmrvi: •ffptiis (e i'tnnmenccmml lie ta rif. , Gen. ISöh -5*. 'i T. Ml (flu 
Uitf. il*3r Itvt". iinil der Verf. '1. t'niv. in dcuf. aiin tlciii I-'ranz. »od StoU. Ljiz, l'H 
Hn'tH<-hiM>i<lcr. HiMinit; ti. (Jt-iot C. u. d. ticiif. K.-Kcf., Alm. 1S2I. Oatiffcl 
Satkfs sur tes famiHes Grner<*ises, "i B (it., Ociif I^iU— :k», dn viertiT von iieinec 
SfiliiK! IHTiT— tili. t;. li u1 i f l'i- . fjui-l^ui-s pagex tt'hixi. t-xartr sur les proccs intentet 
t'aMfy Ih62. Dubsclbcn Mouvelies pttffts tl'kiit. i-xatw etc. in iVc'm. tft Fmii 
Hill. Geiu-pois IS02 u. 03 (Kraos«. K.>UUtt Hlr ruf. Kcliweix IHUl). Uog'oi 
C^tjlise et C^ltit ii Geitevf flu vivant de Calvin, ISG7. Uugot, Les Suüses 
Geveve au XVI. xiMle. Mlirikofcr, lUlilcr aiia dem Iciruhi. I.i'h«n der Etchwrii., 
I^itll. Ok' Schriften von Sentioliier. Clirni'viörc, JaqmMuunt, ('hnpoTinii^ru Ufutif 
Hiictf K.-*;. § 'yi'i. — ZiMt*<il(lor iu KrzäiiliingL'u ans der Geseliiplne der cliri'il 
KinJio, Kuln bei Biiclivm. Ud.X: Uicia run Mninuiur und Culvin's Soli recke n»- 
herrsch II ft in fienf nach Ü. de Ileujfuou und J. B. (.i. (Jolilfu. Kircliliofcr, 
U'huQ W.Farel'B, Zlir. is:tl. * Udc. C. Hchnitdt, Karel und Viret. Klburf. 1^r.'». 
L'clitir Kau|>scha) 10, Culviu'a [«eben. Biclio di« Ui>ceuaiun TOD O. Weber in 
d«u Ileidrlb. Jabrhb. Ocl. IMG». 

Wenn dio kirclilichc CniwälRun^ sclio« in deu »chwcizr-risch-dcntaclici 
StäilU'H dnreli bUrgiTlirlio V erhält niMo niclit wenig erleirlitcrt worden w»r:^ 
8ü hat die Cicuter Rerortuiition noch mehr einen politispben Hlutergrand 
und Aadgnn^. In ihren AnfUngi':n üicsaen paLrintiaidie, reiigiilae and kir< 
litlu' Motive in einer Weise zusiimnieu, weh-lie es dem Historiker schw« 
mnrlit, den Verlauf nnrt Krlolg der Uewpgnng nnter Wilrdignng die« 
GcHirlitspunktß richtig ku beurtheilcn. Die Stndt Uenf ttlAnd zu Aoi 
diutter Periüde nur in einer »ohr loaen VerhiiMlnng mit der Si-bweia. SU 
wnr seit dem XIL jAhrhiindert dvr Sitz eines UiBehofs, der eigcntUe^h di 
Rugunt der 8tadl sein Bullte, n<%bc-n welchem nber eine atiidtisehe RegiemD| 
uultr einem Senat der Zweihundert und vier öyudicis zu ziemlicher üi 
alih;lng|irkeit gelangt war. Indesden hatlcii sich zu Anfang unnerer Periodi 
mclurorc Bidehäfc am dein Goichlecht der Herzöge von Äavoyon bemObt, 
die »Uld tischen Freiheiten zu btÄclinlnken, indem nie vielmehr diuaei 
Ilerzcig:!» Eingang und wiiinOglich die IterrHelialt Über die Sladt KU ve\ 
rtchnlTen suchten. Daher gab ea, besonders seit 1513 »der R-utt^rd' 
JoliADD von Savoyen durch Loo X. ßischof geworden war, auch imini 

•) Naeh llrachclli, Statistik istiT. S. 12", hatte die Hchweii im Deccml 
18«o eine Bevölkerung vou 2*;^ MitlioiuQ, iinUr ihucn l'/i Mill. Ileformirtc, J Ulli 
KatliolikcD, tiou andere Christen, Herrohuter oto., cudJicb luuO Juden. 



Oenftr Partplen. Wßohof de In Baiimi-. 



207 



awei Parteien in Genf, eine bischoflichr und »ivoyiBclic und cino ropttbU- 
hniiltiehe, tit.1dtia(.'lu-. l)'n\ Ictzltri' licnüind juh dor l(Orf;(>i'ä«liai^, writ'he 
sicli jcnor gegenüber ihlirh An^tiTltlii^^iiiig -in di» äcliwc'iKi-r zit vcraUirkcn 
aurlitir. Die Aoliflogcr dor ci'storou wurden von dun ätidtistiheu vt<%vn 
ilirer l!nt(.•rw(lrfigk^:^il t;<'{!^pii Savnycn M n rii c I ii k c n ;;en:iriul , dit- dtr 
letxU'nm Kidgi'nowBcn, Eydg<'unt^ iidt*i- furriinipirt Huguomtlh.*) An der 
SpiUe der iiatrlotiscbcu B^^wcf^uii^ »taudcn ^cfi^u-rtc Männer wie Ik<rtbe- 
lier, Hiigue« und Ilnnnivard, der „Krusniii» der Genfer Itolürntaiion^. 

Nui'li »bhäii^'igi'i' arbicn dann die SiudL tint(;r dem ful^t iidcn [tirirliuf 
Peter dt; la llauuio ftpit 1A20 gRwimUMi zn itein, denn unter ihm ii-ibai 
QUO schon der lUv7.tr^ selba seinen SilK in der Si&iU, nud der Luxu-h an 
«uinvm nnd d««« |{i)!rbnr>« llofo fcrfKotWn cino grosrio Mengo nn die. Her 
BiBcbuf vursiiuitik' »otn Amt und rrj^nb 8irb einem be<|iienH)n und »cbwrl'^e- 
riscb^n Loben; die Ktilster vcrlit-lrn nud wnrdi-n znebtlos, nnd nnr die 
iiJcbwcäLern von St. Clarn uiaditon cino rlllimltebc Ansutibme. Allein i-Ueu 
Aiavn frivolo «ml wülllir.lu' Trolbcn begilnstigt«.' Ib'Jb üine UeAction der 
bctueren [illrgcr und ein n^mea ItUiidniHtt mit Hern nnd Fre-ibiir^' und lieb 
dem Widerwillen ;:i-gen den Hiaebof n li^iöi^e und sittliche lIowoggrEliidu, 
wolebe der Uefonnatiou den Weg bereiten ninänten. **) 

im Jabrc löX% gerade als (.Henieus VIL einen neuen Ablaau in 
Genf HUSgeHebrieben Iiutle, katu Wilhrlui Parti (gi-b. ) IN'J, f ir)r.5) 
von Bern nach Cienf. Anfiings mit einiger Voraiclit auftretend, entwickoltc 
er doch bald in seinen AngritTen gegen den Rctinisehcn Anticlirtsl nnd die 
Gräut'l der Itildervcrelining und des lieidiiiÄi-ben Gt"tzt>ndien8tett dun ganzen 
L'ngejilUui seiner Ifidfiütcliufllit-bun Natur. Münuer v'iü Krasmus kuiailen 
sich am wenigsten lu lim liudon. /^wet Andere, Saunier und Frommont 



•) Ztf LabnurcNr , AtiiUiioM an me'm, ttr Castetna» T. i, p. 351 tiomerkt, der 
Name kniRiiie nncli IVi|i<*liaicr He la jutrlr liuyutm h Tours, wo Kttf »leb vcr- 
Bsuiinelt büttou, nacli Amlfren von Hugo Cxpot, deäitüD Nocbkoutiuen »ic gegen 
tWie Outsun und Lutbnngcr rcrlJiei«lig( , nach Tavnnuc« ans dur tichweii vnn 
,, Kidgeoussen ". Vgl. lleury, Lclieu Calvin's, 1, 4S. 

**) Mcrlc «l'Auliiguö sagt in M:incr Oescbichtc der Bcfurmation i, S. iCt'J: 
„Die kiHiiistL'Q HiijieiLuttvii wulltc-n 4!ini' freie Kircliu in viuvm frvioii Staat"; >laxu 
bemerkt Kainiiacbulte, .luhnnn fnlvin S. '.lf>: „ I>ureliaii!^ utiliiäti>ri8oli \t.t die 
Aosk'lit. nt-lchc d<<r L'UaMiiiiigi^'keittfpAriei von vtirnheruin lari'lionli'indlirbt* 
Tendenzen zui^L'lirviUt und Ak sofort mit der UelormHlioti in NerUintlung Iriugt." 
Denn<K!h ist iliin mit ICecht untgegcnge halten M'ordeu, das» iienf in seiner da- 
uialigon [«gf unter einem bisebilflielien lU-fiiiiiüiit »eine Freiheit niuiuienHobr hätte 
bobaniitvu kJinuen. dahti sUu eiue ijuliiiscbe Revululiun uhne kirchliehe UefurmMtiou 
in Jeu« II lagen ein we-ifntiiaeri lSch;ittfnbild ^--i'Michen wäre. Weilei-hin uutwickelt 
das Werk vun Kam|ischultu ausfrei;eichiiet<- Kigt'nscltafteu hintoriticlier Lebendig- 
keit, OrUndllclikeii nud s(!lhM L'ulM'ruuKei'lieit; nbor lUe Starke und AulVichtiKkcit 
der ruligiÜB-proteiitaoÜBebcu Iriehkrdfte werden in iliin niulir Uiureiebeud au- 
erkiuiQt. Vgl. die BourtheUung vun U. Weber i.a.U. D. IL 



208 



Erste Alitlicilimir. ^wollvr AHiwIinJtt $ ?t. 



sobloasen sich aii; der LeUtere hatte sicli au»gcbateu, er künuo in Kiiirm 
Mt'nat lesen niid schreiben lehren ; jftzt vortanschtr or mit der OrmninaÜli 
(liv Bihrl imil predigte mit Frner and Bcredt^ainkrit. Diesi* Drei wirkt*?n 
lischst energisch, heimUeli und öffentUoh nnd ßnter tuumltnariAclien Aaf- 
tritten ffir di»? ntin* Ix'^hre. Der Senat schwankte lungi', weil t»einc Vor- 
bltuticii!ti Ueru and Freibiirg selbst getliejlter Mciimu); waren, Ücrn seil, 
lüäH rpformtrt, FVeibnrg imme.r enUe.Ii jeden er katlmlUeh; eudlich »l 
cnlKeliicd er »ich für dus mitchti{fi're Bern , bewilligte 1&34 den Uemer 
eine Kirche, in welcher Farel den grüaRtnn /nlauf fand. Ein L'ebcrfa 
von Seiten de« Biächofs, des Herzogs and Kroibnrgs wurde vereitelt 
hatte viclnif-hr die Folge, daBo der Senat da« Itiäthnm fllr antcehoben 
erklitrte. Furel, kurz vorher noch eiuiual vertrieben, hielt im An^fii 
liyMi anf die VulkHparlei gestiltzl unter (ielänt seinen Kinziig in die Stadt 
und verkündigte das Evangelium kirehliehor und bilr};erttchcr Freiheit*] 
Ein üffentliche« Keliginns^feaprilph wurde l.'>:{ri gehalten, in we.lehcm <•«' 
Fard, Viret, Froniment nnd Reniard mit einigen selbst biit (lAliiu 
widerst roh enden Gegnern .loh. Chapoie und Caroly anrxuuchmrji 
wüAHten.*l Dureh Valkithanfen wurden Hilder und Iteliquien 7^M-atört, nni 
am 27. August l.'u^fi eikUlrte der Senat, An'*» der küthnlisehv (.'nltint aul 
guhobea sei und daas alle BUrgcr dem prntctitantiite.hen (Uanbcn stich 
2iisehIio8«en hätten. Kine f^elbstrcgierung der Btlrgei-»ßhnlt trat au die 
Btelle des Biäehufii, aucli Kampt^ehnlle ninsi» eiiirüumeu, wie feige nnd 
seliwach sich hier der nite hiseli^iflieho Klvrni^ betragen habe.*') Aaf dci 
Lande In der t'inge^end wurden dann vnii Genf aU(< Bekehrungen sei 
mit ijewalt betrieben; auch die bitteulosigkeit, welehe in den frUhcrcj 
Zeiten eingerissen, war uieht sogleich auszurotten, sondern fand dm 
ueurn Sehiitz in der Bfseiliguiig der liiseh'ifliehen Kirulietixueht und 
genilssdeuteten V'tirHtcilung von evangelischer Freiheit, fiDÜuss Farel aell 
nicht wusste, wie er EinhuU thuu und die Reformation gegen äch&udr 
nnd tjehaden ttieherKtellen sollte. 

Urade nuter die:4eii Umstünden tU'AG wurde udcIi i'iii Junger Trauzt 
veranlasst, sich nach Cienf zu begeben, es war derselbe, weh'her t'llr die gi 
reformirte Kirche, Ilirc Ijohrc nnd VertatwuiiK dir zweite tirllnder werden 
und eine neue zukuul'li^vulte Epoche lierbei fuhren i^ollte. Mit t'slvi 
taucht ein neues Eieaient iu der Geschichte der Iteformutiou auf, wuleht 
allein sehon bestHtJgt, wie !M>hr sieb die leforiuatorischen Fer»i»n lieh ketten 
ergänzen, nnd wie sehr wir Unrecht thuu, indem wir uns gewöhnen, sie 
nur iu der Oppivi^iticiu zu einander zu denken. Die Lutheriseh-deutsclio 



*) KaiDpscIinlte ji. a. 0- S. Itil. 
**] Er »ogt daher S. 122: „Yfu der Katholieisuius zn Falle kommt, fällt er nleJ 
ohne eigene Schuld." D. H. 



(.'alvlit's Jnj^tid and Stiulleo. 



201» 



Kirclicurüforro, von ücn rniversitUteu ftUAgegangmi^ wnrdo Umbildung qnd 
Auaprä^iiii^ der Lclirc, tiiH^hät wcTtUvnll iti t>i<'li »vlbät, über durli iuimcr 
c'iuitäicig und datier eine Luoki; UtnHfud fitr dit andere, der wcitljolieii 
ZdguUusigkoU widei-strebeudc und tief in die f^UtunbUdung ctosciiuiiidvudo 
Wirki^amki'it Oalvjn'it. 

Juliunn Calvin wur vni 1509 am 10. Juli %a Noyou in der Pieordie 
geboren, der Solin eines strcnjjen Vaters, der ali Ueelit&gelehrter and 
äecreljkr de« Biticluini tbüiig war, und einer frunimin Mutter Auua 
FranltH aus Cambi-yy, welche ihn gewöhnte unter freiom lUmuicl m 
l>etci). l>4^K;b von frilbe an wurde or iit einem vuraelituen Ilauite und 
uielit aotor den äeioigoo erzogen. Nocli oebr jnng halte ihn der Vater 
za einer gri^tlichcn LauPtalin btatimint, und erat zwülfjflhri^ erhielt er 
Bchfin dureh Verwendnng des Vaters da* Kczugsrecbt t-iuer geistlichen 
Pf^udu und wurde damit lu den Stand ge»et£t, mit dreizehn Jahren su 
amner hJlheren Ausbildung nach Paris zq gt'hcu. Zuerst kam er hier 
1623 in das Collegiiiui la Marche und in den Cnterrirlit M- L'urdtur'ti, 
— wcleher Baekher 2a der fiUrche seines Schillera dbertrat und selbst 
nach Oenf ging, wo er Hr» Jahre alt mit Calvin in demselben Jahre 
gestorbuj Ist, — daou iu ciu Cullegiuu de Moittaiffu , welches bald nach- 
her einen höcliat entgegengeaetzten Geist iu I g n a z t u a L oy u I a auf- 
nehmen sollt«. Im Verkehr mit ätudiengenossen zeigte er sieb streng und 
zum Tadul gt-ueigl. *> Mit achtzehn Jahren empfing er durch seiuen 
Vater nueb div Kmulumeute einer anderen Pfarre, und dazu zwar nicht 
die ürdinuliüu, — denn er hat nie eine liaihulischy Wcihv erhalten noch 
ein M<meli»geltllide abgelegt, also auch durch aviue Verheirathung 15.'ig 
kein solclietf gebrochen, — dooh die Tonsur, am die EHnkOiiflu bcuebuu 
zn künnen. Uiu 1528 iudess verlangte sein Vater, zerfalleu mit dem 
Uibchuf, wie er auch iu der Kxcommuniealiou lö'6i starb, daas er von 
Paris sich nai'.h Orleans und daun uaeh liourges begeben soUto, um unter 
A Iciatu» dif HLuhte zu lern^'ii. Ditni geschah , aber mit ungeheurem 
Fleisa und uuter Nachtwachen studirte der junge iMann zugleich die Alten 
uttd die Bibel, be&onders ein deutscher Humnuisi, der Schwabe Melchior 
Wolmar, welcher in Orleans Lehrer der grierliinrhen Sprache war, leitete 
ihn. Nach dem Tode seine» \'aters gab ur suiuem Leben eine ncivo 
Wendung, er vcrliess das Reebtästudiuni , obgleich er es schon bis zum 
LlcoQtiateu der Kcchtc^ ^rebrachl halte, und in Parie, wohin er zurückging, 
ftchloss er sich «cit iö'A'2 der dort beb t^ili enden evaugcli»cheu Gemeinde an, 
bereit ihre Gefahren zu theilcn. Ei* spricht solbat von einer xiibtla CWi- 

*) KampscbuUe. Calvlo etc., S. 22a— 225. .SeiDL> JUtschUler nannten ihn 
weffcn hjiuligcr iluiTh ihn venuiUnsler Anklagen den ,. AccuBativ". Sn'trus 
OHUiium in suis sotlaUtms nidorum (viutnr ncuni thu Ueza, und er Milbur dagt: 
AntmuiH mcut/i, yiji [irt/ atltttg nimis obduruerat. 

Ilenhe. KttebflugaitchUbta L J4 



210 Erste Ahtlieitun;;. Zweiter Abschnitt. § 21. 

vcrsio durch welche Gott ihn zu sich gezogen habe, und welche in diese 
Zeit fallen mu4S. Von lii<T an und mit khirem Bcwusststün dessen was 
er th:it, entsagte er einer u.-ieli :i1ler Wahrächeinllehkcit glänzenden Zukunft 
und vcr7ic:htete auf den (jeuuss »tiner Pfründen; aueh mit üucer in 
fitrassburg trat vr damals spIkpu in Verbindung. Als Philolog und Hnmanist 
hatte er so nusgezeiclniete ?\pi'tschritU- geniaelit, dass er schon 1532, aW 
im Alter von '2',\ Julireu, s ine erste ;ielirift, die IJllcher des Seneca ße 
cleriientia mit Oommentar herausgeben konnte. Aber die Tage einer fried- 
liehen literarisehen Beschäftigung sollten rasch dahin gehen, schon 1533 
musste er aus Paris (Itlchten. Für einen Freund Kieulaus Cop, einen 
Baseler, Mediriner und .Sohn des ki'piii glichen fAMbarztes, der frilh Reetor 
der L'niversittit wurde, hatte er eine hiteiuiaehe Autrittarede vertasst und 
darin (jedanken von der Keehtfertiguug durch den Glauben und dem 
reinen Evangelium in so bezeiehnendcr Weise aufgeuommeu, daas man 
zuerst den Keduor, dann, als dieser nach Basel entwichen war, auch 
Calvin aufsuchte und zur Flucht nötliigt**, zu einer Zeit wo bald darauf 
ilberliaupt in Paris durch die Piacards l.''»M4 die Verfolgang gegen die 
Gemeinde sich erneuerte.*) Seit Ib'Mt finden wir ihn in Basel, Strass- 
burg u.a., er würdig mit Gryuiius, i^apito, Bueer bekannt und schrieb 
1.534 eiuf^ t^chrift über die Psychopannychie,") den Seelenschlaf, gegen 
die VViedertiiufer und deren Meinung, dass die Seele mit dem Tode des 
Leibes zunächst auch mitsterbe oder doch in einen schlafartigen Zuatand 
verfalle, wogegen Calvin das persönliche Geistesleben nach der Bibel als 
ein fortgehendes zu erweisen suchte. Indessen war dies nur der Vor- 
liiufcr einer nngleich grööscren Leistung. Sehun im Frllhling 1536 ver- 
ölVentlic-hte er, )ii^ Jalire alt, zu Basel „das Programm und Werk seines 
Lebens", seine hiHtHitl io rcliyhin'ts r/irLs-fhiuae fid Hegem Fran- 
riscum, freilicli in ihrer damaligen ersten Gestalt'*') noch eine viel weniger 
umfangreiche und durchgearbeitete Sehrift als in der späteren von 1539 
und noeli mehr von 1550, doch schon jetzt ein bewundernngswtlrdiges 
Denkmal, bestimmt eigentlich, um mit Aufbietung htichater Beredtsamkeit 
und Geisteskraft den König von [''rankreieh für die evangelische Sache 
zu gewinnen und zu bekehren, — für die schweizerische Rcformationj 

*) KincTi letzten kurzen Aufenthalt in Paris gegen Ende Ib'-ii erwähnt Kamp* 
schulte S. 24;i. 

*") Kainpsclinlte's Uitheil S. 2lSt: ,,^'ur ^wei Jahre sind seit Jenem 
(,'omiuentar Ml)er die Milde vergangen, und doeh wie völlig erscheint uns das 
Bild de» Autors verändert! Hin nclmeideiider pideiiiiselier Ton ist an die Stelle 
des huuimustischeii {jetrcten. Die .,1'sjclioitaunyeliie'' i«t das Werk eines strong- 
(rläiil)igen 'rheolngeii. iler linniaiiistiHche Zicratlien vitrscliiiiUlit, der nur die Bibel 
und niehts als die Biliel gelten lüsst." 

*'■) Die früher sehr verbreitete Annaliuie einer ersten franzOsisch geschriebenen 
Ausgabe ist durch neuere t'ntersuclmugeu entkräftet. D. H. 



('al\ii]'8 inslitntio, der«n SUndpunkl, 



211 



Migt KampftrhnUe, epo<^hpmarIioncl wie liUtlipr's BiWI (Hr die detitschv; 
er ueoiit Calvin lun dlcacs Werkus willen üvii nAriBtotule» der Re- 
formation." *) 

lo dieser Lehrontwir.klung war nnBsclilIossHcUiT Hud nnbediiigter lüs 
bei Zwio^li iiuil Lullicr, — «flclKU* '2'i Jaliir ttlLi^r aU C'nlviii tlor.li 
mehr vcraöhmiid unter dem Eiiitlusut der kirchlichen fcborUcrcruii^ stohcu 
gftblii^ben, in dc>r er atifgfwarhsen war und aas welcher er dich ru^Uritt- 
wtiae h eräugt; Wirbel tot Imlte , — die Aoctorilut der heitigcn Schrift aU 
alleiniger güttlicbfr Nurm anerkannt gegen Traditiuu der KirchR wie gegen 
Philüs<»[iliie und Kinwiirfc der Vornunfl, Und imcJi Cftlvin's Schrift- 
vtir«tilndni»iF, wulclie» er i^bcnHO entseliiedeu iiU d»a allein richtige hinstellt, 
and in tiefen ttehanptiing pr itioh Btcta gleich gebliobon iat, wird hier 
noch vollcodctcr und (ltircli}<i-rilhrter als vtMi ZwingU jene nicht blucs 
I^ather, sondern anrh Angustln sellN^t Qberhit^tcndo tirundaaßehflnung 
auf difl Schrift gcgrüudol, wolclic di<^ ganze Theologie zu «Inor I-ebre von 
Oott mne-hen soll, — von eiuem Ällrnilchllgen und unerforsrh liehen Üott, 
weleheui g<<genab<*r die Creainr und alles Eadliche vei-schwiodet , ohne 
welchen die Crefttnr nicbtü hat und von welchem allein sie Alles besitzt^ 
wiut ibr eigen ist, von seiner Slrnfi^crechtigkelt, die er unerbitllicli nn der 
Menge der Nicht-tlrwühlte.ii, iiud von seinem (inadenratJiBcliluBft, welchen 
er au wenigen Auäcrwahlh-n ufTenbaren wird. Bejdeti, die Verwerfting der 
Rint-n lind xwar der Minuten und die Krwiihliiog der Anderen, bat (iott 
durch einen owlpco unvenindcrliehcu und itnwideratebHelien Rathscblaas 
vor» nahes tiiumt. Densen utigenclilet niusa vn .inch bei der anderen biblischen 
^•'«hrlieit bleiben, das» der Meuseh durch seine eigne Sehuld stludigt nnd 
It; — wie Beides neben einnader beätebeu kfiunei soll die Vernunft 
nicht anmiinsaeo , gegen die Schrift fragen und forschen zu wollen. 
An di« SteUe der Liitheriitchen Lehre v<)n der Kechtfertigung, wclelie noch 
ofnR Wecli^elwirkung zwischen Oott und Meiit>cli, ein Annehmen oder 
I9icht- Aniiehmen der gttttlirhen Hlllfe auf f^eiten des Meuactien übrig lässt, 
tritt demniich jetzt die Lehre von der ICrwablung- Diese aber, indem 
sie 2U dem deniüthigen Bekenntuiss uiltbigt, dajBs wir aelber uiohta ver- 
mögen unil Allen vun Gott empfanjreu babrii, soll keineswegs die Wirkung 
fliltltcher Ulcicbgilltigkeit, Apathie uder Verzweiflung haben. Nein, sie ist 
kein achreckhal^es Dugina, auch ktun le«res nnd nnfrnehtbares Theorem, 
au» ■ihr gerade entspringt die lebendigste Praxis. Wer zn dem absoluten 
Decrel der V'orherbestiiumuug und Krwählnng gläubig emporblickt, wird 
von äolbstsucht nnd eitelcm äclbstrUhiuen befreit, er wird aber auch in 



') L'cber Inlialt unil (tiitniktor der lostitudu siehe Ousb, Cescbiclitc der 
pro!. Uogmaük, i, ä. UU iT., Stähelio, J. Calvin, 1, 8. 41 ä. , Küstlin in Siud. 
und ELrlt la&^, 8. 36 ff., Kampsohulte a. a. 0. S. 251. 

14* 



»li Erate Abtliciluiij?. Zweiter Abschnitt. $ 21. 

.Spannung erhalten mul zur ängritlichiMi und gDwi»senliaften Wachsamkeit 
des Menselicu llbt-r aicb nclbst liinfiodriinjrt. Im clgcnuu luniTen als der 
ihm zugänglichi'n .Stiltte vorinag or allein zn einer certitudo saiittis zu 
gelangen, hier kann und aoll er darüber gewiria werden, ob er etwa von 
Gott 80 begnadigt sei, zu den wenigen Auscrwühlten gehören zu BoUen. 
Als Folge dieser augestrengten Selbritbeobaehtung und Sclbatbohütung 
ergicbt sieh alsdann statt des Lciehtsinns oder Vcrz:'LgenB gerade die 
griiastc sittliche Strenge de» Einzelm-n gegen sich selbst, denn das Frei- 
bleibcn von .Sünden gilt nothwendig als die conditio sine qua non und 
als das niientbelirliche Kennzeiehen des Jj-wählteu. Keiner darf zweifelo, 
ob er erwählt sei, das wiire strJif liebe Neugier und gefiibrliclie Ver- 
suchung; Keiner darf, den» die Oebitte ergehen an Alle. Wenn aber 
Erwiiblung Alles ist, so ist llierarehle Nichts; aus den Erwählten muss 
Hieb sehim diesseits eine Kirche bilden , welche mit strenger Zucht dem 
ehristliehen Leben ani' Erden Ijahn bricht; übrigens durchaus frei und 
ßclbstilndig, will sie nur biblisch g<-bundcn sein, indem sie in dem Buch- 
staben der beilif;eii Sehrilt, dem unverilnderlieh und unergilnzbar gültigeii, 
„die einzige Auctorität erkennt und diesem alle gottesdienstlichen Formen 
und das ganze äussere Leben unterordnet." (Kampscbulte,) 

Aber nicht ganz wie bei Zwiugli wurde von Calvin das Princip 
der (ieringaclituug des Oreatürlieheu und Leiblichen auch auf 
das Saerament oder gar auf Christua ausgedehnt. *) Calvin stellte 
Luther viel höher als Zwiugli, er uiissbilligtc sehr des Letzteren Ueber- 
rnaass ,,iit everlenda coruafix iiraesendae s^upersfiftnne"', welches ihn zur 
Verwertung der vera ris cn/ni/iunlcii/iotiis fnrtgerissen habe,**) und ver- 
warf dessen Lehre muh Saerament und Abendmahl als zu weitgehend bei 
nuthwendigcr Vermeidung des [rrthums. Nach dem Wortlaute der Eiu- 
setzungsworte hieU Calvin fest an einem (ienuss des wahren Leibes und 

•) Aueli auf die AuKnittuiig des Bilderdienstes, — quasi nihil aliud esset 
Chrislianismiis quam sUttuaruin tversio, — K'Kte Calvin nicht ganz denselben 
Wei-th wie Zwingli, (jliesöier, III, i. ;(*»■'.. D. H. 

"I Stelion bei (iieselcr II!, l, 171. Valv. ad l'arcli J Marl. 1640. CruHtar 
hiiiii r/W, si i/ids Lulht^nmi timli't prarfrrr*' ZiviuyHn, ifiuisi evantjeiium nobis 
pereat, si quiil Zwinytio lU-Ct-dit, iifjuc Iui/wh in ea fit uHn Ztvinglio injuria. 
Xtiin si itiliT sr ctimi'firtiiititf. scis ipsc . qiianhi iiiUrrallu LhIIutus excellal etc. 
Eö exifltirt ein einzigei Hiief Calviu'.'! au l.ntlier, in weleliem er, aiifgefonlert von 
vielen noch L'ncntseliicdeueii, diesen liitiet, seine Seliril'ten zu prüfen and eich 
iiiier sie auszuspreclicu. Er nennt Liirhei iris ccceHcnt initnstre de Fegtise rf« 
Christ, nwii vciierv pi'rv eu Dien und sagt mit liöcli.-*ter Klirwbietiing, das» wenn 
ihm «bis (lUlck uieht zu Theil wenlcii sollte, ihm diesseits /.u hegegnen: so hoffe 
er im Ilimiucl darauf. - Aber Melauehtliou t^eheini gar nicht gewagt zu haben, 
diesen Brief alizugclien, weil Lutlier jetzt nudln snsjnciasi' accijdt, und so hat ihn 
der relierliriuger wieder mit zui-Uckgenumiiieu, und er betindct sieh noch in der 
Bildiothek zu Genf. Siulio den Text in ijuuuet, lUcils liu WLsiiicU' i*. 33i. 



CtJvin nnd Zwingli im Verglpipk 



213 



Blutes Cliristi nnd an einer virkRamon Gcgcnwnrt dosdolbon, ebenso 
wie fllH'rhnnpt gegen Zwingli daran, daa» jede Mitteilung des giWt- 
liehen (ieisto« nur iliircli Clirietns vermittell «ei und nnf iliii beAcliränkt 
wunlen mllMe. t>io Art doü Ivuipfangca Cliri»ti Im Abeudmalil beHtiiuuite 
er negativ dnreb Verwerfung zweier extremer Vorstfllnngon, welche ilim 
nnwQrdig nnd gottt^-ilÜAtt^rlieli Kcliieneu: räumUeluut Plingesrblotuwnäoin 
(liristi uud lUlgegenwJirtigfä Zertluaseudein detsselbeu im fuiveräum, — und 
dachte sie poHitiv deiunarh il» rlo geiHtlges Ümiiexgen de» zum HimiDcl 
erhubenen Herren im GJAuhen. Negativ begegnete er »ich «Iso mit 
Zwingli, wRbrend er pu»itiv^ um zn einem realen wenn aneb nur geiütigtia 
Gcuns9 de» Leibes Cbrifttt 7,u gelangen , über die vun Jenem gezogene 
Scheidelinie binauiwtrebte. tH'iuc AhendniabUlebre kann aber aiieh »rhoa 
aU ein .VusHusö der Erwitblungsidee betriu-btet werden, denn vrahrbud 
Glttubigo aind nur die KrwShUcu , nur sie empfangen mit den üntiHereu 
Zeichen die innere ünndc. *) 

Auch in kirehyupolitiacher UeKichnug liabeu beiiÜt- Miluncr Verwnoilt- 
scbaft, ohne auf derHelben Linie zu etehen. Calvin war minder demu- 
kralirtch nU Zwingli uud nhne ilertwcn Kehweizerim'be» patriotiHoheB Inter- 
eiwe, weniger für iulilndinelie(t weltiicbes Kireheiiregimenl eiugeuummen, 
vielmehr aelbst eingewanderter Analändor uud in der vormals bi«clidfliehoD 
Stadl hiüriirrliiüL-U eifrig für Tn-ntiung der Kirelie vom Staate, fUr ein 
tudlMtündiges Kirchenregimeiit nnd eine unnbhitiigige, aber strenge nnd 
gegen alle Widerätrebenden rUekaiebtaloü durclizuäctsonde Kirch ouxucbt, 
d.-ibei nirlil erster Megrilndor einer kirchlichen Krueiieruiig, sondern 
liyijti-inaüächer Forthildncr eine» vom Pipisinui« fri-i gewordenen Kirchen- 
tbnini}, welches er schon — aber ungenügend — vorfand und nun beüondera 
noch durcli Flinzuthnii vitn Keeht>i- nnd V'erfaüsungit- Formen zu befmligon 
und zu einer liiulüuglieh in das Leben lilneiurageuden Wahrheit zu ea^ 
wickeln sieh fflr biTnlVn hielt. Dagegen treten beide Männer darin wieder 
Ktisammen uud Luther gegenüber, dass sie nicht wie dieser für den 
freien Zugang des einzelnen Gläubigen zu Gott, noch far diu reine Lehre 
allein ijorge trugen > sondern auch für die S'erwirklieliTing dos göttlichen 
WiUeutt innerhalb der GemcinHclmlt durch Verfassung nnd Sitteubildung 
arbeiten wullten, indem sie das Wort der unsichtbaren, den Wertb 
des äaeramuuts aber bauptttychlicb der sichtbaren und erschtimcuden 
Kirche zuwiesen. 

In der Puleinik gegen Andersgläubige verfUllt die Institutio oft genug 
in dieselbe Uarte uud Iiitt«rkütt, deren alch nur wenige Zeitgenossen ent- 



*) K»iu[t8uhultc a. II. O. 8. 263. „Auch die Culviniscbe Abendiuah In lehre, 
au welcher das Uith«nactic Ucnischland ät> grufrüca Au:ttot» uahui, idt im Grunde 
nur die welturu PurctLliUduug und ^Vnwendung der rrfidestiujLÜonaidee'' etc. 



214 



iSitte Abfb^img. tvtHifr Abechnftt. $ 31. 



biott«u. Dft^gen au Reinheit systomatiHclier Geataltung uad Feinheit 
kfliiHtlt-risch 'lialekt'isdier Itunhfahning flbc-rlritli da« Werk lÜe g^^snmmte 
iltTÄeitigc Literittiir. Imlcm wir diese vurtreüliclini Eipeusclrnftiii bcwuiiderti, 
dürfen vir nicbt vorgeuen, da«a Calrin leichtere Arbeit lintt« ala sein« 
Vorgftüger. Der allgeiuciiic cv«ngfjli8ch-|>rot<;stanli*elii' Gcilaukeueütwiirl' 
war gegeben, er braiicbte iliii nicht zu erlinden, iMtiidern nur gleich* 
raäBBigor und einheitlicher au«zubildoii. 

Bald nach der Heran Bgabc dir Institutio >4<dlt<' nun Calvin iu (Itmf 
nelbat di'u ihm bL-Bvhiedciicu Platz nud Wirkuii^^äkreib gevriuufu. tienide 
2n der Zeit, ab) daä(.4b»t die lurormatiou iifi'putlirli nnhefobU-n, eoergiach 
eingcfubrt und der llisebul' abgi-tban war, als aber Kare! die aufgehobene 
alte Kirclieuzuclit gegen VcrMildiTiing xu HchUtzeu suchte und doch uicht 
herauatellen vermorhtc, traf er U»3ti auf einer grflgaereii Reise*) In Genf 
ein, um nur Eine Nacht iu der Stadt zu verweilen. Da aber Calvin, 
damaU 26 Jahro alt, durch deine gruhso Schrift auwW durch einige frühere 
weniger bedeatende schon auf dad vortbeilhaftusto )>ekanDl gewurdcu war 
and groBeea Annehen erlangt hatte: iso bat ihn Farel m bteibeu, um 
ihm uuter den (;ehauneu Schwierigkeiten beizustehen, und nachdeai er ihn 
Dberaeugt hatto, lUhs vr diei^em Anträge folgen rotlBoe^ weil m^n tieiner 
bedürfe, ofiferte Calvin bv'm S'erlungeu uuuh Fortäctzuug des ftcadeoiischeu 
Lubentf zu BaoeL auf und blieb.") Bofurt arbeilel4<a beide Miinuer gcmcia- 
schaftUch, sie entwArfen ein GlHnbeiiBh<*keniittiisB und Artikel fUr die 
Kircheuzucht, welche der Senat am 20. Juli lö37 bestAtigte mit der Forde* 
rnng, dass Alle üich ihneu tioterwerfeu Sültteii. .4-Uein gerade als ein 
Abwerfen de» hii)L'liOfUi.^hi.-u Kirehi'uregimetits und als eine Atifriehtung 
inlAndiachur Verwaltung nach allrn Suiten war die Reformation »o eben 
vollendet, uud daher zeigten »i'*b Viele von den alten „EldgenosBcn", 
welche hier da« Meisti^ getluu und ho eheu ihre Freiheit von der Hierarchie 
erstritten hatten, gar nicht geneigt, sich Jotet einer desto dtrongcron DiscipUn, 
zumal unter der Aurtoritilt r-weler eingewanderter Fninzoiwnj unterwerfen 
zu IftSiten. Diizu kau dat^s auvh dt-u Bcrnerii, welche Luttt batten, ihre 
eigene Herricliaft utatt der des Bischofs aber Genf zu erstrecken, daa von 



*) IJcber Calvln'8 iulienlM'ho Rel»n siehe unten. 

**) (^enAuer. er kelirle nnch einem kurzen Aiifeiithalt fii Bane), wo er noch 
Einiges zu ordnen tiAtte, seinem Vpi-Kpreclicn geiiiüt^!) niich Gent xurlick. Bekumt- 
lieh bildet ilieeu lt<'xeg)iung (.'alvin's mit Farel viiieu draiiiiaisehon Au},M'nb}ii-k 
in aelnem Lebou. Er aellier (fcsteUi, dasA ex sich duri,-.ii Kar»'!"» «IriiiKcndc und 
»ulet7.i bfBchwJireade ReJe iTgrilfen uud Mio von einem gt'bleiertacb an ihn 
ergobrnden bcbeien AuftrAK«) HherwKlHgr «eflililt habe, Catv. Prtwf. od Psafmos: 
Donec Genfvae non tum consitin vcl hitrtatu quam formiiiahUi G. FareUt obtvsta^ 
tioue rcienlus sum, itc si iJeus violtnlam mihi e coeio matiHm in/Vivr«:/, Quo 
tOTOrc ycrctdsHs suiceptum iter umisi. (ilüstler, lli, t. UM. Uünry, l.obea 
C. 1, 11)2. Kampschulte, 2SI. D. IL 



Cahin'3 Vorbanniing, Aulenthnlt in .Strassburg. 



21.-» 



':^d Calvin in AiiHi>ruch genommene Anscheu immer unbequemer 

ilvin maclite .sclion jetzt aU Prediger den grossten Eindruck 

niothodische .Strengen und Ordnung in die kirchlirbc Vcr- 

eli fi'ldte eii bald an Bereitwilligkeit, ihm und ueinem 

U)rflieu. VerstinimuDg und Unzufriedenheit wuchsen, biu 

prtoi gel:(iig, eirit^ förmliche Verfolgung und Anklage 

iTCor iii"ö Werk zu setzen. Unter den Beschuldigungen, 

V iidcra Farol, verk^^'hrte Einriehtungen getroffen Iiilttcn, — 

. aller Fcnto ausser den Sonntagen, ferner der Taufsteine und 

■^jin-rten Brodtrs, Bi-ides war in Oenf hei bc halten und Calvin sah 

Adiaphora,*) aber nueh das« sie ein neues Papatthum einsetzen 

4i[en, — wurden daher Karel nud Calvin im Api-il 1538 aus Genf 

vt^rtrieben, nicht durch die Gegner der Reformation, sondern durch ihre 

schweizerischen inländischen Anhänger, denen das Neue missfiel. 

Calvin begab sieh — es war eine TIedschra — zuerst nach Basel 
anrüek, bald darauf aber als Professor der Theologie nach Strassbiirg, 
wo CT ir>39 eine neue viel ausführlichere Bearbeitung seiner Institutio '*) 
herausgab. Es war seine Absicht, deinen frühzeitig in's Auge gefassten 
Beruf als theologiaeher Lehrer und Sehriftsteller vollständig wieder auf- 
ziinehmen. Zugleich trat er den deutschen Verhältnissen näher, withrend 
er mit der Genfer Kirche in Verbindung blieb. Von .Strassburg aus nahm 
er auch als Abgeordneter an den damaligen Religiunsgesprilcheo zu Worms 
und Regensbnrg Theil "*) und hatte dabei Gelegenheit, mit Melanehthon 
bekannt zu werden, mit welchem er von da an immer in freundschaft- 
licher Verbindung blieb. Ganz war er allerdings nicht mit ihm ein- 
verstanden , t) auch missfiel ihm an den Lutlienschen der Mangel an 
Disciptin und das geringe Ansehen der Geistlichen. 

In Genf hatten inzwischen die, rnruhen fortgedauert Die Abwesen- 
heit durchgreifender Persönlichkeiten machte sich fühlbar, wenn auch die 
Aemter der Verbannten nicht unbesetzt blieben. Ein Streit aller Parteien 
gegen einander entbrannte, weniger wohl noch durch Anhänger des früheren 
Znstandes als durch Solche, welche gar keine Kirchenzucht und am 
wenigsten eine neue begehrten; auch Unglauben wirft ihnen Calvin vor. 
Die Hemer benutzten die Zeit, um sich von Genf in einer Reihe vou 



') Vgl. BretBchneider im Ruf. Alm. isn, 8.6". 

*•) Melanehthon hat seine Loci t/wolngici iu den späteren Ausgaben auch 
der Sache nach bedeutend mnditicirt; dagegen ist Calvin'» Institutio zwar an 
Ausführlichkeit um das Dreifaehe und Vierfache gewachsen, aber in ihrem eystü- 
mitiseheii Kern und ärandpunkt sieh stets gleich geblieben, — sehr bezeichnend 
fllr beide Miinner. 1). U. 

***) Damals nahm er auch die Variata an. Gieseler, III, t, 107. 
t) Vgl. Stahelin, Calvin, l, S. 237 ff. 



2U 



erst« Ahtbefitmg. Zweiter Atteehiritl fit. 



hioUoii. Dangen au Keiaboit syst« mause lior OeitaltuDg und FeinlieiC 
kllnittlt'riitrh Jinlcktitirlinr Dun-hfUhrang (Itverlritrt <1sh Wi>rk ilie geaammt«.« 
iler7.eUige Liici-atar. Imlom wirdivso vurtreffliiboii Kigf^uscliafli'n bcwundorn, 
dürfen wir nicht vurgnsaen, daaa Calvin leichlere Arbeit batte als sfin« 
Vorgänger. Der nllgemeiiii.* evangeliscb-proicstantii^chc Gedfinkenentworf 
war gegebon, er bmuelite ibii nirht zu ertiuden, äundern nar gleich- 
milaaigor and einheitUcber auezabilden. 

Bald luu'b der Hernus^ubt' der lautitutio hoIUp nun Calviu iu (ii'nf 
selbst den iUui btacbiedoiieii l'laU und Wirknnjrskrci» gevrjuncn. Üerade 
2U der Zv\l, abi daselbst diu Kuforuiation (ifTcutlicb :inbefüblei], eoergiscb 
cingcfllbrt und der Itisrbof ab^iHbfln war, hU aber Fnrol die aufgobobeoo 
alt« Kirclieuzuclit gc^on Verwilderung xu ücbtttzcii »ucble and doch nicht 
herKuatellnn vermochte, traf er löllti auf einer grttsBereu Reiie*) in 0*iif 
ein, um nur I^iuc N.tL*bt iu der Htadt zu verweilen. l)a aber Calvin, 
damaln 2fi Jalin^ alt, durch seine gruüiu- Schrift Aoviv durch viuige rrUhere 
weniger bedeutende schau auf das vurtheiUiaitü&te bekannt gewurden wu 
and grosses Aoeehcn erlangt hatte: so bnt ihn Farel zu bleiben, am 
ihm antvr den gehäufteu SühwierigkL>itcu bcizutitehcn, und aachdcm er ihn 
llbvrzeugt h:Utu, dass fr diesem Antrug» folgt'u mtlsse, weil m.iH seiner 
bedQrfo, opferte C»1via sein Vcrluugca iinch Furtfictziiog des aeitdemiflcben 
Lebens za Basel auf und blieb.**) Sofort arbelleUiu beidr Mi^nuer gemeiu- 
Bcbaftlieli, sie eutwarfeu ein Glaubcii6b«>kenutnisB und Artikel für die 
Kirc'beuzui-ht, welche der Senat Am 29. Juli lbZ7 bestätigte mit der Forde- 
rung, dasa Alle eich ihnen unterwerfen Kollteii. Allein gerade als ein 
Abwerfen dei^ bischüfticheu Kirchenregiim-iits und ah oiuu Atifrirhtun); 
iotändischer Verwaltung nach alliui Seiten war die Heformation so cbeo 
vollendet, und diiber zoigU;n «ich Viele von den alleu „Kidgenossen", 
welche hier das Me^Aie gettiau und sm eben ihre Freiheit von der Elierarohie 
erstrittcQ hatten, gar iiieLt geneigt, sich Jetzt einer de«to strengeren OiscipUn, 
zumal unter der Aue-toritflt zweier eingewanderter FrHUZosen, untitrwcrfeo 
zu lassen. Dazu kiuu dat>s auch den Berner;i, welche Liiät hatten, ihn? 
eigene nerrsuhaft statt der des Bischofs über Genf zn urstrccken, das von 



*) Uüber Calvin'fl it-itlfen Ische Rttise siehe unten. 

**) 'lenaiier, er kehrte naeh einem kurzen Aufenthalt in Hasel, wo er noch 
Eiui^es tu ordnen hiittis Hüineni VerDpntcheit gomütii^ nach (ienf zurück, liekunnt- 
Uvh bitilet diese R>'KeK"*'"S (_'Alvin'.s mit Farel i-Muen dnmi.itisclieu Augenblick 
in seinem Lclwu. Er selber gcswhT , dsaa er sicli durfh Iiuei» dringende and 
tnletKt hüst-bwJirunde Rede (Tfj^rin'ei) und wie von einem gebielerisoh an ihn 
ergehendtin bifhcren Anfinigö überwältigt (fofUlilt habe. Catv. ih-aff. ad I'salmot: 
Donec Genevae mm tum cotuiUn vet horlalu quam formidtttÜi G. Farelli obtesta- 
tione relcHtuA nun, ac si Üeus vufituUtm mihi e ateUi manuw inju-vret. Quo 
ioTon perculsus sttsceptum iter umist. (Jioaelur, 111, 'i, iJSl. Henry, Leb«o 
C. I, 102. KamjiBcbulte, 28t, D.U. 




raJvin's Vm-Nannnng, Anlenthalt In StrMebnrg. 



Fnrol aad CaWin in Anspruch genommene Aaseben immer unliequemcr 
wardc. Cülvin marlite ädion jetzt hU Prcdi^r den gröaateii Einilruvk 
und Wac^litf imthniÜHchc Htrongn nnd Ordnung in die kirchürbe Ve^ 
wattuiig. Dfnnocli r<-hll*: es bald »a Bereit willig keil, ihm und äeiuem 
(!rn))itdi<n zu gcborrhi'u. VMrdtiniinuiig und LinsufHffdenhoit wuoIist.>n, bis 
e» der Oppoi(itiuii»|jiirtt'i gr-hmg, eine föruilJche Verfolgung und Anklage 
gegen beide Münnt^r iu'a Werk cn aetEen. Unter den Beschntdigungen, 
dMS «ie, besondere Fitrcl, ve^k^brt{^ ßiurivlitungcn getruffuo liältön, — 
Abecliaifung aller Teilte auHtier den Sonntagen, ferner der Tnufateloc und 
de« nngCAäuerteu Brodten^ Beides war in Oeuf beiUdialten und Calvin snli 
darin Adiaplior»,*! »her niirb daas n'iv ein neueu Papstthum einsetzen 
wollten, — vnrden dnlier Karel und CalTiu im April 1538 aas Genf 
Tcrtrieben , nicht durch die Gegner der Refurraatiou, aondera durch ihre 
HcliweiKerirtchen iniftndisrhen AnbAnger, denen da« Neue mlasflel. 

Cniviu begab »ich — es war eine Hedachra — KUerat nach Basel 
£urflck, bald darauf aber als Prnfe&u>r der Theologie nach BtraBsbnrg, 
ffii er l/iSO eine neue viel auAfdhrlichere Bearbeitung seiner Inatitutio") 
lieruuflgal). Es w^r seine Absicht, seinen frUlizeitig in'« Ange gefattaten 
Beruf als IhuologiAcher Lehrer und 8clmftsteller volhjtändig wieder auf- 
xunehmen. Xngleieb trat er den dentsrben Verhältnissen nllher, wahrend 
i-r mit der (»enfer Kirelie In Verbindtiug blifb. Von ^t^a*>»bHrg aus nahm 
er auch al» Abgeordneter an den damiiligeii ReligionHg«»prJleben zu Worms 
and Rrgenaburg ThciP") und balle dabei Gelegenheit, mit MeUnvhthoD 
bekannt zn wortlen, mit welelteui er von da an immer iu freundscbaft- 
Uohcr Verhiuilnng blieb, Gauz war er allerdings nicht mit ihm ein- 
veratjindbu , t) auch mixgtiel ihm an den Lutbeiiachen der Mangel an 
Diiciplin und das geringe AuKeben der Geistlicbeu. 

lu Genf hatten inzwiäehen die rurnhen fortgedauert Die Abwesen- 
heit dnrrbgreifender PcrsJJnUchkeiten machte sich fühlbar, wenn auch die 
Aemler der \'erbünulen nicht unbeitetzt blicbeiu Ein Streit aller Parteien 
gegen »jinandftr entbrannte, weniger wtihl norh durch Anhiinger de« früheren 
Znstandcs als durch Solche j welche gar kciue Kircheuzucht and am 
wenigMen eine neue begehrten; auch Unglauben wirft ihnen Calvin vor. 
Uio Berner benutzten dlo Zeit, um aich von Geof iu oJuer Reihe von 



•) Vgl. Itretschneider im lief. Alm. 1^21. S. 67. 

**J Melaui' bihon hat aciTie Lori tfu-ologici in den itpiiteren Ausgtilreu auch 
der äaclic uaeli lieileutend inodificirt; (ligeKeu tut Calvine Institutio zwnv an 
AuBflfbrlfchkcit um Aa» Dreitaehe und Viorf:icbe gewach^eo, aber in ihrem »yste- 
matiiM:hen Kern uml Standimnkt sieh stets gleich geblieben, — sehr bezeichnend 
nir beide MiiniuT. D. H. 

"*) DauuUn uuhm er auch die Variata an. Qleaeler, Hl« 2j 167. 
tl Vgl. ritilheiin, Calvin, I, 8. 237 ff. 



!14 

ArtikHn so viel /^ngesUnduisse nurhcn zu lasse», daas solbst Rnrl V. 
Kitilialt thufi woltt<! niid »tiine kaiacrlirlie Htiidt iiunurtlrrli*, »ich ihru 
Krt^ilicitcn zn orhaltcn. Doch niicli PnpiAtoQ diirJitt^n nii Ijctitaunitidn* 
von ciiK-r VeraauiPilnnjsr dcrwllirn in Lyon nrgiiig oine Auffonlcrnng Atf» 
CurrlinnI J»a<1oletns zur lÜlrkki-lir in tlpn .Sclioni^s tlpr UiliniRrhen Kirrlir, 
einp Ziiniutlmti^ wtlchc C'ntvin 15!J0 mit »■iiiiT vernichtendtu Ofgeoscürill 
beantwortete.*) Katholiken, WicdcrtHufer, vor Allen die uniiindpirton 
(ie^iT der Kirclifnzafrlil nai-li matifdun-lci Abstufunf;;«!! , di« .S<'hlinitit«(no 
von Calvin fiherUtiS (,^cnAuiit, und Andori' welclic äirli svlbut als sptrifu^/A 
(Freigpiftter, iiUrk» Gcinlor) bcxoichnetcn, die nadi Calvia'a HeMbrcibung'*) 
die Sclirift ftlr Faholii liiölt«n, nur an Gott als einen nusterldlflieu Geist 
pAuUii'iiittitch glHubtiMi, tobten wIM durclitiinunder. In der Notli fing man 
an, Rieh nach doto TeratoRsoneTi Itettor amznsehon. Narlideni inirtzt swoi 
diT SyndiL'i, welrbe Calvin vrrtrii'bco hnttiMi, alt* Verrailmr vcrurtbvilt 
worden ond ein drlttir um diesfllic Zt-it grRt<»rlntn war, baten dit> G'Mifcr 
mm Calviu, actilifssüch ttclb^t durch Absendung ciuor GosaudtHchuft 
unter Annihriing des Syudirui: Ami l'vrrin, n:u-h Genf ziirUckTiikehrcu. 
Calvin hattn gli>ich anfangs vennnlliot, daRs e» jllinlirh kommen und die 
Genfer Kwiflchonherrsrbatit nicht von langer Danor BOin werde; Jetet Uro» 
er sieli lan;:e bitten und willigU' ulrlit eher ein , aU bis ihrn vpr»pror!ien 
und beaehworen w«>rdi_'n , dass er bei ICinllÜirung strenger Kircbenziirht 
und eines ocnsoriaoUeu Sitten gerichtet zur Anfrcehthaltung eines chrbt- 
lirben Lrbens von GeiKtlietien und Laien untcr»tntsit worden Hollte^ Wi(* 
ein bL-iriikehrfudor FUi-sl, ein Ober die Kepublikancr fiic^'Lodrr Munarcb, 
wie ein Ui^ehof zog er am IX September I5dl unter dem Jubel dt^r 
Bevölki-ning in Genf wieder ein. 

C'alvin's Hestimmiing wardnrrb die Verbnnunng sehwankend gewonlon; 
jetzt wurde er aufs Neue von ihr ergriffen und für iujmor festgehalten. 
Ann dem gelehrten ^iehriftftteller und -Denker von aebdehtrruem Itotragen 
wiirdi- der kuhne siegreiclic Prediger, der gebietende KircbetifUrst und 
Anführer einer grundlegendfn organipuitorirti-biTi Thütigkeit, ditr ohne Mine 
literarii>i'hen Aufgaben liegcrj zu lassen, mich verscliiedenen Kicbtnngeo 
eine Ansdiiutjr und Arbeitskraft entwickelte, die twlbst in diesem Zeitalter 
der groöseii PorsiiiiViebkeiteu ihres Gleichen sueht. 

Von nun an blieb Calvin in Genf bis an seineu Tud, vom September 
1&41 bis 1664, und leitete diese 24 Jahre hiudureh luit immer zunohueu- 



') ftesponsiti atl Siifioli-li tyistolnm , f'tttv. f/)tp. etf. Amst. 17//, tOS. 
Kaoi]>scbnlte nennt sie Seite .'t^t cinr iler glänzendsten Streitochrirten, die Je 
aus einer Feder geflofftcn. „Wer die Kraft nml Schünheit soineit StUet keunen 
lernen will, nagt Alexander Moiuk, der \e.m seine Antwort an Sadolec.** 
AuBzUge bei S I S li e I i H , I , S. a^:. ff. Ü. U. 

") Catv. iHStTHCtio aiip. fanatkam scclmn LiberÜHomiR , l.M-i. 




tnrdoTiDinocs welesIaMqneB. 



217 



lern, ans allon Kfimpfpn eiegreicli horrorgdi enden Ansehrn Kirche und 
Km^iplin lind dnr<*ii tU-ron Kiiifluss di^r Sm-lie nacli Kiilctr.t cigontlicli die 
Stadt (itMiT I)li4!rliau|)t. .Ii'[/.t <i|f<>iilKirlr i*\c\\ entt Bt-iti gniizirr Diziraktt'r; 
Alle« was in üoinor PersönlirlikiMt angelegt and durch unbeiigsnmo Folgo- 
riclitiKkeit der ScIhstUcstimmung \n-U stigt war, kam 7,11 Tsite , — diesii 
nnwantk'lbr.rp eiarrne Kesiigkeit, welche ihre SlÄrkc unr »na der Uewi«»- 
heit BcbOpftr , dnrchaa« keine eigene $ache r.ii fQhren and keinen eigenen 
Willen darL'li8ct!;t-'D zu wollen, »uiidera nur den Willen Gottes, weil er 
diesen bestfer n\s AudL-re zu erkonne« gewürdigt »ei , dieser Mntb und 
dlose hierarobi&ebü Strenge, um su iuiponaater, weil er sie ohne die IlUlfn- 
inittcl olne» AiubroRiux nnd (iregnr'a VII. nur dorrli die Kraf^ Beinca 
tjeistc» und die .ScbSrfe des Wortes zu behaupten wuftste, um »n roiner, 
ab or ttlr iich gar nicht« stichtti , «ondern in den cinfathiitcn atreogstoti 
Sitten fortlebte.*) Ks erregte ein allgeuicined Gelächter in der Ii.ithB- 
vertiuuiuilunj;, uIh ihn Einer des Kigeiiutttzeti hcAchuldlgtc. Seine (Ihrigen 
Gigeneehafteii «U'liielten aher darin nnch einen »dtenen Zuaatz, daa» er 
ah Theologe vom er^it^m Range zugleich politische Einnichtfu und Filliig- 
ki^iteti im hohen Grade bcthiltigtc, die ihm freilich aneb sphr gelUhrlieh 
geworden sind; denn gerade aU Kirchenpolitiker nnd durch Rntlehnung 
nnd EinmiKchnng politischer Maximen iat er zur Anwendung der grnuHamAten 
Mittel gegen den Widerstand der Gegner fortgetrieheu wurden. 

Sogleich n.ich »einer KlUkkehr, — ja theilweise schon vorher divjrh 
Yirctufl, aber auf Gmnd von Andeutangvu, weUbe in der Institutiu 
gegeben waren, — wunle nun lö4t nach den von Calvin ttelkat auB- 
gearhciteteu utflmtitnnciv cccfesiastif/tws fUr Genf jene Aelt«ston- oder 
PresbyterialvrrfaHKung in Uiren Grundzflgen gex)rdnet nud eingeftihrt, 
wek-hc all« Vorbild u;i<'ltlter weithin in anderen Gegenden der Reformirteu 
Kirche Anfn-ihnie gcfiiudeu hat. '**) Auch Calvin forderte zwar mit 
Zwingli und den Qhrigeu »cbwMzeriaeheu Geformaturtm eine Aasiiorc 
Uaterortlnnng der Kirche unter den Staat f..s/tiritiMtis Hhertns cum pn- 
litica servifu/t ojiti/ite aUire ftoieul"). Er verlangte femer auch in der 
Kirche Verwaltung mit einem Uebei^ewicht der Laien, nicht eine klerikale 
i)Qperioritftt oder gar AnssehUeflsIichkeit, aber doch eine Trennung der 
Gewalten und eine Vertretung, welcher er gfittlicbe Einsetzung beilegte, 
und daraiia ergaben aich zweierlei Gebiete, Leitung der Kirche in Besag 
»of da» Geistliche und nur auf diet^e», aach ohne andere als geiäiltche 
BKittel, und Regiment der Obrigkeit für daa Aousserc und Leibliche. 



•) Er bi'iog zwar sehr grosse Einkünfito, vcrwamHe sie aber zur Erhaltung 
iler PlDchtllnge. Vgl, Kami>ttchulle :iHS. lUi. Sein Nactilass, Über den er in 
eeinenj 'lesumn-urc verfiiyh-, N'trug eiu» lim Tliiiler. 

•') L'eber Auuarbeitiiug uiul Auiiabnie der .,kirchllcbeu Ordnungen" berichtet 
aoenibi-lkJi StUbeliu a. a. 0. S. :m IT. Kampacbulte S-iMib. 



äi8 



Bnt« AhäieflnnfT. T.mitPT Ahflohnltr. fi 3t. 



Aber wahrend Dan der Staat nach CaWin TPrBchI«deu organmit sein 
koDDtv ab) Mouarchie , Demokratie oder Arwtukratie, — unter welchen 
Formpn Ciilvin jedoch (He Aristokratie am moisteu goficl, wie anrh alle 
üoine EiuricLtuugcu dnrcbiius molir einen HristokmlitfChea aU demo- 
kraiiscJieti flharaktt^r liaben*), — nnd ffjilin'nd drr fionler 8taat nnoJi 
zietniicb wio sonet ariatokratiach zusammcngcsetiit Miob, — kluinor Bath 
mit Syndicia an der Spitze, g^roager Rath der Serhelg nnd der Zweibonderl 
lind darüber vier Syndici {seit/nenrsj , cortseil Öf f^lat uiii zwölf Bfti- 
Hitsem, tägltrh ausAer Snnntag Sitzung haltend: — ho ward nan nach 
Calvin's Anweisung für die Kirche ein CuneiBtorinm oingericbiet. Dir* 
Wort aber batt« birr nicht die deat^cbe Bedeutung landeäberrüchrr 
Collfgicn zur ÄusHbunf; der vom Laodesberrn tlbernommeaeu biscbörUcheu 
VcrwaltoDg, sondern ea bezeicbuete dji^ unabhängige oelbstündige Vei^ 
tri'tung der Kirche dnrrli sJlmintUcbe tieiatlicbe fmhü.ttri's} der Stadt and 
durch Aclti'ste tiuu deu Gcmt^iudcu [iuiciens, den Mitgliedern des Ratbea 
enttiommen), nnd zwar mit dem Üehergewiclit der Letzteren, welche« 
schon damit gegeben war, dasA immer doppelt ito viel LaienAlteate ah 
Geir^tlicbc vurbandeu Bein soUten. Damals standen sechs Geistliche neben 
zwiitr Aelteüten, auch diese LetKt«ren hatten die Vcrptlicbtnng, die Sitt4;n 
der Oomoiiiden zu Hberwnchen und die ministrex in goeigneteo FillleD an 
vertreten. Für die ganze Aduiiniatratiun der geistlichen Dinge werden 
abv in der Kirche noch mehr, nitmlicli \-ier Aemter nMbig beftiiiden: 
1) Üoctorun der Theologie, welche ftlr die tiefere Ei-kenntui»8 des Wort« 
GolteR und für die Beatreitnng »einer Gegner arbeiten anllenj 2) Pastoren 
oder minisfres, Geistliche der uiuzelDcn Gemeinden, auf diese beaondera 
angewiesen and In ihrer Mitt« ermahnend nnd Zucht (ibeud ; Beide, d. h. 
die Professoren der Thcotofiie, die fünf städtischen und die Laudgeistliehen 
v<in Genf bililen zusammen die veiu'rttftie comptiffttif; 3) anciens, bcsiiuiml 
die Sitten der Gemeinde mit zu Oberwacben und die Pastoros za vertreteo, 
niid 4) äincres, mit der rege I massigen; nicht mehr kiitholiHch dem Znfall 
ilbcrlaäsi'at'D Armcnpdege beauftrugt, In welcher sie aui-h durch die Frauen 
noter^tillzt werden können. — Bei den Wahlen dieser Beamten findet 
überall mrigÜcbHtcä Zusammenwirken statt, aber in ungleicher Weise und 
nu<'li iiiigb'icher Bufuguiss. Berufen in's Amt uiuhm ein Geistlicher vor 
Allem durch sich selbst worden, er masa äob vor Gott das Zeugula» 
geben k(inncn , da^-ü er Tiichl durch Eigennutz und dergleichen geleit(>t 
w<*rdo, eher darf er nicht um ei« Amt bitten; seine Bitte aber gilt dann 
als Zungnise, da^ es an diesem vorher Erforderlichen nicht gefehlt bat. 
V\'i-iter tritt hierauf die venvrnhle comjfoi/nie mit MitgUeJern der 
Regierung in Beratbung, dt^miiüclist prilfl jene die Bewerber niul knndigt 



') VgL besonders KawpsohuUe I, 136. 




den gc«igaet BefandeneD der Gemeinde im GotkudieiuL au, welche dulurrh 
zur Kinaprache nilcr ZuHtiinmniig aufgefordert wird, 

Dai Consistoritiin, seit Deveiubei- 15 iL urgnuläiil und tu Wirkaamkt'il, 
vrrsammplt »ich jtde Woche und Überwacht Lclirco und bitten auch 
ICht-sflcbetj. Ert )>e«itzt i^elbat keine Kxecutivo nnti koinr Jiii««opUche 8tr«f- 
gi-walt E^i) (f<!nchl»(lien4*r iiiubh die Varladimgen beaorgon, ein Syndicitü 
prAsIdirt, aber nor aIs Äoltcdter ohne setueu Stab. Wöcbcollich werden 
vom Coitttistoriiim etwaig«; Strafeu bi'ini cmiseit if^tat beantragt, welchem 
jeden Mnntag ilHer deren Kecbt cutÄcheidct, Neuerlieh ist da« Coosistorium 
ilMii^^r ein)> liiätruvtiuuskainmei- xiir Vurunlentuchiing gi'nnnat worden. Die 
Strafen selber, soweit sie von der genannten Uvhörde auBgelien, sind unr 
geist liebe, d. L nur die Ausscbliessung void Abendmahl, der Bann, 
welchar aber nach der Schritt mit annaehsiehtliob^r I^trcuge gehandhabt 
werden 6ull, daneben Zurerhtweisuageu, veilanjrt^^ Abbitte u. dgl. Da iiber 
di« Aeltesten am den IvÄthen gewSblt nind, — und zwar dnreh den 
kleinen Ratti, 7.wei aua dii-miMii ttelhii, vier aus den oeclizig nnd iteehs auH 
den Zweihundert, — al«o auch im Kath Jliren äitz haben: so liegt ihnen 
ob, dort wie<ler die Seluildigen zu weltlicher Bestrafung, wenn es 
deren Wdarf, zn bezeichnen; sie beantragen die ^trafen und der iCiith 
ma«8 Hie vüll%iehen. Damit ist ausgenitruclien , daa« die bnrgerlielie Be- 
hörde, a.Uo der Staat «elher, «lie biblischen Normen, welebe den L'rtheilf-n 
des ConsiMoriuuis zum Gründe' liegen, aneh äeiuer&eits aU rechtsgültig 
anzuerkennen und in Annilbung sn eetsen hat Der Staat gehorcht dem 
bOchaten biblisch Diedergelegteii göttlichen üe»et» und leiht, wo ea uöthig 
iüt, Kfinen Arm xn de;äi4en Anfreidit^rlialLung. Ferner auch die Lehren 
wie die Sitten der Prediger nat^rliegen der Hteten Cenaur des Consiatoriunis, 
welchem sie selbat .ingehJlren. Zu diesem Zweck «ind die Prediger ver- 
pflichtet, einmal wöchentlich, jeden Freitag, au» Stadt und Land zu^ammen- 
zukomuien,*) und der Reihe nach soll jedesmal Klnor eine gegebene 
Schriftütelle aurilegen; nach der Predigt ziehen sich die Vehrigeu zurück 
und ceuHtreti den Vortrag. Auch in anderer Beziehung auUeii die sich 
gegenseitig Allea vorhalten, waa sie an einandor xa tadeln haben; entsteht 
Streit: m wcnlcu die Acitetttcn und ntMliigeiifatU der Rath zugezogen. 

Im ZuHaoimenhang mit <ler Autibildnng dieses üericbtes und dieser 
An&ichtsbeltördo fUr die Kirchenxucbt in den Gomeindou wie t^r die 
Ocistlichon wurden gleich nach Calvin 's Ankauft und unter Zuziehung 
aiduea Rathra auch gewisse Modificationea der Staatsverfassung von Gouf 
vorgenommen.**) Es waren Aenderaugen, durch welche dleac zwar dum 



•» Itione VeriMunmhiiig hkni(» der »Geistlichen, aber Aller, helsst die „Kongre- 
gation". KnDipacliuitit I, IDD fr. 
") Vgl. Kaniiischulte I, 416 ff. 



520 



Ertte AhthrilnTiif. Zn-cltcr Abtchuitt S I!. 



Kamen nmch stehen blieb, id der Tlitt aber pbcnialU ariitobratischcr be- 
stimmt imd o'uigerirlit^-t wurde. Das con-teil t/ihirntf , die Versumnilun;: 
allirr Itllrgrr, wi^rlip Hi»nt4t aU** Ocaetw vni gcnehmigfn uiiiAsU*, vt-rlur 
iu>ine Anctoritatt die Regierung ging aua«chlic6Hlioher an das cotucil de 
f'vhit iin»I Jiu di*' xcif/iicta-s über; tVirnv aber wurtlen nuu faetinrb and 
recbtUcli gebunden, die Straiautrsgc des ConaiBtoriHins mit Uiis^t'rsiw 
Strenge in VoUztig zu aetzea und gleirhfalls unter des st«ts befVagten 
Calvin HfTittbung ihre ei^^eiie Rechtspflege und Polizei nicht sütten bis 
8ur Grauaumkeit zu vürschärfen.*) 

So er^Dg nun nber den kleinen Staat, der in einem der dcbön^on 
Winkel der Erde biidicr an ein laxe» Regiment unter dem Uisclior und 
Savoyen, hiiranf nnter der von diesen emaucipii-ten eidgcnöflsiaclirn 
OdrgerBchafl gewöhnt gewesen war, etn Re^iinent der Zucht, welches 
die strengsten Mitt*^l der Inijnisitlon nieJit vorsdimähte. „Die alte bldchöf- 
licUe ätadt wurde wieder eine gciätlicbu Stadt iu hitberciu Grade als vor 
bor.'***) StraHomigkeit des Lastei-i* UOirto Calvin als die höchste SehmaeL 
eines Olferitlirben Lebcno und als die gn'Jsste Sclmld derer ansehen, welch« 
die Marlii Laben und welche fUr die L'Dsittlicbkoit der ihnen Anvertrauten 
verautwiirllicli sind und sonst nn ihren Sllndon mitBchtildtg werden.***) 
Daher trat unter Calviii'n Herrsoliaft au die Stolle kunn.T aaTikUKlieher 
Milde gegen die, welche ihn einst auHgotrieben , eine Alltäglichkeit selbst 
der Bcliweren Strafen. TydesBtrnfc luit vorhergehender Nerstilmnilnn^, 
Koller bei der Uutersachoitg, durch uene Erfindung(*u vcjBch.Hrri wnrden 
gewöhnlich und die Oefaugennehüinngon so zahlreieh, dass die GoDlngnissc 
uieht Kaum genug boten. ln<iiiisitionen kamen in tjang durch die zu An- 
xetgen und Anklagen vrrpfliehtcten Mitglieder de« Consistoriums, den<?u 
jedes UHUS und jcdt- Maaiuregcl uffen stand, selbst ein Spioniren luit 
Besoldung der Spither und Annahme «cbiccbtor Zeugen, st>gar des Zeug- 
nisses von Kindern gegen ihre Eltern, da für Calviu's Eifer jedes Mittel 



*J EampitL-hiilte, Ü. i'M ((. Gegen /.abiuo Duutscbo ubae surke Leiden- 
sohul'ieu luiig uivtii ao %'jcl KircboUi£Ucbt uÜlJii^ »ein, abot gogou leicbientxUnd- 
liebe Fmnzoäen iirul nwiiünidt^be Litierttnti war aic dringenilcr crl'tinlerUcb als 
Ocgcßgewicbt und Turreetiv wie «uf Lutbcriscliem Boden. ~ Auch pflegen, wo 
zilgrlKwti Laxheit lange geherrscht, nachher die ZUgel allzu straff angezoften 
xu werden. 

") Kam[>achulte, S. -112. 

•*') Dies erhellt au» Bciuen AuasjirUchen, Comm. in Ps. Opp. JII, 3«U. 101: 
CitUiguHUS luatitoper^ yiactat De» scveriias. quae morium mm exced'H, et guam 
tum pr»belur crutteUf hnmanHus, fnaf improbis habettfiS laxttl . ficuti nullfi 
fst major peeeandi iUeecbra fjiiam impunitas. — Si itamnantur israftilat, «/«.'rf 
itttegris ijrnUhus pepcrcfrint, fjuitt äc JHdkihus itiftttibttH rst, '/i« (/um ^tv^ü paui-os 
remissi shh( ac i^Hari, in publicum perimifui hahcnits iujranl sc<'i<ribus ' Uauip- 
schulte, S.43.%24. D.H. 



giill, (lus Ciirocilt 1)1 'raiiiiziit) ringen, uui v« aickt nngratrafl zti la^iseu. Oio 
Anzeigenden crliii^Uen eiown Antlieil nn »Ion nnclilicrigcu .Slrnftjpldeni. 
Liabei fand keine- A|tpeUaLit>u von dt'U StrafunlrSguii duä CunHintoriuniH 
RUtt, da« cnnseii \iaXiv aic lediglich ausznfUlircn. liior verUpSÄ Calvin 
hei aller seiner bibliaclnn Ociietzlirlikcit nnd l'flirlittrcue d:iH Iiöheri'. silt- 
Urht' Itecbtagefilbl. Er vereinij:k' in öieh dit; acbwer vertriigÜcbi'n Üb- 
lirgunheiteu des Lclirer», Prt^ligfr« und Iticliters, nnd der geringe ümliing 
dtr» Stiintä gewahrte ihm dazu die MogUcIiiieit.*) Aueli IrrtliUiuer Cul- 
viu'ji liHltun in dieser Pnixis verbiinguisävollu Wirklingen. .So wurden in 
dem kleinen Staate walireod der Jahr«- 154ä bis 1(), aU eine i'edl uiiuli 
fflr Folge der Zauberei und Vrnieliwörung Einzelner angeaebun wurde, 
58 hingerichtet nnd 76 verbannt, die Letzteren meist nur ouf Verdacht 
liiu; l&if) wurdet! in wenig Monaten 34 angebliche l'eät bereit er verbrannt, 
g«vierthellt, unter ihnen die Mutter des Scharfrichters. Als strafbar hü- 
handelt wurde aueh vcrhältniitHUiiUisig Geringe«. Verpönt waren fast alle 
Vergoilgiuigcu, iKlbdt ÖcbiessUbungen nach dem puritaniseheii Üruudmitx 
Calvin's: f.Ea rst huminum pravittis, ut laetari jiff/ueinil, qu'm Bei oft' 
Uvixc>mt»r." verhüten Luxurf in Kb-ideru nnd Tanz, die herk">mnilioheu 
Fa*tnacht«pieU' musüton JinHuiren. Niehi minder wurden t.'>-l*5 de« BUrgorn 
alle Uesuclic von WirthshiintterD bei schweren Strafen aut«rs»gt and da- 
gegen fünf Sdgenanntd „Abteien", nach llezirken begrenzt, eingerielitet, 
wo Jeder aua demselben Bezirk iujt«r Aufsieht der Regierung einki-hren 
durfte. Ab»r aocli liii^ waren freiti RtHlen ab<>T die Regierung oder gar 
Widersprueh gegen die cvangeliaelie Lehre strafbar; der Onstwirth muH»te 
aulehes anzeigen, dnrlle aneh Niemandem äpeiäc und Trunk reichen, der 
nicht vorht'r gebetet hatte. Aal' jedes Zviehcn von AuhSngli(^liktiit fflr das 
Pap<«tthuni wai'd be-oiiders inijHirirt; die Kirehen uiti»Hten versrhiorwten 
sein au&ser Sonntags bei den drei Predigten, wo Jeder sieh einzufinden 
hatti\ Faaten z. B. war st» unbedingt verboten, da«t Einer bostrafl wurde, 
der am Freitag kein Fleisch gegefi«cn hatte. Kine neue iJrsetzLtehkeit 
stellte sich dor alten entgegen und trat an deren Stell«. Verboten waren 
auch nach einer besonderen LiffLe andere aU hibliiieho Namen z. U. (Man- 
diutt, Amadeus u. dgl., besouders empfohlen alttestauiealliche. **) 

7.\\ leiehtt'rer An»ubung solcher 7a\v\\\ dienten Calvin hauptdHcblieh die 
xahlreiebeu FlUehlliuge, die um den EvangcUums willen in anderen Län- 



') Kiiuip»i.-Iittl Ic Itcmcrkt $. 113: „Niemalfl wltide freilich dur Theoluge von 
Noyun in einem grosxfn Stanie die Stellung erruiigeu hiiben , die ihm in dem 
kleinen Genf faat von aelbe* xuüel." D. H, 

") Htiiticlin, I, ä. 4f>9. Virle em|irand(m es als uDertrügtiehe 'I'yrannet, datrn 
Eltern und l'alhen nicht mehr da» Hecht hahon i^ollton. Kinder uiieli ÜiretD eigenen 
Nitmcu Oller euoät uacU ibreiu tielatlL'U xu lieucuuen; sie verwi-igvrlvn deren 'raute, 
■vbald utau iUneit dica nicht gcHCattu, D. Q. 



932 



Krstc Abthdinng;. ZvMtor AbscKnttt. $ 2t. 



(leru vertriebvn, b«i iliat Svliotz aucbtuii nntl fitudeii. Walircod ünr Jnlin? 
1549 — 54 lu'jtn er l'MH AoU^lier FIÜcMlin(;e niiK KrHiikriMcli utid Itulieu 
nnter die Uflrger Anfnchnifii und vcrsclinflit«? Uiiico UulcretUlziiagen ohr 
Genfer Fuudit. DieaoD mit Gefahr und KnlMtguDg gchoD vertraut gewor* 
denen Cnnfi'UnonMi nur Calvin'« Slronge befrifdij;fn"i nnd <'rfri:iil|cli, d»ln*r 
leisteten sie umi diu Oeuffriiiilie ftiriv- Fruufttise iliiu wiudur BülHtaud 
gegen die widerMtrobende Uenfer National Partei, äcbiiuspiele, MysterieOt 
AluralitJlt<!n wun-ii diu gcwUhnlirlien Lu)^tbnrk«itt^n in Oenf, aur.b zooi 
Empfange der Beriicr gern getttdu-n, sie mussteu aufböreui*! Vergnügungen 
anderer Art, auch ttchweiKcrtAfbr Abzeicben, PtuderbuiMu, B^rtu wurden 
niebt gelitteu, rtffcütliebe Weiber vertrieben und zurflekkebreudc in *ler 
Rlioue erdäuf^r betilraft aiieb Narblüiwigkeit der Kltei-n gegen ilirv Kinder 
Hi^wie unf«hrerbletigeri Betragen der Kinder gegen die Kltem. Ein Kaaf- 
mann Ameuux,**} der tuit Karten und äpielwaarcu baudolte und gegen 
Calvin harte Wurte aueg^fsUisaen hatte, wurde zu j^dentlicher ßUMe durch 
die Stadt gefnhrt (1546 oder 47). 

ZwiäehfD die Extreme der Wiedertäufer nnd der abgöttiaeben Papisten 
wnrde die (Jenf«r Kirche hingesLullt and mit dem cogitc mtrare befeüligl 
alft eine tiemeinschat^ reiner Lohre und lecliter Zuclit, ansnor welclier kein 
Heil Bei.***) Calvin aberi^iir der Moses des Protestantismas, weJchor ihr 
Leben mit aeharfnu geHetzlrehen .Sehranken nmatetite. 

Besondere Aufmerkstinikeit erfurderte das Lehrgebiet; C6 war nur 
uouiteqnent, das» mit gleicher Strenge gegen diejenigen verfalirt^n wurde, 
deren Lehren Calvin für verwerflich erklärte. Und unter die«ea mttssen 
einige uierkwtlrdige Pera^lulirhkeiten uambaA geoiarbt werden. 

^ebabtian Catitt^llio, ein gelehrter Philologe und Kectur der Öobnltr 
zu Genf, — wir besitzfu vun ihm eine tateiniticbe Bibelübersetzung mit 
dem Streben uaeh eleganter LaUaitÜt, — li«tte die Lehre von der ll<>lleu- 
falu-t verworfen, daa Uubelied ein erotisehefi Gedicht genannt, auch in 
einer Diapntation sich von cIri-Ber ^dcinnng nieht Abbringen landen; er 
wurde üchun 15-t4 »bgei«etzt und ging uarb BatHil, wu er lö(J3 starb. f) 

Im Jabre 1547 hatte Jiikob Grnot SnbuiälittKliriften gegen die Gaiet* 
lichkelt verbreitet; mau fand bei ihm einen Plan zur Volkeaufwiogolung, 



*) Vgl. Allg. Zeitg. iMi». Ueber Gallffe, B«U. No. :i»l— »4, B. ■iiHii. 
") Vgl. Ula-r iLiu daselbst. 
•") Ks ist ein Wort Beza'»: Libertas consck-Rtiac lÜabvlkuiH ihgma. 

\) Uocb »teilte ihm Calvin bei seioeiii Abgänge ein ritliuiHcUes Zougnia» 
IUI, in webbeiii seine Fihigkdten als Sc-hullclirer auorkiinnt wurden. .Seit \b\% 
lebte er zu Biwel. anfange nur um f^cringön 'Fagololin sla Handlanger, dann seit 
IB"i:i als Frole»»ur der griecliiaehou Si>rftclie; in dem ifleicb sei (igen Prooöftg gegen 
Servet aoU er mit eineuj anonymen ProUrnt »eine Stiuiuie erbobcu baben. Seine 
Bibelübersetzung, Kifnig Kduard VI. von England zugeeignet, erachien 1551. 
3. Ilagenbach in üerzog's Eaeykl. d. H. 



Caivfn*« Oe^er. Bolscc und Servet 



33S 



am du Cousigtoriuiu abzuBoliafTcn, auch votbietteD spidp Papituro krttssi* 
Declaniiitiüuen viv. die: m g^hc kiMticn Hiniuiül und kt'int! MdDo , dsK 
Christenthnm sei eine Fabel, Clirietus ein Betrilger, die .Mari« une jtro- 
ttituie, der Mensch sterbe mit dem Tuile, allu QcAcUgebitng sei Dcsputia- 
niU6, Cülvin [n(lsH4> ninit in <lie Rhom* verfiMi ii. dgl. f^r viini«^ drs llncli- 
vurratUt) und der Religinusvi'rat-liLuu^^ ^K-iiitldig befuudeii und auf ßt-lVhl 
des SeuAtc» entbaiiptet. 

Bieronj'uuti BnUec, eio Arzl und frlilierer Mönrh, trat im Orlober 
1651 mit ^usaor KiUiuheil ini (Jotteädicuet gCf^eu Calvin'« I'rildeslitialiiMiii- 
lehn auf, w«lcbe er alti völlig «iikirrblirb, dorn SUndpiinkt Aii(;aßtin'ti 
widersprechend, Uifiterlicli und gefilhrlieli heieiebm-le. Aber Calvin bc- 
fjiud tücli unbuiucrkl ^i-lbHt niiu^r ilrii Zuliurtrrn und anlwurleli; ihm mit 
AafbietQDg aller seiner GoisUAge;:,'onwurt luid rieredUiamkeit. Oer Krful^ 
war ein uugeiiblicklii-bt- r. B u I s e e » urde sofort verhaftet , verlit^rt und 
Dttlt^r Androhung sehwercr Strafe ans (leHf exilii-t; dorli fand er in Item 
und anderweitig ein Unterkuuimen , bis er selbst wieder zur katholtiirheu 
Kirche zurftekkohrte. *) l>or von Calvin verfanste Cotismutm Geneveusis 
de aeterwj Da praedeslhiuHoH/: wurde in demselben Jahre ata ein allgu- 
meiner Aosdniek der rechten Lehre von den Genfer Predigern angenommeu. 

Michael Servcdc,**) ein spauiücLcr Arzt, verwarf die Trimtfttslelire 
und war darüber isehon in Frankreich mit Calvin in Streit gerathen; er 
hatte gegen die KUebeiilehre die SehriRoD f>e hiuitntis crrorihux 1531 
and BiuUuji äe triniUüe 1^:12 herausgegeben und sich selbst darin theils 
nnbestimmt, tlieils ua^ef^br wie PanI von Samo^ata nuagesproehen^ 
nachher aber alles Frühere in einer gröHSL-reu Sehiifl, in deren erste 
Blieber jene Ahhaudliiugen 11 her gegangen tiind, in der /ieirtifutto Vfiri- 
stianismi \hW\ zu^amiuengefasi*!. In diesem Hauptwerk hatte er eine 
ganz pantheistische Weltanscliauung vnu dem lueiiiaudcrsein Gottes und 
der Welt, de^ Geistes nnd Pluisebea und somit von dttiu Göttlicbeu in 
Christus, wie es in ihm ;4C6eUt sei und in anderen Mensrhcn imrannent 
werden müsse , entwickelt, zugk-ieb aber seinen Spott gegen den Tri- 
Üuiiflmus und Atheismus der ktrehliehen Triuttiltslehre laut worden lassen, 
nachdem er bin dahin al» Arzt selbst von ßisehöfen gescIiUtzl lu Pari», 
\ ienne nnd Lyon gelebt. Von di-.r Inqui^tion verfolgt, floh er nun iius 
Prankreiob; am nach Neapel ku geben. Auf der Darcbreiae durch Genf 



*) BoUi^c's Hisloiri- de Itt vte de Jean dtlvin, läTT, ist voll von Gehässig- 
ke)t«n und VcrlMiimdungen und dabor au<-.h von späteren kaihoHschen Poloniikem 
rvichli'-b ansgelieutet worden. Stäbclin a.a.O. S. ll.'tfT. — Die Katholiken ver- 
hrCTou auch gfm die Lurberancr gegen dio Calvinlsten and bildi^D ihnen ein, 
diBS sie icar £U viel beMer seien. 

"J Uober den Prucc»s gegen Servede vergl. die geaaneren MUthviluageu 
weiter unten in dem Abeobuiti Übet die Seiten. 



324 



itHiriling-. KwelMr 



Snif 



abi^r wardb er auf Calviu's Befrlil ergriffou und in Auklagt^tnnd vi 
HetKt. Uiesur Aui.'liti> ilm \a L'uU'rrcduitgcn von «»in«r Vc-rwerfan^ nicl 
hUiUA ilcT TriaitäUlcbrL-, souderu »ucli iler Kiudcrt.tut'<> und inubn.-rcr 
t«atan)cntlicben Weisnagtingeu abzubringea; aIb dice nicbt gulmng, 
uiaa ibni nucb vm, Gutacliltn audiTcr »cbwiiziT Thi-ologpii fflr sicL ci 
saiumcii^snbrhigeu. Allein auob iltesc Afp<.-natiuii au du; öfTcutlicbe ilcrinuaf 
rettet« Üin nitbt, die StUnmen 6elcn gegun ibtu Calrio's Feiade reuclea 
bieraiif Servede, vicliuehr umKcbclin Calviu selber uuzuklageD and^ 
wilbreud i-r anfangK bin gL'istliebui Gtriubt v<;rluu^ bu-tte, dii- Ktirgcbeiüuiig 
dtr Zwc-ibundert zu forduru. Umsonst, deou er wurdu auf Bi'rebl d«-6 
Senates in Octob«r IftöS nU GutlvuIdxtfriT vuibrauut. Mrht bloss Farcl, 
Uuccr U.A., sondern arlbst .Iclaucbtbon billigten dies VerfaUrun, — 
bloAtt liutoriscb aiigoKC-bva kunii dieser Ausgang uicbt auffallen, l^ wirkte 
dazu die »Ite Heziebnog der (ilanbenaelDbrit anf die Krkeuulnid<», die vet^ 
jilbrtc kircblicb überlieHrrte Ccberzeugung, dass zuui ClinmUeiu Kebercin- 
stiuiumng mit der Lehransicbt der berrsebt'nden Majorität gebore und eine 
wesentlicbe Abweicbung von dieser dem Abfall vom tJiaiibeu Und lulglicU, 
^- eine Cunseqaeuz, die dem gcäelzlicbeu ijtaiid(muktc Calvins bedi>nder« 
nahe lag, — dem Verbrecbeti glfiebsti^-be. 

Dies »lies sind Begebenlieiteu, tu deren Hergang und Detail wir durch 
Calvin'd zatilreielie Brit'tl- *| Ubeudig eingoltlhrt werden, aber ste liattcn 
zugleich einen allgouiciueu liusawuieubaug. Üenu nicht nur gegen solche 
Einzelne hatte Calviu aoine Kireheiiverfasauiig und Rirchenxuebt z\i be- 
bauptOD, Sondern gegen jene ganze Partei, welehc wieder wie nach 
der Austri'ibuug des Biscbuls die alte Freiheit zurlli-kwUnschteu und dazu 
eine Aeudcruug der Verfassnug begehrten. Diese Liboralou oder „Liber- 
tiner^', schon seit 1543 missniuthlg fiber den geistlichen Druck, ilauu flbo] 
die Verbannung Castellio's und lihnlicUe Schritte, vorwarfen die voi 
Calvin eingeillhrte Abhängigkeit der bflrgerlicbeu Obrigkeit von der 
geistUcben; unleidlich war ihnen eine hierarchische ßüvüruiuuduug dt 
Batbes, uach welclier dieser die BestritfuDgen uiebt selber vcrluingen, sim^ 
dem nur uach den VorschnAcn der Aclteaten vollziehen sollte, also die 
kirchliche Übprbcrrschafl iuuerhaib der Uerichtsbarkeit. Au ihre .Spitze 
stellte sich besuuders ein als Feldherr und ätiuitsuiaun ausgezeichuci 
Mann Ami Perriu,**) anfangs mit Calvin, welchen er von Straasbnrg 
zurückgeholt hatte, bc&cuudet und Mitarbeiter an deu Ordonuauzen, 
1510 aber völlig in einen ücgner verwandelt; Berthcüer u. A. mit ihr< 
altgenferischen weitverzweigten Familien trateu ihm zur äeite. ***) 

*) Briet'sammlungon von Beza, Henrj', Brctschneider, Capefigue, Bonnen 
■■) (iaherei, Histoire de Ceglise de Gative, /». 2>>j). 'Jl. 
'") Vun Uutirfe (vgl. Allg. Z. l-*titi, Uoil. .S. 3MtJ) stird t'alTin höuhst ei 
soltiig als der herrsebsUchtlgu Vurdränger der sohweixcnsch und Ueuferiseb nat 



Calvln*a Sieg Über tlie Oppuaitiun. 



23! 



1547 hatten ue eine solche Aufr^gang ^al Ratho horvorgobrncht , Am» eine 
AWliiiffuiig der VerfaaBiutg iu Aujisii-bt aüiDil. Ab(ir Calvin atürzte »Ich 
UDgtrtcheut in die lUthaversammlmig; *) er wisse, rief er, dnsfi er der 
Qnmd ihrt^s ITufriedeus sei, uud ftiu mOcbCen ihn lödteu, wenn d^larclt 
Frietien geiti'tinfl't wtlrdi'; Krieden indsite sein, und er ginubc, die Freiheit 
küuiitoii sie nur behalten, wenn flie eich auch der Zucht fUgen wüllten; 
wcuD nie CH abor nir nftthlf; hiclteQ zor Klnif^ung, wolle er auch aus der 
Stadt weiclii:u und Gott liitten, daw er durrh diejunigea, welche ohne 
ChristUÄ loben wollten, den Staat retten miSge. Für den Äugeubliek war 
dies Ruhe hergestellt. Ein zweites Mal li'>f>ä wollten jene gewaltDau zum 
Abendmahl eindringen, auch .Solche, anf denen die Excommunicatton noch 
iJhMtete; al>er wiedf^r vertnob sie Calvin allein aut» der Kirche; er werde 

eher in .StUcke hauen lassen, rief er lluien im GottcsdicDHt entgegen, 
«ho er daa Hacrament profunire dadurch, dass er es ibneu reiche. Eein 
flebannter wagte *■«, an der Feier Theil zu nehmen. ") 

Aeht Jahre laug UälT — 55] zog sieb dicfler Kampf des alten gegen 
das mme Genf hin, den man trotx aller BxceaHe der Oppositionspartei doch 
it ohne Weiteres als Anriehnimg des Unrechts und der Sittenlosigbeit 
Ml die heilsame Ordnung beurtheilen darf, bis endlich die Oericbtsbar- 
keit dum ConsiHtorium wieder ausdrücklich zuerkannt and der Friede xn 
Guniil^n Cnivin's und «einer .Schöpfungen erreicht wurde. Kr hatte ge- 
siegt, sein Antichcn war gesichert. Nun folgte sein letzter ungeatorter 
Leben sabachnitt Rr benntxte ihn zu grossen und unanfechtbaren Verdiensten. 

Oas beste OegCDgewicht gegen die Feindseligkeiten der Gegner seiner 
Kirchi'uzucht fand Calvin noch in der Vermcbrnng der höheren Bildunga- 
anstalten. Er sammelte selbst von den Einseluen die Fonds dazu, und 
am h. Juni iri.'Sa konnte eine neue hohe und niedere Schule oröffnet und 
Theodor Beza als erster Rcelor derswlben eingesetzt werden. Krdt I5ri8 



'^Mlen Partei gescbilderl, der nni seine Sache dDrchznsetzen , die rranxöaischen 
AuslÜDtler und die £tuwatiderer tenutxt habe. Die atiUcalviniseh Nationalen be- 
sfaiideii gcndc uu» den a)(cu EtflyuciwU . die vucrst die Refonuation begiinstigt 
liattua; ihr« UcKner wureu üW GmUcfwms, Aulmnger Farel'B. Darch jene wurde 
Calvin ilür Pntu/oni.- iS'i's vertrielien uuit dann KurUckgcrufen durch die. welche 
si'vlis Jahrv ni'üiiT wii'iler seine eilngHlcn Feinde wurden. 

*>..HHtt4' er nicht", nagt Beza, „im eigen tlii' listen Siunc di's Worts sein 
Haupt r.wischeu die ealblt'>si»t«^u Kliugi-n gelialicn: »u würu das torchtbarste, un- 
heilvollste ßlatbud uoveruieidlich gewesen." ätäUeUn a.a.O. S. 4U3. 

**) Die auch an anderen Urion vorhandene feinilselige .Stimmung bezeugt 
Franz Ifotniann, geb. i;>24 f XbHy weleher täSS n. S8 an BnlUnger schreibt, 
»Calvin sei durt ebenso wenig gcscbSizt wie in Paris- Wenn Jemand Mch heraus- 
I nehme, einen Anderen zn tadeln, weil er fluche und ausschwcEfAnil lebe: so 
schelte iitnn ihn C'itlviuist; wer ein keiiecho» nnd ordeniliche& Lelien t^ihre; gelte 
deshalb llir munnlrüs, die Ueufer t>iseiplin werde laut geladelt, man gehe damit 
oui, den Katechismus Calvins absuschaffeu. 

u«uk«, LucbutttMUchM I. 16 



wuf^B ijf KinrithUaigtm f§T ^n fafibereo» teMnden UiMtopKlkra Vm 
Hellt getruffeo vt»rde]if welcheo L'sItIo and Beza aoeli iclWl mit 
sallourD ind zu dem aorb d»; Fn-mdra in Ueage herWiitrAailen. 

Fttr dual hai Calvin triebt und K^^rbeitet, aber »eiae pcmdi 
ürOiae erhob Uin xuui Kefonnstnr im enropltAchen Sinne; akhl aaf 
Btadl blieb kid EinOnai bvAchr&okt, sundcni erstreckt« strli ttclioa 
•dneu I>ebeeit«B aof aadere linder nach Lr-fire und VerCaaraag. 

I>ie Lehren Calvin'« f;ebLn|cU;n allerdin^ in dtrr Schweit nii 
•cbnetl SU allgemelaer Aaoalune. In lU-rn, vu man aacb dm dareh 
Thlligkeil bewirkt« iBBobBende UnabhAa^gkeit Geaf'a voa Bern an 
•ab, Hiritten bis 1.S48 mehr Lntheriarh ond nit'hr Zvinglisch gnünnle Pr 
di^er, uud die ErBteruu, nicht die Letztvrt-it hiugeu Calvin an, weleli 
aicb auch nur Angibnrgiurhen Oonfeoaioa (l'aritita) bekannt halte. AboTj 
»eit 1548 erhielten die rrt^dijfer von der Richtoug ZwingU'd in Bern valU 
daa Uebergewicht, uud ein Hekennlniäti vom Jsüire 154^, in weti'heu Cal 
vin »ein« AbeadmahUlehre £u»auiu)eDgefasst and dabei daajeaig«, 
«r mit Zwingli tlber^iüHtitnme, und du« Andere, worin pr von Lutbe 
abweiche, bcHundcrM zum Zwt-cke der Vertuiltlung hervurgcliubeii baltiV 
wurde xwar von den Zflricber lieifttlichcn (daher ConsenMut Tiffurittus) 
und einigen Anderen, aber nicht vun den Ucrai'ni stigunnmaicn. Anrh 
der Consemits Genevetuis vun \bb\ ühvr die <iiiude»wahl uurdt^ von den 
Ueiiteu abgelehnt, besonder» von Bern; aurh splter 1557^ als Bexa s^ 
WoriHH dich wieder für die AugMburgJHchf <.^>nre»>'^i<>u vun 15:^) mit 
nalunc des Artikel X, über welchen mau ebenfalU lüinigaog hoffte, erl 
und von dem Abendmahl aU blossem sigttum professiunis lo!»eagte, 
die Berner dagegen, witi-tiber Ihnen Calvin fast nouh sterbend Vorwarf« 
machte.*) 

Keine Schwierigkeiten hatte dagegen die Verbreitung der CalviniAchH 
Lehre iu mehreren andcnm iJlnderu ausserhalb der Hchweix. Die Con- 
ffssio CiUticunn von 15.^9 und die Con/'essto Ilefgica von IJVC.'J druckten 
Calvin'« Sta»d]]uakt in der Autra«»ung dcH Abendui»hl« uud der Pri- 
destiuntiun aas; der lleidel berger Katechistauä von \U^'A und die (.'ott/eiti^. 
Heivftica von irn;*J enthielten weuigitteDu seiue Abeudmohblehre, wenn auc 
nicht auftdrOcklich die vun der Uaadenwah) in ihnen wiedergegeben wurde. 

Kben^o gewann die KirchenverfaBsung, welche tat vin In (ienf 
cingrriehlet hatte, durch Fremde, welche dorthin kamen und Calvin'« 
Schüler wurden, wie der Scliotte John Knox, iu anderen Ländern Kin- 
gung und Narblolgc. Die grütwere Selbständigkeit der Kirchen Verwaltung 




i 



•) Vgl. aieseler 111, 'l, X'it o. Jutas llonHet, LeUrfs tie Valrin. IS; 
7*. li. y.hTi^. Hundeflbagcn, Die Contticce de» Calnuiamu», ZwingUtnismu« 
Lutbettbum«, Bern 1^42. 



Cilthi'i LöbeOBwerk fa »dner GrOsM. 



227 



puaste besser und war dooIi mehr B«>d(lrrnias an Orten, wo dor Staat 
feinillU'h, also mnlir Sclbathltlff ntHhi^ war. und an war Oalviu denn 
anch nach du-ser Seile liiu ein nacMialtigM' und inaaaageb^nder KinHuas 
auf allt nicht-Lutheriuchen and fast ullu iiiclildf^utecheu ProteManton »nhon 
geaioliert, ftla er erst 5r> .lalir** alt, aber Bclion lange krank nud sein Knde 
erwartend, zuletxt von Allen »icli vtTabscIiii-dcnd, Fruuude luu Verzuibuug 
bittend und ilincu seine 8acUe empfelilend, am 37. Mai 1564 starb, *) 

In (icnf Ht^lbdt wurde Calvin» ätli<J|}fun}r /.unilrlittt nocb datt ganze 
Jahrlmudert liindurcli unt«r schweren Kiiinpfen mit fast gleicher Krutt 
aufrecht erhalten von »einem Freunde Tlieudor Beza, welcliur 1&19 ge- 
boren jetzt 1501 C'alviii'R Nachfolger wurde, va» er hi« zu Meinem Tode 
ItJOä tcebliebeu ist. Übslüich eine gaua andere, ungeachtet der achilrfHten 
CoD8«<|oenz im Vortrag de-r l'rfideiitiuatjüntilebre "| ducb weit mildern nnd 
zugleich liÖL-h8t ehrwürdige Peraöuliehkeit, hat auch er für die Ausbreitung 
der Ueforiuineu Kirche im Auiiland, besonders in rraukreicli, g^hr viel 
gewirkt 

Wir haben Calvin'tt LebeBitwerk mit allen »einen ächrofTheiten doch at» 
ein gru^aartiges hinsti'lU-n wollen. Ucrade in diesem Koitalter kommt ca 
ilarauf an^ die tiehr>pferischcii Bi-ärheinungen nach ihrer allgt^meinen Be- 
deutung dankbar zu vergegonwiirUgen, um xu erfahren, was sich Überhaupt 
in der Kirche ngejichichte lernen llts&t, die Wunder der WeltUberwindnng 
durch die Krafl des christlichen UeisleA. An den persönlichen L'utoU- 
kummenheiten und Hürtun der Reformatoren, au dem waa Ungeduld, L'n- 
friedfertigkfit uder Ueberüipannung ibnuu abnilthigte, soll der Blick nicht 
missgünstig haften bleiben , noch weniger durch die WuUrnuhmung der 
Ungleichheit ihrer tjaben beirrt werden. Der Haas hat immer Unrecht, 
denn er sieht ans der etgencu Uitsterkeit schwarz; die Liebe hat Recht, 
denn sie trägt die griissere Hefreiung von der äelbstaucht und die leb- 
haftere [Jaiikbarkctt für die Üaben Uottes in sich. 

*) l^oros über sein Ende bei B on n et a. a. 0. D. &00 ff. 
**) Striae Tractationes theolo^ieat. 11 J Tomi, Gen. 1582. 



Ift' 



Zweite Abtheilung. 
Ausbreitung der Relbnuation bi Europa. 



Erster AhschnitU 

Geschichte der Reformation iu Fraiiki-eith und den Niederhmden. 

1615— löüa. 



§ 22. Unter Franz I. 

Literalor: Histoire eccletiafli^Hc i/f* egUsej reformces , vof/. 11/, Antit. IEi*tO 
(uach no|i]io iftt BczH nicJit als Verfasser anxiutobon) Scrmnus Df siitiu reti- 
fjiintis IN n'/jnv Frandar, B parU-Sy 1&70 — IUI. Fr. Belenrii Peguilivnis 
Historia gaUica, Lugd. 162&. Thuani üistoriartim fui trmiHTts iibri VAh, h voIL 
Genev. Hi20. Benott, Histoire de ndit de Nanles , Deifi 16!W — »6, 5 Bdo. 
Bi) MHtt t . BuUcUh de t histoire du protcstautismt: Sis in o n di . Hisfmre dft 
FruH(ais, Par, 1^'il— 44, :u Bde., vom IC. Bde. an. Michetet, Histoire de 
France, Par. I(i56, hierher {rebürifr Bd. n. 9. Haag. La France protestante^ 
Par. 1858. Capefigue, HisU>ire dfi lu Reforme, de la Ligue etc., Par. 1S31. :ii, 
8 Bde. briini, Hist. chrtmt>logii/iie de Fegüse prvt. de France, i8.^5. Herr- 
mann, KraQkreich'a K(>1.- n. BUrgerkriego im Wl.Jutirli., Lpi. ls2S. (i. Weber, 
QeBclu Daratell. dt*8 Culvinitimus in (ienl' ii. Krnnkr., Ildltt. lS.1il. Ut-säellteu Wolt- 
g«B(h. X, S. fiTI. Soldan, (Jonch. des franai. I'role«!., I.p». IS5&, 2 Bde. T. To- 
Udz, <}e9ch. des franz. CnlvinUmuH 'Di. 1 biit tfiin, (lArha lSii7. Kanke, Franc. 
üeBcliiachte Im XVI. o. XVIl. .lalirh., Bd. l. H. tfi52. 51. 

Mit deu WideD AaBgangspnnkten der grn«ften religiösen und kircb- 
lichea Umwälzung sind zugleich zwei Charaktert d^rdelbou gegeben, wnloht: 
sich trotz zalilreii^ht^r und bedeutender Moditicatioaen der Ilauptaacbe naoh 
aocli auf andere Länder Uberlragcn haben. Dna Lutbertlinin stellt eine» 
tilauben dar, welcher eich aU strenge und reine Lehre llbrr Alteg arhfltztt 
ala Kirche and Verfasaung d»s Regiment der weltlichen Obrigkeit willig 
annimmt und auf Mitregierung der Gemeinde beinahe verzichtet, ala Cultua 
den Verband mit dum U eberlieferten aekont und endlich als allgemeine 



Zvel Rlcihttmgei] den Protestiuiu Frankreich. 



229 



Denkart anch das Irdische und CreattlrUclie in seinem Werthe auerlteunt 
DaoebtiD bat sirli die Refurmlrtc Riclitiing in der Weise entwickett^ dau 
in ihr die Lflireinhett und L e lirbosti mint hei t veniger einseitig betont und 
d»riir die äi[tcii%uehl eil'ri(;cr ^eplleicl, dsäs ferner iiu Ciiltua mit der Tra- 
dition vidifttiiudig gebrochen und in der VerfassUDg die Gemeinde oamtnt 
ihren Reclitcn verHuibstä[idi(?t und die Idee des aUgemeinen Priedterthumg 
in hrtherera Grade verwirkllrht wird, und dass endUcli eine allgomeiae 
RclIgiuQiiausicht in Ihr vorherrscht, welche das CreatUrtiche gering achtet, 
um dem Geiste und dein lleberirdisrlien ailein volle Hochscbfttzung zu 
widmen. 

Von Bolchen Itupuben aus verbrcitot sich das proteBtanUache Glaabeo»- 
and Kirchentebeii in doppeller .Strömung über die fUr dasselbe ompfUng- 
Lichen cnrupfliaeheu Länder. Genf bietet uuh zunächst den leichtesten 
Uel>ergang zu dem benarhbarten Frankreieh. Der Calvioismns hatte den 
Trieb, »icli und ^eiue Wii'kaamkcit auf gröwtcru Verhältnisse xu verpflanzen, 
als sie das kleine Genf d.trbot. 

Frankreich war zu Anfang des XVI. Jahrhunderts bereits in riel 
höheren) Grade olne nnumscbränkte nnd centrnlisirte Monarchie als nicht 
nur das deutsche Kvich, suudtrn auch alle ubrigL-n grossen christlichen 
•Staaten, ächon seit dem Xlll. Jflhrhiinderl, grade während in Deutschland 
die Kaisennacht verfiel, halte sich in Fninkrcirh die unbeschränkte Gewalt 
iIk9 Königs zu befestigen itngef»ngen durch lange, von dem Vater auf den 
Sohn übergehende Regierungen, durch glacküchc Erwerbung grosser Lehen, 
darch geschickte Vermeid uii^r von Streitigkeiten mit dem Papst, wfthrend 
frilnkisrhu und och wit bische Kaiser sich tu solchen crschOpfltou, durch Aus- 
breitung ded Römischen Reclita, nach welcliem der KOnig nicht mehr ab 
oberster germanisch er Leht-nsherr intt begrenzten Volloiachtcn, sondern als 
Imperator augoselieo ward, scbon früher durch eine Ansdehnung der Justiz 
nnd der Äufsichtsi-echte der königlichen BailUfs nicht mehr bloss wie ur- 
sprflDglicb flber das Kvonland, sondern ancb Hber die Bezirke nnd Gerichte 
der bisher ganz unabhängigen Sc^igneurs, endlieb durch Einführung einer 
Appellation von ibri^n Entscheidungen an die des Königs. Alle diese dem 
mimarchischcti Priiicip gtiiistigcn Veränderungen, unter Ludwig dem 
Ueiligon begonnen, erhielten schon im XIV. .lahrhnndert einen hnheren 
Grad von Festigkeit. Diizu kam unter Philipp dum Schönen Im Streite 
mit dem Papst, zu welchem jener nun bereits stark genug geworden war, die 
Vereinigung von drei Ständen, auch der StJtdte, zu Reichsconventen, dazu 
ein auch gegen den ersten Ijtand die PrÜlatcn und zugleich gegen den 
Papst, — das war der Streitpunkt, — durchgesetztes allgemeines Be- 
stfUeruDgsrecht; daxu bald die Abhängigkeit, in welche das Pnpstthnm m 
Avi(;nou gerietb, dazu neu eingezogene Lehen und gewonnenes oder ge- 
raubtes Gat wie das der Templer; bald nachher 1317 auch die BefostigUDg 



330 



Ztrclte Abtfiptlang. Erster ATiBCfanttt. S M, 



der saliscbeu Gesetze, wenn aach oliuc dus eise BeruAinK anf dieselben 
BtattgRfiindcii liültp. Fiullirli im XV. .Tahrhundi^rt hatten zu Anfang die 
laiigf^n Kriege mit En^tnnd zwar 8on»t sehr naehtlicilif:; anl' Frankreich 
gewirkt y aber die königlirhe Macht doch dadurch befestigt, dius zulutzt 
gsDz Frankreich »ich frcgeii dim analKiidigen Feind um ilio kf'miglicho 
Gen-alt her vei'einigte. Atlgemeine ßetiteuerungt^foruieu iiud ein ntcheiides 
kt^niglicbe« Heer, da« erste der neneron Zeit, hatte unter dinsen CiuRtänden 
schon Karl VII. erreiclil;*! das Oleiphgfwichl der Städte und der Cirossea, 
welches durch die königUciie Aufsicht gopdegt wurde, aichei'te diese Halfa- 
mittel. Durch die Aunalime der Bjuelcr Be^cblttiifie in der pragmatisobeo 
Hanction von 14:1K worden die Bimhöfe und iliro Wahlun, wenn auch 
nicht voD dem Könige abhängig, doch anabbfiDgig vom Papste und in- 
ländisch,**) denn sie atanduu unter inliludiflchen GiudClssuu; und wiewohl 
jene Uebereinkunft rortlborgehend von Lndwig XI. wieder anfgegebon 
ward: 90 befeetigten äicU unter ihm duch andere Ponnen einer eeotraU- 
sirlen königlichen Maeht wie die Rinsctznng von Parlamenten als höt^hsten 
Gerichtshöfen fdr die grostteu Iteiclmtlieile; aitcrh wurden Anjou, Maine, 
Provence und andere gr^sste Roiehslehen von der Krone eingezogen. Die 
Gefahr, welche in der L'oberiujlc-htigkcit de» grösstcn Vjwallcii, des Uersuga 
von Hurgund, dmhte, wiirdi- durch dm Tod Kiirr« t\p6^ Killini-n für don 
Augenblick beseitigt. Daher könnt« die so erstarkte Muuurchit: bereits in 
Italien mit der des deut«clien Heiehes wetteifern. 

Mit diesem Wachsthom der königlichea Gewalt hatte es sieb seit 
Jahrhunderten wobi vertragen, dass sich Frankreich zugleirb als dasjenige 
Land entwickelte, wo alle Ideen und Unteniobtiiungen ftlr Reform der 
Kirche und neschrünkung des Papalthumit stets den lebhaftesti'n Anklang 
fanden. Noch zuletzt unter Ludwig XII. hatte es eine Spannung hervor- 
gerufen, als JaliuB IL von der Llguc von (.'ambray abgefall(!n, dann 
durch Bayard bekriegt worden war, und all das Ooncil ku Pisa 1511 
von Frankreich untersttitzt, sich als ein allgemeinea betrug und den Papst 
suspondirte. 

Und grade jetzt kam 151A ein junger K'^nig zur Regierung, welcher 
mit noch mehr ItlteksicliUlosiKküil als Philipp der Schilnp durch jedes 
Mittel die Kiiibeit mul L'nbu^cliränktheit seiner kÖuigUuhen Aucturitäl 
zn befestigen bemüht war.***) 



*) Ranke, Franzils. (ieitch. I, 06.09. 
*') Ranke, ebend. AI. 

•") FranaJisiscIie Historiker wie Micbelct sehen diea litierbAiipt aIk rien 
Charakter der neuen Zeit an : _ic «<»«fc«" .Vfssi^ est tr roi. Le drstin </« huHohs 
est fte»ormais tHcfos aux rtiraiif ile ifurs Majcttt-s. ("est Ctuioratian de la furce, 
Fohscureisst-menl Ju droit,- Hithctet f'II, 2tO— 12. l>i!r Ilnf Frimz 1. »teta 
mobil in gana Frankreich omhoniiehenrl , verweilte ,,nie lüager als U l'age an 



* 



Tnan T. und dessen Twflenwn.^* ^ 931 

Frans I., geb. 1494 i 1547, war oicbt ohne Interesse für die freieren 
Mf^tdcstudioQ dcüt J»brLuudprtä und für biimsniscificlic Bildung , er zog 
lininaniBtpn wie KramniiÄ und Hud<* nn sirb, dif l'aiverttiUt Purls blühte 
unter ihm; hier edirten die ätophanuH die Werke der Alten. Der König 
grtludftf netiv Pmfp^uTi'u drr griitchiHchf^n und liehräiachen Sprache und 
der tateinisuhfii UeredtiDuiukeit, er hiess der ., Vater der WiasoDBcbaft" und 
war aolbat dichter, ebenso seine goietvolle SebwcBter Margarethe, Königin 
von NavarrH. Was deu ßisfb(>reii und di'in KlcruH an UnwisseDhcil xur 
Laal 6el, war iliuen Hfihr zuwider; als Geittt gegen Oeistloaigkeit, ala Anf- 
klämng gegen UnTcrnunft, als iDnerlicIikeit gegen Meebanismus, als Ernst 
gt-gen Frivulität crKcbi<*)ien ihnen wohl eine Weile auch die reforuiatorlachen 
Regungen "t im günstigen Liebt Aber freilich noch wichtiger ab» Alle« 
war Franz 1. die Fortfllbrung jener von «einen Vurgängern Bcbou mit so 
riel Erfolg betriebenen Befestigung des kii^niglichen Ansehens, und eben 
hier wurdi' os ein für die ganzo Zukunft der Reformation in Frankreich 
reriiäng nissvolles Ereigniss, da«« er — ^Thronfolger fassen gewöhnlich die 
Scbattenseiti- der letzten Regierung in's Auge**, ~ aogleich anfangt eine 
nene .Stellung znm Papate suchte, welche eugleieb im Inlande seiner kflnig- 
liuheu Macht b(>e)iat günstig war und über das Schicksal der reformato- 
risehen Itewegung in Frankreich entschied, ein Jalir noch ebe sie in 
UcutscbUnd begann. Kr schloas mit dem Papstti Leo X., welchen er vom 
Kaiser nnd von .spHtiien abzog, ein neues Ooncordat, publicirt durch die 
Bulle PrimUim eccfcsia xom 19. December 1516,") In welchem er ihm wohl 
dio pragmatische Sanelion, also die freien Capitelwahlen in Frankreich^ die 
Uftseler Grundsätze über Supertoritiit de« allgemeinen Concils aufopferte nnd 
insofern seine Bitirh<(fe nnd Aebte unfreier machte, aber dagegen Zugesttnd- 
nisse erhielt, welche fUr seine eigenen dynsstischen Interessen noch viel 
bedentcndcr waren. Denn er gewann mit diesem Vertrag nicht allein grosse 
Einkünfte durch Bewilligung von Annaten, sondern es wnrde ihm auch die 
hiVhste An&icbt Ubtr dir Prälaten seine« Landes, damals 10 Erzbisobi^fe, 
BS Bischöfe, 627 Abteien, uamentlieb die Ernennungen zu diesen Aemtern 
mit geringen BesebritDkungcn vom Papste flberlassi^n. Besonders sollten 
tiradnirte der Ünivereilät hei Vergebung der Canonieate berücksichtigt werden 
nnd bei jeder Kathcdrule wtrnifrstens c i n solcher Canonicus sich be&nden. 
Üio Verschleppung durch Appellationen sollte ebenfalls beschränkt werden, 
nnd di.T K'inig entt>r beiden. Alles was die pragmatische 8anction Ither 
Superioritiit des Coucilti, über Veranstaltung von Ökumenischen Synoden, 
aber die l'ardinäle und ihre Wahl und Über Annaten bestimmt hatte, 

domaeltwa Orte'', aajrt der Vcuetianische Gesandte D'Herioaalt Hacot, doch 
Paris: „//! ftteur tU la chre'tU'uttf', ebend. 

*) llRlier Am Liternnscbi: ». G. Weber, Weltgescb. X, S. 687 ff. 

") Rsnko, Franz. (tescb. 1, 104 ff. 



!32 



Zweite Abthellong. F.r8tnr Ahiichnitt § 23. 



nrnrde sti lisch wpi^^end Aufgegeben ; die Wahlen der RJHchöfp , wrirhe die 
pragtnatiucliL« Sancüun dou Oapik-lu nLertrugeu liatto, fiodcn nir'ht uivhr 
sUtt; der König soll dem l*apsU^ ciurn wenigntfiin 'J7 Jahre alU-.u Üoctor 
der Theologie »der der KL-chto vorschlageu und dieser ihn bcHÜitlgen, die 
Abteien ebeoHo, nur darf der Oetiignirte nirht unter 'J:{ Jahre Kühlen. Allo 
pftpBtIicbcn Itescrvatlonen bei Besetznng von Aenitern sind mit «renigea 
Ansnahmen aufgehnben.*) * 

Auf diese Weise wurde die Wahl und die ücsetznog der grossen 
Hiüchof- und Abtstellen iu Krankrejeli ho gul ntis ganz dem Köulgu über* 
autwurteL War aber <ties gescLolieu, wurdi^n der erste Stand und mit 
ihm <Ue gröMten Oruudbeaitxer dergestalt durchaus abhängig vom Kilnige, 
und war diese ÄMiÜngigkeit auch vor Allem dtirrh die Ntrht^rblirhkoit 
bedingt: so hatte der K4>nig als solcher, — nicht au» besonderer Neigung 
fllr den Papst nder gar auÄ Pietät, — sondern ftlr sieh «elbflt das gritsste 
politisuhe [nt^Tesst:, dlesii: gauze Maelit aiieh ungeächwacht zu erlialten und 
d«ren Inhaber nicht ans dem COlibat heraustreten zn lassen. Die gannB 
Corporation war so gut als dir seliiige, er hatte nichts mehr von ihr, nur 
für Me tn fOrchteu. Die Biaclulfe bestenerte er fast unbescbrünkt; **) 
auch die weltlichen tirosson wurden noch insofern mit abhängig, dasa zu 
Birtchöfcn und Aeliton nun schon wie die iJf»flcute, so ancJi die jflngeren 
Söhne des h'^chsten Adels tauglich ttcliiencn, — und solche Priilateu mochten 
einer Reformation sehr bedOrftJg sein, aber sie waren Ihr auch nicht weniger 
abgeneigt. So entstand vou hier au eine franz<lsUrbe katholischo 
Kirche, welche zwar den Papst norli anerkannte und lantor anverhei- 
rathete ßlschöfo mit grossem Grundbesitz amfasate, aber deren Haupt doch 
eigontlicb der König wurde. Ks bitdule sich ein ganz neues, aber für die 
Vertreter der Kircho zuweilen wenig chrenvulles Verhältniss , dem doB 
Mittelalters ganz nnShntich, und doch aneli ganz das Oegentheil der Re- 
formation. Eine Nationalisirung der Kirche und ihrer Vertreter war damit 
ebenfalls gegeben, aber von ganz nndercr Art als soust; -glänzende nnd 
relchei hAfischo nnd weltliche Prälaten, aber völlig untergeben dem unum- 
schriinkton Könige, oft durclmuä nur dessen Agnaten gleichend, in alle 
Hufintriguen eingeweiht, nicht selten auch in die tSllten des Pariser Llofcs 
verwickelt, daher auch wotnfiglicb Alle in Paris lebend und um ihr« 
Dittceaen vollkommen unbekümnierL Schon gleich die ersten wurden 



*) Warum blieb Frsnkrficb, das alte Land den kirnhlirlit<n KnrCKrhritts, 
welches die Päpste denilliM^d' und freimüthiKc Münner in die (.'cmcilieii ent- 
Mindti;, nicht in dieser .Sli'lIiingV Die Antwort liegt tn dem Concordat vnri 15IG 
und in dem ans dicwcm her\'urgoliendtin neuen VorliÜltniss xwischeu Kniiiglhuw 
nnd Kpiskopat. 

") Ranke, Geacbichte Fronkr&ich's I, 123. 



Frankreich. Hhdcrnlsw der R<*form*tloD. 



233 



häufig von den Maitreeson eruannt, uut«r Fraox I. von der Ktampea,*) 
ntitcr ITeinrirh II. fast dardi^UB von Diana v. P^iiticrs.**) 

Wurdf-n «bi-v von di»fieui Verhältnis nus Kilnigthiiu) uud rriester- 
tbam in Frankreich ho eug mit einander verbanden: so mnaate hier noch 
mehr als Irgendwo dii> kirchliche Opposition 7. n g 1 r i c I; zur p u 1 i - 
tiachen «erden, und darum der ausbreehundu Kampf viel bcftigi^r and 
imabsehharer als irgendwo sich entwickeln. Einerseits unterlagen Könij; 
und BiHcliöfe zusammen der VerKuehang, die gnnze Kc.ftinnalion nur aln 
Revolution gegen sich selbst, gegen ihre AUeiuhorrschart uud ihren 

'Beaitzstjiud auzusehun und iluahalb in ttbennäiuiger OouHervativitüt auth 
gegen ilie acht reformatoHiielien uud rhrirttlicäico Fordeiuugeu ^ich xu 
vorschlica&en, was sie selber uuch blinder, uuchriHtllcher und roformbvdilrf- 

Itiger machte, andererseits ergab «ch ftlr die Freunde der Refermatiou 
oder, — wie sie seibat vou ihren Gegnern und bezciehneiid fllr diese ge- 
nannt wurden, — für die Freunde der Religion, .,ci'u.t ile la rrlüjnm" , 
die Folge, da^s ihre Opposition die Gestalt eines wirklichen Kampfes fUr 
die Religion gegen bestpliendeu und sieh verhärtendes Unehristenthum an- 

|Uahiu. Dadurth wurden sie j:i freilich erhoben und gereinigt, es wurde 

■ Ihre VerpHiclttnug darin auszuharren, bis zur liöchst«» Dpferwilligkelt und 
aiuni Todesunith des Mjirlyrerthunis gesteigert; aber die Lage der Dinge 
nothlgto sie, mit dem kirrhürhen Wideritprurh aueh eine offensive Auf- 
lehnung gegen deu König zu verbinden, »Um insuferu den Krieg gegen 

'das Vaterland nicht zu scbenen; und das Hess aie denn vollends den tie- 
waltbaberu nur aU ße volutionitre, denen jedes illttol heilig sei, über- 
haupt Vielen altt M-hleehte Franzosen erscheinen, sodass denn hier höchst 

tvorhXngnissvoU nationales uud religiöses loterosse nicht sueaumen- sondern 
auseinandergingen. 

Das sind die Grtlnde, weshalb in Frankreich, dem alten Lando der 
Opporition gegen Papstthura und Hierarchie, der Kjunpf um die Refor- 
mation zunächst zu einetn mehr aU lOOjülirigen Bfirgcrkriege sieb auü- 
dehnte, und die BcbimIn(^tt^ und duuerndst« Folge hiervou ist die gewesen, 
daas nun grade In diesem am Anfang des XVI. Jahrhundert« am meisten 
ftlr die P!rnenernng reifen Volke die Wirkungen zur Ueiniguug und Ver- 
tiefung chrißllirliOD Lebens, welche die Roformatiun den Völkern bringen 
könnt« and sollte, hier nicht Gemeingut des Volkes gewurden, sondern 

:diesem, soweit das '^fTentliche Auseben der Regierung reichte, vorenthalten 

tnnd verkamuiert idntl. 

Fast das ganze XVI. Jahrhundert tnudureh danort dieser Kanipfj zuerst 

[-während der IJegiernngcu von filuf Ki>nigen aus dem Hanse Valoia. 

■) Cf. Hiogr. univ. XVI. SbS. 

"\ Rankt* 1, \ht. S*,. Goiffrey, Diane de Poitiera in dor Revue des deux 
Imottdef von 1&. Aug. l^tW H. 9M ff. 



234 



Zweite Abtbenang. Erster Abschnitt. | 21 



Schon Frans I. und ebenso seiiieii NAc-lifolgern bift 1&59 und 1560 
war ihre StfllunK riir protPHtanlisHien Hr.wrgmi^ angewiesen. Bis zu 
diesen Juhrnn , nnd rljw int lange, lierrachte in Krankreich eigeutlich nur 
ein streng richterlicher Standpunkt, und mit diesem verbunden eine zu- 
nehmend ^rauAiune nnd bintige Aiiwpndnng der alt^n Ketxergä^ptze gegen 
die Auhftuger der neuen Lctiru za Uunsttm der hcätehvuden k'^uiglicbea 
llierArrhie. Oann folgte eweiteud ein Menschenalter dos wechselnden 
kriegerim*hen Kampfs um die Eerrsrhnft, »Itto um die OwhU des Kunigs 
und übpr den Kßnjg, die Zeil des mehr aU 3Ujfthrigen erbitterten Bürger- 
krieges zwisubeu zwei Parteien, welche sieh, diu eine durek Eintreten (Hr 
die 7.n erringende Religionitrreiheit der Protestanten, lüe andere dnre.h 
Widerstund gegen diese verstArkteo. Und das Ende war drittond ^it 
lb93 eine Vcniiittlung, eine Coalilion, ein Verglnirh dnrcb dau grosae 
Clpf*T, welebea IleiDrich IV. den ücgneru des Proteetantismus sur Be- 
ruhigung FraiikrciehV bringen zu dUrl'en glaubte. 

So verlief das XVI. jAbrhundert fUr Frankreich, damals ullerdiogs du 
gebildetste V<dk, in gegenseitiger t^idtlieher Anfeindnng und fiirchtbsrom 
Blulvergies^en 70^8(i Jahre hindurch, wurauf denn noch die von daher 
iiesonder» auf andere Völker tlburgegangene nnd auch von Nichtsoldaten 
nnehgeüirte Ihiellwuth in dem L'ufange uachgerulgt ist, tUm in 20 Jahren 
am Ende de^ XV'I. nnd Anfang des XVII, JahrhnniJert-s liHHI ffcalil hommts 
auf diese Weise ihr Leben verloren. *) 

Zunächst schon unter Franz I. fehlte es nicht an Widenitand gegen 
die Vcrweltliehnng und Verw.ihrlo8Ung der Kirche durch die (leistlicheo. 
IMc Reforuiirte Kirche von KrankrtMch entstand als eine sittliche und ideale 
Krhobnng nnd Volksoppoeition nicht gegen den Papt^t, flondern gegen die 
seit dem t'iinuordat Franz' I. von l-'>)i< ganz liJiflgch und weltlich gewor- 
dene Geirttliclikeit und den weltlichen AbsolutiHraus, welcher sich nuf sie 
stutzte. Die kirchlichen iCiist&nde wurden nach den Idealen beurtheilt, 
wclrhi^ die wieder bekannt werdende li. Schrift vorhielt, und die Wahr- 
nehmung der tiefen .Schilden erregt« die Itemüther. Jakob In Fevre 
(= Fabri) d'ßtaplo» (Jacobus Faber Staputensia), so genannt von einem 
Strtdtelien bei ni>nU>gne, dort schon um I41i.'> geboren, längKt bekannt als 
Humanist, Aush^ger und Herausgeber Arisloteliucher und Achoia» tisch er 
Schriften hatte Ibi'i «inen lateinischen Commentar mit Uebersetzuag xu 
den Briefen de» Paulus vorÜffentUcht und Hess 1523 — '^f» eine t'ranziisisrhe 
IJehersetzang des Neuen Tcstaiuents, ib2b auch die franz^lsiftehen Psalmen 
nnd lä28 den Pentatench folgen; 1&30 wnrdc eine Ucbomotzung der 
ganzen Bibel ans der VulgaU fertig. ••) Ihn und einige Schüler deßselben 

•) L'KtniU 4i<i. ann. ItiOT. Martin, Rist, ilf Fr. X, 4tJ9. 
") KouB». t;ü«ch.d.heil.Scbf. N.T. §473.474. 4S7. .XA. Derselbe bei Hcrtog 
XIII, 98. Cfir. Baf/te s. v. 



Bd^n der OppontHnn. ürthril «ler Sorbmine. 

wie Gerard RonsBel (t 1550) and WMIielm Farel (geb. 1489 i 1565) 
Bog ein B^rhol' von Mvaux. Bri^uitni*!. 8olin eines CardiiiRlD und selbst 
Diplomat und Hofmatiri, .tln'r iiurh my^littclifr Srhrinsteller,*) iti tu^inn 
DiöccBO, lioi» sie dort uuU.-r ffroiACiu iCiilauf pradij;«», vertriob mv aber 
d&nn, als er »leb selbst 152:i mit der Sorbonne und dem P.tpst aus- 
söhnte. In nud nasaerlialb Frankreii^irs setzten sie nuu ibre Ar)ii-it fnrtf 
Lef^vre (t l.S37( und Ronssel (t 15.^)) unter dem Schntzo Franz' I. 
und der Klinigin Mar^arethc von Navarra (f 1549), die RoiisBel uoeh 
xum BiArliDf macbte. 

.Schon frllher aU der Kftnig nnd nicht ohne sich in Difforeuzeu mit 
ihm KU befinden, hatte auch die Sorbonne, damals zienilich ht-runter- 
gekommpn nnter Beda, sich ^-^gan I.utbnr erklärt. 

Es machte einen grosäen Eindruck , daas nachdem die Univer«i täten 
Löwen nnd Köln scben vorangegangen waren, nnn nncb noch di^enlge 
Uoehscbiile, wolcln' vom MilletalUT h^r aU die Mutter aller, besoiiderä 
aller vurlierrüehund tlK^olu^iHrlion IhnverKitäleu verehrt wnrde nnd deren 
Vertreter im Anfang des X\'. Jahrhunderts an der Spitse einer freisinnigni 
Opportition gf'g'n d.is r'apültliuiti (■p*tandeu hatten, sioli in einer umfasHtn- 
den and mit Uriludi.-n uutiTsltlt'/ten sintMclicn Erklärung gegen die Lchrt- 
Luther*» »emehmen Iie*ts. In dieser „DeJerminalh" vom 15. April 1521 **) 
fuhrton die Kebrer der Sorbonne Kuerst In :> Ab»^!hnittcn Irriehreo 
liQther'a in der Schrift von der „Babylonischen (icfangeusrhaft" anf, 
welche also wohl den Anläse gegeben hatte, nnd fllgten jedesmal kurze 
Beweise der Verwerflichkeit hei; dann Tdgten noch in 19 anderen Ab- 
iKihnitten Ähnliche AiifziUilungen von Irrtliilmem, anrli wieiler mit kurxen 
sehr ruhig gchaltmen Begründungen der Mis^biltigung. So machen sie 
ihm %. B. in den letzten beiden Aharbnitten seine Lehre über den freien 
Willen nnd den Werth der PLilusoptiie zum Vorwurf, erklären die Leug- 
nnng der Willennfritiheit fßr Manieliiismus und seine Behauptung, dass 
Aristo teliä«-he und scliolaiitiftclie Philosophie fUr achte Schrinauälc^ung von 
keinem Nutzen sei, dmui in 'fauler mehr ürhte Theologie enthalten als in 
den Svholasttkern aller Cniversitäten ilA. fUr Ignorann nnd Anmaassung."') 
Aach wiesen xie immer xugleieh die Aehnlirhki-it mit solchen häretischen 
Parteien navli , welche in der Vorzeit sebon von der Kirche verurtlicilt 
worden wie Maniehfler, Waldenser, Kiitharer, Wirlifßten, Hnssiten, woraus 
also über Lntlier eine ähnliche Entscheidung folgen sollte. Es war eia 
NaciikUug von üersonV nud O'AiUy's Verfahren gegen Hns, welche 
dort auch ein rolies nud unkirchliches Zuwcitgehen zu verwerfen meinten. 



*) C. Bohmidt bei Herzog, II, 377. 

"» ilvdruekt V»rp. iief. I. //. :Mifi. Hei irArtfentr^ T. 1. p. 365 ff., wo aaeh 
vorher die Ituciiclicen der Kölner und Li'iwoner. 
'") Corp. Ref. 1, 387. 






2ft6 



Zweite AbÜieiloDK. Enter AbBcbnJtt S 31 



Freilich beantwnrte.te nun MclAnchthon diu Determnailo der Sor- 
bonne mit einer hÖcliBt enorgieclicn und heftigen (.Jegeoschrifl Adverxtts 
ftiriosum /'urisifiimum theofof/axfrorurn tli'cretnin. ') Allein in Fraukreivli 
vtirdu dadurch im Allgümeini'n der Eiudruck nicht «i«der vernichtet^ daaa 
die hwhälc iulHudischu Vortrttorin thfülo;;lHcher WisBi;nscliaft, ein CoIIp^inm 
nn^ri'DchcDer in gt-.h-brkn Dingen :ils l'apttt und HitirliotV. sich ao unbfHliDgt 
verwerfend gcüusMirt hatte, und die Sorbonne wurde dadurch noch mehr 
gpgen l.uthpr gereizt. 

Den Ktiaig bcstiirklcn zwi-i seiner Kaneler, die CardinSle und En- 
liischftfe waron, Du Prat, Erahisrhof von .Sena (t 163ä), und Tonrnon, 
Erxbiactiot' vuu Boui^ea, in der Eingenommenheit gegen die Neuerung 
und in dem Verlangen, die Verbindung mit dem Papst aufrecht zu eHmltco, 
ebenso der Freand des Königs, der Connctahle von Montmorency 
(geb. 1-102, t ir>67) und dcauen Mutter Luise von Srivoyen.**) Anfanga 
iijiehgiebigcr und durch seine {jehwestir fllr das Nene Testament und die 
gegen eiuroisBendc (jlcistlosigkeit und Verttusserliehung wünschenaworthea 
lloilmittcl intcressirt, wurde Franz L duch auch durch seine Kriege mit 
Karl V. veranlagst, sich dan Beistand des Papstes zn wahren , der 
ihn auch unter Anilorcm von seinem vor der Uaft in Spanien 
geleisteten Eide zu dispeiisiren bereit war.***) Sehou während Stiiocr 
OefimgenHeliiifC (von der Paviaschlarht 24. Februar 1525 bis Januar lätlO) 
publietrte und bestätigte seine Mutt«!r eine Bulle Ol e mens' VII. vom 
17. Mai 1525, t) welche die alten Ketzergesetze auch auf die Lutheraner 
ausdehnte. Damit war der StATidpnnkt gegeben, nach welchem nun auch 
im Allgemeinen nuter Fthuz wie unter den zwei folgenden Kegieriingea 

*J i'orii. Ref. l. ."iOS. Von Luther in's UeulBcbe übersetzt und schon der 
Anfang »«'lir geliamiüehl. 

"1 Uelier den Kiiifliis» der Frauen bemerkt ciu ernster katholischor Gegner 
der Retuniutioii Lo Labunrcur /adftititnis au ilon .yUm. dt Castelnau , T. f, 
p. 706 /f.): que If mim< scrpent, iftti trompa Eve sc srrvit itri mf'me »exe, eommt 
natHrellemrnt amatcnr /tc ia Mt^urcnw/«;', pour faire tjoüfer le poisuH de [her^siti 
el puur CH faire u» itreHVttge ä la motte pour hos gens äe cour. CV soni cux 
/jHi oitt commettcii ritiolntrie /iir /i Htrification tfe Irars bons prittees, puis dv 
/e»rs Ufraus, et sans cux lex hfresifs ne fernient qne de faihUs progrcs. Am 
Hofe meinen iliuuaU ilie Sunae gar nielit uclir, nur «ler Mund. Les femmet 
reijuaieut et e/les avaienl le mime avantaije dans les (ettres, bcÜ Franx I. sie ans 
dnr Kremde znriickKerul'tu. La mode etant venue de traUrr les matieres de fM 
dam les cercles et dans les rm-Ues , cc vertin se glissa insensiblement dnus let 
ef^ews. tm commeHutt ä mepriser les iraditions de t'egtise. oh parla sans ckarHd\ 
de tiffjwrftnce et de h matiraite vie de ^/uel^ttes ccel^siastiqHes. 

***) Der HarsebsU l'avatineit siigt iu »einen Memoiren zum Jabro l!iT2, derl 
Pttp9t könne v^im Itlide niclit enibintleii. et s'd y a guelque apparenee potir Ct 
coHsdence, d »'y ch n paint pour thounear engag^, 

tj Bei Uaag, La Fr. pr. X, p. t. 



L 



Pmreslaiitisi-Iier Anrän^e. Verfolgung. 



237 



N 



verfahren wurde, und daher kam es anch )iior friiliiT und bfluGger sbi 
andei-dwo zu Hinrichtnngcn am des ^LnlhRrtliuoift" villeu, du hiess oft 
nur wogen der AngrifTe gegcD die unfehlbare Sorbouua 

Schun in den zwanziger Jaliren muaatcn VerfotgungtMi gfgi^n einzeln» 
Anhänger der Reformation angezettelt werden. Lpf^vre, »oit 1193 Lohrer 
der Theologie und Lit^nitur zu Füiix, hatte in Reiner ßibeltlheraüUiing, 
welche spfttt^r vielfach ÜberarlKitet , »uch von Olivetau und Calvin, 
eine groBse Au^reitang unler den fraiizdHiKcheu Reforrairten gewann,*) 
manche kirehlicho Uanptstcllen andern erklArt, wie er z. B. die Worte „da 
bist Petru» u.a. w." Matlli. ll>, 18 auf die Antwort de» PetruR bexog; auf 
daa Hekenutnisa desxelbon, näratit^h daM ühriHtne der Mesäiae sei, wurde 
die Kin*he gegründet werden. Jt«oh ia hohem Alter »olUf er dafOr an- 
gefochten werden, aber Margareth« von Navarra «ehlltzti' iliu, in ihrem 
Gebiete starb er 1536, nach Einigen 100 Jahre all.**) 

Franz Larabert, Franzi»caner in Avignon, der I.nther's Schriften 
empfohlen hatte und den wir aus der deutschen Kefurmationflgesrliiehte 
kennen , fand es sebon 1533 geratlien , Frankreich sn Terlaaaen ; nach 
Amad. Maigrct, Duminicauer zu Lyuu und Grenohle , welcher lehrte 
Faateti seien nirgends in der .Schrift geboten, vielmehr da» Luterseheideu 
der Spuisen nach Paulus lllr heuchlerisch und vei-werfUch zu achten, 
mnaate nach Oeutachland ttiehen. 

Ganz ander» aber und viel gewaltsamer wurde die Vei-folgung, seil 
1526 der K<Jnig aus der Gefangenschaft unrilckgekehrt war. Her Erste, 
der für aeiiie Anhänglichkeit an die Heforniation mit dem Tode btltwte 
(achun 15m), war Job. le Clere, der zu Meaux freie GrundaStze verbreite! 
hatte; Andere folgten wie Job. Chatelain sii Hetz 1524, in Nancy 
Schuch 1.V25, in Meaus des Rieux 152S, in Paria Lonia de Rer- 
quin, ein vom König hochgescbützter Edelmann, den dieser vergehen» zn 
schützen gesucht hatte, er wurde wegen wiederliulter Angriffe gegen die 
Sorbonne 1529 gehängt und verbrannt.***) Selbst die Krtoigin Margarelhe 
sah flieh durch die Serbunue wegen einer »»ketivclieu Schrift Le tiiin/ir 
de ttUne pecheresxf angegriffen und vorspottet. Sorbonne, Papst, Parlament 
au Paris, Luine ilic Mutier des Ki^nig» und Du Prat wetteiterlen, um 
ausserordentliche Inquisitions-Commiasinnen nnd -Prueeduren gegen die 

*S Bio^r. univ. XIV, 245. 

*•) Bmjr. univ. XIV siijKt, IHJ nvnlti muIiI uurichüg als (itiliurt^ahr an- 
gcgebeo, wahrsrheinllciier t iri.V IMe Soriioiinp dp«retlrte I. r>ecenib«r \'.i1\ gegen 
Lef^vre, welcHi^r drei Marien im Nenen Tentaiuente stj<iiulru>, (Uah p.n nur Kine 
Maria gelii*. iinil ^ohriel- vor zu lehrten, ila»<ti Murin Mai7<1.. M-iria die Schweiit»r 
de« Laznrut« iitui die Maria Luk, ' nur eine nml dicHOlliH Aeieii. Vgl- 7>ts(>lir. f. 
hiHt, Thool. («ii. II. 1.2. 

"*) Ofr. .ScbrUkh II, 222. Drion II (der Le Clero'a Tod In's Jahr I&33 
Mtct), lU. 19. 



Ml 



Zweite Ahtliütlung. Erster AbBclinia % n. 



„Lntlibrantir" und Bcjitxer von Bibclu in TltJlti^keit zu setzen. I>ii Pratj 
der KrzliiBchof von .Sons, liiolt 1»j27 uml '_•** eine Synode zu Taris (nnc! 
„-die Synode vim SenH** genannt J, welche, in üechzefan GlnubeiuuatKt 
Latlierlecliü Lehren yer<i«uirote; sie verbot nicht bloss das Lesen alle 
re.furiii.'itoriiiciieii Schriften, .sundern auch hei SlmTe den Bauneä dun Um^ 
gang mit allen l'>t;unden der kirchlichen Neuerung; diu ßhcrftlhrten Ai 
b&ngitr derauUiun »ullLen »ugluirh den wbltUchvn Ci«richt«n zur Uestnifuni 
Qber^eU-n werden. Ute iCenttörnn;; eines Marienbildes in Pariit, dei 
Lutheram^rn zugi-si^hrirben , mchrU- den Ilasa.*) Dazwiuchrn »rhicu ei 
swnr «ie^tcr, als ob di(^ Unt4>rhflndhing('n des Königs mit den protiv 
staiitiKchcn Fürsten in iJeutächland über eine Vi-rbindung ^o^vu den Kaiaei 
auuh Kran z 1. der deutschen Sncbc nälierbringen »»Uten ; wenigalent 
muiwteu zwei Brüder L'u Bellay, der Line Uisehof vun Pari» und Ib'Si 
Cardinal , der Andere Gesandter des Königs an don .Srhrnalkalilischei 
Bund , sulehe Gesinnungen g<.-gen Landgraf I* h i I i p p u. A- vurtragen : 
Melanchlhou, mit de.iu sie corrt^poudirti-n, iuuhhI<> ein (iutaehten abg«b<!B] 
Über die Möglichkeit eines Vurgloichs, das sehr entgi-gcnkunimoud ausHeL" 
Allein bald zeigte Mich, das« dten Alle^; nur Schein war und den Ya 
hatte, pulitischo Vurtheile zum Bchadeu d»s Kuisent zu erlau^u. Oaniil 
vertrug m sich^ dass KSnig Kranz l&HiV selbst ein ächreil>en an Ue* 
Innclithon riehtett', ihn hflobte, weil er, wie der K'tnig von Wilholi 
du Bellay tteineiu Käthe gehi3rt, sich am ein Vorhaben bi-iuUhe, </'"*] 
raarciri posjcit inücerriina Uta eccleiiasticw pntifinf /utrmonla, und tbik] 
zu derartigen Beratbungen einlud, selbst nach Frankreich zu reisen, st 
privaln tun xeu /lubfico voilrtitiuni tiomiitf' tifii'etiU'/is. M p. 1 a n c h t b oaj 
ModSe nun wieder eUic ZuachrifE au Job. du Bellay, Bischof von Parte 
worin er das Verlangen imch Beistiiumung und Gemeinschaft von Ijciten 
Fraukrciclis niebt vcrhehlle. Wenn aber, sagte er doch, das regmim 
GaUiut , cajmt VhrisUani orhis darin vorangehe, nicht nnr den Aa&ulirj 
aoudorn aneb die berechtigtu Kireheuverboeserung zu iint4TdrUckün, dann 
habe die gute, riache wenig llotrnnng mehr; freiUcli: „sc'to fatutn esse 
ecciesiae ut m totes, — Gemässigte beissen pii et docti, — saeviQiiU\ 
indocti et impti.** Wenn die Bischöfe mit den Gebildetaten sich geeinigt 
bAtton t smen sie am brüten im Stande ^ dift Kovolutiun niederzuhalten. 
Um dieselbe Zeit sübricb er an Joh. Sturm in Paris mit der Anfrage,| 
ob es genitben sei zu kommen, und ob er nicht etwa bloss Kleinigkeiten^ 
durchsetzen und dann für einen suffraytünr und a/tprohatitr At^t wicbtigstCBj 
Irrthtluier und Schäden gehalten werden wdrde, deren Beseitigung ibnt] 
dennoch nieht zugestanden wfire. Wirklich war Mclanchtbon geneif 



Harttn VUI, l&fl. 

") ScbrUckh a.a.O. ». 228. Strobel, Nene Beitrüge, V, L 



Fnuizü»iMch<^ Wrhmidltingcu mir Mt^UnelittiDn. 



ä.H9 



auf den Aiiti-ag uiiizugohcn; our diircU dOQ Kuifüretcii vou SaclitiRn, 
irelcher ftlrclitHtu, Melanclithon wenU^ xii viel nacligebeii , wurilo Bain 
Vorhaben vorhiiiiU-rt.*) 

Aach nahm gerade um die8P Zeit die Erbilliruiig Am Kilni^ g>'frun 
die protc8taiitiB(.>he Saclii' wiodtT 211. Im Oktober U>34 hatten fraiaiiiiiiiche 
Rc/nmiirti' ihn Aclbüt dnrrh ansgi»triMtl*> .Sctinuihsfliriftcii f;;t.'j;fU Me^st^- 
und Tmiiri!<ub)tt:inllati(iu und durch .Maufriinrirlilii^i; f/tlarartisj, dii- ai>i^M- 
In apinen Zimmern su KInia an^fhefttt waren, g:«)reizt. Gd wurden mm 
tt.'in:ilie nirtnlirbu Ant^Hlafea ver:iui4t:ilU't , weiiii^ttiuH niiirielituo^en in 
Masse nnd dabei mit aim^eaurhteir Oraiisumkeit, Bogar Vcrhr<_Minuugon bei 
langsamem Fenor fTfslrapadeJ ; den (ielehrten wurden vorlitü* di<* /.unt;eii 
aUÄgeHchnitten. Schon Iä;!."» in Frtlge jener /ihwanls verftlgte pinr> kr-nif: 
lii:ht' OriLuuuanz**) t*intarh die Ausrottung der lliliTaic mit Tndf8i4(r:if(* 
aelbet fUr die Verheiuilirher und mit Verheissung von ein Viartheil der 
oioxuzieheudeu Gilter Hlr die I>euiniei«utoD.***) SelbHl Solche, die i*ioh 
renig bezeigt und widurnitVn hntten, betutralTe man doeh nwh mit dem 
Tode. Dabei wurden ausHerord entliehe FrocuüBionen gehalten und die 
heilige Oeuüvefa wegen dieser Ijindesnoth und ilieiie« (.'öntagiuma gefflhr- 
lieber Grundaiitze angerufen. Nitch besondcrii wurden die Waldenaer- 
gemeiiid(*D angefallen , welche in der Pruvenr.e zwei kleine Stidle und 
etwa dreissig Ditrfer ione hatten, üeflir hatte uiau ilmeu nachgettlellt, 
aber noch Ludwig XII., nachdem man ihn auch zu einer itolrlien Ver- 
folgung aufgefordert uud er dann eine Untersuchung angeordnet liatte, 
war nach geht'lrtem [ferirbt der Iiii{uirent«-u so sehr Hlr »ie eingenoniimm, 
das8 er sagte: „.Sie ftiud b« aserc Cliri«ten aU wir.**t) Jetzt hatt4>n sie 
freilich Verbindungen angeknüpft mit dem Auslande, nnmcntlieh mit Haitel, 
Strasabarg uud Bern, uud eich vun Bucer, Capito nnd Unller Belehrung 
erbeten; aie hatten aiiuh die Bibel (ibersetxung Olivetan'» lü3ö drucken 



*) Vfr. Gieseler (U, 1, S- &27. Cerp. Ref, U, SS&. 8T4. 1M)9. UI, 741. 
Uenaueo Bericht Über diese Vtirhandlungen ^ebt C'. Schmidt, Philipp Mehmuh- 
tbon, S. 27 D ff. 

") Bei riaag X, ß. 

**•) Felice I, 17. Jean Creiipin, Le b'vrf des martyrs äepwt Jean Hut 
Jusqu'eu /.I.W. Genf 1 554. Dies wnr die ^^lttlation, iu welcber Calrin dem Könige 
seine Instiintiii xnei|ciu*u\ Dalier seine AusÄprlicIie : Vis tsi, yuoJ imlkia eattsa 
SangHiHttriae strnlfntiiir »dttrsiis iUam ftloetriHomJ frruittiir; fraus, quoä sedi- 
tionis tt maleficii praeter meriluin msimtt/nnlur. - Hnrrenda rnim in tulgut 
spaiffuntur , quae si vera esseni, inerito Ulain cum suis ituctortbus inilie iffnihns 
0C cniräfHS fHijuam muiviTshs mtuuiuf judicft. — — Sfd ad te rfverfor Rcx, 
Nihil te nwveimt vauar iUa<- dfltitifutfi , i/uibus terrorrm tihi inficere nituntur 
twstri iuiversarii , n»» aliud hne nnvo evait^rOo, ttc enim a/iyeUaul , eaptan ac 
ijmueri, msi teditionum oyyortuaHatem ac tHiortim omnium tJttpaHitalem, 
t) Sobrttokh, n, 334. 



340 



Zweite Abihotlung. Erster AbacbnWt. { 2X 



laasüii. Jetzt 1530 wiirdcii Sie aiif^eTialtc-ii, in SL-ah» MuuHtvn abeut^cbw^^rfi 
nud hit^raiif nAhmi'ii die lliiiriclitun;;«!» uud r«'nlW.atiiint>n ihren ADfaaii 
Im Jalirc 1510 ontecbicd d»s Harhiuu'itt zu Aii, da»» nucli ibrc tiudi 
und Dilrfdr zrratftrt wßrd«u oiUniiU^n, und die» wurde 1545 diircli d< 
Barun von Op|»ede, seit diertor Prflwdoiit luid Obcrimiipt der Provu 
gp^worden, wirklicd nn^geffthrt; er llberlicl ain mit SoUlat«n, \i<'ss All 
Weiber, Kinder obuu Uoterachied nicdcrbmieii ; Obtr 4()lK) kHinen um uo( 
2*2 UUrfer wunlen verbrannt, 74X> Mttnner an( die tialeeren gBAohicIit 
Frnnz I. uoll selbst über diese Uiinjfriucblirhkfil emp^lrt gewcfteii 
ond norli sterbrnd eine Ilnteritarhung gegen Opppde uml Tournoi 
der Alles gebilli;;! batte, verorduet habeii. 

Eiu Mcn«clicnaltor war aUo sclioii vergangen, das M<)nap.henalt(>r dei 
groftseii Aul'ruguiiK iu «iidcren Uiudern , ubnu dass für die Rcforinatiun 
etwas Bedeutendes erreirht worden wäre. In dieoeni Lande wurde df 
Kampf erst Kpäter heftig und hount« in der eentralibirteu Mouarcbie, w( 
die Parteien am Hufe itich die Marbtsprücbe de» Küaig» g>>gLMiKeitig al 
stritten, viel weniger ein n*ligi<>8cr bleiben, wurde vielmehr ein politiache] 
und weltlie>ier um Recbte und nm EinOutis.*) 



§ 23. Heinrich IL 

1517—1559. 

Die Strenge gegen die Anhänger der neuen Lehre steigerte sich Doel 
nntcr Ueinrich IL 15-17 — 1559 (geb. 1518), welcher seinem Tatei 
Franz I. in gleichen l'litnen nud wenn auch nirht mit gleichen FAliig-^ 
keiten, doch mit gromsem (ilüek naebridgtK ; denn dem deiiUtt-ben Kaiser 
uml Kciüli gewann er mit lllllfc deutscher Fürsten, besonders des Kl 
fürtflieu MuritK, 1552 Metz, Toul und Verdnn ab nnd 155K den Kiig-1 
Iftndeni Calais. Auch sein Uuf stimmte f'Ur die hürtegtc Vert'olgnng, zu-| 
uäehsl, — ubwulil bei seinen Lebaeiteu noch wenig vermi)gend, — st^inei 



•) TVio knnitnt e» ddoh, dase vor d» au illi* KinhenKesehichte stets un- 
rrfreulii-li \(-ird, vi.t nmu ftielil. (las» die l'^ilitik EinfliiHx .-int' ilie kirdiliehen Au* 
l^elegi-ulieiti'u erlültV Utr (.irmul kann uicbt darin Hefifen, Aam VerbinduDK und 
Wech^elwirkiiut; zwittrheu P^laat und Kirdie itln-rliaupi liinwt'tfgt-wfinKchi wurUcn 
muss, denn eie können mh auch Kegunoeiiig Ittrdurii; auch nicht darin, djiH.i mao' 
«» nur r.n beklagen liätti-, weun jidlitim-l»« Parreitm «liirch kiiehliclii- (.)t>mo{n«e.l 
hier innijcer zunammenliänKeti und dort weller von einander »bBtetieu. rtonn unch' 
dabei kntin «ich eine wohltlmliKi' WirkTinff ergelien; »onrteni wir suchen ihi 
darin, (la.ts in solchen Katlen uit-ist xum Rliftol gemacht wird, watt nur iiiii netuei 
selbst willen ge^cUtlUt i>der ersircbt zu wi^riJen verdient, was Helbst dem Lebeu' 
gebiaten tiuU, statt oaeli anderu sclbstsUetiii^en Interessen sich gebieten lasscDj 
an mUsscD. 



Frankreich. Klrchtlcll - polidscbe Piirteion. 



a4i 



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k 



OemnhUn Katharina von Meilici, die Nichte Olomuns' VIL,') geboren 
I5li». Bes<>üikr» abi-r «im] jila Reöcliwoi-ene Foiude der ProtcBtanton zu 
nennen Diana von PoitiorH, \>ei der Katharina selbet Schutz aurhte, 
und der Conuctablü von Huntmorcucy, Uciorich'a'iiud seines Vaters 
Frennd, fa^t allrinrrgißrendiT obt^rster Feldherr und r.rster MiniBter. 
ferner verstärkten diese Partei zwei Münner atiH den bdclislcu VusaUen, 
welche, via frllher Durgund, noch am moiston auf eine selbständige 
StL-llun^ neben dem König Ani4priu-h machen konnten. E» waren Zwei 
nntcr den sechs Stlhnci» eines Herzogs Ui'uß von Guise, welcher nn- 
gehenre Be^tznngcn in Frankreich, Flandern und Lothringen vereinigt 
hatte, der Kinc ivarl (l.^ai — 1571) in schnoller geiBtUcher Laufbahn 
früh Erzbischüf von Rhoims und Cardin:tl geworden und schon mit 23 
Jaliren Minister Heinrirh's IL, der Andere Franz (Jöiy- — 106^), der 
Eroberer von Calais, [hro 8chwest«r war die Gönigln von Schotthind, 
Maria (geb. 1515); die Tochter dieser, Maria Stuart (geb. 1M2^ t 1587) 
wurde in Parift als Verlulite de« Dauphin Franz, Sohnes des Küniga 
Heinrich (15-13 — 1560) erzogen. Uiee die Häupter der hierarchich- katho- 
lischen Partei, iunig vtTwachseu mit dem königlichen Hause. Doch fohllo 
(4 «ni Hofe Hudi nicht nn Anderen, welche, wie sie mit den Ocnannteu 
um die Macht und den Kinfluss Ober den K<inig wetteiferten, so auch auf 
die entgegengesetzte liichtnng im Volke, «1»ü auf die Keformirten sich 
stOtxteu. Auf diese Seite gcLr>rc.u zwei UrUdcr Hourbon, Herzog Anton 
V. Bourhon (1514 — 1 562 ) verhci ratbet au die Erbin von Navarra, 
Jeauue d'Albret*') fl52ä — ir>72), dessen Bruder Herzog Ludwig von 
C'und^ (1530 — 1509), und der licste unter Allen, oin Neffe Mont- 
morency'B, der Admiral (Jaspur Coliguy,***) geb. 151G (1517 oder 18), 
t 1572, durch rtittlicheu Ernst und äi-hte Frömmigkeit von den frivolen, 
aittenlosen kalUoIiscben Hofkreisen abgelöst und zu der von diiiH-n an- 
gefeindeten Kefonuirteu Gemeinde bin Übergeführt, deren vornehmster 
HeschUtztT er geworden ist. Von Ansseu ht?r aber wurde dieser ganze 
und beträchtliche Anltang, der einer entstehendeu Kirche glich, durch 
Calvin und Beza beratheu und geleitet 

L'nter solchen UmitCünden eröffnete sich bald ein neuer Act des 
blutigen Schauspiels. Schon 1549 fandtm massenweise Hinrichtungen auf- 
bewahrter (Jefangenen statt, Autodafes vor den spauischeu und Diana 
aU Zuscliauerin zugegen, t) Geaehärflo Befehle ergingen an die Parla- 



*) RenmoDt, Die Jugend Katerina's v. Medirl , 1 A,, Berlin 19.% mit PortrüL 
••) Siehe llher <iie«e :ius(rezei<tbuore PevBilnlichkpit den Artikel von Klippel 

b«i Hering XIX, S. (i;i, }tuiet, La vif- ttt- Joanne Afhrel, Par. ISG'J. 
•*') A. MfijtnH. Vif lii Gnspard itt- CnUynij , Par. ISG3. 
t) Diana von PnUiiTS hatte (Ijeile aus Wollust ((efnlNni an den Uin- 

ricbtuugeu der I'roiesuuteu, denen sie mit Heinrich IL zuzugeben liebte, theits 



342 



Zvrcltd Abthelldng. Erster Attschnftt § 23. 



tooDtc, diiflft Bio boi dffontUcLer oder gehoimer Auäilbuüg einer anderen all 
der katholittrlien KcItiErioD Aiif Todesstrafe erkennen sullten (FiiUct voi 
24. Juli 1557), naehdeu) schon frllliere Mandate, wie das von Chatean- 
bi'iand 1551, dafüi- gesorgt hatten, da^it nach cintir L'utfrttuirhung unc 
Bestrafung durch den weltlichen Richter der geifttliche das (tesehäft docM 
einmal von vorn anfangen dnrft«; ein Drittthfil der (Jfiter der Ver«^ 
tirtheiltcn wurde dem Uonunriaiitcn zugesagt 

Dennoeh gerade achou in diesen Jahren des K5niga Heinrich IJ 
und trotz diese» entaetzUcheu Blutvergiettsvna gewiinn naeh Tausendei 
von Hlnrictitungen die licforrairte Kirrlie in Frankreich uiohl nnr eint 
Auabreitung, die sebon unter ihm auf ein Sech»thell der Bevölkerung an- 
geschlagen w!rd und Hunderte von fteraeinden umfaeote — man xfthl 
1558 nicht weniger als iOOjOiX) -Seelen und 15C1 bereits 2150 Gemeinden,*] 
londern sie erhielt auch bereit« eine inuere Orgaaii^ation und erwncha xi 
dem Ganzen einer französiseheu Keformirteu Nationalkirche. Mitte» in deij 
Gefahr erstarkte die GemeinHchuft zur Ordnung und Feutigkeit, die Not 
beförderte den BildungBproeeas. Uit einer ersten Ventammluug aus allei 
ihren Gemeinden, gehalten xu i'aris '2f>. bis 28. Mai 156^, beginnt eine' 
Reihe von äynuden, bekannt unter dem Nameu der „franziVsisuhvn 
NatlonaUynoden";**) sie begleiten daa erst« Auftreten einer Über 
groesefl Land erstreckten und vom Staate vi^IUg geschiedenen Reforniirtci 
Kirche. Diese war allerdings ganz naeb C'alvin's kirchenregimentlichei 
Grundsätzen angelegt, stallte also eine grCsscro Verwirklichung der Pr 
byterialvcrfa&sung dar; .tber darin war sie doch von der Gonferischei 
DOtbwendjg verschieden, dasa ihr jeder staatliehe Verband fehlte und 
sie sich zuerst in bedeutenden Dimcnsitinon aus einem weiten Ijande un( 
in völliger Losgcrisseuhcit von dessen lustitutioDeu von Unten heran 
selbst erbauen mnsste. Die erste Synode von lAAl^ nahm nun auch achoi 
ein gemeinsames Bekenntuiss an, die fonfessio (raiUcana***) ni 
einem Kntwurfe entweder von Calvin selbst oder von einem Schfllc 
desselben Antüinc de Chaudieii, also ganz in Calvin's iSiune. Vni 
daxu kamen 40 Artikel für Kireheuzucbt und K)rchenverf;iä8uitg, nacl 
welchen nun auch Oalvin's Vorschriften gcmfiss fttr jedo sich seil 



veil sie sieh durch die Einziehung Ihrer Güter bereicherte. Sie bescIiHtste ni 
begttnstigte Katharina vuu Medtcl, wie die Tumpadour die Küaigiu ]tf.trii 
Leczinska. Beide MaitruB«cti umgabeu sich mit Künstlern und Uelebrtec 
Beide waren Politiker und regiörton. 

') liankc, Franzüs. Geschiclito 1. I'.'l. Eine \.\»ie bei Drion 05— tto. V( 
Fellce I, fp5. Weber, Calv. in Fninkr. iH, JS. 

") Aymon, Tout Us st/n. Htition. Ilaay 1710. 2 Bde. Feiice, HUt. 
synodcs nationaux. Paris 1^(14. 

•") CoU. cohfeu. td. Niemtytr, p. 3tJ. 



StcIlnDi; der Refonalrt«Q in Frankreich. 



343 



regierende Gemeinde eio Cuosistoriam aus ihren Acitosteu, geistUclien und 
weltlklit'n, lind DiAkoiirn aiigi^ordnet wurden^ jo.ne fOr Predigt und atrengp 
Sittenzticlit, dicbe fDr Ariueu- und Ki-Jinkcnpfltr^e, daa Consiäturium uucb 
vprpflirhtot , der (ipmeimle die Geistlicbt^n zur Wahl vorxu^tolUMt ; dazu 
imlbjülirlicliv Provincialsyuodcn und eine GcniTalsyuode, wenn Bedflifaiaa 
dazu vnrhiinden. Dür iHztrren worden in den Jalnon 151)^ bid 1060 
nicht wiuiiKt'i' hU 29 gehalten, auf der siebenten zu Ruohelle I!>71 waruu 
auch Beza, Coligny, Heinrich IV., damala 18 Jahre alt, und seine 
Matter gegenwärtig. 

Unter difBer .SelLatvc^rwaltung ond pnritaniBch-Btrengi^n 8itt«iiziirhl, 
von den einzelnen Gemeinden and ihren Consistorien Über alle Bütglicder 
au8gft(lht, dabei nnt«r der st«!» zu ertragenden Noth der bliitigt^n Ver- 
folgung crwuch» nuu faüt wie in der Klrchu der drei ersten Jahrhunderte 
«in (lesf-hlecbt, welche« nicht ao »lehr in dügmatiKche Differenscn, wohl 
aber in dt'n Untt-rschied reiner Sitten gegenüber der rrauzusiäch-kathoUscben 
ÖitteuIoHijrkyit Beine Üenifung, Beine ^raftiii^/jx/j, Kein (icwlsiten und seinen 
8ebatz aetate, und deaaen acbliesalicbe Huterdrilckung daher der grdaate 
Sclmdon fllr das ganze IranzüsiBcbp Volk geworden iöt E» Ist höchst 
bezeichnend: „ceiar de la reliyiwi" oder reliyiormnires wurden die Refor- 
mirteo von den Katholischen genannt, ala gebunden aie damit ganz richtig, 
dasa blii»a jene Religion und Religiosität hatten, daä» aber was sie 
aclbst znr Schau trugen, keine neL Aber zugleich legten nun auch 
80 demokratische und independentische Verwattungsformen unter einem 
monnrrbiHehen Krtnigtlinm und Hofe, welcher die BiwcbfllV; von airh ab- 
hüugig und ihre lutereusen zu den aeinigen gcinncht hatte, den Kelbrinirlen 
den Gedanken nahe, dnas Frankreich auch poliliscb etwa» mehr in Sbu- 
licher Weiae organiairt sein «ulllu wie die Repritäeatation der Kirche, 
welche Bie sich geachaffon hatten; nud so aebr anrb Calvin jeder Auf- 
lehnung gegen die Obrigkeit widerstrebte: so verschmolzen und verstärkten 
sich dennoch von nnn an unwillktlrlirli politisiOie und religiöse Tendenzen; 
die Reforniirteu Frankreichs wurden zugleich diejenigen, welche im Gegeu- 
aatz zu der Unnmachrünktboit und rnvernntwortlichkeit dea auf die Bisr.bJtf« 
geatUtztcn EÜnigtbums für eine fester geordnete und ständisch gegliederte 
VerfflKitnng stritten und daher nnn dein Kunige und seiner Umgi'bung 
aueh aus diesem Grunde zwiefach verhaast wurden. Da aber scblioöslich 
du KCnigthuni megte, da ztiletzt anter Ludwig XIV. anch keiner 
gemaaaigten F'ordernng von Freiheit in Kirche und Staat mehr Zugest&ud- 
niaae gemacht worden: so ist denn am Ende in Frankreich fllr beide 
Thelle nur die Wirkung zn Tage gekommen, daaa dem in dem absoluten 
französischen Köwigthnni verbundenen kirchlichen und politischen !le«pi»tia- 
mus und Sultan'mmua gegenüber statt friedlicher maaavuller Oppoüitlou iiur 
entweder solaviBobc Unterwer^ng mit äusMrem Gehorsam, aber innerer 

ja" 



344 



Zvelte Abtfaeiluag. Erster Abechnltt. $ 21. 



Leerheit und Abwendung} hIbo Zoretörnng oder Trieb xnr Kßvolntion gcg< 
alles Bestellende iu Kirche und Htaat Ubri^ geblieben ist, welche ht&i 
dort noch jetzt in verzehrender Unruhe erhalten werden, oml ühmb übf 
dies eine chnalUche Sitttmütreuge, wie sie Culviu wollte, nicht« AUgemein« 
nnd Nationales werden konnte. 



§ 24. Katharina und ihre drei Söhne. Heinrich IV. 

Diß Sühne, welche auf lluinrirh II, folgten, waren noch alle drei 
jung, als sie zur lUgierun;; kamen, — Kranz II. geb. 1&-I3, t 15* 
Karl IX. geb. 15&0, t 1^7-1 und Huinrieh III. gub. 15Ö1, t 2. A( 
1589, — und bliobeii auch während ihres ganzen, durch Krilnklichkc 
nnd Laaterhafligkoit vorkllrztou Lebens tio unmflndlg und abliüngig vol 
fremder Einwirkung, besonders von der ihrer Mutter Katharina voi 
Medici, daü» dieüu nun ala Wittwe fUr die ganze Zeit von 15&1» bis 1&8J 
wo sie die beiden ersten überlebend niehzi (^jährig starb (5. Jauunr), die Ai 
gäbe empfing nnd (Ibernahm, mit eigener .Selbtitilndigkeit die Herrrtchaft 
behaupten. Dazu bedurfte sie freilich auch de» UüIfsmiUeis , dasa sie 
UroBsen, welche ebenfalls regleren wollten, unäehädlich machte und darai 
gegen einander in Feindschaft erhielt, sie abwechäcLnd bt-gUnstigtc und uut 
druckte; aber immer mehr glaubte sie sich auf das fllr die k<inigUcl 
Macht iu Frankreieh unentbehrliche Ciuighleiben mit den höfiscbou Bischöfe 
angewiesen und zum Wideriitand gi-geu eine Kirchenpartei genOtbtf 
welche dieses Kirchonregimcnt als unohristlichen und unerCrügUcheu Orm 
emphnden rausate. 

Zunächst unter Franz IL (1&&9 — 1562} regierten Herzog Franl 
Qnise und Cardinal Karl Gnise wie Dlemals vorher und nachher, doi 
sie waren die Oheime seiner Gemahlin Maria Stuart, der Tochter ihn 
Schwester, der K<tnigin von Schottland; Maria Stuart, lbV2 gebore] 
war schon als Kind nach Paris gebracht and mit Franz IL vi 
heirathet.*) — Kine chambre twäeiiU für den Zweck allseitiger Nac! 
forschungeu wurde unter einem In<|uisitor Mouchy nebät vielen Delator« 
eingesetzt.**) Eine Verschwörung von Amboise Februar l&r»0, wie 



*) Michtlei, IX, p. 236: Franfoix avait seize aus et ttix moh. Sa bei 
^pQuse CH apait prh de vittgt. C'ctait nne forte roitsse rf fort charuiUe: aoi 
oncU f (e Cardinal , qui tiout (a peiut chiu'mn»t<r des fenfancc, nn lui cvunatt 
dtfaut quf de trup mtmifer. Cette pcrsunMe jitUfsanle, rüdenle. »bsorbante devi 
uscr fenfanf. Le duc d'Albe dii exyressemcni . „^u'd moHrut de ilaru Stuart* 
Ibid. p. IS3: (Les Guiscs) le mirent avec leur daugereuse niece (pour le go\ 
vernerJ pour le taer?) comme une ctre au brasier. Ibid. p, Jt^4: Tout le motu 
voyait, qu'ä cette flantme Fenfant royat auraä fondu bientÄt. 

") Drion 63. 



Kathftrina. RclIgioiisgesprXoh m Polssy. 



346 



gewOhnliiTti Iieiast, g:ericUtet gegen die Herriichaft der QaiscQ, wurde von 
diesen durch 1 3i>0 I linrichlnngen ftnfgplüat und niedergeworfen j •) ein 
E^dict von Romnrantin vom Mai lätvO (Ihergul) die [aqoiaitlon gegen 
Häresie bloss den Bischf^ten nnd verpfliclitett) die welUlehen Gerichte nur 
zur Beatrafung. Aiu 17. Miirz 1560 wurde Kranz Guiso Statthalter des 
KOnigs, und iu Folge der Verschwörung von Amboise wurden die beiden 
BuurboDS vtrrhaftet und Ludwig Cond^ wirklich zum Tode verurtheilt 
Um dieselbe Zeit kam von Oi^nf auft für die französlsrhen Reformirteu 
auch der Name iJugeuotteii, — wahrttcheinlich zuviel aU Eidgcnosseu, — 
in Umlauf.**) 

Der frflho Tod Franx' II. am ft. Diizember 1560, durch welchen 
auch die Vollziehung jene» Urthoil« vcrhiDdert wurde, machte dann den 
zehqjäbrigon Karl IX. zum Nachfolger und nj^thigte nun cnt Katha- 
rina] durch Zugeständnisse an beide Parteien ihre Stellung r.n sichern, 
lu den seit langiM- Zeit zu Orleans wieder zusammengetretenca Rcicba- 
Btäoden am V6, Dezember 1560 forderte Ooligoy HeligionMfreiheit, eine 
andere Kin^heu Verfassung, freie Wähle» der Bischöfe und GeiBtlichou; ein 
Edicl vom Juli 15Gi"*l hob die Todesstrafe gegen Einzelne auf nnd 
Hess sie unr noch gegen unkatholiHche Versammlungen bestehen. Man 
forderte oiu Nationalcuucil unter Vorsitz des Rnnigs, einstweilen Kirchen 
für dir Pnite>itant4Mi niiler Aufsicht kr»niglicher Beamten, fn'iVu'h aur.h utic 
zwei Jahre Sbindever&nmmlung; aber man crhot sich auch zu Bewilligungen 
Ton Veritlufen des Kirchenguts ftlr Staatszwecke. Dies twi^ bemerkt 
Ranke, das Auskunftsroittcl, welche* «pÄter dnreh die Revolution bewirkt 
worden, aber jetzt ohne atht'J8Li»ehe Doctrincu und ohne Untergang des 
Adels hätte erreicht werden können, f) In demselben Jahre 1561 wurdo 
von der verwittweten Ki^nigin K.itharina ein Religionsgeapräch zu 
Poitisy bewilligt zu möglicher Einigung Über die Lehre, DUpiUatio 
Possiacena, gehalten vom D.September bis 13. October. Selbst Beza wurde 
dahin benifen. ausserdem von evangcliseben Theologen noch ein Florentiner 
Feter Martyr aus Zürich und eine grosse Zahl von Anderen, und die 
Königin ehrte dieselben sehr. Aach machte Besa'e Betragen, tielehrsam- 
kflit und Beredtsamkeit und selbst sein AenasereB einen imponirenden Ein- 



•) Drion 6S. 

") Ueher die verschiedenen Ableitungen de» Namens vgl. noch Oieaeler, HI, 1, 
8. &3», Holdan, Geschichte de« Protestandsmus in Fraukruivb, I, BeiL 2. S. oben. 
♦*•) Ranke. FnmÄÖs. Gesch. I, S. 230. 
t) Rnnke a. a. O. S. 234. ^b: ,,Auf den ersten Blick kttnnte es scheinen, i\a 
habe der Protetttantisinus ilan^h diese Verhindung (mit der politischen Gähning) 
eine neue Stärkt* gewinnen mtlasen; nVher bolrachter erkennt man doch, daas die 
poUtüoben Ideen zwar müulitigti« aber hQ<ihst gelährliuhi) Verbündete der reUgiOsen 
wann." 




246 



Zweite ÄbthritttiiK- Cr«t«r A1}Bchiiltt. % 24. 



druck, hesoudero da, wie Beza selbst oder wer Boust der VerCaäMr d«8 
Buchen wiin mag, SÄ^t:*) ta /liupart dex prelaix Mnit hmt iitrnpuitie 4t 
Iraiter /« religiott, />our etre les uns du tont igtuntots t$e toiitfis ifta^ 
et /es tuitrejt ne s'etrc Jamais soucih de tire les mintex rcrilures. N«r 
Eine AeaHsoruDg welche Bvzs finnisl Ober das Abcudru:ilil entfipl, erregte 
gTOßWS GiilsetzeD: quf! xon (OliriBti) cftrps est ^itUfftu' du pain fl du mt 
autmit ({M te plus lutul ciel est clmgio^ de ta terri^; wir und das äacnuueDt 
seien atif Krdea, er aber Kur Korhten Gottes, welche Erhilhiing ihm miIbci 
KörpfT nirht ^t'tiouiiiion linbt*."! Al»*ndiiiatil, TraiiJisubatanlialiou und Lehr» 
von dpf Kirche blipbcii die wichtigsten (iflgenKtÄndf des (ipaprÜrliB. Der 
Cardinal wüuacbto, dntw von doutacheo Fttrsten auob einige deateche 
Theologen herlteigenifen wOrdun, damit dteae dann fUr die Auj^bnripjr 
Conff»sion bu fUreiteu anrangeo möeblen, gegen wt-lcht' bich Bexa, nseb- 
dem or diu Con/". (Jni/ictaui übergeben, htttte erklären uillsgcn. Daai 
hätten die franzilBiächcru Kath<dikeu dieselbe SchjwU'ufrtuide gehabt, vir. 
fDnf Jahre frUlier die deiiLsi litMi Kiitholiken io WormK. Wirklirli Irafeii 
nachher uuch fUnf di-ntache Tlieologen in Paria ein, anler ihnen J. Andrei 
anB WtlrtfimbiTg nnd Hogiiin an» Heidelberg; aber en war zu 8plt and 
keine Ot'logvnheit DK>hr, um den unter den Pruteutanteii vorhandc«» 
Zwiespalt ufTenbar werden zu laaaen. WAhrend mehrerer Wochen wnrdu 
Sitzungen gelialien , zuli^tzt liefiH ninu :iiu-h uovh bcasuro k:\tholiac.be Ver 
theldiger kummen, den JesuittMiKeueral I^ainez und den gelehrten Maret; 
auch wurden die Prftlaten so ge^getlgt, dass sie o!ae grosse bumme Tom 
Kirchcngnt bewilligten, und Einige hnbcn grmoint, nur darauf, ihnen die« 
absupreftsen, sei 68 von der Königin abgesehen gcweaeu. Im WesentlicbeB 
waren die Verhandlungen iraultalloB, darum nber nicht ganz vergcbliclL 
hl» wnrdc ein An^BchuHä aus allen Parteien zusammengesetzt und nitck 
deren Boratbung daa „Eilict vom 17. Jannar*'***) 151)2 auagcgeb«o, 
in welchem den Protestanten bis auf Weiteres oder bis zum aUgemeiues 
CouciL, das Versani ml un gerecht , Synoden unter Ziuiritt der königliclien 
Beamten und mit ÄURcige au diese, und Keligionäiibung ausserhalb der 
StJldte am Tage gestattet ward; Kirehen, welch» sie inne halten, sulttoa 
sie herausgebeni SchmAhsrhriften bestraft werden, auch Ihre Geistliehea 
den Beamten schwören, das reine Wort Gottes nach dem (.'unuiL von Nicit 



*) äc Biie, Hisloire nccksiastigui- des cgL rff. i IV, p. 4S9, vrelclies Kncb 
sich am mclsuja mit dienern Jahro IMil lii'scliül'tigt. Uetirigi^nti zu vergl. 
SerraHHS, Vomment. 1, 1/2. Thounni. Htsl. lib. XXVIU. (JlPBeler, III, 
1, ä. 541. ijuldan, Gösch. U. I'ntt. in Kr., Bd. I. Bauui, Theudur Besä, 
Tb. IL 

*•) rfrf Bist« Lc. p.5l6. ef. Uuytt $. v. p.iAO{f. 

•*^ de Bit«, Hittoire tccktiaitiqm, p. 674. 



Oemetsel von Vauy. Enter Bt]rg«rkries;. 



247 




and usch dem Altuo und Neuen TcstameDt lehren und keine neue Hflreeie 

»verbreiten zu wollen. *l 
L>Nmil war alU-nlings eine Art ßeligionäfrivdc ortioU, aber so venig 
befriedigte er beide Thelle, besondere den Oardin&l Karl Gnise and 
seinen von ihm gelcilcUMi Bruder Franz, dass der Bürgerkrieg dcunucb 
!> nicht vcrliUtct werden konnte. Als Herzog FraDS Uuise am L. Uärz 
B 1563 eine vei-sauiiueltc tivangcliitrbo Gemeinde Tor Vassy in der Cham- 
pagne beim liotteHtlienKt tttierfallen und a)(>ist niedergebaaen hatte,**) gab 
»diese HchäudiicUkeit Am Zcichou zmn Kampf. (iröggere OreaeUhaten 
folgten, wie am 16. Mai 1IJ62 das Blutbad zn Tovlonse, wo die prote- 
ötautiöfbt'ti Einwohner, auf dem Cai)itül von den Katlifilisehen eingeschlossen, 
Irvieu Abzug vun diem>n versprurhen erhielten, nnd dann, weil man Ketzern 
sieht Wort zu halten braurho, von ihnen UberfaUeu und 3 — 4000 an 
Münner, Weiber and Kinder niwiergcmaclit wurden, — eine Unthat, 
le auch deshalb erwähnt werden ninbs, weil die Erzbisohöfe von 
nicht nur 1662 uud niclit nur 1762 Sftculftrfeate aus diesem 
Grunde feierten, sundern auch 1862 von dem Erzbischof ein solches aus- 
geschrieben and nur Von der Regierung Napoleon» III. verhindert 
wurde.*"*) Uomog Ludwig Coud^ und Coliguy stellten sich an die 
Spitze der Reforuiirtcn uud forderten nicht allein, dass Aon feierlich 
gegebene Edict vum J»uuar 1563 gehallen, t»vnderu auch dass der junge 
Köuig Karl IX. und die Königin befreit werden mOssten, da sie unter 
dem Einflüsse der Guiseu nicht frei seien; damit rechtfertigten sie ihrer- 
^ seitH den kriegerischen Wideretand, denn das Ergreifen der Waflfen wurde 
B besonders dem strengen logitinüstischen C o 1 1 g n y sehr schwer. Da« 
B ganze Jahr 1562 hindurch wurden zu Hunderten — das Hvrc des martyrs 
von Juan Crespin, t 1572, einem Advoeaten und Freunde Beza's, 
Öcbttler und GebUlfen Karl Üumüuliu'H, be«ctireibt es — Protestanten, 

IUätiner, Weiber und Kinder umgebracht, so oft Gnise's Soldaten and 
aufgewiegeltes katholi scheid Volk in neuen Besitz einer Stadt kamen, und 
ganz fehlte es denn .incli an Rache nicht, die dafUr im umgekehrten Falle 
von den Protestanten genommen wurde. Un französischer erschien ihr 
Widerstand anrh durch zugezogene deutsche Mlethgtmppen, durch die 

*> Ira Fohrnar I5ri2 hogshen nlch die vier Rrtlder nach Dontschlanri und 
hielten in Zabeni (}jnvem) im IvIsahm eine ZuhSmtnenknnt't mit Hersog ('hristopb 
von Würteuberg, bei welclier sich der CaidinaJ Karl in der Lehre uiic den 
Lntberunem gegen die Befurmirtcn ganz einig hekanate, und wo Herxog Frunz 
auf Christoph'» theolugiBche Hxjiose's antwurlele: „s'U en tsf atnsi. Je $uis 
Luihfrii'H." Uan orhut sich zu einer ('onfcrcnc in Deutschland unter Mitwirkung 
des Kaisers gen^en das Iitivtirstchende Triilentinum. Die Ouisen wollten damals 
Maria Smart an einen .Sohn Aes Kaisers oder an Don Carlos verheiratfaen. 
**} tiu wurden getOdtet, iuo verwundet Drioa p. »2. 
] A. Z. Iä62. p. 1646 ff. 




S48 



Zw^U Alitheltnng. Ernt«r ÄbBcfatiltt. g 34. 



VDterettltzung, welche ihnen Laadgraf Philipp lastete, und noch mel 
iliirch cinL'ii Vertrag mit Elisabeth (ao. September läß'J), wnlrher (1( 
selben Ilavru tinü andere Vortheile Ilber tVantcreieb In Antwicht stvlltc.' 
ESne Schlackt bei Dreux 10. Deecmbur 1&C2, woselbel OondiS vc 
Gaiue, aber Monttnorency von Coligny ppfanpen wurde und d* 
Maraebiill 8U Andrä fiel, enUtrhied den Krieg iiorh nicht Krat dl 
Ermordung des Ilersoga Franz v. GniBe durch eiueu rauatischeu Prol 
»tanten Poltrut, welcher CoHgny der Uitwisaenäthaft be^chiüdif 
und dann die Nciguug^ Coude'B, eich mit dem Uufe der KathariDi 
welehe ihn wie Beinen Bruder Antun (t IT- November 15B2( dnrch Ihi 
Damen anzog, zn versöhnen, ftlhrto den Schlnss des ereten IlrtegM 
da» FriedenHcdirt von Amboitie vom 10. März 156:^ herbei. Dieai 
Edict blieb seinem Inhalt nach hinter den UcwilUgungen vom Januar 1&( 
znrDck j weshalb dorn C o q d ä sein rasches Abnehliuasen von C o 1 igsj 
nnd den Protostanten znin Vorwurf gemAcbt wnrde, — aber es gewAhi 
doch freien Cultus in den Iläu-iem und an bestimmten Orten, — Pi 
Tor allen aoägenommen, — auch ÜffentUchon und versicherte ZartlckgaVi 
von Kirchen tind Amnentie für alle IVraonen. Am 16. Angust 15f 
wurden auch dan WafTeutragou, bewafTnotc Versammlungen und BcwafTnui 
der Dicnor der Heignenra u. a. w. verbotEin. Diese Verurdnungen behiot 
nun an<'h im üanzen die nftrhsten fünf Wib »oolis Jahre hindurch OOltij 
keit, nur daas sie in Praxi vielfach durch Ciewalttlmten von beiden Seil 
verletzt wurden. Aber nach einer Zusammenkunft Katharina'» 
ihrer Tochter Elisabeth, der KOniglu von Spanien, der dritten Fr 
Pbilipp's II., geb. 154.S, t In'iH, vermählt 1559, und dem ilei 
Alba in Bayonnc (Juni IbGb) und dann 1567 bei dem Eiorllckeo Atb( 
in die Niederlande (28. August) 8rhien den frauztiuiacLen Refcrmirlen ui 
ihren Fuhrern denn doch die auch ihnen von Spanien nnd den Nied( 
landen her drohende Gefahr so gross, dase sie allerdings wieder 15( 
durch Ergreifung der Offensive einen zweiten Religionskrieg «i 
Öffneton. Coligny verlangte nieliiB, als das» die »ohou gegebenen Zt 
geatändniäse aufrecht erhalt«u wilrden. Den Einen bot Spanien Hol 
die Rcforrairtcn aber erhielten Hie aus Deutschland, z.B. durch Pfah 
Job. Casimir. In der Nähe von l'aris selbst bei St. Deni» kam es 
einer Schlacht, wo Montmoroacy fUr den König gegen seinen Neffe 
Coligny und gegen Coudä IieL Am 20. März 1568 beendigte oi 
Tractat von Lonjumeau"') den zweiten Krieg unter unbestimmt 
Erneuerung des Ediota vom Januar 1562. .\ber auch dieser vou yt 

') Anmale, Cond6 I, 162 ff., lUä. Auch verfiel bald die anfäugUchu Sit 
strenge. Ibid. 147. 
") Drion 104. 
•^ Drion IW. 



Friede von 1570. B&rtbolomSiiBnaelil; 



349 




I 



herein Ungewisse Vertrag hatte schon nach einigen MuDaten keinen Be»twid 
mehr; ein dritter Rellginnskrifg brach nn» und d:inprtr diiroli dafi 
Jabr lö5'.t hiuiiui-ph, bis Coiul<S bei Jariia«^ uiirL der tfclitucbl umgobractii 
wurde. Erut im August Yhln kam ein sehr n>rnilii?ber FriedenHlructat 
von St Gcrmnin en Laye zum AbscUusti,*) welcher in l-l Artikeln 
GewisBeiisfrtühtMt, AnmcHtie^ Tx>Bg8be aller lif^fnngeiien, Niederlegiiug der 
Waffen, die nucb Art. 40 der König und der Herzog von Anjuu iiiifbe- 
walireu anllten, und Hedtitutinn verbürgte und dabei in angegebenen (irfnxen 
ninucbeu Städten und &v aucti der Königin von Kavarru, Jcnnuc d'Albret, 
der Mutter Heinrieb'H IV'., Treip Kpligtonailbung »ugeatiind. 

Als das Haupt der Kerormirten und als ununirtchräukter Führer ibrer 
Heere stand Coligny an der Spitze, er war zugleicb Vormund und Lebrer 
der beiden jüngeren Prinzen, welche jetzt au die Stelle ihrer Väter traten, 
Hoinricb's vuu Navarra (geb. Ibb'A), den seine Matter dem Heere vur- 
tüt hatte, und Ueiurich's Coud6 (geb. 1552 f 1588). Alles Hess sieh 
einem dauernden Frieden an; der junge Ki>nig Karl IX. schloss sicli 
Diivb enger ab» seiner Mulicr Ueb war, au Coligny; ihn Uess man nach 
Paris kommen und bcwog ihn im Ttatlie des Königs eine äteltnug anzu- 
uehtttCD. Aaeh die Küuigiu aber»cbUtleto ihn mit Freundlichkeit. Zur 
Bürgschaft des Friedens unter den Parteien wurde eine Heirath zwischen 
der Seh wester des Kouig«, Margaretha (gob. 1553 1 1615) und Heinrich 
von Navarra be(*ebln»H<'U. Itamit ffircblete iilier Katharina ihren ganzen 
Einiinss auf die Kegicrnng und selbst auf ihren Sohn Karl an Coligny 
verloren gohen zu «eben, und als ihr die Ennordnng den Letzteren, zu 
welcher auch Ueinrieb üuisc die Uaod bot, der ihn als Mörder seines 
Vaters betrachtete, misslungen (33. August 1672), ab sie nun auch 
ihren Sohn Ubcrrcden konnte, dass jetzt von der Rache der Hugenotten 
Alles zn fürchten sei: da wurde von ihr das grässltebe Unternehmen einer 
Hassonermordnng wuiuöglich aller Hugenotten als vermeintliche Notliwehr 
ersonnen nnd durchgesetzt. Das ist die Blnthoebzeit in der Bartbo- 
Inmäusuapht, Sonntag frUli am '2i. August 1572. Der Cbef der 
Pariser ßUrgennilizen , von welchen man die Hugenotten fern gehalten 
hatte, stellte auf Uefntgen der Königin 2Ü,004) Mann an einem Tage zur 
VcrfQguiig, und diese, dazu die Soldaten, deren man liicher war, besonders 
die Schweizer und wer sonst gedungen werden konnte, lie«s man nun 
-unter Führung der Brüder Ouise über die in Paris zur Uochzeitfeier 
Busmmmengezugeuen H&upter der ߻fnrmirten herfallen.**) Culigny, Te- 






') Drion 121. Ranke a. a. 0. S. ISS ff. 

) Coligny, welcher, wie man »agie. mit den Mitlein der Hugenotten leichter 
Heer aufbririgeo köimv als «1er Küuig, erscliii-n jcixi der KHiiigtu doppelt go- 
ich, naohdeiu der Mordversuch gegen ihn atu 22. August fehlgesohtageu war. 
Daher beschloss sie zwei Tage spfiter, dem sohlagfertigon Has« der schon bewaff- 




350 



Zweit« AbtheQanff. Erster Abnlmltt. 3 74. 



ligDjf Rochefonoanld, Reval, Oaumont, Präsident de la Place, 
LÄTftrdie, Britiiieniont, Frnnt'onr, I^oninnie, Hrioo, Montalbertt 
HardaiLlüUf Boauvais, de Pilm, Gut'rriiy, Sonbiae wtirdeD getiior- 
dut; fast <lin UiiliV' der etwa zw«{ Tansende, welche alli^D in Paris om- 
gebraf tit wurden , waien tjrnnüs scigiu'urs . Gcaeratv und Edullout«. 
Criispin im liirf des mijrtyrx und Davila nehmen UVXK> an, Bran- 
toiue gegen lOOti, d'AnUignä :{0(N), de Thoa, Tavanuett etwa 2(XM), 
Wo»« la I'i>pfliiiierc UX«'». Ein FleiscUer »eigte der Katharina aeinc 
Ann, mit welchem er ITH) nitidergc metzelt h»be, ein Gold^rhrnied hi 
4l>0 gctodtet. Uieraur wurde nach einer AufTordentug de» K'lnigs daseelt 
möddriachp Verfahren in Pari* nud dun l'ruviuzeu dergestalt fortgeseticl 
iUm iu ganz FrauUreicti iiacli de Tliou äu^ovO, nach isully 7f},(>i>>, 
Perel'ixt' l(Xt/)00 unikaineti; nur wenig« l'hcfri-Ouuvemeare iu den 
viuzcn wirlorsetzten sieh dorn Anftinuco wie ein Montranrenpy, wi-lcher 
auf den Monlbefehl autwirrtcte, er habe nur tiipferc Soldaten, aber keine 
Henker.') 



DCten PartHer BevOlkeniDir ^^geu die Hu^nvtteu freien Lauf zu laitAon. V>*» 
Bhirreri^ioMBun lUuuHe tmch dem 'ilstcn in Paris nneh vtue Wtkclie, in den \*ro- 
\n\tiin liiiigiT. Uio Uiiiseu Kwangeu tiacliliur KurI IX xu fhicni ErlAJn», in wvh 
ciieiii er erklärte, itas» Alles nach »eiiieiii WiIIimi ^ettchebell »ei, da Ci'li^ny und 
die llüuptur «ler Prowstauteii ilm liülteii enltlinmeri wollen. Den Lotztoren wi 
eiuu Zutticliuruiig gegeben, daneben abiM- er;,'in^a-n Befehle an die (>uuvernei 
äe ftäre maiti basse sur Ivus Ics Protcslonts. Prion p. I'(3. 

') Zllgc aus «Icr KartholumiiuBDaclif nach Martin, LX, S. :t2T ff. Keniteol 
UtiLivemonrv. welche die BiutfiBtclile niülit anHlTilirten. waren Marsehall Moni 
morency in Ulc de Krance, Horztrg ].iinf;;tieville in iHcardic, Mati^noa 
Niudur-Normnudie, ('haltMl: il<^ Chariii in liourgogne, «Sigognea in L>iep| 
t:el)>ei (>iii»i< vaUicIl nlch Iieiiinieitd io Clmiiipngne , Rheima, (;ii»lünf), Nani 
Rri-tJignv, Poitoii, eliviiwo Jnyeuee in L»ii^'ii«due, Trafle in pMven«e, StQei 
ni.'iln in Aiivertfne. r»ti>;epen entleiiisteu sie »ic-li ka tlmltuo lier Feimli'. 
ganKO irntbat ist von Phili)]p von Simnien beliit;ht, Ton Alba K<iuiisAbflll| 
wünlen. Unter den Eiiiselnhuiton der Verlulgun^, Ermordung »der Befrelnng 
Uotieil aifli die merkwtlrdi(;»ten P'älle naehwcist-ii. Veziiia uod Kegnier 
poratfalicliv Fcimle, tknno^jh und trotz ilieBea Hassen wird der Eine vom Audi 
>:ereltet. Marcel, ein städtischor Bc»tirgor der ex-prtvdi, entlässt l»(i{i Gel 
tfenc. Bnaifi irAmbolHc ormordot »einen Vener den Mar^ui» de Resnel 
um ein aiitt-r ihnen BtrrEti|{ßH Krbe tn {rewinnen. 'l'anehon \'dti»l durch eint 
Sei-retür de« Küuijs's L omni in dem Grafen Netz wuhlfeil stt lerrc rie f'crsail 
uediren und brin^ ihn dann nm. AI» Anlührer der Müider unter den BlLr^ 
werden genannt: or/cvrc Cruce, voncher Pezon, Uhrnire k'aerner. Weni; 
wio Taverni setzen sich zur Wehre, Tuvannes aber ruft: Suiffnet, in saitfuet 
est a»sfi bonne en cc mais iVanüt cummt en mai Ditrh wird bezeugt, d.-\B8 die 
Biir^'r Korinjren ;Vntheil lialtea und nur situs fombrt der Hofloute luitlialfei» bei 
dem iit-metzol, es berandeu sich aueb nur nenitfe l'n'tesunten unter den Pariser 
Handwerkern. Pure und seine Amme nahm Karl IX. von dem T<>dtitrgc»chiok 
atu. Brlquemont und Armand de Cavalguos wurden noch als lüLitacbal- 



TVeade aber die B&rtliolottKiuiuieliL 



S61 



BeeoDdera charakterUtiach für die ^mnze Begebenheit ist noch, daaa 
die Königin Katharina, wio sie schon vor dem Kell^oDsge^pr.'irh zu 
FoisMy gioz gleii-h^'tlltig p-:iusi>ert halt«, 'i nnn wenlc sieh bald £ui};ou, iu 
velcber Sprache man UoU aumfen mUsse, anfa»^ den Plan hegte, nach- 
dem die Ouiii4!u dje Bourbunti, Coud^'H und MuulmorcDcy'u eriiiordel hätten, 
sollten dann anch sie iselbsl »ogleich durch kj>ui};liche Soldateu nii'dnr- 
^banon werden, damit die liUiii(!en OruHBen von beiden Parteiün ihr tb- 
^enouiDien wurden; ebenso, was die Franzosen immer nrgirt habin, dasü 
unter den Sieben, weicht* duu Anttvhlag niachti'ii, atrh vier Ualieuer be- 
fanden (Katharina, Nevers, Ketz uitd Itirag'O),") endlich, waü una 
hier ebeufallii anseht, ilas Verhalten de« Pa|>til«8. Es ist zwar uucli Uut«r- 
aacbnng der Papiere de^ Nnneius Salviatl bei .Sismondi *") gewiss, datsa 
Gregor XIIL von dem Vorhaben nicht« g'ewtuMt hatte, wie deim ilb«ir- 
haapt der ganze Mordplan eri«! einige Toj^e vorher, nachdem Cnligny'H 
Ermordung luisBlungcu, benohlositen wurdu, dass er auch aufaugs iu TItrJineu 
ausbrach und von aotrhen Mitteln eine Strafe ftlr den KiWiig erwartet«) ; t> 
aber ebenso steht (miy daitn ttr nachher die-ueu heglllckwilntichte , Koui 
erleuchtete, die Kanonen von St Angelo lösen licss, eine Procetwinn nnch 
St. Marco veranstaltete, auch eine Lobred» dos gelehrten Muret, — es ist 
die i'2. in seinen Jteden, ' — auf die tmäeita Ptirisi^ixis annahm, das» er 
eine DeokmUiize mit seinem Bilde und der LiischriA litujonotnrum stragffs 
prAgen liess und sein Lehrst, cigeus abge«i'htckt, um in Paris (ililck zu 

^_ dige Coliif ny's vemrthcUt und gehenkt, in GeKt>nwart dos KOuJgs und des Hofes. 
H AiuzeichaanK verfüeDeu unter iter Zahl der Todesopfer mich Boanvoir Ersieher 
^ Heinrich'» IV., iler Uisturiker P. de la Place «ud der Pliilosuph l'etrus 
KuQiUB. Karl IX. gah nach dem ersten WnthauHbruch xunüclist Befehle £iir 
^^ Uot«rbreti)iDnj$ des BltiUiiulci« und vitrttiielite die .Schuld auf ilic (iidsen zu nilUen, 
^B wofflr diese sich rÜchli.!D; biild alicr erliess er ,inslrHctit»ts suji/ttemt^ulairi-s" : man 
^m solle femer tOfltM-hliven, wenifcstcna inKh lAcher la britU. Mandelot, (iouver- 
^ ttour von Lyon, t ü'?'^. ülKirliosa durch seine Abreise die Gefangenen den M»r- 
dem. Der Henker von. Lyuu listto sich geweigen, den (lionst zu thun, die 
Soldaten glciehl'ulls; HO'» tieleu und die Hruvenvalen nullten nicht mehr sus der 
Rhone triulicn. Iu Roucti und Orlenns verloren Mio, in .Meuux uud 'l'uuloiiBe '2ihi 
ilur Lehen. Gregor X.1I1. alisolvirte nschher iMe MJ>r<lcr iu l'ersuu zu Lyun. In 
Bonlcaux stellte sich der (touvemeiir Montferranit selbst »n die Spitze, inilem 
^L er tigcnhändijr ein rarliuiients-MitglieM nmhrar]ih\ Caeonas, welchen Karl IX. 
^r nicht ohne Schrecken sehen konnte und zuletzt m>eh htarichten Hess, hatte selbst 
;m» Hugenotten vom Volke in der BarrholomSusnieht losgeksnft, hatU' ihnen das 
^- Leben verspnK^heu und »ie hinterdrein n pi-tii cnups erdolchen lassen. Vgl. Ithrigcus 
^P die UnterBHcbuugeu von VVachler, Audiu, äuldau, II, S. 437 u. dessen Äuf- 
^ satz: Frankreich and die Barth« <lniuüusnar.bl, Baumcr's hist. Taschonh. 1^54. 
•) Voltaire Oeuvres A, 215. 
") SisBiondi L c. XiX, 162, 
'"> ibuL 170. 
tJ Nach BrantOme Ul, ITt. 



363 



Zwdte Abtfaellans. Krster Abiolinltt. $ U. 



wUuschen, die Lyoner Mörder absol^rte. *) Nodi jetzt ist der gtänze 
Mittelpunkt der Pelerakirche und drg Vuticanpalastus, näiuUcb die s^ia 
vor der Sixtina, mit \icT grossen Fresken von Vaaari und soinen SühdlerD 
geziert, w^lrhp unter anderen Triumphen der Rötnischen Curie, — Hein- 
ri(.'h IV. zu CauosDu u. A., — die BartiiulomHuänaolit darstellen.") 
I'liittpp II. BuU auf die Kund« zum ersten Mal in aeinem Leben giiUol 
Iiabon;**') diigegeu spracli sicli Kaiser Maxitailiau U., der Sehwiege: 
Vater Karl'K LX., hucdst empört Dber dieee Srhandthat aiiH. 

Trotz ilirer gros)*en Verhiate oetzteu die Iteformirt«», welche noch 
fttHte Plätze wie Rurtielle behaupteten, den Krieg fort. Heinrich von 
Navarra, der nach der Uartholoiuäusuacht zum ersten Male den prot4>8ta: 
tischen Olatibeii abgeä<-hworeu liatte, half dauiatA mit iieintin Sehwftge 
HorheUo obwohl vergeblieh belagern; im Jnli 157.H b«ondlgt«) ein Friede: 
von Boulognc mit der GewJlLrung freier Religiontuflbung in KochuU», NlniMif 
Muutauban uud anderen Orten diesen vierten Religionakricg. 

AU dann, durch Laster fräh zu (jrunde gerichtet, Karl IX. 2<IJiLhrig 
am 30. Mai 1574 »tarb, folgte der noeh achleehterc dritte Suhu nnd Lie 
lingssohn ib-r Königin Katharina, Heinrich ill. (von Anjou), aaa Pol 
raacb entnohen, wo er iö73 £tmi K<^uig ernannt war. Auch wilbrend dcini 
Mjilhrigen Uegicrung nahm nun lier Kaiii|>r der beiden grossen Part«ii 
und damit der Uürgerkrieg Bcinen Kortgang. lleinricb von Nnv; 
halte sich nach dem Tode Coligny'fl und Heiner Mutter Enm nrBten 
votu evHDge lisch eu Glauben Usgenagi, in welchem diese ihn anfe 
und einige Jahre %'orbunden mit seinen ächvSgorn in gleicher U 
welche faät zur katholiseheD Sitte gerechnet wurde, verlebt, eb«i 
seine Frau, die ihn z. ß. dnrch Ulutüehandc womitglieh noch darin 11 
traf. Aber mit dem Jahre ISIH schwur er den eben erst augCDoauue 
katholischen lilauben wieder ab uud stützte sich nun abermals auf 
Keformirten tVanzosen , mit welchen und in deren Interesse er den Kri 
gegen Heinrieh III. und Ueinrieh (Juise fortsetzte. In Heinrich 
aber war eine jrauz Uuascrliche Bezeugung katholischer Askese mit sc 
losester Lasterhaftigkeit so niedrig gemischt, dass er selbst der katholiBch 
Oc&elUchaft zu sehloehi erschien, und dass seit l.'iTti uutcr der Fuhra 
vo» Ueinrieh Öttise und unter dem Einflüsse Philipps von Öpanii 
unil des Papstes ein katholisches Verbindungswesen unter strengen Vi 
plhuhtutigen für die Eintretenden organifdrt wurde, also eine katbali 
Ligue in Frankreich statt de» Köuigs zu regieren und besser als er 
katholischen Widerstand gegen alle ÄiisprUube der Hugenotten durci 

•) Marl in IX, ;^^3. 44. Kninkreh-h borgte vom Papst auf dessen Fron« 
bezeiguug sogleivh lW),oiKi Thlr. ibid.:\n. 

") Vgl. BuuDOu u. Platner, Biwchr. Itom's U, I, 141 
— ) Uartin li, 341 



in- 

I 

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Letzte Bürgerkrieg«. Holnricb IV. J)io|p.'r. 



253 



setzen untcrDähn]. Dock im fortdaueradtro Zwist tnit Heiaricb Itl. b.itte 
diese Obtrleitting keine gro8«en Erfolge. I>er fünfte Bflrgerkrjpg 
1574 — 76, dur sucliate 1577 und der tiiebi^nte I5K0 %Tird»m uorL durch 
FriedenÄSclilflsae beendigt, wt-lclit- den Kefonnirten piirtieUe Duldung ein- 
B räumten; die Bdicte von 1576 und 1577^ Vorlftufer des »öderen von Naotea, 
. beide io mehr ala W Artikeln, gestatteten freie KeligionsObnng nud Synoden 

kder liier zuerst Hogenannten rtligiuu ffrcicnduf fit'fornu'r. Wwx im Jabro 
1585 erhielt die Ligue durch den ueuerregten , liaupt«tikc blich von Paria 
ausgehenden, ziij^lricli katbolisobm und franzfisiürben Kanatiiitnud gt'K^'U die 
Ungenotteu als gegen Häretiker und »cbleebte Kniuzoscii eine solche Ver- 
B ittärkuug ihrer Mitcht, dass Heinrich IIL den arhlon Krieg durch einen 
Tractat von Nemuur8 18. Juli 1585 bescblieAsen iniiAste. In diesen) 
uutenv'urf er ttitrli ganz der Ligue und ihrrn Korderuiigeti, er nahm jede 

tDalduug der Kefonnirten zurQck und kündigte deren völlige Unterdrüekuug 
au.*) Dalicr wurde der noch in demselben J:ibre ir>H5 itusbrecbende 
nennte Krieg ^er drei Heinriche" zu einom Kampfe verzweifelter Noih- 
webr. Heinrich IV., gleichzeitig von Sixtu« V. mit dein Banne belegt, 
raffte aüe Kräfte zusammen und lieferte die Hiegreiche Scblnebt bei Coutras. 
ländlich aber nach der \ eriiammlung von Utois wurde Heinrich HI. die 
Abhängigkeit von Quise und der Ligue su Ustig, — Heinrich Oaise 
hielt 1588 gegen des Königs Willen wie ein Singer, Regent und Triimi- 
^ pbator ftoincn Eiuzug in FariHt — daas er lüeh fast zur eigeueu .Sclintz- 
H wehr zuletzt Ilfinricb's von Ciuitte und seines Bruder» des Cardinal» 
1588 dorch Mord entledigte und mit Heinrich IV. aussöhnte, dafUr aber 
einige Monate nncbber am 2. August 1589 durch einen katholisch -ligiiiuti- 
scben Fanatiker Jaeijuea Clement scibfit eruiurdet wurde. Uic Macht 
und der Glanz des Hauseö Gnise waren vernicbtel, Jetxt blieb Heinrich 
^m von Navarra, vod dem sterbenden Heinrich IIL zum Nachfolger 
B erklärt, als Heinrich IV. auf dem Schanplatz; allein er hatte noch den 
Bruder Heiurich's von Guitte, Herzog Karl von Mayonne, das nach 
wie vor hartnäckig antircformirt«* Paris mit der ganzen katholiaclien Be- 
völkerung, jetzt wohl auch der grossen Mebniahl, und Spanien gegeu sich 
nnd mnsete aneh gegen diese fiewalten noch Krieg fuhren , bis er sich 
denn entschlo^a, dicfti:;r gr<>iiaeren Hitlfte des Landes nnd Volke» 1593 dad 
Opfer eines nenen Tebertrittes zu ihr und zur kathollHclien Kirehe zu 
bringen nnd iladurrh sie treibst und in Folge dessen auch Paris wieder 
zu gewinnen.**) Die Aueeicht, unn durch die katholische nnd »panische 
Partei dir Selbständigkeit Frankniicb'n an Spanien verloren geben zu sehen, 

*) Knake, 1, a. a. 0. S. 41&. „Auch daa einfache Bekenntni» abweichender 
Ueinuugen wurde wie vor Alters mit CoDfi^cation der GQler nnd Lebensatrafe 
bedroht." 

") Vgl E. StÜbelia, Der Uebertritt Heioricli'a IV. Basel I65G. 



254 



Zvoie Ahihtilimur. Bmtter Abschnitt. § 24. 



machte doch endlich Viele mich der kfttholisch Gi^tsiniitm g:eiim^ st<*h aäi_ 
dem Haupt«; dur Gugeupiirt^:!, wclchra nun Huch der Thronerbe wj 
Heinrich IV. In Khren vcrsiMinen xu kitnncn. I)i«tpr tTloichtprte 
ihnen durch Meinen 7,wcitcn CeUuilritt und Uesa dadurch iilli'nliups wul 
nir die licfreinnfr Frankrt<irJi'8 vom Htlriytirkricgo , luglcJch (üt die 
ft-iiti^^tint; Ht-incr Macht mich Aiinsrn und ^zur Hcrstt^Uau^ dc-a ptditiitchf 
(it eichtet- wiclitfs in Knropa",*) anch wohl znr i^igtmi^n iCmanripAtioii vol 
der Rcfurmiritu KirrheuKitvht, welche ihm gjadc so ehen 1&86 noch sei 
nnhequom pewi>rden war und von den frivolen katlioligrheu llurir-nl 
uoeh rarhr venibachent wurde,**) etwns hochat vurtbeilliAft Wiikt-ndi 
Aber sich ergehen. Die Einheit der franzögimehen \'erfASflnng, welche 
durch lierjiesteMt wurde, war keine Abhänni^keit vom Papst**, «omlern dii 
alt« Ahb!hi};;i{;kt!it iler lÜHcliüfe vom Konign nnd die alte llnuniHrlirünk) 
heit des Köni^'tliuing weit mehr als ctwR eine spanische L'nterworffl 
nuliT da« P:ipstlliuni; „es ist niclit die mit Fetirr uud ärhwerl verfolgend^ 
Rlrchc, zu welcher Ueitirich IV. Ulwrtrat; es waren die Oücuineu sein« 
eigenen royalistisclion Kleraa,* *••) Am 25. Jnli 1593 schwor er ab 
Sl. Denis^ 1594 am 27. Kehniar lieaa er sich in f'harlrea krönen, gelobi 
u. A. Aotirottiiug aller von der Kirche beseichnoteu ililretiker nnd zog bi 
am 39. Marx in Paris ein. Er thaC es, — wie er auch ein beaont 
B4*keniiliii»rt in 8t. Denis nicht rililegte, — nicht ohne für tlie, welchen 
nJiher angehörte und welrlic (reilich nun bitler klagten, dass sie für il 
Treue jurllckgciietxt wdrdeu, doch auch einen Zustand zu sieliem, welabt 
sie zwar uirht den KnllKiliken gleiclistclltc>, aber ihnen doch eine so fe 
Stellung gab, dast) t^Uen diexc iietii! gcKetzliche Kxitttenz der Keformi 
Kirche nacliher noch genug poliliacheu Widerstand hervorgerufen hat. 
ii/itf/iui Charta, welche er ihren verlieb, das Kdict von Nantes (Aprl 
1598)t) int von jetzt au auf ein Jahrhundert ein titllck der fraazdait 



*) Ranke I, &67. &T1. 

") lUng V, WO. 466. 468. 

*") Kuuke I, 57S. Anch Hfllly. der selbst Protestant blieb, rieth ihm 
Ueticrtrilt; Mtinc Wort« bei Stähclin p. bl3. 

t) Thaatii Ilist. lib. CXX tri CMXJI. Af/mon . Tous les synvilt^s nationt 
des ey/i$fs rt/orm. /, p. I*:t. (Bcnott). Hisioirr de Fitdit df i\a»tfs, Itvlfl 11 
Scbroeekb U, .S. 33^. NacbVarlllait gilt Daniel i'barnter geb. I5iir. \ 1S3 
(cf.ttayle s.v.) als der ( londpicnt, wii» aber von Schruückh beuixitten wird. 
Nach Heinrich'» IV. Uoiiertritt war die Lage ilcr IlefurmiHeu r-nnüehai iwhltmi 
geworden als unter Heiitricb 111-, ilenn Jener w»r ilir ReHcbtitzer nicht nie! 
wie frilhor, und einen Anderen hatten sie niohl; IJiigorecbligkeil and (ienall 
gegen sie wurden ignorirt wie z.B. ir.!\S. nU die t.i^tiitttcn eine Gemeinde 
Chatai^nurain an den tirenzvn \im IV'itoti uni) HretngMi' Kruusaiiier wie einst 
Vaasy (iWrlielon und tuw uuibrachteii. So ««ngeMuBdeii euii»»teii aio üellittt ih 
eigene CentnÜTerwaltnng schaffen und weiter ausbilden. Hau dachte zunüot 



Einzulbcstimmiingcn des Edicts von Nutttes. 



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YerfuaiiDg geworden. In iliin wird den RitfonnirtfD zuerst im AUgHaiciiirn 
ÄUgeBic-hert, da«« sie am d^r Keli(;iou willen in Frankn-ich nicht rat'hr 
geatfirt werden sollton, wosölbsl jedoch dio knlliitliiclje ßeligiou nU ilic 
liinmichendo ilf» ^Stiuitet^ :nierk:innt wcnlu und darum aurli die UeformirtHU 
deren Peierlape benbaeblen niüHsten (Art. 20); dann lUsr werden BeairhrÄn- 
kuogeu liuzngofflgt, untiT denen sk- ihre Kcügion mioli fiussorlich au»- 
ilbon dOrftuu. 

Verboten wurde ihnen: in Paria und ^i Metten in dit Hunde ihrru 
OotteHdienfit zu linU'-n, cbcuau in den eifrig kaOioliHchim, ungern utitcr- 
worlenen KUlll^Ml liln^ims, T(inlou«i', Dijoii, Lynn, aufh in iler 
Armee, auagenomnieu in den Quartieren RefDrmirti-r Rt^telilHlitihtir; verboU-n 
anch Arbi^it an kathnlisfiben Ki'-Ätt.igen, v*'rboti*n, ihrr tt(-li^inn48rlirilten 
an anderen Ort<'n, als Wd xir Ki-ligiointllbun^ )i:ittri>, ku vrrkutif*-n. 

Verpflir.htAt blieben »ie zu dem Zt^hnten nn den Kh^niFt und su 
den katholischen Khe^^üeticen. 

Dagegen twllten Kefonnirte i-.u allen 8tnfl((iSnitf«rn Ktigtdistwn 
werden; es aolltp im ParlamtMil ku Paris itine bnaondera „Kaiumrir des 
l'Idictfi" aus einem Prüaidcnten und Hl Mitgliedern ab{;«'th»MU wpnlen, 
welche diu Angelegenheiten und Kechlüsarjieu der Kutbruiirtun im Itezirke 
des Pariser ParUoicuts und fllr Norniandie und Bretagne zu enttichciilen 
hatte; ilhnliche besondere l^epuLationtin Hiditen nehm den Parlamenten xu 
Grenoblc und Hordeaux b(-<itt>hon, zur IlAlfte an» kAtholischen , zur llUltHe 
aus Refurmirten Räthen xun^animentiicavtzU Ea wurde RvligiuuHQbuug flbi'rall 
tfrlanbt, wo sie bis IÖ97 tuclion gewc«eu Hei; ett sollten dio Reformirteu bei 
tlcberuahiut' vuu Aemteru keinen audereu Eid aehwüreu hIh dem KOuig 
und den Uesetaen; «ie sollten (Jebilnde für ihren Uotte^dienat bauen dürfen 
und die, welche mau ihnen weg^fiiumuien hatte, zurnekerhatten oder »lutl 
dessen entschjidigt werden; Nieuiand Bullti> ihm-n ihre Kinder nehmen nnd 
kathuliueh erziehen dürfen. Auch sollten »le noch ncliL Jahre ihre Festungen 
und Sicherlieitripläu«- behaupten, von denen es zwei Arten gab: in einigen 
bestand eine freie Reforniirte Bilrgerschaduhne Bu^atxung wieRoeholle.NtnicSf 
Montanban, wo die Ultrger sieh selbst bewaehten; andere gehörten einsetnen 
Herren oder dem Könige selbst, welche sie besetzten. 

an einen anowartigou Frutector z. B. an den KiirfUrvten vun der Pfalz. Alper ehe 
der KUnfg einem Iremden FllvBlen diese Kinmi^ctiimg gesbitrele, LlesD m- es lieber 
geHohebcn, dasti die RL'funnirten sieh in politischen ViTsnuimlungen, viTseliiedeii 
TOn ihren Nntionalsynoilon, vereinigten, Sie wutr-n ein cohscH geniml aml imtcr 
diesem antsrilf prnviuciaux ein einen Kaien »Iti l*rÜ*ideiilvii an iler SplUe. Die 
erste potitiRfhi- VcrBauiniliing fand im Mai t:>'.ti an Sainto- bViy «ta(t. IM» (Jcneral- 
conseil iing an, Bcurliwimlen zn i-rliebeii nud uiil den vnu Seite des Küni^^s Be- 
aufiraglen /^nwnniacnktinl'te ku liulten. Die»e Verhandlungen dienten am meisten 
dazu, das tempori airende Vi-rhalten ileinrtch's zu unterbrechen und das l^ict 
TOD Nanttis hur beizuf Uhren. 



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356 



Zweite AbthoHun^. Krater AbacbnlH. fi 24. 



-4 



Die Katholiken erhielten dnrch das Bdict auftdrUrklicli freie 
KJOüfiObung nbei-ftll in Kraukrcirh; »n 250 Stitdtoii iiud 20<X) Dfkrfctä 
wurde dadnrrb die Mcäse lier^eBtvIlt, iq Koclielie kxm e» darüber fast ii 
olnem Aufstaod. *) 

Daa Edict erregt« mm grosnes MifL»fal1en bei dem Parlnmotit, bei d 
Uuiversiiät Paria und bei der Snrboiiue; BiscIiOfi! steUtcu iJffeutUe. 
Uebcte dagegen nn mit ProceasJonen uud Prudigtun, doltwt di& medictniac 
FacitUlU weigerte »leb, rcfürmirte Dticturun zu rreircn. Eiidtirli ftl>er n 
laugen L'ntorbnndlnngen nnit oinigeu Abünderiuigeti setzte Heinrich 1 
im Fubruar ir)99 die Eintragung des EdirU unter die Gi^K-tXR durch; 
Tcrfttgtc sieh «olbat ins Parlament, nnd eine Kede des KAnigi* nü 
da8S<?lbe nachzugeben. Dvn meisten Widerspriic:)! fand die Eiiirftuma 
der eigenen Festungen, wt^il man ja dadurch »elhflt die Reformirt^n 
eine feindliche, misstrauiach bewaffnete Htellung gegen den Staat hinel 
ziehe. Eben deshalb wutwte anr.h das ParUraent so viel zu erreichen, i 
ein Artikel, weleher ihnen Synoden xn halten gestattete, wieder aojt de 
Edict ealfernt wurde, weil man aie dadurch selbst xum Coudpiriren 
anlasse. Allein das Synodenhalten wurde ihnen naebher vom Königt* no 
nachträglich erlaubt, wie sie es^au'-li schon frülu-r geübt hatten. Von d 
29 grossen bis 1659 gehjütoncn Qeneralsj-nodcn fallen 14 vor den Temi^ 
vun 159H. .Sü wurden die Keformirten allerdings ta einer bewaffne 
CiMpuratluu mit <.>e[ieralvcrsamniltingen und Walilacte» in einer \Y(iHe 
Oaukreich cunstittiirt, dass ebtin diese ihr« tStuUung am meistf^n nacUii 
den luiilcuschaftliehen Widerwillen derer g'.'geii sie hei-v«rrief, welche dii 
flefestiguDg and Vulleiidung des abttolnten Kanigtlnims in Frankreich 
hOeiiste Pilicht anerkannt hatt<>n. Auch Heinrich IV. selbst übte » 
seine alten Anhänger Pression an», um sie znr katholischen Kirche na 
Kuzieben, und was hei .Sülly, d'Anhignö") und Murnay nicht gel 

■) PoHce 273. 

"J „Ein Dichter fast ersten RAnges, der auch sl» GeBchichtuchreiher 
nitndvr huchsteht, ein reich Mesener <jclelu-ler. der siWr nocli reich an elf 
Gei»t und au Phantaste iiiiil Mgar noch eiu »t»rker Uharakter iat, ein uuvers^t 
liehcr K:impfer nir Refuruiiirio» und ReUgionnfrcilivii mit (iem oitwrnen wie 
dem geiBtigen Schwerte, ein Hoftnsnii, «her mit «iiitr |>n»[)hfti8elieii Fn-iniürhi( 
kelt, rtin flchlaglVrtigtT Tavulier «ml lieiuMMulcT .Satiriker, der »ach mn .leinUlhi( 
Chritit int, kein I>antc, ki-iu L'Irich vun Hiitten «nd kein l^afti-^l. kein Milton 
ktüu Klöi)i*tock, iilwr ein gutes SiUck vi.ii dienen «Uen unti in Einer Person." 
Mit diesen Worten eröffnet Tlimke seine erst im vorigen Jahre im bistoriscl 
Taschenbuch, fünfte Folge, Bd. Ul, 8. 5J9 abgedruckte Ablmndbtng über Agripi 
d'AriliigiK''. Üeräelhc war am h. Februar 1&22 »uf dem SchUmse .St. Maury bt 
l'ons In Sjüntonge, jetzt Deparfemont derCharenie geboren. Na^^hdem «clioil sck 
Valer «ich diT Armee Cmdes angcschloBsen . wunle er frilli in „u,. UrangaaU 
des Bürgerkriege» nnd der Verfolgung gewurfen. S<'liun dem zehi\iiihrigeu Knab« 
drohte der Feuertod. I>ana lebte or als lernbegieriger Sohfiler, oie juuger Dicht 



Zitetatid d^r Klederlinde. 



257 



das glHokte bei Tiolen Anderen; ancli die Jesuiten, 1595 nach dem Attentat 
des Jacques ClcDieiil vertrieljcn, wiirdni HU)'A )inrÜcbg<Tnfi'n. 

Die !{efon»irteu bntten iiin diese Zeit UMt Kirehi^ii in Prankreirb, 
sbcr viel mehr Oemeiiiden; aU ihre ITnivereitSten knitulen gelten Mtintaubun, 
Satinutr, Montpellier nnd Sedsn; Volkwclmlfii aber Ijesaiuten «Ic fast gar 
niclit imd mutjuteii daher ihn« Kimler in die kathnlittchen Sehtilpn tiehirknn. 
In der l.i.>hre hatten aih &irli seit ihrer ersten Synode zu Paris li'>50 ganz 
an die Reformirte Kirrhe angearhloKBi-n, wiewohl AJe Bich biitweilcn lieber ftlr 
Lutli6rerkliirtcn;weQigstcn88cbrlebdicaUeinriehl\'.auLulberiD(:heKäuigv. 

§ 25. RefonnatioD in deu Niederlandeu. 

Za dtfD \m\ (lieäHler anlgefiihrteii Worken von (iroiiiia, llrandt, Uerdea, 
UeriuoDt kommen noob hinzu; vnn Kaoipen, (tCscK. d. Niederl., 3 Bde., 
Hanih. l?vH ff- Mvtiey, Thr risc uf Xhe Ihttch veyuhlic, Lii>s. I**5f>. Doflst^Mien 

ITht HnHed ^eihtrlamts, I;.ii4- IWIH, I Ililc. ne».-»ellieii The Uff luui tUath of Juha 
tif iHiidubttrtirvrUl. Arcliivcs rlr la Mnistiu li'tJrtiuyr-Mitsstiu ni. Ilruen i: t'riii- 
sterer. Oathart}, Currcspotulntte tlr Oui//iiHuir Ic Taciturne, In MctnoiHtm. 
SaiuMilimg von .M«rm;,'ni|.hi('en durch nielin!»' liolliiuiliwh*? Oelehrte iinf Anlas» de» 
:tOUiähritr<'u .hittil:iuiuH ilfi uatiima!*>n lluahhUiiglgkeit. tit: limtft Sclu-ffer, De 
Htrv. in Seätrl. lul /.y-Uf. Atitxt. 7.7. Kiieti, Kui[iöninR der Nii'derLinde, l^i|px. \*^U\. 
Holxwartli, Abfall der Nii<derlande, Scliaflli. isii.s. Vergl. aaeli v. Truittiehku, 
Oic Urputitik der vyii-iulpieii Nifdcrlanile. J*Teufts. Jalirbb. X\IV. 
Zu beiden tieiteu der .Scheide aiid des Niedcrrheina biB nördlich 
hinauf an'tt Meer dehnten sieh damals einige Ueberreste des Lotliaringischen 
, [teii-hes im*. Ua» offene Meer, groiwe Flüsse, welche hintiul'illiren, die 

^■•uid Soldat, und alio nachrulfrenden (iefahren nnd iSchnierigkeiicn bestärkten Ihn 

^ in dem HntnirtttaHrt, «iKiit l'rbild eine» niu-li Lehm und Leiten VDlhmdi>ten (.'alvi- 

nisten nacliziitrat'tiien. Nach ilrr Bartliiplinuäiihiiaehl wunle er mit lluinrich von 

Navarni Iiekunm und l>»M ibiii iiinig liefmiiulft, ol.wiihl nicht blind gegen di-HAAn 

St-lmUehen und Srhwnukungi'n. Boine ^'erliuiraüiiiiig iiiitchic ihn selbAtÜnilig und 

IvenuÜgund, er bewug UeiuHch Ift-^i aur Witnlcralirnahmt' des Krlngea, fiir weloiHm 
«r jotti »elbat als reicher Omodbuttitzer &\i<i\\ älrctlkrülte lieiern konnte. .Seliwie- 
riger wurde seine Stellung nmi\ Heinricir» ThronWsUMgung. d'Aubignc kanuiu 
nur Einen Weg zur Kutigkeit; »«ine dringenJeu Vurhaltungun vori^fgcrlen wcnig- 
Mtou» »IUI niutil mt-hr in vcrhinileru »tard, d<KTh cntwg sitrh der Kiiuig dii'»*jr 
unbcqni'Uien Fn-imlitbigkrit , und nach cift-dgtem L'eberrritt durfte d'Aubignü nur 
selten bei Hule crHc-heiuen. Vorwiesen wurde er aber nicht, («indem erhielt wwh 
.ciüigu tUdiTgenhoit. in langen (iegprüchen und theologisi;hen l>i(i]mlan'oneu Heine 
äacbe au rerrechten. Kret lioinrich'« ti^nuonlnng nüthigte ihn, jede Vcrbindang 
mit den Hegieningakrelaen anfKugcben; von nun an lebte er ganx seiner Partei 
und der liti'rarischcn MuAue, nach und uacJi zur1ickgou<gou und vereinsamt, doch 
angebrochenen Mulhe». Von seinen Sebriften , die in epischer, safiricoher oder 
historischer Fi^rni i<eine Leben tH.-rtaliruugen niederlegen, hat ihis grosse (tedicht: 
Les Trayiqites, luerat lOH". gedruckt, den Wcrtli eines ergreifcnilon Zeilgeiuatde». 
iDic letzten zclm Jahi-e hat er zu Oeul' In der lltrbuutli seines Ulaubens verlelit, 
[wo er erst im Mai UVM) im Alter von fast M> Jahren gcslurbon i»l. -S aiuh 
Pierson, Morceaux cftoitiä, l,p,t48^ AnJiem t672. D.U. 
Usaa», iUf«h«ufl«KlitGbte I. 17 



95J* 



Zweite Abtb^lung. Snitec Abbcbnitt. i2b. 



weite Kbeno und ilrr Kampf luit JtrtUrbea Schwierigkeiten her(U-dert«n an 
Qbten iu dieacu Gcgeudoii die Industrie uud den Gewerbdoias. t>ie Gub 
und Ungunst des Bodens hat hier »otion im Mitti^Ialter besondere tin Sflden m 
gruAso SUdte SU dicht neben viuiiidor eutatcbcu lassen, wie wubl »u kviaem 
anderen Ort der gauneu bewohnten Knie. Freistädtlsehea W'eaen nnd 
Verwaltung unter ariBti:>kralisrhei) Städtccoltegien war die bervorälechendsle 
Eigen tbtt in lichkeit des Landes gewesen, lange bevor dasselbe Irgend welch 
monarchische u Gewalt sei a» der Nachbarländer uder der oi(;enen Heinu 
unterworfen wurde. Ebenso all aber ist der Uegenaatz, welcher 6cho 
durch die bedeutende Grenze bedingt war, die diese« Zwischcnland in ü 
Br.hlicÄst und in bellfiamer Breite, — der Uhein ftlleln ist «u schmal, — 
au»fl)ltt, und uncli welehem va auch in unHeruni Jahrhundert wieder aua- 
einander geFalten int In den aüdwe«tlichcn und Frankreich zugewandten 
Gegenden wie Flandern und Ilennegiiu herr^rlile roraaniachefi Wesen, 
den nordüHtlicheu wie Holland und Frieeland tlherwog das gerniaiiiseb' 
Sonst aber bestasdea grosse UngU-ichheiten theilä in dem vernn-hied 
organibirtcu städtischen Gemein weseu , llicils unter dem weltlichen und 
geiBtIieben Adel. Der gegenBeitige Verkehr dieser beiden aridtokratischen 
Körperschaften war oft sehr genug, besonders aber fehlte es den BiächdfeB 
und dem KlcrUH wie sonst nirgends an Macht und Ansehen; die meisten 
Orte duldeten keine Geistlichen unter ihren Kepraäcntantcn, uud selbst in 
den bischöflichen Sitzen von Utrecht und Lattich hielt ihnen eine reieh 
Bürgerschaft das Gegengewicht Bei solcher ZcrstUckotuug der Offent 
liehen Vertreter und Würdenträger wurde eine vorhandene auswärtige 
Feindschaft nur noch gefährlicher, wahrend zugleich das demukru tische 
Selbätgeftlhl des Volkes verhinderte, sich ihnen gehorsjim an zu sc tili essen. 
Nun waren aber diese mit freien und reichen SUdten bedeckte 
Niederlande schon im XV. .lahrhnndcrt den Mächtigsten und Unabimngig 
8ten_ anter allen französischen Seigncurs, den Herz(tg«m Philipp de 
Guten und Karl dem Kulinan mit llfllfe ihrer sonstigen Besitxuoges 
durch Vertrige, Pfandschaft^n und andere Milt«! grosstentheils zngefallen, 
ohne dusa damit ihre etgenthdmlirhen L'eberlieferungen nnd Verwaltun 
formen aufgehört hÄttcn. In dieser Weise und mit der Aufgabe weitere 
Einordnung nnd Verschmelzung gingen sie ab Krhe der Tochter Karl'«^ 
dos Ktihnen an das Haus Oesterreich und ferner au deren Knkel Karl Vi 
über. Dieser, durch die GrflÄse nnd WeittlLuftigkeit der flbrig-on Keiel 
regierung abgezogen, musste sie zwar durch Statthalter verwalten lassen 
wie er aber dort geboren waj- und ganz den Niederlanden angehörte: 
wandte er ihnen auch stets eine besondere Aufmerksamkeit zu. Scho 
die burgundisßhen Ahnen hatten diesem seinem Krblande mehr Kinhei 
und Abgeschlossenheit geben wollen, sein Streben war dasselbe; um pr 
vinzielle Mannigfaltigkeit der Privilegien und Vertretungen allmttblic 



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THcderltude. Freiere kirchlich« Regungen. 



3&9 



abzuacbleiftu, bcglüiBtigtu vr die allgemciae Vcrsainmlao^ dor SUnde 
oder „Staaten", d. h. die aus Äbgeordaeten der Städte tiod dea Adels kq- 
iiamiUtingcset2tOD „GuncraUtaatea^, nubt-u welchen c» iiuch Versaimii- 
Inngen der „Stauten" einzelner Provinzen gab. Auob seine gldcklichen 
Kriege n^'geu Fruukreicb beuulzlc er zu diesem Zweck, wie denn erst 
154»< alle Niederlande zu seinem Reiclie vereinig waren und einige Zeit 
spiter auf Orund der pragin:i tischen Snnctiün deren Untronnbarkcit au»- 
gesproclieu wurde. Dabei zeigt« sich abermals, wie sehr darcb die Lockerung 
des ReichHverbandeH die äonderinlereaHen in den Vordergrund ge.drfingt 
wnrdeu, und diesen huldigten nut-h die Kaiser. Karl that viel fQr die 
NiederUnde, aber es geschah durchaus in der Richtung, um sie möglichst 
selbstSudlg aU sein KrbUnd zu eouatituireu und vom deuisohen Ueich, 
mit dem sie dun^h Hteuerpflicht und Ileeresfulge noch vielfach zutunimen- 
hingen, abznllisen; selbst 11. Leo, sonst so geneigt, alle kaiserlichen und 
Kpnnlst^hen Gewaltmaassregeln berechtig'! und angemessen zn 6nden, erkennt 
bierin eine Verletzung der kaiserUcheu Tdicbt zu Gunsten des KamilieO' 
interessea. *) 

In den grossen Städten und unti>r dein Adel hatten rerormatoriaeho 
ßchrifleu und Uestrebungen scbun unter Karl V. Eingang gefunden, und 
bei deren Verbreitung untcratatateo und vei-stärktcn sich naeh beiden 
Seiten hin religiöse nnd nationale Antipathie oder Sympathie. Dia Nieder- 
linder wurden der kircbliehcn Umgestaltung deshalb geueigler, weil sio 
unter die Butmjtssigkeit Spaniens nnd seiner inquisitorischen Zucht ge- 
kommen waren; ihren spanischen Elcgenten dagc;;^n erschien jeder inlfln- 
dische Anspruch auf Selbstverwaltung fast schon vermöge seines mdglichen 
Zuaammcnliangs mit anderen freieren Regungen als Insurrection und liSresie 
zugleich. In den Städten, wo der Klema niemals viel gegolten hatte, 
orliielt sieb eine weltliche Volksbilduug, genährt unter Anderem durch die 
sogenannten „Kammern der Rhetoriker**; dies waren bllrgerliche Innungen 
wie SchUtzengildeu oder Meistersiugervereioe, in ihnen wurden theüs geist' 
liehe Komödien Üieils nur komische nnd satirische Volkspoeate cnittvirt, 
besonders aber ZuaammenkUune und Feste gefeiert, welche jenen neuen 
Geist wecken oder stärken konnten.'*) Waa den hohen Adel betrifft: su 
hatte derselbe tbeilweise sehr bestimmte und eintlussreicbc protestantische 
Verbindungen. Kinige Häupter wareu mit deutach-protestantisclien FDrsten- 
famllien verscbwfigert , wie Wilhelm von Nassau, Fürst von Oranien, 
geb. 1533 t 1584, welcher schon mit eilf Jahren, später auch durch seine 
Heirath grosse niederUudische Besitzungen zugeUieilt erhielt, schon pro- 




*) Leo, Nieder!. Geschichten U, S. :i&7. 

**) Veber die ,JCamraen) der Rhetijrika" vgl. Jonckbloet, Ueaoh. d. niederl. 
Ut. [, 8.334— 76. Leo 11, S. 416. Kampen l, S. 316— 19. 

17' 



360 



Zweit« Abthetliing. Kreter Abschnitt. § 25. 



teataDtiscli enogeti und aurgcM-achaca wur, aber am kaiserlichcu Hofe Sfüse. 
Auisichtnu verbpigen rnuaütp, woIhm er da* V)>rbergeD lernte, bis er selber 
cum grosscu „Schweiger", zum Tacitus geworden ist*) I>er Audcrc, (iraf 
Egmont, seit eeineni 19.Jiibn> Soldat des KiÜBera, lälfi dnrcb ihn Ritter' 
d(.>» i;i>ldäucu VUeBSCS, ging als Gesandter niirb EDglnud, am für Eüuig 
PKItipp um Maria zu wfirben. Vcrhoiratlipt mit äabina, der äRliwcdier; 
dti» Kurfllriitcn Pricdricira III. dc.>i FromuiL'n von der Pfalz, ftlhrte w\ 
eiue dnrch Jvde lillusticbo Tugend aiingezeichDete Klio, die anrb den fanneu 
Dud poetitiitb auä^'edcbiiiüclitt^n Ehcbrufib vollkouuuoii iLaitst-tilost«; dueb wnnlti 
er selber niemals protestantisch und daher iu peri^i'inliclier HiuBteht tiirht 
io di« OppuüitiüD gedrängt. — Endlich bot auch diu tbuologiafhe und 
wisaeiiachaftliehe Ilililnng bedentende AnknflpfHngspunkte. liier halt«? 
Jiiliauu Weatiol gewirkt, liier die Urilder des geineiiisameii Ltibens") 
sich ausgebreitet; hier war Eraamua geboren, hatte sich oflniaU bei dc^m] 
ßi^huf von Catiibrai aufgchalleu und stutid mich bei dem ßisehnf voui 
Utrecht, dorn Ürodionkel Karl^ V. in grösstem Ausehen. — Dies die all-; 
geraeinen Verhältnisse, in denen der Vorlauf und Aui^gang der reforma-^ 
torisehen Bewupiiig ihre Erklärung ßitdcii. 

Für eine Freiheit, wie dir Heforniation we verkflndigte, konnte e« 
diesem Lande ttammt seinen grossen Stfidton uniüoglieh nti EmpHinglicb-j 
k«rit felilfu, und die Ni'iguug wucli», «eit e« den Krmig von .Spanien zntn] 
Herr» erhalten und selbst die Elnftlliruug der Inquisition zu beklagen Ur- 
sache hatte. Karl V. hatte Hotnenteits die Alwteht, die strengen Maaaa-j 



■) Diese An^be bedarf der ErgSnsung; und llerichti^ng. WUhoIni von 
Uraulen war allerdings protcfiimitiAch eräugen, aber »eine ciKonon AeusjierutigL'n 
in Itriiiten un rhitl]ip und Omnvella licwciseii , 'Jaaa er zunücliiu. aulVicIitig k»tbo- 
liarh »ein wollh* mul Hogar kein Urtlenkt-n tnin, in sciui-DU 'ItTritririiini die lialin der; 
Religionsverfolgun« den Hiigenotten gegeuUlier lu betreten. Krst die CoDfitMiuenxj 
des kattaulisoliea PriucipH, deiiacn Anweuiiuug mit den religlü»ca Furderungeu 
auuli die politischeu Freiheiten der liullüuder |jreitii:uget)eii und zu vernichten 
drulite, »clieint ihn vua der L'utmlrbarkeit der ultkiichlteliu-u (jnindEuitze U'ierzen;;! 
zu haben. AU ihm d:dicr uur die Wahl blieb z,wiKc)ien KiithuliclHiuiia und Auf-'. 
rcehtcrhaltuiig der natinualeu PririleKien, «ntociiied er sieli iialieriin^^t filr d)4 
letztere lüehruiig nii<l in Fultre ilfsseu uiich Hir lieu i»roteKfiintischen tilanhen. 
zuerst freilich iu der Form der Augnburxibchen Cunreauicju, Hpäter Jedoeh in def 
andern ilee t'alviui«iiiU£, als er tuUi, ihknA er luil den Lutherittelien Kigenttiiimlich- 
kelten in Holland nieiuala wUrdv durchdriugfu ktinuen. Wie spüt sich aeiue' 
religiöse Uebemougung «uf proie8tantiw:li-<'alviniachi>r Seil« fentsielltc, geht schon! 
daraus hervor, da« er erst \^V.\ einem ilitforiiiirten (idtli-wliimsti' beiwohnte, ob- 
wohl er doch schon I5«7. um vüIHk mit lier l'oliuk I'hilipit')« tu bn-chen. Hnlland 
vvriaeacn hatte. Die Belege hierzu liefert sein UrielWit-liBei winio ik-r Autaam:. 
Prina Willa-m'a 'lud, iu dem wbeu beieichmleu Werk ; 7« M,:monnm. U. \\, 

"J H. Delprat, Uerird Grute, die Brüder des gemcinsamcu lAjbeuB, deulaol 
übersetzt, Lpt. 1S4U. 



NtoderlaBde>. Verfolenngen nnt«r Karl V. 



261 



regelu, die sich lu Dcat^cbland uiclil durcltBctzcn Uossen, in acinom Erb- 
lande dcAto cntitrhiodeaer Kur Ausfflhriing eu Itringren. Schon 1521 erliess 
er von WuriiiH aus für die Kic^erlaudL^ ein ilhnücbos Vorbot wio das 
Wormger Edict, auil lii^r konnte eher der Oehorwun erzwangen werden; 
hier litten 1d23 dio i-ratuu protC'8l:iuÜ»cbcu Mürtyrcr , zwei Atigtietiucr- 
mOncbe zu Urüs&el, deren Tod Lutber Iw^ungcu hat Gleichzeitig (1522) 
bcgHuni-u diu Verbote grgen f^eheiine ZuüammcukDDl^ts und die Schriften 
Latfaer's, dessen Neues Testament bereits 1523 in's UoUftndischo Obcr- 
bragoQ und zu Amäterdum gedruckt worden. Zwei Inquisitoren wurden 
angestellt) nachher nannte mau ei»-. wohlkUaKend „geietUche Richter". Mit 
einiger Schonung verfuhren allerdings die Stntthaltennnon, zuerst Harga- 
retha von Savoyeu, geb. 1460 11530, eine Tochter des Kaiser Max 
alao Taute Karl'A V., früher verbeiratbet au Kar) \^I. von Frankreich 
nnd von diesem verstoesen, noch mehr deren Nachfolgerin Maria, die 
Schwester KarlV, geh. 1505 f 15ÖH, vorwittwete K^fnigin von Ungarn und 
Jieinilich der Keformation geneigt Uio kirchliche Ncnerong war Volks- 
Ehe und wurde durch den vollständigen religiösen Indifferentismus und 
i© Verkomtuenheit de« Adel« nur noch mehr aHg:fregt. Dagegen hatte 
es die «chlimmsten Folgen, das» faniitische Wiedertfiufer in die Nieder- 
lande rindiauguD. Schon au« MUnzcr's Umgebung kam Melchior Huf- 
mann nach Emden, Trypniakcr nach Amtrterdam, dessen Schflier Jobann 
Mattbyszoon, „Ilenoch", nach FriCBland, der Letztere auch in dem be- 
nachbarten Müii»ter und bei dem dortigen L'nfug von 1534 nnd 35 mlt- 
betbeitigt. lu Leydiu wollten die WiL^dertüufer die Stadt aostecken, in 
Amsterdam lief ein Hauff nai-kt umher tind verkündigte Visionen, in Fries- 
Und UbcHiolcn rIc die Klöster. In solcher Kntartung trat die ovangelischo 
äache der Kegieru Dg K a r 1" s V. vor Äugen. Gegen wilde Aufwiegler 
musstc nach den Vurgüiigeu zu Münst^T mit Gewalt eiugoHcbrittea werden, 
was denn aurb unter zablreichen Hinrichtungen gcflchehen ist. Die Ad- 
hiLnger der ueuen Luhre wurden voUi)tändig mit EmJ)'^rerQ oder SchwUr- 
meru zusammengeworfen , die alten Ketzergesetze kamen zur Anwendnng, 
die Kxocutionen dauerten fort wflbrcud der ganzen langen R<-gierang 
Rarl's V. Ihre Zahl wird auf 50,000, von Hugo Grotins sogar auf 
gegen 100,00o') vcran»rblagt; man bat eigene Martyrologien dieser oieder- 
ländischen Protestanten. 

Diese Schreckon ävr Verfolgung Hessen auch nicht nach, als 1555 
Karl V. seinem Sohne Philipp die Niederlande übertrug und dieser da- 
selbst bis 1559 seinen Sitz nahm und einen gUlnzcnden Hof hielt, welcher 
den Adel heranzog, aber auch au Luxus gewöhnte nnd theüwoise dessen 



*) Diese Zahl ist nach autheotiacben Berichten zo boeh gegriffen. D. H. 



263 



Zweite A^tbeflunK. Enter Abachnltt 1 15. 



Verarmting vtnichuldet«'-.') PliÜipp veratand nirht eimnal die nieder-] 
Uindisckc Sprache, er kuniitc kcinf Nc'igiing: oiDHöageD, die er selbst nicht i 
hegte. Zwar hatte ar "trhon 1M9 allr Freiheiten iiml Rechte des Laadcti 
beachwureo, solno VcrbiDdiing mit ilor KOnigiii Marta von England ver- 
sprich grosec V'ortheilp und konnte Hog&r ein« bleibeudv wurden; denn 
Philipp'» Sohn erster Ehe Carlos »oUtc nach der Verfflguag K-arls V. 
SpaDJen, beide Sicilien nnd Indien erhalten, and eio Sohn Maria*a und 
Philipps Kufrlaud und die Niederlandu. Abi'r das rurchtbare (jlaabeM- 
goricbt nahm seinen Fortgang nnd forderl« immer nene Opfer, und doch 
vermochte aolbat die tyninnischo Httrte eine« Philipp lücht mehr den 
neuen Oeist zu bannen. Die evangeliBche Sache gewann io^golivirn zahlreirbv 
Freunde, die steh rasch zo Gemeinden organiftirteo. Nach dem Neneiii 
Testament fand die gauzi- Bibt-I in Jakub von Licafeld einen Dt 
Setzer; die letzte Bearbeitung erschien 1543, gerade dafür wurde er 1645] 
enthauptet. Bald tlbtiMi die fnitizOniscbcn E^rotvHtanten gröKScrcn Kinfluwl 
auf dieäom Boden aJA die Luthu-ranor, auch Flttchtliuge aus Kngland ver-i 
mehrten in den Jahren 16S3 — 5H den Anbang. Nach der ersten franx{>8ittcb-| 
Reformirtcn SationalBynodc von l.')50 und nach Abfassung der Confessio- 
fiallica vereinigten »ich \h\Vl auch die niederländische» Gemeinden in detj 
Confexsio Belgien, welche IÄ63 gedruckt über Abendmahl und Vorher* 
beatimmung Calviuisch lehrt. **> Alltn- Verfolgungen zum Trotz b^lief sieh 
die Gesammtznhl schon auf gegi^n 1IK>,(XH1, die übnlich wie in Frankreich 
durch Cousisloricn und Synudou verbunden und verwaltet wurden. Jetst 
aber vei'lieäs Kitnig Philipp da^ L4ind , um es nicht wieder zu betreteft.. 
Kr übertrug die Btattbulteiiiclutrt nicht etwa einem Oramen uud EgmonI 
denen nur einxelne Provinzen zugetheüt wurden > »andern seiner Hslb- 
Hcbweäter Margaretha und einem girheimen Rathe, i» welcliuin Antonitti 
Pevenot, Sohn des Kiuizlcn« Granvella, als Stimmftlhrer hervorragt«; 
auch 3000 Hpanische Soldaten mussten gegen Hein Irflfaoreä Vorsprechen 
znrtlckbleiben. Noch mehr reizte eine andere kirchliche MaaRsregeL 
Du nämlich das Land kirchlich nur unter Lllttich uud Utrecht gcttlanden 
hatte: so schien die völlige Losrelssung vom deutschen Reiche zu erfordero^ 
da«8 eine volUtHndigerc eigene Rirchenvorwaltiing hergestellt wurde, und 
zu diesem Zweck wurden zn den vier BisthümMni, an denen es bisher 
genug gewesen, Utrecht, C'ambray, Arras und Tournay, noch vierieUn 
andere hinzugeatiftot, and drei unter ihnen, Mecheln, Cambray und Utrecht, 

'} 8cbßn sagt Preteolt. Philipp, 11, /. p. 28i: The Netherlands tike a 
vailey attong thc fiitls, mhirh drinks in ntl (he walcrs i>f ihe sarrounäinf} cotmtry. 
Efl wird von i)eatfu:iil»Dd, Frankreich uml Eiiglund beeintliiSHt. Karl \' . liebte 
wohl noch seine Tlamänder, aber l'hilipp führte ihnen nur Spanier zu, his iife 
was orte crutMadt. 

'*) Bol yiemeyer, Con/ctsionum collectio, p.3S0. 



4i 



Die Kiederlande unter FhQipp IL 



263 



al» Enibisthllmer. Mecfaelo vnrde Anton Oranvoll« mit grossem Ein- 
kommen tlbcrtrn^vii; man »ah, wenn auoli viclteicbt mit Unreclit, die ganse 
ihm zugeachrii^benn Neiienuig zugleich alH Vorhin iUing der Inquiaiünn an. 
Zwar wnrde dann 1564 auf Bitten des Adels Anton Granvella ab- 
b<!raffu; als aber lUgmoot mit Moutigny 1565 die Bitte um Gewissens- 
frcibeit nach Spanien braclitfo, fordfrtc der K^nig nur, statt zn gewflhron, 
und Tt^rlangte Kint'Uhnmg der so eben beendigten Tridentiniscbcn Be 
scblnwe. Dieee völlige Vercitelaag der Hoffnungen u4>tlugte denn 1566 
bereits zu einer geheimen Verblndnng des Adels in dem „Compromiss". 
Duter EinfluBS zweier Anhänger Calviu's, Ludwig's von Nassau und 
Hendriks von Rrederode, verbanden sich etwa MOO, gewöhnlich Bond der 
Dreihundert genannt, die bald zu 2000 anwuchsen, gegen Einführung 
der Inqaisltinn und gegeu ilie Itathgeber and Heller eines sotrhen dem 
königlichen Eide widersprechenden Oewoltschrilles.*) Eine Sturmpetition 
dieses lulialli^, die vuu fünf Hundert der Regentin überbracbt wurde, blieb 
als anmaassend uDbeaohtvt; aufgeregte Versammlungen der Protestanten, 
deren man 60,000 an 50 Vxa 60 Orten zählte, führten leider wieder sn 
Rxcei^seni wie sieben Jalire frUliur in Schottland: so wurden &nch lüer die 
Hauptkirche zu Antwerpen iusultirt (August 1566) und viele andere katho- 
lische Kirchen und KlOster verwQstct. Ihre Zahl soll sich auf 400 be- 
laufen. Oranieii, beauftragt in Antwerpen die Ruhe herznstellen, erklürte 
dies t'dr unthnolit-h, che niclil den Calviuisten Duldung bewttUgt sei.**) 
Diesmal fand er bei der iiltatthalterln üehör^ sie gewährte äisUruDg der 
Glaubcnspruccäst;, während sie zugleich in Spanien um ausserordentliche 
Hülfe nachanchte. König Philipp ermächtigte sie nun zu einem General- 
pardon, zur Unterhandlung mit dem Adel, auch zur Unterbrechung der 
Verfolgnagen und zur Krluubniäs der cvangelischcD Predigt (23. Aug. 1566); 
aber es war „wi chef tfotJirre de perfidie'', denn zugleich Hess er dem Papst 
Pins V. sagen, dass er nicht für sich, nur fQr Gott und dto Kirche streite, 
dafür aber auch die Zcrttt'lrung des ganzen Landes als christlicher FUrsfr 
nicht scheuen werde.*") Im folgenden Jahre 1567 wnrde die Ankunft 
des Königs verhoiHsen, aber der Herzug von Alba (geb. 1608 f 1582) mit 
einem Heere von 10,000, nach Leo, nach Anderen von 9000 so Fass nod 



•) Klgentlich 7Hr „WoderaHon", wontus das Volk machte „Moorderation'*. D. H. 
**) Leo, Universaigesch. III, 3ti2. 

*") Martiti, Frame* iX, 208. Genau gouummcQ versprauh der Kdnig nur 
SibtirUDir der laijniiittiun, wefl Jctxt eine biscbßfItL'he Gcrir.ht8 barkeit ffefcHindot 
sei. iCr lioM Hirli eimm Plan der „ModrräHun'* roriegen und safcte Unade za 
unt«r di^r (Wliniruii?, diut.« nlle l.i|;tifln aufliOren mUssten. Und Ute^e Nachgiebig- 
keii kunti aiil'rirtiti}; frewcnen nein, <la ffflbat Wilhelm von Oranien nach seinen 
Britft'en i.n sctiliennen i«tch >Wj räunchiintc hiiii^ab, ilass eti mttglich sM, darch «olcbe 
Zagt!»täDilniB«e die Agitaikio i\x bvsch wie titigen. Die l^rlaabniss zur Predigt rUhrte 
nur von der B«gentio her. D. U. 



364 



iftlmig. E«t 



1600 Roitero wnrdc ihm Torangcscliiekt Auf diese Kunde bin begau] 
ein Flllctitf^ti und Auswunilcrii eu vit'lfüi TantiPtideD, &o ilaas dir Sutt' 
iiulUiriu i^ugar iiaoIi SpHtiieu bestelte» konnte, ein llecr 9*^\ gur niclit mdirj 
nöthig. Abnr Alba kam und wurdu am 38. August I.iti7 empfangen, nnd 
DHU folgte Alle« »Schlag auf .Schlag. Der R«tli dor Unruhen, oft aut^j 
Illuiratti gvnaant, begaou seine Arbeit unter Vargas unil Rio, de 
Alba Mtilbat nahui uicbl Tlieil an den Sitzuage». Graf Eginunt, zi 
Von OraoiPo getrennt, lialti- fitr die Ilt^mtf^Dung dw KathoVu'iRmne g**irirkt' 
und die Couaitiluricu aiirgeliub4>n, dcnuucb wurden er und Horu ^fangeaj 
genonimen and hingerichtet, was die Regentin dergestalt belcddigie, 
sie ihre Kiitlaiitmug rrbal und ir>ß8 erlnclt Alba folgte ihr als Gcnwal- 
stjittbaltcT und <srarde dadnrrh »urh bei der (iüterroafictration anveruit-J 
wortUch gemacht*) Ein königliches Edict vom IB. Februar lf)68 erkhUrt»! 
die ganze Nation, weil tnc. ttir.h mit wi-nigen Au^tnahmen dem Anfmhr oud] 
der Uäri'xic nicht widersetzt habe, dva Unebvurratlis schuldig, und no aolll 
ea eigentlich noch für Gnade gelten, wenn Einer noch am Lehon blirbd 
nnd weun der Blntrath nur maftHeuvrise vorführen und abnrtheilen lieaM 
Soll duck Albii ddbät bei «einem Abgaugo 1573 bezeugt haben, dua 
im Liaufe von aee.h.t Jahnen IH,WH) filuturllieite habe vollstrerken litsattOf 
welch' eine Zahl selbst im Vergleich zu den Uinrichtungen des franxü-] 
üiüchen Ruvolutiunslribunals, die sieh nur auf 2Ct'2ii unter 4061 Angeklagt«! 
beliofen! I>ie GtltercoDlisention brachte dem ki^niglicheu iicbatz ulcbtj 
weniger aU '20 MllUonen Thaltu- ein. Das ßlutgericht wanderte von St 
zu Stadt, nm die Hänfen der Flllchtigi^n zn ereilen, oder um aarenrftnmeii] 
an den Orten, wo diese „RnÄcbgiMiaen" nieht von der Beviilkcrang unhv- 
drtlckt worden ; die Ueersti-asseu wareu mit Oehaugcncn tind vorher 
folterten bedeekt. Halb scbUl'end votirten Einzelne nur immer: an den) 
Galgeu! Allein alle dicäc Greuel schürten auch die Flammen eines Ecvo- 
Intlonskrieges, der die Freiheit des Glaubens erringen sollte. Wilhelttl 
von Orauien, von dem Orauvella gesagt: „wenn ihr de« Sebweigcudeiil 
nicht habt, su habt ihr nichts", — war gellohen ; aber er sammelte TrupponJ 
und behauptete sich und wurde indireet unterstützt in dem nach Colij^ny*! 
Rath er-^iffneten .Seekrieg der Wasnergeiisen. "1 Na;e.h Albas Abzug wurde] 
er 1575 zum Haupt und Oberleitor des Krieges proclamirt. Aber neuo] 
Gewalttlmten der Spanier in Antwerpen ncithigtcn die nationale Partei Btt' 
verstärkter Gegenwehr. In dem Vertrags zu (Jcnt verbanden sich 1576! 
Staaten, die iu der Religion noch gelheiU wareu, Brabaut, Flauderu u. m.^ 
mit dem Trlnzen nud den Stünden von Holland uud Seeland, nicht una 



1 Preacpit, Philipp II.. II. I?2, Herzog. Kncyklop. VI. 2W. 
**) Dsmuls wiinleu U' Bettclmiioche vi>u dou <leuH<m gel'iiiigon genommen 
nachbor gehoukt; diese siud au 1. Janiuu- \Wb beilig gesprochen worden. 



Bofrelunfc der Kiederlande und Folgtm. 



2C5 



katholische Religiun zn vcrdrSogen, aondern die Spaoter sa vcrtreiboa, 
aUo fftr Aon Zweck nntiuimlnr I 'nnbhfingiF^keit. \\>it Gr<1s80rcs li^tstote 
1579 die l'treclit(!r Uniuu, welche auf ciu Im .lahi-n vorher geschlo^HenL-H 
Bilodniss mit Elisabeth folgte; »ic timfusstc die Mehrzahl der n^rdlichcu 
Staiitrn, die sich itunm<^hr in dem lieltlbde gegeoHelUgnr Treue und Ver- 
thcidignng uud Id dem gemeiDauoiea Widerstände gegen ÜUnbentszwaiig 
nnd .Stifning der Ciewieseu filr ewigpi Zeiten vereinigten; die Entscheidung 
Dber die Religion selber wurde deu eiuzelnea ProviniEOii anheimgestcUt. 
A«B dem WachBthiira der ITnion entvirkette eieh rasch der national- 
poiitiArlie Ge8;imiutk<>rper der vereinigten Stauten, und diese fühlten i^ivh 
schon IfiKl mtark genag, um den König von Hpanicn alter seiner herr- 
scbartlicheu Kcebte für vcrlastig zu erkklrcu. 

Die reformatorisehe ÜrogeHtaltnng endigte also zanflnhät mit dem weit- 
hiatoriaeheu Ereigniss der uatiunalun Erbebnug aud politischen 
Befreinng der Niederlande von der apaniächen Herrschaft Da- 
mit war aber din prütestantiHche (llanhensweise noch keineswegs zur all 
gemeinen Annahme gelangt; sie halte in mehreren Proviuseo da« lieber- 
gewieht, während in anden'U zumal dos Hilden» die Mehrzahl der allen 
Kirche treu bleilieu wollte. Was die alte OeiRlliehkcit des Lande« gegen 
die spanische Inquittitioii zum Kampf heransge fordert hatte , reichte nir.ht 
ans, nra sie auch ftlr die zum Theü ddstero Fi'ömiiiigkcit der prntoRtan- 
tischen Neuerer zu gewinnen. Durcli Bertlhiung mit Lutheranern und 
WiedertÄnfern und durch polemische Bitterkeit wurde die nengegrflndete 
niederUadiaeh-Reformirte Kirche in ihrem Inneren schun dnmaU »tark 
beonrnhigt. Kk war eine Ulanbenst'reiheit^ welcher ue ihr r'elbHtändige« 
Daaein verdankte; aber uu wurde ihr »chwer, die Recht«, welch« Hie fdr 
»ich selber in Anspruch nalim, auch ihrerseits auszufiben, «ie verfiel in 
osciusive Härte. Auch djw VerhSltniaa der kinhliehen Verwaltung zur 
Oberleitung de» Staats bot Schwierigkeit Üaraud erklären sich einige 
Streitigkeiten, in denen sich die Obrigkeit weitherziger und verträglicher 
erwiesen Imt als die Prediger. In Lcyden vorlutudclten 1579 l'eter Cor- 
nelison und Caspar CuoMuies Aber die Wahl der Aeltesten und Uta- 
koneo; der Erstere wollte sie ganz dem Uonaiäturinm und der üumeiude 
vindiciren, der Letztere von der >^nslimmung der Obrigkeit abhängig 
mttcben. Und eben dieser zt^fiel deshalb mit der Geistlichkeit; aber eine 
8ynodv von Midilelburg blieb 1581 stehen bei dem Bi-:sc1iIum, dass der 
b&rgerlichen Beht^rde nur ein Recht der Bcstütigung zukummea solle. 
Gegen Olaubcusdruck und BUcherc«nsur wurden energische Stimmen Uut 
In Amsterdam überreichte 151>(> der BOi^crmeistor Curuolius Peterson 
Booft eine Denkschrift, in welcher Jede harte Behandlung Andersgläubiger 
geradehin als uuev.-iugeliäeh bezeiehnol wurde; es sei nothig, die l'rediger 
in ihre Scbraukeu zu verweisen, veno sie vergessen sollten, dass das 



266 



Zvnlte Ahthellang. Enter AbsolmStt. f 25. 



Neae TeaUment nar Oetehroog, nickt Verfolgung der Irreoden gesUlK 
Am wcnigstt'ii aber, so warde lüttzugofü^t, Rtehe es den Boknoiiern eiui 
unbedingten (iuadenwalil an, Zw.ingsmitt«l xn veraticlien, «eil nach die»n 
Kt:indpunkt die Führung und dun Kr^r^baias des religit^scn Lebens iIm 
rer8(Vnli(.'bkeit<?ii olinehin aasHerbnlb »Her ineii8rhiirh<'n Kinwirknng li«ge.*) 
I)if> beiden {^roti^t^n Rfligioniiparteien, die katlioliBchi; und pmlestantiftcbc, 
gclij^digtcii »ich , je nachdem dir t-inu i>dor andere die Oht-rhimd httlty 
selbst durch iUft^ntüi-hp AngriH'e iiaf dvn Oultna. Unter dun Oewalltluilra 
aber ist keine bekannter aU die Ermordung des grossen Retter» Wtl- 
bpln)'& von Oranit^n 1 1.^84 I, für nvlclien die Staatun von Hulland tai 
Seeland dessen Sohn Moritz zam Naehfolgor als Statthalter und AnFuhrri 
der Land- und Sm-marhl eroannlen. 

Im Allgfiuieinen kosute Indessen durch Keibungfn, PoindaeU^keitei 
und selbst durch viuzolne Unthaten der Gang der Dinge nicht vertadnl 
werdf^n. Im Norden erbiült und bofoetigto sieb , zumal nach K--^-'-: 
Pbilipp's Tode (IÖ9HI, der von .Spanien hiHgeriHseu« FrHiatsiii •-: 
vereinigtun Niederlande und wurde durch seine Orundsfttie «ad 
LeiHtungi'ii Tiiigteirh die Oasia fllr die Herortnaiinn in anden>n nt>rdtiebes 
ücgendcn. Im .Sudon ditgegcn, also in den wallonischen Proviiuitu sctsu 
der ätatthalter Alexander Yon Parnu noch 1579 einen Vertrag la 
Arras dnrcb,'*) welchem zufolge dieselben dem Könige' vi>d Spanien gegti 
Zusicherung ihrer alten Privilegien untergeben blieben. Antwerpen wurdt 
von den Spaniern 1585 wieder gewonnen und bald entwickelte aich eiae 
fllr die kathoUnehe Kirche erobernde Propaganda. I)ie Jeaaiten fandrs 
Aufnahme in .louay. St Omcr und iiodern Ortcu; unter ihrer Anfohrua^' 
gelang es, uiel.t allein die Retarmirte Kirche in FlandiTn und Brabaot it 
beücbrJtnken, uunderQ auch einen Ucerd dos JettuiÜuchen KathoUcigniuA ait 
Bulcheni Rrfulge zn grUiideu,'**) datw die Narhwirkung dieser gewaltige 
Ueartion die seil J&l-l wieder vereinigten Niederlande 1630 abcrmald ia 



■) Schröckh, K.-O. seit der Ref. U. 8. 427 ff. 

**) Pit! rnfoa von ülrerbt vom Januar und JnnI und die Ge^caanion te 
W.tllonm vom A|)ril \hV.i - — cet deu.r acirs peitvenl 3tre consiiieres comm» 
ir fUHHt de t/cfutrt et de ta siparatUm nitre lu Hflgiquf et fa UnUande. Aber Indes 
ilie W&lluneu ^icli von den prutetitttntfBebun Uullütidero trennten, wollten iitc 
ilurehau« nicht uhue WeiteroB den Spanlern preisgogubtin nein . ^tundern uiaehtM 
ihre Bedingungen. Martin, Hist. IX. p. 500. Üio Grundnäue von Marnti. 
d»M die FUrslen nach dem Naiurgi.iietx nm drr t'nlerttianen willen vorbattdra 
»flien. ergaben sich aus der Lelu-c Gt'toman's, üeHiwn FrancoijnUia fllr ilic 
Niedurlwide wsir. «ii» oiiaWr der eontraf social lllr Amerika, Hirn tir si tfrnnd 
n'd'tail surfi jusqitc lä du prati-stantitme. Le /trincipe d'tmancipalion r^UgUuU 
amtnuU U principe iremunnpatifm poUti^ue. 
*••) Ranke, Engl. Oesch. I, S.3»l. 




BlUtbe der V^RsotiBolufl In den Nlederlandaa. 



367 



rei [lälfteD, ein katholiache« Bellen und ein protesUntiiches Holland 
^giispalttiu hat. 

Die WisitenschiLflen aoitten auf dem prot^rKtantisrlien Boden nicht nur 
(edeUien, »üadorii in Kurzem xu einer ausscrordt^utUcheu Bltltlii« und 
ruchtbarkeit geUngett. Zur Befestij^ang de« wtiut«u8rbaftlirht>ti LebcoB 
^dieoteD zwei neue Tnivf ruiiätea , Franecker seit 1 58.'} und noch mehr 
^eyden, da« holIändiBcho AtlteD,'! welches \h7h gctgtiftet, in der Folge 
lurcli dtm Rtüehtbuiu an gelehrl«[i TalenCun alli; anderen pn>te8tautjscheu 
[ocbschulGD üine Zeit lang Uherstrahllc. Die dentürhen nnd schveixo- 
nscheo L'uivcnutäten , (^ienf nlcbl atisgenuinuiuu, traten einige iCeit gegen 
eydeoB Aufschwung zurück; Groningen (1012) and Utrenht ( l(>3ti) 
shlosnea sich au. Marni x von A Id egund e , Scli Eller Calvin'», 
snnd Wilhelm'» von Uranion, geistvoller Satiriker nnd Verfaaaer des 
fGwroinigtcn Bicncnkorba der bciUgcn Röoiittcbcn Kirche", sowie auch des 
lorh immer die Nntiou bcgoleteriidcn VolkRÜede« von Wilhelm von 
iusau, zugleich vt^rdteut als niHderUadiseher Bibelilbersetzer, — reiste 
itf am Gelehrte zu gewinnen.**) Nocb zu Ende dee Jahrhunderte 



") Meursiux, Al/iirnae Batarae , Lugtt. 1625. 

•*) Marnix de St. Aläe^onde, OHVragcs . ^rem. ifäil. Brux. tSAfi. In 

Jälde werden prscheineu : GutisiUenstifffi eu Kerkt-tyke Oefchriftftt van 

'A. PAH Marnix (Relit^iÜBe uad kirchUobe Hcliriricu von U.0.W.); tioter dieAen 

\nder*oekinge tniie graniielyche Wcticrfcgginge tter tjeesttlryvtscke 

Xeere aaugaende kft g^schretcne IV tri Goiies in het Oufii m 

fieuivc Testament verrat: mitsgadcrs o"ck va» de htfproevingf 

ler Lrcreu aen den Hichtsnocr dessetven (Unterüucbuuff nnd KrUndlichti 

^iderlej^Dg «ler acliwUrtuemchtfn l.ebre in Betreff deit geiuihritibeuen Wertes 

SoUea im Alten und Ncnen TeÄtaraent, und auch Ton der I'rilfatiK der I^uhre« 

lacb dem MäaeHeiab Jenes Wortes), herauBgegeben l59r-> H-iag bei Aelbrerhl 

fendricka Xoon. — IMc belgUchen lleraiiRgeber der Oeuvres de PH. de 

larnix haben diese Scbrirt nicht berUrki^fcbtigt, n)Uthmaaa.Hl{ch nicht gekannt. 

lit befindet »ich auf der Uiniglichen Bibliothek Im Haag. Die dadiirch in den 

)euvres entsUnde.je LUcke Ist am so auffalleuder, «I» die Rejtonse apnlo- 

jeiique. die Antwort auf die durch diese „ Üo ters uch nng" ber vorgerufenen 

angriffe, in die Siiinniluug inifKcuomnien wurde. 

Diese „roleraucbung" ist das elgenüi'che Corpus delicti, daa Coolhaes, 
lyteobogaerr und Bayle angeführt hAben iUb Beleg dafttr, daM Alde- 
fonde die (•encral-Staaten zur Ketigiuusverfolgang aufgefordert liabeu soll. 

Inhalt der .Schrift: Bericht Über die Meinungen derjenigen, rlie im XVI. Jahr- 
tundert fUr Sehwarmer und „Libertyncn" erklärt wurden «ie Seb. Fraock. 
lavid Jorixx, Ilondrich (.'lueancn. pAeudunyiniit- Iliel und Andere, und 
>er die Art ihrer SobriftnuHlcgung, frrner Nachweis wie <lie Irrtbtinier der 
L'uannteu .Stdiwiirnier die Ureuel jener Äeilen lierbcifiibreu inuBsteu. Weiter 
iobl Maruix »elbfit 15 bermeneutiscbe Regeln »n. Dieser Theil ist auerst ia 
jr Pfalz (deutaub), sodann in Baitel (laleluiscfa) für sich Übersetzt: Ludovieus 
tcius Sasiliensit . l^ia Veritatu divinae reguUi XV ex inäubitato Dei wrko 



368 



im» 




wirkten zu Leydon der Jurist Bngo Donell und die IIunianisteD Ja 
LipsitiH*) uuil Joaeph Scaligf^r, unvcrKCHDUche Natnt;n, denen 
dio der (.IrotiuB, Voasius, Spunheim ebenbürtig anreihen. Untt^r 
lii'ydener Tbiiulogeu verdient bcmmdere AutUKli^bnuug Fr&ui Jnn 
geb. IÄI5 zn Boiirj^cs, | IGO-I, verdienter Sprachgelfbrter nod Ex 
als äysteinntikr-r fein und zuglricb von der mildi>Hteu Gi.'äiiuinnj;. 
Schrift Irenicum de pQ^e ecclesiae ifUer VhristianAs — retigiasc pi 
randu, colfiida alfpie continentia , ISO'J, nimmt in der Unioiifiliti'ratnr 
geacbtote Stelle ein; »ie fillirl den Gedanken aus, dass es ein ünrec 
mit irgftnd Einem, der ainh mit Chriatna verbunden weiaH, frinda 
zu baderu ; Ein Raunt mUs^ nllc Cbrlstea umfassen , miJgen sie 
innerhalb desgelbcn norb veraclüedene WnhnHtätteD babou. Doch 
Junias als Leydeaer Profeasor der Vorglngor des Ärminina 
dieat-r Weitliorzigkeit damiiU ziemlich nilein. Uebrigens verband ati 
diesem uiodurlüudiäcben l'rütestnntifiunii} ein atreng CalvtDiachor 
Charakter mit ispltener ^lehrter Bildung und Crflndlichkcit, — es i 
Kigensch.tfli^n , die in tbrem Verliällni^B zu einander leicht einen in: 
t'undict herbeiführen knimten, der aueh nicht hinge auf sieb warten 
TAeiin Holland war der Boden, wu die I>ilTerenz, auf welche der V( 



exforita ex itlustrihus tx*^mplu compianata, a Ph, M. S. A, Dam. tß&S. 
tjnreeht wird die«e Schrift nlM> iifter« als ei» hoBonderuB Werk des M. citirt 

Die ..UiiterBHchnng" zeigt, das« er wenlgstu'us auch vun einer grUndlic 
SL'hrifterkliiruug Widerlegung der fielinliniier erwarwtc, «»b die»e wohl li 
gut'Uhlt Imberi, CoulbnuB gab inursl seine Verantrvfjnnünghf (Apulogte 
S^-bnstintn Frunck heraus. Kr beklagt bich besünder^» 'lariibcr, daes 
SchwKrraer gleieb Iicurthelle und den Verf»8ser der doutHchen Theologia 
Joh. Tauler unter sie aufnehme. Weiter heitehuldiKt er M., eme neue I 
pition haben einführen zu wollnn. Andere hahen nach ihm heh»upt«t, M, 
die roUesfetriUe fllr die Ketxer gefonlert. l>ie« Letztere geht zu weit^ M. 
»ar von „äu»scrlifhon kÖ[|)er liehen .Strafeir' nii<l GeMbuisfiO. — Anob behatt 
t'oulliaee, daÄs M. lieshaili ilae Si'liril"l|irinciiJ si> nnbedingt vertrete, wi 
(trr von Ihm in Anepmch geuummeuen Bibelüber»eCxang im Voraus da« 
sichern wollte. 

1597 erschien dann Antüfote ou Cnntrepotson contre Ut conteiU sanffuh 
et enveniwes df Philippe rft- Marnix . von Emmery ttr hjcn . Gouvern« 
ii'illcmsbH'i (einem UeiiUfclicu , der leidenBchiirtÜch (;egen M. vorfahrt). 

E» vrtnl uueli ein Itjüher ungcdnu-kter Brief von M. angezeigt, in 44 
seine Meinung llber Strafen aiiBcinnndersetjtt. 

I Iiiefse» ifli den vor Kurzem orsebieueneu Mittheiluugcn der historl 
OcwlUehatl in Utrecht ontimmnien. I'farrer J. .1. v. T»orenenberge 
RiiUerdani wird die uhcnerwähnltin religiösen und kirclilicfaen ächriften d 
hemu »geben.] D. E 

*) Üngodruekte Briefe von LipaiuM cH. Dttprai, Amaterdam IS&S In 
LcUerk. Verh. der kvmnkl. Äcüäetnic. 1 Ded. 



Eugluid. Einteltcndea. 



369 



ler Rrhweizeriftchen Reforraatioo im AnarhIuAS an dio beiden rereCuÜnh- 
tolUii Zwiagli uud Cstvin hindeutet, ala scbruffer CJvgeuaatz offcubu- 
rerdeo sollte- 



Zweiter Altschiiill. 
Reformatiuu in Grossbritaiiuieii. 



§ 26. England. Vorwort 

Hülfsoiittel : Juh. Foxe, Ra'um m BrilaMuia yestarum ac sanctorum Dei 
mtirtyrum fiisl., Bus. t539 (vuii Hook »If psirtrüiM-h livKi'k-litii-t). Ana ihm iict)(I|il'l 
Bltrnct, Bist, of (he reformation »>/" ihr cAurr/i nf Engtand, \. II ziipr«t Ixtndon 
lfl'9, ein dritter ericänzeuder l'hi'il nur euglUcli London ITl'i fAnaf^bi) von 
Pooock mii Borich tifTunpen). Jerevuij Collier, Ah acct/fsinstiiai lüxt^ry af 
Grcal Brilai», Lviiihn HOS ( Jukuhitiach gtfgvn Buriiot). Littgarä. History 
vf England tili the rfvolNtion o/ Um (kiitliulibtli), Lnmi. tSt'J~31, 14 voll. 
r. Strgpf, Kcclestastn'al memonats, 3 voll. Ltnul. tl-il, mit FurtsetziiiiK Luntt^ 
1733—37, dusüclhou Brü-f AuHfils of the chnrcti mul stadt elf. Loml. 1725. t7,lS. 
f. StttiiHes, Thf Itistortj uf the rtfurmuttOH — 3 voll. Lnml. iSli't ~2^. IHhhi, 
\etch of the Tif. in Knglunä, Lfinit. /\32. Merle (l'Auli i(;n6. (iodi'liichte der 
iUtna. In Europa, auh dtfni Kranz.. Klborf. IMIG, hd. 4. Flir die t!e«chifhte 
Dvinrich'» VIll. wird tlie [laupt()nelle wx^nlcn: firewfr. f'aleiuiars ami stufe. 
ptif>ert of ihc reign »f Henry VUl , wovon dio vritti^Q ItHndi* Utndon iMli ff. 
Dazu dio Biographieeü von Strypc, Tndd und Frourie, llistory of England 
frnw (he fall uf iVohey ftr. L»ntl- ISSit) , ? tmll. Ta» Neueste: IIa tili. Lii'es 
of ike archbisltoys uf Cnnlcrburif, new series refmiiuititin perunl., T. I. lt. 
^jf^^. Vl — Vill) LoHd. ISGü. liuutschc Buarlicitwiigun: Ütkudliu, K.-ii. vun 
irwwbr., Gtitt. iHh), 2 Bde. O. \Ycbtir, UeiMtbivlitv iler akatbul. K. und Sevbm 
jBn>&8l>ritannien, 2 Bde., Lpz. t^56. Desselb. WeliK^Hcb. X, ■'»75. Ranku, 
(i., ' Bde., Her). 1851) — (i^. Kine kurze Dar^tetlunK: MaiireubrecbBr, 
KuRland im llefonii. Zeitalter, I>U*seld. iHiß. 

Kn auügeieitih neter eoglisrher KirchcniirliriflHU'lIrr innrht gidr^entUcb 
lie Bemerkung, daes die tiiglisdn: ReformaUoD&geäL'bicbte keine »o »uh- 
izcicbncten religifliKii P«rtiönlielikeit«n «ie Lnthp.r und Calrin anf- 
iweisen babe; über »tatt iu dicite» Tbatsacbi* cmcii Mang«! zu orblivken, 
It tT geaei^, mie. ihren Wirkungen naeh als \'orziig zu deuten. I)enn 
Bbeu durch die»i-n Mang(;l origiu-ilur Geirtt4'skrafU!, wie aiv anderwärts du 
fvQO geHcbafTcn, Hei eä der eugliückcu Kirche möglicb geworden, auch 
räbrend dt^r Umgcslaltaugm dcit XVI. und X\'II. JabrliunderU in der 
]!uiitinuit:Lt ihrer Entwicklung zu vL-rharren und mit dem kircblivhuu Ältei*- 
jutu eined Cy prian und \ ngiislin in Verbindung zw bleiben. Amdi 
ii sie nicht ubbüugig geworden weder von deu ScbiU-fcu und Kühnheiten 
der Theorie wie die deutec-be, noch von den gowaltaameo BevolatiooB* 



370 



Zirdtt Abtbenaog. Zweiter AbBchnitt § 24>. 



trict)4tn wie die der PnriUner, aoodern hahe airJi fltetg durrb die liOck-^ 
Hiclit aof das PraktisdiP itnd AitBnihrhAre bcstiiumon ntid lif^n'iizcn. lasaen. 
L'nd nirht» sei tut engliarli ala di^'ücs, tiirliti« di^m ciigliiiclit^u WflHeo so 
eigoiitliUntlich aU dicso Verbindung der prugrcssivcu mit dco vonacrvativen 
Neigungen, nach weli-'tii-T jedem /eilina ein beinmondes oder retardircndes 
lente zur Seite »tebt*) 

Hag auch daa Lob, welo-hea bei dieser Auffassung der engliBchen 
Refonuatitin gCKollt wird, durcli starki! 8cbatt(.'n4cit<ni verdunkelt tiein: 
gewiiiH lat damit dorb ihr unterecheidendfr Cbnrakter richtig bezeichnet 
Nieht aus der Geisleskrafl weniger eminenter Person Itcbkeiteu und nicht 
durrb Eindringen aus dem (ilauben in die Kirche, aus der unsichtbaren 
Uült'te dtu' Religion in die erscheinende, sondern durch Kinwirkuug von 
dfir Kirche auH in den (jlauben hat sich die Reformation Kngiands voll- 
zogen, äio ist eine durchgreifende Veränderung und gewaltige BrachUtt«- 
rung der Kirche ohne eigentlicben Bnich mit der Vergangcrhpit; an ihrem 
Zuritandekonimcn betbciligen sich alle Farloren des ^ffoiit liehen Lebouit, 
die Krone, das Parlament, diu Ocistliciikoit Die Art wie «e sieh au 
eiuander stellen nnd anf einander wirken, giebt zu den interesaantuaten 
Vergloielmngeu Anlas«, weil !tie slcli nirgends ebenso wiederfindet. Uaa- 
8elb<> gilt von den Resultaten. Das Werk selbst und der Verlauf seiner 
AurifObrung vertheilt sich untor mehrere schroff gegens&tzliebc und doch 
wieder wunderbar verkettete Stadien. Wer eiue Freude daran hat, 
Uesebichte zu oonstruircn und was wirklich gesobehcn ist, aucb als noth- 
wendifTi' F.ntwicklnng ans Cirgensaizeii darEUstclIen , dem git^bt di« 
CleschicIlte der ougliseheii Keforniation, d. h. zugleich die Kntstebnngs- 
geschichte der angliranischen Kirche dazu eine besonders gute OelegenheÜ 

§ 27. Heinrich Vm. 

In Frankreich überwog das romanische Element das germanische, in 
England war umgekehrt das geroiauisclic varhi-rrsrhcnd ; Frankreich ist 
bis zu den neuesten Zeiten zu einer Oentralmonarihie wie ein kleines 
KAuiiscbes Keicb nach dem Vorbilde des alten kerangewacb^n. 

England w^ar im XVI. Jahrliundert keineswegs in dem Maasse wie 
fc^rttukreich eine centralisii'te uuumscbrAnkte Monarchie geworden, etwa mit 



*) Hook: Our reformation was not a heginning, il was tt iVTHing - point in 
(he history of iht chitrch of England: tpe have a church refo-rmed fry \he juinl 
aclioH of the coHvoradon , thc crntvit and the ftarlnnitiit. - We arc not notf, so 
tue nevcr hate becn a theoriiing p^opU. Abuses fverc puinUtl out and ranoved. 
Thcre was ho desire tu iunitvaltf from the mere iove of mnovation. For eoerjf 
Step takat a precedent mos sougSt. 



Eoglandfl klrchllobe Vergugenheii. 



371 



IbhttDgigeo geistlichen und woltliclien Orosson , wclclio nur am Hofe xn 
*8ri8 etwas B<«lRnti^Qdca iliirchzuHrtzen vrrHiir.hon konntrit. llie \fn(jna 
Charta, welche am Anfang des XlII. Jahrliundert» gegen Köuig Juliauu's 
Ibermäftäige Unterwerfung nuter den Pflpat dnn Grund KU dt>r UnabUängig- 
reit und den Vorrcrhteu der tiöheren stände und dadurch ^^x dem aristu- 
ratiachen Charakter der englischen VerfaHsung Icgto, rHumte Nicmaudi-'m 
Jaeere Unumsehranktlieit ein aU dem Klerus, welcher durch ai« gau» 
ron der Macht und (Jrriohtsbarkeit der Weltliclien befreit ward , volle 
i'reihelt erhielt, Bischüft; uud Aebte selbst zu wählen und aeiue Kerhtitsai-hen 
ch Belleben vor den Pap»t xu bringen, wie denn auch wohl Ntemaud 
viel Antheil ua dem Zustaadekommeu der Moffua Charta gehabt hatte 
der Erzbischuf Langton; „ifttod ecciesia Anf/ticann iihera iit ei 
^eat omnia iura sua integra et libfrtates .funs illwsas/' war ihr erntea 
Tort. D«ch anch die weltlichen Bavone erhielten grü*8e Freiheiten, 
reuiger der BUrger&tand; die Bauern wurden gar nicht erwilbiit. Nicht 
laf den Grundlagen de^i U^niiAchen Imperatorcnrechta, eundern auf dieser 
gernianischen ständisch -ariatokratlHchen Basis erbaute sieh die engUsehe 
Verfassung. ÜesonderA dio hohe Geistlichkeit wurde ein Staat im Staate; iro 
Besitz des grOssten Cirundeigentliums uud ganz unabhängig von den Anderen 
id bald eigentlich auch vom Papste, war sie llanpttheilnehmer an den freilich 
damals noch vom Eflnige willkürlich einberufenen Reiehseonventen, welche 
sich in der Mitte des XI\'. Jahrhunderts schon in zw^ei liÄuser theitten, 
einea durch Verbindung der Vertreter des kleinen Landadels und der 
ätildt<> entstanden, darunter nnch niedere Kleriker, und eines der gru«äen 

J geistlichen und weltlit-hcn Baiunc. Neben dem weltUchüU Parlamente, iu 
Mrelebem alAo auch schon Qeietlicho Biisdeu, bildet« sich bei der 8elb- 
ptändigkeil des Kleruä noch ein geistlielM'» und rein klurikalisches, die 
Crmvoeiitiou genannt, ebenfalls mit zwei lläuscm, in dem einen Krz- 
liiacUöfe, Bischöfe und mehrere Aebte , in dem anderen Archidiakone und 
^Abgconlm^te der Domkircheu und Uiöeesen, bisweilen auch geachieden fllr 
|Vje(]es Erzbisthum, eines für Canterbury uud eines für Vork. In dieaem 
Kreise regierte und beateuerte der ganze Klenis unabhängig sich aelbst, 
Iiiesc L'nahli.-ln^gkt'il der Stände besrhrSnkte aber schon vor der Refor- 
mation die Gewalt nicht nur dcä KOuigs, sondern auch die dos Pap^trs, 
mitunter auch die eine auf KiWten der ajidureiu Im XIV. Jahrhundert 
^Kpraren gegen all/.n zahlreiche Binmiachungeu von Rom oder Avignon schon 
^Brerwahrcnde BescblU»«e gefa&st wurden, wie 1393 die Verordnung, welche 
' die Strafe des iiraemimire auf Auswirkung päpstlicher Entscheidungen 
I gegen das Recht des Königs bei Uesetxung geistüeher Stellen setzte, und 
■du sollte die Gute reo ntücatiuu sein.*) Auch war die Selbstverwaltung 



*) Lingard, IV, 8.258. 



272 



Zweite Abtheilong. Zweiter Abschntn. § 27. 



des Kieme in der Regel so nnnbhiliigif;, dass dio pApetllebe Anctorit 
iift iDflir fint'iQ Dogma alH emi^r KetilUill glich niid dor Hachp nach ü1 
cngliflcheii ßischöfeu »h Vertretern uud Legaten de» Papstes zar \i 
wattnng llbprlna»cn blieb. Von dieser ^^eite entstand daher kein Antri« 
zu einer Aeuderuiig der Kircheuvvrrassiin^, eher von 3<uteu der niicl 
Bcbwacheu könij^lichen Gewalt und zu deren Verstiirkiiug. Sollte ab< 
hier^ in ehit-m Landt> mit i-iuer uehcni so ge^üedertea arifttokratiaehen Vi 
Cassnng, fw) lange srhon iu sflfynvcntmrtU der herntchenden StJlnde ent 
wickelt, die k/iniglirlie Gewalt Kuneliiiien: ho konnte ea nicht leicht mel 
wie in Prunkreioh n;e-gen die Stände, sonJern nur conservativ mit 
nillfe ^schehen , tiud eben diese Art dea Vorgehens, eine Reformatioi 
lind ModitteatiDn der alten Verfassung in Kirehe und Staat, uicbt 
Bcüeiligiing derselben, gelang ztilelr.t den vier Regenten aUH dem HauB 
Tndor, durch deren Regieruugt^n da» ganze X\1. Jahrhundert aasgefollt 
wird; und Kwar, nm d:i& ll:nipt-orgebnis» Iiler sogleieh vdransnustellen, lU 
durch da.-w «ie, Reehtc und Sclbslvt-rwaltung der Biachöfif vW. der We^ 
liehen im Ganzen erlialtend und nnr anf die Weltliehen geettltzt statt di 
Papste« sirh rtclhntj den iiilnndisrhf-n König di-n Grintlirlifn vftll 
llbeiordiieU'ii und b« die eint* HHlfle liiT Arißtokratir, olme sie in frai 
»laiaehe llufletite zn verwaudtrhi, doch von lüuh und ilirer Leitung at 
httngig machten. 

Sogleirh f:ist dir gaiizi- erste Hülfto des XVL Jahrhunderts wurdij 
wie in Krankreich ansgefilllt dnrrb die Kegiening eineB KönigB, volcfai 
deapolinnh und gewaltsam wie Wenige, Jennoch arliliesalieh uti-t« die vei 
fH8sung»mü8sigeu inliUidisehea Zuüüuituuugeii xu s<-iueu Scbrltt^ui, allcrdin| 
oit durefa Kin»rhtlrliterung, aber doeh im AnaehhiHB an die inlitiidischc 
Rcchtarürnien bi-rbi-izusclinffen und zu erzwingen wusäte, ohne ßttrgcrl 
wie in Frankreich, und ebne Spaltung wie in Üeutiicliland. *) 

Heinrich VIIL, geboren 1491, war acbtzi'bo Jahre alt, als er II 
seinem Vater Ht^inrieh VII. aU Eünig folgte. Ungewilhnlieh ansgebi1d< 
durdi die entteo uach England gelangten Ilnmani»teu , verkehrte er 
Erasmuh, der Bebon 1497 einmal, abr;r dann 1&(>9 biti ir)14 iider ij 
während der fUnf bis sechs ersten Regierungnjahre lleinrich's in Engb 
lebte nnd dninal» fllr ihn sehwärnite, frdh aucli mit. dem an^tgezeichnctstei 
engUselien Ikforderer der Witaensctialtou , dem Freunde des Kraamut 
Thomas Moros; er \&a theologische äehrifhtteller wie Thomas r. Aquiaj 
wie ür deno eigentlich als zweiter Suhu zu einer geistliehen Lanfbi 



'l Haute , VI, p. tot. t36 SQ'f. Urnry ivus aci-uslomtd in nct i/w tj/^ntnt 
fry dcft/itiff, hiil by jtn-verting titf fonns of latv. — Hftity jmlyfd « maus nti 
by his swvess. H'hen ihe mtutfures uf u minititrr hfcomt »njw/niiar , the 
soMfjht to save himself by castiny ihc scrvattt upon Ott tronbleä watas. Kanki 
£ugl. Gesch. I, ä. 147 ff. 



Beinrlch'fl Btöllong. Svbrtft grgen Lattier. 



273 



bestimmt war. Und ao behauptete er Bich auch die «raten zwanzig Jahre 
scLucr Rejfieruuf? in bu reit will) per Aiu-rkeDUODg und tlnterwUrfigkcit gej^eu 
den F'apat, aowtu ».ich manclier GewalUhat unter seinem \'ater als wach- 
aaioer tlrhaltor der verfassungsmässigen Ruclitc Aller und hü auch des 
hohen Klorui^. Damm war ihm denn anch Liither's Heformation als 
Auflehnung ao sehr zuwider, dasit er 1521, wahrseheiulich mit Hülfe vou 
Morus and dem Hiarhof Fieber vou Rüclieater, eine dugruatische Schrift 
Adsertio seplem soemmentorum tidversus Marl. Litt herum verfasste, 
welche Herzog Georg von Bachson auch sogleich von Kmser Übersetzen 
und deutsch 1622 heraus^f^bim licstt.*) Nicht» kunntc dem Papste, dem 
sie zugeeignet war, erwtlnschtfr kommen, als wenigstens ftlr Kiu Land 
eine so starke Garantie zu haben, daas die neue Lehre dariu nicht werde 
um sich greifen können; l^co stellte besondere Feierlicbkciten an zum 
Empfang der Schrift^ er spendete zehn Jahre Ablass Jedem, der das Buch 
lesen werde, — eine freilich sehr zweideutige Kropfehlung fiir dasselbe, 
wenn die üeberwindntig es zu lese« für hu verdienstlich erklärt wurde, — 
und dem Küuigc, was dioaer schon Ungc gewünscht, crthcilte er den Bei- 
namen defensor fidei,"] welchen die Könige vun England als erblichen 
Titel üoch jetzt, — nur paast er jetat nicht mehr in dem ursprünglichen 
Sinne, — fortführen. Clemens VII. beschenkte ihn 1524 auch mit 
Klüf>tern, welche er ihm in England aufzuheben erlaubte und welche 
.1iJ<>t> Ducatcn EinkUnnc battiin. Victleiclit aber noch mehr als diese 
Auszeichnungen konnte ihn in der Uekämpfung der Reformation die Art 
hestitrkeii , wie ihn in der Gegenschrift Luther, oder, wie er sich darin 
nannte, Martin Luther von (Inites Gnaden Eccietüastes zu Wittenberg 
verhöhnte. Nur wenige Stelleu zur Probe: ^Der liebe Küuig (sonst auch 
der zarte Ki^uig) thut wie die wehmllthigen Weiber, klagt, ich schone des 
allerheiligsten Paputes nicht, nud sieht doch wohl, der bliude Kopf, dasa 

lieh deo Papst fllr den Antichrist halte, den Jedermann billig strafen und 
schelten soll"; oder: »Lieber Junker, was thut das zur Sache, dass ich 
beissig bin? lat das Papetthum darum recht, dans ich böse bin und schelte: 

1 80 mOaste der König von England auch ein weiser Mann sein darum, daas 
ich ihn fUr einen Narren halte." Vieles Andere lautet noch weit derber. 

bUad noch eint- Reihe von Jahren ging der SchriHweehsel fürt.***) Wenn 



*) Luther hatte in der Schrift vun der Baltylomscheu GefangeuactLaft der 
Kirche die sieben Sacramcnte heatrittcn. Die SohrlA Heinrich'» VIIL itebt 
auch unter John Fisher's Werken. 

") Die Bulie Leo'« X. bei Uy mer VI, I, 19». Die BeatättgODg riemens' VU. 
idas. Vi. 2. 7. 

'") lo2t) LnthtT Ite rapl. liabyion., 1521 Uöinrich'» Adsertio , \h2i Lnther's 
Gegenschrift deutsch und lato-inisch , I52.'i !^ori rasjwnsio ad convteia Lulktri, 
1524 Erasmus De Hb. arbitrio uiit eineui Schreiben an llerarieh VILI., IA2& E/iistola 



374 



Zwett« Ablhctluns. Zweiter Abschnitt $ 31. 



Lather 1620 in einem Sclimbea ao Ueiiiricb Abbitte leistete: te 
bewogen um dazu die veränderten Umstände und die i^röffnete >IÖgliohk<*i 
den Küuig uut' üeiae Seite zu zielten. Doch genchaJi >:& in einem oll 
demQtbigen Tun, der üim ancb nictite aU Spott nnd Veraobtung vim Stai 
dcd ADgcrodvteu eiiigctnigrn Imt; vun UKincben ülstorikeni wird di( 
Schritt at» die einzige in Luther» Leben nncbweiHbare Taktlofiigict 
bi^zei<:hnut. 

Dazu kamen aber noch «ndorc Umstünde, di»n K^lnig in der At 
neiguug gegen die Kefurmation und In der An bänglich keit an die alt 
Kirche festzuhalten. Kr war seit dem 11. Juni 15<)9 verheiralhot 
einer Turhter FenUiiand'H de» Kalholiseheii und Isabellu'd, Katfai 
rina von Arrngonien. Hein ciiiduüsnMcbst^r Miniater bift xum Jahr« 1531 
der Krzbiachor vun Yurk, Tbouinis WoUey, geb. 1471, war Cardii 
nnd Leg.it and zuletzt Oencral-Vicar de« Papstes in Kngland« rr^ilit 
als M>kher aurb dnrcli drii \*u\i&l selbst zu nnabhilugigeui VVrfahi 
ermächtigt, im Strt^itc zwischen Ivarl V. und Franz I. zaweilen «ie 
Vermittler wirkend, da Kngland« Iteitritt hier den Aiiitsrhiag geben konol 
duch ttelt 1522 und 23 mehr gegen Karl V. eingcnonimCD, da died 
zwei unerwartete Coiiclave nieht fdr die von iliiii verheisseue Wahl 
Wotsey's selber zum P.ipRt benutzt hatte. Er sah sieh also vom Kaii 
llliergangen luid wurde um wi eher geneigt, dem KinfluaHu der KAntf 
Katharina, einer Taute K ft rl's V. , eutgegPDXuarbeitcn nud Aolf 
Heinrich VIII. von ihr xn trennen, wobei im nintergninde lag, dlewi 
etwa mit einer frnu7>V>si sehen Priuzoösin zu verheirathen.*) Kben du 
aber, eine Trennung vor 8eine-r Gemahlin, war etwa seit 1527 aiieh Ai 
Königs eigner Wuns<:li. Katharina vun Arragonlen 1-18& geboren, w| 
secliH Jnhr«^ Alter als der KOnig, damals etwa -12 Jahre alt; viel jflngp^ 
eine ihrer Hufdamen, Anna Buleyii erst löO? geboren, und diese war, 
es, welcher Heinrich, xweitelhafl ist seit wann, seine Neigung arJiei 
Katharina hatte keinen SuhU; mir eine 1516 geborene Tochter Marli 
und das konnte die künftige Krblolge allerdings sehr zweifelhaft oiacbei 
aacb war Katharina in erster tihe an llelnrinb's filteren Bruder Arthi 
(t 1502) verheirathet gewesen, und die Ehe mit der Krau des Brndt 
galt von jeher nach Lev. 18, lü. 2f), ai. Heut. 25, 5 kirchlich für so 
zuljLstüg^ das» sie sogar fUr indii^petiHabcl gehalten wurde , weil dl 



Ctiifi. ml Hrnr.. dagegen Heinrich hei Walrh XIX. n. 412, 1527 dagegen 
Ludier IjuI Walch XIX, 507. Lnrhßrd Itr. 111. 21. 

') Wt-Isey'» llausliahuiig 1« btwchritfben in Lfwii-Ttimer, Life of Filhi 
II. fi. 'J0\. \g\. lUnke. a. II. O. 1, p. I.VtiT. Withcr, (ieiK-hicIite der akat 
Kiri-lieii in (Jrosabrit 1. S. 159—1". 2.12 IT, K. Tauli, <'ardiiial Wolaey und 
Parlameni von t&'i3 in Sytiel's hist. Zcitaehr. XXI, 8. 28 ff. 



Wolaej'. fTeinricU'B 'J'rochtttn nach Kirchen^walL 



Hb 



mosaische Verordnung also iure divino verboten. Abßr 1503 hatte nnn 
doch Julius [L cuio OispciiBatiuD iu cium- iiigcueu Bultu crtheilt, auch 
weil die crete Blie aU luivollcndet betraclilet werden konnte, da Arthur 
16 Jaliro alt gestorben war. Heiurich hatte aUo, dumaU aclitzchnjäbrig, 
1&0*J bei seinem Kegierunguntritt die b^hf mit Katharinu voU)u>||:en.*) 
Viele Jahre hatte er keines vun den Bedenken gehabt, welche ihn jetzt 
erst 20 Jahre (tpatcr heßeleo. Der l'lucb der Kinderlosigkeit, welcher 
Lev. 20, 21 auf eine Ehe mit der Frau deü Bruder» gesetzt ist, sf^hieo 
sich freilich aanh in der W^^ise geOlhrlicb zn erflllleu, AaäA eine Keihe 
von Söhnen, welche ihm Katharina kii früh geboren hatte, immer 
Rogleieh wieder weggenturben waren.") 

W (j I a e y erhielt den Aiiflra}; , wa» er delbtil projeetirt halte , nun 
aneJt im liiterease des KtlnigA aunftllinni 7.u hiltVn; ihm wurde itii{;em«thet, 
eine eutgegengeael«t« Krktkruug des Papsti^a herbelKUHchafTen, welche die 
frflhere pJLptitlicbc Oispunaation fitr nichU^ and die Rhe flUr getrennt 
erklilrtMi sollte. Und i>o lange Cleraen» VII. mit Karl V. in Feind- 
flchal't und Krieg lebte, bis 1528, ging er anch wirklicL auf Wolsey's 
Antrügt^ ein. Aber von da an, al» er itieh bald daranf wieder mit ihm 
befrenudete, vielleicht auch (llterhaupt nicht ho wie es Könrg Heinrich 
verlangte, gegen Karl V. anfxulreten wagt«*, klagte man in England Dber 
den l'njmt, wetcht^r vom Kaiser abhängig aieli scheue, kirrhki«'h zu ent- 
»eheiden, waa Recht sei. Der Fall Wulsey's, der nicht hatte durch- 
setzen kennen, was er mit eingeleitet hatte, war 1529 (1530 stArb er) 
der nJlchst*; Atitibruch des Cnmuthes ilui nric h's VIIL Woläey hatte 
uhne rarlamciit regiert, bloss weltliche Minister folgten ihm, mit ihm 
schien ein angesehener Vertret4fr des PapHtthuma beteiligt; sein Htuns hüb 
und sicheHe den EiuHusB Ava Piirlament» nn<l machte dasitelbe bereit- 
williger, den König zn unterrttilt7.eu. Heinrich erhielt fi-cie Hand, die 
Umätftude lagen no gttnstig, dasä er in der Krwartnng, die weltliche 
Landcsvertrctiing auf seine äeite xu ziehen, es wagen durfte, itich von 
dem uufflg^ameu Papste unabhängig zn machen und dadnrch eine ganz 
neue Uachl seiner Kri>nc iu Kugland zu begründen. Wcllliohe und selbst 
geistliche Herren drängten den Kßnig eben dahin, wohin er schon ohne- 
dies strebte, zur Vermehrung seiner (k'walt durih deren Ausdehnung auch 
aber die Kirche, durch Ablesung der letzteren von der pÜpHtlichen Dber- 
herrachaft and durch Unterwerfung seines eigenen englischen Klerus; und 
iu den nächsten vier Jahren 1531— Üi ward diese Lnsreissung vom Papste 
nnd Unterwerfung unt*ir den KOiiig gltlcklirh vullzugen.***) 

*) Fassut es virginem U accejiitse, sagt Kcg. I'olns bei Llnganl VI. :i. 
"*) Sf die Anfziihlnn;; Fronde, I/isloiy of K}ujl. I. 73. 
") Man lieachte den WI<terH|jrucli In Heiurich, Im eigenen liande ordnete 
er alles Ueistliehe und Weltliche steh selbst nnter, dagegen sollten lUe (trUnüu 

I«' 



376 



Zweite AbtTipflnn;. Zweiter Ahschnitt § 97. 




Es kam darauf an, einer eo dnroh greifenden Veränderung eine r 
liehe Furui su geben. Daher wurd« der Klerus lÄ.Hl dea prnemiini 
beBcbaldigt, doa biess er wurde angeklagt, päpstliche Verfügungen gege' 
die königliche Gewalt Ausgewirkt eu haben, woraaf die Strafe der Gfllcr- 
eonfiscation stand. Die Cnnvocation kaufte sich mit grossen 8nminen lus 
und durch die Erklärung, daas sie dun Künig aU ersten Beuchfltxer, 
einzigeD und hÖchsteD Herrn, and, of far as the fa» o/* Ct 
will ulhrv , aU hörhste» Oberhaupt ( supremF henü) de 
Kirche und dusKlerua auerkeane. Hierauf musste 15.33, damal 
noch beanndera um vom Papste, etwas auszupressen , ein Parlament d 
selben die Aunatcn und die ersten /"tucius von allen bohon gciatlicheo 
Stellen abttprechen; ein Prälat, der sie dennoch gewährte, sollte seine Ein- 
klliifte llberbaupt verlieren, und wenn die sonstigen Ballen, welche zum 
Amtsantritt nöthig, ausblieben, sollte der Krxbisrhof dennoch weihen; 
Interdict oder dergleichen sollte gänzlich unbeachtet bleiben. Do 
musste das Parlament Ktigleioh hesclilieasen , der König solle die gan 
Verillgnngf wenn er wolle, auch wieder beschränken und aufheben dürfen- 
Norh wichtiger aber war, dass in demselben Jahre auf eine Klage des 
Parlamentes über die Ucbermacht des Klerus und dessen wlllktlrlicbw 
einschreiten gegen Häresie, die Convocation nach langem Sträuben, u; 
Bemfung auf die ganz entgegengesetzten (inindsätze in der Schrift d 
Königs über die Hieben .Sncramente. auletzt nach geschehener t^inwillign 
wenigstens Air die Lebenszeit des Königs versprechen musste, künftig ih 
Verfllgnngen nicht mehr ohne krinigUche Zuatimmnng bekannt zu mai'he 
und dass eint; Commission unter Vorsitz des Königs prüfen solltti, w 
Ton allen (bisherigen) Verfügungen ans der früheren Zeit noch Beai 
behalten dDrfe, wodurch denn nüt einem .Schlage die ganze alle Sei 
ständigkeit der Convocation luifgegeben und deren Rechte dem Koni, 
abgetrctcu wurden. 

Schon üesR nnu der Krtnig, entweder am M. November 1532 a 
Hume, oder er»t am '21>. Januar Ih'i'i nach Lingu.rd V'L, 211, sei 
Ehe mit Anna Boleyn einsegnen; und doch war seine seit 16; 
betriebene Scheidung, wenn auch v(in vielen eingezogenen Gutnch 
gefordert, noch von keicieni (jcrichtc ausgcspruchen worden. Auch dJ 
Allgelegenheit bedurfte dringend der Rricdigang. Zu diesem Zweck ae 
der K5nig jetzt 1533 einen Mann als Erxbischof von Canterbury ei 



m 



für die Scheidung ge^^Tssenhalterc Strenge und Rw-htglSubtgkoit aein. ab s«]| 
der vom Kaiser nbliüngige also verweltlich lo l'ajiat Übte. Dslicr mtisäte nnd wolH 
da» nene Haupt der Kirulic v.m Bngland noch strenger nii<l altkirchlich recM , 
gliiutiiger sein als der l'spBl. und üaKcgco hatt^tn dünn mich viele englische' 
üfisllicliv nicht«, sie iTkanutcn dafür desto »«her, - daa war nicht einm) 
jÜhkubenssache, sondern nur Rochtsfrago, — den KUnlg ala Haupt der Ktrohe an. 



^ 



H«lDrich'0 vnL Ehoecheldung u. kircbl Saprcmai. 



377 



Thomas CraDmer, geb. 1484,*) der sich schuu früher zu der Ansicht 
bpkaunt hatte, nicht sowohl das« die Ehe so oder anders geschieden 
werdcu kuutie , als vielrnfbr dnss oiuc Ehe mit der Frau des Bradun 
giUtlicItem Willuo zuwider, also nictitj(^ iiud kein Sacrament sei, und dem- 
nach weil uDvollzogeu, bodUrfc sie eigcutUcb gar keiner Scheidung, da 
sie Dicht existire, sondern es Bei genug, wenn sie öffentlich als eine nicht 
vorliandcnc declarirt wurde.**) Auf die Kundi- von dieser Ansicht des 
Mannes hatte Ueinrich ihn an sich gezogen, ihn seine Ansteht scbriAlich 
ausfahren lassen und ihn darauf auch Hchon der Ocsandtschaf^ nach Rom 
beigegeben, wo der Tapöt Uiii ausgezeichnet und znni „rftnitentlarius" 
von England gomneht hatte — ein Titel, der zu DispensHtiouen statt des 
Papstes ermächtigte. C ra n m e r war auch an den Kaiser geschickt 
worden , hatte in Deutschla.nd und Frankreich Gutachten von Theulogen 
ttber die Ehesache sammeln helfen mltssco , war jedoch den Deatschcn 
ziemlich fern gcblicbeu mit Ausnahme des Andreas Oslander von 

»KflTDborg, mit dessen Kichtc er sich in zweiter Ehe vcrheirathct hatte. 
J«Ut, ehe er znrUckkam nnd ohne ihn viel zn firagen^ hatte ihn der 
' König zum Erzbischuf eruauul und zwar schon ohne ftlr ihn alle nach 
alter Ordnung nöthigca pilpstlichen BestJltigungsbullen einholen zu lassen.***) 
Rasch wurde Cranmer am 30. März 1&33 durch die Bischöfe von London, 

• Kieler und St. Asapli eonsecrirt, wobei er die beiden achon gewöhn liehen 
und nach einander zu bestimmenden oder mit einander auszugleichenden 
Eide dem Papste und dem KOnige leistt;!«; und wie hierbei die Ernennung 
H durch den König auch schon etwas in England L'ebliches war, — denn 
' die Form war nnd ist : das Domcapitel erhall eine Au^vrderung zu wählen, 
conge tf^lire, mit der Bezeichnung wen es wühlen soll; es wühlt diesen 
nnd der Papst bestätigt: — so geHchali ett auch nach den von Cranmer 
selbst schon anerkannten und ausgcfilhrten Grundsätzen , dass dnreh ihn, 
nnd nun er es war, durch den Primas der englischen Kirche das Giu'icht 
B Über die Ehe des Königs, welches ein inländisches sein musste, gehalten 
^ wnrde. Die Convocation wurde zuerst gefragt {26. März bis 5. April 1633), 
und die Majoritilt, unter welcher jedoch nur drei Bischöfe, erklärte ^icb 
H mit 253 gegen 19 Stimmen einverstanden, dass die Ehe mit der Wittwe 
^ des Bruders von Gott verboten sei ; dann citirte ein vom Erzbischof im 
Mai eröffneter Gerichtshof die Königin Katharina, und da sie weder 
erschien, noch einen Vertreter schickt« Iftlr den König erschienen Gar- 
dincr n. A.I, wurdo sie in contnmucinin vcrurtheilt, die Ehe ft\r nicht 
gBltig und Heinrich und Katharina für unverheirathet erklärt, worauf 



•) Stryjie, Memoriuh of AreMishof Cranmer, 1693, Todd, Lift of^Cr. tS3!. 
") Hook VI, «". 43N. Hiff. 
"•> Hook VI, p. 452 sqq- 



S78 



Zweite Alithcfluns- Zweiter AbscIiDitt. $ 27. 



Uelnriclt dum am 1. Juni erat die Rrönang der EAnigin Anna daruh 
denselben Erzbischuf folgen liosB. 

Hin hierher konnti^ man immer norli pidq Rrhnltiinfc oder Heretellani 
der GeiuoiDSchArt mit dem Papste fQr möglich halten ; man hatte nO( 
n'K'ht die Auctoritet düs Papates eclbst bezweifelt «»der verworfeo ; d< 
Konig' hatte nnr, wie auch itchon früher manchmnl f;;escheheo war, di 
die Atudehniing^ der BefngniBBe des Papstui« in Koglaiid mit ihm ^Hstntlni 
und Ihm mit Zuätiinmiiiig vou Cuuvucatiou und Parlament t;ro4&e {)taok4 
al^edrungen. 11 ei a r i e h uod äeihtit C r an m e r , hebt Hook hervor^ 
aoiuteii uicbt vom katboli^cheu tilaaben absurnllon , zn welchem aic 
Beide nuch im 8terl>en bekauiilon; tue behanptet«ii nur I'n berechtigt« 
EiirilckziiweiseD , wie tu die PüpRte in Kngland sieh angemaasst, uod den' 
unter dem PaiMtthum aiifgvkommeuen Aberglauben »iiiumt den Mlu- 
brünchen zu beaeitigen, wie denn aurh die ÜiApensntion JuliUR* IL jet 
ciu solcher sein sollte. Gerade noch jetKt im October 1&.S3 sac 
Franz I. in einer pereduUchen Zusammenkunft mit Clemens VtL 
Marseille dessen Verbindung mit lleinrirh aufrecht zn erhalten, nm dt 
Papst vom Kaiser abzuziehen. Aber der Papnt, wenn er darauf einginj 
konnte dies »elltöt nicht durchsetzten; am 2:}. Mftrz Ib'M entschied er stc 
nach dem Votum der grossen Hehrzahl der (kaiserlicheD) (JardinHle 
die flüUigkeit der Ehe Heinri<;Ii's mit Katliarina und fUr UngUltigki 
derjenigen mit Anna, welche inzwischen am (j, September ihre Tocht( 
K 1 i B ab e t h geboren hatte , also fär L^ngülligkelt dee CranmerVcl 
Erkenntnisses und befahl dem Kilnige bei Strafe des Bannes, Katharii 
wieder aufzunehmen. Erst dadurch war der Bruch voUondut, alle Ei 
lAndcr fast von allen Part«ien waren als solche beleidigt und wnrdf 
daher ftlr die >Schrjtte des Königs und des Parlanieutes vollends gewonnen! 
es war keine protestautiscbe, souderu eine auglicauisehe Iteformatiol 
sagen die Engländer. 

Kiir« ehe die Androhung deit Ranues erfolgt war, und dann uaohb< 
wurde lö34 vom Parlamente die Kireheugewalt des Küuigs unter folgusdi 
BeatimmuDgen ausgesprochen : *) 

1| Die frühere Unterwerfung der Kirche unter den KOnig ward ohi 
«ine Beschrilukung auf die [>cbcnszeit desselben ganz allgemein zu eil 
Gesetze des Landes erhoben und hinzugonigt, das» alle besteheuden ktrc 
liehen Ordnungen, welche den Kecliten der Krone nicht zuwiderliefet 
fortbestehen sollten, bis anders tlber sie vorfOgt sei, was dann bei d( 
für die Krone vorthcilhaft^in Verfügungen uicbt gcscliehen ist 

2) Alle Appellationen n.tch Rom wurden verboten und an den 
Stelle eine Berufung vom Erzbiscbuf auf dou König zugelassen j 



•) Lingard VI, 224 ff. 



KirchUchw Supretn&t Tleiarich'« VTTT. 



270 



AonateD «nirden dem Könige fiberwiesen , der PeterspfeDoig abgo- 
schaffL. 

31 0fr Ktloig eollte .incli die zu wählenden Uischj^fe bestimmen und 
diese ilun and keinem Anderen aobwören. 

Aiioh spnicli niio Asm I'arUmeut die Utigegetzlicbkeit der Ehe des 
KöaigM niil Kathariau uud die (.ieseUtichkeit der gegtinwiirtigen aa«, 
ebeuflu wurde da8 Brbfolgerocbt dfr 1516 geborenen Maria oegirt und 
^0 Succeauonsl^higkvit der EÜHabcth gfWäbrleiftteL 

li^eud eine dieser Verordnungen wie den kiroblieben Snpremnt des 
Königs und die Ebettcbciduug durch Schrift iiud Tliat anzugreifen, ward 
f(lr llocbverrath, »te btoRH in Worten ku bezweifeln, fttr geheimen Hocb- 
verratb fmis/frishm o/' tretwmj erklärt, und unter Androbung der zuge- 
hJtrigen Strafen wnrden alle volljährigen UoterthaneD des Königs angehalten, 
daa Statut zu beschwören, also auch eidlich zu verfiicberu, dass sie die 
Ehe des Königs mit Katliarinn für ungesetzür-h und nirhtig und darum 
ihre Tueliter l'ilr AureessioiiHuntaliig und 7.iir Nachfolge unberechtigt hielten. 
Nach einer Vertagung und nach dem angedrohten Banne des Papstes fUgte 
daa Parlament im November 1584 novb die Bestimmungen hinxn, daas der 
KÖuig tind seine Erben nU einzige Häupter der Kirche von England alle 
Häresie zur Reetienscbaft Kiehen and bestrafen und tiber Alles, was sonst 
einer geistlichen Ourrerticn bedürfte, richten sollten, dass sie auch fdr die 
neuen Amtslasten die Aunateu, d. h. dio ernten fruchts und die Zehnten 
von allen BeneficieQ ftlr immer zu bezieben haben, dass dem König Böses 
zu wünseben dureb Wort <>drr Srhrill, ihn Häretiker, ungUtubig, TjTann, 
schismatiseb zu nennen, aU Hurhverrath betrachtet werdeui und dass alle 
Bischöfe dem Papste entsagen , alle CommunJou mit ihm und jede An- 
erkennung seiner Auetoritäl absrhwöreii, dem Könige dagegen einen tin- 
bedingten Suprematseid leisttMi sollten. 

Die Folgen waren fHrehterlicb, Schon diese Oeaetse sogen zahlreiche 
Todesstrafen nach sich, llinricbtnngen der besten Männer von England.*) 
Denn die Kdicte wurden nun mit den Mriifen, welche schon durch den 
Begriff Hochverrath bezeirhnet waren , in den nächsten Jahren zur Ans- 
fttbruug gebracht, und mÜ einer Consequenz und Uoerbittliclikeit, welche 
auch den Kdelsteu gegenüber, wenn sie widersprachen, keine Ausnahme 



*) Wer ein sehr Hpe^nulle« uud vurtl hergehende» Verhältnis« gencralistrend an 
den EoHdarisohen Zusammenhang zwiitehen anbeechräuktor Munarcble und kirch- 
licher Trtiie glnnbl, der mag dieses »ein Vertrauen an rtwr englischen und 
frsnzösischen ReforniatiouspeRchichle prilten. Wie gedeihen hier die Interewen 
der Kirobc unter der kirchlit-lien üniimechtünkihciti InlÜndische AuctoritÜt war 
es freilich, welche in liciden LÜudeni wirkte, und darin Hegt tWt rcformatorischo 
Zug uud Vorzug; ubor Buust ist vh uicht immer ein Uowinn, wenn Widerspruch 
goiatUcker uud welthcLorAriBtuki-atic uur durehHinrtuhtangou niedergeworfen wird. 



380 



Zweite Abtheilung. Zvelter Abschnitt. } 27. 




gestattete, doch stets mit EinbaltuDg der englischen Rechtsfonuen, dalbr 
aber auch unter TÖllignr Eiotii-hUrhtprung von Richtern und Geerbworeni-o^H 
Der Maaii, dessen Umgang Heinriph früher gar nicht hatte entbehroa^ 
können, den er als Freund besucht and behandelt and der ihn im Streite 
mit Lnther höchst energisch vertbeidigt hatte, Thomas Morus, der Vi>r- 
trKUtr des Brasmas, gelehrter Hutaauist *) wie dieser, aber, was dieae^i 
nicht war, ein ecbter Mann und Einer der grösstun Charaktere aller Zctteii^| 
war nach W o I b ey ' s Sturr von Heinrich zum Kanzler von EngUnd^ 
erhoben worden und hatte ihm schon damals seine Zweifel gfigüo die 
ZulUiisigkeit seiner iSrheidnng nicht vorenthalten; anch hatte er am 15. Mal 
1532 lieber seine Wurde niedergelegt, um nicht ferner bei den Scbri 
Ueinrich's mitzuhelfen. Nun verlangte aber dennoch dieser und noi 
mehr als er die Mnigiu Anna von ihm, dass er durch Unterschrift m< 
nur die Abänderung der SurccHsion , sondern auch die ReehtmSaügk 
und Keuschheit, wie c» in der Unterschriftsformel hiess, der jetzigen Kh 
des Königs und sein Kocht als Haupt der Rirclie bezeugen solle. Dai 
Erstorc verweigerte er nicht, da das Farlnment dies bescblicsson kon 
nod besrhloBHen habe, a)>cr dan Letztere zu bekennen vermochte er nicht* 
und wurde daher zu Ende April lü34 iu duu Tower gebracht. Da 
indessen behaupten konnte, nichts gegen diese neuen Ordnungen 
sprochen oder gethan zu haben, war es doch nicht ohne besondere 
samkeit der Richter und üeschwoi-enen gegen den Kfinig und ohne dii 
erregteste Erbitterung tlber den Bann de« Papstes möglich, dass ihn 
Richter, ein Ausschiiss des Oberhauaeä, dem er früher prSsidirt hatte, 
nrtbeilteD. Erst nach dem Urtlieil sprach er nun offen ans, dass er d 
Pariamen tsbcsuhlusa nach der Verfassung Englands für nichtig halte, den: 
daa erste Wort dor beschworenen Ma{/na Charta sei: cou/irimtinns, ^i. 
Anglicana ecclesia lürcra nt. Diese Freiheit sAh er im Papatthnm 
verborgt and gesichert, im königUcIien Supremat als verloren an. Do 
dankte es Morus dem Krtnige noch aufrichtig, dass er ihn statt des ij 
viertlieilt- nnd Zerschnitlenwerdens bis zum Halbtod wenigstens zur Cd 
hauptung begnadigt hatte, die er am 6. Juli 1&3& mit der bis dahin ate 
bewiesenen Seelenruhe and Heiterkeit erlitt. •••) 



•) lieber seine Schriften nnd Verdienste um die wissensebaftlicbc Bildi 
s. das Nöthlgate in dem Artikel von SigwArt hei Herzog. More. fJtopia ft 
Si. John, I»ö0, UoruB und seine L'tupÜL Ubcriieczt mit biogr. a. bibliogr, Einloil 
von Üetinger, Lpz. 194G. 

'*) Dm Statut Av>n Parlaments, sagte er, tKdtn den l.eib oder die Seele, Je 
wenn man ihm widerspreche, diese, wenn man ihm Uelstiinme. 

"■) r>em häuslichen Leben, don Thateii iind Luiden, dem Proce««, dem rauster-" 
haften RotraKen und ergreifenden Ende dieses Uanncfi hat Henke eine aeiner 
besten Reden gewidmet, s. SybeTs histor. Zeitschrift XXI, 8.66 11. Ausserdem 



^ 



1 



Mortis and Fi^er's Tod. WnlBter Cronivroll. 



281 



Der Bischof FUher von Roclicster *) war noch Einer der Räthe 
Heinrich's VII. gewesen; Heinrich VIII. war ihm von ßeiner Mntter 

'«uf dem Storbübette empfuhlea, hntU* ilio früher als Vater verehrt und 

[Ihn mit Stobt als den ehrwürdigsten i^rälaten, den er kenne, bezeichnet; 
it wurde auch er uuf PrivatäuäsvruuK<^n ^'fangen genommen und 
Jahre alt im üerlter durch bitteren JMnngel gequält. •*) Uer Papst 
Paul III., welcher um diese Zeit auf Clemeos folgte^ hatte ihn bei einer 
grossen Cardinalpromotion gleich nach seinem Aotritt im Mai 1535 ebea- 
falls mit creirt; aber «einen Hut mag ihm Paul schicken", uagte der 
Kßnig, ^icb aber will sorgen, das« er nichts hat, worauf er ihn setzen 
kann.** Am 22. Juni 15^5 ward er cuthauptct und sein nackter Leih 
Diebrero Standen aiisgcbdngL Daneben n'nrden viele Mönche and Priorcn, 
welche dem Papst nicht absagen wollton, gcviertbcilt, ihre Eingeweide 

r ausgeschnitten n. dgl. Zwei Prediger, die man mit Krtrünken bedrohte, 
antworUitou , der Weg zum Himmel sei zu Wasser oben uu nah als zu 
Lande. 

I Erst nacti diesen Exeeutionen sprach nun der neue Papst Panl III. 

den 1534 angedrohten Bann Über den R()uig untcr'm 30. Äagust 1535 
wirklich aus. Was nun von hier an in den nJlchsten Jahren bis 1510 in 
KirchcDsachen geschah, ging besondei-s durch die Eftnde dee aeneo 
Ministers, welchen Ileiurieli nach geringen Anteccilenticn an sich gebogen 
hatte, des Thomas Crumwell oder Crumwcll, eines früheren Kauf- 
manns, Soldat<!n, Rechtsgelehrten und Serretttrs Wolsey's, and sogleich hei 
dessen Sturz in des Königs Dienst ilbergetret<?n, auch bald zum I^ord- 
Lientenant und Vicorcgcnten des K<(nigs in RirchenBarhcn ernannt, — ein 
Amt, welches er mit grosser Habsucht, Bestechlichkeit und UewaltthAtig- 
keit bis IMO verwaltete. ***) Daneben stritten um den KiuHuss im Regi- 
ment und auf (Ion Konig, — und danach wechselten dessen Eut»chlies8ungen, 
eineraeita Krzhisrhof Cranmer und, so lange ihr Leben dauerte, die 
LÖoigin Anna (f 10. Mai 153<i); andererseits die Gegner Cranmer's, 
liachof Gardiner von Winchester, Bonner Bischof von London u. A.^ 



■aind zu vergleichen: Rndhart, l'homaa Monis, 1^39, Walter, Sir Thoma» 

MoT€, ISIO. Mackintosh. TheUfeofSir Thomas More, 2. ed., 1S44, G. Weber 

a. a. 0. S. 3:m, D. H. 

•) Richard Halt (kathotisch), Tke tife and dtatk of John Fish^r, Lond. 

16ä&, eine neuere Biographie von Lewis in 2 Bdn., Lond. I8S5. Karker, Leben 

riflber'u, Tüb. iMiO. 
1 "') Weher 1. .115 citirt seine Bitte um Kleider in der WinterkSlto an 

Cromwetl. 

'**) Er war Spieler, kanfte einen Kdeintein Mir 2(HiO Pfd., dreisslg Güter (Ur 
^sleh selbst; die Maske einer divhu- prnvidenee , die er vor dem Künijir anftrcten 

Hess, kostete 21 Schill. 3 Den., welcher (jeldwerth jeUt tchn&ch zu nehmen ist 

6. Weber, 8. aSl. 



282 



ZwbH« Abihellaog. Zweiter Alwchniu. fi 37. 



en 



wolobc sieb zwar auch den Supremat Am Königa und die eagÜBclK Sei 
stündigkeit g«tallon Uumcd, aber dorb Jiucli für Ei'baltaog nöglicb«! rirl 
flltkatboliscbcr lustitiitloiiru nnd filr Aurrkfiiiiung des Hechtes der Mari 
Tochter dor K :i t b a ri n a eiiigi^nüinmun warnn. Nocb bis 1&46 fanden 
Uiin-icbtungcu vud beiderlei Art statt. Heinrich VIU. fand Bcaid 
wolrbe aein«.' BcbwaukuiigiMi mitmachten j dcraclbi: Richard Kirh, wi-lrb 
Morui »ud Fishor dnrrb Auafragco aiiTs Schaffet zu bringen wo^sMy 
li'ifttctt' die }!;leirhen Olentfte noch l.'»4H g*'(i;eo cvangt:«liBch« Mftrtyrer onÄ 
nahm bei riuuni Wcibc Anna Askova dem Henkel' das FoUero dei^cit 
ab^ das» dicieer selbst nicht länger zusehen wollte. *) 

Bald wurde die Macht des Königs auch nucb durch die Aufhebfl 
aller Klöster in tnelir als einer Hinsicht bedeutend Termehrt, tbeila 
ihm damit gru8S(r UvicbtbUmer zuäusscn, (hoUs well der WiderstAnd der 
Agilatiou, welche wie ttunst im püpsttichru Interesse vun den Orden hill« 
»usj^cben kt^nueo, beseitigt wurdü. Aiifstäudiächü ItewegangcD von dea 
Kl'tsteru her gaben die nächste VeranlassuD}; sie anzugreifen^ obpnao dii 
Itesrhuldigung, die sieh gegen Viele nnehweiseu Hess, dass sie nicht g: 
bei der :Strengi\ Ihrer Hegel geblieben seien. Dennoch reichten beider 
(jrOnde nicht hu», um besonders die Hsrle und Habsucht zu rocbtferli 
mit wi^IfhiT namentlich Crorawel! bei ihrer Auihebnng verfuhr, der sl 
allseitig von Uesitzeru und Kaurüru des ICircbcngutes bestechen UeiM 
dann docli ohne Krharuien alle Mtincho und Nonnen hlllflos aas 
Viele als wegen Aiiliilnglichkeit an den Fapst turquirun, Viele aach^ m 
zAhlt deren 51>, hinrichten liess; der seltxtt uughtubigi mit äpionen ani 
ZtilrJlgern luignisitiuu gegen ccrhai treason Übte wie nie zuvor und sog 
die vorher In k^ugland nnurhörte 'IVrtur anzuwenden nicht verachmähte. 
Wer in seiner Agende nicht die Namen des Papstes nnd des heiligen 
Thomas an sgest riehen hatte, war des Treubruchs Überwiesen und »eju 
Leben abbiingig von der Willkltr Cromwell's. •*) Man zfthlt gegi 
.%7*i Klnster, welche fluf(;;ehubeu und deren Güter, so viel Cronawe 
übrig llesSj iler Krune (Iherl.isaen wurden. Alle diese Maassregeln 
atatigte 15119 ein mit ganz besonderen Fuinrliehkciten eröffnetes Pari 
ment; nngcblieh sollten ncne Bisehol8sit7.e von den Fonds gegrQnd 
weriteu, und zwei neue Btifleto man auch von den ^176 Klöstern; Viel 
kam in die lUndc des weltlichen Adels, Anderes diente zur Begrandn 
der englischen Seemacht nnd des Uaudola, ***) 



*) Crooius, Uart>'rorhueh 3. M2. G. Weber. I. S. 564. 
••) Uook, VI, aj. 9&. 102 ff. 
"*) Kh m^K richtig; sein, was Uanke bemerkt, Awm ilor ganze .^tit'itchwai 
des eiigUsehen Handels und der englischen Seemacht, wekhcr settdeui beg^ii 
auch mit diesen VerÜDdorungon zusauunonhüngt, während wir Länder, wo 



Heinrich VTU. Om hJntigß Htstnt. 



283 



Aber in Gtanbßnsaadien wollte der KiSn'yg noch immer IcHtholisvli scio 
nod Btreiig ^vy^tm die ÜJirrslc verfaliruD. Ks wiirdu zwar tr>3H ciiif piig- 
Iiarlie Bibclilbi-ritctKniig vcrliri'itct , die Hihnl Matthews, bearbeitet nacli 
einem eogUschen Neuen TcHtaincnt Tindale's*) vom Jahre 1526, wnlrhcr 
fllr dieijcit WiTk ir>30 den Tml orÜtte« liatte, und i'iiK^m von Crwerdale, 
and dieei^ englische ßibol sollte uuu, 15.19 von Crauuicr revidirt^ in jeder 
Kirche In einem Kxemptare sieh hefindon. Aber dicht daneben setat« dor 
König da« sogenannte blutige Statut vom 2H. Juti 1639") durrli, widchoA 
in Bechs Artikeln Tod und Confiacttion denen aodrolite, welche mdcn oder 
handeln wllrdoo i) gegen die TransanbatanUation, 3) dafUr daaii da» A^jond- 
mabl xuh uirntfue uutliwendig sei und auch dareh einen Nif^litpHoMer ge- 
spendet werden dürfe, 3) dafür das» Jeder nach der Ordin;ttioa aium Priester 
und ebenau 4) Jeder der Keuschheit gelobt habe, Manu oder tVau, Imirathen 
dtlrfe, und 5) und Ol gegen PrivatmeBae und Ohrcnbcichtc. 

Oraomer wurde es sehr schwor, auch diese tyr.inntflehen Vontrhrirteu 
2SU genehmigen; er klagt*- bitter darüber und machte sich delbst Vorwurfe, 
schickte auch seine Krau nach Deutschland; aber es mag richtig ttein, 
waa Hook nacli Maitland auüfUhrl VII, -11. M, das» dad ganze StAtul, 
tfif whjp wilh s/.r sfrhu/s. nicht gerade von Allen unlerarh riehen and be- 
kannt wcrdou, aonderu linuptäüehljch zur EinächUchlcrting dienen nnd deuen 
Halt gebieten ttullt«', wetche etwa im Kefoimiren und Aemlern zu weit 
gehen mouht^■u. L'iid so scheint e» zwar iiichl ganz uubcfulgt gehliebco, 
aber doch nur «ehr sparsam in Vollzug gesetzt zu «ein; indeaaen vertnlHAxte 
e* zahlreiche AuBwanderungeu, wodurch der iCweck der Drohung und 
FreAHion erreicht wurde, hn folgenden Jahre wurde auch durch die 

Dnalisiuutt gi-bilivher uud wcttlicber Macht läagtr fortwirkte, toq früherer Gr^He 
rasch herab koinmeu ttehun. 

"1 SchöD I^2t> war eine erst« engtiwhe Ueh«ri«ctitnnp de» Neuen 'reaiaoienta 
von W. i'indale erBehieneu, wok-he die Bischöfe zu uutenlrdcken vcrnuchten, 
im niüliBien Jahre folgte die tJeB i'entateui-h , um) dlejte wurde drtito tuulir ver- 
broitet imi) mehrinala, angelitich oder wirklich aueli in Dentüchland „Murbur^h 
bei llanA Lnft" (bei 11. Hulh am 7. Jan! IV^t (V d. 11.) gesehen: „Thf first hake 
of lUnsfs ealUii Grnfsis.'' Alle ftiiif nilcher mit der Unterfichrilt: „ICmprinled nt 
!^alhorinv in /Ac lamlf ttf Hesse, Ilan» l.ufl, Ihr i/fre of tmr Lmde }tf'CC('C ifif 
Xf'It tlntjes ii/'Jf$HU(ini'*} n.icligedruckl. I'i a dale bearbeitcle und i'ilirtr siti i:.:M 
Ktim zweiten Mal, and l'lioinat» Murus ewhriub diigegca einen satirittcbea Dialog 
{BÜHfi-. ßrii. s r. Timiah p. 3tf&S, jV.). Mehrmals hielt sich Tindale in Antwcr|ion 
und in Uanihurg auf, wo»elb»t er elKinfalls da» erste IlauptHtdck der altteitlamcot- 
Itchen Ueberftetzmig hcrauflgah; doch wnrde er anf eine cngÜHche Ke<|uUitloD bei 
der kaliterlichen Reglening listig gefangen genommen . gehangen nnd verbrannT. 
Vonf. liioijr Brit. i. c. Lorimcr. Hamilton /». !>:), ICdmarH^t Mtmoirs nf 
librariat, LnnA, t6äU, Bd, 11, iV. VUly zwiaohen p. 92M— 21. Uieseler, Ul, 2, 
8. 4. 12. 

")boI Hook, VU, ii— 15. 




384 



Zweite Ähthelltm^. Zweitn- Abscbnltt. $ ?fi. 



Gegner Crom woH'b deRä«n Eothanptung d archgesetzt, weil er ohne Wissen 
des KoDig:a mit dcu denUclicu Ktlr»tcii corrcapoudirt Latte, <idt)r t:ig'eotUrb 
weil eijie vierte deutüche G'^ninlilin, weicht' er Uuinrlcli t-nipfuhlea (di^ 
dritte, Jane Seymoar, war kurz nach Geburt ihres Sohnes Eduard 
am 33. October 1637 ßostorben), Anna von Cleve, dem Könige wiedeT 
weniger gefiel als einu fllnl't'L' , Katharina Howard, welche mit dt 
Häuptern der katholtechcn Harte! verwandt war. Inzwischen dauerten 
Hin rieh tnn gen fort tind wurden Howohl in proteätanÜBrh ala an papJHtJat 
Geaiuntcn vollzogen, welche in der einen oder anderen Weise das bLutij 
Statut (iherittliritteu hatten. Ucberdies wurde 1543 auch Katharina Howard 
wieder auf Hearhnldignngen von t'nzacht vor ihrer Khe mit dem Könige 
enthauptet, um einer aechsteu, Kathariun Parr, Platz zu machen, nnd 
schon ward dW.m wieder von Gardiner geheimer Verbindungen mit dea 
Protestanten bczUcbtigt, als Heiurich VlII^ 5G Jahre alt, 1547 starb. 
Ueinrich liatte es versucht, wie Rauke sagt, das Unvereinbare 
vereinigen, gjtnzliche Losreissung vom Pap»t und doch Umi ebenso vM 
Verharren und Uaftcublclbcn, wcnigatons seit dem blutigen Statut, an dl 
alten Lehre und den alten Kotze rgfsetzcu. Auf die F^nge liess sich 
80 unmi>gUcher Standpunkt nicht rcstbulten. Auf zweierlei Weise koi 
dem Wideraprurh, der hierin lag, ausgewichen werden, und beide 
der L<^sung wurden nnch einander vod Zweien seiner Nachfolger versacl 
Kr hinturliesH drei Kinder und zugleirh die Verfügung, daas sie ihm 
bestimmter Ordnung folgen sollten. Dies gcBcbah, aber auch d>5 Ändel 
ist ein getrti teil, dass jedes eine verschiedene Stellnng zur ReformatioD ei 
nehmen sollte, wie sie ihiu fast uchoii durch seine Geburt angewiesen war. 
Seine Nachfolger waren: 1) ein Sohn von Jane Seymonr, Edward, geb. 1537, 

2) die Toühter der ersten Frau, die katholische Maria, geb. I5l6, und 

3) eine Tochter von Aonn Bnleyn Elisabeth, geh. 1533. An cUe«e 
^luuen knüpfen sich die nächsten Wendungen und Wandelungen der eng* 
lischen Reformation sgeschicbte. 



§ 28. Fortsetzung. Edward VI. tmd Maria. 

1647 — 1558. 

Unter den 16 Mitgliedern der Regentschaft, an deren Spitze sich all 
Protector der Herzog von Sommerset Kdward Seymonr, Bruder dw 
Königin Jane Spymoiir und Ohrim F.dward's VI. {-j- 1552), stellte, waren 
ansser diesem auch Andere der Reformation geneigt, und vor Allen über- 
nahm Krzbischof Cranmer, welcher ebenfalls dazu gehörte, deren plan- 
müssige KinfUhrnng.*) Sogleich bei der Krönung wurden die kircblicheo 

•)_Lingard, \11, p. 20 ff. 



Edward VI. Craomer's kirchliflte ReförmeD. 



366 



Gebrauche geändert. SUtt dass eonst der Erzbischof von Canterbury zuerst 
den E(>nig auf die Freiheiten dtt» Volki^a schwören liesa iind dann das 

■ Volk fragte, ob pu ihn annehmen woUc, stellte Cranmer den jungen 
Küuig zuerst als geborenen Hurracher vor und furderte t^a auf, ihm m ge- 
horchen; als hierauf die Acclamationen erfolgt waren, »chwur der Rüuig, 
»erinnert von Cranmer, daita er nU Oott^H .Stellvertreter and Vicar Christi 
verpflichtet sei zd sorgen, dass Oott n^cht verehrt und der Uötzendientit 
und die Tyrannei des Papstea aufgehoben werdn. Sodann vnrde durch 
das Parlament 1549 die Priesterehe gestattet und nachher 1552 aufs Neue 
flUr gesetzlich und die Kinder einer aolchen fllr ehelich erklärt. 
H Cranmer bearbeitete auch und liesa bearbeiten eine Homilieen- 

^ Sammlung von durchaus evangelischem Charakter, welche als Postilte 
von den Predigern gebraucht werden sollte, die mau nicht geeignet fand 
Eigenes zu predigen; zu gleieliem Zweck, zum Vorleaen in den Kirchen, 
wurden die Paraphrasen des Era^mus Ober neutcstanicntUche RQcher 
'englisch bearbtjitet und sollten nun nebdt einem Exemplar der englischen 
■Bibel in jedem Kirchspiel aufliegen, auch ganze Capitel und nicht bloss 
kleine Abschnitte im Gottcsdienet gelesen werden. Demnilcb&t wurde aus 
Geistlichen und T^icn eine Cirnutiission 2 nsaumien gewetzt, welche mit kl>nig- 
Ueber AuctoritAt eine allgemeine Kircheuvisilation vornehmen mosste. Sie 
liess die Bischöfe, Ociatliehou nnd eine Anzahl Hansväter aus jedem Kirch- 
' spiel zuerst dem K'^uigc den Suprcroatseid schwören , forderte cbvnrulls 
^kunter eidlicher VerpHichtung Antwort auf jede Fi-agn und Unterwerfung 
fllr 37 k(ini;;liche Vorschriften; dabei wardcn den Ueistlichcn die Postille 
^ mit deu Paraphrasen zum Gebrauch übergeben nnd vorgeschrieben, dass 
Biaelbst zu prodigOD Niemandem zustehe, dt^r Dicht dazu besondere ßrlaub- 
niss vom Protector oder v(im KrzbiKchnf erhalten habe; daher hrnien also 

»von hier au die Gcmciiidcj] nichts mehr als nur Evangelisches vortragen. 
Niemand eigenttich widersetzte sich als der Bischof Gardiner von Win- 
chester; er begann eine Widerlegung der beiden ßllcher, zeigte Wider- 
spruche in ihnen, hielt dem Erzhischof vor, wie er unter dem verstorbentm 
Kdnig Lehren gebilligt habe, die er jetzt verwerfe, sonst wUrdo er uieht 
Erzbischof geworden sein; und da (iardiner selbst verweigerte sich zu 
^unterwerfen, ward er gefangen gehalten und dadurch auch seine Opposition 
Kim Parlamente beseitigt Hier wurden die Hischnfswahlen dem Könige 
Hflbertragen; Gardiuer, welcher eine aufregende Fredigt vor dem Künige 
^gehalten hatte, wurde in den Tower geschickt, ein Aufstand fUr die alle 
.Ordnung unterdrückt und der Bischof von London Edmond Bonner^ 
Kfrtther Caplan und Gesandter Heinrich'« VUL (i 1569), ebenfalls verhaftet. 
^Privatraesse und Bilder wurden 1548 verboten, das Abendmahl sah lUraque 
eingeführt. Cranmer und eine Commisaion bearbeiteten nun 154k zuerst 
[einen kleineren Katechismus und dann, aber viel constirvativer nach 



286 



Zvretti! AbtlieDttn;. Zweittt Ab»(tltAltt. § 2S. 



dcD vorgefiiD denen lateinischen Misflalien und Hreviarisn, nucb eine eng- 
Usrlie Littirtcif» »lit; linindlagti di'-s itook uf votinnun prui/rr.*) Du 
FarlnmcDt beschlu»« zu Anfang läJ9 die Ktufülirniig aurli ilißser in giai 
England aud doUte die liiirtcBten iStraXen dariuf, weun irgend ein 
üclier dagegen prt'digeii nnd sieh »figt-rn wflrdo »\q anr.nnehraen. 
Lltni^ic« wurde li'»!>3 (second /ilunjt/ o/' Edirurd utider thc directian (j 
i'rmtmer, Üucer and Peter .VarfyrJ düüIi eiuinnl Qb«rarbeitet und nni 
erst iK'iltge» OkI, Kri;ns8ehl»g(>n, Olirenbciclite, Gebet für (iestorbene 
Bcttigt. Liturgie und Uomilic ergiinsten sicli jetxt nicht nll'-iu wie so 
Litni^ic^ und l'reiligt, nnr riatia letzten', tiipr auch fest vnrgejich rieben w», 
siHidcrn auch in der audL-reii llinsiclit, da^B die HuuiiÜeen, meist v 
rranmer gelbitt verfaMst, m(;lir rvangeUitcb, die IJturgie dagegen d. h. dltf' 
li(.'bet«rnrriioln, m.'ist ttbor^btKte Stücke der illttTcn latt^-inischen For 
miliare, diesen gctnAsser aUHgt'tnlkn war. Aur.h hitTin aIhu ein Zng v 
Vermittlung zwischen Attcm und Nenont, wie er dur gtiOKen englisch 
Kirche eigt-n blieb, und wie rr auch in der Aufgabn und dem Clharak 
des KrKbischofa ('raumer selb»! lag; ja noch jetzt stehen BeJconatni: 
(:)9 Artikel) nnd Cnlturt (nach d(>r Liturgie) fa&t in WidcrApriiih mit 
ander, tto das» wi-r dem EJiien xiiguthan i»t, in di?m Andern nicht ItJcl 
Itefrieiligung linden wird.**) 

iJocfa L'utächoidetid trennte »ich nun auc-h der Tultuä in dtx Land 
spräche und dem Aben<lmalile suh ittraque vom Papstthum. Weiter n*v\ 
Cranmor flir Lohrc und Theologie im Sinne der Refurmatiuu dadnrrli, 
da«rt er ann OeutHebbind Theologen, welche der Üpformation anfiingen, an 
die cu^liseheu L'uiveraitüten berief. Marliu lincer aus Strajjsbn 
(t Februar 1551) und Faul Fagiua, geb. t5U'I, ausgezeichnet durcfa Kenn 
viiAA der hebräiäehen, chaldilitiehtMi und rabbinittchen Sprache, Frofpdsor der 
Theologie in .Strassbiirg, wegen des luterims nach ünglaud libergealed 
(t 1550), wurden 154^1 iiaeli Cambridge berufen; swei Andere nach Oxfo 
Peter Martyr ans Kloren«, gleietifalls in Str.'issburg, *") und Uernbar 
Üehiiiti, wehihcr Prediger der italicnit)fhen FlQcbtlinge wurde, die 1&5 
in London eine Kirehe erhielten.!) Oiese sollten junge Theologen bild 



'1 



') Liugard. VII, .11. Hook, VU, p, 270— 7'J. Kine erirte Kedaction de 
Common prnyer-botik war nurb kryptokiithuliHch, weil hearbelt«( von (! ardlnflrJ 
Bouneru. A., oinu »weite uuter Edward t.^1^ und \h\tt fiel ganz ('alvii 
auR, bearbeitet durrli Huoper, Jowc.l n. A., die mit Calvin in VerbiuUi 
standen, eine dritte wnrdß nach der Restaaration l(>iii> von Hookcr, Audrewa^ 
Brouliam, Jereniy Taylor, Pearson ausgeführt. >"on .Sl-IiüII iu dem Artiki 
Ut>er angUcanische Kircbe (bei I!cr»>g) werdeu vier Redaetluncu unterschieden. D. ! 
"I Vgl. Düllioger. Kirebo und Kirehcii. H. 21'. IS, 
"■) Simier, Vita Pfiri M/irti/ris in Gct/Uk Mise. Schlosacr, LclMtn dei 
Tbeoilor Beia u. P. M., Udib. 1S07, dstitu Leben der Väter .1er ref. K^ BiL Vll. 
I) S. über ikD den Abschnitt der itatiou. Beformatloo. 



^ ^ 



Gilwtrd VI. LehrbogriflT und Verfasauiig. 



287 



aber auch durch DittputatioDcn diu uocb furtdaucradc AnliätiKÜrlikcil au 
eiazelue katliolische Lehren wie die von der TrADSiiiilwUnÜutiiin (Iber- 
wiudea hcUen. 

Datier konnte ileiin 84:hou lbb'2 in einem grAsfieren ClfeDtlir.lien 
OlaHbeudbokoniituifls, den besonders von C r a n in e r tiiid Ulttclior 
R i d 1 ey von Uurhester verfaaKten 12 Artikeln, der venliiderte Lelir- 
, betriff der cngÜHclicn Kirche zntiRtiinicn^eu teilt werden. In dioäür t'ou- 
Hfertüion wurde diff alleinige OUUi(;keit der :>clirift in ljlauhenä«nclieu luis- 
, getiprochun, und cbentio tUisa das Neue Testaiußnl deui Altt-ii 11 lierjin ordnen 
I sei; daneben erhi.-lt liir ilie Kirche der Snpremiit de» KönIgH die Bt^doii- 
B^tuiig eincM (}UiibenA:irtiki;la. In der Abeiidni:ib1»lchre wurde nicht blüin 
^ die TranamilmUiitiation, »ondern auch dir leildictir lJ»ij;enwiirt l'hristi ver- 
worfen. Eiidlieli luuasle auch dit- ganze vt-rändertu K irrhr n verfadMii ng 
und das KIrchonrecbt einer neuen Rearboitiing unterliegen, nnd diese 
wurde Iö&:{ in einer Öfreutlteben Schrifl: /ie/brmatiti teffNm eccieshisficarum 
dem Lande dargeboten, 
^b Daa Alles nntaprarh aueb durcbans deu WUnsrben des jungen Kiinigi, 

^ der lebhaft au den Keforineu Thcil iialitti. Naohdcni .Soninierset durch 
Jehn Dudley, weU'ber tbinn Herzog von Nortbiimbt-rtand wurde, l.ift'i 
;eetllr7.t und aufs ScIialTot gt^braelit war, erhielt L^dward durch dli-äen 
noch mehr Freiheit, ohne jvdoeh in aeinen kirrhllclicn InloriASf^n wauki^nd 
zu werden. Br übertraf sogar seine F^lbror .in edlor Mitdr des n-forma- 
r toriseben Geistes; lange weigert« er sich, ein Todesurthfil gegen ein 
anabrtptistisches Weib und gegen einen Holländer, dor die {!nttlieit Cliristi 
geleugnet hatte, Kit unterschreiben, aber Crauuivr zwang ihn, das inuiiaisebe 
0«etz, sagte er, bestimme Tllr Uotteslästerer äteinigung. Allein der Tod 
brachte in dieae glUiklirhf» Fortschritte fine unerwartete Stockung. Leider 
Starb Edward plötzlich am <i. Juü 1553, IG Jahre nlt, nicht ohne einen 
I Verdacht der Vergiftung, der auf d<in Herzog von Northumbcrlaud 6el. 
Kben dieser hattt-, — und das mehrte deu Verdarbt, — dem jongen K^^nigo 
während der Krankheit eine Krkhlrung abge]>re«ut, nach welcher dieser, damit 
die kirchliche t'mgestattuag ungestört fortgeben nirige, eine Schwieger- 
tochter Nortburaherland's, Enkelin einer Schwester lletnrieh's VUL, 
Johanna Gray zur Nachrolge bestimmte. Allein der IIast> g<%en 
North um berlaud bewirkte, dass Maria desto eher anerkannt wurde. 



Maria (1553 — 58), gebaren 1516, die Tochter Katharina's, ein 
Enkelkind Ferdiaand's des Katholischen und Isabella's wie Karl V., 

Iwar aufgewacbseo unter Leiden nm der katboUseben Kirehe willen nud 
iD dem Hasse gegen eine Sache, welche ihr nur als Beiiehi^nrguQg des 
Widerwillens und der WiderreolitUchkeit gegen ihre Mutter erscheinoD 

Imuaste; Ihr Vater hatte aio selbst hiorlchlen lassen wollen, und Erzbischof 



S88 



Zweite Abthellini^. Zweftnr Alneliaftt. % SS. 



Cranmnr war es gewesen, wplcliur ihn davon Enrackge halten. Ihre ^tte 
Erzi'fhuii^ uiid Lehenserfahruug drängte sie jetzt wie gewaltoam io dif 
Hiclitung der Ke-action; ju sie musste damit unfangen, ilii- kirchlirliei 
Neueruiigen rückgängig ku machen und den Papifimua wiederhürxnateQn; 
denn hIc war nirhl rtiirceaslonsfiUiig, wenn nicht die KesohlUase vemiebtel 
wurden, welche ihr dies ahgaeprürhc^ii haUeu, und wenu nicht der Papal 
Kocht behielt. Gardiocr Biachuf von Winchester und Bonner von London, 
die eifrigsten Kathuliken, wurden atix dem Ouftugniaw befreit und wi^pT 
in ihre Stellen eiage«etzt, Gardiuer sügar Kum Kanzler erhoben. Eiiicft 
gruaoen Theil deü weltlichen Adcla befriedigte and beaehwichtigt«- du 
groase ZugesUindniss, dass Ata ueit 1535 und 1539 rielfach vud ihi 
erworbene Kirchün - und KluHlergut auch jetzt durchaus nicht soll 
zurflckge fordert werden. Das Parlament, im October 1553 mit einer Heswj 
eröffnet, luuwte in meiner erütvu Siliung die entte Ehe Heinrich *h 
und Mariens Kecht auf's Nene zur Anerkennung bringen und in de 
zweiten utU: Gcaetze Kd ward's VI. in retigiO»f^n und kirchlichen Dinge 
aufhoben. Da ei dennoch den Erwartungen nicht genug that, wurde <6ä^ 
anfgelOat, and nnn regierten Maria und Gardiner .iltein. Jetzt worden 
schuu vcrhtiiratliele Geistliche mit Weibern und Kindern zu Tausendi-o 
ans England verjagt und dann selbst in Lutherischen Lündem, Dinemark 
und Peutflchland, wu man auf diese Cunfetisuren als auf Sacramentircr ia 
bequemer Kulie und ohne jemals ven Gefahren dieser Art berührt zu seiij 
verachtend herabsah, hulfluä gelaaMin oder gar nicht aufgenommen. Di 
wurde der englische Cultus verboten. AI« hierauf die heschloasene Kh«' 
der Kuuigin mit Philipp vüü Spanien L-rnsle Be:k>rgniaae und bald Wider 
stand und L'nruhen erregte, griff die Königin zu strengeren Maasaregeln. 
AbenuHU eröffneten dii- Bliilgerichte eine enlselzliclie Thfttigki'iL') Schui 
im Pebniar 1654 wurden auf Betrieb der Königin selbst die alten Kctzei 
gesetze hergestellt und allein in London an Einem Tage 50 Persone 
gehangen. Selbst die Halbschwester der Königin, Klisabeth, geboren at 
7. September 1533,**} deren Bellene KigenHcbalXeu damals schon Aufsehei 
erregten, wurde im Tower gefangen gehalten und erwartete ibrea Toi 
Johanna Gray, die von Edward VI. ernannte Königin wurde , erat^ 
Iti Jalire alt, hingerichtet Ein etwas milderes Verfabreo wurde daui 
wenn anch nur zum Schein, eingeschlagen, als am 25. Juli lö54 der Sohl 
Karl's V., Philipp von Spanien selbst ankam und seine Vermählung aütl 



') Weston, iiran of B'estmmster. prolomlor of the coHVocation how atst 
bUd, sagte: .reu have the ward, 

but we havc the sword.- 
Book, VII, 323. Quelle für diese Kinzelnholten das Martyroli^ium von Johl 
Foxe, Straasbnrg \bäA, dauu Basel t&&*t. 

") DIo Hochzeit Bebricb'i VUI hatte am 2&. Januar l&3a aUttgefnndeiL 



KnglaiKl. Marla'B blndgee Regiment. 



sa9 



[seiner Tante, der 11 Jahre SlUren Königin feierte.*) Anirtclitig deu rDÜderen 
[Gesiuiiungoii Äiigethan war dt;r päpstÜclie Legat, welclur zur Wi<?dfiraiif- 
D&hmp de« Kölnischen N'erbandes im September 1554 In England eintraf, 
Ider Cardinal Pulua, ein Verwandter des königlichen Hanaee, Einer der 
wflrdigstcn katholischen Prtlaten des XVI. Jahrhnndcrto, welcher »ofiiuga 
trotz aoinua Widentandea gegao Heinrirh VIII. doch in deatien Achtung 
eich uniiuterbrorheD behauptet hatte, obgleich dieaer Um durch Hinrichtung 
fM-incr Verwandten züchtigte.") tiardinpf hatte ihn ftbfiirhttir.h in den 

■ Miederlanden aufhalten liiaaen, um ohne ihn freiere Hand zu haben. Aber 
bald nach Meiner Ankunft ahttolvirtu FoIub am ä-i. Ueccmber 1654 da« 
reuige l'arlament und nahm England wieder in die Gemeinschaft mit der 
K<)miitt-liL>n Kirche auf; auch noch 1555 wurden Uankproresginnen fUr die 
Ueratollung der alten Kirche gehalten. Allein die Versöhnung nach der 
einen 8«it« bedeutete nocrh keine Schonung oder mildere Beurtheilnng nach 
der anderen. Es war liilrte genug, dass ronn Verdächtige und offenbare 
Auliäiiger evangelischer Lehren jahrelang in den widrigsten CtefjIngniBsen 
schmachten lie»», schon z. B. Alle welche an der TranS8ub»tantiatiun Kwei- 
felten. Die Königin war entschlossen, die Ketzerei mit Feuer and Schwert 
anüzurolten, und fuhr auf dem betretenen Wege fürt ÄIh Oardincr am 
B 12. November 155Ö starb, ersetzte ihn Bonner mit gleicher Heftigkeit 
^Maii zühlt in den fflnf .Tnhren MariaV etwa 2(>0 bis 270 Hinrichtungen; 
, ungleich grösser war die Zahl derer, welche durch Vertreibnng, Üeningniss 

■ und Poltern und durch den nugoatraften Religionshaas eluuB fanaünirtvn 
kutholisL'hen Pöbels unglUcklicb wurden; dozn Tansende, die auswanderten. 

^ Zwar nicht schonend , aber doch zögernd verfuhr man mit den besten 

■ MKnnem aus der froheren Epoche, den Fflhrorn der Keformation unter 
Rdward. Es waren hesondern drei: der Blachof Ridley von London, 
Hugh Latimer, einst sehr gcacbätzt von Heinricli VllL, der ihn 

■ cum Bischof von Worcester gemacht, dann entselEt, weil er das blutige 

■ Statut nicht befolgt sondern dagegen geredet hatte, durch Heinrich'» 
KTud aus dem Tower befreit, aber seinen Naclifolger ala Bischof nicht 
Bsttlrend, — und Erzbiscliof Cr&nmor. Schon im September 155B wurden 
H^e alle drei in den Tower geschafft, Cranmer auch deshalb , «dl er 

^F *> Früher war Karl V. selbst mit Haria verkkbt ^weeen nnd gerade da- 
durch ancti der Streit mit Katharina tut bitter geworden. Also ein Bastard 

^lollte er sein! 

B ") Von Italien aus hatte Peius zur Vertheidigung des päpsüieben Supremats 
und gPRcn den küni^liehcn 15.S5 geschrieben: Pro ecdesiaslkae wtUmfis fh/'entioH^. 
DalUr holohntc ihn der I'apitt mit der Cardiualswiirde, Heinrich aber antwortete 
mit der Kutziehung der ouglltichcn Ivinküntte dce Potas, mit der Hiurichtung 
aeiner Mutter und ncinea tirudera, welche des Bochverratha betichutdigt wurden- 
fLIngard, VI, p. läv. 23*>. 




7» 

^A Mch MI» Wn«» Ihm, 4v V. 
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teftea CmvocsOm aa« aadi VennipMae 4*« Witerafc Ana 4aräe* 
liMiiai|ii >— iHwih nr4e*, Bmtftcr n tda. Ab«r mM aa^nOi» 
Jaft» ipllar wtf4a a» BUUy aad Latiaer Am Ctttdl 4arck V» 
brvaaaa« w^lhofpa; ■»« iprackcB ikk tm iial le Maifc «• »t dcaWiri 
I. 0»r. Ui^ 13: -Oo« M golrea, iar aaa iieln !■«» ii WB t lit verda *» 
aaaer VvmOfca", «od Latiaer Bog fie Fli^iÄa lieb la*a Gedcta. * 
w»llt« w liek daoiU WMchen.**) Mit de» E^xfaiicM' ib« Tcrfckr «■ 
nwli lai^iaacr; <]^r ['»p«t dürtt ürn vor ach aaeh Bam, — Maria kU» 
ali «agUHbaa iUapt dtr Ktrcbe iha mIM rieMea kSoa», aber 4aa «tf 
fhi«« »Bgiflita OrudOtMD sawidcr, — and »eia L«gal Pola» «rt* 
nuM r)n*D HaMrle^^atcn cio, der pegro Um «ofli eine beaoadefv Vnta- 
RurhuDK einleiten noMtr, Craomer hatte «ich frflhcr aater Heiarieb VIll 
vielfach dsMcn IheologiKhen I^oaeo fQgco mUssen, wie denn Bberha^ 
Mia ]^b«a voa Schwankung und L'o»elbBtftndi^lceit nicht frdnapTedua 
iil. Juttt xetftc er im OcOliit^iiijM anntugUch groise MModhMSügßttit, daai 

•j Uu«k, VII, :mb. w. 

"; lluKh l.atinirr, (ff ''• '*'"< t '^S&. w'ftr pio ehrtichw IMtercr» lach hciMr 
iiikI wle/,lK w'*' M«riic, Als *k'tntiT «Ivb I'ap^ttlimns wur er vnn Wolsey fw 
i)iAftiiir<'i{('ll r atn Ilitii|*lvert)it-idiKf r «los kOt)i|eliol)t.'ti Supremats nnd df?r KheMhH 
diintf *Mii Httlnrlch'p Ar« Ball» IW8 an duMi'U Huf pjwgeo wttrdeo. BaW 
aher durch dlo Ilotirtiultii dvN lliffua crmlldpt, hetral» er sich geKCo Butts* Wrihn 
auf «»In Unoturul snrllr.k. iirtull^lt* wider den I*ap8t, wurde jedoch gege» n«a* 
Aiift'i'liiiiiiK»'» Villi Ki-lii-n dl!» Krr.bisc)infs durch den KUuig peMliUtxi. Die«« 
iiimilit« ihn iUM, xiiiii Hliw-Iint von Worc*stör. Uic K'«''-"h>"'' Fretiimih fuhr iir 
fürt, ktiiiiUi' Jtfiliicli hvi dt-r l'lllndfirant; der KU'wter uk-tit Allen gul hcisHt-B, wl» 
it» K"Wll')"'ti> wnrdir, er ninhito, dtM» Wfni^tnns zwei Abteien in jpder DU» 
zur IltilirtiiiliiiriK vun (Ivk'lirti'u luril>oiilrheu lullüiitca. Das liluU^' Staun nfi 
Um iri:ili «nr NlmlorlcffiiUK ■Irs lilschoriirhcn Amt»; da er :ÜH)r doch dagegen 
trat, wnnilerut er lu tlvn 'rnwor. nuv v^utclicm Hin ithI Ilciarich'd Tod hefrelie.' 
Ilüt «dnoit Nachr<ilK"r , wi-|nhrn er scIiHlzic. nicht zu verdrüniccn, nakiu er auch 
Ib-Ift das HUthitMi nlitht wlmli'r un , predlKle al>«r in Londun mit grossem Erfolg. 
Im Jolim ir>ii:t nwU l.ondun ritiri, hUtiv or wohl untkontuien ki>uaen, d<»oli stellta 
t"r Hloh (ilii und vitHu) dnr ».wellen lii'fAiigi'iiM'liaft liii Tower. Von durt aus iai 
A|ifll ir.M nib-h Uilurd Ketiruolit, uiinjito or f>irli mit ttidley einer Disputation 
nnterKlehi'ii. die ihn ai» „HUreiikor" ldoft(i«ri>llt4>. Aul Bftt'hl de» Cardinal l'olns 
lioIntKt, olt all! Iiel ilen AutiHiigim im Vttrhilr liuharrmi wollten, bejiht«>Q sie ilie« 
nnd eiiuoldediin Ihr Uchicksitl. Bot der umt au> 10. Oclobcr I&&5 im ätadtgnU>ca 
villi (tirnrd rrfnigoiwlen Ulnrlolitung hat Latlmer neben Uitlloy im Angesieta 
ilar l-'lauimvu einen schw Urmoriaehon Todesmutb gcxelgt 



k ^ 



CrtBmer'a niariebtuii^. Hiu-b'ii Tod. 



291 



I 



1 



iliesa er aicb nacli lungeren VorhandluBgen ^ne Uoterwcrfun^formet iiuter 
die Lehren der katliulisvlien Kirche uud einu VorwerfuDg seiui-a gcg^^u 
Ottrdiner, Unr actiitn verHtorbtm war, geschriobenea Baclit^g De sacrtimcntix 
tibaöthigpn. AI« nr nber aun mieh nocJi öfTeotlich in der Kircho deo 
"Widerruf verleaen BuIlte, als wShrviid er, durch aein Amt und seine Per- 
sdulichkrit aeit 21) Jalircu der augusehonntc Maun in England, im äUnder- 
klnidft d:iKaiw, ein Dr. ('nie eine einleitende Kede hielt, in welcher er nun 
;xiigleich diu Mt*inuug der Königiu aunfUtirtu, dass Cranmor ku viel ge- 
schadet, als daüB ihn ein hiogger Widcrrnf retten kQnno: da klagt« Cran- 
mer, daiuaU 67 Jahre alt, unn »ich »dbtit laut an wogen dea Widerrnfa, 
Wftlehen dieTiKletifarrht ihm abgepresst habe; nnterUcbet nnd Weinen erklärt« 
«r, dads er nichts so sehr bereue, und legtt^ nun uin ganz eutgegeugeaetzt«a 
(JlaDbenabekcnntDiaa ab. Am '21. Mitrz lA&G endete er auf dem Scheiter- 
haufeD; die Hand, mit der er den Widerruf uotersch rieben und die am 
neifiten gegOndigt ttab«, liRgg »r znerat abbrennen; Polua wurde am fol- 
genden Tage zu »eJucm Naclifolger gewählt. „Craumer", sagt Dahlmann, 
«.bUaate violfaehe Sohwächen des lilhrgclKCs und die mancherlei zur ver- 
nteintlielien Khre Oottetn angewandten Mittel mit »iueoi Tudo , dem doch 
zu viel Wankeliimth voranging, alß dasfl man ihn eine» Keformators würdig 
nennen könnte." ') 

Andere waren schon todt wie Bucer und Kagius; die Kirchen, wo 
aie begraben lagen, wurden mit dem Interdict belegt, dann wurden dto 
Ortber geöffnet und die Leioben mit ihren lltlehern an Pfähte gebunden 
und verbrannt. Schon wurden ferner, da Donner klagte, daas die Ge- 
richte ihn nicht gehörig unterstützten, auBBerordentlicbe Commiaaiouen ein- 
geiutst iiaah dem Vorbilde der Bpauiachcn Lnquiaitioo zum geheimen 
Kundächaften und Verhaften. Vielleicht wftre es bald noeh zu wirk- 
sameren Aulstilnden gekommen, da Maria nicht nur einige Klöater her- 
ftttillte, soodeni auch die Klo&tergtlt^^r zurtlckgeben wollte, welche sich in 
den Händen vieler Privaten befanden, und da auch durch den Krieg mit 
Frankreich, zu dem man wegen .Spanten gentUhlgt war, 1558 Calais durch 
Kranz von Guiue, — selttiamea Durchkreuzen! — verloren ging. Allein 
am 17. November starb Maria, erst A'A Jahre alt, und am folgenden Tage, 
16 Standen später, der Cardinal Polus. 



') Kiehttger heurcheilt ihn SehUll in dem Artikel bei Herzog, Uhnlich aud 
mit voller (ierceliügkeit G. Weber H, S. 2^1. Sulilechtere all» er kamen mit dem 
Leben ilavou. Ilolpate, KrabiBt-liof von York, halt* langeheiires (ielil r-nsaimnen- 
gekargt uud aufgezählt uud wurdo gefangen, aber ala Fbilipp ll- zur Meirath 
nacb l^ndon kau, I&&4 losgelassen, er starb l&frb. Strype, CraHuter, p. :)07— u. 

D.U. 



19* 




993 



Zweit« Ahtlkeilung. Zweiter Ahscbnitt. % M. 



* § 29. Elisabeth. 

1558—1603. 

Auf solche Sehrerkniiwe, f^rrlitbar genug, am die Oewianrn xu 
rüttna, aber auch zuletKt die K^txc Kralt. und Wnbrlioit per»ünlicl 
Ufiberzeiigtint; in groBHartigen ßrispir-Irn nfT^nbar worden za l9t88<*n, fo 
endUcb einu Kporbv rrieillirhiT und Hlctigrr Kutwlrkvltiug. 

Nai'Ii Maria'e Tude war vnn lloinripirft VIII. Kniil«*m nur 
die. Torlit4^r Qbrig, um dortmwilU'n Maria i'iiist outcrbt wordtin, und wrt 
Kvar iiitpb dem Tode ihn'r Mntter Anna anrh Hrtbat wieder vom f^lrl 
ment fDr unrecht in äHHig und MuccrütuionMunffthi^ erkUrt, KirieUt aber d« 
Tun iliTem Vnter mit der lteftt!mmiin<^ »cnannt worden war, dafta sie il 
un d riltrr .Stelle nachrolKcn »o\\<u E 1 i k :i br I h l^eb. 1 ü'^'i) wur nnt 
Cranmor'fl Leitung erxogen und hatte schon durch ibra Geburt ab 
Tochter von Anna Bitlcyn eint* audr*rc Stirllung als Maria, die Knkcl 
Ferdlnand'a de« K:Lth<>lisclif n. Sie wurde tu der Kelij^iün besood« 
BUS dor Mchrift Hclbst untcrrirblct, sie laa, srhrelbt ihr Rrzielier Ashsm, 
jc(i*'ii Tafi zui-rst das ^rii'chif»rhf Neue Testament;*) nus^ordinn ward 
nach Melanrhthon'tt f.octx tinl«rw(eAi;n nitd gab bei ihrer sonstigen phil 
logischen Bildung auch Übrigens den elegant gedchriebeneu tbeologtscht 
Werken den Vorzug; unter den KirchenvÄtern wnrdr »ir beKondfrit mit 
Cyprian bekamit gemacht. Mit dem 20. bis 25. Lebensjahre bestand tu 
ODter ihrer ätiefachwcster ihre letzten Prinzenlehrjahre, and sie waren 
der ernsteflteu Art» denn Maria lies« sich nur durch Furcht von ihi 
Hinrichtung zurückhalten. 

Elisabeth ist die ijcböprenn der Kirche von Eogland ( estahiigUeä 
church, Anglicwt ckurch, united church of England and irrlatidj gewordei 
die einsichtige, muaDSvoUe VermUtlerin zwischen AU and Neu, zwiscbei 
conservativen und FortBclirittslendenzen mit ZugesUndniuscn für beide nnj 
einer Coalition zwischen beiden, Papattbum und Uefurmatiou. Sie erhielt 
ganze Kirche nregiment der Bischüfe, wie es in Krankreich bestand, anl 
rerhtj aber indem sie es statt des Papstes sich selbst untergeordnet aeji 
Ucss wie ihr Vater, indem sie wie er Haupt der Kirche von Engl 
blieb and dadurch wie er die köoigliche Gewalt*) sehr verstärkte, gab 



■) Räumer. Cleschlchte von Europa, U, 119. 20. 

•^ Wie ungleich sind doch die Erft^lge! In Deutschland vermißdort sich dll 
Gewalt und Attctoritüt des Kaisers durch die Reroruiatiou, aber die der beidorU 
RoiehsfllrBten wachet, uiitgen sie uun der kuiholtschen oder der pmtestaulisel 
Kiebtung iingtihiJren. In Frankreich vormc-ltrt eich die Gewalt des Kitnigthui 
durch (luu Widerstand K^'geo die ReCumiatiuii , in EugUiid ilurch lUa LiuKehc 
auf dit'iK'lbe. 1q dem letzteren Lsnde war zu Anfang des XVL Jahrimnderta dl 
Kitniglbuni bchwitvh, aber es stürkto sich durch die BischUfo und deren Losreisst 



BilHbt^th ate firUnderiD der AngHcanieüben Kircho. 



393 



1 

l 



1 



demselben eioeo mehr cogliBcbea uud ioläudiäclicu Charakter; and indem 
frriier drr ganzen Laiideskirebe reformato fische Kigenschaften nnd Vor 
sttge verlieb, den CtiUus in der LiindeDspracbe, die Khe der GetstUcbeD 
gewährte nnd Violea aus der KeformatioD Edward's herlibernabm und 
genehmigte, gelang e« ihr, einen Trieb uud Drang der Oppu^ition und 
Revelutiun, wie er in Frankrcieb gegen einen sonst &hnüchen köDtgUchon 
Episkopat zurilckhlieb, hier £u verhüten uder doch zu mindern. Durch 
sie ist in England eine .Stajttskjrchc erwachsen von einer SolbstAndigkeii 
und Festigkeit der auch pulitisch bcdiugtcn Gliederung Im Verbände mit 
der ahrigen VerfasHong, wie nirgends aonsL Zwar litt dieselbe äbnlicb 
wie die Lutherische *) in Deutschland an einer UnvoUkommonheil, 
weil sie als Kirche allzn sehr von Oben herab lebte und wirkte, ohne 
Ergänzug durch Gemeinde Verfassung uud Rechte der Gomeiadcn als Gegen- 
gewicht, ohne eine Stelle für thätige Mitwirkung der Gemeinschaft, viel- 
mehr mit Paäsivität derselben und mit Gefahr auch aristokratischer Ueber- 
hebnng des geistlichen Adel»; aber sie vereinigte doch mit diesen Mängeln 
auch alle Vorztlgp, welche ein imposantes nationales Regiertwerden von 
Oben io Sachen di'r Kirche mit sich bringt. Sie hatte ihre StArke darin 
dass sie die Geschlechter nicht ohne Rtiligion aufwachsen liess, sondern 
ihnen diese vielmehr In inniger Verbindung und Wechselwirkung mit dem 
NatioimlgefUhl mittheiltc und ciniltHinite, ihre .Scbwärhe in der Niederholtuug 
eincH eigenen Gemeinde lebeus; denn indem sie diesem den lUum nnd das 
Recht freier Entwicklung versagte, nährte sie BedQrfniBSC, welche eben 
darum nicht in der Kirche selber, sondern zuletzt in der Entstehung der 
Djasenterparteicn Ausdruck and Befriedigung gesucht haben.**) 

Aber Emgen wir bestimmter, was Elisabeth im Einzelnen geleistet 
hat. Anfangs beaondera trat sie noch mehr vermittelnd und versöhnend 
zwischen die Parteien und beobachtete eine ächonung, die sich später 
nicht mehr durchfuhren Hess; sie gab Hoffnungen nach beiden Seiten, erst 
dits ParUmeut sollte entscheiden. Es lag freilich schon hierin nnd in 
jedem anderen ZugeatAndniHS an die unter Edward herrschend gewordene 
Partei fUr die AUeinherrschaft der Katholiken, — Maria hatte koiDOn 



vom Papst, and diese nun verbundene Macht Bchloss »ich den kirchlichen Refbrin- 
beitrehungeo an und verhQtete dadurch die revolutionäre Tendenz des RefonnirteD 
Elements. 

') Die englische Reformation ihren Anfängen nach ist vorzugsweise eine 
Aendcrnng der VorfasBung, weit weniger der Lehre; iu dieser Beiiohnng hat sie 
sich liuch den gewüholichen .Standpunkt der Rofomiirtt^n Kircheu oiobt angeeignet. 
Die gewohnte UnierBcheidun^ des Lutheriedu^u und Rvloruiirten ßndct keiuc Bc- 
BtÜtigUQg in ihr, und daraus erklärt sich, w&rum mau die snglioanische Kirche, 
welche nach der Lehre doch zuletzt entachieden der Reformirteu Seite zufiel, 
doch die eccltsia Lutheranizans gonannt hat. 

••) G. Weber, U, S. 370 ff. Dossolben WcUgesch. X, 871. 




204 



Zw«ito Altdiollung. 7wolt«r A^»chnht. $ 1«. 



Gebrauch gemacht von ihrer fHftremaey, — etwas BMor^atSB &ng«idi 
X. H. Wf^nti jetzt allo VerhAnnt^n xnrQrkkehren darften; aber Kiisiih^ 
bcHuchU- andrerseit« anrh uuch diu Mcmhc wii« unter Maria, ne licm ili 
Vorgdliigerin mit allen Uebrjtnchen der kathoUaoben Kirche bcf^rmbea, ■ 
sie auch fUr KaJeor Karl V. ScelcnmeetMMi veraimtaltotr. AU Bit! 
behielt sie dreizehn an« dem .Staalsratbe der Maria and nahm 
prütcMtantiHch Oeainntc hinKu, unter ibuon William Cenil Baron Bii 
leißb, schon unter Kdward StaataserrrtAr, „hrr spirii". wie »je it 
selbst iiHDiite, und Nie. Bacon, welcher unter Rdward der glejcbi 
RlrbtODg angehJIrt hatte. Anch der Rhe mit dem OeraakI ihrtr V 
gftogoriit Philipp, wif viot nqcIi politisch dafür Bprochen niocht«, «i 
sie bald ana; din Heirath hätte zuriel Aehnlicbkeit gehabt mit der ent« 
Ehr ihres Vnt«ri{, auf deren UngilUigkoit doch ihre oigeoe 8urr<»iioii 
niliigkeit beruhte. Sic aiilwortnie Philipp, weiia aie sich je vormAbh 
aottto, werde eie ihn jedem Anderen vorziehen, uud fast eatbieU «h* 
dies ibrtin EntwhlnKd und eine N^iUiigung, initiier nnv4TheirathHt xa bleib« 
denn der franzilwschc Thronerbe war an Maria Stnart verhoirAthet, n 
einen Geringeren als Kinen von Heiden hUte sie nicht angenommen, i 
würc dann aur-li dnrcli Jede lleiralli mit einem auslindi^clion Fürsten i 
hängig Tcim Auslände geworden^ und „mit ihrem Volke", sagte sie ttfti 
„sei sie vermähU". *) 

Darnm trauten anch die BiseJi^fe nicht, sie veranrnmelten sich 
London and wurden darnber einig, dass da Kliitabeth bei der Kr^na 
wahrerlipinlieh daa Versprechen, die fstahtisfted church sn HchOtxen ai 
herzustellon , nicht leisten oder doch nicht halten werde, nie boi d 
Kri^nnng nicht mitwirken k<>nDten. Doch ward ein einziger hw^ 
endlich gewonnen, die Krönnng %\\ vallniehen, während die anderen wq 
blieben. 

Indess bald drängten auch auswärtige VerhUltnisHc die Königin a 
ihrer crstea vermittelnden Stellung; heran». Der Paput nöthif^'te sie selb 
mit Ihm zu zerfallen, i'aul IV. erklärte Rio fdr unrechtmilsüig iu dq 
Thronfulge; sie rief ihren Uesandten zurllck, der aber in Rom xum Papai 
Obprping, die Verbindung ward aiifgphftbrn. Noch mehr; die Krbin va 
Schottland, Maria Stuart (ßeb. U>42>, damals an den Dauphin Fran 
Terheimthet, war ebenfalls Krbin der englischen Krone, wenn Gllsabet 
ein Bastard und saceeseionsunfähig genannt werden durfYe, denn aic w« 
die £ukelia einer Schwester König HcinricIi'B VIII. Difti hatten (tue 
mehrere Pflpste bereite ausgesprochen; es oifen zu bestätigen, lag zugleich \m 
grossen Interesse Frankreichs, denn auf solche Welse konnte wieder oh 
Reich wie das KarTs V. cutstehen, wenn Frankreich, Schottland nni 



") Rauke, EngUsoho GescbicMe, I, a 295 ff. 



Vcrfoliren Ellnabet^*«. ÜoifonuIUIteaote. 



3»fr 



EuglADd verbuadeD wurden, nad weich' da Sieg dw kAthoUaehes Prinoipe 
knfIpfCe eich an die Erfllllung dieser Aaesicht! Damm musste deua die 
tingti Pitretin Mnria nnch dem Willen ila-HH SchwiegcrraterB Kitnig 
^Beioricti's IL und ihrer Oheime der GuiBen ia rarts den Titel einer 
K<)iii]<in von Ei^liiud annehmen und das Wappen von England mit dem 
von Frankreirh und äcbotttand vereinigen.*) Uorcb alle diese UmstSnde 
wurde Elisabeth unvcroieidlich in eine gtfgen die kathaUsehe Kirche 
feindlichere 8t<>IIung hineingedrüngt, mehr viell^clit als ihr selber damals 
lieb war; und du Maria .Stuart ihre Aaüprilcb« niemals aufgab, dabei 
vom Papsti) and Spanien fnrtwflhrond uBtersttttot wurde: so mu»Bte 
Elittabeth auch ihrerseiU unausweichlich in dieser Richtung verharren. 

Eifrig gingen ihre RAthe auf ihr vermittelndes Verfahren ein und 
wusstoD EU dementdprecbeuden Entscheidungen nun auch die beiden 
ersten Parlamente hioKnleiten, nachdem die Stimmen des Oberhauses 
durch CreiruDg neuer I'ttrs und die des VDt«rhauses ebenfalls gesichert 
waren. Mit einer Messe und mit der Predigt des Reformirton Predigers 
Cox ward üaa Parlament eröffnet "I 

Aber schon dies erstr Parlament von l.^59 erkannte auerst ohne noch- 
maligem Eiiigehou auf die alte Sr.heidnngssachc das Erbrecht der KOnigin 
unumwunden an und nach Art des Verfohrens unter Ueinricfa VUl., 
mit dem seine Tochter Elisabeth Überhaupt viele Aehnliclikeit hatte, 
setzte es auf den bloss in Worten geituftserten Zweifel dagegen die Strafe 
der Gtlterconüsratiun, auf widersprechende Schriften und Handlungen 
aber die des llochverratiis. Lud dabei blieb es nieht stehen. Das 
Parlament (rfpeaij verwarf die ganze Restauration der päpsUichcn Kircheu- 
verfassung unter Uaria nnd lies« die Gesetze Hein rieh's VI 11. nnd 
Edwards VI. wider die Aticturitüt des Pa]>stes durch die UuiformitAts- 
acte und mit einigen Modificationen"') auch die Liturgie aus der Zeit 
£d ward's anf's ^eue in Kraft treten. Alau die ganze Jurisdiction 
gegen il&resie und kirchliche Vergehen wurde der Krone 
Karltckgegobott, ebenso das Recht , die«clbe zn Übertragen an wen 
sie wolle. Rückfall zum Gehorsam gegen den Papst sollte mit Verlast 
des Vermögens und bis xii ewiger GcfangenschaA vorfolgt und beim dritten 

I Falle als Uucbvcrrath gestraft werden. Mochte die Convocalion und 
muchteu die Cmversitäten gegen eine Entscheidung protestiron, die aosser- 
*) Bewcistttcllon bei Ranke, Engl. Gesch. \, S. aod. 
**) Bei der £tevation oder einer übnllchon Golegeabelt vorUcss GlissbeU) äie 
Kirche, Ranke a. s. 0. S. 2V«8. 
'"> Weglaeauntt 2- B. vim Fürbitten pegtn iltc Tyrannei des Papstes (Gio- 
seler lU, 'i. S. 33)j Bilder, (-'riiL-ißxe, Orgulu, MuBHgewüiider, welche uater Edward 
verworfen waren, wurden beibehalten. 



I 




S96 



Zwefto AMhoitung. Zw-dtor Ahschdtt S 2D. 



UDO 

ntd J 



halb der Competens einer Lüenbehilrde liege , naeh ehügoo DtspaUtiinifs 
giugOD die Bt^chlUBae dennorh dnrch. 

Die näcliate Fulge war freilich, daus alle Bischöfe, oinon Einuf 
ausgCQDtnmen, und fa«t alle Glieder des h'JhprcD Klerns wie der Uninre- 
UtPD den Eid auf dio UnifurmltaUHcty vürwoigcrtcu und ihre ActnU^r uni! 
Einkünfte aofgabcn, und obensu dass beaoaders aus der niederen Geistbrht-j 
keit, vn melir Nuigung fDr dio Reformation herrscfato, Viele ilia ImsteU 
wudurcb sie Hoffnung erhielten, in die erledigten Stellen einzurnckea. 
Poch wahrend der Vacanzen bezog die Krone dio Einkünfte. Matthli 
l*arber, welcher ecbon Geistlicher der Anna Uoleyn und Oechant unt« 
Edward VL gewesen war, wurde als Erzbiachof von Canterbury an 
Spitze gestclU; Bischrtfe, welche unter Maria vertrieben nnd jetzt lurflrk-^ 
gekehrt waren, consecrirtco ihn lu der Kapelle von Lambeth, und u 
diesen Act der Weihe knüpft »ich die vom Papst bestrittene Kechtmäaft£- 
keit de» eugÜHchcn Episkopat».**) 

Nachdem luzwigchen viele Verwicklungen mit Schottland und Fi 
reich eingetreten waren, debnte daa Kweite Parlament 1583 und 1563 
Forderung des Supicmat&eides auch auf Andre aus, namentlirli auf alt 
Mitglieder des UnterhauHea, iiUo lilfünt liehen uder PrivatUihrer sowie Aüi 
welche nicht am bestehenden üaltus theilnahraen, sondern Privatu» 
oder dergleichen hielten , und »rtzte auf dio erste Weigerung dio 8tri 
des praeimniire (OüterverluBt), auf die zweite die des Hoch verrat Its. Aac 
das ging durch und hätte nun eigentlich ein neues allgemeinos Bll 
vorgieason zur Folge haben müssen. Aber hier sorgte Elisabeth 
auf ihren Befühl der Erzbischof durch laütruclioneu an die Bischöfe dafQi 
dase das Gesetz im Einfordern des Eidee sehr gelinde und im Falle de 
Wiederholung gar nicht gehandhabt wurde; und so hing Ober all« 
Botbeitigten nur fortwährend das Schwert, ohne sie zu treffen, so wi 
aber äussere Ruhe ohne Gewattthat am vollsUlndigsteu erreicht 
zweites Geschäft betraf die Feststellung des Dogma's, die nicht läi 
anstehen durl^e. Daher wurdi^ ein üchun vorhandenes allgemeines Glaubet 
bckenntnifis , die 12 Artikel K d w ard's , nochmals durchgesehen , dm 
Weglassuug cluiger Bestimmungen gemildert und annehmlicher gemachl 
und in dieser neuen Gestalt von SO Artikeln 15Ü3 von der Oonvocatioi 
genehmigt."*) Bedenken konnten nicht aufkommen, dio Cunvucation bedroht 



, •) Von 340» Geistlbhen vorloron H Bischöfe, Ifi Vorsteher von geisrliol 

Stiftungen, 5« Chorherren und etwa S» Priester ihre Pfrilndon. Qieseler UI, 2, S.: 

") G i 9 B I e r, a. a. 0. 8. ^i. 

*") Die FrJilaten nntorBchrichcn ria« Kflkeniitnii.» Kurte Jali 1563, aUo ni< 
lange vor Beendigung de» XridonUnnins. Zur Vurgletobung der Texte xw( 
Beispiele: 



Dfe :i9 Artikel. PKpJtUIcIier Buin. 



3$7 



FedflB mit schwerer Strafe, der dngegen predigen, schreiben oder auch 
Dar reden würde. Nach eini^^cu Jiihrua Uial aach dur Papst den h-tztrn 
Schritt; eine neue Hnlle IMus' V. verh.1n(;te IftTO über Klinabeth nml 
Alle, die ihr goborchoü würden, die GxcomDiuuicatiuo. Der Bruch war 
[.{jeachehcn , ilaa Purlament, «tatt dndurrh geschreckt zu werden, heittätigte 
und verschärft« 157 1 die biKheri^eii Ueachlllsac. *| Aber auch Uie&mal 
widerstrebte die K<^nigin mit ihre» Ilätheo der allzu p-ossen Stront^e, jetzt 
Tiellelcbt nicht blott« wogen der Kalliüliken , sondern auch mit Rücksicht 
auf die entgegengeeetzte Partei, welche gelinder zu behandeln rathsam 
, schien. 

IÜenn kaum war die ongtiacbe Kirche im Orossen geschaffen: so 
seigte sich ihri; eigenthflmliche Stellung ku der alten, die hIc vrrlafiscn, 
und zu dor Anderen, der sie sich zubewegt hatte; und wie sie einiges 
: 



Die 4-i Artikel von 1552. 

ße coena Oomini p. 69^ ed. Sie- 
meyer. 

— Panis quf'm frangimus, est enminu- 
nicalio t-orporif Christi. — t>a ein I^il) 
nicbt an mehreren Orten nnin kunn : so 
kanD auch der Leib liirisci nicht zu 
derselboD Zeit an laehrcren Orten ^igCD- 
württg »ein. Und da Chriotu» nach der 
8vlu-it'l zum Ilimniol crhubvo iH und 
dort bleiben wird wsqtu- ad finem sac- 
cttii: eo darf Niemand eiiK- rctilc und 
körperliche Gegenwart »eines Leibes 
im Abendmahl glauben oder lehren. 



Die 3D Artikel von IS()3. 

D« coena 0. att. 2S p. 60S ed. Nie- 
meyer. 
Coena Domini non est tuiitum sujimm 
mutuae bntevoUntine Christian nr um nitcr 
ses^^ verum polius siuramcntum nottrae 
per mortem Christi redrmfilionis. Da- 
gegen: Cifrpus Christi dafür, accipitur 
et nuindufufur in Coena tanlum cuetesti 
et sfirifHuli ititione. Medium quo acci- 

pitur ßdes est. Guttluse und l'u- 

gläubi^c enipfauKoa Chrislum nicht — 
Nach Kuuke. Kngl. Gesell. ). S. Miü, 
erklürtc KliHabeth ^gen Philipp II., sie 
glaube an <icgenwart üotces im Abend' 
mahl und werde von der MeMe nur 
durch wenige Punkte Abgehalten. 



De civiiibxu magistratibus p. 599. 

Rex Angiiae est supremum oaput in 
lerris posl Chislum eccksiae Angti- 
e-amse et Hibertticae. 




*) Ranke, Engl. Gesch. 1, Tt\. 
die .^0 Artikel, Qieseler 8.26. 



De eivU. magistr. ort. 37. 

Regia majestas in hoc Angtiae regno 
ar caeteris ejus dnminiie sumnuim habe/ 
potestatem , ttd i/ntitn omtmun iloluvm 
hiijns regni, sive Uli eceUsiastiei smt 
sipe civites, in omnibus causis suprema 
gubernatio perlinet, et nnUi extemae 
jurisdictioni est suhjeeta ncc esse deb<H. 
— Verwaltung des Wortes tiotte» oder 
der Sacnunenle soll ihr damit nicht xn- 
erkannt worden, sondern nur eine Auf- 
uichl und Strufgewalt über Alle. 
Erst jetzt beatütigte auch das Parhunent 



39« 



Zweite AbtheOaDf^ Zweltnr Abschnitt $ >9. 



KathoHüche mltgehrirht: ao Krhicn sie nicht geoigrnet, aUm ProtmUntkiiki 
in t>i('h Niirziiiiu1inu*u oiler dur<^ti »ich zu befHedigeo. Anob die AnkitL|;;cr 
drr Koformstion warpn mit aU«>n difsen KinrirbtunfiMi (l«r Kt^nigin kfüt» 
w»};s durchHUM ziifrirdi'a , oiid die KifrigatCD nutor Ihnen verdieuteo ixh 
niii ihrrt» KitUliiflM*^ iu Sctiotttand willro, wo dir- GleichgHAinntRii die Opp*- 
aitiun gf;;fii den RötuiBobco K«lbolici»Diug luuiaacbteD, besoadure äelwan^ 
O gab aarli in Kngbuid pidr Part«! i^olchM* ^ dii* antcr der rori^ 
R<-^tcruiig cntltohrn oder vertrivbeo waren und jetzt nicht aua Lutboriachci 
Unig«>bnng6ii, aundern von üt^ntf Straaabarg, Bma«^!, Emden, Fraukfnrt a.lL 
mit den Aniiprilohcu vtin Confi-ssorcu zurtlrkkamon, — Einige zarricdeo di* 
WrhilllniftHe nu>i den /«Ritten Kdward'g VI. herg<fstellt tm 8oh«n, Andvr« 
aber noch «trouger OalvinlHoh gtisinot und daher befrewdet durrb di« 
in»n('hfrli'i unhibliw-hon iider heterogenen ßeHtandtheile dea engÜBehn 
Kircheuihtim»-. VI* waren diejenigen, welebe wegen ihrer Fonlcrang etlM 
Ton allem KnthuliclBnms gereinigten Kircbonwescns nun in Englasä 
die Pu r i t II n e r genimnt wiirdon. *t Hie üprachcn nach franziWiiaclt- 
Keforniirtor AnnchHunng der weltlirlion Kegiernng die Gewalt iu der 
Kimhe ab, verwarfen die klerikalen Grade, die Rischdfe, ilire üttter, Jnri»- 
dii'tion lind i«tflndi)tehe Keehto, den •Stiprematseid, die Re«et3iung g^tticlirr 
Stellen anders aU durch die Gemeinde. Anatösag war ihnen ferner die 
Pracht de« CultuB, Orgeln, CVaci6ie, beßonders HessgewAnder („Mnmmerei*'! 
sowie weltliche Vcrgntlgnngen, Reuponsorien , wiederholtta Vaternnarr, 
KreuzcMzuicIicu bei der Tanfe, Ringe nnd sonstige Förmlichkeiten bei d«r 
Trauung, FcrIc und Instrumente, indem sie Kugteich hehauptetsa , daH 
diiH iiltCestacneutliche SabhalhsgesötE auf den Sonntag ansgctlehnt werda* 
mllHse. **) Kulctst naiimen sie nun Kwar den Snpremataeid an, naohden 
Kliaabotb hatte erklitron lassen, c8 »ei darunter nur zu verstehn, dasi 
die königliche Gow:iU allen geiBtIicheu und weltlichen Beamten im Reich* 
Übergeordnet m*i, wie nie nuch aelbat nicht Oberhaupt der Kirche, nondf 
nur sHpreme gorenmr of (he church hetsiien wollte Auch titimmtt^n dl 
Puritaner darin zu, dasa UnirormitAt in der Kirche bestellen mllaae; lUi« 
aie buriefun tüch In jeder Re^ichuug auf da« alleinige Ansehen der heiligt 
Schrift; aus ihm folgerten sie einfach, dastt der KAnig nicht nur in Ulauheoi 
sondern anch in Kirchen- Angelegenheiten nichta hofeblen dUrfe, wa» sU 
nicht HUB der Schrift hegrOuden lasne, und verwarfen hiernach mol 
Rtichto der Bischöfe nnd tnanche Beatimmnngen des Cultus, in dei 
grade Rliaabutb mehr für eine AnnAhcrnng an die katholische Ktrchl 

') Zuorat Helt Iä64. Vgl. Weingarten, Die Revolutionskircben Englaiu 
S. 16. Iti) Allgetnviiifu: D. fieat, History of (He Puritans, iitlotzt Lond. I' 
& volL tleutitcli, UuLl« ITüi. G. Weder. GckIi. U. akach. Kirchen, 2 

"} Linsard. VIII. p. 73. Gieaoler, a.a.a 8.33. 



Aafkoicmea der KnnooDfonaletcn und DiwenterB, 



299 



Borf^e getragen hatte. Von der Schweix aus wurden iie jetzt besonilera 
durch Bullingftr bprathen;') Viele der hmten Geistlichen gehi>rte» zu 
ihnen, welehe diui Wfrthletccn »iif AeDnnerlirhkeil'm al» tinwiLrdi)i;e Zor- 
atreutiog und WerkdienAt srhenten; aucli Bischilfe nahmen Anstand, gegon 

iMAnnor, nntcr denen die gewccktORtcn und wirkoanisteu E*rcdiger sieb 
b(t£anden, nm der Kleidi^r und Shnlirher Hinge willen einzuschreiten. 
Seit 1567 und 1572 organisirtcn sieh sidbst srhnn besondere Gemeinden 

[nach dioHer Kjrhtung. **) 

Es gab aUo zweieri«! Nonconformifiis oder Oissenters •'*) im 
Gegensätze zu denen, welche sieh den Ent«r.heidung«n der K5nigin und 

Ldea Parlamenten c«nform machten, den Conformisln , den Anhängern der 
estahiished chureh, der S9 Artikel und des Common prat/er-fnmk : Katho- 
liken nnd Puritaner. Um non gegen Beide das eingeführte System 
aufrecht zu erhalten , wurde , da die Königin ducb dieae kirchlir-hen 
Functionen nicht sfilbst austiben kunnte, — ein Gesandter Bchrieb naoh 
Hanse, er habe das Oberhaupt der Kirr.he von Bngland tanzrn sehen, — 
lOD 1559 ein ioquisitoriscbor Oorichtahof, der covrt o/* high com- 

'mis.finn. unter dem Vorsitz des Flrzbisdiof« Parker elngpJIIhrt und mit 
ansaerordentlicben Vollmaebtcu ausgestatt^H , «elehe ihn iu den Stand 
aetzton, auf den Eid der AnkUgeT nnd 7<engen htn nach hitretisehen 
Meinungen und Itllrhern, naeb Grlloden des Wegbloihens vom bctttehotidon 
Oottesdientit und Tht^ilnahmi^ an Privatznaamninnktlnrien zu forschen und 

[mit Oeldbuasen, Ge^ugntss nnd Absetzung einiuselireiten. Dieser Geriebta- 
hof betrug sieb nun zwar nai'b dem Willi-n der Konigin gelinder gegen die 
Paritaner; doch diente ilittses totereuchnngsvertabren dazu, diese Letzteren, 

tvelebe aacli im Farlamento gute (.interslatz äugen batt^'n, nun erst ouch 
mehr abznaondern nnd dem KJrchenregiment entgegenzusctzeu. 

Die Puritaner waren schon vom Krzbischof Parker (I 1576) bedriingt 
r<irdeD,|) weniger von dessen Naebfotger Grindal, welcher fllr aräie 
Gclindigkeit und Gegenvurstellnugen von der K^inigin mehrere Jahre 
suspendirt und dann zu resigniren angebalten ward , aber noch vorher 
1563 starb; desto mehr hatten sie von Whitgift zu leiden, der ihm 
15K:I bis IWU folgte nnd von allen Geistlichen Unterschriften zu der 
Erklärung bcitriob, dass nicht nur It die Ktinigin das Oberhaupt der 
Kirche sei, sondern auch dass 2) das (nrnfttou jn'atjer-bi>tik nichts Schrift- 



*) Dieser hatte schoo unter Kdwanl mit den t-nglischeo Rot'urmatoren in 
Verbindung gestanden und nüt f'ranmer corrospundirt. 
••) Gieeutcr III, i, •^^ Noie 20. 

*"> Der Namo (Hirigenn erst seit ir.ri2. Vf. SohMI hei Herzog X, 41t. 
I) DI« ronvcKiaiion nahm unter ihm l.S7t Iiiociplinarartlkel an, vctcbe die 
Bischöfe vorptUchtetKn, die rredigtliconx Jtidem za oelinien, der nicht di« :tf) Ardkol, 
[die Liturgie nnd das Ordinatjonsformular nnlentebriebon. Scbifll 1. c. 369. 



300 



Zweite AbtheilacK. Zweiter AhMbnitt % 19. 



widrig«8 entballo and 3) die 39 Ajrtikel als schriftnUaiiig mnzaerkeaua 
soicD. Nachdem hucIi auf's Neue eine ParlamentMcte es fflr Peloaie 
erklärt batto, irgend welclie rinindaAtzc , welche ge^en die Kunigia 4sf- 
wicgcltcn, iu irgend einer Form auszubroitea : bu wurden dud uti 
S<^liriftfn gegen iIaa f'ommon prayer-futok ala Verletzung der kirchückn 
Untcrtlianuap Hiebt betrachtcL Damit war wieder der Ucborgung zu blntigv 
liilrtfl gf^gebcn. Zwei puritaniHcbe UeistUcbe, welche den SupremalMil 
vorweigerten, wurden 1588 hingerichtet. Im Jthrc 1592 wordn «Uan 
durch einen nocb strengeren ParlamentsbescblnsB von Allen , also airk 
dou Pnrilaueru, binnen drei Muuaten bei Landesverweisung GouforminiBi 
und Vermeidung von Convcntikeln gefordortj worauf auch wieder uhl- 
reiche Ucfangcnochmuu^cu und einige Hinrichtungen folgten, ohne d&a 
datlureh dir inzwischen vcrmi'liriu Zähl ilcr Puritaner, deren tllaabeas* 
genoasen uoterdeeaon in iichottlaud gesiegt hatten, uuterdrflckt wonlei 
wHre. Man rechnet, dam gegen Ende der Regierung Klisabcth'ä etwa 
ein Drittel aller ongliiu'hen (ieiätllchen ihrer Äemter entholißn und uR 
durch viel schlechtere iiIb diese Kiferer ersetzt worden waren; „die Kerker 
fällten aich, wfthreud die Kanzeln leer wurden."*) 

Viel 8treng4^r entwickclti; »ich allerdings das Verfahren gegen £t 
Anliäu(:cr de« Papstes; auch hatten diu politischen Besorgnisse nach dieser 
Seite mehr WahrHrhcinlielikeit, wenn auch diese Gefahren durch du 
Roligionahaiiti des der Kuni^iu anhangenden Volkes und der Untersticbuup' 
riehter hüufig nur hinzugedacht sein nii>gcn. Hau tiauch nagen bei Tag nol 
Nacht niitcr eleu Vcrdächtlgcu , Ini|uisitioneu mit Tortur auf Namen und 
äucben wie Kelche, KoKenkränzo und dergleichen nahmen eifrigon Fori 
gang, besonders nachdem W. Allen 1568 ein Seminar englischer Ratbo- 
liken zu MisHiuncn im Auslände in Douay begründet und nachdex 
Gregor XIII. zu gleichem Zwecke iu Rom das ougUscbe ColI^iiiB 
gestiftet hatte. Das Parlament setzte 1581 die Strafe des Uocbvorrathss 
darauf, wenn Jeu»ud Andere von der estabihhed cfiurcfi abziehen and 
sich auf ein R<*-cht dazu berufen werde, und verbjlngte hohe Geldbusaei 
wogen Theiluähmc iin der Messe und Wegbleiben von dorn Gotteadlead 
der Staatakirrhe, — Letzlerea sollte mit 20 Pfund ftlr den Monat geahndet 
werden, — oder wegen Benutzung von Privatlehrern ohne höhere Bewilli- 
gung. Die Folgen davon waren Verarmung vieler reichen Kathüliki^o, 
welche sich auch durch grSsKere BLiitimeu abfanden, Verschwinden du 
Katholicisraus uuter den Aermercn und zahlreiche lliurichtungen. In dw 
Kiitschlosscnhcit, damit uicht spnrsnm zu sein hei Durchführung Uuvr 
Miiassregeln, ist Elisabeth beinahe ihrem Vater Ähnlich geworden. £• 
bildete sich damals auch eine „Association", d. h. eine Verbindung, dereo 



*) Schon B. v. 371. 



BegfnuoDde fi^aUung in der euglischcii Kirube. 



301 



ütglieder sieb verpflicliteten, Jeden der etwas gegeo die Königin ODter- 
lehmen wflrtle, zn verfolgen, bis er vertilgt wJlre. Nach dem MissMugcn 
ireier AtteuUto zu Guiiiate» der Maria Stuart, 1&H4 und IhACt, buatUtigte 

[diu Parlament diese AtMoriation und be«rhloM<, Hmn Foraoucn, in drrcn 
Interesse ein AtijL;rifT auf diis Leben der KOni^n iint^'rnnmmi^n würde 
ladurcli ibr Kerbt hu die Krune, imd wetiii sie srlbttt dnrnii tlieilnilhmeu, 
lueli da» Lebrii verwirkt bähen solUen, — i4ii He^rhluTiü, Wflrher zwei Jahr« 
laraiir gegen diu gefnngene Königin Muria Stuart wirklieb augew»udt 
rurde. — 

Alle diese Tbatsat-ben beweisen, dnss die KirrheiigrUuUiing der 
llisiibetb zu einer völligen natiimalen l'ünigunt; nnf dimtem flebtet uirlit 
fcfnbrt bat. Zwar war eine pTosnartij^e B:iaiH zu einer Nationalkirclu* 
felegt, welche Staat und Kirdm inniger verbiniien nnd dniliireh kr.Hftigen 
lad selbstJindig maeben konnte; aber so durebaus aristokratisch und 

fexelusiv oder vielmehr monarrbisrb und ab)(olutirttii«rh war die neue 
kirebenverraiMUlig geordnet oder richtiger gelattsen und nur einer 
tolfUidisrhen »titt einer ansliiiidisebeu llaeht llhertragen worden, daas 
ladurcb znuial in einer «rlHin an groHite politiHi^lie Freiheit gewObuteu 
ind damit zur Walirhiiftigkeit erzogenen Kation jeuew evangidiin^he Ver- 
■geo nach mehr Verwirklichung des allgemeinen Priesterthiims und 

pDaehr Mitwirkung der tlemeiudeu iu der Kirche, welrbi-s vom Volke ber 

nieiaton zur Refurraatlon getrieben hatte, nieht nur niclil befriedigt, 

>Qdem durch eine noch streogcre Unterordnung znrflckgewiesen wurde. 

[Darum blieb denn anrli hier gerade im Volke ein zugleich politiseh und 
Eircblicb gerichteter Trieb nacli Ltisreisflung von der neuen Staatskirrhe 

|nnd narb Erwerbung von Vnabliängigkeit üurüek, wuleber schon im folgeuden 
Faltrbundert nicht nur Disseuterparteien in vielen Formen, sondern zum 

[gToaeen Theile auch die Revolution berbeigeHlhrl faaU 



§ 30. BefonnatioD in Irlimd. 

UtilfHmiltel: fticfi. Murray, A'ccU'sttislicat ftüUtn/ af Irttand, Loml, /S-fS. ■!. A. 

SAgt:. The trish church , Luntt. t\S2. Ilegowisch, Ueliftrsipht der irländlwhon 

^41fi«chichle, AU. Wift. Ufoorr, fUsiory i>f Irttantl , Par. lSi6. Beauiaoud, 

Irland, 2 Bde., Braunschw. M-Mi. Collier, Htaau- u. K. O. Irlands, Berl. IS4:>. 

lo Irland kämpften im Anfang des XVT. Jalirbnnderts grade wie 
[oocb jetzt zwei darcliaas stamm esTerschiedeno Volker nm die Herrschaft, 

die alten celUsehen U^t^inwob^er, ein heiteres poetisrbe-s, dem Augenblicke 
[lebendes Volk, nud die tlbcrlegtorcn , betriebsam ereu angetsäebsiscben 

Engländer. Zu Anfang des XVI. Jahrhundert« war Irland noch oloht 
IgauE, aber doch theilweise von England unterworfen. Seit mehr als drei 
I Jahrhunderten, genauer seit der Invasion Heinrich'» 11., welchem der 

Papst Uadrian IV., selbst ein Engländer, 1161 die Insel als Leben Über- 



SOS 



Zweite ÄMbeiluitg. Zwoiter Abschnitt. | da 



wieson, hatten mcli von Eni^laiiil her an der Oftttinite Jea Landes^ , 
pale", Grenzpfahl, Mark genannt, englische Kinwanderer festg^notit 
die nraprtluglir.he ct'-ltiavlie BcvOlkeraog »ich nntertbäai^ gemacht, 
Uuterntihint^n , dati mau ihnen vun England aus ohne riel Einwirki 
xiemtich selbst tlbcrlaatien tiatte. Die Eingehiirenen wurdi«n ihnen 
Wilde prci«gcgebcu, damit versucht werde, sie plauniiüDig uU GngUader 
heranzubilden. Aber auf der grüaseren WeHtaelt«, zwei Drittel des LaodM^ 
wantu Ute noch unQberwundou ; altiri&che Hftapttinge , meist freiUeli im 
Kiimpr nnter «'inaiider und natürliche (le^er dt-r etiglischcn Etndrin^liiif^ 
RoUteo twar nach der pftpBtUchcn Uelehnung Vasallen Knglanda aeli, 
berrarhten aber hier mit alter lInabhän|;igkeiL Das ChriaUmtham iw 
auch hier si-hou ausgebreitet; von ihm war iui V. und VI. Jahrhoodm 
die erste entMcheidende geistige Einwirkung des Autilandai auf Irland ani- 
gegangeu, und htünahe die einzige, denn aurh von de» Kdiacrn war 4u 
freie Volk nicht unterworfen worden, — und uhgleieh die christlicke 
lleligion an dorn n»lien Kampflebon noch nicht viel geändert hatt«: w 
war die doch al» eii> Ucgeuätand der Anh&nglirbkeit tiefer als irgewi lll 
andere» Kildungitelemcnt in des Volkes Weacn und Sprache etngednmgai, 
nnd uielir nocli als einst in die sobweizeri&cben Waldcantoue. CnbcrQbrt 
wie äte war, aucli von Mlsabräui^hen der Uienirchie, wubl aber von «ÖMV 
eintlusäreiclien inUlndiächen (leiüClichkeit geleitet, war der alten Bev01kerM( 
ADKchlicäHuag an Kirche und Papst ebenso ualUrlieh und gelkafig ab 
Misätrauen und Widerwillen geg^en Alles, was von England kam. J« aoolt 
die eugliacbeu grosseu (irundbeäitzer auf der Ostsuite wullti:u liebef dta 
nnabtijtngigen altiriM^hcn liüuptliugea im Westen als den eugUscheo lla«k- 
haboru ähnlich werden, und obgleich sich Nat'ihbildungeu englUeber 
Formen und bisweilen ein l'arlaniont und dergleichen einfanden: sp 
suchten docli auch diese AnstalUm meist jede Einmischung von Kngbod 
in ihr uunbhttngiges Treiben fern sii halten. 

Doch ochon initcr Heinrich VUl., der zuerst den Namen „KAnig 
von Irland" annahm, während der Papst nnr „Lord" verwiltigt hatte,'} 
blieben nun die Versuche nicht aus, auch auf Irland so weithin ab 
mOgLich die kireUlicIien Maasaregelu des Königs zu Übertragen. Nacbd«l 
der ErxbiHchof ('rumer von Armagh eip feierliches Auathem Über öt- 
j«>uigeu ausgesprochen hatt«, welche dem kIrchUchcn Supremat des Künijr» 
sich fügen wQrden,**) und während ein nltirischi^r Graf Kildaru in cinea 
Aufstand sich eine Zeit lang behauptete, Kaiser und Papst gega 
Ueinrich VIIL au Hülfe rief, aber Ib'.ib sich ergeben musate und, nach- 
dem ihm Amneaüe versproeheu, 1&37 hingerichtet wurde, erhob Krzbiachof 



') Murray, EccUstasL hist. of Ireiand, y. 188. 
**) Moore in, 2»6. 



Diu vngllaehß Kircho dtin^ hi Irland ein. 



303 



ItCromwell am 1535 «inen Ihm ergebenen Angnstiner tieorge Brown 
tum Erebischof von Dublin uod gewann Uid für die engl ist' Iifii Refurmcn. 
LHcHer Ue«s nun Hililer tind Ueliqn{L>n in den Kirchen zeivUlren und den 
iuprcmat dc6 Ri^aijrs procUniircn, und da von den PriilHlcn allein 
sktB XU hotfen war, brnchtp man nücb dem Vorgänge von England fin 
Parlament im Westen drs I^nudea zuKaninitfu und Hrblua» die (JearhUlU- 
trägor des Kleriia, jiU welohen bloss oinf.' beratlioude Stimme zukoniaie, 
davon aus. So ward auch hier läHG der äupremat der Krone und die 
UDznlilssigkcit temcrer Appellationen nach Hom dnrchgefuhrt und jeder 
Vurauch der Verthridi^nng oder Wiederlierntellung dcH Tapate» bei Strafe 

[des pratmimirt' untersaget; statt des Papstes worden dem Könige die 
„ersten PrQcbte", auiuerdem otn Zwanzigstel aller itirrhtirheu Kinkilnfte 
xageAprocben. *) Kwei Krzbiscböfe uud aebt Uiscbi'ife erklärten uieb mit 

Idiuiien BeAchlUascu einventiandeu. Während bisher die KAnige von Kng- 
laud in Fol^e der päpstlichen ItclehnoDg nur Herren von Irland geheiseeii 
batlen, ward nun eml, nls die päpätHehu Ktititrlieidung nichts mehr be- 
loten sollte und der König von England auch schon als Haupt der 
Kirche von Irland nnfgetutelll war, IM'i Irland filr ein Königreich erkUrt; 
die altiriscbcD ilauptliagr wurden durch nugebutenL- Pairswünleu mit 

[Dotationen ans dem Klostergut an das englische Interesse herangeloukt, 
auch allgemeine Ocriclitc eingeaetzt, welche dem Volke gegen die Willkür 
deT UUiiptlinge llftlle versprachen. ;^chon vorher hatte man 1.^37 anch 

lin Irland, der „Ueillgen-lusel", die Klöster aurgehoben, und da die Krone 
Dicht alle«i eingezogene <iut behielt, ttonderit es theilwcisie zum Heranzielien 
der irtitndiscbeu Urosseu uud zur Ausdtattiiug ihrer rantoliafteu gebrauchte, 
da ferner aurh die übrigen geistlichen und weltlichen Grossen, besonders 
die englischen, vieles Kloster^rut unter sich zu theilon gewusst hatten D;ieh 
doraelben Art wie sie, sich selbst überlassen, iincli die IJinkflnlte l'dr sich 
zn behalten pflegten: »o liess sich anch dies uhue gefährlichen Widerstand 
darchsetzen. In (ilsubenssachen ward nichts gciindert; hier vielmehr 
hielten die Männer an der Spitze eiuunder das tjleichgewicht,**) dnlior 
bemerken wir uuerwai-teter Weise jetzt in Irland weit mehr Ruhe nnd 
viel weniger Gewaltthat ab in England, uud docli auch schon ein« un- 
bedingtere Unterwerfung unter Kngland als zuvor. 

Mehr Widerstand aber erfolgte dann unter Kdward, doch erst 
später, weil Irlaud, längere JSeit wieder einmal nnlteachtet, ur«t im fünften 
Jahre Kd ward's in Hotracht gezogen und zur Thuilnahme au dessen 
kirchlichen Kiurichtungeu gedrängt wurde.*") In welchem Oracle der 



*) Hoore Ili. 30U, Lingard VI, ä&3, Hegewlaeh, a «3. 
•*) Cf. Moore Ul, 305. 
•^ ib. IV, 21. 



SM 



Zwcft» AfclhiHiift ZwiUtr iUMMu. « 3u. 



KOaie T0O Eacfaal •■ die Sldfe 4e» Fapilei magttnUa «et» vuUtc, 
Mdeto nch lüer a&ch d«ria, da« die BelierrMhlea in <7al(aB nickt tuA 
den Sinae der RrfonBatäuo dJe eigne ICBttmpnchcr sUo die irUodiadK 
Hndern tiie tler UrrrMber, die eneUsche, welche aie virlleicht UMh 
weniger ah die Uteiniscbe TeratudcB, aa»ekawn solltaii; aach frlW 
schon hatte man cor leicbt^reD CBterweifoBg der Irlinder unter '^*tp***4 
dir irUiitliM-br Sprsrhe nod PnMic sa niiterdrflckeo gesnelkL*) VthfV 
svHlcn die ü-Uoder sich jetxl das rttgli»clK t't>miium ftrayer-book aif- 
nAthigeD lanBen; alMn dies eriKbi«Q ihnra zngleicfa als GtaobeimvMaf 
Qud ala (wliciarfaer Druck; anfreixcodc Uegeiivirkungeu von PrvÜEnidi 
ond Koin auA hattAD scJion begonorn und konnten in den treMlirkf« 
nirhlcngli»ehra Gi-j^nden Ik»dru grwiniirn uud vim dorther sich anabrnla. 
lliifTniiu^i'u anf Krbaltang der Unabhängigkeit tdd EngUnd dnrch atr 
Iflndiacbc tlolfe belebten in den altinncben nsuptlingeu und Biarbä^es 
den Kifer fhr die kuthoÜBche Kirchv, und dies wirkte auch auf den OMia 
AI« daber die Anunbnif. der cnglirtcbeu InsUtntioncji gpfordort ward, nt- 
lie8H*>D alli' Biarbüfr nud EnEbttM-hofe bis auf Brown und noch Kim 
bald Irlutid; eugli8<-b (>eiünnt4-re wnrdt'n in ilire Stetlru geBt'tzt, nber d» 
niedere Geintlichkeit, welche im Lande uud unter der Etnwirknn^ vua 
WeBten ber atn Orte blieb, nnterhielt auch im Ot)t«D die Vorliebe fttr d«l 
altf^n Cultu». iJaiä Volk sab nicbts als Kirchi-uraub in dem ZeratiJren da 
Bilder und gar keinen Üewinn, keine Ueform Mtndern nur eine Gewalt 
thBt darin, wenn ibni statt eeiner irischen tieiätltcheu Fremde, die sein« 
Spracht; nicht verstanden, von dem scbou ubnedie^ nur gefQrcbteten Enf 
taiid siigefUhrt wurden. 

Wenn nun auch unter Maria filuf Jabro lang dies Verhflltnisa unter 
brurben und in Irland bereitwilliger ala in England Alles unter Kdward 
Yerftlgto dorch mn Parlament vom Jahre 1656 wieder fllr aofgehobei 
erklärt wnrde: an stellte qh t^icb doch mit dem Jahre 1558 wieder br^ 
und ist eigeutUch auch »eitdem ziemlich so geblieben, d. b. zu dem auck 
ohnexlieas scbon gewaltsamen Vcrhällnisa der beiden durchaus ver* 
scbiedeneu, um Freiheit und Uerrscbaft kämpfenden Villker sind noch seit 
dem XVI. Jahrhundert die ungleichen reIigi(>Beu Motive hiuzugekommcn; und 
wie die Uriecheu unter den TUrkcn, *ic die Juden unter Persem, Ae^ypters, 
Syrern imd Hüniern, wie die Spanier unter Westgollien oder Arabern, wie 
dip Polen unter den Kussi^n: so bat aucb das irländische Volk, an- 
gescbloBsen au seinen katlioliachen niederen Klerus, sich der auf- 
gezwungiuien geistüchuu uud weltlicbeu Herrschaft Englands mit zugleich 
religii^sum und natiunalen Eifer, obwobl vergebens widentetzt; und andrer- 
seits hat England das benachbarte Irland in Ahnlicher Weise behaudelt, 



*)Oo«0Wlioh, S.61, Moore, iV. II. 



K 



HtelluDg dar Irland. Kirche xor engll«chefi. 



305 



rie es im XVI. Jalirhundert seit der Entdeckung^ von Amerika naeh dem 
Vorgänge der Portugiesen und Spanier im chriaUiclicn Faropa aonat 

^eigcntlicli nur gegen die Wilrtf'n, ihre Kreiheit und ihr Eigentljtim politisch 
lUtKtich und darum denn aucli sonst uubedenklicli gefunden wurde.*) 

Anfangs 15G(t sprach ein irlÜndlBclii;« l'ftrUroent aas, dass die irländiaclie 
jrclie nacli dem Muster der englischen zu reformiren aei; znnfirlist hatte 

[dies nur fllr den Osten, den i>atc, Bedeutung, im Westen unterwarf man 

[sich nicht. Einzelne Aufatände liufärten neue Landeserwerhnngen für 
Kngland (1568), doch ging dies noch zu langsam. Der Statthalter 8ir 
'bom. Smith maclite ttinen förmUclien ColüDisationsplau ; IffTS ward eine 

[engUschc Expedition nnt^T dem Alteren Grafen Esaex, halb als dosseo 
eigene SpecuUtlon, halb als die der Königin organi^rt zu woiterur Erobe- 
rung des I^ndeit, weloheH dann den Kigontlillmem abgenommen und mit 
inglündern eidoniairt zur Hillfl^^ Easex, zur Hülfle der Kdni^n gehören 
)Ute. ") Oieaee rnternelimen miaslang freilieli fast ganz, docli half es 
len Irländern niejit viel, datM Papst Gregor XIII. Unternehmungen 
sogliflcher und irlflndischcr Insargcnton mit Schiffen, Soldaton und Gold 
intenitlltxtn,*") und führte nur zn neuem BlutvergieRHcn auch gegen die 

[edelsten irlKndiachen Geschlechter wie gegen die Grafen von Dosmond; 
sbenao der Angriff Philipp'a von Spanien auf England 15H8, bei welchem 

Fes an llütrnnngen der Irlilnder nicht gefehlt hatte. Endlich 1099 nnd 

[itKX) miashiug auch norh eine Expedition des jungen Eaaex gegen 
riftndiscbe Inaurgenten nnd apuiifiche UnteretlttKungon derselben „znr 

iBeaehUtzong des Glaubena'^ Dennoch ward die Methode des Colonisirens 

[tind Civjlisirens, das hieaa der Üeraubaug der IrUnder dnroh englische 
khenteurer, welchen man hierzu freie Hand Uess, beibehalten. 

Dieser Druck führte dann 1G4I und 1642 zn einer Art gicilischer 
^esper gegen die protestantischen Engländer, in welcher nach Murray f) 

(40,000, 150,000 ja 'iO<VX)0, — »o differiren die Angaben, — englische 
Protestanten jedes Altera und Gesehleehts amgebracht wurden, und gegen 

[vclehe Gewaltthat erst Croniwell die englische Uorrsebaft mit gleichem 

iBIutvergi essen herstellte. 

Daü Ende dieser Rilmpfe kommt darauf hinaus, dass das irlSndimche 

|Volk , wie es politisch den Engländern unterworfen war: so auch als 

I jllftmtliehe Kirchenveilasttnng die der bi seh i'if liehen Kireh» vim England 

|su ortTügen und zu unterhalt4:-n hat, wahrend die Bevölkerung in grosser 
Ichrzahl kuÜioli^ieh gehlieben ist und sich nn kümmerlich von ihr seibat 

^beköstigt« Hisi:lii)fti aiischlie«utt, bei dem Allen aurh muasenhaft auawauderL 

•) Cf. Moore IV, 7;i. 
••) LSngard VIU, t2S. 
•^ ibid. 131. 

t) KccL hisl. of ireland p. 264. 
n«iika, K iTftluingaiKhiiihi« I. 30 



30it 



ZvMte Abtheilnn«;. Zureiter Abnchnln. f 91. 



Krat als seit iHGb durch die eogllscli«!! BpiInlekaBgon die Cnti»pirmtl« 
dur I'Vnitfr licrvurirenifcu und dic4c, wclvlie Uhrif^vDB diu knthtiUHbu 
tieisllichßn Irlund« nirlit billi^vn,*) aiicli ftlr Iviigland gcßllirlH^h wurd^ 
nlä z«r Untorftucliiing ^ogfR sie die Ilaboas-Corpiis-Actti tidspundirt mtnlr, 
als auch anglicaaUchf OuUtlichc dad MiBAvrrhitltiiiM ded Keiclilhanu dn 
angliCAnieriion Kirclic tu der geringe» Zahl der Mitglieder aU nolehoi 
erkannt«!], — fllr 44,(NKi l'roU'^lAiitf-n wurden :\ XWAcMtt nnd 55C tlergymn 
nnterhaltcu, — tst danu lH6d endlich vo» Kngland au» trinige Brleirlile- 
rang gew&brt nnd einige HeeehranknDg der Allpinlirrrarliaft der anglt- 
rani»e.)ieu Kirche Über Irland gesehafTeii wordcu ditrrh die KircbeBbill 
GlaiUtooe'a, «elclie wir hier nicht cn besfihreiben liabeu. 



Befomiatioii in Schottland. 



Litcrutnr. AiisMjr Bachanitn'B Qu«]l«aftc!)irit't: J. A'nojr, Tke ttist&r^ of Hit 
ref'armatioH of reUffum ifitftin Ifif rvalm of Scoltand — — , fUUnb. t73t 
G. Stunrl, The history <if the rstablishment of the rr/ormation «/ rrlüftttn i» 
Scoliantl. Lmtt. 17S0, deuUuli Altoiiti. I7SI^. G. Cook. History of th€ reformaiiem 
in Scottanä, Edinb. i^Ü. StäinlUn, KJrcliongtiscblchtu vud Grosabritaimiai. 
'Hl. II, IJÖtt 1819. r*. M'Vrie, Skrie/ics »/' scutirfi cfiurcJi-hiitoff/ embraemf 
(fie jßtrriott fnrm the reformation fo Ific revofution, LoiuL Jti-it. Caläerofnoi. 
History af ihe kirk of Scntlaud bis li;2!>, volUtändlg Is42~-I9. Rnw, Ht'tterff 
of Iht kirk of Scotland from JSS6 to 1G37 lieraoBgeg. lt*42. TytU-r, //Lttnry «f 
Scolt/tHd, Kdinh. tS43 in 9 Bdn., hierher Bd. h — W. Hethertngton , ffistorf 

of thtr chtirch of Scotland. G.Weber, Gescliiclite der KlrchutiroturniKtioti h 

UroBabritauDlen , Lpt. ISM). 2 Kdo. (JoDcral Kndloff, Gesch. d. Ruf. hi Strbutt- 
land, 2Bde., It»ö0. Uebrigunfi vgl. KchrJtckh, II, 8. &04 and deii Artikel tu« 

J. Kttstiln bei Hersag. 

Sciiottland war im SVL JahrhundtTt noch ganz anabhJtngig von 
England und hatte zwar ciiifl monarchische VurfaBsung, aber mehr ächeinbar 
aU wirklich; der Sache naeh war die hllchste Gewalt bei den zahlreicbea 
fast ganz geistlichen und woliHchen Grossen, nnd zwiRphen diPHpn berrachtB 
die gewühntiehe UivalitAt, insbcRondBre «in \erlangeu der Wettlickea, 
Macht und (Ülter der UeiatlJchcn, BiscliÖfe und Aebte an sich zu brin^sB. 
Da alle diese MiösVfirhäUniaBe, hauptaiLclilich die Oliuinttcht der Regiomugi 
durch mancherlei L'matöade im Laufe des XVI. Jahrbunderti* nicht wie 'a 
t^ngland sieh verminderten, aondern noch betrüchtlieh zunahmon: ao erfulg^to 
die schottische Uofonnatlon in der Form eines Sieges Tcrbundener anA 
Terschworener, selbst vom Ansland dabei nntersttltztor weltlicher GrosMB 
gegen Ihren eigenen König und gegen die Bischüfe, freilich nicht ohia 



•) AuHtitärt des d£ux mondes IS6C — 67 p. 253, 




Anfang» der icbott R«lorniiition. llAttiÜioQ. 



307 



[den roiflringendeu Kinfliiss einer einzcliiE^n grossen reformatoHaebea 

:P«niöoliclUveit.') 

t'nl«r König Jakob V., 1524 — 42, gelang etwas Bedeutendes noch 

[nicht Frcilicli seliun unter ihm fehlt« v» nicht an einzelnen Anhängern 
nnJ Hfförderern der ncnen Lehre, Als den firateo botraehteteo die 
Hrholten Helbut Palrick Hamilton,**) welcher nseh Wittenberg and 
dann mit Zweien seiner L:iiiit»len(e 1&27 auf die so eben gestiftete Uni- 
versität iMarbiirg kam, hier Schüler Lambert'» nnd Krhard SchnepCa 
wnr*le, hier auch mit dem englischen Ucborsoüter der Ütbel W. Tindale 

, xusamitieiitraf und im {tilgenden Jahre KnrQeicgekehrt Lamhert's Orund- 

[sitze 80 eifrig verbreitete, dass er ergrifiTen und ln2d, noch nicht 34 Jalire 
alt, auf Betrieb dea Erzbiachofs von SU Andrews Jakitb Beatonu ala 
Ketzer verbraunt warde. Ks blieb jedoch unter Jukub V, bei einzelueu 

Igewaltsaineu Versuche» zur Unterdrückung den Intereasee fHr die Refor- 
mation. Zwar war der König derselben nicht abgeneigt^ desto mehr «bor 
die Biachot'e, besimders der genannte Rrzbischuf Jakob Bcatoan (i 1539); 

'luid aU Ueinrich V(iL Jakob auffordert«, sich seinen kirchlichen Maaaa- 

^regoln anxuachlieHtten, dieser aber tiach grossen Anerbietungen der Itigeliöfe 

'Sich weigerte, kam ea zu eiuciu Krie-ge mit England, der fllr 8chuttlaud 
so nnglllcklich ablief, das« der König vor Schmerz dartiber im Wahnsinn 
Btorb (154*2). 

Nau folgten von 1543 bis t5(iO achtiehn wechaetvoUfl Jahre der 

iRegentsehaft, da der König nur ein Kind von wenigen Tagen, Maria 
Stuart (geb. 1&42), naehgelastücn hatte. Die ]Iauptper«i>non der Regent- 

laehaft waren: David Beatoun, Neffe nnd Nachfolger des vorher Kr- 

[wlhnten, heftiger Gegner des ProtcstantJBmas, dann Jakob Hamilton, 
Uraf v. Arran, günstiger für die Reformation ge^tiuimtf aber schwach 

inud lenkaain, and die verwittwetit Königin Maria Üuise (geb. 1515) in 
enger Vorbindung mit ihren Brüdern und mit Katharina v. Mediei. Im 



*) Im Norden niaehten dJe Iloehland^ ungefähr so viele Staaten ana, als aieh 
Jimmif (liier Clmis iliirin licfunrlen, nlior im(*h in dem von England mehr bcrtihrt«n 
[Niederlande, welches iui nochlftiicic ili« Fremdo hie«*, war ein roher Adel, das 
|Vulk arm, obne GewerbflcisB iiOil Handel, die OeierliobeTi unwissend, irätifl und 
littenlo». Ini XV. Ji«hrliunilert witren drei UniversitÜteu zn St. Andrews, Glasgow 
Lnnd Aberdeeu gegriitdet worden, aber aueli diese siandeu zurtlck, nnd erst \&M 
{fing tnun iin, diu (}riechische zu lehren. So Dahlmann S. 92. 

'•) V^l. Lorimer, Preeursors of Uhox. J, Ilamilfott. Kdmb. tS57. Pettr 
.oritHtr, Patrick UittnUUm Ihe first preachgr amt martyr of the ScoUish reftrr- 
rmttit'ii. Kilitib. /S57, p. 90. Seine loci o(i»>r t/ifses waren das erste in MarhurÄ 
gedrnckte nnd vprtheidtgte Programm snf Lainliert'Ä Rath, wie dieser selbst be- 
fSeugt in der Ä'.Cffy. wi Jjmc. in der DerticAtion an den lAndgrafen Pliitipii . vgl. 
.orimor S. >t.'t nnd 210; Auszog daselbst ans dem Album S. Zt'J. Jenes Pru' 
[^omm soll In Fox, Aeti and monument$ IV, p. 572 gedruckt sein. 

JO' 



308 



Zvt&te AbUielluug. Zweiter Abschnitt S 3t> 



Volke hatte die t!>iichc inKwiscliou grossen Anklang gefundeu. Gleich ai 
dum Tode dea Ktinigs hatten die KcrortDirti.*u bt-hon so vioU; Anhänger, 
dasa ajü die Lfirtis of (irürles , einen dirigirenden Aussrhuss dea PiltI 
ments, am Gustattung dce freien Loscns ^•it engÜächcn und achütUachcai 
BibclUberei^tzung fUr daj« \'oIk batiMi. Hamilton vorsrhiifftf ilmen auch 
divHe I^rlaubuiiw; alt) er aber uiin mit Heinrich VIll., der furtnnter- 
bandelte, einen Vertrag al>8chl038, welcher für England viel vortbeilliafle: 
Buhieu aU für Schutlinnd, wurde er su verhatfat, da»s i-r ji;tzt an den' 
Cardinal und die fninzöttiArh-kathittiftehe Partei itich iknsehUessen niti«$t« 
und sieh »ogar j;euötlilti;t glaubte, seine bisherige Aühilnglinhkeit an di« 
Heformirten in einer Kirche ilffenllich alanschwilr«^n (l&Kf). Von nun an 
knnnt<:n denn die Vertheidiger der evangelitirheu Olaubensrirhtuog nur 
alH OppoBitiunspnHei auftreten oliue UnterstUtKung in der Regierung, vi« 
mehr von ihr verfolgt, dabei aber eine Festigkeit bewfibrend, welche ihnen 
immer nene Anhänger zufQhrte. Es war das Volk, welches sich auf diese 
Heite üchliig', vulkBthilmlitrh und aristokratiseh, nicht hierarchiseh oder 
munarchiaeh musdte ^eh hier die kirchliche Kefonnparte! aasprXgea. Cra- 
bisrliuf Hcatoun durchzog die Proviuzen und inquirirte, nachdem im Par- 
lamentu die Todesstrafe ftlr die Anbilnger der Neuerung erkanut war. 
Manner und Weiber wurden gehangen , ersäuft; aber die Verbrennung 
eines sehr ehrwürdigen Predigers Cl. Wishard (iriJC), welcher der Krabischof 
ansah und bei wtUchcr der Sterbeude ihm zurief, er werde auch bald um- 
kommen, bewirkte eine solche Aufregung, dass Beatoan vou 16 Ver- 
schworenen im Mal 1546 ermordet wurde. .Nun suc}ite man zwar dj 
Verschworenen, welche sich auf dem Sehlosae St. Andrews mit englische 
Httlfc bclukopteten, auf das strengste zu bestrafen; mit Hülfe französische; 
Truppen, welche man hatte kommen lai^sen, wurde das Sohloss einge* 
nommen und die Üefangcnen auf die Galeeren der Franzosen gesehaffL. 
Dennoch aber versUrkte sich der Anhang der Reformirten durch den Un 
willen über die zunehmende Abliüugigkeit vou Frankreich und durch eng- 
lischen Einflnss. 

Schon seit dieser Zeit erscheint auch der Mann auf dem Schauplatz 
welcher wegen seines nachherigen Kinftusscs und wegen seiner auegezeicl 
netcn Persönliehkeit als der cigcutUcbc Reformator Schottlauda betracb 
werden darf, John Knux.*) Kr war !&(>& geboren, hatte zu ät Andre 
den Unterricht dei> Job. Mitire oder Major, eines früheren Pariser Lehre 
genossen, welcher u. A. die Gerson'schcu Grnudsätze vou der Superiori 
des Concib) Aber dem Papst und von der Widerrechtlichkeit politisch 



4 



*) Biographie von Th, M'Crie, Li/f of J. Knox, Rdinh. IS//, im Aaszuge 
deutlich von IM iinck, iiiStt. ist', Audi;- uiit ZuetjitxeR vou Crichtoit, Lonä, 1847 
Brandes, Knox, IMJi (Bd. IX der Vfitcr der Bef. Kht)h«> 



/" 




Enox als Persttiillchkeft and Fr^nnd Catrtn*». 



309 






EiDiDiftchitDgeD doe Papsttbums vcrthoidi^, bftttc Dochhcr aus dein Studiam 
der KircIiRnvttter, beionders de» Aaguatin und ITicroDymn«, andere Vor- 
stellungen von einem wttnachcn&wcrtlicn Zustande der Klrcbc sieb au- 
geuignet, war dann selbiit aU Lehrar zn 8t. Andrews aufgetreten und 
zugleich Äura Preabj-ter ordinirt wordeu. Bald war er schon von 
Beatuun l>emerkt, degradirt und verhaftet worden, aber er entkam, 
disputirte nuu und predigte zum Volke, billigte den Tod Beatoun's, 
wurde aber ebenfalls ergriffen nnd auf tTanz5aiArhe Galeeren gcsf^bicht, 
wo er fast zwei Jahre (1547—40) als Rndcrsciave diente. Solche Leiden 
befeatigten ihn in der unbedingti'n Verwerfung aller ttnsseren Hierarchie 
und machten ihn bei dem redlichsten Eifer zum rücksichtslosen Volks- 
flttbror, welcher gar keine Versöhnung kannte, Papstthum nnd Katholieis- 
muB als üf^tzendienat, Papst und BischJ^fc als (Ji^tzendiener aD»ah, gegen 
die man wie Elias bis zur Vertilgung kümpfen mflsse; denn «elbst eigen- 
mächtige Ermordung entbchiedener TodaUuder liielt er fflr erlaubt*) Dazu 
kam, das» er nach seiner (Jefangensrhaft , — unt*T Edward wurde er 
durch Verwendung desselben beim Könige von Frankreich frei, **) — 
zuerst 1549 nach England ging, wo er anter Edward in grossem An- 
aefaeu stand und 7.ura Bischof bestimmt war, sieh auch 1653 vcrhrnrathete 
und dann unter Maria mit anderen Flüchtlingen 1554 nach b>ankfurt 
nnd weiter nach Genf Wgab. Sein Aufenthalt an dem letzteren Ort war 
von grosser Wichtigkeit; denn in melirjflhrigem sehr engem Zn»animenleben 
mit Calvin (1556 — 58) lernte er im Einzelnen dio durchgeführte Strenge 
einer presbjrterianiHrhen .Sittenzucht kennen und bewundern und wnrdn 
für Calvin's Scliriftvcrsldndnisö, namentlich l^r die streugc Prädcatiuationa- 
lehre rollstXndig gewonnen. Dazwiachen wirkte er auch als Prediger 
englischer FUlchtlinge in Frankfurt, zerfiel aber mit diesen, weil sie ihm 
noch zu viel Papistlscbes hatten, wie er denn auch eben deshalb nicht in 
England geblieben war. 

Unterdessen hatte sieb die franzöaiachc Partei in Schottland noch 
dadurch verstärkt und zugleich verhastit gemacht, dass der von Hein- 
rich VllL betriebene Plan einer Verbindung zwischen Edward VI. und 
Maria .Stuart, welche vielleicht viel Cnglilck verhindert h&tte, aufgegeben 
and vielmehr Maria an einen Hohn Meinrich's LI., den nachherigen 
nig Franz LI., verlobt und sechs Jahre alt nach Paris geschafft worden 
war, um dort eine Pariser Erziehung an dem von Diane von Poitiers 
regierten Hofe zu erhalten. Auch legte. Hamilton 1554 die Regentschaft 
nieder und Uberliess sie der verwjttweten Königin allein. Als diese nun 
dio höheren Aemter in Schottland an i^Yanzosen zu vergeben anfing und 




*) Raumer a. a. 0. 432. 
) Tytler VI, 15. 



SlO 



Zv«i(tf Abtheilong. 7,wtittr Abschnitt. ) ai. 



wcUücb i j 



fUr Errichtong ein« Btebenden Heeres «ine auuerordentlioko Steuer 
Imugtc, väbroD() sie dum doch wieder mit proteatantiscbpu Adeli^ea 
biudung suchte und cD^lJftcheii FlUcbtUageu den AtifctithaU geaUtt 
verbuBden sich, dur^h Vertriebene itnter Uaria und durch Knox* Bflt 
kehr Ittiib ungefeuert, die Auliin^vr der Rcformutiüu , mvisi wcltlicba 
Oroese und Lords, im Deoember Ibbl sa einem Bunde fcovi 
welcher mch die Lusang gab: Verlaseen der «CoogregatiOB Am 
der be^tebentlen Kirche und Bierbofe, VertUguug de* GüUendieaaln 
Beförderung dca Wortes Gottes «uT Leben und Tod.*l Auf den Schlöftsen 
der «Lords von der Congregalion" wurde Refi>rrairt«r GuttesdienU eü 
fuhrt, »ueriit meist nach den cnglidolicn BUcborD. Scbon IbbB ittX dl 
Bund offen hervor und Torderttt von der Regentin Cultus iu schottische 
Spracbo, Abendmahl -luh utrat/ue, Ähsctsuog unwürdiger Geiatlicbpj 
Olaabeusgvrii^Ule bloäs auf drMti Grund lühUscher Gebote und Vorbot« u. s. 
Kdox musate cwar noob einmal wit^cr nach Genf ontweichea (Lä56 — 58V 
wirkte aber ant' dad Volk durch HulVcgende Briefe nuU ProchunalJoi 
unter welchcfu besonder« eine, die den Titel flllirto: (»Erster Trompotei 
gegen A$a monströse \Veiberregim«nt" fihe firsi hiaat of the Irumpel Offt, 
the nwuxtuous regimeul af n^omen) "*\ und leitete die Keformirte Pai 
aua der Ferne, während man ihn in Kdinbui-g ala Uberwieseuen Ket 
citirte und im Bilde verbrannte. Eine letzte Verbrennung eine« BSjAbrt| 
Predigers Watter Mill auf Grund einer früberen Verurthoilung bracht 
Allea in Aufruhr, und im Mai 1559 kehrte dann Knox, eingeladen durc 
die Lorda von der Cougregation , von Neuem znrUok ond predigte das 
Volk zuMmraen. Von Pertb aus wurden nun durcb ganz Schottl) 
Kircben, Bibliotbekeu, Klöster vcrwQstet, sd viel mau erreicbte, allein l' 
oder nach Anderen 26U Klöster zerat^lrt, die schönsten Gebjlnde, der« 
Kuincn noch jetzt Schottland bedecken; aber Knox sagte: ^Wenn 
die Nester zerstört, kommen die Kraben nicht wiedür**^!) und die« gii 
um BO gewisser in Erfüllung, als sieb der Ade! sofort in deu Boalts der 
KloatergUter uctzte und sclun dadurch an die Reformation gefesselt wui 
Der Vudalismus, mit welchem die erhitzte Menge fortfuhr, jode nicht xi 



*) Die Mitglieder dieser .Congregatiou Chriati" gelobten: .vor der Mixest 
Gottes nnd seiner Congrcgation , dass wir (durch seine Gnade) stets mit alh 
Sorgfalt unsere ganze Macht und Vennfl;ren anwenden und ftelb»t iins«>r Lei 
nicht schonen wulton, um da» heilige Wurt ftoties nod seino Cougrcgution 
»chützen, lu bellirdcra und cinzufllhren. — Wir Terbindon uus mit diesem hoUl( 
Wort und der Congrcgation und eritaagen hierdurch dec (.'oagregation dos S»t 
und allen abergläubischen Griiuolo und Ahgittterci derselben,- Gieselcr III, 
S. 569. D. IL 

") C/r. Tytler VI. S0.SJ. 
•••) Vgl. Ständlln II, 409.410. 

t) M'Crie L c. JS3. 



SchotIluKl. Bekcsntniss aiid Disolptln. 



311 



stimmende Gomoinde »iweiniindcrmJAgeB, ihre Messbltohcr za verbrennon 
und Altäre sn spolürca, wurde oiufaeh gcrocbifertigt mit der Pflicht, den 
Evaitgelium RaKn zn brechen. K n o z ' s Anliang wnrde imuier muiou- 
Iwfter; dtn* ehotnaliRc Regciit Hamiltou, jetat Bersog too Chatcllerault, 
nad at'io Sobn der Graf Arrait traten wieder zu den Reformlrtcn, obenso 
ein natürlicher Solin de» Torälorbeußu Künigs, Jakab Prior su 8t. Andrews; 
viele E>tell«ute wnrden ancb darcb dio Gclrgonlit-it, die Gttter der vor- 
wtbtetoa Kloator wegzuneltmeu, angeatigcn. Als aicb ann hiergegen wieder 
die Regentin durah franziiaiftrhe Truppen zu verstArken Hnchte, und nach- 
dem eben jetzt 1559 oacb dem Tode Heinricb's II. von Frankreich ilire 
Tochter Königin van Prankreich geworden war und ihre AnftprUcbe auf 
England proclamirt hatte: da entächloHS siob auch Elisabeth, gegen sie 
und ibrt; Uutter den achottiticben Insurgenlen durch engli^ohe Truppen 
Hälfe zu leisten, uud so muaste sich bald die Begentin bq dem tCdin- 
burger Vertrag von 15ti0 veratehnn. In diesem wurdu veraprochcu, 
daas die frauzösi sehen und eaglischen Truppen abziehen, ebenso Franz 
nod Maria ihre Ansprilohe auf Knglsnd aafgebon sollten; den Ueforintrten 
ächutti-n aber wurde garautirt, dass daa durch ein Zusti'ümen dos uiodcrcn 
Adels von den Lor<lt> ganz nbliXngige Parlament flberhaupl krinfti^: Qber 
Krieg und Frieden entscheiden, daas iusbesundere die BeschlUase des 
aogleieh zu veritaiiinielnden ParUmentt; auch in religiÖAen Dingen eben ho 
gUltig sein sollti-u wie kuuigUche Ven^rduuugeu. t'm dii-sclbe Zeit starb die 
Regentin Maria von Gniae, die verwittwete Königin, 15 Jahre alt (lät><>). 
Im Parlament wurde unn bald einstimmig, — Keiner wagte rs das Alte 
zu vertht'idigen, — ■ die Aufhebung de-s Papätthuma verkündigt und als 
neue Grundlage der Kirche ein QlaafaensbokenntDiss nnd ftlr die 
KirehenverfaHBung ein Disripliabneb genehmigt nnd eingeführt 

Das GUubcDsbokonntniss, Con/Hsio Soticaua l&6n,*) erkannte 
nur svoi Sacramente an , Ober welche es mehr CaWiniach als Zwingli>>ch 
sirh aussprach; es fordert<' aber von jeder rechten Kirche strenge \'er- 
valtuag uud Oisciplin nnd nannte es Pflicht der Obrigkeit, deren göttliche 
Eliaaetsnng anerkHunt wurde, den Götzendienst tu unterdrücken; es erklärte 
das Papättlium für aufgehoben nnd verbot die Messe bei schweren Strafen. 
Diese Ueetimmungen nahm das Parlament im August 1560 an, und nun 
erst sollte die n Kirche" znr Ausübung der von ihr geforderten DiscipÜn 
sich selbst weiter organisiren. Im December 1560 trat zu diesem Zweck 
aiemUeh formlos, aus Geistlichen nnd Anderen bestehend, eine Versamm- 
loBg zu^mmen , welche aber als erste grtwral asseniöty der Reformirten 
Kirche von Schottland gerrrhnct wird, und nahm fOr die Kirchenverfassung 
ein wohl besonders von Knoi nach Calviniachen Vorbildern bearbeitetes 



') CoUec**o eoH/essionwH, ed Hiemeyer. p.340. 



312 



Zweite AbtbaUuns. Zn-dter AbacliiütL $ 31. 



<lbfi 



?c/«f" 



DUcipUabaeh fbook of düciptine)') an, worin Folgende« beitiai 
vurde: Jede Gemeinde regiert sich selbst durch cia aus GeistUobrnt^ jikr- 
lieb gewählten Aeltestrn und Diakout-o susaniniengesetetcs CüUrpam. 
kirk Session; auch den Ocistliclieu willilt sie sclbet, und er vird in aUc 
SffenUlchen Angelegenheiten, besonders in den disripUnariächeu vi>d tlt 
Aelteaten unterstützt, wahrend diu Besorgung der üoldtacben and ät 
AlmosAn den Diakonen obliegt Aum Geistlichen nod Aeltcston oiehrei 
Gemeinden treten Proabyterien und aus denen griJsserer Btixlrke I*ro< 
Tinsial-Synoden zusammen; die hOcbste Vertretung der Kirche ist eine 
gtnerat assemhfy. Daneben worden, vielleicht nur einstweilen, — aber 
dadnrrb vorbindet Bich ein epiäkupaler ^ng mit diesem presbyterial«« 
Qrandchartkter, — auch noch einige Geistliche aU Supertotendeotro 
eingesetzt, welche in gr^gsereu Bezirken die Prediger, den Unterrirht ni 
die ArmeupÜege boaufäiehtigon and visiUren sollten. Die i^alil dentt«! 
wird auf zehn angegeben, von denen aber nur fünf wirklich 
wurdeiL**) An wöchentlichen „Schriftt-rklälrungen" oder „ proftkecip. 
k()unen aber ausser den Oetstliohen auch unterrichtete Laien thfttig tbc 
nehmen. Alle Featzeiten hören auf, weil die Feste nicht in der Set 
gefordert sind; keine Orgel, kein Altar, kein Kreuz, kein Bild, keiod 
Kerzen, kein Syuibul worduL muhr in der Kirche geduldet, auch alb 
litargisehen Formulare widerratheu; eine grössere AbeudmaliUfeier wird 
die ersten Suuatage von -1 Muuateu im Jalir augeorduet. Das Kirchei 
wird ftlr die Kirrhe surtickgefordert, eine Forderung welche sogleich dt 
Adel dofi Dieoiplinbttch austo&iiig umchtc; uoch mehr waren den BiscbAfei 
welche ancli noch vorliandeii waren, dje«e Bestimmungen verhasst. 

Dies Alles, Glaubeusbokeuotoiss und Discipliubucb, Absciuttfnng 
Hesse und Papsttlmm, sollte den Grandriss der schottischen Kirche bildi 
welchem aber noeh jede kt^uigliclie Bcittiltigitng fehlte; und su dauerte 
zunächst noch 7 Jahre, bis diese neue Kirchenverfaesung vttllig iu Schott 
land siegte. Denn gerade jetzt kam im August 1561 als ueunzehujähj 
Wittwe die Ki^uigin Maria aus Fraukreiob surilck, voll AnliüDgUcbkcit 
die katholische Kirche, welche sie in Paris als eine ätUtzu der kOiiigtichi 
Unumschränktheit kennen gelernt hatte, wie an das i'apstthum, welch« 



voi 



*) Abgedruckt im Anhange von K.nox* KeformatfonsKescbicbte, Ansfrahe vt 
Gavin. Vgl. WHtier II. S. .>8i ff. 

**) Diese SupeKntcudonten fiollten jeiloc^li nicht luUdaig gi'hen wie die UisohQffl 
aondern nur 1 his ö Mutute an eiucm Orte xtiltringKn, danu alter ihre ganze Di( 
eoeo bereisen, drei Hai wßcbentlidi prciIi^CTi, das Verhalten der Prediger, 
Sitte des Volks, den ZusiAml der Annen und den ITnterrieht der Jugend Üb 
wachen. L'eborall sollten ['farr»chiilen liesicht'i). und von dieser Einrichtung leit 
Tytier ehifju groasen Tbeil der «pä(oreu Wohlfahrt SchottJauds ab. Tytlerj 
Bd. VI, &. IM. 



SobottUnd. Kampf mit Sfarla Staart. 



313 



} 



ihre Auaprücfae auf England billigte ^ daliei am Pariaer Hofe an solche 
Sitten gewöhnt j ftlr welche Calviniscb strenge Volksfttlirer wie Knox 
nicUl nur küiue Duldung hegten , gondern welche sie als FrUebt« des 
aataniBchen üotzendittiititeB AUäKurotteo sich ftlr verpflichtet hielten. Ihre 
GcitiiMiuMgeu hotaudeu aich im grellatin Oontrast mit duneu, dii; aie schon 
im weiten Umfang verbreitet und entwickelt vorfand. Es konnte nicht 
sum Frieden kuuioieu zwischen denen, welche Birh ihr hier al« Execuloren 
göttlicher OrdauQg, auf dae Volk und einen Tbeil des Adels gestutzt, 
eotguge na teilten , und ihr selbst mit ihrem Anhange , welchen aie sich 
aberall gewann. Wie den Edinburger Vertrag, so erkannte sie aacb daa 
GUubeusbekcnntnii«» mit der AbttchjLfTuug des l'apdttbums nnd der Messe 
und das UiscipUnbuch nicht an, als eine erste generai msembly die« von 
ihr begehrte. Anfangs vermittelte noch ihr Halbbruder Jakub von 
St Andrews, welchen sie jetzt zum Lord Moray ornaontQ und welcher 
an der Spitze der ReforoUrtoa Partei stand. Eine Heirath mit Don 
Carlos, dem Sohne König Philipp's (geb. 15d5), welche sie selbst 
irflnschte und betrieb,'} — die Verhandlungen darüber entfremdeten sie 
auch von Katharina von Medici, dio Don Carlos ftlr ihre jüngste 
Tochter wünschte, — kam ebenfalls nicht zur Ausführung, ebensowenig 
«ine andere mit eiaeni Neffen Philipp's, Erzherzog Karl, aber freilich 
auch jene nicht mit einem Günstling der Königin KlioAbeth, dem Grafen 
Leicestcr; vielmehr vermählte sie sieh 106 j mit Einem der schottischen 
Grossen Heinrich Stuart I>arnley, einem Nacldcommen Heinrich's Vltl. 
von England, der nnn den Kclnigstitel annahm, auch bisher der Reformirteu 
Partei angehi^rt hatte. Frieden jeduch wilnsrhte die Kuuigia mit dieser 
selbst nicht; sie erhielt die bestimmtesten Zusicherungen von Philipp U. 
nnd Pins V., den Patronat über die Kirche erküirte sie nicht aufgeben 
au wollen , die aufgehobenen Kesttjige beging sie mit besonderem Eclat, 
,auch Freudenfeste über Niederlagen der Protostanten. Dagegen schloss 
sie sich der französisch - spanischen Ligue 15G5 an und gab nun auch 
Bunst noch vielfachem Aei'gemias, als sie einem italienischen Privatsecrutäx 
David Kiocio, welcher ihi-e Üorrespondens mit Spanien und Born fahrte, 
zuviel EinfluöH gestattete. Nachdem Riccio dann in ihrer und Darnley's 
Gegenwart löGG mit des Letzteren Zustimmung zu ihren Füssen meuchle- 
risch ermordet nnd sie darüber mit Darnley weiter zerfallen war, als 
dieser ferner nicht ohne Verdacht ihrer Milwissenschiift durch andere ver- 
Bchworene Lords im Februar 1567 umgebracht wurde, sie selbst aber mit 
Einem derselben, James Buthwcll, sich vcrheirathete, welcher zu diesem 
Zweck erst von seiner Fran geschieden werden mnsste und dann zum 




") Vgl. WarnkUnig. Dun Carlos, 1664, & ti3— 70. 



314 



Zvdte AbtlwUvag. Zwdtcr Äbaohsitt- ft 91- 



ncTftog ernannt wurde:*) da erhoben sioli wieder ener^eher and nit 
Wuffen iu der Uand din HntikatbuliBcliuo Lord« fur doii Tcrsturbeoen Kl 
Darnley and seiuon 1666 gpbomen Sohn J»kob gf-pm die Königin 
xwangen üe, auf die Kt'gittniog zii liunsten dieaiu Ihrea flvline« tu tt 
jUi'ltKu, welcher denn auch »ugleieli i^ewälilt wurde^ Indem Lord M«ra] 
als Regent fllr ihn eintraL Knox predigte bei der RrÖMiiBtf and 
um diese Zeit auf IlinricbtUDg der Königin wegen l^ebroeh aod (Sattfit- 
murd. Ngch rinmal mit Ualf« einen neuen GUniitUags George Doagla«, 
velcher Tmppen fUr nie susammeugebraoht batte, verBucbte sie Q«wa)l 
gegen die Reformirten , widerrief Uiro Venuchtleiatuig auf die KruM^ 
wurde aber von Uuray bei Langeide 1568 ge»ohlagea, ao AMm Uur siohli 
übrig blieb, als eutwcder aicli su ergeben, — aber das ParUmeBt haue 
ftchcn beschlrtHecn , dasa KOnigftraord ohne Ansehen der Peraoa mit dfo 
Tode bfüitraflt wurden mflase, — oder «ich durch die Fluohi 2a retten. 
8to floh, aber uaob England. Hier lieas man aie denn fireitioh nicht oaeh 
Frankreich Weiterreisen, und noch fast ^O Jahre nachher fand(>n Könipn 
und Parlament geguo ihro fortwtthzendcn Beiullhuugen um Wiedertiir 
setzung zur :>irh«ruiig des neuen kirchlichen und politischen Zuataadaa 
ihre Hinrichtung nölliig und gerechtfertigt (l.'>87). ") 

Johu Knox, wie er in seiner Refarmatiauagesohichte die Bilie aui- 
gpricht; „ilerr, erlöse uns von der Tyrannei dieser Unrp": ao hatte *i 
noch 15T0, schon „mit einem Fus:« im (irabe**, nach England an But- 
l«ygh geschrieben: „Wenn Ilir nicht die Wurzel weghauet, werdea die 
Zweige wieder stÄrker HUhHchlageu.***) Schon vnrlier 1567 aher haltt 
eine neue Parlamentiiacte die BeeoblÜ&ae von 1660 bestAtigt, Papsttham xai 
G()tzendi(-[iAt verboten und die Keformirtu Kirche für die einzig gilltigt ia 
ftrhottl.iDd erklärt, welche nun auch allein und selbetftndig ihr Kirch«»- 
rcgiment und ihre Kirehcnzucht Üben Hollte. Daa Recht der Patrone, n 
prOaentiren, wurde hier zwar wieder anerkannt, aber ob die Präaentirtea 
geeignet und annehmbar seien, »ulUe doch immer ervt die Kirche prüfen, 
nflnilich die Superintendeutea, die Provinzial-8ynoden, in letzter Instuu 
bei Streitigkeiten die (/etierul asset/ibit/. Und die Ki>iiige von Schottland 
sollten von nun an dies Aile» beucbwi^rou; far den Jungen König iakob VL. 
achwuren es ßUrgea. 

Nun gab OB allerdings auch unter dessen Kegtment noch Schwankaogu. 



*) Ilftnsser, <i««chlohte des Zeiulters der Beformation H. liM ff. 
•'1 Vgh tnoentmits lie In Itni/nf Descosse 1556— ii9, LierauHg. von Jose] 
Robertson, Ertiuli. I%3, beschrieben in der Aiigsb. A. Z. Anfang tSM. V« 
einigten ilreissii^ Jahren alt hrmichte Maria Stiinrl schon Perrdcken, und ro bohi< 
der Henker ihre I'errlioke in der Hand, und der Kopf mit kleinen grauen 
fiel hin, Elissbeth hatte SU PerrÜckeo. 

"•) S. KüftiÜD s. B. Knox Ijoi Horiog, VU, S. 77i ff. 



SohotHaohfl Klrobe nnter Jakob VT. 



315 



Dar Koni;;, aU tr honnwucbs, var sehr fUr die Bischöfe oingcuommea, 
welclie <ir al» tStflteen der kintijfUrlicii Gewalt aDR»h: noch 1581 luiUc er 
gegen frübere KuWcliciduo^u ans der Zi-it vüu Kdux, welohm- 1573 
sUrb, wieder den Bischöfen nod iicb selbst bedetitende Gerechtsame vii- 
dkirt.*) Aber im Jahre 1592, als er Gruad halte, audcreii Widertiacbcra 
gegenüber die eifrigen KlrnheninlUißor «u vcritüliueo und an sich xu »icben, 
beförderte er aaf einom nouen PaHamonte**) eisen Repeal fiisl »Her 
Icirrblirbt^a BeHrbltlase dee früheren von 1581 und ratiflcirte da» gauxe 
pre9byteriaui»oke Kirchensyatem mit g&ierai-assemhiies als höebstcr Spitze, 
dann i»rovmcinl-symHts . bieranf (trexbifteries and endlkh khrk-at^ssiotis, 
»etite die VeranmmluDf^szeitcu fe»t, übergab dicker Verwaltung die Ent- 
«dieidungen Ober AnateUting und Abaetzang der Üeistlichea, Häresie and 
Kirchenzucht wieder and behielt nur die PatronaUrecblo dos Könign und 
anderer Laiunpatrone in der Web» bei ^ daaa die von ihnen Präsentirtun, 
wenn sie äoust die ^eiätlichen Krfurdernissc bed^seen, adniittlrt werden 
uiUasteu. Vertreter der Kirche sollten dann auch gar nirht wie frtlbcr 
die Bischufü Sita und Stimme im Parlamente erhalten. Die eifrigen Au- 
faünger des presbyteriani sehen .System» lüeUen dies deshalb ftlr selir wiehtig, 
damit niebt wieder wellliche und vum Hole abhftngig« BischOft: au» »ulclien 
geistlichen ParlamentsgUedeni würden, und forderten desto mehr 8elb- 
atAiidigkeit der Kirche, welche, wie sie verlangten, ohne (lenehmigung de« 
Kihnigs Vttnammlungen hniten, berathen, be<chUeasen Boltte, aodaas deren 
fieBohlUsae der KOuig dann lediglich ausaufuJiren habe.***) Nun wUnschto 
xwar eben derihaJh der Kf^nig lleides, Uesc-Ikränkiiug dieser SelbatAndigkeit, 
welche oft iu I^cdiglou auch ^egeu iliu eclbi^t verwandt wunle, und 
Wiedereinführung einiger Geistlichen in die Parlamente. Und wirklich 
gelang es ihm 1597, durch eine Gcncralversainiuluuf; und auf deren An- 
trag im Parlament verfugen zu lassen, dass nolche Pfarrer nnd Uiener, 
welche die Krone in'a Parüuneat itchiA'kte, iuaerlialb deaselben wie früher 
die dnvtigen Prllaten frei raiti^timmcn unllton; «ine Generalversammlung 
fügte noch einige Verwahrungen hiusu : 51 sollten es sein , halb vom 
Könige, halb von der Kirche selbst gewählt, der General vorsamm lang 
tkoUten sie ftlr ihre kirchlichen, Anträge und Vota im Parlamente veranl- 



*) Georg Buchanan, ireb. 1506 ^ 1692, als man Ihm auf dem Stcrbehctte 
uagie. Jakub VI., einst sein Schiller, sei ganz entrUerei dtwr Aoinc Schriftvu: 
Hentm Scoticarum hisutria und Oe jure regni, aniwortete. „das kliramer« ihn 
wenig, denn er komme mm l>ald u» einen Ort, wo «ehr wenige Kfinig« wohnen.** 
A)lg. Z. iSöti, 8. &7S4. Schlimmere Sterbereden von ihm orwühnen Jtlcher and 
Bayle s. p. 

"t Cf. Tu'Ur IX. $ö. 
•••> (M. FJ, ??Ä. 
t) iM. IX. 237. 



:}i6 



ZweltQ Abtbellanff. Zwdtar Absohnitfe. fi 31. 



wortlich 8610, noch nicht Bischöfe, sondern commixsiotters heias«B, 
ftouatigeu kirchUchcD Amtes warten u. b. w. D«nnocb wnrdes iwfaW 
wiedur Binrhöfe daraoB; diesp aber Btiess die Na.tionalkirohe *»■ 
Bich ab. — 

So war damit virklich wiedor im Oroaseo Belt dem XVX Jahrbandfin 
iu einem Laude eiiic vom Staate und der StaaCaverwaltuag weithii 
geschiedene Keformirtc KirrhonverraASung an die St«;Ue der alba 
bischöflichen gesetzt, und swar fdr den Augenblick ohne merkliche Cfr 
eioigkeit ; eie wurde nachher de^to hedentender, seit auch dicg hui 
politiHch mehr und »ehr in Uulerorduuni; zu Eutfland trat und in idi« 
prrHbyteriani&chen Kirr hen Verwaltung die eigenthßmiirhflto inUndisohe Ter- 
faaaungsforni nud Lebendordnuug übrig behielt, welche auch auf Englaid 
vielfach zurückwirkte. 

Das Wort^ dasa nichts Neues unter der Sonne geschehe, will aich an 4tr 
Reformatio u»gcach ich tc dic&es Jahrhundert« nicht bestfltigen; denn in jedea 
Lande sehen wir die neuen kirchlichen VerhSltnisiiie wieder eine anden 
und eigcuthd milche Gestalt annehmen. Bia jetzt fand sich kein BeMpdel 
einer volUtHodigeu OurchfUhrung, welche mit den früheren Institationfa 
in 'gleicher Weise und fflr den ganzen Umfang des Landes gebrodm 
hätte. Erst Schottland bietet ein aolcheB, erat hier endigt die Umbildnf 
mit einem angotheilton Koiiultat, und mit dieser Klgenschaft bttngt er 
sammen, das» in Schottland die Reformation nicht von Oben herab, sonden 
vom Volke ana tnltM' doch in der Kürm einer Insurrection go^n dM 
K^iiig unternommen und in's Leben geführt worden ist, und zwar bis ist 
FlerätolluDg eiuea ZiiHlandes, welcher bis in unsere Tage die Dasis streagur 
Zucht und Sitte wie kaum in einem anderen Lande geworden und gebliebei 
ist. Von aolchen Krfolgen pflegen sonst Revolutionen nicht begleitet n 
sein; ea iat nicht gcwilhnlieh, da&s menarhliclie Untomehmnngon, wenn sie 
in dieser Ocatnlt auftreten, auch zum üuten ausschlagen und vor Schaden 
behtitet werden. 

Im nitchatfo Igen den Zeitalter schien unter Karl IL die angUcaniacbe 
Richtung obzusiegen; dennocli entwickelte die presbyterinnische Nation»! 
kirche eine zike Widerstandskraft , und nach beiden Seiten Trotz bietend 
gelang es ihr seit Hii<)*, sich in der Alleinherrschaft featxuaetzen. Ji'ach 
der Aubsage des Loni Olareudon bestand um lHß4] die Religion nur 
ans dem Abscheu gegen das Papatthum, und noch 1700 fand sich Jeder 
katholische Priester mit Tiideastrafe bedroht. Aber auch der Angli- 
ciiniamua blieb geßthrdet, und 1714 wurde eine anglicaniscbe Kirche zu 
Glasgow zerstört. Selbst das englische ParLiment erkannte es als un- 
thunlich, der schottiachen Kirche fremdartige Ordnungen aufzunöthigtin; 
obgleich fast nur aus AngUcanern bestehend, ging es dergestalt auf das 
dortige Uebergewicht des presbyterianischen Frincip« ein, dasa Strafgeeetse 



fioBDitat der w:hottlscbeD RerurmatloD: 



SIT 



»gen die fttr Ate Stuarts thfttigen Anglicaucr und zu Gunsten dpr Prw- 
[byterianer erlaH*en wurden.*) 

L'chrigcns zt?igt aicIi seit Knde des XVll. Jahrhunderte oine traurigo 

Lbnahnir dvit gcietigeu wie de8 materivllcu WohUtaudos. Die fnihcrcu 

(Xandkircheu lagr^ii 8(*it Kiiiix intrütt in Ruinen, aeiiv wurden nirht gebaut. 

[X>k; üiUfte des ürandcigonUiuius befand »icli in dor Hand räuherisclier 

lenschen, während oin FUnlllieil dor Kinwohnt^r ku netüorn herunterkam. 

[TlmulugiBche SchrifbitenL-r Fi^hlU^n faxt }f:inz, vhvn w Studicu und Wgciie 

[Gttdanken, und wie ftelteam rontrastirt diese Vi'rarraung mit dnr gteich- 

[«eitigen Strebsamkeit dvr Kiudcrlunde! lieo sittlich erbchliifTten Zustand 

^erklArt DflUingp.r verkehii aus der tlbcrmüäsigcn Tr&iitUr.hkiMt der 

^Cülviuiflchen Lehre, uowie er auch behauptet, dasa e» nicht mügUch geweseu, 

luf die ImpulatJnnslehre eine wiaHenrii'haflliehe Kthik ku gründen. **) 

)a8 XVIII. Jahrhundert braetitc iu aciucm Vorlauf den theolüginehen 

loderantismurf und Kationaliamus, bis das XIX. wieder zu der Kitdung 

[einer utrengeren „evaugeliaeticn Partei" und zu der Enlättihung der „Frci- 

:he'* durch Chalmcrs Veranlassung gegeben hat 

Im OotteadienM hat die tlberliefert4' schmuck- und poesielose Einfach- 

Ibeit keine Veriindcrungen aufkoiuiuen lassen; datier immer noch wie vor 

[Alters keine Orgel, kein Krens, kein Altar und ßild, kein Licht and 

Symbol und keine Liturgie , auch keine neuen Lieder sondern Psalme ; 

aber lange Predigten und Uebete kann allerdings die Menge Über eich 

ergehen lassen^ ohne dadurch aus ihrer Pasaivitftt »ufgerdttett xu werden. 



ÜriUei- Abschnitt. 
Reformation Id Skandinavieu. 

§ 32. Bohwedeo. 



Hl.it«nitnr. Im Allgemeinen so vergleicbeu: Ueijer, RohwcUlscIio nesohieliti;, 
I Hamburg 1832-31, :( Bde., hierher gebürt Bd. 2, Fryxoll. (iustav Wiua's 

Leben, IWl. G. VVaitz. LU>)eek unter Jiit^en Wullenwever, s Bde., Berl. l^'A f. 

Knüi, Üarslellung der »ehwedinelien Kirelieuverl'attuung, Htotig. 18^2. Norden- 
flycbt, Die achwcdische \'erf»SBUug, isw. 

Der Zng der Kefonnation durch Europa hat uns bisher mit der 

eformirtcu Richtung iu stotigcr Verbindung erhalten. Nunmehr betreten 

wir d4>n Boden der nordischen Reiche ^ welche der Lutherischen mit 

l^osser Kutschicdcnheit den Zugang gewähren sollten. Schweden war 



~ w 



*) DttlUnger, Kirche und Kirchen, S. 2tll ff. 
) Dollingo r. ebeudaa. S. 2t}e. 




318 



Zweite Alitliellung. Drittar AbKchnltt. % 32. 



Il( 



Mit Jahrhiiudcrlcn ein Walilrcioli aud die KOui^wnbl sUnd bei 
xa T(^r8<^hicdeuen /eilen iin^lcirli ?.iirt:immon(;e«otztfii WftblreichstJg«,* 
hatte der KOnigsiiAin^f ei|;entlich aufip^^lißrt durch die Union zu 
wnfii-lht>t füi'M VMl d\p. vnrneliiiigtiMi gelatlinlien nnd wltlicfieu He 
auH dcu drui lloiclicu Dttiiemiu-k, Si-liwodcn und Nurwtig-i^n obrr 
Vnrtra^ geeinigt hatten, nach wetchrm kflnflig nnr Ktn K.jfüi|; gtw: 
werdon »ollto fUr alle I>rei.*) Die«(' EiurklitutiK war jedoch mnlir 
r-Jiie Aiil'^bc und mögUnherwHiHß ala ein AofipracU DUnr-iuarks sl« 
gHblii'ben, denn zur Wirklichkeit g^ewordcu. In ächwcdnii tinttc 
RcJf^hHvorwefier gcwtthlt, sffit 1471 drei an« der Familie dw Öl 
Die Unaliliingigkeit deri»olfaeii war nun 5-etlicli dim-li ilio groatea 
liehen und geistlichen Grundbesitzer sehr beBchrftnkt, wie dnnn nraprSlig] 
jeder Schwede auf seinem freien Buden »ich »elbst geboren und nur 
trag»[nil88ige Verpflichtungen anerkennen sollte. Üoaoudori aug*w&R 
war daa Griindeige.nthuiii der Bischüfe, ea belief »ich auf »wei l>ri 
des ^oscn 0ruudbc«it208; die Bischöfe selbst umgaben sieli mit an 
liehen Hofhaltungen und erhielten eigenn Soldaten , man BiLlilte *J 
13,000 LandKüler, die der Kirche gehörten. Sehon der Krstc der Sltire 
bestrebt« sieh , ein GleichgL^wieht unter weltlichen nnd n^isflichen tirostm 
dnreh Denutaung ihrttr UivalitJlt und gegen Beide durch llerauichen TM 
Abgeordneten der StJldtu and der freien Bauern herzustellen , doch n 
imraer nicht mit aolefaem Erfolg, wie es dessen zur ausrei eh enden V* 
Stärkung monarchiaebcr Oberhoheit zumal gegim die übermüchtjf^n h 
üeistliclikeit zu bedQrfeu schien.**) L'nabhHugige Bischdfc kunnt<*n dunk 
Ansehliesaung an Düueraark ftlr Schweden gefährlich werden. Gorade n 
Anfang der iCeit, als der Knmpf Luthers in Lleutschland ausbrach, war 
ein Hrxbischüf Trolle von Upaala, ein Geguer der Sture, den) nnter- 
nehmenden, hartgesinnten nnd zu Qewaltmitteln höchst aufgelegten Köni^ 
Christian II. von Dänemark (geb. 1481, König seit 1513 und äüit läla 
verheirathet mit einer Schwester Karl'« V, t 1.559), entgegeDgekommeD 
in der Hoffnung, von diesen) demnSr.hat zum Statthalter von 3ehwedeo 
erhoben zu werden. Kingehcnd auf der Plan einer Vereinigung der 
Reiche unter dänischer Herrschaft hatti^ er in Schweden aus dem welt- 
lichen und geistlichen Adel eowic tmter den Städten einen g^roau-p 
bewaffneten Anhang geworben , w.ir aber von einem jüngeren Verwand 
der Sture, Gustav Waua, tu seiner Teslung Stücket belagert, 
Uebergabe genOthlgt nnd von dem HeieliHtage zu Stockholm 1517 
Verrüthor entsetzt und lu's Kloster exillrt worden. In Folge d 
wirkte König Cliristian eine Bulle Leo'a X. ans^ welche den lioic 



3 



') (leljor, 1, 197. 
") Spittler, Staatengeschlchto, II, S. ITt. 



ChrifltiBTi'k II. Cfewu]tHtat«n in Schweden. 



31» 



,Terw«aer Sien Stire mit dem R^inn« bcdrofate, wctiii niclit dem Rrx- 
.bfKhol* Trulte Ers:itz uiiil Ornn^liniing p^leistnt irUrdt'; und nnti marbt^ 
^ll«r König nnter d»ni Vorwaiide der ICxcciitioii de» pitpst liehen Itauii- 
l^iruchti zuLTdt 1518 einen Eiafall in Selivedon nnd arbickt^, »\n diuser 
ItingJticklich abltef, iiacIi b'lnperer RurQstnng 15^0 i>ln zweitoa i;rftfl8«,'reB 
'Urer.*) Ktt kuin suin KauiptV, wt'lelii>r dem Sien Stnre Sit^pJcK das 
Leben ko&tcte. In der ÜAdareli bewirkt<.>h Aurrc^niif^ ßelc» ausaer Trolle 
»ocli lAelirere ■eliwediiielu- tiiticliöfo dem Cbriätian zu; dieser kani selbst 
; Mich Schweden , die Vereinigung der Heichc vtiirde pruclatnirL Im 
[fieptember lä2<> gttlobtu der Kdni^ iu der Katbndralo xn Stockholm 
Amnestie ftlr alles ^egcn den Ersbisclior L'uternoinmuiie nnd Auerkcntiiing 
; der dchwudisehen Preilieitttu. Daranf f«lgU> im Octuber die Kriinnng 
nnter uoehmnligem Schwor anf das äaerament; aber nachdeiu diese vidi- 
lugvn, hielt er noch ein weitflrea Verfahren für nothwendig, welche« ihn 
näher eharakteri&irt**) Anf des lUth einer Uollauderiu Sigbrit, welche 
ihn dorch ihre Tochter, die „Dttteke", beherrschte, nod «uf die Vor- 
illuuf^cD eines Verwandten Staghoi^k, l'rflheren Barbiers, jützigen Rrx- 
[bisohüfB Ton Limd, llberzeugtc »ich der Kt^ntg, dnsH er nieht Beides halten 
könne, wa» or ab Künig der .Schweden und van er »U Exeeator dea 
! päpstlichen BannoB veraprocheo hatte, und dnas man Ketzern nicht Wort 
'tu halteti brauche. Am dritten Tage der auf die Krönung folgenden 
; FeBtIiehkeiten tiesa er trotz der vorHprürlieneri .\iuneRtle den Krxbiseliof 
[Trolle aU Ankläger gegen die (Jcwaltthaten anAroten, welche er durch 
den votttorbenen Reichvcrweaer erlitten. Als deiwcn Wittwe Christin« 
^wofa dem gegeiiClber anf den Deschlnss der Stünde beriet', welcher vun 
len Toraohmaten weltlichen und geiatlichen Herren nnteroch rieben worden, 
flsees der Ki^ntg diese Alle, unter ihnen ancli Bischöfe, gefaugen nehmen, 
obgleich es dieaelben waren, mit denen er soeben noch festlich nnd freund- 
BchaftUch verkehrt. Die Uefangenen wnrden, da aonst nicfata gegen sie 
Vortag, fllr Ketzer erkljtrt , die Stadtthnre gnechloRsen , Kanonen auf- 
gefahren und bei Lebendstrafc verboten, die Hänscr zu verlasaen. Und 
nun liesB der König 94 enthaupten, Andere erhängen; Machtfi wunlon die 
Häu«er der Getüdteton gt;plUndert, ihre Weiber geschändet; und als 
Manche einer hierauf verkllndigten Amnestie trauten nnd aich sehi'n 
liosaen, worden auch diese ergriffen nnd hingerichtet. Die Zulil der 
Oemordelcn belief nich siilelzt anf Über (i(K>. Der RUnig sah nelbrr dem 
Schauspiel zu, die Leichen blieben liegeu; nach drei Tagen wurden sie 
in drei Haufen, («eiatliche, Adel nnd ätüdter sortirt; ächarfrichter, die sich 
g«woigort Kinder zu enthaupten, bBssten selber mit dem Tode. Zuletct 



*) Gfrtfrer. Guatav Adolph, 8. &. 
") Oeljer, 1, 247 ff.. U, 19. 




3'JÜ 



Zvrelr4> Abtheilnng. Drittnr Abschnitt $ 32. 



verkUndi'^tc eine Prorlamation , Abb» dor Küoig niwh dem Ürth«! 
Üiacliürti und iler wrisesten Mflnncr SchwcduD» Sten Sturc'a Ai 
ftts offenbfire nnd gebaniitc Ketzer hohe Im^ItjüVii mflsscD, An uidcrr* 
Ortrn wii' in Finnland nahnion die NaohHUcli untren nnd Ilinrirhtnn 
ihren Fort^'aug. Diw der Verlauf einer der grüsdten Absckculichkei 
«pich« dieses Jahrliiindt-rt kennt, wsü viel nagen will. Ba war i 
Grausamkeit verbunden mit Untreue nnd gjinzlicher Gesinnuu^fslotiigktfi 
denn hatte doeh ChriHtian nchtin in Oftncniiirk die ovangelisclic Pr 
gestAttvt, und nun benutzte er die pilpstlirhe Auctoritüt. nni für sei 
Zweck in Schweden Execntiun zu flUt-n und Ober Leichenbauren s 
Throne zu gelangen! 

Unter denen, die entkommen waren, befand lieh jener jungu VTi 
wandte der Sture, Gnstav Wasa, geb. um I49t>, der schon frflbcr 
gegen die Dftnen gefochten hatte. Sein Vater war eben mit den Uebrigen 
enthauptet worden, ihm selbst gelang e», uiich langer Dmugaal die Baaers 
in Ualekarlien mit UUlfc Ltlbecka gegen Dänemark nnd die abgefallenui 
Schweden za versammeln; er eröffnete die Belagerang von Stookhn 
und eine Versamnilnng dea Herremitandci), empJtrt durch die to 
gegangenen Greuel und Sclijlndlichkeiteu, wählte ihn 15*21 zn Walda 
zum Heichdverweaer. ') Gustav Wasa hatte die Tugenden iler St 
geerbt; .Mnth und heller Verstand, Charakterstärke, Beredtsaaikcit 
liebenswtlrdigea Betragen vereinigten sich in ihm, nm ihn znin Retter d» 
Vaterlandes und zum Wiodcrhereteller der Kirche zu roaehen. ChriatiaD 
seinerseitii setzte den Weg des Hlntvergie&sena auch in Dänemark fcK; 
QustaT's Mutter und zwei Schwestern Uoss er im OeOingnias iimkatnmea, 
aber auch sein eigener Rathgeber Slaghük, Krzbisrliof von Luod, den er 
anfangs zum Statthalter von Schweden gemacht hatte, wurde gcbangea 
und verbrannt, — laoter Unthaten, die das l^mporkommen WaaaV ef- 
leichterten. Die dänische Krone wurde dem Herzog Friedrich vof 
UoUtein angeboten, Christian musate am 20. April 1523 aus Eupenh 
ODtdioben; als nun Friedrich auf Grund der Üfllmar'dchen Union x 
in äeliweden anerkauut »ein wollte, erklärte ihm ein Reichstag zu Streg' 
einer bischöflichen Stadt in Stldertnannland, datiB er für die Wahl Ünata 
sich entschieden habe. Die dänische. Besatzung zu Stockholm erhielt tnä 
Abzug, und Gustav fibernahm in demselben Jahre die Begieruug. 

Durch das Volk groB«entheiU war also Wasa zum Iteichsoberh:! 
erhoben worden, die Bauern hatten sieh fOr ihn erklärt, aU er sie ^(^cti 
einen flbermärbtigen und verräthc riechen Krzbischof tind gegen die mO: 
rische Au&fllhrung eines päpstlichen Decrets wie zu einem Freiheitskri 
aufgerufen hatte; dieser Zusammenhang erwies sich sogleich folgenrcicl 




•) Oeijer n, 8.29. 



I 

I 



OoabiT Wmb'b erste reformatoriscbe Schritte. 3Sl 

und gftnstig, denn er bezeichnete den Weg, wolcheo der neue Herrgciter 
lim seiner scibtil wÜltii i-iuzutivliluKcii hatte. Vergeblich hntton seluiii dto 
•Statu den eigenmiichtigeu Ui^chfitVii widerstrebt; <>r aber konnte und 
inussto wie sich »eibst ho die Selni|;cu von der Verwerflichkeit Uschöf- 
lichor l'ebemiacht und pap^tliclier KinmiAflinng tlht>rKougcn, und die kirch- 
liuht> t'rt'iliiMl, die ur nach Vteidun Suiten hin errang, diente zur Befeatif^un)^ 
der niüjmrchidcben Gewalt, deren er bodarite, uni das neu verselb&täudigte 
Kflich gL'f:eu Dänemark zu hehanptun. Der Cebergan»? zur Thuilnahme 
trn der Keformntiun war damit gt-KCben. In der Gefaugeuschafl und 
während de» Exilü /.u LUbiM-k war er mit [jUther'H (irnndaiitzen bekannt 
geworden, sie bestärkten iliu in der eigenen Ueaiunuug und trafen mit 
seinem nächatcn kirrheiipolitiHchen Inleressr zusammen. *) Seine weiteren 
Sehritte aber waren vürsicliti^ und echouend. L)rei Behwedische Geistliche 
hatten »icli bereit» al» Anhanger Luther'« bekannt gemacht, sunftcht die 
Bruder Uluf und Loreus Petri oder PetorBun; sie hatten In Witten- 
berg stndirt , der Knie war mit Luther gereiut , nach ihrer HUckkehr 
irtritten sie in Gothland gegen einen Agonien des AblaaabAndlers Arcim- 
dl und nöthigteu ihn zum irmkehrcn. IVii dem Stoekholraer Blutbado 
iben Hie vernchunt, weil ein iJeulaeher, der sie in Wittenberg gekannt, 
sie selbst Pur Deutacbc erklärte.**) Diese Beiden und ein Dritter Lorenz 
Anderson oder Andreil, Arcliidiakonus zu StrengnUa, wurden von 
Unstav hervorgezogen. Schon anf dem Reichstage von 1523, welcher 
.'den neuen König gewählt , predigt« Oluf Petri gegen Heilige ndiensl, 
Klosterloben, Ohrenbeichte und vertheidigte das reine EvaDgeliuDi, welches 
vor liH) Jahren schon von Ansgnr den Schweden verkündigt sei, Jet2t 
iiber nach Luthers Anleitung wiederhergestellt und von vorworflioben 
ZnRäl7.en befreit werden milase. Die Binehfife besehwerten sich Über diese 
JJeuerer, und der König berief die cvaugcliw;hen Prediger zur Verhandlung; 
diese aber blieben »itandbafl und erboten sich, die äehriftmilösigkeit ihrer 
Behauptungen zu zeigen und nachzuweisen , wie verderblich Macht und 
Keichthum der Geistlichen wirke. Pllcrauf wnrtle Olnf Petri als Prediger 
J» Stockhulm, Lureuz Petri ala Professor zu üpsnla augetttellt; Lorenz 
Anderson aber behielt der König in seiner KÄhe nnd machte ihn nachher 
zu seinem Kauzler. Eine 2i,-it lang fuhr der KOnig noelk fort, die alten 
(lebriiuelie zn schlitzen, so wie er auch das Jubeljahr von I6'2b abhielt; 
doch verslÄndigte er sich inzwiachcn mit seinem neuen Kanzler Anderson 
darüber, dass er das Keeht habe, dvn sc hrift widrigen Relchthuin des Klerus 
zum Besten des .Staates einzuziehen, nnd auf seiner Krichsreise durch» 
Land wuaatc er kathoUsche und prutcstautisehe Eiferer zu beächwichtigeu; 

*) >/oA. Loecenii, kist. Suecana, p. 253. 
**) Geijer, ll, Mu. 

Ileaki, KUchttmocliktili) I. 2t 



^mM 



332 



ZvdtQ Abtlidlnng. Dritter Atigclinitt } 3Z, 




Wiedertäufer, womi rae (KTentlir.hi; Unrnlion Tertirgarliti^n wie King ui 
KnippiTdulItn^;, wtirilcn drs IjAiidc« vcrwiesftD. Oluf Petcrson utOk 
stMOe hetligoD iintipäp^lliriieTi l'n'digtcn fort; ihm HtaDden alA t 
Vertbeidigfr der alleu Kirche cntgugdD Biecliüf Brattk vt>n LinkQ 
and Krzbischof MapriHS von L^panla, pÄpstlichpr l>pjt; zvfi Anderr 
vun (iautav EiiigcHuUtti regti^n «clion d:i8 Volk k^i^^u Avu K<^nig 
hasstert abor d&fflr m!t dem Tode. Zam thcolof^Iarhon Srhrjftwecluel 
CA htrr iiitr wcuig gokomtniii ; Bildnitg tintl WisHvnscIinft wnrrn nicht 
der Art, nm cioen literariechen Kampfplate zw eröffnen. I>ie Peter 
und Andere liesaen sich von den Bistehfifen weder gQwinnßn »och iH^b 
doch reraustftlu;t«> der KiIoir 1621 ein Helliüionsgesprflch , in wotc 
swtRchen Ohif Puteraun und einem Hr. (lulle atiB rpsüln Über Re 
fertiguog, Abläse, Abendmahl, Kt-gefcuer, tVilib«t nud weltliehe Maebl 
Kleniti verhftndelt wnrdc. Beide Theile miiKsten ihre (Jrl)iide sehri 
darlegen, und diese SCufanimenstoUilng, welche nur eine» der ki 
Umgestaltung gtlnetigcii ElDdniek marhen konnte , wiirdp hera 
and verbreitet. Amlerann flberiietzte l52t> da« Neue Testament. Olei 
zeitig bettchloitsen twei Keirhstiige Hchon , d:tss der Klern» mehr aU ^H 
Adel zur AusrÜDtuDg eines lU>ereH nnd £ur Abtragung der Sctiuldnii h» 
tragen mtlsae, und der Kflntg vei-theidigte den ntich dem Adel erwOnaefaM 
GruudftfttE, daas keine Scheukuug früherer Zeiten bo feal sei, um nkU 
unter verÄnderteii ITniHianden ziirflekgenümnicn werden tu könuen , **■ 
durch er eine di-ohcndo Unzufriedenheit wider sich aufregte. KndCfi 
1Ä27 Heaa Oiintav Wnsa den ent*eheidendeD Schlag auf die / i-i 
Hierarchie der BiBchöfo fallen. Er war nicht gekri^nt und Hcliion ti> -i 
gexdgert za haben, um nicht bei einer Krönung geiiiUhigt %n arin, 
gante biahengi^ Orduuug, alHo aurli die ständischen Ktrlitt- und da^t r< 
thnm der UiHt^htlfi« förniLieh anzuiTkenuen. Jetzt erklarte er atii i 
Reichstage zu Westerfis, woselbst auch die Städte und Bancru t 
treten waren und der Adel gleich anfang« den Vorrang vor den Oti^ 
liehen erhielt, auf die bisherige Wrise kOune weder er noch ir^ud ( 
Auderer Kilnig sein^ denn die Kiunahmo des Lftodee sei viel geringer i 
die unvermeidliche Au^abe, und ihn selbst verschreie man Mchou i 
Ketzer, weil er von Kirchen nud Klöstern nöthige Beiträge gt'fonli 
habe; auch sei der Adel durch übertriebene Schenkimgen an Kirchen w 
Kloster heruntergekommen nnd milsse wieder gehoben werden, ao i 
auch die Spaltung am der Religion willen nicht länger fortdanern dOil 
Als nun Bischof Brask darauf mit einem nott potsttrnw antwortut«^ — 
h^tnnen nicht, well die Kirchcngater nicht unser Rigenthum sind, sond 
nur lins auvertratit, wir aber verpHic.hlet, »ie der Kirche zu erhalten: 
UesB der König die Versammltiug mit den Worten: dann künoe er al 
Dicht weiter reiiiereu. Nun entstand unter den Ständen der i 



" 



* 



Hioh«rlieU »rwartoto ZwteBpalt and Streit; maa zog selbst die Prodiger 
herbei, lii'Wi nochmals Oliif Peteraoii, auf welclieD sich der KiSaig 
b<>nif'eii hatte, mit l't^lirr CialU' in acliwüdiachrr Sprache vor der Ver- 
santuiluu^ dittpiitireit. Das Kudi* war, das« venige Tage nachher ünstaT 
Waaa durch Deputation gebeten wurde, auf seinem Platze z» bleiben, 
and der BcitcbliiaH des Reichstages ging dahin, das« die geringen Unter 
der ifLrrinp durch sü viele KtrrhengUter, aln der Konig nöthig ßnden würde, 
vermehrt worden lulUstcn, dass daa künftige Einkommen der Btschöre vom 
KCoige bestimmt wenlen solle, aber auch der Adel, — dies beschleunigte 
du Resultat und begründete die nachberige uugeueinc Uobcrmacbt des 
Adels, — die Hefugnisa erhalte, alle von ihm seit Mitte des vorigen Jahr- 
hundert!} der Kirche gt-iuachtcu äcbenkuu^en zurllekzu nehmen, da»» endlich 
^da8 üertleht uiiti.nlrllckt werden mU^Ae, aU betTIrdere der König selber 
faUcbeu Glauben in Schweden, vielmehr alle Untertbanen dem 
Tf^inen Worte (intten, wie es von evangelisclien Predigern gelehrt werde, 
Anerkennung schuldig seien. Die Iteschlüsae des Rcir.liHtageä kooimen 
daher auf vier Punkte hinaus: 1) Gcmeiusamo Verpflichtung Aller, dem 
Aufruhr zu widerateheii und die gngt^nwArtige Regierung gegen aua- 
Iftndisclie und iuläiidisclie Opposition zu vertheidlgcu, 2) Kecht des Künigs, 
die SchlKsser und Festungen der RischJlfe ein zn nehmen, die Einkünfte der- 
selben und der Canonici fcstKUslcIlcn, auch über die Klöster zu verfügen, 
m Ueelit deH Adels, alles seit 1454 von ihm abgetretene Kirchen- und 
Klustcrgut zurückzuziehen, 4) Recht der Prediger, das reiuo Wort Gottes 
ohne ungewiflse Wunder nrid Fabeln zu verkdndigen.*) 

Haculariäation bat Überall mitgewirkt, hier aber bcaonders durch- 
greifend ; durch tiie wurde groi^ttt^ntheils der neue .Stand des Reiche« erst 
eruiOglicht, da» Königthum befestigt, der Adel gehoben, diu Uienirehiu 
gestürzt, die Kirtrhenverfassung andera gestaltet. Die Biäch<)fe sagten 
Bchliesslicli zu Allem ja, doch gescbah es mit der erbitterten Erklärung, 
das« sie dann auch künftig nicht mehr im Reichstage erseheiueu würden, 
damit aber gaben sie den bedeutendsten Rest ihres Ansehens selber auf. 
Uenigoniüss wurde auch eine Kirch ouordunng oder weDigstens der 
allgemeinste Entwurf einer solchen vereinbart Der K&nig erhielt daa 
Hecht, hohe nnd niedere geistliche .Stellen zu besetzen, oder doch unter 
seiner Aufsicht von deu Bisehilfen besetzen zu lassen , unfähige oder 
unfugsame Prediger zu entfernen and bessere an die Stelle zu rufen. 
Der Klerus summt den Bischöfen solle in weltlichen Dingen unter den 
weltliclie» lieriehten stehen, auch in den Schulen evangelischer Uuterrieht 
erUietlt, der Bann beschränkt, Hlr die Abgabe an die Kirche ein« Taxe 
featgesetxt werden. Die geialUcLe Herrschaft Im bislierigeu Sinne war 



Geijer 11, M. 



2t' 



MA 



324 



Zweite AbtbeiluDK. Dritter AliMhuitt. $ n2. 



(lunit ftuft^chuhci), aber der KOuig bcliettK dor Klrclio immer nouli ii 
Güter, als flic von Kogtand ahgeAcheu in nnil«reu prot^HUntUrtiPii Ländi 
fUr üir.h tvtUiU könnt« i aucli blieb dad bisi-üöfücbc Auil bi-stebcu, und 
BiMböfc erhielten sük^ dpüt«r wieder Sitz und Stimme im Iteichfttagf, 
Ut-r Biöchof Rrask {nßg «ach Dauzig und uabm Alle« mit, wa« er ; ■■: 
maclicu kuiinte; der Erzbiecliof Mo^du« WHr !>cbi*i] frtllier nach i <i 
geschickt wurden und kehrte nicht wieder xiirQck. Drciaiig^ KU 
wurden geächhis&eu, »nderc lie^s idhii fortdaiK-ru; doob seilten die Bet 
mOiicIm nur während eiuigor beHtimmteii Wochou iui Jahre Gaben »amm« 
dQrfen. Nicht minder ist hcrvonsu beben, dasä der Cnltus »ich nicht von rUco 
alten Oebrftuahen trennt«, Bondum miinrln! Qburlieferle nud der volki- 
thamlicheu tiewolinbcit noeb schwer eutbebrliehe Uestandtbeile ia 
neuen Zustand hertlbernabm. Gine Vereamnilung des scbwediecheii K,l< 
an welcher Mj^nehe und ßiscIiOle Tbcü nahmen, traf ein Abkummen, aack 
welchem EiuigCR geschont, Andcreit modificiri, Mehreren anch dem frei«! 
KnneBsen anheimgeHtellt wurde. Beibehalten wurden einige Heiligcnf<wtd>, 
das Ave Maria, das Wciliwasser, doch mit dem Bemerken, dsss mau aa 
dvfwen flündenlitgrnde Kraft nicht zn glaiibcii habe, erlaubt die Iltfiligen- 
bilder und die Lichter vor ihnen, obwohl mit der ICrklaruug, djujs ea btiaaut 
Bei, aio den Armen zu »cbenken als vor den Bildern zu vcrbrunneo. 
der Taufe Bullten auch Kxorcisiuu«, Salben und Salz in Auwendi 
bleiben, damit die Sebwaeheti kein Aergeruisä nähme». Wenn Kraukr tjij 
letxte Oelang verlangten, habe der Prediger ihnen zwar vorzastoUen, 
dies unnötbig und kein Saerament »ei, einer noi-hnmligi-ii Porderiiug 
nillsae it nachgeben, ült-ichzeitig erschien, vom Kuiiig gebilligt, rin IJj 
buch von Olaf Pet«r«un zur luHtructlun der Pfarrer fflr die Abltall 
des Gottesdlenfttea. 

Das Verfahren war aho nicht« weniger als radieal; aber dnrnh aol 
Mässigung und durch ein no pädagogisch schonendes NichtbefclileD 
atluiühlichi^s L<mbildeu der Helrgion ist auch ilnti l'iiwillen im Volk 
gebeugt «nd, was noch mehr, jt-dc Spaltung verhütet worden. Lon 
Petri, gelehrter und gemaasl^r als aeiu Bruder Olaf, wnrde 1531 
Gustav Wasii zum ersten evaugelischen Erzbischof vun Upsala frwi 
and der König selbst veranlasste, dass er sieh mit einer Verwandten 
küniglichen Familie verheirathute und Leibwache erlilelt. Auf m 
kirchlichen Versammlnugen vuu 1&37, 1540 und 1544 konnte man i»i 
Schritt weiter geben ; ein grosser Tlieil der bis dahin beibehulli 
Komischen Gobrüuche wurde abgesehatTt. Nachdem schon Iij2t3 da» N4 
Testament durch Anderson tlbcnu^tzt wordcti, wurde 1641 eine 
Bibeltlber^etziiug', die sogeuanute Gustavische, bt^arbeitel durch die B| 
Potri, herausgegeben. Iiuuier ki-äfUger aber flbte der KOnig selbst 
kirchlicbt; Gewalt aus, wobei er sieb vod Luther und Helanchtl 



Durchfllhning <1är schvcdisch<>ii RefonniitiüD. 



325 






bcntlicn Upsh; mit dem Ersteren hntt« er srlion in dem Jahre seine» 

|itegieriingi^intrittps im ilridfwpchsel {restandeu. OIuil* Widcraprucli blieb 

[w^tn t^ucrgiiH'hct* KtiiKrciffU in dir KirchcnverwHltung oirlit; OIaI' l'etri 

»rotestirte mit dcrRelben Frrimi)Uiigkt>it^ dii? er pogoD das Tapitttbum aiif- 

i:cw:iiuU hatte, gej^D die BeBebrärikiingen diT ^feistJiebi'ii CtKwalt durch 

U« königliche, Uftranf rolgten Verweise ond Ccusurcdieto , nnd als OUf 

inrl AndcfHoii eine ihnen im lleichtAtnhIc anvr^rtraut« Veraehwilrung 

inau^e7.eiKt gelftSHe-o hatten, wurden aie durch ein Bericht, an wcirhora 

nirli Lorenz Pelri der Dititchof Theil naJim, Runi Toilo verurtheilt. 

Sun aber Iwgnadigte si«' der Kunif; und setzte Petcrsou spHtrr wieder 

tn snin Amt, beide Rrttdi-r HtaHten lAt^'i. 

Cruslav Wasa lobt^? uofh bin l.'ijio, also liis Zeit K<^nii^ hlnp'gangen 

war, daK» Hich die neue ohne ninl, wenn auch nicht ohne Gewalt ein- 

fcl'ühi'to Kirchenvcrfassung v<lllig befestigen konnte. Auch diu e.nn- 

'fessioneUe Richtung der nchwcdi*r.hen Kirche war inzwischen entschieden. 

Ilirt- Krnt'UiTUiig war aut" Luth<>.ritt(-.hem U'egd mehr alfi auf R^formirtcni 

Xü £>tande gekommen, ihre (Jrltnder waren Schtller Latber's, bI« selbst 

»ehielt manche Foruicn, welche Refonoirterseilg ala papiatiach verworfen 

'in würden. König (JuKtjiv eelbut rnterhifit auch eine» Vorkehr mit 

len SchmalkaldiBchcn Verbtlndelcn; zwar verweigci-ie er ihnen beisntretenj 

ibcr IFj^IT stimmte er doch zu in der Ablehnung des angekdndigten 

L-ODcils, verjiprach seineu Schutz, verwarf 15-11» trotz der Aiiflorderung 

\m Kaisers da» Interim und ebenso die Tridentinisrhe Sjrnode, deren 

ünde er freilich nicht erlebte. 

Ueberall wn wir bisher den (jang der Ileformation betrachtet, stellt 
l^e sich dar alu einv Wirkung gcrciflon NaiiunatgefühU, welches gr()!)>serc 
.\nsprQi'hc erhobt «Is bisher, ala \Vachf»tlniui iiütionaler .SelhiitÄndigkeit ; 
jiiiid doch ist die Wirkung sehr ungleich ausgefallen , nicht allein in 
tteliunj; auf das PapstÜium, sondern noch vielmehr in Beti'eff der 
Kirchcnverwiilinng des eignen Ijindr». Wie konnte bei der Vlclgcalattrg- 
keit dieser P>gubuieaü die Xöthigung 7,u einer Wahl und Kntscheidung 
darCiber Htittbleiben, welches unter den vielen neu entstandenen Verfaftlt- 
lifMien wohl düs beste «ei! Und schon diese Nutzanwendung erhielt von 
la an jederzeit den Trieb wach, an sich seihst zu bilden und be-Hsere 
JustAnde &n sucbeu. Als ein Verfassungs Wechsel gestaltete sich die 
Itefoniiatiun in allen denjenigen händeru, wo ciu eigenen Kirchenrcglment 
vollständig an die Stelle dra Papstthnms trat ; aber in keinem der bislier 
I bcsehriebeneu geschah dicB plfttitlicher, entschiedener, absehlieriüender .ils 
I in Schweden, und zwar nicht wie in den IcbhaHcr erregten Naiiuno» vom 

I Volke ans, — denn dieses hatte nur den -Sieg des K'inigs uuterstfllzt, — 
bondem hier durch eiuen Rogenteu, welcher sich fast wie ciu Usurpator 
Ln die SpHze stellte. 



S26 



Zweite Äbthelliin«. Dritter Abschnitt. $ W. 



Schweden IihI Hirh seitilpin hIr LutlinriRchfl Stnateklrrhe bt>hanpl 
einstimmig und gesclitosecn wie kaum eine andere^ nnd nicht nnr lUf 
Befcatigang des Öffentlichen Anst^henH dea Reichs and dcä^eu Aiifni 
unter die earopäischon Gro»ftiuäclite iro folgonden Jnhrhandort, «ont 
auch die oft gepriesene Einfaclilieit der VoUcBaitWu erweiuen tiich 
zeu^niflsgcbcndü Frtlchtc dor nenen nationalen und kJrchenpolitiscbd 
Gründung. Spätere 8trAfgf>9etze dienten dazu, den erreichten StAndpni 
nationaler und kircliliclicr Einheit iiuf dus strengste 2ti wahren. Ab 
Königin C'hristine, welche 1^54 dem Throne entsagt hatte und kalholia 
geworden war, nach dem Tode ihres NaehfulgerB Karl Gustav (t IG* 
wieder in Schweden erschien und freie Keligiondilhung filr sich verlAOf 
vielleicht aach selbst wieder Neigung zur Krone merken Hess, setzten 
Bischöfe die Verweigerung beider Forderungen unter Berufung auf 
politische Einigung als die Folge der religiösen mit grn>»ster Entschiedel 
heit ditrcli; ilir früheres Kinkommen wurde ihr jetrA nur tretwiltig übt 
lassen, nicht auf Grund eines Erbreelits, welches sie nach schwediM>ht 
Gesetzen durch ihren Ucbertritt verloren lulh(^*) Als Uekenntnlsa wi 
1661 d^H gajite Ooncordienhnch , mit ihm aUo auch die i'oneordienforni^ 
anerkannt. Eine neue Kircbenordoung trat hiunu , welche 1 082 »i 
gearbeitet und 16H6 zum Rejchtigesetx crlialwn wurdo. Ihr zufolgo wii 
der l'ebertritt von der Lutherischen .Staatskirchc zu einer andi'rn Coi 
fession mit Verbannung und (tlltereonfi>«calion bestraft', auch wer län) 
als ein Jahr im Banne bleibt, ja wer nur anstössige Ausdrücke in tfai 
brachen Dingen gebraucht, büMSt mit dem Exil. Ein Oeiatlieher Va»i 
diuB wurde 1689, weil er gelehrt hatte, Glaube und Werke mtissten b< 
rechtem ChrislentTium verbunden sein, xnm Tode vemrtheiU und sb 
drcissigjÄhriger ZwangÄartieit begnadigt,") ebenso sein Sehiller mit Vcrli 
an Ehre, Gut und Lehen hedrnhi, — diex zn einer Zeit, als die kdniglic-l 
Gewalt sich noch unumschränkter entfaltete. Wuhrend dessen wi 
auch die Bisehrtfe vom Kflnig nnd vom Adel immer abhängiger, sie lebt 
oft sehr weltlieh, und ihre rciehssUindiscbe Erliabcnheit sonderte sie nllii 
sehr ab von dem niederen Klerus, welcher um so mehr der WiUkQr dl 
Adeln anheimfiel und vun ihm nach Gefallen ernannt und besoldet wnnf^ 
Theologische Bildung und eine derselben ftirderliehe Lile.rHtur fehlten 
ganzlich. Nur zeltweise wurde der Eintluss der Aristokratie durch 
kräftig aufstrebende Königtbum, besonders durch Karl \ll. niedi 
gehalten. 

Im Ganzen sind diese kirchlichen VerhAltnisse bis in die neuere 
dieselben gehliohun, — eine dem VolksbedUrfnisB entsprechende klrchUcl 

*) Arohonholtz, Christine. II, p. US. 
**) BruQB, Berlin. K.-Z. 1&4U, S.lhi. 



h^ 



Tugunil uiul Sclivüdie der aciiwcdiBchea Kirche. 



337 



ligkfit nod Ebrwjiitligkeit verbunden mit doD NarlitbcileD der Stabilität, 

^Kinheit ohm' Spaltiing, aber «urli olmo Wetteifer nod vielfavli durch 

[ie und Mangel au wiäscn^fhaftlirbüm Leben ge^rhutzt, die hoh<^ 

>hkpit »ehr geehrt und hocti besoldet « durch politische ätvIluQR 

?n, aber auch vi^rtiefl in wcltlü-lic Oeauhlftft, so da»« die kirrhlicheit 

;:eubieitei) den tiehQlt'(?n iiburlastieii blcihcD, die niederen Gcistlir.hcn 

iniktiäch elfri)^ und thällg, aber nirht selten nm tbeologisrho Studien un- 

fknuitncrt. Die Predigt muas vorgelesfu werde», wer dazu die Fähigkeit 

sitzt, kann tiicM wohl zurltcJigeftieHL-n wi^rdun, Rnbnld der Patron ihn 

BU eiof^r .Stelle berufen hat. iiie kirohlichc IMsciplin iitt mit der bUrger- 

liehen KcchlKpflege verbtiodun ; von weltlichen Gerichten werden Kirchen- 

>ii8iien auferlegt, und naehdera cUea geeehcbeu, mQason die GoistUcIieu 

ibäulviren. 

Krst das gegenwärtige Jahrbnudert bal Uesserung, Erleichterung, 
Befreiung und nmneben Furtsi-britt gubraeht. *) Die linivoraitäteu lu 
^oiuigeu Kiehtuitgen hingst blütieud, uehmeii auch nach anderen einen 
^fcrfrettlielien Aufschwung; der Maa&wtab für gelehrte Vorbildung und 
HwiBBCiisr hilft liehe TUcliligkeit h:it sjrb beträcbtltch gehoben, die deutsche 
^biitertlur lindrt ICingang. Uorli iitt da» alte Oeuetx, welrhe» den Abfall 
^■ron der reinen ( Lutheriuehen | Lehre atit Verbannung bestraft, noch lange 
^pn Kraft gebliehen, - Hat doeh selbst der KItiiig Karl XIV. Johann, 
■ gell. I7t;4, Kdaig 1818 — 4-4, aU er lölO von Karl XIU. zum Kron- 
prinzen und Nachfolger adüptirt wurde, vorerst zur Kirche des Landes 
.Öbertreteu uiitsseiu lui Oelober 1857 wurde ein königlicher Antrag auf 
lel)gion»lVeibcit fltr Kiitboliken, AbHchafTung des ExilBgeaelxpa pie^^a Ab- 
inige und des PUcat» gegen Conventikel dui'oh die tjtXndcversamrolung 
[Terworfen; nur der Bürger*t.*tiid »prach dafür, Adel, Geistliche nad Bauern 
Fidcrstunden. Zwei Tage, am 19. iiud 20. Oct*iber, wurde diocutirt, liie 
»er TerwiOäcD «af das ofTensivc Vordringen des Katholicisnius mit 
Jcrufiing auf die 2lH)i» rtchou vorhandenen und gröastentheils ein- 
^|;ewaudorteu Katbolike»; man klagte sogar, dass Kflnig Oskar „dir Sache 
der religiösen Einigkeit in Schweden vcrlas«eQ habe".**) Bjork der 
Mscbof von Gothcubnrg fllhrte aus, dans ein Staat nur dann vollkommen 
»ei, »enn er nur Eine Heligioit habe und kein Gesetz zu Gunsten der 
^isAtdenteu. Graf Erich ^^parre erklürte jedes geringere Straf miiastt als 
der Verbannung für gefflhrlirh; denn sonttl werde der Katbolicismus 
unaufhaltsam vordringen, wie dcuu in Holland die Zahl der Katholiken 
wahrend der Jahre 18:W bis 'Ah von ein Drittel bis zwei Fünft«! der 
Bevölkerung gestiegen sei. Der Autrag ßel also darch , nachdem auch 




•) Siehe den Artikel vod Klippel in Herzog'» Encyklopädie. 
") Allgem. Z. 1957 S. 5niu ff. 



938 



Zweite Abthetlnnp. TWner AbedinTtf; tt »S. 



die Geifitlicfakoit einer Provinz mit 200 gegen IS Stinitneii (fit il( 
Ablohiuinf; pptltionirt linttp. Pago^RO wurde IS&S iltun ('oiiv^ntikf|;^< 
von 1726 daliin umgc/todert, das« in de^i nicht eimi «"ifTcnt liehen üoU 
dienst beatimniten Stunden rpUgiAae Zauiniinonkanfte ron htüfin renuist 
werden dOrfcn; doch sind die Geistlirhon berechtigt, Tlicil zu uolimea ui 
sich in's Mittel zu leg^n, wenn liArctiäcbe oder Acparütistiacbe AuAicbl 
vorgetragen werden. Gleichzeitig orkliirte diu GonttiHlonum von V} 
daM c« kein Gesetz ^be, nach welchem baptiAtiflche Glteru zur Tai 
ihrer Rinder von der Polizei ^ezwuugen werden konnten. KndltL-L xi 
Jahre spÄter bat dennoch jene harte confettsionclle Schranke rallew mäiwro. 
Durch Aas Gesetz vom 10. Mai 1H60 und iint<>r Karl XV. dem Rnk|~ 
BcrnadotteB, KJJniß seit 1859, wurde der Bann aur^iehoben nnd 
Tebertritt zu anderen Kirrhtmf^emcinschHAen freigr;^*ben ; nor einige 
schrHnkuDgen blieben noch stehen, da manche Aemtor anch fenirrhln nor 
von Mitgliedern der Lundeskirelio vorwalttit worden «tiUten. Und il 
neue Verfattöun^ vom Jahre lüfth, welche zwei Kammern an die 
der vier Stande gesetzt nnd der gei»tlichen Cario nur eine ,,Kircb( 
verRanimlnng", eine Art Couvocation mit Veto und anderen Gerrrhtsami 
Qbrig gelassen hat, gestattet zwar als Wähler Periinnlichkeiteii alli^r HiAndi 
fordert aber zur Wählbarkeit fQr beide Kammern die i£ngchJ5ngkeiL ci 
Lutherischen Kirche. 

Auch dadurch war indessen dem BedOrrniss der Zeit noch ni< 
Genüge geschehen. Ein Beschluss des ReichBtage« vom 16. Februar IHl 
erhielt im April die kftnifrlirhc RestAtigimg. nach welchem nuuuiohr all 
Bcliwcden zu Staataümtern Zutritt haben und tn Volksroprilacntnnten wili| 
bar sind und nicht mehr bloss ^,die Bekenner der reinen evangelisrl 
Lutherischen Lebrcf nach der unveränderten Aiigsburgi sehen Confesair 
und dem Beschluss der Klrchenversaiiiralung zu Upsala von lüO:)." 

Diese Schritte haben das kirchlich - politische KinbeitsprlncJp xj 
Gunsten der Freiheit wesentlich gemildert nnd erweicht, ni<^ht aufgehobei 
Abgesehen vou einigen tatmeud eingewnnderten K-ithuliken nnd uinci 
geringen Rrucbtheil anderer Bekenntnisse besteht die schwedische Kircl 
im Ganzen nuch jetzt als eine mit dem .Staat verbundene einige GrÖse 
und wir nennen diese Kinignng ein der Krhultung werthe» Gut, da 
stets die BOrgsehaft rriedliehen und starken Zusammenwirkens in 
tritgt, wahrend kirchliche .Spaltung sn nft zei-stßrend auf beide Theilo, nx 
Kirche und Staat gewirkt hat.*) 



*) Vgl. noch Scbirrmaior, LebensbeschreibuDg der drei scbwcdisoh«; 
Reformatoren, Läbeok 17S3. 



Kirchlich« Lage In Dänemark. 

§ 33. Dilnemork und Norwegen. 



32» 



Lileratur: l'outoppidau, Kirahcuhlstoric vnn nünMnnrk, Koppnh. 17-11 — IT, hin 

ir..16, :i BAf. DefH^lhen Annairs i-eci. Dan., Kopenh. \l\\--h:\, l'h. II. III. 

MHntflr, Kin'hdnpeHrhlrhti' von Däncnuirk u. Nnrwrigen, 1M3 — :U, ;i Bde. V^l. 

<U<Ti Artikol DUneniiirk liei Herzog. 

Audi iu Jläiiemürk und in Norwegen , liier jedoch io geriu^ercin 
BCuMi w;ir die küniKliclie OewHit durcli rino nifirbtigo welttirhe und geiftt- 
Uclie Aristokratie bosctii-ünkt, und ucben dieeeu beiden ersten Stünden Brlicn 
wir Rcliuii im XtIL J:iLvliiiii(ltii*t 8tJldtc»bg:P(irdnete, sKt U8 gpnclitedon <ider 
in daiivriidi'r Oleii-hlii'it auAiete». Vun dem l!^ini)u6i} der Aristo kr atit« war 
Bfilbxt der K*>ui^ und sogar d&Hnen WabI abhängig^ wenn dieHe nach sii- 
weilen wieder den .Sobii *ioB VorgHugeiiJ treffen inoclite. Purcdi Wahl- 
rjLpiinlAtioDßn und llandfeHteii , welche die J^anduchaften «ich vor dem 
WabUct vorspreehcii üeeaeii, wurde dieses Verliiittuin« nutorhulicii; auch 
die OalniariiM-he Uiiiim von i;i07, iibwolil nie neue Aufforderungen enthielt, 
lifltte daran uichts geändert, und die Regierung war, zumal nehi;n der 
Ueb«rmaoht und Concurrenz der benaehbaiieu IlanseBUtdto in ISehitTfahrt 
und Ilandel, immer «ehr eingeengt geblieben. Paher konnte am Anfang 
dee XVI. Jahrbundorts in einem König, welcher der ."Jebwager Karl'o V. 
v^Wtf wohl der Kntarbluä» entatehen, nncb einer umtbhilngigen Stellung zn 
trachten sowie auch, um Ufrörer's Worte ku gobranchen, „mit der 
Catmariiiehen ITnion Ernst zu maeben." Aber niebl nur in Sehwe.deu, 
sondern aucli in ÜJinemark und Norwegen nnterlag er noch der Über- 
inlelitigen Arititokralic, freilirb auch hier nicht ohne »eine Sirhuld. 

(»leichwohl war derselbe Christian II. (geb. I4H1 t 1559), welcher 
des pilpfttlichen Auftrages wegen seinen iCidtiehwilren untren geworden, 
der erste Beförderer der Reformation des Laude», liier in DJInemark 
trieben Ihn aulokrattjiehe Abnic.hten, denen (Justav Waaa'» verwandt, zur 
Beücbritukung der Arislokralie, liauptHaehlicb iler IJiecbüfe uud ihrer (ütlter. 
Beides, Lehre und Verfaiwung, wollte «r zngleicb uingeittatten. Schon 
eigeuüieh dnrcli L u t h e r " s Seliriften filr das L' nternebtnen gewonnen, *) 
berief er I.^ÜO einen SrbilU r Luther'»* Martin Keiuliard aus Kü|M»n- 
bftgeu, sowie er auch 1&2L Luther selbst in Worms seinen äcbutx au- 
bieten tless. Slaghök, der ihm den Ratli zn dem Storkliolnier Blutbad 
gegeben, und den er hierauf zum Krzbisrlmf gemuelil, verurtbeilte er jetiEt 
zum Tode, um die Blot^rbnld auf ihn abKnwftbu^n. Als ihm aber »ein 
Schwager Karl V., — denn seine Frau laabflla (geb. l.Wl ^ lU'2b\ war 
dessen Sehwester und selbst der Kcfornintiou nirht abgeneigt, — deshalb 
Vorstellungen machte nnd ein Legat darüber Beschwerde flliirte, erbot er 
8iob Bur Abbussung seiner ättodcu nach Kom sii pirgern. 8o verfiel er in 



'J PoDtoppidan U, & 3frl. 



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■■ wUiftr i rh wi4& Dgf^ 



4've irvilfrm 

Imimnltt eridinra Uni la ciacf Srfcrifi, vxna «e iha akki mifcr 
i pifc ow hw , »»efc aeiiv« ^euifea Vmprecb«!«« trua kiaolia; aaf Oma 
Amtnf nüui CkrittUa* Ofccw, d« Bamg Friedrieb vo« Holaläa, 

ntitrr 4rn >'mM«B Kriedrieli L die diücbe Knoe aa: er ward« U 
bU sJlAJoijifer II«t«o( voa 8eUcn%*BoliCeiB aacrkaaat a»d 16^ ak KOi 
vva UtoMMrfc gf-krAot'» 

Hcluia M drr VVrtrnbaag L'hriitian't nrdea £e aMfatea roa 
crlM*n*Ta Yerofdaaagra wieder «ufethabca, Friedrieh L(eefcw 1-177 tlJ 
war Atr neiae Per»» der HfJ'yrtamÜvn er^thn, ebeaao «iae gaDxc ilenl 
ümtftlmmti «at 6cbte«vle and Hobrteias, noek aielir s«io Soha Christi») 
dt^ BiU M'lacn Onkel KarfOntea Jotchiia l&Sl n Wora« gcwcwmj 
Jetot MbcT in »einer oeaeo L«ge, grewiblt an die Stelle eiae« KOaig«, 
unUrr AnAfinn wegen VcrlrUans der Kirrii« oad wlbst d<>r biBchöffiel 
KrchUr vtrtrirhfn wunlcD, »U'^h doreli »eioe Handfest« verpflichtet, 
KrlxfT mit ilrni LeW'o xn «itrsfen, ninMt« er die altgUubigc Partei schoa« 
XJvht'T^U-u war dit* Mcujct^ in mehr^'ren (icgendm dergestalt darcli 
Klem» Kficen dio bcnc Lehre fanatiürt, daBS ein AagUbtiner Heinriel 
von TiHtphrn, der 1.^)34 gingen Kircbe und Papitl tinter den Ditmai 
XU prcdiffcn begonnen, vom Volk ergriffen und verbrannt wurde. 
nndiTen Ortt.-n, xamni In MüUtcfin nnd äcbimwig, rermebrto sieb allerdji 
die Xabl lU'.r ruforniat'rmrb (Jcttinntcn; aucb battc Hau» MicbeUcn he'. 
rritn I.VJl auf ß<!trie1> ('Iirittliftn'B 11. das Neue Testament lUntAch aber- 
Hiitzt. KrIiMirirli bosUttigte altto xiipAchal die Biscbüfe in ibrcu Kerbten, 
ftbnc KuiMt k^rlMiblifbea In religitaen Dingen zu nnternt^bmen, obwohl 
l&',Jti.tliiH Abcnilmitbl unter beiderlei Oegtalt {^enoB;*. Krüt auf dem Reicht 
tag XII OdrnHoi* (Ültoiiki) t^ab er 1Ö27 die ErkUruiig ab, da«ä wtmi 
nr geieliwuren, die Kireiir xu Rcbfltscn: so sei nicht seine Meinung 
wiener, niirh dir iu Ihr vtrrhr'Mtelcn Irrthilmer verthcidigen xu wollen; 
der wmrhHeitili'n TliniluHbtne l'ilr die KiitbertBr.he Lehre sei ca also 
gerat h« II Ht^' II, IiIh auf Weitere« und bis dn« allgemeine Concil Alles defiuitii 
enlix'liii'il»'» hftlirn werde, beiden PirlPien Keli^ionrtfreitieit xu gewähren;' 
nur «oll«' der rapvt nicht mehr die Mitw'liöfe hcÄtatigen. ") Diese Ansicht 
ging durch, da der Adol nach den In äcliweden gentachten Erfahrungen] 
dem Kliilg beitrat Itie i-inige liiiudcrt .luhre Itui^ verbotene l'rieeterel 
wurde erlaubt, MOncheu und Nuuueu der Austritt erleichtert; die U 
gewordenen Kltlster vergab der Ki>nig als Ixihon, bostfttigte statt d< 
PaptU'« den Bisehof vtin UoHkild und Hess aich nach ßeobacbtniig al 



*) Lau. OuscUchte dtr Kof. In Sohli?swli{-Hi>Ut6tn. Uamb. 1867, Th. \. 
**) MUntor IU, htw. Sohrtfokb, K.O. s. d. Uof. U, 77. 



DSnemurk. Fripdrioh I, Hans THUsen. 



331 



Formen BOOO (!nlden für da« pAllrum tiusKaliluD. Novli dazu oiniiatR ibm 
der (tewäliUe Treue »chwOren und grIobiMi. da»« er evangeliurhe l'rcdipor 
anstellen woll«. äolche VortlioUo lieaftt'ii diu ZabI dtir Lulhcrauür betritoht- 
lich siincdiinen. Die RiHchdf« wollten nun einen bernhmten katliolisrlien 
Oi»initiitor, Kck oder Coelilüns, vocirpu, aber Kciöcr wagte es zu kuiniiii-n, 
nur Pjiul Klis, welclmin di« ganze Bewegung^ Eiiweit zu fülireu aohicn, 
nnd dtir daher iu Erasmisclmr Wt^ini; eingelenkt und gegen Martin Rein- 
hard au Hchruiben be^^nnen liiitte. Aiieh nudere l'uteirbandUingcD wurden 
versacbt. Da» Uomcmpilel eu Schleswig bot ileiii Kiiuijre i:i,l)(M) Oold- 
gniden, wenn er ilie weitere. Auidireitunp der Hoformation verhindern wollte; 
d!«8er aber, statt cinzuwUli|;tMi, zog vielmehr Lutherisch lehrende Prediger 
an sich. Jnhann Tausanus (TauHften , IlanR Tansen), ein (lHni»chcr 
Mönch, war nul' die Uni veralteten Ldweu und Kiihi, alM> die reli]<iilHeston, 
gejichiukt, atatt dessen aber insgeheim nach Wittonhorf; {gegangen und nach 
»einer Kilckkehr, alit us bekannt wurde, daä» er der neuen Kehre zuRcthan 
sei, vom Bischof Wi borg ^ufangen gew^Ust worden; nun predigte er aelbst 
dnrch die Fenster Hctnca OeHingnissca zum Volke. Ihn empfahl der König 
2ner»t der stüdtischen Uehürdc zum Sehutz gegen den Bisehof und vcr- 
ttetztc iliu \b'2'J nnrli Kopenhagen^ Ucaa nueh durr.h ihn eine orttte evan- 
geÜBohc Ordination vollziehen. Und derselbe Hans Tftusen war es nun, 
der für die ganze dem Lulbcrtlinm geni'igtp I'artei eine B^kenntniass<^brift 
in -iü Artikeln auRurbcitete, wclelie im Juli Ifil^o al» Grundlage einer vom 
KOnig guwUnaehtt>n öffentliehen DiHputation anlgeitelll wurde, — eine 
Schrift, welche die llauptgrandRütze der Helormation znsammenfa»!«* , die 
alleinige Aurtoritilt der M-lirift, die Verwerf ü«hkeit und ScbrUlwidrigkcit 
des Pnpätthnma nnd der Hierarchie, der Messo nnd dea Fegefeuers, der 
apftteren S;t«-ramenCe und de» Mönclislcheiirt verfieht, nnd »war tiuabhilngig 
von der gleichzeitigen Augsburglßchen Cunfession, uijt ihr aber vielfach 
lll>ere)nstinimend. Den Predigern blieb ee ilherlaasen, diese firnndsülJKe 
den (tenu-Inden zu crjjiutorn. Die Kathidikcn jintwi>rtt>ten zunächst mit 
eiuer Klageschrift, in welcher die Vorwürfe wesen Lengnung de» freien 
Willen» Duclimals wiederaufgenounnfm wurden, und nachdem die Lutheraner 
hieran)^ nueh ein<! Apologie eingereicht, halle es zu der heab-^irlitigten 
Oispntatiun kommen »otlen. Allein die Katholiken weigerten sich, d^lni8ch 
statt nur lateini»ch zu dispnliren; daher gOK-liah nichts weiter, aU diiss 
der Ki^nig die Zusicherung einer bis znin Coneil zn gewährenden Religions- 
freiheit erneuerte. Auf das Verlangen der (iemeindcn wurde an vielen 
Orten, in Kopenhagen, in Wiborg und Schoueu die Messe al)gesehnfn nnd 
das Klostergut vom Kitnige fUr Staatszweeke angewiesen. 

Indessen war Ki)nig Christian, nm Beistand zu seiner Wiedorcin- 
tnng zu gewinnen, an katholischen und Lutherischen Höfen umhergeroisl, 
mdcBi er bald fitr die ouio bald die andere iKtbre Vorliebe äusserte; bc- 




33» 



snndnni hoffte er dnrrh nmic .Sympathioeo der beleidij^ro Biftchnfe inej 
den Rückweg zur vt-rhin-ncn llerrscliaft Eu babnrn. Mit einer nirdri 
lituilUrlK^n Flotte landtite rr im N'ovi^inber 15:il in Norvegen nnil inju-liu 
bekunnt^ er m'i KckomnicD, am die kallu>rmchc Kirclip uud die ^krftnkton Ebi 
der Keich*.-*tÄTide xii rSrhen; Hrzhischof Trnllp von TpsaU, nm dtieswill«! 
VT vurgffliliclj du« 8t(H'k)io[iut.-r Blutbad iiDK'Ti<^htet, bi-fKitd sirfa ia seiDc 
OeBfU»r|i»ft. In Norwf^n biitt^ freilich die neae Lehre schon seit l&j 
liipr niifl da Anhänger erfunden; die f>t»dt licrgpu braa^ oiunn evin^' 
Ü8cbt-ti Fredigei', siivb Friedrich war «I» König «nerkauot. Penoufl 
fiplon der Erzbicchof von Druntheini niid nwhrere andere Uwnhdfe eogleirl 
Christiun IL zu; uihd v(-rkftufto Kirch engeOisse, um die Truppen zn 
xahl«a, und die norwegischen St&nde ürlie^aen cino Schrift, in welcher 
rith von Friedrich I. Inssagtc^n. Indesften dauerte diese Ke«ction nie 
Innge. CliritttiHn wiirdft von Hcliwedischen und diiniachen Trnppfn rin- 
cr^schloftSOD, oochuiula macht« ur einen eilfertigen Rückzug auf den dtaad 
punkt der Refornixtion nnd ergab sich Friedrich L unter patbetiacheB 
Ri'theueruagen »einnr Reue; aber wie hflttc ein dm ÜmBtilnden nach 
katholisch bald ovangclinch improviAirter (jUnbe Vertrauen erwecken k^nnt 
Friedrich Hess ihn gefangen Bctxen, and auf die Forderung der d&nisohi 
Stände und trotz vieler Verwendnngen , unter Anderen aneh von äett«i 
Luther's, blieb er lebenslang, — und er lebte noch fast :tO Jahre bu 
1559, — in Uaft. 

Von Neuem aber wurde die evangeliBehe Sache in D&nemark zweii 
hart, als Friedrich l. 1533 starb. Denn dieaer war ja von den Ständet 
rrwfihtt, und vi war nicht versprochen, Aan» gerade >M?iD ftUcätcr Hohl 
Christian, derselbe also, welcher aneh seinen Vater für die Reforrontioi 
gewonilou und «ie in dem vi»» ihm regierten Srhltjswig und Holatetn uli 
geführt hatte, wieder gewählt werden sollte. Jlarurn erhoben sich jet 
nocbmala die Ri8eh<lfe mit dem Begehren, dagü die Neuerungen ahgeat«lt 
wjlrdeii lind der minderjährige .Sohn Friedrich"» .Tohann die Regierung] 
übernehme. Noch .Andere wurden aU rrkt^ndenlcn in'« Augr gefa 
VAn Jahr glitg Ober dieser DngcwisHlieil hin, und m viel setzten sie dai 
Ati»n ihnen wicdor llberlaftsen wurde, (iciÄtlichc HDzimtclIe-n und jede Ell 
nähme in :iltur Wei»e zu beziehen. 8rhon wurdi^ Tauaeu vor ein (tertrl 
gftttellt nnd zar Absetzung und Verbannung vernrthelU; aber das üröiel) 
blich unvollstreckt, da d-tR Volk in Kupenhiigeii «ich erhob und der Bischof 
von Seolaud sich durch ein Frauenziiniuer, dc>aeh Fürsprache von dcii ^ 
Bürgern erbeten Mrurde, bewegen liens, ihn zu schonen. WlLhrend dioMafl 
.^••liwaiikous versuchte die Stjidt Lllbcck, durch HinmiRchnug gewisse Vor- ~ 
thcile zu eiTcichen, — eine Stadt, welche mächtig durch iluren Handel^, 
aber gerade in dieser Beziehung auch von dun Scbicksalen der oordischf 
Reiche abhängig, sich damals unter der Leitung zweier anteraehmendei 




Wulbnwever xmH Chrbtton Itl. von DSncmurk, 



333 



% 



Empvrkflmnitmgc betuid. Der Bürj|^Tmci&U:r Jflrgeu WuUcuwever anJ 
fteiD Fr<^und Marcus Meyer boten zuerst i\vm Herzog Christian Tdr 
den Zweck einer gewaltaamco EluquIuuc des däDiächcn Tlirooes und uiu 
Uta Prfi» einiger ZngestJlndniBtte ihri'^ tlnterstfltzung aii. Als dieser den 
Bctstniid ablohutc, warfen sie eicb umgektilirt zu Vcrtheidigcra des gß- 
fangmien Königs »uf. Kin Graf Cbristoplt von Oldenburg führte ad 
der Spitxti vincs mit Ldbeck&ohcui (jäldu gcworlipuen Heere» seiofl „Grafen- 
fehde" »0 glQcklich aus, daäs er im JuU ifViS in Kupeulmgeu beiuvo Kiu- 
ziig hulten kuuuU^ Freilich Wär auch dicker C]irjt<topU wie die nsuptur 
der t^tadt Lübeck eifriger Anhänger der Lnthrri8chen GUubensrichtuug, 
und als soleher. nicht aU Verfechter der alteu Kirche Rollte Kßnig 
ÜhristUu 11-, der sich ja nach beiden Seiten tun crbOtig gezeigt hatte, 
rcstituirt werden. Diu ExpiTirnent Hei aber anderi> auiL Der knhne 
Wullenvever beabsichtigte, im Kampf gegen die Uieraroliio iiud Ariitto- 
kratJB die protestantische Vulktipartci unter Ltlbecktt FOhrnng zur Uerr- 
aohafk zu bringen; sein t'ntcrnehmen ging in's («roäsc, ahrr auch iu'ä 
Cnbestimmte und Cbiniflriscbe, ee konnte nicht gelingen. Der Adel, der 
demagugisi'hen Partei uiclil minder wie der hierart-hiachen widpr«lri*bend, 
mosste jetzt sein Vertrauen auf Christian den alto&teu Sohn Krißdrich's l. 
setxcn. Trotz des Widerspruchs der dem ITencog Christian immer noch 
abgeneigten Bischttfe gehorrhten die wcltliebon .Stünde der driogenden 
Nutb und beeilten sieh, denselben &]» Christian HI. (geb. lÖO^ t 1&5U) 
zo wflbleu. Dieser griff die LUboekische Armee an, eroberte die von 
Christoph und AIhrechl von Mecklenburg eingenommenen LÄnder I5S5 
zartick und besetzte im fulgi.-nden Jahre Kopenhagen nach einjlthrtger 
Belagerung. Nnn, da die Bischöfe nicht erschienen und dadnrch ver- 
dächtig wurden, die Feinde des Reiches begünstigt zu liabeu, bot sich 
die beste lielegeiiheit , sirh ihrer Macht mit einem .Male zu entledigen. 
Christian ward mit den Rcii:hsrälh<*n einig, dass der AntheÜ der Bit^rhtife 
an der dfinischrn Rogiemng aufhtircn mtlsse, der KiJuig aber deren Gilter 
eiuxuziehen befugt sei. Au dcmsidben Tage wurden alle Bischöfe ge- 
fangen genommen, den von Schleswig auftgenomnieu, der die Koformation 
nicht gehindert hatte und dem Könige ergehen war, und Keiner wurde 
eher freigelassen, als bia er vei-wproeben, »eine vorigen Recbte nicht wieder 
verlaugeu, keine rurnlien erregen und dem Könige gehursam seiu zo 
wollen; der Bisehof Könnow von äeeland oder Hoskild atlf-lD fügte sich 
nicht nnd btlsste mit Kerkerhaft bis au seinen Tod. Ilierituf wurden am 
30. Oclober I58t) zu einem neuen Reichstage nur Adelige, Bürger nnd 
Bauern berufen. Gegen die Biscbüfe wurden Anklage» aUer Art und aus 
allen Zelten zuHammengesucht und endlirh uugeßlhr wie in Schwodeu 
entschieden, man wolle sie nicht mehr in alter Weise gewahren lassen, 



3^4 



Zveite A)>the{|Dng. DriUer Ab&rhnlll. | Xi. 



sondere bei dein Evuigrlinm bleiben.*) In der Tbat vorluren dln ßteohö 
allen politischen ICInÜtis!*. Der .Stial erhielt (Ins Herht, jedr» der Kirr 
eotbchrliclie Out zur Tilgiuig der Schulden un<l zur Vcrmiudprnug vn< 
Abgaben cinzasieben; der Adel durfte ftUbere Heben knngim eurOekziehc 
nnd erbielt neue Güter, z. B. einen Tbeil der verlassenen KlOater xh r<ehtin 
114 Schlösäer und Liegenschaften, daranter grosse Tlieite der Inseln Unr. 
holm nnd Kflgrun, tielen :in diu Krune. Die Eldätur sollten anseterben 
wer sie verlad«en und sich verbeirnthen wollte, erhielt die Erlnutm 
wHlirtfud Anden«, die nocli zusammen zu bleibuu wUnHchten , sieb nut« 
die Aufsicht eiut^ii evnni;elischen Predigers stellen und die düniücbc Liturgi 
annehmen mussten. l'm nun aber die ^nze neue Kircbe in (>rdnnng i 
bringen, berief iUt Küuig 1537 Johann itu^enbagen, den er dcbon lüi 
persönlich kennen gelernt hntte und der nun zunächst zwei Jahre , va 
5. Jnli 1537 bis Juli 153^, und nachher wieder 1542 eich In Dänemark 
uufbielL Vun ihm nJs „Ordinator'' wurde Christian Ell. .im lo. Augaa( 
lf)37 nuch leterlieher Anrede und mit liturgischer Weillünftigkf^it ge^albl 
mit dem 8ehwert« umgOrtot und nntor Darretcbang der UeichBinsignieD 
gekrönt") Am *J. äeptember erli<!Bfl der neu liekrßnte eine nene Kirch 
Ordnung iils OrtlimUio ixclexUvttica ri'guorum OntiJnt; tU .\orn-ffjun' eh\ 
welche anter Bagenhagen's Mitwirkung von den dllnischen Geistliche 
— nntor Ihnen Peter l'altadiiis aU urster evangelischer Bi8chi>f vo 
Heeland, — ausgearbeitet, hierauf in Wiltenbei-g revidirt, von Mclaneh 
thon xurUckgebracbt and 1539 auf dem Reichstage zu Odenseei f^rm 
angenoninien wurde. In derselben ist der König »Is oberster BisehoT 
und hßchster Hiclilor anerkannt; doch behült nucb der Adel bei Aas- 
Qbung der Patronalan-cbte bcfleutenden Ginfluss. Man ernannte s! 
Superintendenten , die jedoch bitld nuclitier wieder den Namen Bis< 
empfingen, nur der Erzbisehof tiel weg. Bei Vaeanzen sollte der uAi 
Bischof deu neuen ordiniren^ dem Bischof von Seeland verblieb das Ki^ch 
den König xu salben. Auch blieben die BiscbUfe Im Besitx einca beträeb 



'4 



') Milnter III, 8. 4&&. 
**) Der guuze KrUniiUf^ct, der van uinnchcu Zettgenoiisen iiugfinsÜg 
lirtbcilt seiu soll, wird uusHilirlivli und urktiuillii:)i be»oliriebeu liei Vogt, Bi 
baKen,S. :(Wt — *»o, Hnjteu)iiigeii eiilwickcH ln-i ilieser (ivlugenbcir biBcliUfllrlil 
EigenHchafte»; indem er iltim Kftuifr alle KLruii, uhcr nucb atlc l'Hiclitca und Ol 
liegenlteiten seiner Stellung vorhlilt, g^ht „euino populäre Beredt samkeit bei wl 
voller Breite doch iiigleieh uiii niiver Dorhlieir in die VerhÜltoisse dos Lebi 
ein," Er sugt alyo z.B.: „Kurn, wenn utia Gott uitoli imsereui nuKgerichieteii Ai 
und üeseliaften £U Zeiten eine IVouden^ttnnde (fiebl , wie jetzt iu diesen kOnij 
Hüben Ehren, mii^en wir Alle wuh) esiteu uutl trinken, üh denn etwa ein went 
zu viel KCsesblebt, wie dem liciligen Joseph wiederfulir, il» er mit »einen BrUJer 
trank in Aegypto, da ist mir nicht befohlen, biild Sunde davon zu machen' 
(Vogt 8.373). D.a 



Aa^a^ 




Charakter der ilftuisctieti Klrclie. Norwcffea. 



3a& 



I 



Gebea Thetia der Oatrr, aar wurde Jedem ein SlirUmmtmann oder i^tifts- 
leLusiiianit nobengcürdiK't fQr *\vn Xwcrk der Gnu-in'crwtltnug, de» bisrhdf- 
Itcltcn (itiHrlil« und der .Synudt^n. Cuntinicatc sollten .tl» PfrllDdon für 
Tlieoloicen odor woItUdic Ueainte dienen. Aach die Uoinpiiiden empfingen 
ein Walilrorlit iu KJlllen , wo f^ anderen Patronen nirlit zustand. Im 
üanzen erUii^te jedo<^h der weltliclic Adc-1 ein «o grosses Ueber^cwirht 
in driit ganzen SUate, da«a erat dadurch aneb die Leibcigensrhai^ der 
Baueru bcjp'Undttt wurde, welche trotx eiiii^r Gef;en1>cmll)iungeu bis 1804 
fortgedant^rt hat.*) 

Der ji;aiixc Verlauf hat Atdinlichkeil mit dem bercitH dargestellU-n In 
Schweden. K» war weftentlirh ein Kampf gegen den hieran'hiiiohrn F.pi8- 
kopat. Die Kilni^e , ubgleieli unter Wträch fliehen Hrhwuiiktingen und 
ZAgerungen, ergriffen den nMicn Standpunkt, der Adel half zu eigenem 
Vortbeil, das Vulk, vielfach Bchon dem königlichen Willen voraneüeud, 
lieSH Meh ithne Si'hwieri^kf^it ;;ewinnen. [)aa nächste Gi^ehniss war die 
Gründung einer niudilieirten LutheriHi^heu StaatAkircbe. Hier wie dort 
blieb der biachCflicfae Name mit veränderten Rechton stehen, hier wie 
dort fiel ein grosser Theil des Kirrhenp;ntH der Krone zu. 

In Nurwegen zog sich der Widerstand gegen Christian 111. länger 
hin. Im tjflden gelangte der König nnd mit ihm die nenn KIrohe 1530 
»ur AnerkeonauK; iui Norden unlorliiclt der Biachur von Drulitheim den 
Anfstaud zu Gunsten de« gefangenen Königs, fflr den sich ancli Karl V. 
bei ihm verwandt hatte, oder dueh seines Öchwiegcrsuhnes des rfalzgi'afen 
Fried rieli. Allein I5;{7 wurde diu Luud von dünischen Truppen besetzt, 
und uun erfulgte auch die kiixhlicbu ITmgc&taltang ähnlich wie tu Däne- 
mark. Der Insurrection wegen aber wurde Noi-wegen ztiniichst nieder- 
gehalten und entbehrte fftr längere Zeat seinen Keieharatb nnd »eine 
Keichstage. 

i>ie neue Kirche von Dänemark und Norwegen blieb mit der Luthe- 
rittcheu in enger Verbindung. Auch mit dem Schmalkaldischen Bande 
ging Ohriütian in Unterhandlungen ein; als ihn dieser aber IM4 in einem 
Streit gegen Karl V., der 154Ü beigelegt wurde, nicht unterstützte, ver- 
sagte er auch die Thoilnahme am Sebmalkaldischeu Kriege. In seinen 
letzten Jahren hatte er noch Mühe, die Geistlichen gegen den Adel, den 
er Uhermäcbtig geumeht halte, zu «chfilzen; denn er maustu 1561 ein 
Geseta geben, nach welchem die Kinder der Prediger nicht als Leibeigene 
ihrer Patron «tsherrcu betrachtet werden sollten. Die Angaburgiscbe C'on- 
fewilnn wurde anerkannt, nielii so ilie spätere tjoncordieufurmet 

Die Insel IsLind hatte 1540 Christian 111. anerkannt, und schon 
damals war ein evangelischer Biachof von Skalabult ernannt worden, aowie 



') Dillliuger, Kirche und KUebeu ü 97— 100. 



336 



Zweite A>>ttieilnnK- Dritter Abschnitt. S 33. 




anrh das Nenn Tp-Blanitint glelclizeitig; einen eraU:n ITebcreelaer 
laläiidischo fauil. Da« Volk war aber der kirchUchou Neucrong so «t 
geneigt , dai» 1 5t7 von der altglAiibigcii Partri ein AntHlaud und 
kleiner Bfirgerkrtcg angezettelt wttrdeii konnte, welcher de» kalliuliscl 
Htärliof Ann Iiobf^n kostet«'. Krsl iriöl war drr Widerstand gebruchf 
daä Land unterwarf sieh dem Könige, und die Lutheridche Klrcheuurdiiu 
wnrde xam Theil gewaltsam cingefdhrt *) 

Die genannten I^änder, Scliotttand und Schweden, Ucfern uns die ci 
fleispiele Kolcbrr Ui-bii^te, in denen die liefitrruatiou, statt znr Spaltung 
fuhren, vollatändig durchdrang, und wu diese kircliliche Einhßit, wie in 
Sf'hweden, i^ogar mit Strenge und bis In UDsere Tage aufrecht erhalt 
wurden int. Leider sind die Früchte diet*er eitiheitliehen Herrschaft nicl 
in jeder Hinsicht gOnatig gewesen , und dies darf sieh Belbet derjeui, 
nicht verhehlen, der widil weiss, wie oft sicli (Ibrigena kirebliche 
politisclie öpaltujig gegenseilig gefordert, verlieft und zum Vorwand 
reicht haben, und der es ffir einen Frevel hält, sich jedes Kiiwarhseä v< 
Union unter Christen nicht zu freuen, wenn ja doch nur auf Grund 
Uebersehützung dessen, was Saclie des Fürwahrlialteus ist, ein Misstran< 
gegvtt £UnigUDg, Friodonslicbo and VertiiLglichkeit innerhalb der 
liehen Oomoinsrhafl entstellen kann. 

Dänemark gcuicsst gegenwärtig Religionsfreiheit. Das Gmoi 
von. 1849 hat den confessionellen CharaktiT der Staatakirehe aufgehol 
und die vorhandenen DisBidenteu wie Heforiuirte, griechiscLc und Uömjscl 
Katholiken, Hcrruhuter und Juden, die jedoch zusammen nur einen sei 
geringen ßrncliLheil ausmachen, den Luthetanei'n bßrgerlich gleichgcatellt, ,, 
doch ohne dass ihnen Unterstützung fflr ihre gottesdieiiBtlichcn Zwec 
zugesagt worden wjirc. Für die Person des LandesheiTn wird vurai 
gesetzt, dass er dem Lutheriscbeu Uekeuntniss angehöre. Durch (iestattai 
der Civilehe und Aufhebung des Taufzuanges wird eine Trennuu}^ 
kirchlichen Verltültnisso von den bilrgertictien angebahnt; aber dt 
scheint dein liefurmbedtlrfnisrt auch gcnflgt zu sein. Nseh wie vor 
die Kirche von den Uiscliflfeu verwaltet, aoüserdem bestehen noch hischl 
lieh geleitete „StiftbVörsauunlungeu" der Gviätliehcn ohne wcltüclio 
glieder. Ah) dalier lHr>7 Prufussur Klausen, der tVohere Minister, 
EiTichtnng eines Kirctienraths d. h. einer allgemeinen Synode bei 
Keichstage iHiautragle, fand er nicht die nOthige Unterstützung. 
UischÖfe lehnten den Antrag ab, die (ieistliehkeit erklärte das, ubgle» 
nicht vorfassnngtiuäasige Listitul der Stlftäversuuimlungeu f(lr ausreichni 



•) FittHus J ohannatus, fiistor. eccL Isian^iac. !V Tom. HuDn. 177,2—« 
Daxu die betr. Absclinittv bei MUnier uad Mnurer: Ute Bekuliriing des uor* 
Wflgischen :4tamtDcs kuid Christenthmn, 2 Bde., HUnoh. 1S&5. 56. 



rogsiL 



loBw!g-Hol8teiTi, 



337 



und gab der auaachliesHÜcb geiätUchen Vertretnug deu Vorzug vor der 
gpinischten.*) — Anch in Norwegen, welches mit Sctiweden zwar dorch 
I F'ert<(>naluuiou udUt demselben Könige verbuuden ist^ aber statt der bisher 

Pgana aristokratisrhen und stAndißcben Ordnnngen Schwedens eine fast 
ilrmokratlH<'hi' Vprfasaung hat. — lik-r alao so gut als gar keiu Adel 
IGJtMcliJieit aller Bilrger and alle drei Jahre ein ötorthing derselben, — 
ist zwar seit ltj4& allen Bi^kenntnisaen Freiheit gew&lirt worden, aber die 
Beumtnii luOsscu doch norh uhno Ausnahme Lutherisch sein.") — Fflr 
die Herzogthtlmer Sclileüwig-Holstein ist aus der VerbiDdnng mit Dänemark 
«ine harte Hescbrünkuug des deutacheu Elcmeata in unserem Jahrhundert 
hervorgegangen. Paw ,,Sp räche nrcsrript" von IH51 hatte den Zweck, den 
doutschen Geistlichen und Gemeinden die dänische Sprache aufzuuut)iigcn| 
— ein nnbererhtigter Druck, der hier von einem weniger gebildeten Volke 
Uher ein höher entwickeltes «»"ging. Aber auch diesem Ungemach liabea 
i^ die neuesten Krt-ignisso ein Ziel gesetKL Dnrrh den Prager Frieden vom 
^33. August 186(> Ist Uolslein wieder in die deutliche HcrrschaA eingetreten, 
Ukid es lasst sieb liofTcn, äam diese Erfahrung auch tlbrigons die Dttuen 
von solt^her Gewaltthut gegen die Deutarhredenden, die Ihnen noch gu 
blieben sind, zurUekbaltcn werde. 



Vierter Abschnitt* 
Kirchliche Krneueiniiig in Polen und Ungarn. 



§ 34 Folen. 

Utentur; Aiir. RegeHvolscii (Wmgierski) Syiteme hislor, chron. , Ultr, t^i, 
lOTS. tuitii:nii-cii Ilisi. ftef. I'ühn,. Freyst. I(i')&. Salig. (funch. der Augsl). 
C'unfcHtiiun, Th. 11. Schröckli, K.-G. U, S. iMio. v. Friese, Beitrüge zur Ref.* 
GeHch. vuo folen n. I.ttthiinen, Bresl. t'SC. i.'ount Vaterian Kratinski, 
llisfOTtcal skftch of t/w ris*; pt'oijress and decJinf of the reform-, in Potand and 
of the influnHce. tvhich litt scriptural tlociriiws hnve txercised oh (hat countrt/ in 
tittrary^ muitä mui pvUtknt ifSyecU. Lmut Xsifi. 4i>. DetiUich von Lindau, 
Lj»i. tsil. ü. V. Th. Fincliev. Gescliiolite der Kerorinadvn iu Poleu, (»riiti IS55. 
l?. H, Busch, Beitrüge zur (iesch. a. Stutistik der Augsb, CoaC - Gemeinden In 

Polen, Lpz. IS61. 

Jeder Uebergang in ein neues Gebiet erheischt Voruntersuchung des 
bistorlwhen Bodens. Mit Polen tritt ein neuer Stammeöcharakter, der 



*) Allg. Zeit 1^7, S. 5047. 
") .iMHuaire l. c. IS64— 65, p. 377. 



31 



S88 



Zweite Abtbeituux. Vierter Abschnitt. § .14. 



aUvisThe, in den rmkreia der refoi-ni&toriHchen Wirkungen. In diea«i 
Laude licrrschteD 7.0 Anfang des XVl. Jalirluiuderts uui-li die Nnetikuinmei 
jene» Jagello, wftUilif-r i;iH6 «nw einem heidnischen Fl)r«ton der Littli»ue-l 
eiu ehristlicLcr Köui^ Wlndittlaus von Puteu };ewordeu wiir und eeiu 
)ittllaull4rheI^ G«biet mit dem j^roiiflcn pohiiAi-lieu viTeinigt hatte. Sehoi 
frflhor wlur das Land durch weitere Kriege und Erwerbungen rrweit 
worden f dock niclit in gleicliom Qrade liattc sieh die li(iniglicho Gevi 
eelbäL-indig entwickelt Die KAinpfe deH X\'. Jiilirlinnderttt lt»tten de 
Adel unentbehrlich und dadurch Ubermücliti); werden laasen; da nun d<i 
Städte nicht hu viele waren, da8B sie durch ZuBaniinenwirkcn eine Marl 
hfttteu darstellen und Hct^hte erverbt-n künueii, uud du die Massen der 
Bauern völlig vom Adtrl abhingen: üu niaelile der Adel eigenUteb alliOn 
die Nation ans, nud xwar der ganze .\del, ohne dos» oioo Scheidung nod 
Gliederung in hoho uud niedere Arititokratiu iiufkoinmen konnte. L'nd in 
dieoor Nation war dann rreilicb die ganze Volksttonverainität enthalt«'n. 
Der .\del beherrsclito die Reichstage theil» dadurch, dans seit Slittc de» 
XIV. Jahrlmudcrls aus seiner Mitte die „Landbuten'' (nnncUj gewählt un^ 
zur Bewilligung der .Steuern und fttr andere Zwecke dorthin geAchiet 
wurden, theils dadurch dn^a alle eiu2(.duen UitgUeder der Ari»tukj-atie dl 
neben daH Recht beliaupteten, aelbat auf dem Reichstage zu erscheinn 
Die Wahl tier Könige lag In ihrer llaad, nod weun mau sich auch aa' 
die r>yiia>iti<- der Jugellom:[i hiüU: i>(i benutzt«? man doch ji^den Wnhlnrt, 
am doui neuen Köuige zu den alten noch /u(!;oiit:uidnissc neuer Freiheiten 
abzunöthigcu. Allerdin^ bildete »ich neben den |jaudbi>ten noch an» 
aümiutliehen Uisrhöfi^n und koniglicht^n Itiltheu uud li(ieliateu Beauiteu t'iue, 
Kaninier der Senatoren; aber auuh in dieser sasaen wieder nur Kdetlt-nl 
wenn auch nicht als solche, uud dii* hüclisto Auctoritüt verblieb bet dei 
Landboten, wesliulb es dfun auch ttchou 1.^115 gesetxlifh wurde, dass ohni 
dercu Zustimmung ^ielits Neues eiugeführt und nichts in der Vertassanf 
gehindert werdeu dilrfc", ') bald auch das» alle ätaatsbtlrger d. Ii. alle Voi 
nehmen einander gleich seien. 

In einem so oder vielmehr so wenig argautslrtpu Staat konnte d< 
Erfolg einer refonnatori sehen Thfitigkeit uichl drtuernd vom Kiinigo noch 
von den Hischüfen abhiiugeUf suuderu nur von deueu^ welchen es gelingen 
sollte, die Massen des Adels am Ifingsten und sichersten t'ttr sieh zu ge- 
winnen; und HO iiiusste die Vielhon-si haft so vieler (Sleichen bald xu einer 
Trennung und Theilung hiutreiben, welche diesen atomistischen Adelsstaat 
allmiLlilich ganz aufgelöst bat. Zwar bestanden auch die Bi8eh<}fe nur ans 
polnisrhdu Etlellcuten; dun^h diis GeHcti vnn 1ü"23 wan^n Niclitadeligv 
auagoschloasen, uud schon dieser Limstand setzte der ktrchlivlien ^Neuerung 



*) Spittler, Geschieht« der eurup. Staaten, II, S. 330— 33. 



ZasUinde PoIbdr. ÄnHlngc kirdiltchor Neuerung. 



339 



üiDderoisso entj^pgen, aber inohr mittelbar als dadurch, dase der Adol tod 
deu Biücliöleii sich hätte bevormuDdcD lasaen, deuD dieser war sich aetbat 
gleich und f^eborohtc iliueu nicht 

Allein trotz dit^8i>r ttrliwterigen Verhältnisse wareu die AnRinge der 
kirclilirhcu Ücwcgiing bedeutend. Bis zum Aussterben der Ja^^elloueu 1572 
erlangte der evan^^cliseho Glauho unter d<-n gegebenen üntstiiidon ein 
Maas« von Ditidiing wie in kciiinii anduru Lande, wo ^rigene nuch 
kathutiiiehe Laiideäblst'hAfe foitbestandon. Das sofort eintretende äcliisma 
oi'üffiiete di^ui Pn>tt?iil:uilist]iiiM iOiil'u iHtti'Aclillivht^n .Spielraum, nur trüiüch 
keinen ebenso sichfreu und dauernden, dmu nicht weniger rasch konnte 
sieh dieser f^Unsti^c Zuataitd in daa Uugenthuil vei'waQdeln. Alles hing 
van d(Mi t'inzt'lnpu adeligen Kamilien ah, und wie manche unter diesen 
sich aulauga nicht um die HlschÖfc und deren Untcrdrllckuugsvcrsuchu 
kttmmoiien: so auch später, als nie von den Jesuiten erzogen und berathen 
wurden, nicht mehr um die iJuldun^rspüsetze. äclhstfludiger Ueist und 
uuuhtiAlti;;c Kraft der Ciesinnun^; wirkten vereinzelt, nicht immer sind sie 
mit einrtr I<^irlit errc-ichbaren Tolcrana verbunden. 

Im Volke, A. Ii. lüor nur im Adel, — deun vun diesem und nicht 
vom Konigthurn rausi* anagRgTinge.n werdon, — war achon im Laufe des 
XV. jHlirhunderts dnri-h die Nühc und dtui S' erkehr mit Bühujcn uud die 
Ausbreitung llussitiseher Urundsfllze der Opposition gegen die bestehende 
Kirche vii^lfaeh der Hoden bereitet worden. *) Während der bßhmischeu 
Verfolgungen kamen Viele der lüfrigttten Tahoritcn, um den Verfolgungen 
der gemässigten Calixtiner nnd Utroquiaten uud der Kogiorung selber zu 
ootgchrn, nach Pnleu horilher; auch st'ind ja seit 1471 Böhmen selbst 
unter eiu^^m ]iohii:^hrn l'rinzuu Wladislaus. lu vielen Ucgeudcu wurde 
XU Anfang nniterer Periode daa Abendmahl uoter btüderlei Gestalt erthuilt; 
In Vaseu torderte sogar um iTrfX) tiuc Vu-reauimlung de* polnischeu Adels 
dir Bewilligung dc:^ LaienkeU-hes und drohte, im Weigerungsfall den 
Zehnten nicht mehr zu geben; der Biueliof von Posen konnte nur dadurch 
answejrlien. dasa er versprach, eine päpHlUrhe Bestätigung daftlr auszu- 
wirken , womit er Zeit gewauu. Viele einzelne Edelleute und selbst 
ßisrhöfe, einer kirehliclirn Erneuerung augeneigt, iuleressirton sieb sogleich 
lebhaft l^r die Lutherische ; ja e8 fehlte nicht an ausgexeichuetcn bischöf- 
lichen Pi^rs4uliehkeiten, welche vi>n e>tarkcm Nationalgrfflhl beseelt, ernst- 
lich an eiue Kmancipation der polnischeu Landeskirche von Uom dachten 
uud Hii-h wenigstens vtmi Papst zimuiiL'h nnabliüngig zn machen wussten. 
Johann Laski, Lrzbischof von Unesou, Uhoim des bekannlercn Johann 
Laaki, päpstlicher Legat und Orosskanzler von Polen, schützte einen anderen 
Neffen Jaroslav Laski, oioeu erklärten Protestanten; er wurde dafür 



') AusnUirlich bei Krasiuski 1, S. 145 ff. 



22* 



aio 



Zweite Äbtheilnng. >Merter Atischnllt 9 14. 



Tom Pipstc gobaoDt, pubUcirte aber den Banusprucb iilcbt und bebauptd 
sieb ID üeiner Wflrde bis an Heinen Tod. ln<lon8«<!n blieben di^^e Uei^pirl 
vereinzelt; die grosse MeUrzall des poluiäcbeo Klerun vervinigU' sieb 
in der pntgegengeBetzten Kictitung und w^ndt« Alles aaf, nm die geßlbl 
lieben Regungen zu unlcrdrückon. 

In unserer ZtH hatten Manehe aus dem polniAcben Adel in Wittei 
borg zn stndiren begonnen, und wenn aurb niebt alUu viel Wisfienitcbaf 
so bracbten sie docb, wofür die eiupt'änglictior wnreu, einen allgeminuen 
Eindruck von den freieren Tendpnzeu der llelbrmation mit. Es geh 
ibneu aber nicht, ibro Neigungen aaeli auf den Ki^nig zu flbertragei 
Sigimnund I. (f 1548), ein wublwi>llendur, doch niclit energischer Reget 
hielt sich, weil er mit den Uiscbrtfen eng verbunden war, (Kuch für v* 
pflichtet zum äcbutzc der alten Kirchen Verfassung. *) Und darin beatärli 
ihn seine zweite Oemablin Dona, Tochter von ÜalcuzKoa Sforza Ilerzo| 
von Mailand und mit dein spaniüchen Ilofo verwandt; sie betrug siol 
katholisch und biseljöfUeh, aut^si-r wo sie durch noch nähere Intercdsei 
wie durch ihre Zuneigung zu dem Palati n and Marschall Johann KIrlej 
einen eifrigen AnhJtngcr dor miucn Lehre, nach der anderen Seite 
abgelenkt wurde, Ihr llofgeistUcher Kninz Lismanini,") obwohl F 
ziscaner und Italiener, hatte mehr Üefallen au polnischer Ünabhilugigki 
als an fernerer Uienstheflisutenheit für den Papst und den Orden; er vci 
einigte in Krakau eine ÜescUeebaft von (ieiütUelien, JuriHlco and Ituel 
händlom, welche er mit ausländischen Büchern versorgte nnd der er Vt 
träge hielt, — Vorträge die WeUin Anklang fanden. Es bildete sieb 
verwandter Anschanungskrcis, von welchem ans man durch einzelne Fremt 
nnd Flüchtlinge schon Ober die gewtthnliL^ben Schranken der protestai 
tischen KirpliUclikeit hiiiausgcrührt wurde und naraentüch bei den Aufkug«^ 
autitrinitariacber Lehren .inlaiigte, die aber wieder nicht Allen zut«agteii. 

Schon viel früher aber and bald nach dem Bugiuu seiner Regicruai 
hatte der König zur Anfrechterhaltang des bischrtf liehen Ansehens 
nachher gegen Ausbreitung des Luthcriächeu Wesens Vorschriften erlasscl 
z.B. daiw durch die Starostcn (caititmiet . praef'ecü), die eine Art 
Jurisdiction ilbteu, jeder (iebauute .ingehaltcu werden sollte, die Absolatioi 
dos Klerus zu begehren. Auch strenge Bücbercensur nnd llaussnel 
wurden anbefohlen und A<br Besuch der UniveraitSt Wittenberg autt'i 
1102:^). Allein kein Keichtitag bestätigte diejic Verordnungen, also bliebt 
sie unbeacblcL Nachdrfk'klieher wurde in Danzig gegen protcstantischl 
Sympathieeo eingeschritten. Kiu Mf^tstrat, welcher sieh evaugelisclit 



') KrasioBki I, S- 132 ff. 

") Lubieniccii Üistor. Reform. Pol. p. 23 tgg. Ueber Usuanini i. 
Büjfte, Dkfion. $. v. und Foek, Suciuliulsmu« I, S. 14&. 



i 



Fortecbrifto LutheriBcher Lehre In Polen. 



341 



Predigern widersetzt hatte, wnrde 1535 von der ßUrgenich&ft verdrängt; 
im folgenden Jahrp erschien der KSnig dnselbBt, vermochte jedoch sogar 
dnrrh eiuigr Hinrirhtungt'n dn» Verlangen nach kirchlicher Reform nicht 
Ka nDterdrtlcken. *) Ebenso erging os in Thom und Elbiog, die Gegen- 
niaaädrt'geln hatten beschränk ien Erfolg, da der Adel nur so weit nach- 
gab, a]& er ohnehin schon wullto, und sie worden darcli andere Schritte 
wieder entkräftet. In milderem Sinne verlieb jetKt ein königlicher Erlass 
von 1539 allgemeine PreBsfi'eiheit, cbeo«o verbürgte ein Beachlusii des 
ßeichitageH zn Krakan allen Polen die Rerechügang, nach Gefallen auf 
auswirtigen Universitäten zu studiren. Schon vor 1540 beaass eine Familii; 
6 () rk a eine Lutherisirhe Kirche ; anch waren wieder durch die Nach- 
stellnogen, die König Ferdinand 1544 und 1547 Ober die böhmischen 
Brüder verhängte ^ viele Flüchtlinge nach Polen gedrängt worden ; sie 
fanden zum Theil aU Erzieher in den dortigen Familien Eingang and 
Einflnss, wenn gleich der Bischof von Posen lf>48 wieder einen könig- 
lichen Befehl zu ihrer Vertreibung durchsetzte. 

Es war daher mit der Ausbreitung Lutherischer Grundsätze unter 
dem Volk d. h. dero Adel Achon während der Regierung Sigismund's 
eines Cicgncrs rJeitilicli weit gekommen ; in dem benachbarten Preussen 
wnrde uhnehin anter Bigisniund's Neffen Albreclit die Einführung der 
Reformation planmä*sig betrieben. Aber viel günstiger wurde die Lage 
der protestantiticli Ot'itinnten anter der folgenden Regierung. Sigismund IL 
Angnet (L&48 — 72) tbat so viel er konnte, am ihnen vMlige Duldung zu 
erwirken ; denn t^r war selbst der evangeliaclien Sache zugethan , las 
Catvin'ft /nsiidttio, empfing Briefe von ihm und von MeLincItthon , hielt 
sich nofprediger von gleicher Richtung und wurde unterstützt von seiner 
Oemahliii Barbara Radziwil und deren Druder Nico laus Radziwlt 
(t 1507). ") Tarnovski, Kronfeldherr des ganzen polnischen Ileeres 
(geb. 1488 1 1571)r der sich in Afrika ausgezeichnet und von Franz L 
and Karl V. bevorzugt worileu, Steiner der edelsten Charaktere in der 
polnischen Geschichte", thcilte diese Bestrebungen. Eine Anzahl Studiren- 
der verlies» 15-19 Krakan, am andere Universitäten und Schulen, Königa- 
be^ und Goldberg iu äohlesien aufzusuchen, und fast Alle kehrten 
evangelischen Herzens znrfick. Auch in einem grossen Theil des Adels 
hatte der Köuig Verbündete; aber dieser wachsende Anhang reichte immer 
noch nicht ans^ um die BischAfe und päpstlichen Agenten in Polen ausser 
Wirksamkeit zu setzen. I)ie Rischßfo erklärten fQr nöthig, erwiesene 
Häretiker mit Gtttorcouäscatlon zu bestrafen, und suchten den König fUr 
das strenge Verfahren xn gewinnen ; besonders zu Anfang der fünfziger 



*) Hirsch, Die Obcrpfarrkircbe von St Marien in Daozig, I, 1843. 
'*) Krastnski I, 8. 30S. 



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Mnile wa BBBsr lf^< api u ihn 
Bei &r«fcne ««k» B^efatj«« 



KMcdali <», 4Mi BftpliMl Lesojatki, «ikraal 4er Kooig aad AUt 
■hdmiiliiB, atehm McÜMad de* flnt ufiKtxle; aadi T^nüchlrt« er uf 
Mtefl SentiomnvtHrf «■ Mo« l^adbole in mw, raile aWr draniM'k 
cm MsncluJl der VoriMMifaaff «nvSlI^ velehe ■«■ bcadüoM^ dau 2v«r 
lU« Bteehflfe owh vi« tot aber 4ju Dogma <■ cfltwheidpii liltt<*n «nii ^ 
lUntiber erküren mUU-n wm «r wolli^ii dus aber d«f|^cKra SpmrjK 
Mna blr|t<^rlieh«n Kol^fn tnrhr luib^^n dQrft«B. 

m» crnKtUcb'- und tut uhirrichc Bcstrdmngea driogteu aUmühlich an 
•Inttr durrltirntlfindfo Maaaari'grl. 

Kini< uiMif WcDdoDf!: boti^ieboet der nft«bMfolgende Rcirliatng xn 
PetriküW l&Ab, D'ipvit forderte die Abbaltmig eines Xationalcoacilti, n 
Wtifbüm fflr den Zwirfk ninfuMiMidt-r kirchliobcr Beratlninfr Männer wie 
Mnlanflhthon, Calvin, Rcz» und von Polen aiu^ bpM4>iidf'n4 Johann 
vitn Laakl fa La»co) ala Thr-ilndnuer berufen worden solltea. **') \\ti 
LitstfBiwnntfl nimmt uiitnr 'Ion n>formatnnnrtii>n Personli<'bkp{ti:tii zwi>iter 
OrdntinK nlnn auagczeiclmr'tp .Slrllo ein. Geboren L49U stiitnmte er an« 
dftm hrtctiatHn and reinhateii polnUchcn Adel und war zu einer biärbAf- 
llaelifn Lniirtmlm bctttimmt. Aber ein freierer WiB»eiistrielj nUirtp iha 
l^U.'i — *jr> naeli ZUrich, wo or unter Zwiitgli, und nach H.iaol, wo et 

'\ KrAnIntikl I, l*>ii. Krtirfiok)), K. fJ, U. S. n^i. 

"I Niirliliiir Mlllintc <ir t^M\ uiU 4ler UümiAclieii Kircba vullgtifutÜK aus, t<«ill 
•itKHr fr*>WM(i Knlti'n, n» mI boMur, (bm Lauil ilen Moi^knviten oU Heo Keturn ai 
libttrla>HOii. 

"*) V^l- lltwr (Im: Hi^riram, HisioiM Jvftannis a Cnsco, 17x1. Hurho« 
Hbiohol' von H4*elan*l, NnoltHohlim voit .lohiinnoc l.iu>ki nwl tieinrr Gvoieiiitl« {n 
Iilliiomark, IT&K. W. Hi'kwrrkendU'ck. J. I.iukv . Ii:m<l. IS)7. (jril>i'l aiiil 
Tini'lt«!'! in IMner'a .laltitiiii'li l*^:»«, l'i'ior Hanois in den .lührhUctirni fllr 
iliMiturlto llioolocfr, V. i IVtO. IVrM^lbe: .lobAnnm a Luko. fcUbi'rt'elil l<«»i<i, 
Ufldtiii tipok Im Kviiiii. .iKlir'oii-h llir ISmpii Imü, (itll)i>l, 4trachic)iit 
ttkriall Lehrn« In der rbi>in.n<v'*t|thiU. Klrvhi*. I'obl. tvlU. Bd.!, S.3ts Ul■^^ 
In U«riof V Kuoykloi^t'e & v. 



^ 



Laeld'B L«bcn and lVlrk«n, 



H^ 



uotor Crftttmus studirte. ErasmaB preist Ihn in den volltöni^tea Utoi- 
niMThen Plir»Heii, iiixl KraitinHki fa. a. 0. I, S. 245) ist gutnillthi^ ß^onng, 
es dicüoni zu Klanl'f". ilatt-s i-r von Laaki atiine Mi(H»igung gflernt, wMh- 
rrnd er docli seih*» JatiPi m-wahnt, das» Laski 1525 dem Krasmus srine 
Bibliotlit^k um 301") Oolilkrom-ii »bgi-kiiuft, sie ihm aber bis xu »pinera Tode 
nbcrlasiicii habe. Hipriiur ging Laski nach Polen zartlck und wurde 
waliriMiil der Jalire 1525 — 37 mit Pfründou Uberliäuft, zum PropBt von 
Gneaon ornannt und dnreh deu Kßuig «um Blacliof anetTsehen. AIIpiu 
se'iM'. Uftbenceu^iinji; war xtürkur alu dr-r Reiz der Khrenilmtrr, er gab »in 
anfy ging, tim seine tbiolo^Bohe Bildung zu erwcilern , mit BcvIlUgaog 
des Ej^oigp »uerHt 15*}7 narli MaJnx, wo er eicb verhetratlieto , and dann 
nar.h Kmdon (1510 — 49(, woselb&t der Graf Kiino von Ostfriesland und 
nach dessen frühem Titde (1540) die Wittwp Anna von Oldtioburg ihm 
die Leitung des geiiaaiTnien Kirehenwesens übertrug. Mit Calvin in der 
Abeudmithlälehre wie in deu diiK-.iplinariMchrri Grnndaätzi^u einverstanden, 
bnt er dicht-» Werk im Geiste der schweizerischen Kirche »usgcfUhrt 
Schon in Emden und wohl im Hinblick auf «eine« Freundes Hardenberg 
fl)r K^ln verraj)rtt<4 Rirclicnorduiiug traf er Einriehtungeu ähnlich den 
Calvinitiehiin 7.u Genf, stiftete fllr die einzelne Gemeinde Preiibyterien znr 
Erhaltung der Zucht nnd der Eintracht sowie „gciflilicho OötQd", Synoden 
nait Ȋiiuiitli''hen Predi<;eru beMeheud; ebenso entwarf er 1518 einen 
Kateehißmufl, weleher dem Heidelberger als Vorarbeit gedient bat. [>io 
Anfnüthigung dua luterimit verdrängte ihn ans l>ent8e.hUnd. Einem Rufe 
Cranmer'ü n.ich England folf^end, stand er «u London einer grosBen, aus 
dreierlei Flüchtlingen, Walluneu, Flamdndern and Italienern bestehenden 
Gemeinde vor, für welche er aaeh in der Schrift: Forma mbUxterii in 
{teregrinorum fcclesiis Lmidini htslituta. 1550,') Grnndztlge einer Kirrhen- 
leitung naeh dem Genfer Vorbilde zUAnuimenstelltc. Aof Grund dieser 
Leiatnngen ist er hU der ende Regrflniler der preftbyterianiaehen Verfassung 
in Deultti'hland nnerkiiimt worden, **) Als nun die blutige Maria ihre 

ISchrcckensregiernng ins Werk setzte, filhrte er einen Theil seiner Fremden 
*) JoA. n Latco, Of'P- ''^*^- ''f'^"* auctoris mairavit Kuyper, Amsteri. 
tsm. 11 T. 
••) (i(>bel (a. V. hei Herzog Hd. VIll) «agt von ihm: ,.Den Kusttstapfen von 
Krasmns, VCwIngli, Locher uml Melmichrhim fulgoml wurde er Hegrflnder der pres- 
bfterianisehen Vortaasuog lu England und Di-utsehlaud.*' „In der Wisftcusslmft 
£rs»mianur, im Ghiu)>en laithemner. im Cultiiit Zwinglianer, in der Vurlsssang 
Oalviui^t wnr er nl» l>JKtuatiker nachgiebig und weit, im Culni» Puritaner, doch 
uuch Anderer Au^ichten dtihlend. dxi^iren aber in der Verfaseunfr eutaehfeden 
streng , indem er (hinilhiibung christlicher Sittea- am) Kirebensueht dun^ti die 
(ienieimle il. h, ilir l'resbyteriimi utui llcfricriing der ganxen Kirche, nirhf durch 
^.Ohrigknii und <-V»nsidrorion. iH>udeni durch die Gosammtheit der Paatorea. den 
B COtus (woraus ä>iiodeQ) forderte." 



U4 



Zweite Abthetlung. Vierter Abschoftt. | 34. 



auf (Us Festland; 175 PenoDen rubron 1553 zqmididod «b, and nmdidm 
Bie in den Lntherisclien llHrcn van Dflnemsrk, Hamburg, Lnbeck, Ro(<Um-1 
ab kirchlicbu Eiudringliuf:ti zurtlckgewicdon worden, fnnden flie »uletil u 
Emden in Ostfriedtand und dann in Frankfurt du 'Unterkommen. 

Ein Bo orfahrcuer Mauu vun edler Gesinonng nud vielecicigcr Ba- 
pßlnglicbkeit, ohne scliarfou OonrcsKionallRmn«, Mitglied der hAchäteo pol> 
nlftclien Aridlokratie und durch den Vcrkelir mit den Reforouttoren ^blMol, 
erschien znr Mitwirkung bei dem kirchlichcD Uotcrnehmea geei^et^ w. 
SU mehr als er ungeachtet veinur Vorlicl)c fllr den Calvinittniiis doch achoi 
versucht hatte , Lutheraner und Keformirto zu einigen. A nf gehclnc 
Erlaubuias Sigisniund's kam Laski 1556 wirklicli au. Gleichzeitig atettls 
der König bei dem Papat wlchtigo Antrige; er bat am Opnehmtgung d« 
Kationalcoucils und um Bewilligung des Abcndniahls unter beiderliM Ciratalt 
sowie der Landessprache im Gattesdienat Anoh lie«8 FQrst N i c olani 
Radziwil 1563 die erttte polnische protestantische Bibel Qbcrsetzunf 
drucken und dedicirtc sie dem König. Alicia die Gegenpartei, atait das 
Feld zu räumen, fand in drei katholischen Theolugen geschickte Vot^ 
käoipfer ihrer Sache, zunächst in dem Polen Stanlslaus Hosiaa, BiHchof 
zu Ermeland und Cardinal (t 157U), welcher setbst gegen die Aagnbttrgiicbt 
Confession geschrieben hatte und persönlich in seinem Kreise wider iHi 
Ketzer eiferte. Ihm war es »chun 1551 auf der t^ynode zu Pctrikow ge- 
lungen, durch Abfassung einer i'oyifessio fidei cathoUcaf und durch Be- 
echlaase gegen die Protestanten die ROmiache Macht zu st&rken.*) Ferner 
trat 1556 ein eigener Nnncius Aloysius Lipponianus und 1563 eia 
Anderer Comnieiidon in Polen auf, jener biftig und deHjfotisch, dies«r 
Ton seltener Beredtsamkeit, einnehmend und fein. Mit solcher L'nter 
stOtzung durfte eine Gegen reformatinn immerhin versnobt werden. Aach 
wurden die Biscbüife und der Adel von den Ueuaunten so weit becinäas^t, 
dass allgemeine Scbiitte zu Gnnsten der reformutorischen Bestrebungen 
nicht zu Stande kamen.**) Der Reiclistag zu Warschau von 1556 gelangte 
XU eiuum gumäsaigt liberalen Ergebnisa. Weder wurde von den Einen 
die Verbannung Laski's, noch von den .\nderen die völlige Religion«' 
Allheit durchgesetzt; nur so viel Uess sich erreichen, dass es Jeden 
einzelnen Edelmann ttbcrlassen blieb, welchen Gottesdienst er geat«ttei 
wollte."*) Man gelangte zu einem Standpunkt IthnUcb dem des dentacfaM 



*) üebec ibn und »vinc Schriften: Retdua, Vita ilosii. A. Eicbhora, 
Der Bischof und Cardina] 81. Bottius, 2 Btle.» 1(155. 

••) Lnchtter, Faln ft raltones ftimi/ianim ehr. in Pol.. gune nb n-i't catk. 
alunar fueruHt, as^ue ad consensus Srmiom. lemjmrtt (Acta toc. J ahlonoviarutt, 
Lips. JS32. IV). 

*") Kinige Keaerprocfi^so im alu>D Ntil kamen auf LipponiADi'e Ao»tift«D 
zur AttsfllhruDg, wie auch die Hinrichtung des Hüilcheas Dorothea Lazecka, 



VertiunmlaTig nml Vergleich m Sendotnlr. 



34S 



Rf!Ug!onftfri(>tieiu Ton löA.S. Inzwischen mehrten eicli die Anhänger der 

•neoen U^hre; die SUdte Ditiizig, Elbiot; und Tlioru trhioltva 1558 auf 

ibro Bitte Ri^ligionstVciheit oder dnrh <lir Zui^irhiTiiti^r, dxsn der Klinii; ihr 

.Verhalteii iguorircn werde; sptttor aber wurde Hus^CBpioclicu, er avhi' ea 

ani| wenu wp. daa Rvangolium rein vcrkandtgtnn.'l Attsaer den LnMip- 

loni ßab CS zuuftcliät Refunairtü wie LitBki selbst, und QUerOit-ti Mit 

fl54H, »Ih Ferdinand eine groaw. Zahl vertrieben hatte, viele GemiMndf^n 

böhmiftc-hLT Brillier. Drei proteBtantiscbc Confcftsiunen standen 

neben einander, lUe Auguhurginchej lirlvt^iftrhe nmi böhmische, nnil — 

[merkwürdig genug — sie begauucn web eiuander in einer Weis« zu 

thern, wie die» bisher auf keinem anderen Boden gclungon war. Zwisrhen 

i'den beiden totzteron kam es schon lö>'>5 zu einer Einigung, welche durch 

Idie Synoden von 15A6, 57 nnd (j(l feierlich be»fcitigt wnrde noeh bei 

[Laflki'B Lebzeiten und enr Freude Calvin's. Die Verwandtschaft diosor 

[Richtiiagen wurdu slilrker enipfundt^n nnd IiöIut grarhti't :iU dif^ I)ifrr>r4>nz. 

[Aach die Lutheraner lud man zum Beitritt ein, und nach Laxki'a Tode 

(t 1560) wurde in dem Jahrzehnt von 1560 — 70, obwohl nach erneuerten 

ntteren Angriffen der Lutheraner gegen die B'ihmen nnd diest^r gegen 

|entj, so gificklich fnrlunter handelt, — unch die Wittcnberger Theologen, 

[auf deren ürtheil sich die Lutheraner bezogen hatten, damals die Phi- 

' lipptsteu Eber, Maj o r , Pe n c er , erklärten sich so «ehr znetiramend, 

das» auf einer Versammlung oder „Generalsynode" zu äendumir 1670 

I unter dem Einliass nicht der Theologen sondern einiger Magnaten, welrhe 
aelbet die Lutheraut:r zur Nachgiebigkeit bewogen, eine eigcntUehe 
V n i II n jener proteiitantirfchen Oonfesniouen förmlich abgeschlottsen und 
formulirt werden konnte.**) Uebur da» Äbendinalil wurden zum Theil 
die ErklAriuigeu M e l h n c h t h o n ' 6 iu der l'on/', Stixori. von 155 1 anf- 
genommen. Auch Dbrigcns hielt man sich an das Gemeinsame und unter- 
«agte den Streit über das Unterscheidende. Mau garautlrte sich A')end- 
mahlsgemeinschart und tiugehindert^* Amtttvtrriclituug der einen Geistlichen 
in den Kirchen der anderen, wälirend Ungleichheit der Ciebränche frei- 
gegeben wurde. Dagegen von den „Scrtircrn, Trithcit4-n, Ebioniteu, .\tta- 
baptisten", — mit welchem Namen besonders die A nti tri ni tarier gemeint 
vareO| — sagten sich die dreierlei Protestanten in diesem Consensus von 

I welche beschuldigt wnrde. eine Bofltie au .luden verkauft zn haben, die dann von 
diesen in der Sj-nagogc durebstuchen worden, bis Blut licrsnsgctlosseo scl. 
*) Lengnich, (iottchtclttu des pnmssischen liiindt'M iintor KÜnig .^igisuiund 
Anglist, I>»nz. IT3;t. 
*") I»ic l'rkundc Cons^usus Senilomiriftisis in der CotUetio conffssiftniim fd. 
A'iemeytr p. Ai'A. Aiirh der Ktfnig scheint zum Beitritt geneigt gewesen su 
sein, vgl. die Briefe iles .Stiinisl. Uusius bei lese ler Ul, I. S. -l&f>. Jablonsky, 
Histor. consetts. Snudomh-., Beroi. 1731. 



346 



Zweite Ahtbanang. Tlorter AS«chaItt ( 14. 



Sendomir I0&. Eine VerAAmmlung zu Posen von ctemBelben Jahre be«Uti| 
waä 7.» Hfodoinir bcHclilosiiiun war, auch narhhcr iüt vs nitihmials, x. 
anl" einor (jt'ntTJil-Synodo von InHIi, anerkanni win-deu.*) 

Darin »eheu wir aisu das BeaondiTc dieBvr pulniwhen Rbformbewegnof;! 
das« hier der l'rotvrttftntismun, nnrhdem er erst einige Festigkeit erlangl 
hattei, eine erweilirndu Neigun}; in iticli miftiiihni, ätntt l^dtg^tirb h^ an 
andern ftrt:« sctiou exclusiv gewordeuen Lehrbe^iimuiangtu zu behanrn. 
Dor LTiiioiitttrieb (gewann Im Kleinen und an entlegener Stelle einnu ^ 
wie er deuieietbcn übrigenB uoeli vm-supt war. Mit dem Tode de» K ; 
(1572) «niU'te die Reihe der Ja^ellouvn und die Notli doa Wahlr. . ^ 
be(;ann. Aber dos Beddrfnit» dea Fricdeu» furdorte sclioo in der näclutaa 
Policezeit und wjthrirnd üv» InUTregntimti eine Gewähr, von welcher «t( 
st^lbst die K.'^tlinlikon nicht anssetiloKson. Die voniehoifltcu .Mitglieder dl 
RetehBtagea waren dem Protoiitaiitismua, inelirere Biüch^fe wenigHtfins der 
Kiintracbt Jiup;eth»n, unter ihnen der Kr/.bisolrof von (iueäci) und Prinni 
drw Rfirh« Uchanöki, welcher von den Legaten bescliuhügt wnnle, ir 
wolle Polen nnter sich vereinigen und vom Papste losreissen, ebenso der 
kntlioliflrhe Tlischof von (.'njavlen Btnniiitaii 4 Karnkowi^ki. Dnr Reirbi* 
ta^ traf nauilicli wieder einmal zur Bt'uehriLnkung der koni>tlichea GewaA 
ein Uebereinknininen, an weiehe» alte folgenden KHnip' gebunden 6«iB 
sollten. In den lulialt dieser Confederation wurde 1&73 auch imd 
gemeiner Relii^ionnfrifdc, dem Augahurgi sehen ähnlieh, oingegchlositiin, 
Dogonauntc Pn,v dissidenthun der vier groasca kirclilichon Partei«! 
dabin tanlfnd, 1I.1H8 die»! Dissidenten inigeachtet ihres DiiwidinmB denm 
Friede hniteii , Blutvcrgicssen vermeiden , fremde Einmischungen iiieni 
nnterBttltxen, vielmehr stets fernhalten wollten. Es war eino Union 
patriotische 11 Gesinnung, wenigslt^utt des Hchont'udeu Butraj^ens und VV 
kebrs. Die Melirbeit der Laudboleo scblorte eich au. Auch die 
likcu waren i'lnbegritTüu, die äich aber naclimals nicht mehr in 
Kategorie der vcrtrSglirliP» DisBidenteu lialwn stellen wollen. Aueh woi 
bct^Uuiuit, das« juder folgende König dicHu Fried cubIi Orgschaft zu bcacln 
halle. Uni so wiebtiger wnrdo in diosem Zeitpunkt die betörst 
K<lnig8wahL Bei dem Ili'hergewicht der prutentantisehen Gro»sbD 
vielleielil auch ein gieicbgesinnter Fürst wie etwa der Ilerzog von Pi 
als König ausersehen worden, wenn nicht die vi'irwittwete RiWiigin Ki 
riua von Krankreich ihren llebBtcn und ilir tthuUcbat<-n Snhn Heli 
von Anjou (geb. 1551) durch denselben Celigny den Protest.inton 
empff'hlcn laasi^n,**) welchen sju und ihr Buhu selber in dem gli 

•) Kraslnsky, 1. 3.307— :iH4. 

") rVr (ii'ilankt' fHug huü von dem IHecliof MunMüi- vun Valc^ncc (Kab. t j 
tU'Tfk), der zuur^t seiDcn Sobn Bülaguy (^eb. t,S4&, f \VA\'.\) nach l'olcn st 
und nachher, — Mine eochzehote Ambussude, - selbst hinging, auch ni 



Helnrtoh'fl TTT. RrKnnng lo TTiinchaii. 



347 



hre 1572 mit Tansen^eD tn der Barlbtilomäasnacht umbritiKi^D lieM. 
^ain UntprliitndU'r fllr liio i>i{;oin^n dynastisflicn Zwerkti iwhit'n or \Ur gut 
tgenng, uuil waH war au L^iuor Tr<'iilimi^kcit gulr^tm! Wirklich gilfin;: 
<Ien ICiii^nu'k diosp» ochmiu^livollf^n Zuftnniiiieutrefr<!iis datlnrch ab- 
suächwävlivii, iIhss fUr dti* friiizi^sischeu l'n>tt!»tiiuU'tt cini; AuKS^ihtiun}; 
rerspro^heii, fllr die potnischtiu aber schon in Parts die pinxe /Vtr tlisxi- 
\deiitiHiH von dem Priiizeo beHcbwareu wurde. AU nun [Ifinrich \bl'A 
Polen ankam r batti^n knUioUBcbe Biscküfo ilin bereits durch vielo 
MbliMlu: CirUnd« und ßcirtpiclu, wie die du» Davirl und de» Pttrnt^ vun 84)iaer 
*tlicht, den Kid zo breclicu und tit-r absolutou Käuipsjjewftlt oirbts zu 
rergcboH, üburaougt; dabor nuchto er oin«r Krklürung an dto protcstau- 
iscbon ätände auszuwoicIicd. Aber niitlcu im lü'ilniin^rHarto sc1b«t, als 
Je&tir ohne dun Eid vur Bicb pditm »ollto, uiil4Tl>r:ii^)i ihn dür (ii'Uüä- 
iftrscball Jobnon Firley, Woywode von Krakau, mit den an lleinrir.h 
sricbU'tc» Worten: */ non Jurabix, mm regnahis, und dor KiWiig gab 

Kit*) 

Aber da« war ancb is»i da« Letzte, was in diener Richtung erreicht 
lo. Noch daft8»lbi' .lalir führte zu einer dcii(*u K'^nigüiwiibj. Durch 
;n Tod Hcinttit llrudeiv Karl'it tX- {'Mi. Mai 1.^74) wurde Heinrich 
Mcfa Frankreich gernfea; ohne Abschied eilt« er Über Wie» und Venedig 
EU Keiner f^iederlirlikeit znrOrk, um sie hIh K<^ui^ Heinrich III. Hnf dem 
'hron fortsusctzcu. Firiey starb um dieselbe Zeit, wie man «agte durch 
Hieranf wurde zwar in Polen .Stephan ßatbori (geb. 1533, f 15B6) 
loch deshalb gewählt, well er Protentant war, aber sogleich trat er, llher- 
let dorcU den katlKdisehen Prälaten äoÜkowaki, zur Komischen Kirche 



rthiilouitinKiiiu-ht In^enlut'ter Weise Rcstitntioii uml licllfpnnsfreihcit Itir dio 
ititcstantcn Kiienßh* und sich dann nucli fieineu) et^eneii Ratli ileMAvittiirt^n und 
hrufen lies». I>ie Biwjr. rf« Getu bezieht sich auf Ciim/sitin *ie VhasteUi-raut, 
tcaurf He tout ce ^ni c'est fait /imir ftilection riu roi ilr PoUtgne, Par. Ii74. 
trvnft. /, p. liJS. 

•) Krasiubki, U, :il— 41. I7el>er diese Vitr^Hupe »ind zu vurKleichcu die 

ii SchrOckh. U, S. 711 JUiKcgwlicueu iMtHte. Aufscrdem: Frciiro. tiesta 

foyuü PotuHi tub //fitrU'o i'alt'sw, Dantisd 165'J /». 13-4. HeinholH Üeiäen^ 

Hain. Hm'. Pi»lon. ah excfsau Siffitm. Aug. tihri HJi, Francof. I67'J, /•. 52. 

'•ratiüni l'Ua f'tirt/. ( 'itmi/n'tu/tmi Pnlav. lOüS. Ttiuani Hi'it. lih. Ll'll. tut». II, 

I. S2'2, t-'i'ttuciif. ICti-t. Jüixit i'.tntysmn, Jtitamri etc., Par. IM4. l'hud- 

[iins T. riliUHky. Da» puluische latcrregnam läTZ — TS und die Kilnig^wiilil 

lelartch's von Val<ii!>. Hoidvlb. isiit. Diese 8cbrifi betritt aber nur die Zeit, vlio 

ich der Walii KÜniK Ilulurit^h BeUii<(. nat^b Puten k:un. .Auf der leixtvn S, i;tO 

rird urzäldt, daits Duchdcm MontlUc im Aiiril \'^',\\ Vür Wart>ehau den Kid für 

|rn ntKiU al>wcsendeQ KJiui^i; fieleii^tct, iler Krunman^chall ihm nuch uiich lÜe Pnx 

fissiätfitutin twxn Heitclnvllroii rurgelept halte, ucil dubs er «ich unter den l'rote- 

iliiincn des Ilr/Jüi^chortt ilicäcr Aiiftmlerung iietUgl. Dazu werden wie itonal 

Irzelskl, Heidensteia, Cboj-aniD and Uratiani rddrt 



348 



T.wt^tc Alithnllang. Vii?rt(^r AHorhnltt. § M. 



flber. Grade er wurde der erste (tönner der Jesuiten, und ont^'r sei 
z<-lityahri^eD RogicruDg liaboii iük »icti iu Polen fetit^tsetzt. Su iat 
die refonn;itori«che Uewe^runtr in Polen weit vorgedrungen nnd hat 
ronfesHionelle Scbninkt' mehr hIh Mmlerawo durchbrochen, aber sie 
auch ruäcli zurUckgc wichen unter der (Jowalt einer eutgegoogeset 
Strömung. AU Nici»Uua von Radziwil löü? starb, trugen ihn t| 
seiner .S^hue zn Grabe, nbur utlu wurden wieder katholisch, der Ei 
Cardinal , der Andere kauft« nnd verbrannte die Exemplare der Bit 
Beines Vali^r«. Der Pf'ljel lieas tüi-h von kulholiachen Priestern an^c 
BOino ExcesHL* gegen protestantisrlie Kirchen blieben ungestraft; 
wurden die Anfeindungen gegen die .Vkatholikcn allgemeiner und ohcTi^ 
haltiger. Das Uebei^ewielit der JeHiüten und die Abhängigkeit des Adel« 
von der JestiitirtclLon Enciehcng habeu seitdem nur zagenooimen, and mls 
im XVlIl..liihrhundert aualÄndiache Hlllfo von den Protestanten hcrbeigerufg 
wurde, uini»»te d4'ren Verfolgung aueh zu dem politischen Untergai 
Pol'*«» beitragen.*) Die ZAblung von 1860 ergab iii Polen vier Millioi 
Katliulikou bei einer Rt'völkciruug von wenig Über fünf Millionen Überhaupt 

In Polenß kircbüche üeschichte wurden , wenn auch nur vordi 
gehend, eiuigo NaehbarUnder verflochten, in welchen noch mehr als io 
Polon deutwlii' IJildung und Krönimigkeit daa Uebergowicht hatten , die 
alxjr spHter wieder das Sebickeal fast allrr jeuer iui Outen gelegeneu U| 
deutsch bev4lkert«n Gegenden gethellt haben, dasB nAmlicb ihr dentsol 
We*en dmeli fremde Oberherrschaft gefährdet wurde; — wir meineT 
Lieflaud, Kurland nnd .Semgalleii.") Ihre stildtischeu Mittelpnnl 
batteu «iuou beinahe völlig deutschen Charakter. In den groAseu 
ziemlich un.'ihhftngigen H.'indftssUldten wir* Higa findeu wir BischiJfo, eli 
mächtigen Adel uud diuicbcn eine ttbi-rwuiuU-nu Bevölkerung, zum T) 
noch verwachsen mit geheimer heidnischer l'eberlloferung und Sitt«, ni 
drr jedoch nicht viel gefragt wurde. Die meiste Atifmerksamkeit vtrdioi 
LiefLand, welchem die grClssten Werlisel bevorBtanden. Das Land bofa 
sich XU Anfang unserer Periode in einem Ziiätaudo der Vielhcrrscb] 
denn wer die obcr^tii Gewalt besass, konnte zweifelhaH: seio, zuletzt 
CS der deutsche Kaiser. *"| Landtage sollten an höchster Stelle die Vi 



*) Tbcinor, ZnaUinde der katkoliscben Kirche va Rusaiand seit Kathuriiu 
Augsh. IMI. 

") KliHuhing, Oeacb. der cviiag. Lulh. Geui. Iiu mss. Refob. '1 Thio., Altoni 
ITtiti. i>^. A. V. Richter, Ge»fti. der tltMKwrhen OstseeprovitizcD , Riga 1&57. i\ 
2 Thio. Tetscb, Kiirl. Kirchcnbislorie, Riga uud Lp«. 1767. :) Bde. Luka«- 
zewira, Gesell, iler Ref. Kirche in Lith.. Lpz. 1S48 — äO, 2 Bde. Kallmeyer, 
Itegiilndung der ev. LuÜl K. in Karl., Big» Ihbl. 0. v. Ruttenberg, ßeseb. 
Liel'lanils, Lpx. I%t. 

***) UerrmaDD, Uuu. fU^sctiiohtc , III, S. 144. 



EiDlUhriUK dur Keforuiation in I.ieDand und Kurlund. 



UÜ 



waltiing fuhren , und anf ihnen erschienen der türzbiAvlinf von KigTi und 

Kit Bi&ctiOtV von Durpat und »uderou Stüdtfo, der di'utdchc OrdcQBnieiHtci' 
lit ttfinf'Ti ßt>aiDt«>n , dazu I^delleuto , Kitter und AUdtisrhe Abgeordnete, 
äolchp CoiieuiTcuz der vchk liicdcnfik-n AucU>ritiLtc>u nilbrte den 8trciL, 

konnte aber auch der kirchlichen Hewp^iug Vorarhnb leisten. Mit dera 
eutscticn Ürdon hing Liefland diiich eigene [leermeiHter zuaamuien und 
I dit-ae, wie nameutlicb Walter von riettcnburg und nachher Gotthard 
^^^ eitler, waren der Köfunnatiuu xugothuD, wenn eie eich aucb nicht 
^TOßleich in dum Grade wie Alb recht von Pi-enssen vom Orden selbst 
losmachtflD. Dit'selbe Neignug LhellU« diu ätadt Kiga, and es bedurfte 
^■lar weniger Jahre, uui hier and andervrttrte der evangelischen Lehre 
^^ieietulieh aUgcmciaeD Anklang /.ii ricIiafTen. Srbon 15*22 wnrden vom Itatb 

■niid der Btirgerschaft Kiga's zwei evangeiisclie Prediger eingesetzt, der 
^ne ÄadreaH Kntipken aus Kttstrin, ein Freund Bngenhageu's und 
von Luther commiUtn und fidelis in Christo miu/hier gtj-nannt, der 
^ilndenj Sylvester Tegelineier, weleher unruhigen Ocisli'H noeb in 
^Rleiofaem Jahre einen Bildersturui veranlaiittte. Ein Dritter achlona »ich 
1527 an, Mr. Johann itriesmaun, ein umnittelbarer SehUJer Luther'», 
^^er 1522 zu Witteubtrg Doclor der Tlieolugie geworden. Iter Heer- 
^BißlBter selber correspondirte mit Lnther, welcher 1523 die evADgcliscbc 
^Huclie dureb ein Krni.-ilinungrtsrhreiben au die Chrialcn in Licflund, nunient- 
^■licb in Kig-ij IU>val und Uurpat unterstützte.') Als der Brzbisrhof von 
Riga in Deutsch tund Ober dir Neuerungen Klage fQbrte, machte der 
Komtbnr des llcermeisters dem Itathe der Stadt ein (ieacbeuk mit einer 
^Bjgrosseu Peilsehe: „Damit möchteu sie d»n ganzen Klerus aus der M:idt 
^■sgen." L>aa wurde denn auch, wonngleich nicht in der vorgeschriebenen 
^HVeise, versuebt. Der Rath erkannte \h'2\ den neuen ßrzbisrhof nicht 
^iiu, der Adel beschuldigte ihn des ICinverstündnisses mit Kusslund; 8tjidt 
und Adel verweigerten ibui, aucb aU er durch den Kaiser wieder frei 
gemacht wurde, die Huldigung. Während dessen arbeiteten Briesmaun 
^nnd K n ö p k e n fUr Riga in niederdeutscher Sprache eine Liturgie und 
tlesangbuch aus, welches zuerst 1530 gedruckt wurde und sich noch 
mehreren Ausgaben durch ganz Licfland verbreitet hat.**) Es ist 
leuerlicb herausgegeben und eutbült u. A. schon das Lied: ^Eine r<.f(te 
iurg", da» also nicht erst zur Zeil des Aug»burger Rtdcht)tageu gedichtet 
310 kanu. Die Zaiil der Prediger wuchs, sie worden anfangs noch in 
"Wittenberg und Rostock urdinirt, SphwÄrmoriacbc Regungen Itesäen sieb 
beächwiebtigcn. Mit Riga waren aber »«chuu 1532 „gute Mttuner in Kur- 
land", — so nannte sich eine grosse Coalitlon des dortigen Adels, — iu 



•) Brietif» von de Wt-tto, 11, .S. :tT4. 
'*) Goffken, Khebeadiensturdunng von Uiga l!»30, liaun. Istil, 



350 



Zweite Abtbeiliiug. Vfurtei AbboUoitt. § ai. 



ein HündniHS golrt'i^'U, wiihrciid diy It'Uisoho ItovCilkcrinip sicU uifch gej 
alte» aml iTneuerUs Chrisl^iitliuni fwlir glpichgUliig zel^e. Narbdi 
Riga 1538 dem Scltnialkaldiävhcn Buodc boigeti-eton war, vmpfiug c« U 
durcli »*ini*n iicbiI'h lliM-luir, Üriidor des IJorKogs Albffi'lit vun Prcnsu 
die Zuäichvriui); diir Ruligiuni^froihfil; von liiiT au» wiirdu giinx Ltiifl 
evangelisch. tHc kirrhtlrhe Zukunfi war gesichert, noch nicht die ynTt- 
UscIk'. Mrr |]rt>rmi-iHk-r Kcttli^r hirU ctt nicht mi'hr für mO^^Uch, dm 
Land g«geii Kuiwland zu verthoidit;eu ; e-r trat es dahor an l'oli'u ab 
untiT der UddiiigiiDg, da^s i'S Itoi der AiigHbiirjOAcUcu Cull^t■^tlti^^J zti drr 
OS sich bi'koime, auch migentürt bolnriRp» werde, und f^rhiclt dabei fiiicn 
Thdl aU ilerzug von Kurland nud Soni^^allrn vriedur vun Polen zu Lehrn. 
Unter ftciner Li-itiing wurde nun erst zu einer geordneten Kinruhruot; lir* 
neu4Mi Kirelu'Mwesuns , zum Theil Hogar noch dea cliriHtUcheii (.Uaubtiu 
selber Kcachrittea. Durch eiucu DüUtuelK'U , Slcphau Uulau, den «r 
5tuni Superintendenten nmclite, Hess er eine KirelienviMitJiiiou veraustulten; 
die IJeberreate des Hejdenthnms, der <<ullu» der Buächgfttter, wnnlrs 
nutt^^rdrOekt, Perikopen und LiitlieriAohe KateehiMucn in die bündeßäprarbc 
über;*etzt, zuhlreiclie neue Kin-ht?n und 8ehuleu gegrllodet, PrfJL^i,er aa- 
geatollt. Wir haben »Imu den eigentlidmliehen Fall, iImsh diu Anuahior 
der [(efurinutiuQ fUr Viele intl der de» Christen tbuui» »eiber BU&ainin ' < 
und als weitere bia jetxt iuiver!oren(' Mitgabe iuit «irh die deuttit-li< 
lind Bilduug aogeftcülos^äcn. Die deuttich- Lutherische Kirche Lii'flanJ« 
war um l/tlU) krafliig und eitilit-ltlii'b genug entwIe.keU, um der ver 
dritn;;teu KdniiNchcit die Spitxe 7.u bieti^n; aber hurle Prtll'un^tn aolltrii 
ihr noch bevorstehen. Unter der p<^>lni8ehen Ilerrüchaft eititreckCcu «A 
diu V'enuelie zur Herrtk-llung des KalhidieisinuN auch auf diese Ot.tgendeiL 
Zwar verbürgte das li-'nülegium Shjisinundi von ITiiil volle tYt'ilicit d<* 
evaiigeUachen Keligiuuxfltjaiig' mit der ErkLlrnng, dasa die Augaburgit>che 
Onife^iou keinerlei Kiii;rri(le von iieiHtlieber und wehÜrhr-r (j^walt erliidftn 
sullle. Lfucli Bcbun IJ84 enUtanii in Riga ein Jesuiteneulle^iura , zwtä 
Rirrhen kehrten znui alten Cultutt surOek, und unter Pnaaevin'a Leitung 
eutwiekelle sieh eine weitauH^elieude kiitbcditteli -jenuitiKehe Pritpupiuda, 
unt«>i' deren Hncliiritiliniien die Kirche abermals biü in den Anfang dfi 
folgenden Jahrhunderts «eliwer zu leiden hatte. *) Alter Lief Und wurd« 
1 6:i9 ach wediaeli , ebennu Esthlauil , welches früh evangeUsrh ^ewurdei 
war und niemals zu Pulen geholt hatte; jeder Druek lißrle auf, lU» 
Lilnder wurden zwar politisch geuii»sbraucht, aber kirchlich Üer^atvlU 
und streng geordnet. Da* Neue Testament ersehien H'.5(t in eatliniaeber, 
auch das Alte Testaiiie;ut IfiSß iu lettischer Mundart. Elue neue Ver- 
änderung brachte der uurdiAche Krieg. Liet'laiid ging llber in msaiäuhaj 



') Uerzug'« Eueyklup. XUI, S. 179. 



Lififland wird evliweiünch diuio rufisUcli. 



351 



lOberbubcit, Peter der Grogee flbernahtD dicup. Proviox in der Purm 
rinos \er>;leicli9, welcher 17J0 und I71*i »iltiiiullictii' anlioii in ilom Privi- 
iet/ium Siyinmundi aufgeführten Gen^diliuimi' in ftMerUrhi-n Capitnlatiouen 
bestiiltgte/) Deutxelie öprarhe, deutsrbes Rt-clit, deatecbor Glniibo sollKiu 
llt^aUnd baben, und dit'i>e ZuAa^rn 5ind auch 8|>ätcrhiu niemals vecliU- 
kr^flig xurilck{:onomincn worden. l>a««4-|lH> goecliali durcb don Frit^lrus- 
tr»i>tat an Nystadt 1 15^1 (; die ungoRtürti* Fortdauer der fVATigi>lisrttvu 
Riri'lie auf Griiudlot^e der letzten arhwedischen Zeilen wurde gewähr- 
leistet und nur noch die Mcstinininng hin7,ngef(l;,'t, daKA ui Ü^iikanft luioh 
daä griuebisclie GlaubeiiBbc*k.ciinliiiä8 iiliu«- irgend welche Beäcbräukung 
geübt worden dflrfe. l'nt«r gleichen Zn^iclicrungen ist uucbher auch 
Kurland, welelieü bis ITOT) eigene Ht-rxogc gehabt und di'stien deutttitltt; 
Bev^'dkorung Ac.hüu irifiit riich ganz dorn butbürtbiitit angü»i<'hlnft»i-n , zur 
ruDHiacbcn Pruvinz gewerdcu. Für die iauerc Entwieklung ist die .Vo- 
8iedlnog der Ilorriilint^'r in IJefland (17-Jli) bfini'rkeiiBWfrtli; die Mrtlder* 
gemeinde verpthin?,te ulh* ihre RigL-nlliUnilirbkt'itHn auf tüerten Hudfu, Aie 
Torbrettete ttich nicht allein uuter den LfOtteo nnd GfllbeD mit grüHticm 
Krfolg, aoodt^rn fand anrh unt^^r dem Adi'l bedeutenden Anhang. Ihr 
Verhültni»» zur evangeUächtu Laudi'äkirehe bUi:b tungc ein fnedlicbes; in 
unaereui Jahrhundert aber führte es sn bedenklichen Spannungen, als 
ia der letiteren ein strenger confcBsioueller Stsindpunkt zu herr&ehon 
begann.") Die nprüden Formen der lltrruhutiitrlit'u i''r<Wnmigkett itrhleiien 
wie eine fremdartige und beinahe feindselige Miteht in du kirehUehc 
Leben einzudringen, und hei diesen hingwierigen Reibungen wird man 
eine beiderseitige Sehuld iM.'hwerlich verkeuueu dOrll'U. Nuch andere 
nnd ernstere Gefahren mn\ in der letzten Bpor-he hinzugetreten. I)eutMrhe 
Sprache und Hildung, Rieht.sverw»ltiing und Kirrhe bildeten immer mich 
das geMetzUdi .ine r kannte Itesitztliiim , .inf deftsen (inindiage die Ost^^ee- 
pruviuzen al« ein »ich selbtit gelinriger Fat-tur de-ä rustiiarhen Reichs mit 
relativer tSelbatiindigkeit fortlebten. Un<l eutrissen tiind ihnen A\*^%v Güter 
uuch heute nicht; aber im Gt:nuä»e derKelbeti sind uii: ullerdingä seit Ik32 
durch eine ver.Hnderte KegierungspoUtik und diircli ein gewiiltAam rui- 
driogeudes national -kirehUeheü Kuiueutlnim im holtru Grade gestilrt und 
heeinträrhtigt worden. Der eiuHurt8rei<'liste Theil der Bevölkerung, die 
Üebildoten und der Adel sind deulurh gebticbeu wie die L'uivermtüt 
[Dorpal."*) 



*) Schirren, die Cnpit^daliun der li<-riiindiiH:heu Uiltorscliiift von II 10, 
Doriwf IW15. 

**) Barnack, I>ie Luth. K. IJefland« aod die BrQdergeuieinde. Erl. ISIil 
iLaurent, Gesch. der Brliderkirche in Liflllnud, bei Niodner, Zeitaehrift Il>t>:t. 
*~*J UarteBS, üeschicbuliildcr au» der Lutli. K. I.ieflandB, Lpz. ISfl^, 2. Autl. 
1S73. Buftch, HaterhUien cur Guitchichte dea Kirchen- und ächulwoaens der 



3ft2 



Zweite Alitlieilung. Viertor Abschnittv |& 35. 



§ 35. ÜDgarn and SiebenbürgeiL 

IJtfimtar; fand Ember Hisl. ecci. He f. m Huntj. tt Transtjlv. af- Lampe, lYaj. 
ad Hhen. 17 'JS, betrifft tiewrul^ra i\\v lt«)lonuirt«u, zn welchen der Vcrf»Mft 
geborte; daii^K^^D diu Ltitlieriiner: Rihtni (Lutli. Pre'ligor xu Presahurt;) /tf«nri, 
hilia Aug. Conf. in regno Hutigariae J7S7, 2 BUo. (v^J. .Schrdekb, II, 8. 
äalig. Uosubiohte der Au^sli. C. U, S. WS. Kurse Oc»cb. der evmig. K. 
Unjpiru, (itilL WJi. üisloria eccl. evaitg. Aug. conf. addiftorut» in üung\ 
iUübcTsL IH30. ICltuarall« Ueui Lutliertlium xiiKeüeigt »cheiul Bauhufer, L 
l'farrer iu Ofen, der imi^enaiinte Verfatfser der neueren mit eiuer Vorrede v< 
Merlc d'Aiilii^«!! heritnBgoKebenen „GuHcbielite der eviitiK^iliffvlieii Kirchi 
L'DKarn vi>iL der |{«?turmiiiuD liü 1S^u, Herl. 1S^4'^ welctie sich auf Uanunmipl 
brnili, äoast aber wi>bl DÜ^ht viel UNer lUe ülreron Werke hfnanü^^ht, ancb 
inc<i>rreet Ist In den Namen. Noch nitthr und (^rade fUr das I.QÜiertJtacn KrgäDxe 
bietet dar: .loa, norUie, Die l>nth. K. Uu^ankn In thror hffttDr. KncnHckln 
mit Vorrede von Liithanlt, KJlrdl. IHbl , and DmIi^hcIi»!, t>ie Kircbv Aotcl' 
Bekenntaisstis ia L'njL[aru von 152«— Itioi», Lpz. ISiS. — Biosa Stelle nbUrpen betri 
Sc/tesäi, Oraiiii de urigim reparafa^ et jtro^xigaiae cuel. duclritnie in Tran 
vaiiia , tSSO. (Furtgettetxte SiLnmdnug von »Iten und neuen tbeol. SjutheD, ITItSl^ 
lianer, Uist. etxL Transylvanicarum , franko/'. W Lij/s. 1694. lifHkfi, Tri 
stjUania. Vindob. I77S. Salamon. De statu ecd. HtformaiM in Trattst/ha 
ClHUBsenb. tSlu. Tentsch, liechlsijn eilen der evani^. Landeskirelie A. 
tn Siebeob-, l'eath 1857. Dazn die ällgeineiDeren Werke von Mailuih und 

Z i D k e i s a. 



Nationale, politische nnd soeialc Vcrbültnisso eines Landes baben Qb 
du) (jeliii^^uu uiuer io dasselbe (-ludriri^endeii kirchlichen Keronnbewi'^iiu, 
niemals einfach nnd schlechthin ontecbicdon; aber in wclehem Q 
»ie dennoch auf deren (lestiütniig und Erfolg itiitbeatimmend gewirk 
beweist unser gHnzes Zeitalter. Auch im Folgeudeu wird die Wtcbtijj;kei^ 
dieser OrUnde offenbar werden. 

[n Ungarn boätaud ühulidi wie in Poleu neben einer beschr&uk 
königlichen Gewalt eine gruttBä L'nahhängigkeit der Magnaten nnd d 
Stände. Zu den Erat^rt^n gehörten seit der Mitte des XIV. Jahrhunde 
auBüer den liohen geistliehen und weltlichen Witrdentrftgern eigentüeh n' 
bediiut^'u deren Uruiidbesilzer, ku dun Stauden seit Anfang des XV. 
Ab^curdueten der StSdte und des geringeren Adels in den Üuroi 
Aneh lintlen aicli hier die grossen Volks- und Stummesunterschiede. welc 
seit iler Krnbernng dieser Uegendeu durch die Magyaren im LX. Jah 
hundert hervorgetreten und naehher dnreh die Einwanderungen d 
Deutschen im XII. nuch gesteigert worden warou , nicht so vcrschmulzu 
wie ca wohl .unter einer kräftigeren nionarchisehen Kegiernng gt>«chtjti 



c^l 



Lutb. Gemeinde in KusBliiud, l'eiersb. l^tii, mit utH-h zwei Bünden Hupp lernen ton. 
Kell, I>ie cv. l.utli. K. UuȊlaitdtt, Kliefoth'it JCtiiiitebrift, 111, X Die Uhrigo 
diese Angelegenheit ItetrelTcude weltläuftige Literatur bedarf an dieser Stelle 
noch keiner Erwähnung. D. B. 



ä 



• UitKftru. VerludsuDK nnd ciailriDgpnilog Lnthertlitim. 



aaa 



rsoin udchte, vielmehr wsr in deo oinzelnoii Diittricten viel geschiedene- 

HetbstvorwaltnnK iiud Freiheit stclu^u ;^-bllclii-ii. Dabei fclilte üb anrh 

nicht uQ Htii^it und lüvalitüt der wcltüchfu Magoaton gcgea die geist- 

licheu; freilich waren diese dndurch jciion ähiiUch, daas Die aus ihreu 

rVaiEilicii »tauimt'ud , na.r,h gewoliiilen geinmna;itnt*n Sitten ein rittcrlichir« 

^utid krie{{criach(« Loben führten wiß diu woUlicbcu; »bf.r zu ditittur 

liebereioatiDinning gchOrte es auch, dass vio ]u Polon die Kluen von den 

Andt'rt'it vollkouinien iniiibhitiigig wnrcn, da»« »Itio die wcdtlichcn Wflrden- 

tr.Hger ilcn gei«Hiclitiii sich nicht tlbcrniiissi;; uoteronluelvu, sondern sogar 

'in Kirt:hiMittacht'n zu thun plU-gl<Mi wan ihnen geäcl , ohne duüü Jemand 

tvoTliariden f^ewcf^n wilre, Kfmi^ txler I'npst, der sie binderte. In noeU 

höherem Grade fand die« AIIch, OtiHrhii'dcnlH'it der Kationen und äelbst- 

vurwaltuni; aiicli in gelätliclicn liiugeti ohne viel Auctoritüt des Diaehufä, 

1^ in äiebenbDrgen «tatl. Eti stand also hier nicht viel entgegen, wenn 
etwa weltliche Urosae von oinöm luteresw- ftlr die Ideen der Reformation 
ergrilVuu wurden, aber e» wirkte Riinäcliut auch nur auf engere Kreise. 
Der junge. K^lnig Ludwig II., erst 1506 geboren, war allerdings 
frtllixeitig gegen die kirchliche Nenening eingenommen, aber anfsng« 
niindcrjährig venuuchtc er Oberhaupt nicht viel im VerhäUnidd zu den 

IüroMcn dee liandes. Unter diesen nahmen Johann Zapolya, Woywode 
von Siehe nb II rgcn, und andrenteitg der PnlaÜn Stephan Bathori die 
Tornohuirtte .Stelle ein, und sie stritten sieh luu die Uerrsebaft Über den 
KOnig. Maria die Königin, Schwester Karl'a V. und Ferdlnaud'a I, 
geb. I5<ii und \ä'2l mit Ludwig IL verheirathet, — und zwar an deni- 
eclben Tage, an welchem Ferdinand I. »ich mit Lndwig'a Schwester 
Anna verniilhlte, — wurde dnreli ihreu Prediger Johann Henkel bald 
fUr die cvangelisciie Ansicht gewonnen; allein der Künig entzog sich 
die«i-.n Einfl(liuR-n, er licM sieh von anderen GeistUcheu beratheu, znmal 
von Keinem l^rziehcr Zalkan, nacliraaligcm Cardinal und Krzbischof von 
t!ran. Zunächst fehlte vn alsu noch fQr die frühzeitig vorhandenen prote- 
I stantisrhon Kegungen nn jedem krältigcn Schutz. Kvaugeliseh lelirende 
. I'rediger, welche 1623 i^ich zu Ofen vernehmen liciHteu, Simon Gryutfua 
^knnd Vitiis von Windsheim, vnrden vertrieben, üjn Landtag von lb'2'S 
^■slelltc den Antrag, der König möge alle Lutheraner und ihre Anhänger 
als Ketzer und Gegner der nimmelsknnigin mit Hinrichtung und Güter- 
eifnfiseation bestrafen; ein anderer Landtag von 1525 forderte, daea aiei 
wo man sie Hlnde, durch Geistliche oder Weltliche ergriffen und verbrannt 
wurden. Ual'Ür brachte der Krzbischof vom neuen Papste Clemens VIL, 
lu dessen Wahl er nach Rom gcrmat war, Belobigungen mit nnd 
iiW,(MK) Hncaten znm Kriege gegen die TUrkon. Doch das reichte nicht 
AUS zur Abwehr gegen iliv bevursteheiide Noth. Die Schlacht von 

[Wohacz am 28. August 153G entschied nwf Jahrhunderte Über Ungarns 
lltiiku, KlrcheimvtchictiiD i. 33 



35-1 Zwoiti- Abtlieiluiig. Vierter Abschnitr. $ 35. 

Scliicksale Hud verhJlugtf znerat Bürgerkrieg, gcuauer ausgedruckt Magnaten- 
kritig, Rumpf uin die llerrschaft uml FremiUierrflcliaft über ilaö Land* 
Gratle damals betiasd die Türkei in Sultau f^uleiman (1520 — 1566) ihren 
{jrösrtteii nml glüekliehsteii Regenten. Aber es kreuzten sich bei dieser 
Begebenheit, etwa wie bei der Auflösung des deutscfaen Beiclis, die 
pulltiHrlien mit den religiösen und kirchlichen Wirknogen. Für die äaehe 
der evangelischeu Kirche hatten diese Leiden wenigstens die gute Folge, 
du»s die Ausbilten zu deren Unterdrückung wübrend solcher Kämpfe nicht 
nachdrüeklieh durchgeführt werden konnten. Die genannte Schlacht gegen 
eine zwiUf bis fünfzehn fadie türkische Ueberzahl hatte furchtbar unter den 
Iteihe« der Ungarn gewütliet; mit dem zwanzigjährigen König Ludwig 
waren 24,(.HM) Ungani gefallen, unter ihnen sieben Bischöfe; der Erzbischof 
von Kolijcza Paul Tomori, früher Franziacaner, hatte den Oberbefehl 
geführt, und im Ganzen sollen 2l)(VHK) Manner während Eines Monats 
geopfert wurden sein.*) l.)ie näeliötc Consequenz war also die, dasa man 
nach so grossen Verlusten sieh nicht beeilte, die bischöflichen Stellen neo 
zu besetzen, man begann vielmehr, die erledigten Güter anders zu ver- 
wenden. Dazu kam aber ferner der Streit um die Krone. Die beiden 
I'nltendenten Johann Zapolya (t 1510) uml Ferdinand I. wurden, der 
Ersterc noch 152(J, der Andere ein Jahr Bpäter, gekrönt, und Beide 
empfingen dieselbe uugariselie Krone durch die Hand desselben Bischofs 
L'odmaninski von Neutra, welelier von dem Einen zum Anderen ab- 
gefallen war. Heide erliessen nun zwar gegen Lutheraner und Sacramen- 
tirer sehr strenge Verbote, Ferdinand schon 1527 zu Ofen; es wurde 
Verlust bürgerlicher Ehren, Giitereutaieliuiig und Todesstrafe denen an- 
gedroht, welclie Bilgen würden, Maria sei ein Weib wie andere gewesen 
und eine Sllnderin, nicht ewig .Jungfrau und nicht in den Himmel erhoben; 
wer Ketzer beherbergt, soll ipm facto btfnuns sein, seines Amts entsetzt 
und seibat amtaunfilhig werdtni; zuwiderhandelnde Städte sollen ihre Privi- 
legien verlieren, wilhrend die Denuueirenden einen Theil der Strafgelder 
oder des (Jutes der Ketzer zu erwarten haben. Nicht gelinder verfnhr im 
Osten König Johann Zapolya, unter welchem auch schon ir)27 ein 
Prediger Nicolai und der Kcctor dc^r Bergstadt Libetlien verbrannt 
wurden.**) Denuoeli aber waren beide Könige viel zu sehr mit ihreui 
Kampfe wider einander und Ferdinand mit den Türken beschäftigt, ald 
dasrt eine consecjuente AnsfUhrung dieser Befehle möglich geweaeu wäre. 
Die Verbreitung der neuen Ideen wurde hier und da durch den Unter 
schied der Sprachen nufgehalteii , wer nicht lateinisch verstiiud oder 
deutsch, — das Letztere war gewins weit seltener, — blieb anfanglicli 

•) Mailatb, (Jeseliirlite de« öslerreieb. KaiBcrshiafs, I, .'if2. 11, **. 
") (Jesfh. J. ev. K. in Tiigiirn mii Vurifilc vini M. d'Aulpigiu', S. yu. 




von der Bt^rßbrung ausgiMtchloasvn. Indessen rcrrieüien schoD w&hrend 
der drviiwiger Jitlire raelirt're Mutanten wie der KronliQter Peter Porcniy, 
CaAjiar Di'Hk»)', llatlliyaDi k-bliaflc Neigung (üt die evang^etiBche 
(ilaiitiioftwciiie. Kbun«» zwei I'alatJne, AlexiiiB Thurso ti 1543) und noch 
mehr Tiiumas Nadaitdy, der erat 1554 Paiatin wurde Ü 1563); der Letztere 
riirrcsiiondirte mit Meliiiu'btlion, und dieser cmpraiil iliui den Mauii, 
vrelrlieii man deu aiigarlücLcu Luther genannt hat, .MalthJaB Dfvay 
(De Vay>, obwohl Kiiiige dieser Ätiflhssiin)^ widersprechen mit ilinwelsuug 
auf ThouiÄ« I'riiusBoi'r, einen gelH)rr.nen Käumjirker, welcher bereits 
ib\i*} durch Liicher's 8chrift«n unterrichtet im äiuue der WiUenberger 
xn predigen begann.*) Oevay wir 1531 iu Wittenberg Uausgenosso 
Luthrrs jrewcscn *•) iinil liatte naeh »einer Kückkehr in Üfeu, Uihely 
und Kaschau gegen d:is Papslthum und (ür die Angsbnrgische Cuufeasion 
gewirkt; inehrnials erlitt er UefangeusehaR, suurst auf Befehl König 
Jühann's In Ofen, narhtu-r wurde er in Ferdinand'» (Jebiet ergriffen 
nnd fajit zwei Jalire in Wien rcstgehalU-n. In Krakati erschien 1533 
eiuv uogarisehe f ebersetzung der l'sulinischen Itriefe, an welcher, wie 
SrkrOckh sagt, der selber ungari»eher Abkunft war, Dovay Antfaell 
hatte.*") In den Jahren 1535 nnd 153ti finden wir ihn abermals iu 
Wittenberg^ dnnu begab er sich mtt Melanchlhun's Empfehlung unter 
den .Schutz de« Paiatin Nftda^dy. Der Gesinnung nach war er Melauch- 
thuu verwaudt, trat ahtr immer bestimmter zur Oalvinischen Abendmahls- 
li'hri-' hinüber, so das« strengere Lntliernuer in l-ngaru sich schon Über 
ihn bei Luther heschwi-rteu. -{-) Ein anderer, ebcufalla von Melauch- 
thoQ an Nadasdy empfohlener Anhünger der neuen Lehre, Johanu 
Sylvester oder Erdosy gab 1541 ein ungarisches NenoB Testament 
heraus; e^ war, wie Mailath bemerkt, ft) das erste io Ungarn gedruckte 
Üuch, also ein litei-aritxdies £reiguis8 im duppellen Sinne. Wort und 
!!?ehri(l der Kinselucn führten alsbald zu den ersten Schritten der (iemeinde- 
bildung, evangelische Synoden und Bekenntnisse schlosaeu sich an. Die 
Angsburgische Cunfeäsion hattu auf diesem Uodeu theils aufklüTcud thells 
beruhigend und stärkend gewirkt Zu Erdtid in Oburungarn kamen 1545 
nnter Caspar Draksy's Schulz 29 evangelische (jeistliche zusammen nnd 
einigten sieh Über eine der Angsbtirgisehen Confession ähnliche Glaubens- 
erkliirung von I'i Artikeln. Kin anderes derselben iTkunde verwandtes 

•) UerBogs Kocykl. XVI, H. 641. 

**) hiestT Achreiht {^41, Briefe V, H. 521: Stmt apud uns Hmtffari aWquol, 
fMi a patria proftfr truiMitatem exuUut. In Ins fst Matthias Üevtty. vir 
himtstus yravis et vmättus. 

'"> Schrackh II. S.73I. Merle d'Aubign* a. a O. S. ä2. 
t) Hai lg, niolur. der Angsb. ('. II, H. ^17 ff. fiiinni, MeiHorahUiu. p.30sf/q. 
ti) MaiUtti II. Aiim. S. 22 und Text 3. I7:>. 

23' 



35G 



ZwüiU' Alitin-ihint'. Vicrler Aliecliiiiit. § ari. 



BekeiintniHä gi;lau^tc tu LiMittuchHU zu '■frenllicIuT Anerkciinunt;, die so- 
genannte Confexxw /'rufnpoiitiin't, ilas Hrkrnntniritt iler t'dnf Krtiistftiite 
vou Obt'riiugam iu der ZipB, Knäclmu, Lcutscliau, Kporic«, ZeWu und 
Hartfeld, oa wiir eutuorfcn von einem anmittclhaiTn Sclilller Molandi- 
ttiDirn, drm juugcD Prediger und Hurtor Lronh.ird 8U>t*kel «n Uarl- 
fcld (t (501).*) Audi nach der dvatrartiven SwU» r^^gci WiodcrtJiufer 
und 8acriiiin'ntir<T 8o1IU!> viii 8iTluttx »ufgerK' littet werden; eine IMH zu 
dieeieni Zweck ahpetattHtr Krklitrinig wurde Ferdinand I, pinp'rplrlit» 
welcher dadurrh »itrli }?(hi>ttij;i.T ^esttuiuit Kein moII. \i\v» Alles gi'Hetiah 
ziemlioli gedluflcluUm, daher mit lEcrlit gmagt wordi^u, dasH Rirli dir prsU^n 
An^nge der kin-Mlülieu l/UigL-ataUung in Ungarn ruliiger aU Ui imden-n 
iJlndern vnÜEogen haben. 

Leider abnr wirkten diit deiiUclien ^)t^^)tigkeitcn nbt^r die Leiir« vom 
AbeDdumKI aueli IVUlizeitig auf die anganseheti I* rote stau tcu znrllck. 
Dt'vay Hüll}»! wurde umli 154-1 vun »trt'ngen liUtln'rant'm «einiT Irn- 
gfibuDg bei Ltither we^in Abweieliuog in dlveein Artikel verklagt, wiu 
ann dewen Antwort von dienern .lahre. erhcllL**) ßpiUer zeigte «ich, d;u<(t 
Devay nnr das Ik^iitpitd fflr ein*-- bevorstehende Ablösung gegeben battr. 
WlLlircnd die Dcnteehcn Test an F^nthe.r Iiioltea, neigten lUe Ungini^ 
vielleicht iM^Iion weü ßie wenijjfr vtm df'nUcheu Scliritlen ala von den 
lateinischen Mi-Ianehihon'tt und ('iilvin'a berUhrl wurden, zn dtetton 
Heiden bin. Den üeweis lieferte die Confessio Czengeriana, ein Erzcngniiid 
der Syiu>de zw t"^;nger, welrbe XhUl oder Xhhü oder später, denn das 
Datum ist ungewitfd,*") gulialteu wurde. Diese BeJteantDiaascIiril'l, die 
erst 1570 gediiickt warde, dann aber aurh aofart in dem Kcfu rmirti^n 
i'orpHs fl synUKjma. Oen. IG13 Aufnahme fand, proteslirt nicht allein 
hOehttl energiiich gegen die Küaiifiche TransHuhätantiation , itondero «agt 
auch nicht minder ßoharf: Ita et coruin insanimn dtitmt/wiuit, tui msernnl 
mircophatjiam t i. e. ore cor/tonifi xiinii arpus (Virish nnturati' santjuiHf- 
ffiiJum siuf Ulla umUükme et tranjisiti/jffniUiaO'rmf ,j) denn nie die tVcuphiuji 
und Süreojthugi, aläu die Lutheraner, seien von den Papisten blottit dnreh 
VerwerfuDg de« Wortes Tran^subatantiation verschieden. l'VeiUch lieiäHt 



*) Kibini, |. c. p. RB. SehrOckh II, 7:i4. :is. Voui Glauben winl hier 
gosa^: „Wir leliren den lllinbon niclit alfii>, aln wenn man keine gtiteii Werke 
verrichten inlisse; denn die (•laubigen liedürfcn eine» guten (tenis«eu», und dieses 
Hndet bei detiuu niehr eiaii, welche Gottes Goliote MtHtrti'eien.** 

"•) Borbis, Die Lutlicr. Kirche Ungarns, S. it. I.utlicr's Br. v. i|e W^eltr. 
V, p. 61-1, Citftnuui ifUoH de Molthia Devay sciibHis, veAemenlrrr sum fufminihn, 
cum et apHtt mm sit iyrc ttfico tumt odoris, ut mihi ipxi sit liifficile vohis rrtdert 
scrih^ntibus. Setl ftlut sit, c-trtf a nohis mm habet sacrumentarii/rum tfoclHnatit. 
'") Vgl. LampUr f- 'IW- Schrückb, "3". (.'olleclio com/, ed. Kicmtifrr 
p. LXIX, jf. 53U. 

t) yicweyer, p. S45. 



UngsHsülie ßckviinlnissc. (tul<1«ncs Zeibüter. 



357 



biacv 



» 



ea dann uucli wcit<:r: rcjirhims et eoritm äeJirintHy t/ui coennm Üonüni 

V'tcuum sifftium (w/ Vhrisli absnttis tanUm mcmnriam his siipiis recoli 

ürnrnt. — — C/irnftum rrfflimns ithit/ne eicrfix suis /irripsentrm. AUu 

scharfe ZurüekueiBan^ zoglLMüh nacli <l«r Luthcn&elit'U uud Zv iuglisriieu 

Damit atimott Ubeii-in, ilHaa sieb 1563 ein grosser Tlfuil dor 

inafTVArlscbeu ümtUcUou vüu der Au^ustana abwcDdi'U; und ftlr die 

<!iilviniBrln^ I'rAil(>»tinati<Mi erkllrte, iljig« ein PriMÜgcr .Melius r.n OcibroKia 

be^udere in diesct- Kicütunf; tLütig wAr, daas uinc Veraammhtu^ zu EHmu 

^i)'2 unter üeiiiem Kinfluds iiorli i-ine rDufrBsitm In rHcIiwftlzorisoltfxm Sinne 

iUrgcstclU Lh1)cii äuU, wjilii'utid K'tiiigf: wieder das UeUvnnUiisä dt-r Augu.-(tariii 

U df-m der TrauüsiibHtantiiUion vurtjiiiiieiitf>n. *) l'ebngons aber war 

'Allcß im lubeudigcQ Kurtscliroiten. Üerndc (Ul-acs SLidiiim nennt ein 

.Si-Iirjftittcilev das guldeiu- Zfilnltcr der pvau<;4>Uticliitn Kirrht* l'iigarns. 

V'w Zahl der Kvuagelisvhcn wuelis di^rgcatalt, dnss inim aimatiru, nur noch 

rei Mn;^n:it*'nf:miiti('n söien der Kcfornialioii iiicbt zngctliiin, da«*« aclbrtt 

Iioli^eliv Uoistlii-Itü l'Ur stü eiu Htrz luästco, aocli mehr tier Luodudel 

d die Stttdte, and dnss sogar dio gcgncrtBchcti BUcliöfe nur oilt sanflon 

itUdn und duri-li friiMllirhc l*ntiTli.Hndliin;;ru die ihrer Anclorilät sirb 

Intcielicndun wiedeniigowiunon vereticbtuii. Au«li Kurdin and I. liws 

h in bcinuii letzicu LcbcDBJalircn immer mehr auf fi;lltliche Bceprechtiug 

iH. Mit der Vercit<>lnüg seiner WtInKchc durch den l'apst im li'txten 

hrt' d<is Tridt'utinums 15C3 sehr anziifricden, htlrifb er die üewährmig 

Laifnki'ldi niid fricHtc-vili^; und erhielt für Kratcres auch wirklich 

ch in SL-Iucm Tudesjubr die Zuätiuimang Piue' IV. vom 17. April l&G-l; 

nd 7,nr AiiHfUltrnng wiinh; Anstalt gcntaclit.**} Noch melu* Diihliing and 

ai'hsiclit f<.'i;vn das Lntbi-rtbuiii, zuwl'Ücu ItcgUnßtigung dcssfilbeii Qbtc 

tu 8<jhn und Nachfülgcr Maxinrillan II. (1561 — 1576]. DiORor Kcigtr 

h so Lutberiäeh, dato «ein eigentr Vater seineu Vcbertritt erwarten 

iOnute, von welclicm er ihn In Beiuem TeAUntent mit »ehr btiwegliclii'n 

brtvo abraaliute. Zwar auf den Calvlni^muti tibcrtrug er dieäc Guaet 

[cht, 80 wenig als sein Feldherr Lazarus Scliwcnd, der entschieden 

tlie Augbbiirgisrhc Cuufeasion eingenommen war. Aber trotz der 

oillhnogen der Hisehilfo bei dem wieder bevonilebendcn Angriffe Su- 

iiUAu't) fitsäte der Landtag von 1506 keiucn Bi--8chlu9»t g(^g(^u die Protc- 

Dlcn; dagegen wurde die jiäptitJieUe Hnwitlignug dea LaienkelcliA für 

igarn proeUmirl. Dii^ Reftu-mirten (t(aRllichen vereinigten sich auf einer 

iiüde au liöns zur riitorBchrlft der Coii/cssin fifivelica jmsterhry «agti^n 

h aber nucb dnrcli die jetzt er&t U*'>7(t> vcr^iffentlichie CuufesBiun von 

vnnfiT vun den Aatitrinitaiiern los. 



•) Merle dAubipui-, s. m; iV. I.nnipe, JS. IIK. 122. Uurbie, S. 29. 
••) Üuchholtz, Li'bcn Fenlinand'a I, VII, S. CM. 75:i^ VllI,S.72i>. 



358 



Zweite Ahtheilang. Vierter Ahflchnitt. § Ah. 



Ein AbgcIvlaBä dt-r Itnltlnnf; iinil Srlmnnng wri- cripii'lit, e» l,ig iilnr 
uicht ia dtir Xuit, dicHcii Zu»luDil uugtistört fortilniieru zu lattscn. MU 
dorn Eade des Jalirlmuderta begann die Iteactiou. ^'achdem aclioo unter 
Ferdinand die Je«uiten zngul»s8en, gefvannen hiu untt^r Rudnipli freie« 
Feld, und eine lango Kolhc fcindsoügüi- B^lrttckiutgen und Quälereien 
begann. Diu kirchlichtu Bcliickaale wurden douen Polens Alinticb, aber 
bis zur WiederiintenlrOckiiDg der protctttantischen Kirclic ia l'ngarn ist 
an nicmaU gokümuicii. 

Noch in einigen Zogen abweichend entwickelte sirh der Gang der 
Dinge in Sitrbenbürgen. Die Bt-volkcriing dieac» ÖalUrliKtrii T^andea 
zerfiel in drei bis vier Volkastluime , und die religiJleo Vornii'hicdenlti'it 
diente wie achun früher, so auch eeit der Reformatluu daxu, die nntionalc 
zu verscbilrfen. Denncich iitt liier ein Ofich iMihprer (»rad gegenseltlgf^r 
Duldung als in Ungarn und an vielen andeni Orten erreicht worden. 
Südlich wohnten die Walachen flitimatUJ, fast die llttIFlc der BevAlkc- 
rnng, die aber dir griechisriien ICirrhc angeliörig von der kircliticheii 
Bewegung Fnat unberührt blieb, in nördlichen Gegenden die Ungarn um 
RIauaenburg, mehr östlich die Scckler oder Zeckler ala Grenxwäcbler 
bedeutend und ebenfalla Magyareu , euHlirb norb um llortnannetiirlt and 
Kronstadt die äach^eu, die abt>r uicht aug Saehscn, sondern vom Rheine 
her stammend, im XII. Jalirhuudert Aufnahme gefunden and seitdem eine 
gewiaao Freiboit blLrgcrUcher und kirehlicbor Selbstverwaltung gewonnen 
und behauptet hatten,*) wie aie in der katholiachen Kirche des Uittol- 

') Bei der BÜchMsebon BeTtilkernng Slpbonbürgenfl macbten ältere kirchlii-be 
und poHriache Vorrechte die KtnÜiliruu^ der Uefornmrion leicht. .Schon seit jenen 
Zeiten des XII. .lalir hundert« iiiid der Uha-lan . »/m« eucati fuerant n reyc Gt-ifs», 
waren sie von biscIiOflicIicr und wcHlii-ber Jurisdiction befreit, bcsiMmcu. wtu 
ihnen Andreas U. \i2\ iuifs Neue aiierkanme, freif Wahl ihrer l'ricatcr durch 
die Oemeinilen, eigene Dccaunte uder Kapitel deraeibcn uii( CierJL-lit»LiMrki'it um] 
GUIervorwaltuDg. Muchtc auch einmal chi äichculMlrgiscIior lüachuf unter ihnen 
auftreten: dioaor »olbstamligon Entwickhtug der klrehlicbcii Oemeiuitchaft gi'gvn- 
libor konnte er doch nivht rtN:ht zu Kriitten ki.»mrnt'u. L'm so cntnehiedeocr voi^ 
iiiuulite eine aoluhe uxcmtu Kirche, (K'i»tliche und (ioitieimlen ^umuaoieu. bich dtT 
stammverwandten BÜi-hi«iticben ('Uulifnuni^-htung an/.uHctdicHAcn. Hier, wo ilio 
katholischen LandcHlicrren keinen Antbeil uu dem L'utumehuien hatten, gtri^ci) 
auch keine Hechte an eie llber «ie an aniiem Orten, l'nd durch iiiauclicrlei 
Wiederholungen aller liereclit»iuje Hurdon diese Verhüll niHso ntieli iifrachlit/i. 
Ein starker roligiüscr Eiulieitstrieb kam bei mehreren (ic!t*genheiteu zum Ana- 
druck imd konnte dem dortigen rruicstantiKuius nur zur .stürkung gereichen. 
Auf oiucni Landingf von 1Ö54 stellten die drei Nationen. Ungarn, Zeckler und 
Sauhaen ilen Salz auf, dass der Glaube der Christen nur KIner aei, wenn aueh 
mit veisehii-denen (.Gebräuchen verliondcu: spätere BebtJnimungen );cü(itti<^ten den 
Uobcrtrilt von einer siir andern ("uTifeeBion, ilM Oet>elzl)ueh der Apprubaten vez- 
bürgte die Rechte der vier rccipirten Ileligiitnen, der Lutherischen, Itetbrmirten, 
kathobscbon und unitariachen. ü. Allg. Zelt, inbü, Mr. 112. & )77S. 



Lcicbica EimlrinKca in 8iebeiiliUrgra. 



8Ö9 



alt(!rs äciteu gewährt wuiilc. Hin Btt«<rliiiftliiiin Imtte »ich tiWrIiniipt nicht 

recht bftVMigtfii küniit'ii, da ihiu du: Juriridiclgoii uud lii*- Wahl iler Ooist- 

Itchoti rntzogi'u Will*. Nur ilie iiDirtrii }rric<*tiU<'ti«ii (ii^meinilcii , iiieist 

Walarheii, wurden von ihr^rrn Uischof zu UcrmaDu&tadt regiert,') wu aadcros 

Kapitel uboiida«i'lb8t stand uiit«r dem lürzhischnf zu Crnn. rebrigen» 

ftildtc dip fjenrdnete bini'hi^flichc Gpwalt günztich, und zu di-n schwiRrigfii 

'ConflirteUf wlo sie der ueoea Ktrch^nbilduug aodorwärte so liiudcrlicli iii 

[,den Weg traten, war k<'iiK^ Gctcgfuheit. Uud dadurch wurde dar Anachlaas 

Ina die Retormutiou, wi-uii nur Vulk und (H^ifllichc ihr cinmlltjiig zu- 

iKti'ebten, in hohom Orade erli-lehiert. Ka war nur uöthig, die laugst 

Leiiteheudu Selhrttvcrwaltinig d«r «rlmn von Altn-s her hfioalif eiiniirlen 

['Kirche anrh nach dieser Kichuing nugi-slöj-i tiich »clbut zu Ohcrlasai^D; 

fremde Rrchti; erlitten dabei Icoiuon Abbruch. Aneh «rgab es sich oatar- 

tgi*inXad; daxe ftich dir Düuteeheu früher als die Ungarn mit dfr dfutatdi- 

tevangelitK'lieu GluuhunAauHirbt hi-kaonl machten und befioundeten. richon 

1531 brachten Kauficate ans Ucrmaniifttadt Lathcr'a erste fonrig« Fhig- 

eohrifteu vnn der l^eipRiger Mc^-io zurück, die vom Abiaas, vom Mönch»- 

gt'lubdc a. A. Bald predigtun dort zwei .Schlcaier , A mbrotii u ä und 

Georg, im Sinne Lnther'B; der Saehsengraf Marcus PeuffHuger 

niiler&tUtzte und »cliatzte aiv beim Küuige und gßgen den Kr^htücbof von 

Gran. Die strengen Verbote König .Johanns waren ho wenig auüKufilhreu, 

1529 der I{:ilh der Stadt Hermannstadt den MtUichen und ihren An- 

[JtJIngern befehlen Hcrä, sie sollten aus der Stadl weichen oder mit Auf- 

Iftebnng ihrer CL>renionieeu und Menschensatzungen sich nur dem EvangcUnm 

uiitorwerfeu. Johann Honter. aus Ivroustadt (gob, 1496, 1 l''«49 1, von 

[Biaol xnrflckgckchrt^ legte in seiner Vaterstadt diu erste Buehdruckerei 

ind erste ölfentUche Ilihüuthek an , die zum literarischen Mittelpunkt 

gedieh, leider aber In dem gr<isaen brande von ICD?! zu Grunde ging. 

war ein Mann von vielseitiger Bildung, Theologe, Dichter, Rcchts- 

;flh>lirter', Luther nnd Melanelithon nannten ihn d(^n Kvaugeliatcn von 

[^i^*lu'llbil^gcn.••) Er verbreitete Si!hiilblioher und Lutherische Lehr- und 

|Ht'kenutni.4ssL-liriflen tn ungarischer Sprache ; unter seinen eigenen Schritten 

ceichuet sieh ein „KetormatioiishllrhU'.iu" aus, Fonnula fr/ormtUhnis t'ccle- 

rine ('uront'/L'iis et Üorceusi^ ( Uurzcnland) hitius pruvhwine , wolchee 

lOthcr rUlimte und Melfturhthon 1543 mit einer Vori-cde herausgab.*") 



*) Sobahert, .Staatskunde von Oeatcireieh, S. t3i>. 

") Mailalb, II. S. 2:tlff. .Schiückh, II. S. :&8. Benkö, TraMyt- 
viiMu, //. p. ä/0. Kiü Brief Lnther'a an Honicr von iäH bei dv Weite, V, 

••') Eine ilriMc Beai-beitung ilietter RefurniBlioHftordmiiig: Ri-formuti» fveU- 
tiarvm suxi>»ii'»rNni *« Tr'insyfvaina. l.'il», tinik'l »icli iil>gedrut'kt in ITurnjaasky'a 
Protect. Jahrhb. ftlr Ocstonvicfa, IV. S. Herzogs Eneyklop. XIV. 8. 344. 



ar.rt 



Zweite Abtlielluofc. Vierter AbsehnUL $ ^ 



Zum Prrdigpr in Kronstadt cns-Ählt (lÄI-l I voran liisati- it dordiprpifen 
Voritudcrun^fcu , i).iclk »eiucm UoforiuatJoiiucjitviuT wurde lUu Messe sl> 
gpAcliafft tiD'l du Abendmahl unter beiderlei Gcisfalt eingefllhrt* 
1544^ dann I54f> Huf oiuor erätcu Synode zu Medvisdi oder Metllnarh 
{Medin = im Weintand) erklärte sieh dl^ ganze säehsiAclie Nation AiCj 
die Augsburgtttclie Confeattion und besclilutis, — aiielt diea uhcIi Kttrlittiscbe 
Vorbilde, — eine Snpcrintendentnr an die Spitze dcii KlrclicnwoAOn« m 
Eit<;llen; Paul Wiener wui-de ir»52 auf oiußr Versammlung zu Hermana- 
Btadt znm erstco Superintendenten gewählt üloirhe IteMtrebnngcn warto 
inxwiticiien riueli auf die ungariitclic Nnliou vou Sicbeiibllrgen tlbiTgcgaugci. 
Die evangeliseb Glaobcnden dicüe» Stamme« sobloMon «ich zuerst &vm 
BekenntuiiM ihrer ungarischen Volksgenoiuen in Krdöd vom Jalirtr \lAh 
an; dann aber gewann nach bei ihnen die Vorliebe fttr die liclvctiseW 
KielitTing die Oherhiuid. Puler PetruvilÄch, EIne.r der VonuQndeT de» 
Jungen Königs Johann Sigjsmuiid (geb. 1510, | 1571), de» St>huc# ro» 
Johann Zapolya <t 1540], als er niirh dem Todo »eines Gi'gn<>r« de* 
Kischof» Georg Martinuzzi (f 1551) freie llaiid erhielt, bctriob s-Mh: 
diu Kinfulirung de« neiieu GottusdienftteSj aber im itehweizerischc» .Siriri-, 
also mit Beseitigung der Bilder und der guldcocu Genäse.^) £iu Landtag 
zu Klauiicubai^ liob If>r>f; dHs itit^boubfirginelto Ititttlium vHllig auf, lil»-! 
WP8 die Einkünfte dem köuiglicheu Kiscus uud uiaebte die Wied- t 
hcrstellung soweit nnmOgUcli, datts von nun an IdO Jahre lang kein 
katlioUschor Bischof daselttst existirt hat Nach Peter Petruvii^rli . 
Tode versprach die Wittwe Zapolya's, die Königin Isabell», l.-j; 
Religionsfreiheit, Ht (/utsque Imeret «am'/idem, qtmtn tvHef, cine> llflrr 
»eliaft die in den nfieh)4ten Jalirnit aueb von Ijandtagen nnit fUr 
RüformirlCQ mehrmals orncucrl wurde."} Alle rngarn und Zeckler, aoi 
nicht wenige Sachsen^ traten entschieden auf die Reformirto Seite, we 
das Keforaiirte Bekenutui^s den Nnmeii mnytjar'hit erhielt; dn^egDU b 
die Mehrheit der Sachsco dem Lntherthum treu, daher naiwl-htt : 
o-hit, alter Glaube, ist der griechische, mit igaz-hU, waJirei" Ulaubc, 
katholische gemeint.*") Grossenllieil«, obwohl nieht unbedingt, 
also die Stammes- und Spraehgemoinschat^, was diu couf(;si^< 
Uiclitungen xum Abschluss braclite. Auch an einer L'nion wurde v: 
gearbeitet, da sii- aber nielit gelang: so nntsxte zu Kuyad \.hC\\ a« 
dem Lntherisehen Superintemlenten fttr die Snehsen noch eine Kcfi) 
Bupcriutendentur fUi' die Ungarn und Zcekler gestiftet werden; untvr 



A 



') Ziiikoiscn, (lesclüchte der Üaiuanen. II. S. Wiv — "2. 
") Salomon, Df statu ccW. /». 7. tiarliis, I)le Luth. K, l'ogam», R. iu. 
••*) isla* fhrfutmj Ut der Naiiio (»ortos. Dw viirchrisiJiuho Allvater 
nmhtur, von »r — Herr und h<uf — Krieg. 



Danernilo RcH^onsMhdt in SItftjenlilIrKen. 



3A1 



"Refurmirten fnod 1067 »ucli die iwcite hclvoüaclie OonfeHsiou Aunolime. 
Bald .-wlUfii iiucli ilic Uni tarier in l!i'tr.'icht kommen, Jcrcn Ansicliton 
cltirch itcn Leibarzt BlandratA und den I'rudi^^cr Fruuz Uavidis zu 
Khnacnburg verbreitet wurden; auch ftof «e wurde 1571 dio OßwAhr- 
loiatuii-; d<'r üeligiousrrf'ilieU iiusgi?deliDt, bcsoudciiä diircU Zurbuu Joliiinn 
^ßigmunil Zapiilyaii IL, der ihiu'Ji wolilvrollU-. Die kalbolUchc Kirche 
^ndlieh bcliioit nur unttir den Zcckirro nach eiuLMi gtiringpii Anhnug. 

An diedev Religion »fr<*>lielt iet dann allerdings in den fulf;undcu Jitlin-u 

[wie in Ungarn io aucli iti Sicbcnbürgru melirinaU gurQttelt tvnrdim, aucb 

^tiier uieht «hno die Kflntttc ji^jsnitiaelicr Itotricbsnuikeit, weniger unter -der 

[dauerndtMi tllrkitji'lien Herrschaft, wclolie an Klrrlie und Confe^uiDu kein 

tntere^c nnltm. Aber die goaoUlirlie SCusicbeniug der Ulaubontirreilieit iät 

Idoch niebt nur niemals MUt';^ehoben , sondern hU in die neiioätcn Zeiten 

»urreclit erhalten nuil wiederholt worden. llics gesrhüL ItiOl dnreh das 

L,Lcupohliniäehe lJi|ilain*', wekdies für imnn'r gcwilhrlei»teL, i\ign in dem 

{Krchtädtnude der ;in er kannten KcliKiouon, lürchcu, rkhulon, raroohlocn 

[und kirchliehen Kiiiriebtnngen nicht« geändert wenlcn Bolle, dnreh den 

LndUig vun IT'JD und 91, gpjiter durch die im äcptt-uibcr iH^>0 den 

[Otttun'eichiHchen PruteHtantrn gegobiMien ItÜrgKcliartcn, endlieh dnrrh dit« 

Fcbcnfalb an alle Piotetitanleii Oesterrcichä gonehtete kaiscrlicho Urkläruug 

[In dem tieiielz vom ü. April IHfil.*) Dem gegenüber Imt e« niieh an 

^Btarker Gegenwirkiiug der katholischen Kirehe uud jlircr DisebÖlc, dereu 

btegiinent in L'ugarn nieht dieäclhe L'nterbruchung erlitt wie iu Slubcn- 

f1)Urgi'n, SU wcuig gefehlt, d»ss «las liUlori-iehf CiesjimmtergebnisR filr dii-st* 

ndtT dennoeli t^tiiie dnrchgüngige Tht^iluiig um des Hi kenutui»»>tt willen 

ror Augen ätollt. Ein Uindemittel biutitJien die dortigen Protestanten in 

fdor noeh jetf.t im aUg'-meincn (iehraiieh befiiidlieheu nn{:arigclien BiUel 

iU8 dem XVJ. Jahrhundert; c» ist die dcü Claüpar KäroÜ, wi-trUe von 

leseni, wie goiuigt wird, thcilwoise in Marbnrg bearbeit wordun tteiu buU. 

fAnch di<* «U'h«isela'i> Lutlierniier m'braucben nie und predi(;en nnparisch. 

baehst-n und Nichtriachsen bpfiiiden sich an einigen (»rten, wie in Krun- 

»ladt und KlauHcuburg, im besten Einvernehmen, wi-tiigvr in Uermauu- 

ittadl, wo sieb viele, hoehlii'iioldelf, jt-tüt xum Theü wieder pi'nrtioiiirte 

IcutSi-he Bearatote aufhalten. Die Volkuscliulc ist nach alter Weise noch 

[der Kirclu! Htrong untergeordnet. Ifie wisflenttehnftlichc Bildung i^t vier 

hleforuiirlt^n Lelirauslalten ilberhisson, deueu von KInuijeuburg, Oroiw* 

[Knyad, ^Uvoh: \'ai^iirhely und Ljvarhely; doch gilt nur die erste Abi bubc 

*cbale, die. drei anderen niclu- als Oymuaaicu. **) 



■) Allgein. Zeit. lsü(i. $. IStn. Dieselbe von 1S&9. Nr. 2VJ. BorbiB, Loth. 
[K. rngarn», S. r.itv 2tJ. 

*') WattflDbach, Die Sieben bUrger SaebBca, lleidelb. 1S70. 



Ar- 



302 Zweite Äbtheilong. Fünfter Abschnitt. § 36. 



Die statistischen Vcrliältnisse worden iu Ficker, Bevölkerung von 
OrsU^rreich, Gotha 1800 nach einer Zählung von 1857 8o angegeben: 
Bei einer Revölkermig von 8,125,785 Seelen leben in Ungarn 

Katholiken 4,3U3,4t>8 

nnirte Griechen . . . 673,929 
niclit ujiirte Griechen 403,842 

Ketbriuirte 1,477,899, nach Zählung von 1865 (Ferenex) 

2,184,388 

Lutheraner 738,923, nach Feroncz 

870,tXKt. 
In Siebenbürgen befinden sich bei einer Bevölkernng von 2,172,748 Seelen 

Katholiken 237,742 

unirtc Griechen . . . 674,654 
nicht unirte Griechen 679,896 

Hcforniirtc 312,223, nach Ferencz 

315,012 
Lutheraner (.Sachsen) 196,375, nach Ferencz 

156,(HM) 
Unitarier 50,00*}. 



Fnniter AbschnitU 
Uefonnbewcgung- in Italien und Spanien. 

§ 36. Italien. 

Literatur. Gerdcs. Specimcn Ifnfiae reformaUte. Liigd. B. J765. M'Crie, 
History of (he progrcss and oppressh» of ihc refoi-matinn in Italy, Edhib. IS27 , 
cleot»i;h Lpz. IS'ifl, Leoimhl, Die Ursachen der Reformation nnd deren Verfall 
in lu'ilicn, Ztat-hr. für bist. Tli. ISIH, Biedenfelil, Korn und die Refonnation 
in Italien, Jen. lS4(i. 'riecheol, Antitriuifiiiier, Bd. 11, Htllb. ISU. Erdmann, 
Die Kefonnatlün und iliro Märtyrer in Itrdicn, Berl. ISJä. Itan ke, Die RöraiBchen 
Päpste, I, BcrI. 1S:H. M. l'oung, The lifc aiid timcs of Paleario or a hislory 
of ihe IfaliaH rcfurmers in tbc Xf'I ccHfury , JI vols. Land. ISCiO. 

Noch bleiben uns zwei Länder zur Besprechung Übrig, und es sind 
dit^enigen, welche die sichersten Stätten und die eigentliche Festung der 
alten päpstlichen Kirche umfassen. Auch hier werden Hoffnungen rege, 
und neue Lebenskeime sprossen auf, um dann von eherner Gewalt zer- 
treten zu werden. Das Schauspiel ist tragisch; dennoch bleibt es in 



Ist (11 



STODfÖT 



363 



tiolipm Gratle di^itk würdig, diu« die Wellen der g:ro«flon religiAHen Oewegang 
sii'Ii i4olb»t bib dahiu erstrackt liaUeii, wo SntzuD^, llUTiircliii! und vulks- 
tliUmlicIie (iewohnheit ihrer VeH)n'itmjg A'iv aUirkstrn Bullwcrke iMitgegfu- 
stcllcu kooutcn. 

lUliciii, «rlion ii.i<-li 8oiiirr iiattlrliilitMi Itf'K<-Jinn'4>uhi-it woiiigtT nU p« 
ttuf dt'ii oreleu Aiililick Hcliciiuu ki^uutt*, zur l^itilioit au^uli'gt, war zu 
Anfang dieses Jahrlinnrlert» Fast nocli nngleirliartiger in cinxclne (ieroeio- 
wi'fliiti (idtir Kcrntclinfteu »erslllckcll wie ütwa die Hfliw^'iz. Bcaondfi-« im 
Norden j in der liombtirdüi nnd drn »litMi Iti*lcliBtlii-t1ori Wiirttti um griii<8p 
Stödte her wie Muilandf Mnutoa, FIoi'CUk entweder durch krkgaurfalininc 
Condntlipfi wie die SforEa in MnJIand, odrr durcli btli'gorlii'lin und um 
diu Bvt'ürdcrung der Künsl* des Fricdi'ns hochverJii'iilc \'ulkat'(lhritr wir. 
dio Mcdici in Kluronz kloino tuiabhüngign iStafttcn «ntatandcD. Hol Wnitem 
den gri>^4ton Kiuflufis, »uletet vuu entscheiden dem Ti'bei'jft'wicht, behauptete 
die Kepublik Venedig. Mit ihren nuägebn^i toten Iteüitjsangen ant dem Feat- 
Uiide au beiden L'fcrii dos adriatischen Mvftres, mit bedeutenden Städten 
und Colonieen wnr sie eine europüischc Mnebt ersten K:ingea and aU 
Handel»' nnd Seemacht eine. Vurgflngeriu Englands und bliub »nf ilirer 
UühQ bis zur Entdeckung Amerikas und der ucnen Seewege, welüho ihr 
eigentlich erat den Tutergang bereitet babeiu Die grORKere ülldliehe ITAlfte 
■leB ganxen Lnnde« nahm dant Königreich beider i^icilien ein, durcb spriuisehc 
Statthalter ein Krbland K ar l's V. , detwcn Grossvater Ferdinand der 
Katholinehe es »nsamnien mit Karl VIII. von Frankreich erobert hatte. 
1}\K Mitte aber bildete der Kirrhenstaat 

Damabi befand »ich Italien wohl noch auf der Stufe, welche es te\t 
der eruten Rüuierherrscbaft jederzeit ju Anspruch genommen bat, nämlich 
auf der Höbe der geisiigtn , literariseben , wist^cusebaftliehön nnd noch 
sicherer der kllnstleri^chen Befitliignug im Abendlande.') Die Literatur, 
die nationalo wie die gelehrte, stand iu lilUthc, Poosie nnd l'rosa gingen 
der herrlichsten Entfaltung i-nlgegen. Jeder Leheuitreix wurde cmpfundou, 
jede St'hi^nlieit nnd Wohlgestalt verstanden. Viele der MildungHclomente, 
welolie in UcutiM-htaud der KeforniatioB den Weg bereitet hatten wie dio 
huinanistJArlien :?tudien, waren von Italien ansgcgangi-u ; dort wurden nie 
immer nucb vui zugsweiäc gesucht, doi't uauieullich die BcsehiU^t^ung mit 
den antiken .SchriftsteUem in den h5chsti?n Kreisen der Gci»ltsrhaft nnd 
au den Höfen Medicaiseher Päpste und Fürsten lebendiger und geistvoller 
betrieben als es, ab^rescheu von einKcIncu l'ei-sÖuUehkeiten wie Keuehliti 
und ErasmuH, unter den ürmlielien Verbilit niesen deutscher Gelehrten zu 
geBchehen pflegte. I'nstreitig konnte diese KIchtung der Caltur and ilcs 



*) Siebe (i. Wob&r> AUgcnielne Wcitgesohicface, X, S. i'i'J tt., Caltur und 
(toisteelclMm in Icutien. 



'^m Zweite Abtheilung. Fünfter Abschnitt. § 36. 

(.losch macks auch ObcrtlächliL-hkcit, Frivolität oder anükirchliche uod bloss 
niil'löst'nde Tendenzen zur Fol^c habtMi, weil üie mir dem ästhetiacbeD, 
nicht dem sittliclieu Gewissen Kahrunt; gab. Ueberall wurde durch das 
Studium der Alten eine Hückkehr von den starren und typisch gewordeneu 
Mustern und L"<-berlietcrun<^en zu dem Staudpuukt des Katucgemftssen and 
Jlarmouisflien erötrnet , und jrerade hier am glUcklicIiaten , wo man mit 
einpfangiichem Sinuc auch auf den Inhalt einging, statt lediglicli bei der 
Keinheit und !?ehüiiheit der Furm zu verweilen. Wie damals die bildende 
Kunst eine bedeutende Umgestaltung erfuhr, indem sie zugleich dem kircb- 
lielien Geist entzogen, aber auch durch Heranziehung an die Vorbilder 
der Natur zu einer höheren Voiikoniinenbeit erhoben wurde: so verrieth 
sieh Überhaupt die Herrschaft dos Humanismus in kecken Antrieben zur 
Abwerfung alles reborlieforton. Wie leicht es damit genommen wurde, 
beweist das literarisclic Treiben in Florenz, in dorn reichen Venedig und 
selbst au den Höfen Medicüisclier l'äpste, woselbst naeh einer gleichzeitigen 
Nachricht Niemand mehr für einen f/n/antttt»iia nnd cortegiatny galt, der 
nicht irgend eine häretisohe Meinung hegte.*) Die Literaten lebten und 
schwelgten in der wohlgolUUigen Region des Geschmacks, der Rhetorik 
und der Poesie uiul geiielen sieh in antiken, mitunter höchst oberflacli- 
lichen und sehiueiehlerischen Freundsehnfton ; aber ea gehörte zum guten 
Ton, auf lÜbelstellen und gelioiligte Kirchcnlehren herabzusehen. J)er 
Venetianer Pietro liembo, geb. 117(), 'i ih\l , hek.annt als Schriftsteller 
über Cicero, die Venetianiaelie Geschichte und über Leo X., war des 
Letzteren eigener Geheimschreiber, naeldior Ilischof und Cardinal, zugleich 
aber auch der Hurvorragcndste unter den leiolitfertigen Gelehrten der 
päpstlichen Umgebung; er ist derselbe, dem die bekannte Acusserung von 
der einträgliehen fahnln de Christo beigelegt wird,*') der sich ferner, 
— iidf^r war dies öadoletus'r' — über Melanehthon's geringe Ein- 
künfte (ilOO (Julden), grosse Zuliörcr/.alil ( läOO bis '2500) und besonders 
darüber gewandert haben soll, dass dieser noch an Unsterblichkoit glaubte; 
huhcrem vintin ftriidcniinrfin, si hoc. nun civflcrei. Er nanute die Pauli- 
uischen Briefe r/iislofticcitis und äusserte, dass er lieber gegen die Bibel 
als gegen Cicero schreiben wolle. Der berilcbtigte Petrus Aretinus 
(t li'jSG), gross als Öcliviftstellor der L'nzuclit und frcclisteu ObscOnität, 
in seinen Flugblättern witzig und schlagfertig nach allen Seiten, golegcutlieli 
auch andächtig nnd fromm, al)er stets üelicnswilrdig in seinen Formen, wurde 
von seinen italieniselien Vcrobrcrn // (Ih-ino Arelhm genannt, und sogar 
bei den Mcdicäischcu Päpsten und bei Paul III. geuoss er Ehre und 
Gunst. Das von Göthe herausgegebene Leben des Benveuuto Celli ui 

*) Ranke'8 Päpste, 1, S. ';(. 
") iloscoe, Leben Leo's X., Hl, S. |s:t ff. 



ttjitlcit. I^cldit fertige imil eniiitfi ChiinUtten). 



3tiä 



viTiiittc-Ii au Hellt die oaivi.' LVppi)(ki;it und Ix-idcaHchäftUulikcit dSe^ör 
italit^nii^i'licn '/iHflUliiili'.*) 

Alw-T iiicIiL AlU- wnruii vitii ilieümt iiulMutin'i'ii G<;isli' belierrsrht. 
Wir bcgrgiipn in ilun g<^tiililftst(<u Krt^i&l;n auch iiiclit weuigAn cntxtereii 
Oharaktercu, wclchv, ohuu vou jriior Frivulität auKi'sk'ckl ku Hmu, doch 
ciiift) krili»4')i<*n Trii'b iiiiil MiinsBätal) mit dtni Uc^tri'biitigoii tieti lluniuiiisniiis 
t;viii('iii liittU'ii. 9'\k: bi*siit(.si'ii, wi<; Knakf taigi, <lir Itlliliiii;r ilirrr V.nt, 
ahna Bifti an diese verloren r.u bnbo». .Siß er)itt(2ti-n die Kirche, über sin 
würdi^i^ti^n uiirli die l.-iiilcti Rl:i};(-ii übrr dt-rcn V<'rdiTbnti<»<> und wulltun 
an <:nn)*r »U nutliwi-mU^ i-rlüKiiiti-ii Üriiilj^ini^; initiirbt*it«'u. In Uoiii »clb::»! 
haiia sich au» duii p'lehrti'stUD und fiifrifpftvii jUugi*ren MXiintiru, widcbc 
eine bi'Umre klprtkjiliArhc IjfiufbAbii vor Aiif^fii tinlb>h, nchoii vor 152ip yi» 
Vi'rrin gi'bildrt und in dem »ngrj^cbiMU'n liitrrottf- nnivi-ntikvlurtig i-ngi^r 
KU>uinimnng(<iHrhloRt4en ku riiiem „Oratori ii ju der f^ilttllcbeii Liebe".") 
Sie zählten ftwa '0 bis HO Mlt^Iii-der iiiid z\iar v*iu H«lir niiKli^icIicT Art, 
so da»d ihre AuÜas&uugcD nachher weit nuuciuaudcr gcgangon äiud. Zu 
ibntm guhnrte der VPiietJsner Oontariiiij fernur Jacob SadoUttiii, 
geb. 1-178, t 1547. biiinanistiscli gebildet, Verfasser t-xvgctisclutr nnJ 
philusüphiticIuT .Sclii-iflen, piiptittlober äecri^tär, narlilxu* Hinrhuf und <!.ir- 
dinal, und der Stifter doa TbcatiDerurdens Cajrtan von Tbtoae. Auch 
heftigti und /elotisrhi' Nutnr«-» fandun m-h nnliT iluu-n wie Juliann 
Pctcr Carulfa, ebeiifalla tin Gelehrter und al« üolcber von Krutiinut» 
ansaerordciitlit-li geHcliätr.t,*") abiu' docli veit mehr durch Aufrechtlialtiiiig 
Btri'Dger KirduMizurbt auf das Heil der Kirche bednrbt, weslialb er duuu 
»urh ala TTi-ratidler der Inquisition und als Paul IV. auf dem |>ApHtli4dien 
Thron geendigt hat Der Feldzag von J527 verstörte die UeBcUachaft, 
di>rli ftnnertc sie fort, verpflanzt« «ich aber an andere Orte, beaondcrH 
iiiwh Venedig, wuäclb»t Reginald Polus, Verwandter Ueinrieh's VIII. 
Tun England nud damaU von dieitcm Laude fi<rngeliatte.n , Hieb ihr an- 
BchluiM}. In Venedig kjimen neue Anregungen hinzu. Ein geQUebteter 
P^lorentiuer Antonio Bruccioli gab \b'M) eine i tauen itwhe Bibelüberaetznng 
liernus; auch die lateiuiscbeu Sebriften Melnncbthon's verbreiteten sich 
vou dort, und die. Regierung, wie gewühnlicb dem Papste gegenüber üirn 
nnabbängige StcUung behauptend , duldete die Anhänger der Kefnrnipnrt^i, 
An den italieniiieheu Hufen fanden dii'»i< Uetitre-bungen wenig Iteifall, einer 
ir vciBagtc ihnen seine Thcilnabmc nicht, der ilof von Ferrsra. Anch 
ler wurden die Kflnst« gepflegt, Gelehrte und Üichter wie Clement 



*) Vgl. im AIIgcmcineTi noeb: G. VtMgl. Die WiedrrlwIehiuiK di-g kliiss. 
Allorthiiina, IS.->'J. Dazu Juk. BnrckbardI, Ute i'ultur der Kenalnsunce In 
Italien, IsiW), S. JTX Lechler, J«ib. Wiclif. II, 8. SiH. 

") Uaoke's l'HpatiT, 1, S. \:\2. Treehsel, An tttriai tarier vur Saciii, II, S.IS. 
•") Troclifeol a. a. U. II, 15. IC. 



mm Zweit«! Alitbeilung. Fünfter Abschnitt, f 3G. 

Miirot wun'ii willkumnien. Diu cvaugcliBchen IdecD aber warden an- 
(;uüi^iivt von UiMiata vuii Kste, einer Tochter Kduig LudTig'a von 
Krjinkr('i(!h , 15-J7 vcrliciratliot an den Herzog Hercules von Perrara. 
DicHe durcli (ieiätortbilduii};, gelehrte Kenntnisse und Gesinnung ans- 
;;e2<>i ebnete Klli'ätin , der nur wenige Fmuen Italiena in diesem Zeitalter 
gleit'liHtehen miichten, hatte in ihrem Gemahl keinen Frennd ihrer eigenen 
Krnmmigkeit; »her »ie behauptete ihren Standpunkt auch unter nngflnstigen 
VerhHltiiittiten und wilhreiid der Greuel des sie so nahe angehenden fran- 
zÖHiHclif'ü lillrgerk Hegen. Als Calvin 1535 llbor die Alpen oach Italien 
ging und ein halbes Jahr In Ferrara vorweilte, gewann sie in diesem 
einen ernsten Herather, der sie in der eingeschlagenen protestantiscben 
(ihuibenrirlehtung befestigte, und mit welchem sie nachher einen dauernden 
brieflichen Verkehr fui-tsetzte. Sie wagte es, Flüchtlingen wie Petrus 
Uartyr U.A., die von Italien her oder aus Frankreich vertrieben worden, 
in edelem Kifer Schutz zu leihen; auch die in Ferrara geborene reich- 
begabte Olympia Morata genoss ihre Freundschaft Später hemmte ihr 
(iemahl diese bfllfreiche Thütigkelt, und von einem 1554 Ober sie ver- 
hilngten Gel^lngniss hat äle sieh durch eine wenn auch nur momentane 
Seliwäehe und Naehglebigkeit lusgekauft. Ihr vielgeprüftes Leben endete 
157.-..*) 

In derselben Uit-Iitung und als Darsteller einer religiös -biblischen 
(ilaubeuserregiing sind noch mehrere Andere bedeutend geworden. In 
dem Neapulitanisebeu Krblaude Karl's V., weleher daselbst schon mehr^ 
mals Verse hü rfuugen der Intpiisitiun betrieben hatte, so dass 1536 dnrch 
ein Deeret der blosse Tnigaug mit Lutherisch Denkenden mit Todesstrafe 
und Vermügenseinziehnng bedroht wurde, waren diese Maaaaregeln von 
dem Vieekilnig Don l*edro di Toledo nieht streng durchgeführt worden. 
Selbst hier entstanden einige Sammelpunkte für die PAege evangelischer 
Frömmigkeit. Knh'ühnung verdienen die beiden Spanier und Zwillings- 
brüder Juan und Alphons Valdes, Heide begabt, Beide durch satirische, 
aber aneh durch ernstere theulogiselie Sehrilten in die Literatur eingreifend. 
Alphons, Verehrer des Erasmus und von Lnther ergriffen, erlebte 
in Spanien die Verbrennung der Selirifleii dieser Männer: als SecreUr 
Karls V. verhandelte er zu Augsburg mit M e lu n c h t h o n Ober die 
Augsburgisehe C'onfession , verliess .iber , vom päpstlichen Xuucius ver- 
däelitigt, den Hof und blieb in lt.iUeu. Der Andere, Juan Valdes, ein 
autodldaktiselter Gelehrter und Theidoge, wirkte in Rom und Neapel auf 
Männer und Frauen. Dass er mit Giulia Gonzaga, der kinderlosen 
Wittwe des Vespasian C'olonua, Herzog von Trajetto, die sich nachher 

'i K. Müuiii, Keimte vuu tstf. J IM»-.. I^.il. :i;t. daiu ein Alischuiit in dem 
irenannten Werk v«»n l'cifu.y. ffif 'i/,- ,i»,i rfmes «•/' Pnhnrio. 



Ooliinn, P. Jinrtyr n. tu. Italien. ProtceUttitvn. 



3(J7 



in «in FmazidC^a-uLTkluätor zurückzug^ iu einem rrnaten rcUgiditen Gedanken- 
▼wkehr befand, beweist sein iu mehrere j^pravhen 11l)ergogiingcii6r Dialog 
„AlfubeUt Chriatiauu" (1646). Auch «ciun „gütüirhcn BtitracUtunKcn" 
( coiuiiderntiones fiivimtt'.), zuerst 1550 zn Bhö«1 in italipuiselier Ueber- 
ifietzuug und neuerlich wieder hi-rausgegc^ben ,*} verbreiten nich vielseitig 
IIImt A\a religiuson Zt-ill'rntren ; duch ist ihre Absicht nirlit eigentlich eine 
kireiditrti oppoifitiDuelle^ weit mehr eine »llgemriii rhiiittlielii! und hiblisdie. 
Melir iu Tolksthtlmlichcr Stellung wirkte der Frnusiscaner Bernhard 
Orliiuo, geboren zu Slena H»*?. l'ugelehrt, von «peeulativcn /-weifein 
zumal nbcr die Trlnitttt heimgesucht , zum Arianismus geneigt , aber 
begeistert und von hinrei^äender Kraft der Rede, predigte dieser Mann, 
wie früher in Venedig und Hasel, »o naebher in Neapel nnter ungelienreui 
Zulauf; hi» ihn die Verfolgung zur Flucht nöthiglc; die Kechtfertignng 
aus dem Cilanben nnd der Friede mit Gott wui-eu aeio Thema. Andere 
BigenMchafttm rtTeinigten sich in !*etpr Martyr Vermigli. Dieser vor- 
zQgllehe Uelehrte, geboren 1500 zu Florenz, Mitglied des Orden» der 
regulirten Augustiner Chorherren, warf aich frllhzeitig auf das .Studium 
dea Neuen Tf^tamentu nnd der hibÜsctien .Spnieheii, predigte mit Frfnig 
an ver.Hch jeden cn Orten und wurde in Neapel um 153!* durch den Verkehr 
uiil Jiiau Vnldea und Oehino ganz in rvangeliürhe und zumal Pauli- 
lUiiehe Aurtctinuuiigcu eingeweiht; er ent«ngte dem Papatthum, und «eine 
unchherige Flueht Bullte ihn einer hedeul«-nden Laufbahn innerhalb der 
Reforniirten Kirelie nnd Theologie theil» der .Schweiz theil« England» 
entgegen fuhren. Wieder eine andere Kigeuthümliehkeit zeigt der nencrlich 
so oft gen.innte Aonio Paleario. Oebnren l.'tOO zu VeroH in der Ko- 
mischen Campiignii, kl:tssisch gebildet, aber aurli mit der altkirchlicheu 
Literatur und besondere mit Augustin vertraut uud durcli Ituisen mit 
den italienischen Humanisten bekannt geworden, lebte und lehrte er an 
mchrereu Ortea, in Rom, fjien«, Luoc« «ud auderwürtß. Ohne ffirmlieh 
auB der Rümischen Kirche auatuschciden, fQr die er immer noch von dem 
ConcU Beiwening und Heilung Iinffto, bekanuto er doch rreimütlng meinen 
Ansehlu»« an die deutsclien Kefurniatoren ; er (heilte deren Ucberacugung 
ron der Entbehrlichkeit der guten Werke und von der Grundlosigkeit der 
jüngeren Tr:idition; die Idee von der Reehtfcrtigung aus dem (Ihuibeu 
und durch ChrislUrt allein lebte iu itini, ans seinen Reden, Briefen nnd 
ächrUten spricht ein »IttUch geweckter Oelßt.**) 



*) Von Ed. Btthiuer, Hallo IWI, »iohe dessen gründlichen Beriebt «her «Meao 
Brllder iu Ueriog'a Enc^kl. XVII, S. 12 ff. l»«"" A'/. Bßfimfr, Cenni bwtjraßci 
sui fraU'Ui Giovanni c Alfonto tti Vaiäfsso, IbOl, ab Anhang der t'cmo c dieci fitviiir 
coHsiiterazintti di raittesso — fl'ifffti, Life and H-ritings ofJuan de Vald^s, IS6S. 

"}fiar\itt. Leimn de« A. 1'., ehie» MÜrtyrcra der Wahrheit, llamb. 1^05. 
I»u,jy. r/u- l!fe Hud Uhus i'f iW. duitt ßoHUCi, Aun. Puttarin. ileutseb 



tffrite 



Iniijf. FHtiftt* Ab»l(BW. ^M. 



Diese und noch iiichrerf! andnrc Pci^nlicbkeitcii n^prfl^cntirpn zii- 
iciiiiiiieii t'iii »(^1)011^8 KnpiUt nn inniger Fi^niuiigkeit, (TiiRt<>iii Wiltnii nnil 
nt'geigicniitg. Wurmii koniitf vji uiclit wucliiTii? Wariiip i)itiü8tt< t% wi 
volUtiiiulig der GewsU «iiterliegcii ? (jcwies wdl ee den Vortrotern tJl<»6or 
proti'ritniiliflclii'u Nfiguuj^ru Ihcilit au frater Kiitigiiiig unter rinHiider, tliriU 
iiu rutcrALUtztiiig im Volk oder von Seiten der poHtiselien .Maulit fi-iillr; 
»w staudpn zerAtr^tut und- VLT(>inKtdt dn wie in eiaor IVemden und ftodcre 
Ifiartulnu Wt-tt, weicht: dem WacliAttiiiii) üiitr KritHe jeden brcit4!ren 
Uoden vcrrüi^ftc. 

ZnniLcliHt verbreilrtc sicli der neue Oeiat iu suhlreielieu Funkten Über 
Italien, nnd unter «^nitAtii^oren l'mKtJlndcn, nainnntlii^li b^i grilnacn^r 
Fiiti|irün};liebk(*it de» Vutkü, liüttcu nivh diette zu uiner Flumnie verciui^'n 
k<>nnen. Auf kurze Zeit aehien Ängar in ftom selbst oiue Veritudorung^ 
buvorxu stellen. Pji ti i III. ( Itt'M — 49 ) , lüs it den päpstliclien Stuhl 
bestieg, erkliirtt* sicli uirlit allein bereit, dag vcrÄpruelifue allgeioeinv 
C'onuil xu b:iltenj Hondern iog äueh Hogleicli die hervormgeudHteii Miluner^ 
welche dem „Oratorium der ^lüttUcUcn Liebe*' augvbört biilteu, enger im 
sich,*) erhob ^.nerst Oontarini, bnld nuf dessen K.ith .iuch .Sado- 
letub, l'olus, Ciirnffa zu Cardinülr.u, setxtc aus ihriou t;iat' congregntio 
Itnu-fHirntoria zusammen (Xh'.S^.'Al) und fuhr in dieser gemilsstgt«*» An- 
seblicssuutr an die \YUnsehe der Hefurmfrcundc bifi zu dem Zeitpunkt fort>**) 
als derselbe Ciintarlnl l.Ml zu dem Uelit;;ioMK«'eHpr}tr.)t nach Itegensbur^ 
ab};eurduet wurde, woselbst seine Kugeständiiissc Kcmeiusamo Incdfertlgc 
M:uii4«rej;rln railglteh miirbten und eim» letzte Ilofl'uuiig auf Heilun); des 
kireliiiehi'n Zwie&piilts zu erwtekeu begannen. Aber gerade dieser Seliritl 
des KntgegeiikoaunenK trifte mit einer cntgt'igen gesetzten Wendung zti- 
s:Hnmen; die eiidenkt'iide StrOiiuiUf;, wie von einer faeimlicben Gewalt 
plntzlich abjjelenkt, sehlug iu das hSrtesto Oegentboil um. Ks war nin 
dieselbe Zeit, als mit der Stiftung des JesuitenurdcDs (1540) und dorr-fa 
die I'.iuwirknnj; iniderer I'ersftnlielikeiteii tlesBelhen Kreises, hti-simders 
Oaraffas, das feindselige und uuvcraOhuliche Widerstreben gegen jede 
Neuerung als der allein uchere Ausweg vollständig das Uobergawicht 
erliiell. Im Juli 1642 reorgauisirte Faul 111. auf Caraffa's Antrag das 
luHtitut der luquisitiou, eröAiiete auch fUr Rum, was n).in in Hpauieu 
langst besass, nilmlich eine ceutrulisirto höchste Leitung der einzelnen 
Ortlichen Inquisltions-Commissionen und setzt« zu diesem Zweck die Oon- 
gregation des heiligen Officiums ein, an deren äpitze Caraffa stand. 



von Mursehmunn. N)u:h C.Hchiuidt (llerxug'» Knoykl.) eüid seine SotirifU'n 
luerst \Wt XU Lyuii. spiiter zu Basel, Bremen, Aiutiturdam herausgegeben worden, 
•) Trechsel, Antitrinitarier, 11, 8.26. 

**) Brieger de fuiui. c-mc. Untislmn. urlg. ari|uu indolo l&TO. — Ütd Ueahu 
fertiguotptlebre de» Card. Contarini in Stnd. und KriL^ ld*2, H. 1. 



Italivo. Peter Martyr, OctuDo. 



3i:9 



Von jetzt »u wurde, BOw<üt der ICiullusd des InatituU reiclitc, — and 
"mit (]"m KttiHcr, aUu mit Neapel knra ilrr pR|i(it ja glcirliÄcUig wieder in 
du iH'frtiiMidvtOä ViThüUniM, — plölzlirli AiU^s niidura. Jedu mildt-rc 
itcDi-theitUQg hÜTtß Aüt, dvT narkle, Eiitdchlutw niDcr niHthodiscIien und bis 
zum VrniiohtniiKsikricj^e dun^liKitrülirt'tidrn \'L>i'ri>l*;uit^ trat an die 8tcUa 
Auf hloagfii Ver<lflclit, dclbsl den güriD;;stvn, wurde einKcschritton and mit 
der Eiokcrkcrung, für «Ttche raach groaan Räume bearhatTt worden, der 
.\])fan}; (;en)acbt. Die ersteu Aii^rilTe w:iren i^egeu den Klerutt gericbtet. 
Cardinal L'oiitariiii starb um AU'nv '/.fit in Mulogna; sterbend warnte er 
Ocbiiio uielit luicb Rom zu geben, wobin or citirt war. Daher flttcbtote 
dieser 16I-' nacti Hunt, — vir maymts mimihits hukUs, aagt Üalvin, — 
dann 1545 narli U^mel, Aiigäbnr;;, ^>ti-aäsburg, von wu er 1547 uitt Petras 
Martyr nach England ^iiig und alii Prediger der itaticuiaeben Flllchtlinge 
in London ein Unterkouuneu fand. Aber die Rogiurung der katboUacben 
Muri» xwaug ibn nucbm.iU ausrnwanileni; er ging 1553 narb Strajiaburg 
und Genf zurllek, von dort wügun .MirtAbilligiing der Iliurielitung Hervet'a 
aacb Uait«l, wo er rolt Lftlius Socinus bekannt und dnrch ihn nooli 
oieJir in die SchiiksaU* der antitriniUiriaehen Zweifler verwickelt wurde, 
webb«* ihn wieder von Urt zu Ort jagt^eu, bis der Tod I5G5 in MSbren 
dieser traurigen Flucht ein Ziel BClzte. Heine Schriften, — Fredigten, 
exrgetiAr.be, dngniati.-tche, kati^rhetiscbc Abbandluugen K. Ü. Über das Abend- 
mahl, daa Nerdii'iisl Christi und einxelur speeulalive Prubleme, — ver- 
ratheo einen hüben Grad von Denkkrafl nod geistiger Gewandtheit *) 
Ein frledlicherea Waudei-lebcu bat Peter MartjT Vermigti soitilcm 
geführt. Itali<*n verl:L»Kend begab er a\v\\ sunAeUat nach ZUrirh, Basel 
und Strassbiirg, wo er durub Buver's Eiutluss Professor des Alten 
Teatiimenta wurdo, und fjing l5-i7 uiieb Kugland, wo er al» Professor der 
Theologie aicli ganx in die Kefoniiirte Lehrweise eiuatudirtc und durch 
L«bre und ijebrilt an der Uefe^tigung der neuen Kirche mit grßsatem 
Rifer arbeitete, i*o wie er auch au der Umgestaltung der Liturgie und des 
Gelietbuchs Antbeil hatte. Aiieb ihn n<ithigte die Thronbesteigung der 
Maria sinr Flurbt; in Stracuburg, wobin t^ sich 15ö3 zuerst wandte, 
Iiattt" er uls Reforinirt eiitwjekclter Tbcülf^e eine sehwierigc Stellung, 
folgte daher 1556 uiu so lieber eine.ut Ruf uaeh ZUricb, wo er fortan 
blieb und von wo ans er »uob 1561 dem Uospräeb tu Poissy beiwohnte. 
Er Hl.irli I5ß'2 aui 12. November, als .Schriftsteller »ehr verdient am die 
gelehrte Forticitnng der Calvinisobeu Schule, ••) 

In Italien hatten indessen die Vei-folgungen in furchtbarer Strenge 

•) Simltr, iir. de vita — Tht. tS62. Trech*el, AnÜIriniarier, II, S. 2tii 
C. Schmidt bei Ilerxog. 

**) S. Ilttcr Ihn die Mouitgraphie von Schmidt: Leben der Väter und 
BegtUndor der ref. Kirche, Bd. Va Trocbsol. a. a. U. U, 30. 



370 



Zweite AbUieilang. Ffluft«r AbBchnitt. | 38. 



fortgedauert; die BeBtvn opfi^rte Oaraffa prbnrmuugsloe dem Schciter- 
linufen und unter ibnrn virli? Uclehrto au« dem Km»e ili'* Ju:in Valdet*. 
Selbst die Herzogin Kcnala von Ferrara, die Ocliiuo's Flticlit erleichtert 
hatte, bliobf wie achou bemerkt, nicht iiiigerälirdet, dondöm gerieth in 
Cref;ingpnschat"l, bia nie sirh der -Mesüe fUj^te und uach dem Tode ihre» 
Uattcß nach Frankreich begab. Ulympia FuWla Alorata, die gelehrte 
und pootiHch b^^abte Proteatantin , welche l.^2lj xu Ferrara geboren nad 
im Umgang Reuata's gebildet, iiaeli dem Tüde ihre» Vater» die Bibel 
er^ilT, ohne darnm dm Klattsikeni abhold zu werden, wnrde durch ihre 
Verht^ii-Hthinig uiit eiueiu Arzt 1550 nacli iJeutscblaod geführt und bestand 
1563 in Sohwcinfnrt die SrhreekiiiSfie einer langen BeUgeraog; nach 
vielen Rt'iwhwerdeii fnud sie eiue uciie Heiiiiath in Heidelberg, wo sie 
auch (gestorben dchon 1555) begraben Hegt*) äokhe LebenaliLufe bringen 
eiaen individuellen romunhafleu Zug iu den Uaug dieser sehweren Geachicke. 
Nicht Menaehen allein, auch verdilelitigeu i>cbriften aollte in Italien 
der Untergang bereitet werden. Ana tler Mttl** jener evaugeliaeh geweckten 
Kreiite war achon 1543 ein mcrkwürdigca UlanbciidzeagDiss hervorgegangen, 
das Uüchlein von der Woliltbat ThrJati, Traltafo ttHihsiinit dei bette- 
ficio dt Giesu Chn'itto. Ea enthielt eine eiurachc, aber mit ütarker Ueber- 
zengung vorgetragene Darlegung der Lehren von der äilnde, von der 
WicdorherBtellong de« göttlichen Kbenbildes durch Rechtfertigung nnd 
tilatiben .in Christus und von der wiihreu Nachlulge. Christi in guten 
Werken. Der Verfasser war noch nicht bekannt. Auf die erste Ausgabe, 
wahrscheinlich 1542 zu Venedig, folgten uehrere andere, die f^chrifl ging 
in mehrere ^sprachen tlber und verbreitete «ich in vielen Tausenden von 
Kxcmplaren über Ualleu ; und da ihr Inhalt Miknncrn wie Contarini 
keineswegs widerstrebte, da jede Polemik gcgeu das Papstthum vermieden 
war: *j konnten aelhst tvanlinüle wie Polua und Morone .irgloti zn ihrer 
l-jmpfehlung nnd Bekanntwerduog helfen. Erst die Inquisition witterte 
1544 das gpftthrlicbe Öifl; jetzt hie»« der Trartat fifitr fieniiciosissimus, 
nach einem strengen Verbot wurdeu die Exemplare und Uobersetznngen 
nia««enwei8e aafgeancht und die Vertilgung gelang dergestalt, daaa daa 
Werk wenigsten« in itatieuiscber Sprache aus der Literatur verschwunden 
schien. Dennoch ist es, und zwar Im Gruudtext, neuerlich ku Cambridge 
185:} wieder zum Vorschein gekommen und seitdem grtludlich untersucht 
nnd mehnnala veröffonlliclit wurden. "'*) 

')Juler D Otturl, Vie d'UlympU MornU\h*ar. f.$^/7, auch tn deutscher UebersOB. 
**) Anf der BfMinthek xii Berliu befand fUch rnrlüngttt: t) eine ileuisrhe 
Uebcrttetzung: Koricht. vo der Wnhtthur ilc« Todes ('hristi, Hanau Itill: 2) eine 
fraiiinKJ^i-he. wt^lehe Savuuarola als VerfasRcr nennt; ;i) oluö ktviatii^ictic vua 
Vei'geriu« in 'Hlbingeu gedruckt. Nach dem xu Cambiidg» l^ä:t aufgeriiudenen 
Exemplar der AuHgabe Venedig 1643 iat der Text von Churchill BahinflOB 



^U 



Veaedig'a ätullunK. Vira der Wohlihat Clirtotf. 



»71 



Nar nacti Venedig reicht!^ aofangR Caraffn's Arm noch nicht In 
dit'SKr ^t:i(U itiid nn iiudcrcn zu ihrem tichiet |>;choriKeD Orten hntlitii Hich 
benriU Iclniu- Guiiu'indcn gebildet, welche VerMiidnng mit Luther und 
HeUii*-hthon tmtcrltic-llcn; war doeh »»tthias Flaciua der lllyrier 
mtM Alhnna als flulrher ein Unti>rtha]i der HepnUlik. Der Verkohr mit 
D<Mil8rhland wnrilf noch bR«ond<;rä ilurcli Ballhanar Altieri, einen 
Neuiuilitnuer in l>iiU:it«u des eQ^HiH'bcu üc^ndtt-n zu Venedig, iinter- 
staut; einzelne Vuut^tiauer studirLcu in Wittenhurg, wie denn auch 
Melanchthun Kiucni derselben Ib'AS eine Denksclirift an den Senat dtr 
Stadt init};ab.*) Aber aueh .Sürvi-t'o latuiuläeh ubgcfaSütti Schriften waren 
in der Kepnbllk verbreitet, »eine Ansichten hatten Anklang gefunden. 
Luther Helbüt betrauliteli- dietu- Anhänger mit Krcsaem Miaslranen, denn 
er fürrhtote den verderblictu^u, weil rtaeramentlreri sehen ICtufhidS der 
taleinischeu Sfhriften Calvin's, ZwingU's und Bncer'ü und bemühtti 
aioh ungeaohtet des Ueilritta Aliieri'a nur zOgernd um sie;**) dag^eu 



|S5ä netui IVunzOijiacber Version von IM'i und englischer von IMS bemusgegelmu 
'wurden 7.U r&mlirfil^e ts5.'>, wurauf 'IMticbcudorf einen neuen Abdruck inll 
deuttw'lier rehiTxetzun^ l.eipKig 1^^:> fol^cen lies«. Nacbdem ilabingtnn, früheren 
Anj;;i]>eii vim (terduH iin<l Srbelliorn fttlgend , keinen Anderen hIh l'aleariu 
nf-llier als Verfa#«er liingefttellt, int tüem* Muindii« in viele Itfichcr, »ukIi in 
flenko'» Hül't iiiierKeKitnjten, wn wbür AU- letzlen l(lfi«tift«tripbe beweinen. daHs 
er sie wieder itut>;e^trlien. Schun Unnke, l'apsre I, l-'is, bestreitet nie. In den 
ältt!ttU'n Anmgnhen der Seliriften l'alearioV findet «ich die nnsri^e niuht Der 
Heniiis:^>bor von llüufteer'e Go»chlehto des Zeitalters der Reformation bemerkt 
H. '2U\ Anto.: „Dhsk rnleiirio der VerCiisser dieser Schrift nicht sein könne, ittt 
nur ans einer Vorgleieliiing de« Stils derselben mit der Anfidrut-kswei^e seiner 
Heden 1)18 zur Evidiiuz tlw gewurden." l>ni-cb des gründlichen Kenner» 
Iv. Ütihmur NaclivruiHuii^n (llerzug, XVU, S. TZ) wird tvabracbeinlicb, daaa 
dieser Traeiat na» der Schule des Vatdea hervorgegangen und xu Neapel ab- 
frpfa^t worden. „Vert'a&ser de^setlien war ein dortiger Benedictiner, Flanilnio 
reviiilrte ihn." 1>. H. 

') Corjh Uff. in, p. 74S. 

*') In i'inenj lirietu »n Altieri und de&sen i-Veonde im Venerianisehen sitrielit 
nieh l.iiiliei- ndl gro»n<.'!r Ililterkeil huh, de Wette V, S. liUT: Allfrutn uihntinuit 
^atlhiax ( I/lyrit-Hf ). sn'firrl irri-fu-re et'uim m tlnlinm pestiUnüae mtnjittrfS, 
i/Mt nnttrum Qermaniam itrihac tivdif aj'ud Hfl»rli»rum partem dittextint . Sacra- 
meiifuriot dico. qui tiobis fx cvfpore r/ sitiujume yanem et xnnum faciuHt, ifui in 
principio fuere Ayifra iicUceps. Sex cafiila contudimtis , languent atlfntc ilua 
capita, scilicet Zteintflti. cujus fufur fmt iste: Hoc rxt euiyus mevm, id est 
signi(ieAt corpus meum . el eitrn höh prott.it '/uiftqu/im. Quatni/uam htic a/tiffum 
crifml nun Zn'inglii , Sfd Ovcotauipttdii f'uit, Insulsissium ft slulUssimu sunt 
i'ijium tiiujtuHt'nla . Hl nn» errore. sfd operante Satana gcitHlix vgrilalfin im- 
piufnart C4>nvinC4infnr. — tu lingua Hvsira mufl» scripsi lontra ros , Latine 
tCriherv mihi nun opus esse rltad. cum id malt lanlurn in Gi'niutnia 'tri Germanica 
{inguit f'urrn- (ocpistet. MedHor »utfm, postt/vam satis scru nunc inteUigam. iUus 
per taliiiam linguatn suum virus sparsifse et xpargere in Italiam el Gailiam, 



372 



Kirdte AliAclhiiifr. ninflor Al^elmltt. Sie. 



verwaiidten aidi ilie FUnlrii dea SrliuialkaldUclifti Bundeä für die 
iUlienigctien Protest« nti-ii, iimi «Is der Krieg natie bevorstaiitl, «telltcD sie 
den Antrag, du»ä Venedig w<;iiig^tenB NfmtralilAt beliaupton uud duu püp«t- 
lichen Trnppcn den Durchzug dnrch dieses Gebiet verweigern oüllte. 
Auf der andern Seitt* wardi; die Stadt mit VorhaltunKt-u des Papste» 
bosttlrmt , wtc Torwcrflich v.a sei , vor den Augen des TrideDtinischen 
rioncita Ketzereien in ihrem eigenen Inneren zu hegen. Ffir Deutachland 
gaben die Siege de» Kaisera den Aiis&chla^, tind jetzt kouute sieh selbst 
Venedig der Zulassnng der In()niiiiti«n nieht länger widerHetzeu. Anrh 
hier fand sie Aufnnliiiie , aueb hier eröflfnete sie ihre furohlbare Arbelt 
mit Verhaftungen; bald folgten tVic Üaleeren- und Todesstrafen, die letzteren 
in beträchtlicher 2ahl und in der Torui, wie sie der Ort mit ncquemlich' 
keit an die Hand bot, nätniieh dureh Rrtränkung im Meere und bei 
Nacht.*) Am meisten Iitt<fn die Venetiauer selber, den Fremden wurde 
Ihhl einige Srhonnng zugewohert, und später, je naehdem wieder TMffe- 
renzen mit dem Papst eintrati'n, iTsIrer.kte »ieh diexe Duldung wenigstens 
als ein stillschweigendes Hinge heu lassen auch auf die Einheimischen. 
Daran» erklärt sich, dasH seit dein XVI. Jahrhundert gerade in Venedig, 
und ununterbrochen nur hier in ganz Itaiücn, eine uvangeliftche 
Gemeinde bestanden n nd ihr Dasein bis in die neueren Zeiten 
gefristet hat 

In dem Übrigen Itnlien verfolgte die Inquisition ihre Aufgabe mit 
unerbittlicher Conseqnenz, und von den Jesuiten nnterstUtzt erreicht« sie 
volUtflndig ihr Ziel. Ilir zum 0[]fer liel Aunio Paleario, weU^her 154.'» 
hehrer in Lncca und t.^i.'jü iu Mnilnnd geworden war. Er schrieb l,%Ofi 
eine Actio in pontt/ices /itjottttios, die jedoch erst 1601! gednickt wurde j 
aber wie er schon früher geai^t, es gezieme sieh jetr.l Tür einen Christin 
nit-ht, in seinem Bette zu sterben: so wich er selber zuletzt der Geialtr 
nicht mehr ans, und nach dreijähriger Uofau gen serhaft erlitt er uoter 
Pius V. als einer der edelsten Mürtj-rer diesc^fi liandes siebzig Jahre alt 
daselbst 1570 den Feuertod. Andere wie Hollin, Pompunio Algieri, 
Ludovleo Pascali, Pietro Carnesecchi theilltm sein Hehicksul; aber 
um den Sieg der »Ifen Kinbc zu »Ir-hern, bcdurflp es dcnnoc-li keiner so 
uuisa eil hafte II Oewaltlhaten, wie sie in Frankreirh, den Niederlanden und 
Spanien ausgeübt wnreu. 

Der t^Dtergang des IV>teBtantismus in Italien erklärt sich aus der 
geistigen BeschafTenheit des Landes, aus der tiefgewurzelten Sioneaart 



uiifivid Latine eäere. guamtjuam maUem, hoc lentari ah afiquo vestrHtn. tel Galiicr, 
cujut rtsct in Lathta ÜNt/aa major usus. 

') 1 rechsei, U, 8. ä2. Zahlruiche lieuilü Itcfeil Biodent'eld, Rum und die 
Rerurmation In Italien, 8.206 ff. 



/^ 



r 



Untergang Um ProtestandBinaB in Italien. 



S73 



der Melirzaht seiner Bevdlkernng. Im Volke selber Itatteo reformatoriiiche 
Elemente fasl gar keinen oOrr dncli nur vorübe rpchemlpn Eingang ge- 
fhaden; micli waren eu mancherlei abweieliciitle Ansichten, und unter 
diesen auch prutestautiKche, welche in der höheren Schicht der Gesell- 
Mhaft verbreitet und von einer Anzahl Htcrnriach gebildeter Männer 
«rgrifftin worden. Mit diesen aber, bo ernst und aufrichtig sie auch 
erfofist und 60 begeistert sie im Kiuzohieu kundgegeben »ein mochten, 
kannte man hei Aufgebot anlcher Mittel Allerdings fertig werden. Viele 
flohen, Einige ßeleu der Inquisition in die Hände, wieder Andere schwiegen 
rim nun an oder wardeu durch da» einlenkende Verhallen dcA 'IViden- 
tinunia zuiriedeng6et4;llt. Der ganzen Bewegung fehlte die unterBtUtzendts 
Kraft der Oenieinde. I>er Oeist der Ueforraation wurde als fremdartige 
Einwirkung Hufgeuommen, nicht wie anderwttrta aU Rcaction gegen Fremdes 
nnd AuülAndiBcboa. Waa im deutschen Volke Abneigang gegen die alte 
Kirdie erzeugt hatte, konnte in IlAlleu die AuhMnglichkeit für sie weil 
eher orneuem. Der PapHt war etwaa Altes und Einheimisches, er gehörte 

Ixur Sache. Der Rilmieclie Cultus, wie er war nnd wie er priesterlich ab- 
gethan wurde, befriedigte mit seiner lateinisehett Kireheusprache nnd mit 
seiner Verilus-terlichnrig, aber nnrh ainulii-hon AuRiuhungskraft und kltnot- 
leriacheu Ausstattung das Bedürfniss eines schönhoitsluatigon, arbeitsscheuen, 
literarii^ch wenig zngUnglichen, auch van dem ignorirten Auslände nur 
spjirlich burOhrten Volkes. Dennoch sollte sich zeigen, dass das Uafteu- 
bleibeo am Alten ein halbes und aaf die Länge durchaus unzureichendes 
Resultat geblieben war. Denn von der Nichterfllllung der gerechtesten 
retbrmatorischcu Fordcrnngen, z. B. fUr den Volkaunterricht, ist in dem- 
selben Italien eine Bitterkeit zttrUckgcblieben, welche als melir Literarischer 
Verkehr und KenntniÄU des Anslandcs hinzukamen, zu desto hefligcreu 
Ausbrüchen des Widerwillens gegen den Papst als den Feind der ^atioual- 

*ehre hat antreiben müssen, (ierade in unserer Zeit stellt dieses Land die 
bürteate \V»hrhcit des Spruches vor Augen , rtaas der Prophet wenig gilt 
im eigenen Vaterlande. *) 



*) Statt ilieae« ScIiIhbb'.'p cnthäK das Heft mK-h eine andere Stelle, die der 
Verfasser in Klamuiem eiii^Hchlo!>«en liat. die ich »her doch hier einrllcken will: 
..Der rnltn» und »o manche kirnhUche reberliefernnt; waren dem dotitechen lieiftti- 
als Ueprüngu, Spielerei und annlündiiichc« Wesen zuwider; in Italien aber guuetuen 
diese Dinge ileiaiathsrecht, weil »io mit der äinueBart der grossen Mehrheit Jlber- 
rin&tiuujitcu. Die ilengc der Fe&tc, von dem Gewaude der Kuuitt umgeben unti 
«ti.igewThmUckt, die periadische Scheidung zwischen hiritereiii Lobensgenuss und 
reiliigeii'ler finsterer Askeee. der Wechsel von Lustbarkeit und harter Ziichl, jilsi» 
von KindrUckea. deren jeiler jceciguet ist, fllr den anderen wieder enipfl-itiglidi 
uml l'rei zu machen, — die» Alles entäpnich wie diu Heili)^euverehruug den 
BedUifnisaen eines graziOxeu und ariicitaächeueu \'olkea, welches gern Andere 
IQr sich sorgen liesa. Es wifrde eine gleiche GewulttUat gegen die EigentbOmlich- 



374 



Zwefta Alitbellunf. FUnfter Abaelnitt. } 37. 



§ 87. Spanien. 

liitflütur: J. A. Llorenti- (Bonaiiartiselior und Jnso|ihiniKcher Klrrhua- uud 
KliwUirgulArcdnoiror), Histoire etil, de tlnquisUiun tt K sporne . Par. ed. 2. ISIS, 
1 Bde.; dies« fnniaJisistJn? AiW(;«W vom VcrfMiwr »(^\v^i liearl)»>;iPt, tloch auch 
frillUT apaniecb. Th'*m. M'Vric, Histonf i»f llu: firoyress amt fuffrcision «/" 
/At' refonn. in Spam, KiUnh. nmi Lonil. 1829. deut»ch von l*li«nia|f«r, Stiitt^. IH:». 
A^taifo rf(f Castro, fluloria dr los Pro(esfantt:s EspanHoift . Cartir tSM. 
wuvoD AnHxtlge in der Itevut- des deux mondt-s . vff\. Hnc]t llistor. ZeiriicIirilV, 
XV, S. 4rili. f'iV. de la FneHtf. Hixtnria f.ccirsinstica dr Kspaün. /SJ5 . 
4 Bde. I'rescott, tfistonj nf th* rtign «/ Pfiiiipp IL. T. I—III. Läps. IS59. 
Ad, llclfferich. Der l'roteaUntiemna in Spanien nur Zeit )l*»r Katoramtion , in 
(telzer'e MonatsbK lS5ö. Kd. BJlhcaer, Kransisoi HemandnK und l'"rauiis«o 
Ortlz, Lpi. 1SR5. DesBoIben ('tnni hittgrafici nui frnttUi GiomHni e AtfoHSn Hi 
Valdursso. |B6I sIh Anhang zn f-elnor AufgHln' der (.'ento t dieei dirme fvnsidera- 
xtoiti di Vaidfssit. Wilkftn«, IjiIb de Li^i>n, Ilnllr ivii, l)eH)4«lbon zur 4ißMohichic 
dnr jtpanitti'hen Myntik, in Hil^'cnrtflit'A 7.eitf.chn(i (. uiM«. 'DuMtl. I'iti'i, S. lt:t. 
Aufsätze in der ZciUclirift für binbir. 'I*hi>olofrie, lSit7. Is7<). W, Mauren- 
brecfacr, Studien and äIciKXüa, Lps. iS74. 

Noch entlegener aU Italien v<>rhieU »ich äpanien 7.u der Wiege der 
R4?formatioo. Der örtliclicn KnlfcrDiinR ciit»prArh oim; durcli(^jrigc Vcr- 
erliiedonhvit dus V(ilksn(^ititoj<, dt-r Sitten, d<'r Urlij;:!«« it.lt wie der Spriieho, 
und vtelleicbt hiltt« dieaos Land die Wirkungen der gro»sou deiitacben 
EreigDXBS« gar nicht empfunden, wjlre ea niclit gerade damalii dorrli din 
Kegiemng Karl'« V. in die nflchste politische BeziebtiDg su PeutsehlaDfl 
gesetzt worden. 

In Spanien hatte Bi(^h seit den Zeiten des Cid, also seit dem XI. and 
Xli. Jithrbuudcrt ein chriätUcher und rittcrlicticr Adul iiu Kampfe gvgcn 
die biB dabin flberniächtigcn Araber ao tlifttig und hitlfreirh erwIeBen, dasB 
diese bis zu £iide des XV. Jahrliundertit anf das kleine Reich Granada 
beschränkt blieben und die christlioben Königreiche eine grottjue Ans- 
brcituag gewinnen konnten. Aragon erstreckte sich .im mittelläudisp-hon 
Meere hin, Valencia und OHtalonien einsrliUeiiAend; Ca^tillen .ili^ dos groAsc 
Mittelsttlck vom «tlantischen Ocean bis gegen (intnada binuut«r gÜeh einer 
eigentlFchen HerBtellung des weRtgotluBchen Reiche, indem es weite Land- 
striche durch Sprache und Sitte beht-rrüclit^, und daneben beütaud noch 
Navarra. Dem streitbaren Adel wurde fOr Beine AVrdienst« «ine Un- 
abhilngigkeit zu Thcil, gri^RHer wie ja irgend einem anderen Laude. Kocb 
sicherer aber und noch mehr im Kampfe ^(^gcn IlSretikor nnd IlngUubige 



keit de« itAÜeniscIien Volkes ^'-in. womi rin^pollic /,ii d*'r cpiriruRÜhtLsj^hen Rlnfftob- 
heit und Vuret.-indigkcit ile» iU'uti4i'h.erai)freli»clien Giittef>diftiti(eti lieruiinr*wimgoa 
werden »oUle, wie o» fiir «lii- gcrt?ifli' SeHmtJindif'kfit iWr deurschcn Nation eine 
Last wurde, n<ich In Zeiten Küherer geinCiger Kiiluit-klung von tk'U Forineu emtfs 
lUtmleclien Kirchen thums und CaltuB boherrscht «n werden." D. H. 



Spanien nnter FenUnaorl und I«abelta. 



375 



')ülbiti£tr entwickelte sich die Hftobt der hohen Geistlichkeit Seit den 
Zeitf^n der Wofttgothon iiud Dachher wÄhrend der arabischen Orcnpation 
war es der hiiher« Klerus pi^wtwen, welcLir da« cliri»*tliche Volk zusammeu- 
biolt, de8et.-n Auhüuglichkeit t^eiiom und den cijfeDeu Riutlii&ti auf dasaelbn 
nnbedintctiT Miaiiptrtti, alu es irgt-ndwo sonst in I^uropa ge1uDgi«n ist. 
Ans Adel and Geistlichkeit und ans den SlJLdten, wt^lche Hieb durch 
hfisondere Verbindungen unter einander gegen die beiden anderen SUnde 
versUrkteu, wareu atirb tteit dem XII. Jahrhundert und zwar im AnscblusA 
an die «chon in der wt-st^^ntlii sehen Zeit eulJitandenen Kechtegewohnheiteii 
gowisHe Kiuriirhttiiigcn uatii>iiHler Vertrtiluiig iu den Veraauinilungen der 
Oorlefl (Hi^fe) hervorgeganRe«; dieac hatten dem Lande Äragomun, wu 
ihre Rechte noch ansgedehnt4*r waren, „mehr das Gepriige einer Republik 
als einer Mrinarchic gegeben."*) Die Kegierung dieser Länder war aleo 
nicht vollständig raonarabisch angelegt, sie entliitJt Bestand theile einer 
volkBUiflmlirht^n KeprilAentation. l-m »o mehr wurden noch auHSerordent- 
liebe Anatrtingungen nAtliig, wt-iin mitten unter i^o »Iteu ^UtiidirtcheM Vor- 
faganngsformen die soUvacho kAnigliühe Gewalt dem Ziele Röoiisobor 
Impf^ratorenwOrde geui3ss in den beiden genannten Reichen gehoben und 
dicÄp dadurch zu grösserer Einheit verbunden werdeu sollten; und solcher 
Oberhoheit schien ea zu bedürfen, nm in den der christlichen Horrecliaft 
wieder erworbenen Litiidcrn den Keim der InKurrcetiou uns''hftdlich zu 
marlicii und zu ersticken, wrlrbcn die .\abiiiiglichkait ftlr Judenlhum und 
Mahammedanismus xurtlckgc lassen hatte. 

Elwn dies war die Aufgabe, welcher Ferdinand von Aragon (geb. 1453, 
t Iftlfi) und Isabel von Castilicn (geb. 1451, verheirathet UiiO, t !-'>*>*) 
eine druiund vi» rzi^ Ihrige planmatisigc Thätigkeit widmeten, mit einem 
Erfolge der aif zu J^ebüpfern dv* neueren J<paiiienÄ iu jedem Sinuc gemacht 
bat. lsabel verfolgte mehr die kirelilichen, Ferdinand die politischen 
Interessen; durch ihren gemeiosamen kircbenpolitischen Absolatismns sind 
Kn-ilt und liesinnung de« Volks, wenn aneh um hohen Preis, zu einem 
featön G:inzeu verbunden worden. Auch Btanden sie nicht allein, mit 
ihnen and für gleiche Ziele wirkten die CardinJtlc Mcndoza und der 
grötwere Ximenez, welchen mau so oft mit Richelieu verglichen bat, 
obgleich sein Charakter reiner und edler war nU der des Franzosen. Ibre 
Che stellte such schon eiitf^ künftige Vereinigung beider Reiche, die Ihü 
ihren Lebzeiten nlebt verwirklicht wurde, in Aussieht **) Die Eroberung 
des mauriscbeu Grnuada ( 1402J , die Occupatiou von Neapel und die 
neuen Besitzungen in Amt'rika schienen die Notliwcndigkcit einer ccntra- 
lisirteu niouarc bischen Verwaltung für einen dergc&talt vergr^sserten 



*) MUneti, Schicksale der spinisi^en C-ortcs, Stutig. 1824. 
**) W. Froseott, Geschichte der Regierung Ferdinand's und Isnbella's, 2 Bde. 



37G 



Zvcito Abthellatig. Fflnftor Äbscholtt. $ 37. 



LäDdercomplex noch firingender ku machen. Voraehmlich In den Znsainmea- 
hun^ dicHFT Eutwilrfo gehörte ntni aui-h die AuHhüiluMg, welche niclit diu 
Kirclie titid der l'apfft, itouderi) Ferdinand und Ittabctta der luqai- 
Bitii) u iu bpaaii'U verliehen haben. Dcuu auf diesem Boden gab die 
Inquisition ihren lediglich kirchlichen Charaktt r aiil', sie wurde dtirrhaiis 
Riu ätaat^institut zur UnttinlrUekun^ der Maureu uud Jnden und der vuu 
ihneu zu berörchteaden WidcrBetzliebkeit gegen die HeFetttignug der christ- 
lichen Muuarehie. In ihr wurden kirchliche Anstalten nud PordeniugeU| 
— denn als Unglaube musstf-D Mubamnifdauismu« und Jndeuthuin aller- 
diiigfl angc»eheu werden, - mit ui'jiinrchii«cheii Sluatg/. wecken verbuudoo; 
die Inquisition Reibst erschien als ein unentbehrlicher KoAtandtheil der auf 
da» Gesammtwolil hingerichteten und vom Volke Betbst gerühmten und 
mit Stolz anerkannten Staatsvprwaltnng. Selbst der Papat, der von den 
Uoberrcsten der Corte» deshalb häußg angegangen wurde, war oioht 
mächtig genug, um die.Re Verwendung des luRtitnia oder auch nur dio 
AuKdehuung der ihm fllr jenen Zweck trtheilieii BefugniHSe t.ii hindern 
oder XU beschranken. Dieser vorherrschend politiscbo Oharaktor der 
spanischen Inquisition ist auch das ßcdniitendste, vraa Hefelp, der Denwte 
N'erthcidigcr diogeit (.ilnubeusgerichtrt, zu desseo (.lUustou uud ungleich 
Kur Recbttci-tiguttg deiner Kirche beixubringcQ weim; auch milgen seine 
I'nrallelen zwischeu deu Vertreibungen der Mauren und Juden aus Spanien 
uud dem Auswandernugsrccht, welches der Keligiun» friede den deutÄclnm 
Ständen einräumte, and der Anwendung deBselben nicht ganz un 
richtig sein. *) 

Wir würden jedoch Unrecht thnn, wollten wir bei der Regiemng 
Fcrdinaod'B und IsubcUa's nur an die furehtbiire Waffe der Inquisition 
denken. Ihre Bestrebungen waren vielseitig uud theilweise sehr ernstlieb 
gemeiot. Sie wollten den damuU v{>ilig entarteten Ivteruti xwar ganz ihrer 
Herrschaft unterwerfen, zugleich aber aneh religiös und kirehlich beben 
und reinigcu. Auf die uoralisi'heu Rigensi- hatten der ücii^tlirhen wnrde 
grosser Werth golpgt; Ximencz ging mit dem Hoit^piel einen rigoruseo 
und streng aeketischeu Lcbcuswandela voran, sowie er auch durch eiue 
scharfe KloBlervisitation vou IHM da« Müachsleben unter die altin Regeln 
stellte. Auch Studium, Literatur und Gelehrsamkeit sollton nicht zurltcic- 
blciben, daher das rasche Kmporkomraen der Ilochschuleu von .'jalamaDcn, 
Alcala, Sevilla, Toledo; aus ihnen giugeu SalmerouCj SauchcE, Mon- 
tan Q8 und Andere hervor, die thetlweise nachher im. Tridcutintachen 
Concil eine cinflusareiche Stellung eingenommen haben. Die gelehrten 
Theologen lenkten von dem Haobei'cn ^omiuulismus zu dem reUgtda 



*) Ilafelfl, Cardinal Ximenez, I'Uliingcn ISH, 2. Anfi. ISSt. Zur Kritik dieoer 
Aufrasauug vgl. die Bemerkungen von Herzog, Encykl, VI, S. 3fi?. 



SpaaiOD. Kirchlivhe Neaeronffen nnter K&rl V. 



377 



eniat^run 8tAndpuiikt AagUfitinV EurUrk. Der UmiiaDiAinufl blieb dabei 
kfliuwwfgs unlteaditct, dir 8chrifi4>ii de« Eratimus und LuJovicufi 
VivoB wurden mit grosstMn Ktfer vorlin^iti-t utiil stmlirt *) Mit Hezng 
auf diese Tliataucitcii ist vor Karzom gcsng:t wordeu, dasH wuaa vuu i-iiicr 
„KirfheureforraatioD in Spanien" die Rede sei: so k<>iiiio darunter t^igeDtHch 
nar jt^oc Ht^rst^llaiig der ciitHrtctvii Kirche des MiltohiUcrs auf ihren ititorun 
besHerfn ZuaLtnd vcfiitandcii wer<len, wie sie zu Eodt deu XV- uod in 
Aiifung deü XVI. Jahrhunderts am ruiitat^ru uud priiicipiullat«n in BpauleD 
gelaugea sei. Denu vf&s dniin weitt^r vod Deutschland autt gcschf'hen, 
verdiene gar ni<;hl diesen KHiiien. Uud gewiss dürften diiide Ajiteredcntien 
der spaniRtihen Kirche atioh für unaum Zver-k nicht vergessen werden, 
sie erkUircu volUtfludig da« litlchxt äporadiKche Außreten und den rast-hou 
und gänxürhf^n Untergang des deutachen Prottsiantismn« auf dlweni Üoiten. 
Denn wu einii Kirolie eben ertd mit alten Mitlein befuatigt und geeinigt 
worden, was in Italien d:iiiiala noeh nicht gcAi-hehen war, wird itio nicht 
ungleich för nt'U*i: uud hotiTojrepc Kiiiltü««* Kmpfangliehkeit zetg«rn. (ileich- 
wuhl behalten die evangeli^clien Regungen uuserer Bpochc IhVen Werth; 
nie deateu auf dii'jfintf;p S*'il4i den RcIigioiiBleheriB, welche »icli Belbst durch 
die festeste Kirdilii-hkeit eicht nhschlies^n lüsst, wo also für allgouiein 
ohriatliche nnd dureb aieh M'tbur machtvolle Ideuti inimnr noch ein Zn- 
gttu;r bleibt, sobald derselbe nicht gcvaltsam abgi-^ebnittoo wird. Auch 
bleibt die Frage xurliek, oh eine Reformation wie dio der beiden apanischen 
lierrBcher, oraprllngHch gogrllndet auf Altere Fuodanionte und gerichtet 
gegen Juden und MuhnmmedaneT, — ob sie, meinen wir, tielbat in der 
flpüleren Anwendung nuf den deutselien Protestantismus und unter der 
liuudhahung eiucK Philipp II. noch christlich genannt werden dürfe!**) 

Die protestautischou Neuerungen versetzeu uns zuniichst in die Zeiten 
Karl'» V. Diwer Knkel des genannten Herrsolierpaarea, welchem beide 
Reiche nun wirklieh verbunden zufielen nnd viele andere aosserdem, hatte 
dasselbe und ein nuch grösseres politisches Interesse, die lnqui»iti<in als 
etmt von Cürüssinquisitoreu geleitete rntersuchungsaustalt gegen littresie 
im wetleslen L'mfange aufrecht zu erlialten, nm ao mehr da gleich in den 



•| Vgl. M'Crie. fJisiory, doutw.h von Plteninger. S. 13fi. nelffericb, 
Beitrag zu dem brieriichen Verkehr du8 Kraauius mit Siianii-n. 

") Der ubige AbHatu ist etufrcitebalfct worden aus VeraulitesuDK von Mauren - 
brechsr's Aiü'satz: IH«^ Kirctienrefoniiation in Spuuion, woseihsl Studien uod 
Skizzen S. I henicrkl wird: „Jene Ilaml voll rmleHtanton, die in der letzten Zeit 
Kai'!'» V, nnd in den ersten Tagen DiilippV II. dort i'i-i^fhcinen, nmt tiald dureJi 
die Kiiergie rief «[»anisdun KiiTii^rthnois und der fi|«ini8eheij Kirchenge walten 
9[infliiff vertilgt; ihr Aurireten hl ein giiuz vereinzeltes Erei^iiits geliiieben, da« 
mit spnuiKctiem Geitsteslelien keinen inneren Zu»aanuenliHDg liiit, das auf die lilnt- 
u'icklung der »iinnisühcn Kxtiiju keinen Einflus» gelitit und keine Fulgen von 
Dauer gewirkt hat." D. H. 



878 



Zweite Abtheilong. FflofWr Absohnitt. % 37. 



cratun JaKron seiner Regierung eioige demokratische and sogar plebejische 
AufstMndB der iint«rdrflf.kton Inhaber alt«r Freiheiten, inch der Städte und 
dos Adels zutn Aasbruoli kaineii. Auch wurtlc uiebt uor der Klerus durch 
Concessionon des Papstes (L521) uud durrh deii dem Könige ningeräumten 
KhiDust* iiuf die Walileu der BischulV und b^rzbiäeh^ifc auf's Neue von 
dii'SiMn nbhititgig, 8<:tndt>:rn auch der Adt^I, schun nnter Ferdinand und 
iBHbella ganx guwj^hut, im biiuslc dt-s Hufes seineii 8tolz zu befriedigen 
und i^tsdto und C'ortes als uiiritt«rlichoD l'Sbol sn verachten, sagte steh 
bald wieder von den Äuflohuimgsversueheii los und sehloas sich der 
Krone ao. 

Staat lind Kirt-ho hiidtcn sich in strenger EintrHchl und beide gerflstet 
gegen den h&retisclien Kfiud. Dessen ungeAclitet hatte die Opposition 
and der viellachc Vorkehr mit DQUts<*hlaitd xwar nicht im Volk, — denn 
da wselite die Inqnisition zu surg^Hltig auch jjegeu verbotene Bücher, — 
wollt aber wie in ItiiÜiii bei eiustslneu Milgliedorn des Klerus den Latbe- 
rischen lehren und Tund^nzon Eingang versehafTL ächoD Clemens VIL 
commnnicirte mit dem Orossinquisitnr Ober da« Verfahren gegen einige 
Franziscanor und ordnete Nacliforscbuugcu gegen Lutherische Lehren 
und nicht approbirte IVibeln an. *) Aber das reichte nicht aus, um 
die vorhandene Synipalhle zu bannen. Ein Hodrigo de VaLer 
wagte CS, die katholische Lehre in Disputationen z\i bek.^mpfen. Von 
ihm augeregt trat Juan Gil, gowöbulieh Egidlus genannt, In 
Sevilla als evangelischer Prediger auf. Auch Francisco San Roman 
nud de la Fuente wirkten in dieser Richtung; am die Mitte 
des Jahrhundert« steigerte sieh anter der hohen Geistlichkeit die 
gporadiecbe Tlieilnahnie. Einige Auhüngcr des evangelischen (llaubons 
wanderten aus und TerJ^fTcntlichten im Auslände Katechismen und Ijeber- 
setzungc^n biblischer Bücher , so Juan Pe r e z, dessen l'cbersetzang des 
Neuen Test'tmenls 1S56 in Venedig erschien, Franzisro Ensinaa, 
Dryander, welcher 1&4S das Neue Testament in spanischer 8praohfl 
herausgab und 1.545 nach Wittenberg, England, StrasHburg nnd Basel 
ging, de Kcyna,**) dessen vullstäudig ttborsetato Bibel nachher za 
London und Amsterdam gedruckt wurde. Selbst in der nächsten Um- 
gehung Karl'H \. fanden die Lutherlächcu Lehreu hier uud da Anklang, 
nur dass freilieb auch hier die Rivalitjlt der nm die Gunst des Kalaera 
werbenden Prälaten »le oft scharfiiiclitlg genug machte, um an ihren 
Coucurrcnlen Luthcrisctie Iirlehren wahrzunehmen und sie dann wo 
mitglich durch Aozoige bei der Inqnisltion za atttrxen. indessen wurde 

') Llorento. IV, S. 304. 7, wo aber falsche Jahreszahlen angegelten werden. 

•■) Casn'otl^ri Raaii vftisUilar Xlll titt .VattAiam HHterum tiatatr, TenlfTentHchl 
von E. Bülimer, ZeiUmlir. tlir bistur. Theologe isTtj, S. 2Sti. Etienrlas. und von 
domselben ttdlrt S. 3^7: Fnmcisct Dryanäri Bispani epistoUtc L. 



PhDipp n. a]« Brncueror der luqaisiHon. 



379 



ducb Karl V. durcli die fnmzOtfbifhcD Kriege and die deutacbca An- 
gelegenheitoD zu oft von .Spauipii ahffozogen, a.U 4im er sich ganz itn- 
gotiiodert der Durcliftlbiutig der kin'lionpolittsclicn Absichten seiuer GroK!'- 
cltttni liättii wi(lni(>n kilnucii. Uotur difK^m glitupt'ticlteren Umatämlnn und 
bei gerinKci^r Warhsiinikcit der RcKitTun;: wnr in der Stille eine govisec 
Verbreitnng ui>'lgtirb. In .Sevilla und Vnlladolid eiitetflodeu Gomoinden, 
die beiuitii-lif' ZuHiiiunietikUnfto liicltoii ; aber aurb in andcii-iai StAdtvn von 
Arngünien, Nencaatilifln, Lpon, in Hnr.igoRaa, Mnrcia, Valencia nnd ander- 
weitig hildetiM) Hieb kleine Krciae prdtoatantiiirlK-r OeHiniinngiigcuoftReu, 
IWKun »urb fiut Überall ohne, Zutritt des nJcdcron Volke. 
Üieiwr S^UHtaud kouule jcdocb nur bis sn Karl's Tode aiitUueru; 
desto energJHcber wunle die Verfolgung von Bfinem beBwr daxu geeigneten 
Sobue (geb. 1527, t 1>''0H) anfgenonimi^n. Karl V. «par am 21. 8upt«uibor 
ICMtorben, nun folgti; die vierRigjÄbrige Regierung Philipp'» II.*) Man 
bat npuerlich gcsag!, um diu MJttu dieses Jalirbiiiidurt« habe wohl kaum 
^^ Jfinsnd zwi-ifelu köiiDon, lUnn ain ICnde desBelbiMi die K«f<irm»tion ä« 
^■allgcaiciner l]ern>cli.ifl geUiigou werde; der ente ecblechthin nnbeug- 
^Baame Widerstand ging von l'hilipp ans.**) 

^V Sogleirb »ein KegieraugsantriÜ ditrnte zur Verscbärfuug der Iu(|uiäitiuu. 

Kid l'rocesa der Jabra 1557 nud &B ttberzougte den Inquisitor Cardinal 
^Knud Erzbischor von .Sevilla Fernando Valdez nnd leirhl auch dcu K(>nig 
^BMlber, daw ein weitverzwr'igtes Vorhaben ztn* Kinfilhrnng ded Luthorthiim» 
in Spanien im Werke sei. Philipp wandte aiob 1559 selb«! an den Papst, 
und ilas war gerade CInraft'a als Paul IV., damals in iwineni letzten, 
d. h. drciunilacblzigsl^'u Lcbuuäjabr; dii^st-T aber, wie er sterbend die 
luquiHtion den verBimmeltt^n Cardlnülen einpftüil: so erliesä er 1569 noch 
kejnr Reihe von Ureven nnd Bullen, ganz dazu gumacht^ um dieses Qlaubcus- 



') Seine Krauen waren: I. MarU von Portugal t ÜtiU, 2. Maria von Kngland 
L^h. IStfi 1 \yj>^, :t. RliPiUtetli von Prankretch gob. am l-'t. April I5't:i t am I.OcL 
p&(S, ein Vieritiljatir Hpütvr als Don Carloa, der im Juli i«urb, 'i. Anna geh. 15-lfl 
Iftftn. Vgl. Ubur l><»n Carlo» Allgcm. Z. ISST, Beil. OüX nu. Pr^scott, 
"M //. /. i>. 230. 270. 

••) Vgl. Prcsa,(t, flisiory */ ihn reujH of Phil II. 11. p. 280 s»}'}. Hs 
\taHt«qua\<;ct . niiiulleh dfeHtw WjilertttjtnduH. can itol well be exagyerated. not Ihr 
\immeiiMtf reiu/l, biil tfie moral tufUtrncc of auch a btuw. — PhitiyfS lotuj Ufe 
Pas one long crwstuie. iJiuii Martin, HiiSuire. f'lfl, p. I9S. Nicht von düio 
kkeptinchen lullen, ttomlern von dem leideitselial'tliehen Spanien sollte die gowalUge 
:Cion Huayrohcn. Was aber Mite Pninkreich (biin, dem Alles ofTeu ätaud und 
[in (IcMeti GesichMkrt'i» alli: Erfdl^f und Wirkungen hi^nM, Rum, 'lio Reformation 
juad iliL* KeaaiHtjiiiioe, Luyol», L'alvin und Rultelais, I'huntaaie, Logik nud NonttcnsV 
[AVaa Kninkreich hüttc tlir sich sein sollen. raiHsbin^ durch .Sehwaukcn und duruh 
SD Uiuigel IUI l'eiititr l'oltttk, wekher m zum Sclilachtfeld und Soblachlopfer 
Ubrljcen LUiider ma4*bte. Krst liuinricb IV. »teilte b'rankreicb wieder her 
SU 8p3ft und darum luit vcrhängnlss vollen Mitteln. 



380 



Zweit« AbAelluDg. FQnfter Abschnitt. § 37. 



gericht zur achDollBko Aaflrottung dee Protestaatiamus in Spanien za 
wutl'apn. Nicbt bloss ilie Hflrkl^llifrenj rfUtpsi. wie sonst die Regel war, 
sollten dum w«UUfhcn Ariue, d, h. der Todesstrafe dbcrautwurtet werden, 
sondern Alle, die falsche Lebron verbreitet hatten, selbst wenn sie su Rene 
und Widerruf bt-rcit wären, täubald nur djcflti Zeiclicn den Verdacht 
enegten, etwa durch Todesfurcht aasgeprcftst zu sein. Üie Güter der 
Ang:e8c huldigten unlfrlagen jederzeit der CooBscatloD. Den BeichtrJltam 
wurde anbefuhlcu, über Alles, wa» Jemand veo Lesung verbotener BOcher 
oder waa dergleichen sunat wisse, unter Androhung doti Bannes zur 
iJenuuciaÜou aufzufordern; und nicht eher sullten sie absolviren, auch die 
huchgustelltesteu Beichtcudcu , K^nig , Kaiser, Cardiual , Rrzbiscbof und 
Hiachof nicht, als bis AJe in dieser BoKiehang befriedigt seien, sonst wflrden 
sie selbst als schuldig beatruft werdou. Um nuch starker zur Angeberei 
aur?.uninntern, erneuerte Philipp nne kircliliehe Vei'fttgung Kerdinand's 
des Katliuliselieo von I6l)f), ui welcher den Anklägern der vierte Thuil 
der einzuziehenden Güter der Verurtheittcn vorhcissen ward; eine andere 
Bulle des Papstes bewilligte ausHcrordentlichi^ ^nmnien aus den Ofltern der 
bischöflichen Ivirchcu fQr die inzwischen angcwsichseuen Ausgaben des 
Gerichtshofes, zur Vonuehning der Beamten, zum Transp^jrt und znr 
Unterhaltnng der Gefangenen.*) Aber auch die äuasero Erscheinung 
AwMT Gerichtsliandlnngen sollte Rindruek maehen. Jetzt eret erhielten 
illo Hxecuticinc» dadurch eine erhöhte Fcierliehkeit, das« mau die Bekaunt- 
murhung der viel zahlreicher gewordenen L'rUioilc,-aueli der gelinderen 
und selbst der Absolutionen, aber auch die Pnblication und Voll- 
sCreokung der Tudessentunzcn zu grossen ÖfTcntlichen Veransl:iltungen und 
.Sc hau Stellungen vereinigte. Und sn dieseo ,, \ctCD des GUubcna" 
C/*' = fiäesj sahen sich die Spanier wie zu Volksfesten, ja beinahe wie 
zu den nationalen Stiorgefechteu herangezogen , und wie diese Römisch 
und heidnisch waren : so enthielt wohl anuh dies neue Wohlgefallen an 
blutigen Scbauspielcu eine Versündigung am christlichen >':imen. **) Jetzt 
Iiiess es erst recht: t /trist iutios a<l tnojwm; jetzt wie damals war Gele-gen- 
heit geboten , durch die Tfactlnalunc und die altromauische Freude am 
eirceusischen Blntvergiiwsen zugleich die Religion nnd den Patriotismus sn 
bezeugen. Aus diesem Zusammenhange erkUlrt sieh auch, dass eigentliche, 



') Llorente, II, 5.217. 

") „Noch unter Philipp \'. wurden Ketzerverbrennungen ganz wie Stiergofccbte 
slljährlich xn bcBtinimter Zeit und an lienliminten Orten xnr Krlustiguug unj^estellt, 
iin<l »■) imglaiibltoh es auch klingt: so unumnti'iAttlirh int es zur Schande der 
McnAchheit, darin Karl IL, »Ix er »ich mit i*ini>r frHnr.<'lRiochen IMnz^iMln vennählte, 
nich aurtflrfickUcli das .SctiaiiÄpii-l eines Atatu lU Fe erbat nnd mir spiner Jugend- 
li<;lien tJcinalilin rier/clm .Stunden lang es mit ansah, wie einundzwanzig unglück- 
liche lobendig verbrannt wardea." S. Helfferich, Protest. Monacsbl.VUI, 8. 139. 



Attto da F6> in VallailMid nuil SuvilU. 



381 



d*b. fOrmlicb und fesüich ansgcautteto Auto da F6'» erst von der Zeit 
an gi-zählt werdf^a , als sie g(!gen dip Latlif-raner im GroMnn anj^^wandt 
wardeD und xagleich attt erste 8oUcmiiitiUeu dc8 uns dou NiediTlauden 
zurflckgekeltrtim KAnigs gcltaii konoten. Denn der Hache iiarli liattc- e» 
an colluctiven Elinrichtimgen und R^eoneiliationpn in Spatiion ttcliou seit 
dem XIV. Jahrhiiiidprt keinetiwegit gcft^lilt. Narh Llorente 4ind 1 183 

(anter Tortiueuiada 8,800, L-199 oiitrr Die^^o \66i, 1506 auter XI uieiicz 
3531) PtTflonen vcrbranot worden, watt etwa die .Summe von I3,i>00 
ergiebt.*) 
Srhon 1559 nahmen dieae aasdrOcklleh tu* genannten Anto da F6'» 
ihren Anfang. Zwei erste wurden zu Valladoüd, Kwet andere xu Sevilla 
abgehatt<<n; denn diese .StXdtp wurden zuerst beimgeanrht, narbdem an 
beiden Orten Anfiinge LutberiMrlicr Conventikel iunorliani diT Familien 
entdeekt worden. Hei der einen dieser Oelegenbeiten rief der Oross- 

»iaqutaitur Valdi>z deu vierKidinjäbrigen Prinzen Dun Carluti plötzlieb 
an die Schranken heran, bei der anderen dun Ktlnig »elber, welrher erat 
)b dieaem Jahre ans den Nicderlaadt<n in Spanien wieder eingetroffen 
war; er forderte sie auf, ^(Tentlicb zu be^cbwören, dass sie der Iurini»itioD 
Allem anzeigen w-llrden, was sie von irgend Jemandem gegtfu dtm Olaubiin 
GespriHibencs oder AuageObte« wOesten oder erfahren worden.'*) Beide 
leiBteten deu Rid, der König an vermehrter Feierlichkeit untersi-hrieb sogar 
In der Vers^ammlung selbst eine eigene Urkunde darüber, — aneh eine 
Jifafffui Charta, aber eine apaniacbe. 
^K Unter den Opfern dieser entaetzlieben Schauspiele begegnen uns noch 

^unefarere merkwürdige PcrsöuUclikeiten. Augustin Casalln^ der Liebling»- 
^Bcaplan Kaiser Karl's, stammte von jtidiachen Ellem; er hatte den Kaiser 
'^ anf seinen Heiseu begleitet, in den Niederlanden selbst gegen die Kvtiter 
eiirig gepredigt, dabei aber das Qifl, das er vertilgen sollte, selbst ein- 
gesogen. Jetzt, nachdem ht^kannt gew'ordun, daas in dem Hanse der 
£ltern prote^tautiäcbe Versamuilungen gehitlten worden, wnrde er 1559 
^_^init seinem Brudt^r und seiner 8cbwi'8ter unil mit der ausgegrabenen 
^■Leiche seiner Mutter verbrannt, obgleieb er sich anf dem .Srbaffot sehr 
muthlus und wegen früher gehegter und von ihm eingestandener Lntbe- 
riseher Meinungen reuig bezeigtf"^ Dsa elterliche Ilaus wnnle »ieder- 
gcrissen , eine Scbandaäulu trat an die Stelle. Coniitantinu Ponce, 
^Kebenfalls Ueiehtvater Karl's, der dem (Jazalla im Tode beistand und 
^HHfch mehr als er zur Verbreitung protestantischer Änaichten beigetragen 

^^ •) Nach Msuronbrechor, ».a.O. S. 17. IS, sind die Zahlenangaben Ltorente'» 
deshalb »ehr zu redueiren, weil sie auf Berechnungen, nicht auf p4>»itiven Daten 
der IjucUen beruhen. Vun MarlAUU nird diu Zahl der nut«r dem Orostiiu(|ui»ibir 
Tortjuemaüa (14M — Utfb) Ueopferten auf etwa 20(Hi hestimmt. L>. H. 
") Llorente, II, S.233— 3&. WarnkOnig, Don Carkw, S. 2ä. 35. 



ZS2 



Zwdte Alnlioiliing. FUufter Abschnitt. 9 37. 



faRben soll, starb im (jt'tatiguiaa der InqniBition.*) Eid Florentiner di 
Se«o, di-T unter Karl ein Imlii'S Amt bekleidet nniJ in Valladolid Moiniingri 
geilu8tiert batt», wt-lvUe Lulb^rittrh himd Hollt^n iinil äiv. er aiirli nirbt at 
whwören wollte, rief^ als er ror der Tribnno des Königs vorbei itiira Tod( 
gffilhrt wurd<', dlesfui zn: „So \»s»v er *ciuf umiirbuldigon ITnti'rtbanen' 
vcrfulgt werdenl" and Plitlipp antwortete: „Wenn e» mein eigener .Solm, 
wKre, wollte ich selbst das Holz liorbcihobm , ihn zu verbrennen, wüs»t 
ieb, Aua» er ein »oloher Busewirbt ibt wie Du."**) Hin Jahr spltter ( t&B<)] 
endete Juli.in llernandez auf dem äelieiterbnufen. Auu der Faiuili< 
einet) Marquis von Poza"*) wnrden fllnf verurtbi-ill, nnler ilioen dci 
ftlt«'8te Sohn defl MarqntB, ferner ein anduror Vi-i-wandtir, der Duminiranpr 
geworden war^ Dunilugu de Koxas, welolieiu man deine BeredlaanikeiC, 
ftlrehlend die Zungf, damit er nie nicht noch sterbend gebrauchen kOnni 
mit einem Inatrutnent xuftamnK-nktemnitc. Kaum mOetil«.!, uagt der amerika- 
nisehe lliälonker^t) eint' betuaere Schule zur Abstuaipfuug des sittlieliei 
Gefühls einer ganzen Nation zu finden sein lüs diese. 

Ein clirenvüUeß Andenken verdient Luis de Leon, tt) der 153i 
nai'.b Halamanea ging um Reelite zu studiren, aber ir>4:t Novize tl 
Augustiner «iirde. Kr liatte Melchior Canua, den Uegnor der Jesoitei 
und Dominicus 8oto zu Lehrern und erhielt zu S.ilamancu als Frofr«ao^ 
der Exegeeie eine einflußreiche .Stellung. Sein poetiarbes Talent bewc 
ihn, diu Psalmen als »pauische iiymucu nud ebenso das Hohelied z| 
bearbelteu; dieses aber betrachtete er aJA Hirb^n gedieht von der Liebe, li 
weichern Saluuo sieb selbst als Ilii-t^n vunttelle. Als nun 1509 und 7< 
eine thoologisohe Ooinmission die Utetniscbe Ulbel des älepbanus, welrJ 
Bericbtiguugeu nach dem Ürundtcxt enthielt, einer Prtifung nutursog^ 
setzt« Leon eine gelindere Mtssbillignng il'wM*r Acudernngeu diircli, 
welche die Eiferer In der Cciuimis.tion besonders Castro virlauj^l Imtt 
Damit ßel der Verdacht häretischer Verimiiig auch auf ihn; er 
1571 augeklagt, weil er das Hohelied (tlr ein Liebeslied crklilrt, die vot 
Trideutinam sanclJoniite Vnlgata corrigirl. und ulw-nein behuupt«n hal 
daas der UUube allein selig mache, — das Letzte als Beweis Lutliertachi 
Ketxerei, Im nächsten .Irthr« vcr-instiiUete die Inr)Utt<ition eine üot 
sucbung in .Salaraanca; Leon wurde eingezogen, blrt-b fünf Jahre in 



*( Thanni Bist. lib. XX/II. j>. i05i ed. FraMof. Catixtus, De fnwtis § i99,\ 
"] Prttcott. I'hil II, /. ;;. 35(i — 5S. 

*") Nach Uachard die erste protestau tische Faiaitic. SchiUer tüelt sieb 
St Keal's Uoinan. V>L WarnkJiuifC. I^oq Carlos, )>. VI. 

t) Praeuts, li, p.2.VJ: a bettet schoiU o/ ßferverlinff the morai sensc 
of deaAen'mtj the sensihility of a natian. 

tt) U'ilkeiiü, Luis de Lm)d, eine Ulographie ans der Ueschkble der B|>JUiisob< 
luquiaiLioD oud Kirdio im XVI. Jahrhundert, Uallc 1^66. 



Spanien. PracoMs ^g«n ('arnnu.. 



3as 



erhielt aber doch, da es an anarmcheDdeu ßeweiaeii fi>liUo, ditrcb dio 
BemQhuut^^ii seiuoii DcfL>n»oi-fl 1577 die Freibi^it. 

Selbst der Krste rinter den spnniBrhen Ffftlaten seinem Amte nach, 
der Dominicaner tiartholumäui ('arrany.3, geb. L5CK^, 1 1&7H, lange 
Zelt Vertrautor des KaideiH nnd zvrcimai d^AAt^n Abgeonlnrter narh Trideiit 
dann Beichtvater König IMiilipp'x, den er nach England begleitet«^ und 
ftlr wolchen er sogar dort neben l'olus bei Cranmer's und Anderer 
Hinrichtungen (liiltig and In Folge dusaeii, obgleich mit eigenem Wider- 
streben , 1557 «ur Wurde oinea Erzblüi'liofs von Toledo irliobcn worden 
war, — Bt-Ibat i>r entging nur mit grosser Srliwierigkoit dein liärtvjtten 
Geschick. Ftlr das genannte Krzbldthuui hatte er dorn KOnige drei Andere 
vorgeschlagon , wodurch er aidi die von ihm L'ehergangenon , busonderiA 
den tirossinquisitor \'ald(^K ErzbiscbuT von t^evilla, zu erbitterten Feindun 
marbtev Nun wurde er von einem anderen Beichtvater dea Kaitier», 
Johann de Rcglu, bei der Inquisition deuuncirt. L>ie»e aber lieäs ihn 
mit Zustimmung Paiil's IV., welebeni er «Hein kirchlich nntergeben war, 
15&d in seinem Palast anfliebcn nnd in das Inqiiisitionsgei^itgniHa nach 
Valkdolid bringen. Wirklich fand nmn bei ihm Schriften von LnthoVf 
Melanchthou und ßrentz und entdeckte verfängliche Atiuaacruugcu in 
Predigten nnd ^hriftcn; den meisten Austotts erregte sein Philipp IL 
gewidmeter und 15;'>H zu Antwerpen gcdniektpr „Commeniar über den 
christlichen Katechiumna" ( Comnüm-ios sobre el caifckisnw crUti'tm). 
Hier war die Absicht ausgesprochen, das Urchriatenthum nnd die apostu- 
lischc Kirche znrilekziirul'eii , auch Hessen sich einige Worte Lnther's 
narbweisen. *) Dio Folge war ein peinvoller und langwieriger Prouvas, 
welcher Carranza um sein übriges Leben betrogen hat Zunflchst ver- 
gingen zwei Jahre ohne Ilesultat Neue Anklagen liefen ein, Philipp 
bot Pias IV, gegouUbor AHett auf, um seiner richlerliehco l*rlirogative 
niehte kq vergehen, damit nicht die spunisclie Inqnisiliun der Römischen 
untergeordnet erscheine. Allein er konnte uicbt verhindern, daas daa 
Tridentinum, zn dessen Vätern Carranza gehörte, selbst die Sache in 
die Ilaud nalmi; von ihm wurde der nngefochtcnc Katechismus gnt- 
geheissen. Aber der energische Pins V. setzt« trotz allur Abneigung 
Philipp's and seines Staatantths deunocb durch, dass die Pruccäsacten 
susammt dem Angeklagten I6G7 nach Rom ausgeliefert wurden. Von 
ihm, der also die Angelegenheit ganz vor sein Forum zog nnd als Do- 
minicaner in Oarranza seinen uigcneii Ordensbruder hatte, w&re eine 
gtlnstigpre Kotöcheidung, vielleicht ein^ Frflsprechnng zu hoffen gewesen. 
Allein PUs V. starb 1572; der Nachfolger Gregor XIIL, aafs Neue 



*) Vgl. den aasflihrllchen Bericht von Holfferlob. a. ». O. .H. 2M ff. geschUpIt 



3H4 



Zweigt Abtheilang. Fünfrer AbscliuitL § 37. 



vim Philipp gfdrÄiigrt, rrneuertp tWe ünloreurhuog, wulche nach siebzehn 
jnlirigi?r I>Aiier »m 14. April l.'i7G damit «Midi^U-, ila&s (iem Krzbiscttu 
AhflcliwöruDg von Mx-.lizelin Sät/rn Beinnr SdiriftOD, Suspirnüiitii und Kloster- 
liallt nebst andern Pömti-nzcn auforli-gt wunlen. Carraiizji unterwarf 
dich, winp üntw« begann am Ta^e aarU der F'nblicatinn , doch Ätarh pr 
srboD am 16. im Alter vuo 73 Jubri^^n. Der Katocbiamutt bUub ri-rbüt^u 
Seine Peindo bätt4>n ihm ein bitrt«>r*^R Loo« jjejjilnnt, dorli bcz^n^Le er 
selber Btorbond, viel üitre-üc j^elrbrt zu Itahen, nud Uff Caatm Wi-it>l ihm 
einige nach.'} t-^ kann anffallen, dasR gei-ad^ aus dcir «ngeren s^a>U 
licbi-u Umgebung Karl'» V. Melirere der Tht:iliiabinr an dni bün'ti»chi>n 
N^'iierungen bozfirbtiyt worden niiid, woraus aber uiobt Unldsaiukcit, eher 
Mangel au AiifmurkHaiDkeil und Liebe sar Rulio von Seiteu des alti^rmlBn 
Kaisern gPH('hlo8aHn werd«>n darf. 

Anhanguwäittc gt^liürt nuc.li eine andc^ru ICpiüode in dinflen ZuBammen 
bang^ die uns jedoch in dio Anfänge der rcfuriuaturittcben Ke^n^c 
HpauicnH /urflrkrnrHetxt Zu Salamanra lohte um 1520 Krauxlao^i' 
Ucrnandoz, ein wulilnntenichtetos und geistvolK^s Mädehcu, wuhlhubrn 
nnil al» LaiPiiBrhweBter ohne Oelfihde, aber mit den Franzißranern in Ve 
biiidung. äie begab sich lOäS iiaeli V'nlladuHd in il:ui Haus dtT FainiU 
Casatla, welche, wie bemerkt, lÄf)!» durch das Maile^t der Inqntaitio 
vertilgt wnrde, niid Bpiitcr nach Custrtllo. Sie la» die Bibel iu der Kireben 
aprachit; von einer miln<r]iiärb-iiuietiHliitc1ien Denkart aut<>gegHngeo , orho' 
8Je aieh zn einer lebensvolleren Frömmigkeit nnd veredelten Weibllcbkei 
Geringere Aengstlichkcit dea Retragenn, gruase Wilrme und Iimigkuit d 
rcligitJaen Rede machten sie anzicbcDd. Angt^welit war wohl auch nie 
einem proteHtantiarlien Hauch, ohne jedoch den überlieferten Glaube 
und Lelirkreis bcatimrat zu ilberücbreltcu. J^chou'zii Vallailulid und vu 
TpMo auä war Franziaco Ortiz, talentvoller Prediger de« Fi-auziscane 
klosttent au Toledo und fruchtbarer Sebriftsteller, mit ihr in Vcrkoli 
getreten, welchen er dann durch Heiinche, (iesprAche und Itriefe fortset 
Er wurde ganz für ue eiugoaomnion und bekannte laut, daaa er 
Franzisca eine Verlobte Chriftti, eine Führp.rin zur (Jottesliebo nnd zur 
wahren, Über starren Gesetzesdienttt erliobenen evan^i'Iiiii.-hen Freiheit wr-, 
ehren mUsae. Die Oberen warnten ihn Tor diesem t'mgHng, ohne ihn 
ziirtohllchtern, da er auch an der iSittaamkcit seiner Freundin keinen Zweifel 
aufkotiiiueu lasttcn wollte. Eine Zeit lang HchUtzte ihu sein Erlolg 
Prodiger. Daa Gericht aber war nach mehreren ErkiiudiguDgeta 
Meinung, doss Frauziaca längst znr VcrhaRnng nnd UcBtrafuug reif a 



4 



*) Nach Uclffericb's Angabe. MonataM. S. 394 betbeuertc er Tiolmehr 
Angesicht des Tode«, nie «Iwus drm Doguiu der KOmUcben Kirche Wl 
Hprccliundo» gelehrt zu haben. D. H. 



Untergang dcji ^panUcbeii Protest an tjftmnB nnd FV)lgen. 



3h5 



und Hess sie lb'28 von Caatrillo nach Toledo, dem Wohnort des Ortiz, 
brUigt:u, woaelbst »h- von uuit an im (jlcfauKulKS der Inquiüitiuii lobte. 
CtKgen iliesM VerfaLnm einp*irt« nicb Ortiz, t-r wagte ea Bogar, die 
tiefaiiireuuehLUUiig als uuKerecIitfertiKttiu ächritt fiffcutücb in einer Predig 
7.U uÜ8äbilligen. Das war /uvtcl, er wurde von der Knnzel Uerabgeridscu 
und uiuMte bald dieselbe Kcrkerwolinung besiebeu. Hierauf folgen eine 
Uuge llcthe von N'evb<iren, Uriercn, Vorlialtungeu, mfUidUcbeu und 8ch^lf^ 
Ucheu Veratitwordiugen, nehr get>ignet, in da» m}*HliHch -ovangetiBche 
Üeidtettelemvüt , wolcbc^ Ueide verband, tiöt'cr eiii/,ul'abreQ. Da« Gericht 
Ueaa ihm 1531 nicht weniger ala ÜH RetmctatiouBartikel vorlegen, deren 
Inhalt er als oielii fiboroiuatimmend mit twinen Aeudderuogcu und An- 
aicbleu j^rüridtenthüiU zurlU^kwie8. Uennoeh erlahmte allmühlieli »eine 
ätandliAtVigkeit, er a^lbAt meldete «eine veräuderte Stiuiiuuug; und uu kam 
61 flcblieHiilicb »m '21. April lä;t'.' zu einuin feierlieheu Art der AuBHÖhnung 
and Unterwerfnng, der zuToIgo Urtiz alle» begangene L'urecbt ub^cbwor 
lind die auferlegte BtiaH«; tlbernalim. Gestorben iat er erat 15-it) im Kloster 
zu Tordelaguna; dagegen iat unbekannt geblieben, ob Franziaca im 
Kerker oder auf dem Uielitplatz geendet habe. *) 

Dieti sind die in<tui&ttoriächeu UruH»thaleu und die Leiden, welche 
ditt Existenz de« ProtcetnntlsninB in e^panien begleiten und dessen ICudo 
befichleunigen, — ein kurztü Intermezzo, nach welchem die dortige Kirehe 
nud KeligiosiUit vollstündig wieder in tbr alt«'^ (jeleise znrdc-klciikt. Solche 
Mittel wirkten hier durchgreifender ala in dun NioderlandeD, wo sie cbea- 
fallü vernnclit wurden; inid wenn man nach den I<Vilebten f^agt: ao legt 
der gegenwärtige Zustand dieser Lüuder, aueb Neapel mit eingei-eubuet, 
Uutes Zeagniaa ab Aber den Wertb Ab» tScheiternB auf der einen ^äeite 
und des Oelingeus auf der andern.") Die conseqHenl« Geaiunungstürhtig' 
keit lialte das Ihrige gethau, auf langf^ Zeit wnr dor Würfel gefallen. 
Noch immer und fast bis auf die Gegtinwari berab ist die Üffontliche 
Ausübung einer anderen Kellgion ala der katlioÜBcheu iu LSpanien niclit 
erlaubt; doch ist das nachtrug liebe Verlangen uavb Ulaubensfreibcit selbst 
lüer nicht ganz unwirksam geblieben. Oie Verfassung von ltjl2 spi-ach 
noch ans, dass der katboübclie Glaube das Bckunntniss der dpanier sei 
aod immer bleiben werde mit Ausscliln»} jeder anderen. Dasselbe wieder- 
holte die Verfassung von 1837, wuuu nucb obuu den Zusatz „mit Aua- 
schluBS jeder anderen". In Folge der Kevointion von 1B5-1 wurde darch 

*) Die« der kurze Inhalt der au» Originalactcu des Inquisitionsgeriehts von 
Toledo geschOplhin Sclirift von E. Bühmer, Fratizisca llemnudez und Frai 
Franxisco Ortis, Lpz. 1866. — Vgl, noch Keusch, Luis do L«od und die spaniscbe 
Illi{uisirJuu, Boun ISTIt. D. ü. 

") üebur das gt?genwürttge Spanien : Sumttet, Xouvcaux r^eils du ATi. siicie, 
p. J/Ä~fiV. 

UaukB, KlrebeugwcIOchtc 1. 2& 



38ß 



Zweite Abtbeilung. Flinftor Abschnitt. § 37. 



die conatitatreode Versa mmluag vüa 1855 als Orumlaatz proclamirt: „Die 
KatioD verptlicht«t sich, den Cultus der kiUholiHcheTi Rt^ligiuii aiifrefht zu 
erhalteup zd welcher üieb die Spauicr bckeuuüii", Hhcr svliou biiizugofflgt: 
„kein .Spanier oder t<>erader d*rf wogen Beiner religiösen Meinungen ver- 
fulgt Herden, »o liingc er sio nlcLt dureb Handlungen zu erkennen giebt^ 
die gegen die Keligion, d.h. dio kntIiolt>ic1ic> feindlieh gerichtet sind**.*) 
Da U8 indcssco keine nicht kathoLiarhcn Spanier giebt, und da du Volk 
(Ur die Anerkennung anderer kirchlicher Itichtuugeu keinen Sinn bat: so 
tat jenet) ZugcätäudntsH uiclit mmdcrlich praktiiich gt-worden; »elbst Fremde 
nnd namentlich I^ngUlnder genossen davon m wenig Vorthcit , daas man 
eine verttuehte AuäQbuii^ ilirca CultuB hIh itlTeiiHiv gegen die Roligiou an- 
gesehen und btihnndelt hat Der groa«e Kinfins« des Klernij nnd der 
HKlncbu wird freilich dnrcli die Ginzicbung ihrer Gtltcr und die Aufhebanj 
der KlÖBtnr für die /oknnft »ehr vcmiindert; denn in dieaer Heziehnn; 
ist die apaniscbe Kirche ^ehr zurückgegangen. Ein&t (1690) zählte »ie in 
9000 KlAstem 90^000 Hflnnnr von 40 Orden, dazn einen Kloma TOD ent- 
aprechendem ('mfang; dagegen wH.ren 1H21) noch 3280 Klilster ahrig nnd 
118,000 Ueiötliche bei eiucr Einwubnorzabl von ll'/j Millionen. Koch.. 
183.^ gab ea bei einer BeTdlkerang von l^^'j Millionen 90,(NX) Rlenkel 
und 1940 Klfieter; hingegen zfihlte man bei 16 Mtllionca £iuwohnorn 
Jahre 1859 nur 38,563 Oeietlldie und 41 Rest«; von MitHionsliäutiern an< 
Klö6t«ru. Auch die Concordate mit dem Pap^t von 1851 und 1861 ei 
halten den üruud»atz, dass „die katliuUsche Heliglon, die mit Ansschli 
jeder anderen die einzige Keligiun der Bpaniachen Kation »ei, in Spaniel 
fllr immer erhalten werden solle mit allen ihren Vurrrchten". Aber aool 
daa ganze Cbriatenttuim dicHC» im K.itholiciitiints einigen Spaniens stel 
sich gleichzeitig alit ein böchht gleicbgillüged und KuäaerlichnB dar. SpSti 
hin hat die Kevolntitm vim 18l>£5 und die Vertreibung der Königin ii 
September 18(i8 noch weih^re BcHchrAnkungen der Alleinherrschaft 
katholischen Kirche nnd des KIcrue» und so auch mehr Freiheit 
Akatholiken, freunde Kingewauderte oder Spanier, herbutgefOhrt. l'nter 
Serrano wurde am 1^. Ootober 1808 der Jetiuitenordeu aufgehoben nnd 
dessen Besitz eingezogen; nm 19. Oct«ber wurden alle Rlaater und Ver- 
eine, welche das Gesetz vom *J9. Juni 1837 uuch hatte beätcheo lastiOD, 
abgeschafft und ihre OUtcr für StAataeigenthum erklfirt. Die Verfaaanng 
¥om 6. Juni 18G9 verhflrgt den Unterhalt des katliollBcbon Cultns 
seiner Diener; den Auslfindern daaelbät wird unbeschrflnkte Anstlbui 
anderer Bekenntnisse zugeaichert, und wenn Spanier sich ffir ein solcl 
entschieden haben: so ittt diese Bestimmung auch auf sie niiwendbiir. 
Damit gewinnt allerdings auch der Proleetanti^mus die Mtlglicbkcit 

•) Annuaire, 18£4~SS, p.SJL 

") Gotbaisoher goneal Kalender, 1S70, S. I0&9. 



Stflllnng Porttigalit. 



887 



rechtlichnn Diueias and einer l'^ntwioklnng; inoh ist vor Jahren scliun 
die Urüniliui)ir t'vaiigcliBcLur (tt^inuntlei) und Kirchen in Angrifl' ge- 
nommen. Uocli iiinii <liei*e rnternehniiingei) noch allKnsfhr im Werden, 
alit dacfS die siehfTC KrwartiiU}; einea di;m bisherigen gaux eutgiigen- 
tzton VerhJittnia>t('H düranf ^('grllniti-t werden kAnnte; nitch wird eine 
im Katholici»niUH wie dcui ChristL'ntluim gleich »ehr jütgewendete Oppo* 
^tion vuiu rrotestantismus sohr veröcbiedcu sein. 



^e 



Portugal war, nachdem das wt't^tliohc Ktlstonland im XI. Jahrhnndt^rt 
von L'aHlih>ii auu den Maureu wit^dt-r abgeuumiiien wonleu, auH »iut<r 
rafltiliHchun Statthalt^rHchal^ Im XU- Jahrhundert dorcb eigene weitere 
Erwerhmigon und zuletzt durch Auschlie-Htiuug an Pa]t8l Alexandifr III. 
ein (wlbÄtilndigpit Uoirh gewoi-ilcn und halte dann in den folgenden Zelt- 
liltern äluiUehe V'eräude rangen wio CaaÜUcu zu bestehen, zuletzt aUo anch 
einen siegreicheo Kampf der Kunigsgewalt Ober einr-n milrlitig gewordenen 
Adel. l-ti\>8ei Kämpf gelang unter den Köuigim Kmanuel dem (irosaun 
(1495—1521) nod Johaou IIL {lbH—b7) mit geringerer Gevaltthat 
atm iu Spanien. Dit: Beeunti'rnfihnningtm oineti Vaaquez de Gania, 
Albaqnorque nnd Magellan unter dem Krstcren vermehrten nicht nur 
den Beichthum und das Gebiet des landen, sundern hoben mit dem Handel 
anch den Ufirgerstand dergestjilt, das» eohon «nf dieser Grundlage gegen 
dio l*ebL-riu3cht des Adel» di<! kituiglicbe »ich auftrbauen konnte. Doch 
gehörte tu den vornehmHten Keirhseinrichtungeu J o h an n's III. aneiiier 
der Liutiutzujig anderer h(>elii«ter GenehLij]i<')fc niui auch die Einftihrung 
der Inquisition und für die oaiatitM'ben Besitzungen die .Aufnahme der 
JtiBuiten. Oioäu fanden hier zuerot eine sichere Stätte in einem grösseren 
Reich; bald gewannen sie de« enteehJedensten Kintlnas, aber ea war auch 
ein £erslÄ>render während der Minderjährigkeit König äcbastlan's |1Ö57 
bia 78), welcher, — er war erst drei Jahre alt, — von den Jesuiten 
suersl erzogen und dann iu die llhcreiltt^n l'nt4>rnoIimiingcu gegen Afrika 
gestürzt wurde, in denen er selluil und von da an auch Portugal zu 
Grunde giug. Auf dea jnugcu K.onig folgte der Uroüsiuiiuisilor seihst als 
KOuig, näraÜeh .Sfibaatiaii'a alter (irossoheiro, ein Uruder seines Grosa- 
vaters, Cardinal lleinrtcb, welcher vorher schon fast sein ganze«} Leben 
von 153'J bis 157H als zweiter Großsiuquiaitor von Portugal liingebracbt 
und in diesem Amte IM-l eine Verbindung und ein Zusammenwirken der 
lisehen und portugiesischen Inquisition eingeleitet hatte.*) unter 
leu Umständen konnte bei dem geringen Verkehr mit Deutschland, 
bei dem cxclusiveu und auf altes AnslSndiache herabsehenden National- 
Slots der Portugiesen, hei ihrer gewohnten AuhängÜchkeit au den Papst 



*) Llorunta, 11, S. 2(i2, 203. 



»' 



sse 



Zwcito ÄbtheflaDg. Fttafter Absotmltl. $ 3S. 




GodH 




und ondlicli bei so wirksamen Gc|;i'uvorkt-hriiD(^u vou Lutberisc 
UttreniiB nicht viel die Keili; kimii. AIh (l4>r iilti> Kiluig zwei Juhru nHcbbe 
(1Ü80) obenfiitlA sturb, erobcrce Hcrzo};' Alba das Lnud, vrcklio« boioati 
ein Ja hrli lindert Uiig,. bis XGit), mit äpnnirn vereinigt blieb. Dx*^ ähnliche 
Vei^angeabtit buidor Länder )iat iilinltc-lii- Fr(U-lite gebracbt, daher da^i- 
Belbe starre Ueharroii bei dem sinnÜRlien und hierarehisrhen Kirchnnthnm, 
aber auch dieselbe GeniMgÜieit , unbequeme kirchliche Institutionco su 
beseitigen. Schon 1834 wurden die Klöster abgesph-ilft nnd ihw B^fiitz* 
thUiiier dem Staatsgut eiurerleibt; dauu t'ulgli; die Aufhebung der Orden, 
auch der Jcauiteu, dclbst für die auBserenropitischrn Uluder vio in 
NeaerUeh hat ein Zusannnengelieu des Königs Luis (seit 1861) uüt seine 
Suhwiegervator dem Kuuig Vietor Kinaituel von Italien zn noch stärkerer 
OppositioQ gegen den Papat hinget'iihrt 

§ 38. SchlllBS. 

Nur Ein europäische» Land ist in dem ifblgen Bericht unei 
geblieben, das grösslv unter allen, Uusslaiid; aber nicht atleiu 
nicht zur lateinischen Kirche gehiiiU^ , sondern auch weil oa tou keinexl« 
kirchlicher LImgestalluug diese* Jahrhunderts bcitllirt wurde. Es (vh\i 
demsolberi zwar durchaus nicht in dieser Zeit an einer hoch tragische; 
Kirchougoscbichtö, farchtbaror vielleicht als die der Leiden der erst 
christlichen Jahrhunderte, reicher an Notli nnd Btiit und >[ärtjTcrthai 
als was uns der ächauplats des Herzugs von Alba und der Katharinj 
Ton Medici gletcliüpitig vor Augon stellt Aber diese Sehreckme 
ei^ingcu (Iber das russische Volk uud besonders über dessen ErzblscbOf!^ 
Biachßfe, Aebtc, Manche nnd Geistliche massenweise durch den Ke^nt 
des Landes selber, den Czaren Iwau den Schrecklicbeu, welch« 
deren Gnter und Scliütze nntcr Vnrwiluden an sich reissen wollte nnd il 
daU-i umbringen liess oder selbst umbrachte. Was »wischen l.'jßO uud T( 
in Russland geschehen, ist wohl das Aergste, was die ganze bisherif 
Weltgeschichte an tyraauischem MiithwiUea uud Wahnsinn über ein gro« 
Volk losgelassen aufzuweisen hat, noch mit der Besonderheit, dass Iwa^ 
«'ähreud dieser Greuel die grüsste möuchiHche FrtWnmigkpit an den 
legte nnd gern theulogi^^che Gespräche mit Katholiken uud Protestant 
hielt r und mit der andern, dass das gciiiissiLandelte Volk, wenn er nc 
einmal von der Kegiening zurückzuziehen drohte, ihn mit WchkU 
bestürmte zu bleiben, und ihm dauu für seine Gewaltthaten zur Anarot 
des ganzen Dojarenadela eine noch unbedingtere Willkür gestattete, 
die (aJsehu Ucsebuldigung gegeu den Erzbischof und die Stadt, mit Poli 
euDspirirt zu haben, wurde 1570 die ganze ßcvOkerung vou Nowgom 
vou Twer und andern Orten so gut «U vernichtet Nach Karbfll 



m 



Rn««lan(i. Orenplfhaten Twan'i deit ScbrwtUchco. 



389 



wnrden an dcMHäelbon Tage 15,000, zusammeti 60,000, nach fmderßD Ad- 
gaben jfpgen 30,0<K) Mcnsclinn gpWdtel, während gipichzflitig io Moskau 
eine Htingfrsiioth <ler«;e8tHlt hcrrsclito, dass die Leute »ich mordulen, am 
Nahraii|< za finden. Einpr wnrd(! vom Cxaren zam Vater-j ein Anderer 
tum Brudermorde gezwungen. Bei dem Bramle vou ganz Muäkatt ver- 
loren nicht weniger ala HÖOjCWK» Mfinaelinn ihr Leben. Ktlr den Zweck 
einer dntteu Verheiratbung wurden 2000 Jungfrauen hohen nnd geringen 
ätandeii zur Anaw&hl und Reairhti^ing den Czaren ant' ein Jnbr lang ein- 
geliefert. Aber auch nach einer vierten Heirath gelüstete diesen, er fiel 
dentülhig vor der VerBamralung der Bischöfe nieder und tichtp um Di«pen- 
sation und BestAtigung. Wirklieh vurdo beschloasen , um der wannen 
nnd andächtigen Rene des HerrscherH willen sogar deasen vierte Rhe zu 
gcnebmigeu; zur Vermeidnug des Acrgernifii^es aber bedrohten die Biachöfo 
Jeden mit dorn schwerHten Bannänch, der es wagen würde, das Beispiel 
naebzunhmcu. Aehnlicho Öccncn wi cd erholten sieli, da Iwau noeli nach 
der itirbenten Frau axr.h eine vornehme Englfinderiu zur Braut zu wühlen 
trachtete und deshalb mit der Königin Elisabeth unterhandelte. Seine 
Grausamketten kannten nirhl Maass noch Ziel. Ein neues Gift wnrde an 
mehr als hundert vürucLuicn Personen problrt. Der beste Feldherr 
Worotynski wnrde sechzigjAhrig von Einem seiner Skiaren der Zauberei 
Ilinwegräuinuug des Cziircn beschuldigt und laugsam gerüstet, wobei 
er selbst die Kohlen anlegte. Gespiesste starben mit den Worten: 
,,Gott gebe dem Czaren Glflck und Heil", sie zweifelten, ob er ein blosser 
Mensch »ei. Den eigenen liebsten 8ohn, Beinen Helfer nnd Itettor, den 
Cesarewitdch Iwau hat er selber ib&i gemordet; doch verlicBS er nachher 
diesen Wohnort, weil der Schatten seines Sohnes dort welle. Und alle 
diese Oreuelthaten wurden durch einzelne gute Werke unterbrochen oder 
gesühnt, dnrcb Schmerzen nnd dnrch Geldspendon an die Patriarchen, 
welche für die Seelenruhe des Cesarcwitach beten aollteu. Er starb I&S4 
«nt 54 Jahre alt.*} 



') Die Belege tluden sich massenhaft in E. Eerrmana's Geschichte des 
masiBclien Staate, Bd. III, wu u. A. S. 1%. 96 pesiigl wird: „Eine aberwitzigere 
GottosvL-rehruug i»t nie ^eäolien wurden, eine gottcslüstertichero PriesteracbafI ist 
nicht denkbar. Iwan !<<jll>Nt apiultc mit iDUiicbiucber (icvrinseuhaftigkett den Ober- 
prieater. Sein Schloüs Belnif er in ein Klustur um, »eine verwurleuBleu LiobUnge 
machte er zu München. — Der Guttetidienat dauerte bis sieben StiindcD. Der 
Czar ftang, las und betete mit solchem Eifer, dass an seiner Stirn oft die blutigen 
Spuren »einer (iefeii die Ente berühren den Vorbeugungen siehtbar waren. — Bei 
Tische las er als der Abt ^'tchi.'ud vor, während die Brüder assen , oder er unter- 
hielt sich über die Vurstclirift^-n des griechi sehen Glaubens und andere Gegon- 
atÜnde der Keli^iun: denn er hatte ein ausüerurdentliob scharfes Oedachtniss und 
kannte die beilige Schritt »ebr genau. -■ Seine heiligen Brllder waren seine 
Henker und Bllttel. Eine Hinrichtung xu vollziehen, sab Jeder (üt eine Gnade 



390 



Zvelte Abthelinng. FlinRer AhscbnJtt. % ifL 



Wir sind zu Ende mit der Bescbrcibnng dessoo, wm die proteaUo- 
tische KircIicncnieuoniDg in dsn eiuzcliieii üiadeni gplöistel mAvt nicht 
gpleialot hat liin weites Feld, hftchst eigieWp frtr äon lüätorischeD 
Dfiobaclitur, Ucgt hinter uns. Kaum ist möglich, die Vei^loichungen and 
Wochsflbexiehungpii, 7.ii wrlphi-n ilpr UUckltlirk «uffonlert, alle zn Hammetn, 
Cebcrall Blut und Verfulguug, Ringen der Gt-ister und Aufgebot aller 
ECrSfte, gewaltige Krscliilttcrung dos gejuimmien öffentlichen Ij^bons, dazn 
sahlreiclie draiiiatmi'he Sccnon , (ibi'rnitfrhonde Wendungen , deukwQrdigc 
tlpisoden. Dieselben Milchte und UegenrnSriitc treti^n wider einander au^ 
aber auf jedem ncu^tu Bnden in miier neuen Abwaudclung ihres Wirkens, 
daher die Ergebnisse ebenso abweichend wie die Arten und Wege ihrer 
Erreichung. Auf der einen Seite reiner und voUstiladiger Sieg der 
Reformation, auf der aodi!ren ein ebenso völliges Unterliegen; Kwiaehen 
diescD Kndpituktcn lassen sich alle Möglichkeiten der Ausfllliniüg anch 
mit BeinpirU-n belegen. Nur in einigen Pülleu hat sich die Krhallung der 
kirchlichen ICinheit aU Kesuliat ergeben, nach der einen Richtung io 
Schweden, Dänemark. Schottland, nach der anderen in ^Spanien, Portagal, 
Italien. Au den tuuiBteu Orten war der Ausgang der einer Spaltnßg, sei 
es nun da^is di^r Protoi^tautiünnis mHc in Kngland, oder daas der Katholi- 
ciBinos wie in Frankreii^h die Oberhand gowaun, oder auch dass beide 
Theilc einander etwa daiü (ileichgüwlchl hielten. Der lupnU der Bewegung 
konnte vom Pursten oder vom Klerus, von der Aristokratie oder mehr 
vom Volke nach gewissen MaassverhäUnisseu ausgehen; daher eüa vor- 
wiegend monarchisch oder aristokratisch oder volksthUmlich characterlsirter 
Ilei^ang der kirchlichen Uuigestaltuug. l'ud ebenso dürfen auch die 
widerstrebenden Gewalton entweder als midir päpstliche oder episknpal<* 
oder ondlicb politische unterschieden werden. Was ü'iv. beiden protostautisch- 
contessioncllcu Uicbtungcu , die l.tttherisrhe und die Heformirte, betrifll : 
so haben sie sieh der Länder nach Maaasgabc volksth Um lieber Oeistesarl 
und Hildnng und nach dem Verbände der .Sprachen bemächtigt und sie 
unter sich verlheilf, denn iiütwirkcud, weun uicbt mehrfach entscheidend, 
erweisen sieb NationalitiLt und Stanimesunterschied auch allen Seiten. 
Unter einander verhalten sich die Uckennluij^se meist spröde und schroff, 
nur in wonigen Gcgcndeu zeigt sich schon das Verlangen nach AuDähcrnug 
nnd kirehlicUer Union, jedoch ohne dass aus diesem UmataDd der Duldaam- 
keit schon auf die sonstige YoUkommenheit des Kcformatieuswerks ge- 
iclüosaea wurden dUi-fto. Endlich abur sind die L'onfea&iuuea in ihrer 



nnd Anaxeiohnong au. Ellenlange Ueseer, ihre Richiechwerter, tingen sie Allo 
wie der L'^ar äclbst stets nut«r den R^ickuu bei aIcIi . und in der Hand bioltan 
sie lange, sohwaric, mit eiaerneu .Spiueti vorsehone Mtinohsäüilte, mit denen man 
wiihl einen Bauern fallen raoclite." Vgl- ubendaa. 111, S.'iiil, 211. 'iU— 2tü, 224, 
IS.Tj 28Ü— 286, 297. D. H. 



A 



BUckbliok und Ueberflioht 391 

vetteren Entwicklung sich selber fthnlich geblieben, aber nicht überall 
noeh anbedingt; denn gerade die scharf ausgeprägte Reformirte Kirche 
hat sich in England eine Gestalt gegeben , welche Zttge der katholischen 
wie der Lutherischen Richtung in sich wahrnehmen lässt, sodass sie 
ihrer eigenen Herkunft ebenso wohl entspricht wie zuwiderläuft. 

Nnn wissen wir, dass Nichtgemeinachaft anter Christen nicht nur 
selber xam Schaden gereicht als Uneinigkeit, Unverträglichkeit und Un- 
geduld, sondern auch jede andere Zwiespältigkeit begünstigt, und dass 
durch den kirchlichen Hader die Gefahr eines bürgerlichen nahegelegt 
wird, weil der stets hinzutretende Hass seine leidige Rechtfertigung aus 
dieser Quelle bezieht Aber Eine tröstliche Seite haftet dennoch an dem 
Schaden dieser Zerreissung alter Gemeinschaft selbst in den Ländern, wo 
die Theilnng stehen geblieben; es ist der Wetteifer, der sieh der Con- 
fessionen seitdem bemächtigt hat, der Reichthum der inneren Entwieklnng 
nnd geistigen Anstrengung, der ausserordentliche Zuwachs an Empfänglich- 
keit, ErkenntnisB und Bildungskraft, welche der Protestantismas zu seiner 
eigenen Förderung und Durchführung aufgeboten hat ttnd die er zu seinen 
unzweifelhaften Früchten und Segnungen zählen darf. 



:i 



Dritte Abtheilung. 

Separatisten und Secten des Refornmtions- 
Jalirliundorts in versdiiedcnen Läiulern. 



ErsUr AlischniU. 
Vonviegend I.utherisi'he Herkunft. 



§ 39. Einleitendes. 

Allf^iiuidDere Hllirsmittel: Erbkani, Gc>iii:)Jcliu- <Ifr protest Secten im Zeitalter 

der Ucfonnatioii, Uamh. 1S4S. K. Ua^^cu, UeatsühlaniJs liter. und rol. VerbKIt- 

aUiie im Rcr.-ZdMtot, KrI. IH41— 41, Bd. UL 

In dem «.llf^emeiiicn Verlangen nach cinom andcrt-n Zustanilo der 
Kirche als der befttehendc gewesen, U^f^u zu Anfung dieses Jnhrhundcrta 
noch weit in an nii^f altigere Triebe nnd Anregangen , als welche darrh die 
Unternehmungen Luther*s oder Calvin's ihr Ziel and ihre Befriedigung 
erreichten. I)ie Keformatinn, wie sie wirklich zur Ausfilhrung kam, war 
nicht im Stande, dou WünücUeu ftllur Botheiligten in glek-heni tirade zo 
genügen. UcberaU ergab sich bei der Orflndung der Kirchen eine Schranke, 
Über welcln> die Bewegung nach dem Willen der Stimmftlhrer nicht hiuaus- 
greifi'n Bolltc, deren Kix'ht und Kothwendigkeit ab«r nicht von iVlIen 
anerkannt wnrde; daher enstand eine UifTorcnz zwischen dem kirchlieb 
Oeordncten und jenem Anderen, wozu im Einzelnen nuch Neigung and 
BedUrfniHS vorhanden sein mochte. In L u the r'a Verfahren war schon 
dnreh die Unruhen der BauornkTiege und Wiedertäufer und durch 
Zwing U'b Auftrütcu ein couBervatives Einlenken und Umlenken, ein 
Maass- und Greuzesuchen vernnlnsat worden, welche« ihn gegen die norh 
uobcrOhrlf! Ueberliefcrung seboneudor nnd geneigter machte, deren L'eber- 
einatimmnag mit der Schriftnorm aU gesichert gelten zu lasaen , nnd 



nrilnde and Kicli hingen der SBctonlilldtinc. 393 

ahnlicli seliloBson sieh aneh die Rcformirten Kirchen, weon gleich in 
geringprpm firadc, in Bokrnntni»» und V^^rfÄasnng ah. Wo aher einmal 
ein solches Ziel gcwuiiiicii war und die refornintoriache Forderung hefricdigt 
Bßhien, da wirkte fortan der sehr natQrliche Wunsch^ den Qunmobr 
^egehencQ ätandjinnkt anc-h festzuhaltcu und fUr'ä Eratt.' nicht daran tn 
nUt4?ln; xti diesem Rtittoln abor bli«>bcn diejenigen geneigt, weleho nicht 
der Meinung wai'cn, dasH in den grossen und tiffcntüch begünstigten Dar- 
atellungon der Kirrhe dem Princip der Umbitdaog oder des (•'ortscb ritte 
hinlänglich Genüge ge^ctiebcn sei. Ein Anderes ist Treue im Heiligballrn 
der h^lcbsten Oegenständp der Anbetiing und der Schätzung, da soll man 
immer nur fester werden, — ein Anderes tlieologtschc nnd historiach- 
vissensrhaftlirhe Forschung; In diesov xwclten Richtung einer grnndsÄtz- 
lichen Stabilität zu verfallen, ist Kohheil und ünwiihrhaFtigkeit und kein 
Verdienst I>aa eine Recht, die liew^gung vorwärts an treiben, trat in 
Cooflict mit dem anderen, ihr einen ht'iliami^n Slillstand aufÄuerlegcii, und 
för den letaleren Xweck setzten die poIiti»tchen Leiier der Angelegenheiten 
ihre Macht ein. Die Lutberisrhen Fürsten und Stande, anfangs einst- 
weilen und seit dem Ucligionsfriedeu verfassungsmässig an die Stelle der 
Bischitf*- gnsetxt, glichen den früheren ßischJ^fen darin, dass sie der Ver- 
änderlichkeit der Forschnng ungern Kusebond, lieber die Erhaltung der 
Rübe und eines festen Hoatsndo« zu ihren HegiornngspHichten 7-1blten. 
Freilich gehörte schon ein selt-enes Hanss entweder vou geistiger ::;plb- 
fltändigkeit oder von leidensrhaftlirbem Elfer dazu, nm den bereita 
herrschenden nnd zn allgemeinerem Ansehen gelangten Richtungen nnd 
EntscheiUnngen gcgenilbcr sich dennoch in einer grell abweichendcu 
Eigenthümllcbkeit zn behaupten ; aber um so eher gelangten die Wenigen^ 
welche die eine oder andero Eigensrbafl mitbrachten, in die Stellung ver- 
einzelter Separatisten nnd .Sonderlinge , oder machten sich , wenn die 
LoideoschafI sie offensiv vorfsbren Hess, xd (Jegonstflnden der Verfolgung. 
Der innere Cbamkter dieser Separation<^n war sehr verschieden. 
Bald konnte erstens die nrsprllnglich mitangi^regtc Mystik einseitiger hervor- 
treten, als es dem Lutherischen Maatis von Strenge in der Anscbliessung 
an Schrift und Tradition entsprach, wie bei öcbwenkfeldt, Karlatadt 
nnd Andern; bald wirkte zweitens hiermit im Zusamraenhaog ein starkes 
piillusopbisches Interessi^ fort, welches der ursprünglichen Krhebung vom 
Bestehenden zum Höheren und VoUkomnic-nen nicht fremd, nachher ebenso 
entschieden durcli Luthor's Streit gegen Erasmus und Zwiugli nieder- 
gehalten worden war , wie hei 8 e h « s ii a n F r a n k j bald konnte auch 
drittens die selbstgcUbte SchriftcrklSrung bu anderen Ergebnissen hin- 
treihen. als sie die Reformatoren bereits festgestellt liatten, — denn nur 
noch grundsätzlich, nicht mehr tbats^chlicb gaben diese seit Ihrem con- 
aervativen Einlenken die Auülegnng frei, wenn sie auch im besten Glauben 



A 



^n 



Dritte Abtbeiluni^. Eriter ÄbBchuUt. | 40. 



Entff^rnuDg von ihrem VenULndnifw für Etitrernnng nnd Abfatl tod der 
Öflirift Halber hielten, — bo bei Wiedertäufern und Aiititrinitrtrioru; bald 
i-ii(lUcb entwIrkeltBu airli viertrna aus dem Streben nach Zucht uod Strenge 
dcB ehristltchea Iiebene stärkere Aufordemn^n, aU sie dem Standponkt 
der Rcfurmatui-i-D iin^i'meii^M^n erschienen; drnn aurfa dies war ein ntit- 
wirkendea Moment, welches nicht allein die AaliAnger der alten Hierarclüe, 
»cindem anc.h di« meisten hier xu Nennenden gegen die Lutherische 
Kirchenbildung einnaliin. FulgUch liängou alle diese vcrelu»clteu Erschei- 
nungen an einem IntereHiae entweder di«r religitiseu Mystik oder der philo- 
sophischen SpecnlatJon, der biblischen Kritik oder dos praktischen Lobeos. 

Wenn es vabr wäre, das« jeder lirnndsatz dahin i'flhren mnaSf 
wohin er treiben kann, sobald alle möglichen Folgerungen aus ihm 
gezogen werden, wenn jedii Reformation zur Revolution, jede Kritik zur 
ll^-perkritik, jeder Vemnuftgebrouch zum Missbraneh anleiten moss, wie 
zur RiusrhUchterung oft gottngl wird: dann liütlen aurh jene Rerlit, welehe 
Lnthor den Bauernkrieg und die .Mtlustcrscheu Uurnhen aufbürden, dann 
w&re die ganze Keforniation nnbegreiflich mit itirer groBsen Ausbreitun|f 
und mit ihrer Vcrschiedeuheit von den Separatisten. Mit der Kritik selber 
hat sie niclit angefangen. Ett läs^t sich aber nicht verkennen , dasi aUen 
diesen Seoten ein an sich protestantischer Zug einwohnt, und wie et mit 
der Uebertreibung und dem Zuweitg^'hen nftor gesrhehen ist, dass was zu 
einer Zeit unreif, verfrüht, schädlich und verführerlaoli auftritt, zu einer 
anderen im gesetzlichen Enlwiekclnngsgange an der Reibe sein kann: 
Bo sind auch in ihnen neben den Verirrungen auch zuknnflsvoUo Gedanken 
wie Weiaaagungen t'nüialttsn. 

In histerischer Bexlebnng lassen sich die Separatisten zwar nicht 
streng noch vollHländig in Lutherische nnd Reforrairte scheiden; vor- 
wiegend aber haben sie doch entweder auf der einen oder anderen Seite 
ihre Uerknnfl uod ihren Änachlnss, und nach diesem üesichtspunkt mögen 
sie denn auch im Folgenden gruppirt werden. 



§ 40. Scbwenkfeldt und Bein Anhang. 

V^l. die Absclinltte in Arnold'« Kirchen- and Ketzergeschichte, SohrAckh, IV, 
S. 5i;(. IJaur, Gescliichte der l^ehre von der Dreieinigkeit, Bd. III, ;!Ut ff. DMI- 
linger, Uefonnalion, 1,226. Üorner. EncwicklungBgOÄchlchte, II, S. 824. Erb- 
kam, Gesch. der ^rötest. Socten, S. 9ti0. Wachlcr, Leb«u und Wirken Schwenk- 
fuId'H von WM bis t52Uiiu ecbles. Pro\-iuzialbl. 1633. G.L. Hahn, Schwenk feltiii 
sententia de Christi pcrsoita et opere, yratisi.47. 0. Kadelhacli, Oeschieht« 
Schwenkfeld's und der Kchweiikftildcr in Soblesien, Laaban 1660. 

Caspar Scbwenkfeldt oder Sehweukfeld von Ossingk, einem 
Uate Im Fttrstcntbum Liegnitz, geboren om 14^0, stammte aus höherem scUe- 
sischera Adel nnd hatte um 1506 einige Jahre in Köln studlrt, doch wolü nur 



Schwettkfeldt ftir nnd gegen Lnther. 



.195 



in der Weise wie es etwa ftlr eine weltliche Laafhalin am Hofe zweckmässig 
crechien; donn er bedauert« danmla, kein Grieehincli gelernt zti liaben. Nachher 
Terlor er, wie tr ebenfalls beklagte, zwölf Jubr« »n kleiiiea Ilüfeu, zuletzt 
bei dtim FUrsten von Liegnitz, der ihn zu eeinem llofrath machte, aber 
anc-h, a1» er diese Stelle wegen Harthörigkeit niederlegen inustitu, noch 
in näherem VerbJlltnifiit zu ihm blieb. Id dieser hage trafen ihn 1519 
Luther's i^riiriflen und sie erfüllten ihn ganz; er reiste lb'2'2 nach Witten- 
berg und wurde, da sicti Lnthcr noeh auf der Wartburg befand, mit 
Karlstadt und Thumas MUnxer bekannt. Seit 1!)'J4 inaclite er Auätalt» 
in seiner Ueimath, besonders in liie{;nitz i^elher, nntor Zustimmung seines 
Fürsten und in Verbind tiog mit einigen dortigen Predigern im Cultna 
einige Aendernngen %n treffen, da^ Abendmahl nnter beider flestalt nnd 
die evaugoliscbp Predigt eioBuftlbren und m^r die Kindertaufe ausKiisetzcn. 
Er selbst, obwohl nicht Geistlicher sondern Edelmann und nofmaun, hielt 
Vorträge in PrlvatvcrHammlungeu , au denen Fltr^len uud Biseböle Theil 
nahmen, fonlerto wifitere Reformen vom Bisrhof von Hreatau und bekannte 
siGh damals in einer tiehrifl cn der Lehre von der Rechtfertigung durch 
den Olanhen, jedoch nnter Besorgnisaen , welche er aus der Leichtigkeit 
ihres Uiflsbrau(;)iä schupfte. 

Schwenkfeldt sah mit Luther den Pohler des herrschenden kirch- 
lichen Zutitjindc'ä In der wifdcr aufgcnoiDnienLMi jüdi»t^hen Wcrkheitigkeit 
nnd in der Ei^ntworthnug und VeriiuBserlirlinug ^U>e■ religiösen Gei)»t«^B; er 
erstrebte im Sinne der Mystik, iu welcher er Tanler und die deutsehe 
Theologie als Vorgttnger bezeiclinete, einen reinen .SpirituallsmuH, indem er 
die innigste geistige Gemeinsohiift zwischen Gott und Meuseb als höchstes 
Qnt liinstellto, ohne jodoch irgend eine meuschlirhe Vennittclung oder 
Versinnlichuiig als nöthig und wirksam (Ibrig zu lassen. Er hegte also 
einen rtiformatorischen (iodanken, den er aber über die von den deutschen 
Reformatoren inne gehaltenen .Schranken liinanswuchcrn lieas ; denn es 
ergab sich daran» eine Gonngschätzung dfw Acusseren auch bei dem 
6acramont, ebenso des slchibareu Cultus, der Predigt uud des Predigtamt«. 
Aussor dem zu Gott erhobenen Menschen, durch welchen allein der Geist 
Terli«hen nnd alle Gottesgera einecliaft hervorgebracht wird, giobt es nach 
seiner Meinung kein Medium; no^h aussf^rdem ein solches fordern ^ heisst 
Creatnren Christo überordnen. 

Darüber kam Schwtnkfeldt zuerst mit Lnther auseinander, gerade 
Ctt der Zeit als dessen Streit gegen Zwingli begonnen hatte. Schwenk- 
feldt glaubt« aus Joh. 6, 51: „ich bin das lebendige vum lUmmel ge- 
kommene Brodt des Lebens", — „das Brodt, das ich geben werde, ist 
mein Fleisch", wie aus einer Offenbarung flber die Abend mahUlehre und 
überhaupt über die Lehre von Christo den allein richtigen Anfschluss 
gewonnen zu haben, dasa nSmlicIi Brodt und Wein nicht als Snbject, 



99« 



Inng. 



HKt 



sondern als PrJUlicBt zu nehmen &eien, Christne Also mit den BtnBetznngs- 
worira nur sagün wolle, or selbst, sein Leib soi etwas wie Brodt und 
Wf>in, etwiM NähreDtlus nnd StJirkeDdpA für den Menschen ; er kehrte also 
die Worte dahin um, das» er in dem Loibo Christi die dem Brodt nnd 
Wein vrrgleichbÄrc äIho nJlhrpmlo Geraeinscliaft mit diesem enthalten und 
dar^'cboteu »ali. Ata er nun auf einer zweiten Reise uach Wittenberg 
in Sachen seines Fürsten 1&3A Luthern seine Ansieht vortrug, wurde er 
bri mrhrtttf^igen Geoprüchen in Gc^Miwart Bugenhatcnn'» selir hart von 
ihm augvlasRea: „Entweder ihr oder wir, srhrleb er ihm Knnlrk, mttssen 
den TeufeU leibeigen Acin, weil wir uns beiderseits Gottes Worts rflbmcu"; 
und noch »tArknr laut«te Luthor's üegenerklArnog in dem grossen 
Bokenotnias vom Abendmahl *) 

Trots aller stets benengten Verehrung sehrieh nun anrh Schwenk- 
feldt gegen Luther'» Abendmalilelehi'c, indom er beklagte, dass dieser 
sichthar<<n Dingen einen Wertli heüpge, wie er allein ilem Geiale zukommei.^ 
Bald nachher kam er mit den Schweizern Zwingll und Oekolampadiusj 
von denen sein Fürst eii^Ii Männer fOr eine von ihm zu gründende Lehr- 
anstalt vontchlagon liea», in VorbindDDg, nnd als Erzherzog Ferdinand^ 
nltt König von Böhmen den Fürsten von Liegnitz ermahnte, diesen ><eaer( 
nicht mehr bei »ich »n duldini, voTliess Schwrnkfoldl freiwillig Schlesiei 
suchte die nenen l-Veuntle im Süden auf nnd lebte zunächst 1529 — 'M 
ftinf Jahre laug in Strassburg hei Capito und Bucer. Aber auch diesen 
konnte er es nicht langt* rfchtmachen, dn er sich seine unabhängige, lei 
begierige, beobachtende, nach allen Seiten hin anerkennende oder tadelnde 
nnd doch wirrter neutrale Stellung selbst in einer Zeit so heftiger Partei- 
nahme nicht wollte cutrcisBcn laaseu. Eine Heise durch Dcutacbland zeig! 
ihm nachth(>ilige Frtlrhtc der Keformation in der aufgeißateu Kirchenzucb^' 
in der Ilabsucht der Führer, in dem neuen klerikaliächcn nochmnth der 
Geistllcbeu, so dass er schon damab an Orten, wo die Keformation nJcl 
ausgebreitet war, mehr Frömmigkeit wahrzunehmen glaubte, üeber solcl 
Erfahrungen wenigstens verbreiteten sich sehr unverholen seine zahlreichen, 
Schriften, darflher auch seine Privatvorträgo , zu welchen er, wohin 
kam, Anhäßgur und ^uhi^rer beranzuzieheu pflegte. Schon aber daas 
mit allerlei Leuten, Katliulikcn und WiedrnliLuferii umgjug, das Gute ai 
Jedem aufsuchte und es dem Gegner zur Narhaclituug vorhielt, erbittet 
anch Alle gegen ihn. Nur die negative Seite der Kirchcnverbessomni 
die Zerstörung des Papstlliums bezeichnete er als ihr Verdienst, keiiM 
Weges was sie positiv an die Stelle des Alten gesetzt habe. Er verniu 
die Frdebte im cLrißlücbeu Leben, er hescbrieb, wie die Lehren von d< 
vßlligeu Unkraft des ^leiischen, vom unfreien Willen und von der Rocl 



•) ErbkatH, a.a.O. 8,369—71. 



tioLwenkfeldt's Leben nnd Lebre. 



at»7 



,,. feitigaiig als Piivileghira sicherea .Sündigens gemif^braucht nnd die eigene 
^B BnsH« dabei vernachläsäigt würde, und daas die Hlärkstuu AcuttsiTUOK^^a 
^^ Lutber's gar nirlit nraliin kflnnten , »olclier Ijeicbtfi'itigkbit Vorscbnb zu 
leisten.*) Er be)iau[itutf »elbut, wie ihm BulMiigcr achuu L&34 vürwarf: 
ecclesiam noslrnm nihil aiiiui rsse fpifwi tyraitmUem . ut »{wie armi^ et 
edictis stfnatnrum lUtatitr. liiicur verklage ihn beim Miigistrat von 
Straasburg, weil er die Vollkummeuheil dt-r Christen zu buch Melle, die 
Predigt und die Kirchen verachte^ und nur mit Malie kam Ih'Ali eine 
Ueboreiokunft zu Stande , daas eic sich gegenseitig nicht mehr lästern 
vrolltcn- 

Bald wurde sein Lebeu noch nnrahij^r und unAtoter. Er wandiö 
flieh znnärhtit nach L'lm, d»im wt<it(:r iinch Liitid»ii, ftppyer und uarh 
WUrteniberg zum Herzog Ulrich, dem t-r liekutiut war und wo er unter 
dem höheren Adel Verwandte vorfand. Hier versammelte er klpine 
OenoaiseDächiifteu nnd Ctinveutibcl, nahm jednch selber nicht am Abend- 
mahl Theil, weil die Oclolirten über dessen Üeileutnng noch uneinig seien 
and er sich nicht das Gericht essen woUt;, und biwog zuweilen auch seine 
Anhänger an diesem „.Stillstand"; ebenso verhielt er sich zur Kindi*r- 
taufe.**) Grusften Widerwillen muüätti es auf den vtrachicdenstitn Seiten 
erregen, doss er gerade Ih'A^ und kurz noch der endlich erreichten 
Witlenberger Cuucurdie mit einer spccicllen Polemik über die Lehre von 
den Naturen Christi hervortrat Seine llanptfordei-ung geht dahin , ditas 
aut^rkannt werden müsse , auch das Fleisc h Christi habe au seiner 
Erhöhung Theil genommen, sei „vergottet" und keine tVeatur, gehöre 
unzertrennlich zu seinem Weseu und werde also mit aufgenommen, wo 
nnd wohin Chrit>tus aufgenommen werde. Dies sollte nichta Neues Bciii, 
oondern nur die rechte Lehre dur Kirche, nach welcher Christus auch 
seiner meuHcbllchen Natur nach den Creaturcn nicht glcluhgeatellt werden 
dürfe, sondern einen höheren und göttlichen Charakter ann<^hme; docli 
dritngten aolohe Voi'stellnngen wieder In die .Streitfragen zurück, welche 
ruhen massteu, wenn die Witteubcrj^vr Concurdic Bcatand haben sollte.'**) 
Auch in der Lebre von der Hechtfeiiigung schien ihm die Annahme 
l>Iosser Imputation durchaus uugeullgcud, er postulirCe, dariu mit Osiander 
flberciit stimmend , ein wirkliche» Gostaltgewiunen und Wohuuug- 
machcn Christi iu dcu Gläubigen. Aueb der Wiedergeborene steht nicht 
mehr vOllig innerhalb des GescbafTeuen, er ist von Gott gezeugt, denn 



*) S. dio Stellcu bei Dtilllngcr, dio Rofunnation , ihre Entwicklung, 1, 
8. 215, 19 — 51, 23«. 
••) Erbkam, S. 4ü4. 

***) Hierher gohürt Schwoakfeldts Kurze giUndllche Verantwortung vmn Ur- 
spmnfre ded Plcischns t'tirUii, und seine Confossiou in den „christlirhen orthodoxen 
BUchüru", liJ. 1. ö. liorn or, Ji. a. O. S. üü» tf. 



»)8 



Dritte AbUiellaiig. Erster Abschnitt g 40. 



dviii Keime oaoh trägt er ein gf>ttliches Wesen und einen verklärten Leib 
in tilrL RbenMo behauploLo «r, daaa A'w Rede (^nes gottloHt^n Predigers 
keine Frucht haben küiiue, während die Luthtruicr gcmdc damals di« 
b'nahhftiigi^keit der Wirkniigea des verkündigten Gottosworte von dem 
sittlichrn Znstande des Predigers gegen die Wledei-tÄufer bohauptctcn. 
Die» All*!» hatte deu h«ftig«ten WiderB|>rurh zur Folge. Auf einer Zu- 
sammenkunrt Lutherischer TheolDgeu ku Schmulkaldeu stif^ten sich diese 
tÖrmtieh von ihm Ion, ei^ine Ilttehi>r wurden in evangelischen DLiidoni ver- 
boten und verbrannU Luther, dem er auch 1&4:{ einige derselben za- 
gmehtekt hatte, gab nicht i)ini, sondern nur dorn tlherbringende.n Roten 
auf einem Zettel eine ao grobe Aiitwurt, da»a sie sich gar nicht woUI an- 
l'uhren tilsät,*) und er drUrkt Hieh nicht viel geUndnr in seinem Bekennt- 
nis:! Vüu 1544 über „Sienkfcld" aus. Seine eifrigsten Anhänger folgteo 
in gleichem Tune. AU lleraog Ulrich geatiirben war nud läöO Herzog 
Christoph die streng Lutherische Paiioi mehr b^gllnstigte, wurde sein 
Aufenthalt auch in Schwaben schwierig, obwohl er in diesen Gegenden 
blieb. SeUmt Melanchthon erklärte seinen Spiritualismus fUr pliautaslisch, 
oder wie Schwcnkfeldt selbst iliu llber sich orklitren lässt, er gab ihm 
Schuld, dasH er es „gar zu geistlich mache*',") und noch 15M u. AT. 
endigte eine ganze Keihe von Theologenconveoten zn Naumbnrg, Brann- 
aeliweig, Nürnberg, Frankfurt, Kegensburg mit Anfeindungen und Ver- 
wünschungen iu den stjlrksten Ausdrücken. Nnr wenige Fürsten, Joachim 
von Brandenburg und Philipp von Hessen, der sich in der Gofangeu- 
Bcbaft mit ihm beschäftigt hatte, Hchfitzten und vertheid igten ihn, wie Vit 
denu nur In kleineren Kroiscn Beifall gt^watiu, dagegen deu Uaudwerkcr- 
geist der Theologen um so mehr, da er selbst kein Theologe und Magister 
war, wider sich hatte. 

Kt starb nach diesem ousteten Wanderleben fem von seiner Ueimath 
1562 zu Ulm. Doch crlueltou sich in Schlesien und Schwaben kleine 
Ucnielnden seiner Aiiimnger, welche anch l^i.'t.'l eine (iesnmmtanggabe 
seiner Werke veranstalteten, von der aber nur drei FoUanttn erschienen 
Bindj*"} seine Briefe liegen in WolfenbUttel nngedrnekL IJebeiTeete dJeeea 
Anhangs , uucli iu Amerika , haben sicli bi» auf die Gegenwart erhalten. 
Frfth wurden die Lutherischen Zeloten, welche hier einen so geiste«- 
Tcrwandten Manu auf das von Luther gegebe-ne Signal zu verdammen 



*) Krbkam. S. :t9». BOIlinger, S. 236: „Will er nicht anfhürcn, m lasse 

er mich mit seinen BUcbloiu, die der Teufel aus ihm speiet und , 

angebeiet." 

") Arnold, )ua.O. 8-711. 

*") Christliuhe orthodoxlsche Bfk-her uod Schriften de« edetn und theuem 
Haniies C. Schw. I5<U> Von seinen .Solirlften fmUei sich ein gedruckter Katalog 
auf der Berliner Bibliothek. 



i^cb beeilten, ;uiRtt iLtrin den alten V'crkcUerern flltnllcli, daes sie BRiDe 
Lehn- luit Kiitttk-tluiiKcii wk'dcrfcabcu uitd daii» vt-rartli^ilten; denn die 
Behaiiptunf^, das« der wiedergehorene Mi'iutrli da» (jcöcU GoUeü srliou in 
dieBeto Leben volLkuuiuieu erfüllen kOnue, woWbe ihm tou Pin eine, 
Andreft nud in der roncordtenfonnfll bifigelegt wird, lit aus aeiuen 
äftliriflcu uiuht erwoisliuh. *) 

Nach öfteren Verfolgungen im XVL nod XVU. JahHinndcrt ^-urden 
die in SchleHien lebendirn HchwiMikreldter dun-h den Prediger Daniel 
Schneider in Goldberg; in einer „rnpjineii*phcn Prllfiiug", Giesg. 1708, 
öfTenÜirh, ubwuhl ohne LeideiiHcliiirt, ^ctndolt Die Regierung zog sie 
1718 znr Keehenscbafi, eine ComminHion der Jcauiten erschien und fonlertc 
mit Berufung auf kaitttTltclic VuUumchtou ihre Kinder oder vcriidngte 
G«&ngniss. Darauf Hohen l7'Jr> M<\lc in die benaclihnrtti LauAitz, wo 
Zintciidürf Einige in die ItrUdcrgeiiiuinde aufnahm, Andere begaben 
sich 17^4 nach Altona, Ilnlland und narh I'euuttylvnuien. Kurz Tor der 
preutwisrhen ßrelKtrting ScIilcaicnH wiinb-n me. siai» Neue bedrängt. 
Friedrich iL lad Alle znr Kflckkehr ein,**) doch die Auagewanderten 
blieben in Amerika. Jetzt (18-I4) befinden «icli in Decks counitj etwa 
300 Familien und 800 Mitglieder mit b Rirehen und Schulen, sie haben 
Btrenge Rirrbenzueht und gnte RibUotlieken und stehen in Avlitnug. 
Geistliche witlilen sie dnroh daft IjOOs, bei neugeborenen Kindern wird 
bloss fQr deren Seelenheil gebetet. Sunntiig früh lindet Gottesdienst tilatt^ 
Nachmittags Katcehtsmualehre tlTtr Jung und Alt. **'| 

§ 41. Sebastian Frank. 

Man Tgl. die Abschnitte bei ICvliliniu n. n- <>■ und K. Bagen, Deutschi, lirer. 
nnd r«l. Verhültnissc im Rei".-Zeiuillcr, Bd. IIT, ben. aber Ilorm. ßisuliof, .Seh. 
Fiank, Tüb. \>>1>1 und i'. Alfr. llasc. Seb. Frank der ScbwurmKeiai, L|>z. l^öl», 
wusollint iu der Vorrede die dhrigeu Uetatiunen und Kritiken von Arnold, Scitel- 
hont, Waldan, Gervinna aufgeführt werden. 

Aehnliche Scliickaalc bei verwandter Gcistusriehtung hatte Sebastian 
Frank aus Dcin.-iuw(irth in Schwaben, zu Kiide des XV. »der zn Anfang 
dee folgenden Jahrhunderts geboren. V'uu iieiiien Lebens auistilnden ist 
wenig bekannt, nicht einmal, üb er auf einer Universität gebildet war; 
mfto wirft ihm Fehler in den alten Sprachen vor und findet es deshalb 



*) Fortn. VoHC. EpUome cp. 12: error«* SchweucHfcitiitiHoru»!, Soüdn dtcl. 
^.328. 29 (70fi ed. Titim.). 

") Weehalli ilini von Amerika aus die 8clirifl dodicirl wurde: Die wesendiehc 
Lehrt! de» ilerru C. .S, uud seiner tilnnheiuigenoMen. 

■") Dan, Ruftft. Uiswry of Oie reliffious Jenominatinns 0I presenl exiiting 
M (A* uniieJ tiaUs. P/tilatt. tS44, p.$62~BS: Schwenkfetäa-i. 



lOO 



Dritte AbtbelluQfC. Enter Abacbnltt. $ 41. 



aDvalirac Hein lieb. Audi er war kein Geistlicher, lebtfi vielmehr als 
^ Literat ** uud beseliSftigt für BuclihüiidU^r oder Hclbtit als literarischer 
Unteniehmer zuerst in Nllrnberg, dauiMls t-iiier Art v^n Uanjitstadt DetiUch- 
laudä und dorn glänzciidsteii Mittclpiiukt dcateehcr Kunst wie auch welt-J 
lieber lind hiimaniHti^cher (Jultiir, actir vcrsi-hieden von Augnburg. .Man 
war dürt ooch ziumlieb tiachsichüg gegen abweicheudo Mvinungüa. Frauk 
verhtiiratbete uch 1527 und wurde mit Schwenkl'eldt und Melchior 
Hotniaiin liekanol luid mit drni Lut lie ritte he ii l'redip^r Althamoier, der 
bidi l'Ur seine biiiiüridcbcD Arbeiten interoBäirte, nachher aber 7.ur alten 
Kirehn zurückkehrte. Doch auch iu NUrnlKirg achoint Frank nicht laiigu' 
geduldet wurden zn sein; wir finden ihn seit 1531 in Stnuaburg, dann io 
Ksetingpn und oeit Ib'S'A in Ulm, wo er trotz der Hemtlhangen iitrcugor 
Lnthci'uner ihn aueweisen zu taeaen, Btlrger wurde, bis 1539 blieb, wieder* 
mit ächwenkfeldt zusamtnenlraf, auch nebenbei alü Suircnniedor arbeitete; 
endlich ging er naeh Hasel, uud hier ist er, uachdcnt ihn noch ähnlich 
wie den Lptztcren die Mi»(4hilligu«g du« Thcologeuconvents vun Schxual- 
kalden getroffen halt«;, iichoii vur 1543 gemtorben. Luther selbst scheint 
anfangs gtlustiger Hber ihn gedacht zu haben, denn er schrieb ihm t^iue 
Vorrede ^^ der SeUrifl über die Türkei, die er aus dem Latcinischeu 
aberaetjst hatte; narliher erst beurtheJlte er ihn ganz wie Schwenk-^ 
fei dt.») 

Frank war ein sehr fruchtbarer deutscher (und lateinischer) Sohrift- 
atetlur von liinturisehcr uud philuäophirender Kichtung, eben deshalb neben 
Kcknvt und Tauler, an die er ttich in einigen lieziehnngen ansrltlies«t 
und aul dit; er sich üftur beruft, Eluer der wenigen alttireti Litcrat«u,j 
von welchen pbiloKnphiAche und theologische Fragen in dentacher ui 
zwar liier nucli in ganz reiner und bewundernswürdig reicher und bif 
aamer Sprache, welche auch Vi I mar rühmend anerkennt, vorgetmgei 
werden. **) 

Seine historischen Uauptschriften , welche aber durch Qberall ein-, 
gestreute Urtheile zugleich seine eigenen Ansichten verbreileu halfen,' 
bind die „Chronica, Zeltbuch uud (ieschichtsbibel von Anbeginn blft Itt 
da» gegLMiwftrtige Jahr 1531", 2. Aofl. Lim 153t>, Heine „Koituiographio^ 
oder Vi'eltbuch, Spiegel und Uildnisa des gimzen Erdbodens', TUb. 153-i, 
2. Autt 1542, ausserdem „Chronica (Jleruianiae" und „Chrunik vun df 
Franke» Auknnft, Nahrunp und Wachßthntü*', Frankf. 1539. Um dieaer] 
drei grossen populären Ueschicbtswerke ist er als Kiner der Anfänger 



*) Vielmehr hat Lutber den lateiniüchon Text rliescr von einem SieWnhUrger 
horrlihi'endcB und lö3u iu Witiciilierp; erächieneneii Türkoiichronik mit einer Vor- 
rede versehen. Nachher erat i^t gie isamrat der \'urredQ von Frank deutsch Ubcr- 
aetat worden. Siehe A. llaiie, a. a. (). S. 5. 1>. II. 

**) Vilmar, Oeaohichce der doutacbea Kat-Ut., II. Ausg. S. :i3u. 



Frank kIb Idealfat und Myaüker. 



(lentsclier Oeschiclitscliroibuog mit Recht su Ehren gebracht worden.*) 
Seinf Bamuilung deutsclipr SprücliwOrter zi^igt Um rIb witzigen ftatiriachen 
Kopf. 'In ticmeD philosoplnfirliori Scliriflcii gehören: „Dass Gutt das eine 
einig uud höchate Gut sei", von Itt'M, .^Cioldpoe Arche", Aug&b. 1538, 
„Das verpetschirte mit sieben SiegolD versclibsflene Buch", 1539 und vor 
AHoin die „r:irad()xa" von 1534, «nch nneh A. Hase das Tlauptbiich, 
»bwuhl dem Uuifaug nach ujnes der kleinste». 

Frank sntzt innerhalb seiner boroita protcstantiach gewordenen Um- 
gebungen den ht-rrschenden Tendenzen ein entsehiedrnea Selbätändlgkeil«- 
und Krciheiugüiühl entgegi-n, welches knim^ Auntorität gelten lüaat nnd 
sich von keiner l'artei gefangen DchinGn lassen will; danebcu besitzt er 
diu Ui-obiichtiiDgHgiibe niid den heilen Wrntiind dea echten Historikers *•) 
und ■Sfttirikerf», welrlc ihn selüirfdichlif; maclien fUr sehwache Seiten auch 
der anapruehAvollsteu GeHprciztheit besundei-s der Luthenachen Prediger, 
aber mich des losgela&rtencn „Herrn Oinues", und die ihn iu dem Kocht 
BeÜ»){(Uudiger Reurtlieilung Jedett ötrentliehbri Ansehens bestJLrken. Schon 
um dieaor mehr ab nnbefangeDcn, aucloritätälution , tadelMchtigcn , aber 
scharfen und weiterfahre nen Kritik willen erscheint ilieaer populäre Literat 
gans als Vorlünfer modrmtitcr lilchluugen, wie üin denn uueh liageu 
und die gegenwärtigen rianimler fQr die VorgeHohichte dea CommuniamuH 
als BiucD der bedeutcndalen VorgilDgei' in diesen UcutrebungCD anscheu. 
Man hat ilin den l^rzvater des Üumtuuniatnua genannt. Vordringend iat 
er aber auch in gewissen pliilosophtschcn GruDdanschanungen seiner an 
Erigenn, F.ckart nnd Tauler erinnernden Mystik ; denn aiia dieser 
sind »eine Ansichten von dem gcgeuseitigen V'crhilltnisa Gottes und des 
Menachcn, von der ätlnde und von Christo hervorge^ngen. Er erkannte, 
daas jede ächrifterklärung hinzuge brachte« eigenes Urtheil einschliesst, 
nud forderte, ea damit nirht leicht zn nehmen. Der Geist iat'a, der da 
lebendig macht, der Buchstabe tddtet, uar im inneren Wort Gottea, im 
Oeiatc deaaetbea ist Leben. Und nicht auf die Schrift beschränkt sicli 
Gottes Wort, die Bibel als solche „ist eigentlich uicht Gottes Wort, sondern 
dieaea iat der Sinn, Geiat und reeliter g<3llliclK!r Vurataod derselben, welchen 
Paulus den Sinn Christi, das GemfUh de« (ieistcs und Christus Gottes 
Wort nennt; darum irren zu unseren Zeiten Viele, die keinen Unterschied 
zwischen der Schrift und Gottes Wort machen nnd beide fllr Eina haben, ja 
von keinem anderen Gotteswort wissen". Die Schrift ist mir die „Schale, 
Krippe, Scheide, Lattiruo, Monstrauz, Buclistabc, Hulle und Umhang von 

*) Uebnr die Uehersencnng Joner Uteinisühen Ikschreibung der TUrkei mit 
Vorrede vun Luther s. lUgen, a.a.O. .S. :ns. 

*•) „Vrank ist F.iner der Ersten, welcher in witwenBcJiaftUclier Weise St. Petri 
Bisthuni und M»rt}Tertnil in Bou, diese Grandlage des geaammton Papstthunu 
bestreitet** Siebe Base a. a. 0. S. 47. 



403 



Oritta AbtheUuDff. Etater Absohnltt. 9 41. 



Gottes Wort", uud daruiu so atrettig; Gottes Wort aber Uegt darin nnd 
dämm and ist der „Rürn, Kind, Schwert, Ticlit, Heitij^htiin, Oeiat, Leben, 
Fülle UDd das Diog". *) „Es iBt Miesbrauch und Abgötterei, wie die 
ganze Welt mit der Schrift aingcht und für ihren ApoUiiicm bat, als dürfe 
oiau den heiligOD Geist am nichts mehr lUtbs tragen noch Gott um otwu 
mehr bf^grflsa«)]!, sondern allein die Sclirift'* „Diia innere Wort Gottes ist 
dem äusseren allerdings gleich, Gott gab den Menschen dieses, weil tüi* 
jenes nicht hffren mochten, und Christus will gerade das innere Wort 
Gottes, dun göttlichen Geist in ihnen wecken and herstellen, aber dazu 
bedarf es eben der Unterscheidung; es lligt Alles au dem l^inn der 
Schrift und an einem geistUclien Auäreclincn, wie es Gott gemeint, warum 
er ein Jedes geredet und gesagt habe.*' „Laaso sicli Niemand mit dem 
Buchstaben der Schrift betäuben und bezaubern, sondern erwäge und 
probir« icuvur die Schrift, wie sie sich mit seinem Hunten vei^leiehe; ist 
sie wider sein Gewissen und einwohnend Wort, so hüte dich beileib, sie 
ist nicht recht nnch dem .Sinn des Geistes verstaiiden uud ausgelegt, denn 
sie soll unserem Herzen und Gel»t Zeugniss geben und nicht dawider 
sein."**) „Christas ist iiif^liK so lange er ausser uns ist, er muss in uns 
geboren wurden." „CLmtus ]iat uuu die Aufgabe, den Menschen den 
Srhats zu zeigen in ihrem Inneren , Jedem als dem verlorenen Sohne in 
der Fremde zu sagen, dsss er lieimkohren möge, sein Vater zürne nicht 
mehr, ja er habe nie gezllrnt."***) In der besonderen Schrift: „Das mit 
sieben Siegeln vorpotscbirte Buch", auf Veranlassung einer früheren Svhrift 
seines Freunde« Althammer in Nürnberg: ConcHiatio hcorum xcripturue, 
t/iuie prima facic hUer xg pttgnme vuleutur, /32S, vcrfasst, stellt Frank 
widersprechende Htellen der Bibel einander entgegen und folgert, ohne sie 
auszugleichen, aus Ihueu, Gott wolle zu erkcnucu geben, „dass wir nicht 
vermessen und zu sieber allein auf dem Hurhataben beruhten nnd einen 
Abgott daraus machten**, sondern „dass wir wieder daraus zurück iu und 
2u ihm getrieben eilen mUsaten". »Der Bnehatab ist des Tenfels Sitz, 
mit dem Uucbstaben haben die Pharisäer Christum todtgesclilagen uud die 
heutigen uiaehen es ebenso"; „der Buehstab kann nicht der Probirstcin 
der Geister sein, sondern nur der Geist derselben". ,paä ganze Evangelium 



*) Debet Seb. Frank'a Klugreden (8priichw{trter) und die flluf Aosgabttn der- 
selben ein Aufsatx ron J. Frank im tierapeum von l^Cti Nr. 12. 

") „Es ist oiu falscher Wahn und grosse Thorheic, dass Menschen-Kunet mi3 
Irlastt (iottea Wort oder Schritt sollen erleueblen, ileutcn und auslegen. Wie kann 
das Kind die Weisheit rechtfertigen, ein Siemlein die Sonne erleuchten nnil der 
Ulinde vom Lichte itrthcilen nnd xeugen." „Darum hat auch (.'hriätus mit keinetn 
Volk mifgen weiüger atisriobten, ist auch kein Volk noch heute Gott so gar 
zuwider als die gelehrte WelL" Hase, S. 27. ilagon, IU, ä.3;^0— 4U. 
•") Brbkam, S. 2% ff. 3IG. Hase, a 203. 4. 



Fruk Aber Gott nnd Welt, Trlnltilt 



403 



Ist witlor tlu AUo Testament; wa» Cliriatua gegen Tempel, GesetK, Be- 
selmeidung redete daa ist AIIps gegi.TU den ßucliBlahcii des Alteu Trstaiiicntii 
and für denseu Aufhebung; darum iat und bleibt der Bucluttabe des Auti- 
cbrists Schwert nnd Sitz, or hat den llnohstaboD ftlr sich, aber den Sinn 
dt;r Schrift wider sich." Uud vullendä durch das subtilen: Tbeologmireu 
und Disptitirön ftlhrt der Ti^ufel die Mcugvhen wieder auf „aeiuen alten 
Holzweg ab."*) 

Schon diese Grundsätze und die „Verwerfung deii formalen Princips", 
die sich freilich dem MiAahrauch und der Willkür ülark auusetzle, in der 
aber doch Manches achrifhnassiger war als die Lehre, daas der Geist aur 
durch das verhum e.cternutn gegcbi^u werde, genflgttu, nm auch Luther 
zaietzt gegen Frank wie gegen Schwenkfeldt entschiedou einzunehmen. 
Er sagte später: „soviel ich dem Gcrtich meiner Nasen nachspüren und 
nrtheilen kann: so ist er ein Knthufiiftst und Gelstorer gewesen, dorn 
nichts gefällt als Geist, Geist, Geist, der von Woi*!, Sacrament uud Predigt- 
amt nichts liiilt, ein Läittcrinaut nnd des Tenfels liebstes Maul und sein 
üigcu'*, — welchen er, Luther, zu hoch verachtet, als das« er gegen ihn 
liStte schreiben raögeri. Gegen die Geistcrer ist Luther am meisten auf- 
gebracht; und doch will er keine Dlsciplin wie Calviu, er will sie, sieht 
man, aber unr durch die (von ihm) Torgcschriehciio Lehre. In Biidoren 
Acnaserungen bezeichnet er Frank'g Talent als das eines tendeuxidsen 
Vulk BSC hrt liste Hers und darum so gefUhrlich. **) 

Aber zu solcher Verwerfung mochten ihm wohl erst de^isen eigentlich 
pbitosophiäcbe febcrzeugungen and seine Ansicht von Christus den vollen 
Aubtsä geben. Trank behült nämlich keiucn oder nur einen relativen 
Unterschied übrig zwischen Gott uud Welt „Gott ist Alles, sagt er, Ja 
Alles in Allem, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge Substanz, Wesen 
und Leben"; ,,sonst ist kein Wesen, hat auch nichts ein Wesen an ihm 
selbst, sondern von Gott und Alles in Gott". Ebenso brauchte er Outt, 
Wort Gottes, Geist, öohn Gottes, Natur auch als gleichbedeutende Aus- 
drücke ftlr dieselbe KrafT; sogar eine ImmaucuE Gottes auch in niederen 
Geschöpfen wie den Thieron wird ihm, wie Servet von ('alvin, vor- 
geworfen.'") ,,Dcr heilige Geist ist nichts anders denn Gottes Ilaud, Kraft, 
Finger, Güte, damit er in allen Dingen lebt, schwebt und weht", ,;Uud iitt 
kein Untersclüed von dem Wort", „darum wird ja Eins fOi' das Andere 
genommen in der ächrift", „Vater, Sohn und heiliger Geiul siud im Wesen 
Eins und Gott, und dieser einige Gi^Ut ist in der äubstuuz ein heiliger 
Geist". Daher ist oon auch der Mensch göttlichen Wesens, GegenscbeiD 



•> Vurredo zur gühl-aen Arche. S. 14. Vgl. Uagcu ITI, S. Xtft. Hase S. 209. 
") Audi Melniicli tliun stiuiiute gegen ihu, ». Biituliuf, S. tö. »S. 39. 
•") Bisohuf, S.20I. 



Gottes, nnd er bedarf deslialb nur in Bich einzukehren nnd seiner Natur 
zu fulgeo, um dum guttlicliun WHleu nachzukuinmen, wie Plato und die 
Alten gethan, was freilich jetzt schwur hflit, „denn wcnu wir lange liin 
und her fahren von einem Muistcr, Gclehrlcu, Buch zum anderen: so 
m5gcn wir doch nicht gewisn srhlieasen noch unBt^r Ocwifiaen versiehert 
darauf vcrlasscu und zufrlodeuHtcllcn, wuil sie alle sich eiuaudor wider- 
Bprcchou'^, „and so mnss ja d(^^ Mensch cr&t zu sich selbst einkehren, 
urtheilen und in ihm ttich finden, was und welcher Recht und Unrecht 
hahe, nnd das Unrecht, mit g^osttor Mlllie gf-lernt und eingetragen, mit 
viel grOaaerur Arbeit riitlenion". Oder viohnohr uaeh anderen Stellen: 
„Der Mensch ist von Gott aub nicIifA g:(wc1iaJfeii , dnher kann er »ich 
auch von Gutt zu dem Ntehtä wenden und ect zu einen) Etwaei zu uiaeheu 
Bachen; oa steht ihm frei, nicht Gottes Willen sti wollen, welcher zugleich 
der seiner innentteu Natur hl, M^uderu seiu nichligeii Selbst, uud indem 
er diejieB 7.u Gutt machen will, Büniligt er." Der Memtrh i>it „nine wunder- 
liche Mixtur ans Tod und Leben, von zwei gar widerlichen Natureo zu 
ewiger Ritterschart", ,,das gut oder b«8 Sttnilein liegt sehou im Acker, zu 
welchem Kincr nur still hält, daas es in ihm aufwachse; nauli dem wird 
er gonanut Adam oder Christus", — Satze die noch keinen durchgoftüirten 
Pantheismus darbieten, wi<: er in den ersten augekündigt wird.*) Und 
wo der Mensch abgegangen ist von dem Willen Gottes, welcher auch sein 
eigener ist, — was aber kelneswogs allgemein geschehen, da sieh nulmehr 
in Jedem noch ein gutes und g<ittlich«rt Klement heraussncben und heraus- 
flnden lilsat, — da bedeutet, worauf der ätaudpunkt der heiligen SchriA 
hinfuhrt, „natürlich" nicht mehr wie bei den Alten gut, sondern bftoe; 
und obgleich Gott DiCDSchlicbcu Afic^'ten nicht unterliegt: so ist es daim 
doch der menschgewordcne Gott In ihm, der tlber die Sflnde trauert, 
und schon dies ein LcidoD Christi in ihm. Wo dagegen der Mensch in 
den in seinem Inneren verborgenen Willen eindringt, da wird, soweit 
dies geschieht, Gott immer wieder Mensch und Cliristus Fleisch in ihm.**) 
Damit hüngt denn aiieh seine Auffassung des ganzen Christen thums 
zusammcu. Wie Gott uud der göttliche Geist und Christus einander gleich 
und ewig und (Iberall zum Dasein erforderlich sind: so war da» Wesent- 
liche ihrer Wirkungen uuch schon jederzeit und im Hcidcnthnm selber 
gesetzt, nur daas es damals anders benannt wurde. „Es ist gleichviel, 
du sagst Glaube, Liebe, Gesetz, Gottesfurcht, noffnuug. Gebet oder Christus 
mache selig, douu es Ist Alles gleich, es sind uur andere Namen.***) 



*) V^l. Osse, a.a.O. S. ICSff., woselbst Frank ebenfalls mehr als M>'8tiker 
und flstremer Idealist dono als oonsequentcr Ponthoist dargvstollt wird. I). II. 
") Ha«en, 8. :i33. 39. 77. SO. 
"") Hagen, S. 357 — 62. 



A 



^^ 



Frank. GUIdenc Arche. 



405 



Demgcmäas legte Frank ähnlich wie Schwenkfeldt aar geringen 
Wertfa auf CuUns und Sacrament, und er bezeichnet auch das Verfllbre- 
rische, was Ucbcrninoss und UcbcrscLätziiug lu diesen Diugcu um sü mehr 
hab«n könne, weil ihr (icbraiirh mit jeder Gesinnung verträglich sei. KUr 
ein gerllnschvolles eeclenhAftes AuBcinaudei-lauren der Menschen war er 
jedoch keineswegs eingenommen, Ilt^n^ worauf es Allein ankomme, tlass 
wie in der Welt Unkraut und Waizon Eudammeu wachsen sollen bis zum 
Ende, das lasse aioh in jeder Gerne inacliaft verwirklichen.*) Dennoch 
urtheilt er über die allgemeine sittliche Depravution so ungünstig und 
flieht SU schwarz, da^is er dies Knile sehr nahe glaubt Der deutsche 
NutiODftlcbarakter mit seinen Schwachen und Kiaseltigkeiten bleibt ditbei 
nicht unbeachtet. Das G em ein sc haft brechen we^en der Lehre gilt ihm 
besonders als etwas Deutsches; es ist die nnpraktlscbe qvereUe d'AUe' 
tnajiö, welche ein übermilsaigcs Hiueintraj^eu der Schule und der Gclehrteu- 
ariälokralie in daii Leben dfir Gemeinde Kur Folge hat**) 

Frank war ein geistvoller Volksschriflstcller und als Kritiker und 
Historiker höchst bedeutungsvoll, der aber, nicht Überall mit sich selbst 
Übereinstimmend, durch ausschweifende Behauptungen die Sclimnken Volks- 
thUmlicbeT Wahrheit und Wirkung selbst wieder dnrcbbraoh. Kr mnss im 
Verhflltniss zu denen beurlhellt werden, die er beatritt und richtete und an 
deren Schärfen, Schroffheiten uud Kerhtbabereien er irre geworden war. 
In einigen ^Vnsichtcu wie mimeutUcL iu dem Gegensatz zu der buchstäb- 
lichen ßcliandlung des Schriftwortes und In der Dctounng des snbjectiven 

*) In der „Ketzerchronik" faeUst es: „Untor'den Ketzern aber sind viele 
theure gottselige Leute, die mehr (r«ist In einem Finder hjitien, denn der Antj- 
ctufst in alten seinen äecten." — „Christen sind alleweg der Welt Ketzer gewöseo, 
darum stehen sie mit grossen Ehren in diesem Ueglster.*' Hase, S- 39. 

") nierher gohJJrt besonders die „Güldene Arcli, darin der Kern und die 
besten nanptsprticb der h. Schrift, alten Lehrer und Viiter der Kirche, auch der 
erleachteien Fleiden omi Philnwphen susammengetragen", tM8, fol. Die Vorrede 
nennt diese .Schrift eine „Concordana", welche die Absicht habe, wichtige und 
erbiiulichc Gediinken darüber , was Gott sei und was wir seien, nicht aber lUe 
kleinen ^oräticu enden Streitfragen, welche der Teufel uns iu den Weg werfe, in's 
Auge zu fassen und tllr deren Vcratäudnise IclirreJube Parallels teilen der sich 
selb»! erklärenden heiLigeu Sclu-ift xu »aminelu. Wie Mcdca üir Kind zerrissen 
und dem Jason die Glieder in den Weg gestreut habe, um ihn aufzulialten, 
,.gerade also Uiut uns der Satiiu auch; mit unnützen Fragen und KUnsten werden 
vir vieltültig aufgebalten, dass wir uns diiran verglatfen und müde lesen, schreiben 
und diapiitiren; derweil unterlassen wir die Nothstück, su Gott, damit Niemand 
kein Ansred hürt, in die lafel unseres Herzens hat geschrieben und deren uns 
uuaer GewiABco tiiuttendmnl U1<erteiigt. At»o l&t's dahin kommen, dass mun soviel 
GrÜta in der Nasen und hoch unnütz SubtiUtät, IHapiitireo, wnnderbarlich Fragen 
Un Glauben hat, das» uriser Glaub kein Lieh und Ueweisung mit der Kraft und 
Ausspruch dureh die Lieb mehr ist, aonderu ein lauter ewig's Fragen, Dispntiren, 
Boden, SehwHtzen, KiUistclu uud SubtUitüt." 



406 



Dritte Abtheilaag. ErBter Ahschnitt. § 42. 



Gewisfloa&prinripit berührte sich mit ibm such Tlioobald Tbamcr, ein 
grhorener KlaHnspr, übri^nß ein g»«« andftrs gPÄrtpUr Mann, welchpr als 
oifrtger ScIiUlcr Luther'» iu Wittcnbori; begoiiaen hatte, Onuii tlb4.ir djc 
Lehre von der Rcchtr^rtignii^ and Anderoft gänzlirh mit diesem xerficl 
und zuletzt I5r>7 mit drin Rücktritt 7.ur Rt^mrsi'bfn Kirche ondtgte. Er 
stÄrb 16(J9 als ProfcBBor der Theologie in Freiburg.') 



§ 42. Die Wiedertäufer. 

Jiiftliiti Menius"), rtPr Wlderteiiffer L<?ro nnd ffehPHiiniB« ans 11. S. widerlegt, 
Witt ih'Mt. Disrfiolbe Vod U. Geist der Wiederi., Witt. I.MI. II. BiiMioKor. 
r>. Vr'. T. nraprong, nirgaDg, Secton, Zur. InfiO. J. t)tte, Antuä. anahaplittici, 
Bas. /672. V. Krohn. WT. in Nifderiientechl., Lpi. 175S. Winter, Gench. 
d. bair. WT.. Milnph. IWi!). Hofhhuth in Nttulner"» ZWchr. f. HbL Th. IV.^. 
K. Bnuterweck, Zur l.ft. und (tP8<ib. d. Wl'.. Itoan (S6&. lTeb«r die Unruhen 
iD MUnAt«r fliehe dtf^ Literatur imtea 

Dio Ofldanken Ton dem nBrufenaein Aller zu einom hetU^a und 
prieaterlirhen Opurhlerlit und dämm auch von der Berechtigung Aller zu 
einer laoge voronthaltenen Freiheit, roii dem Geiste, der den Kin«elnen 
errtllUm milaeo , ala dem Einen Notbwoudigi)n , von dun antichriittliclu-n 
Anmwuwungeu de« Pap«ti'H nnd der l'fajfen, von der Pflicht der I^aien, 
mitzahulfeu im Kampfe gegen dies« Verderbniese, von dem alten offenen 
nnd hell tn die Lande scheinenden Rvaugelium, von der beMerun Zeit der 
kirchlichen Gemeinschaft und von der Kirche der Zukunft, die erst 
gewoiinfrii werden niüaoe, — alle diese Auiuirhten und Mabnwnrte drangen 
durcti Liither's erste nnd aufregendste populäre Flugschriften frühzeitig 
und wcüthin auch in solche Kreise, welchen es an Bildung und MUssigung 
fehlte, sie zn beberrpchon und mit Vermeidung des nahe liegenden Miaa- 
braueha anzuwenden, und wo ein sonstiger iJruck die Ungeduld steigertcL 
Selbst das deutsche Neue Testament mit der Apokalypse am Scblusa 
konnte in diesen Schichten der Geäellschaft die schon eut^itandenc Auf- 
regung noch vorrachren. Schon bei dem AdeUkrieg, welcher J523 durch 
die Bealcgung Bickingcn's nnd die Zerstörung vieler Burgen sein Endo 
erreichte, wirkten jene Ideen, nicht minder w.ihrend dea [lauemkriegea, 
welcher 1525 nnd 1520* noch gewaltsamer gedämpft wurde. Von den- 
selben Impulsen sollt« nun ancli der Gewcrbstand in den Städten ergi-iffen 
nnd fortgezügen werden. Aach aus diesrm, besonders dem wandernden, 
traten an sehr verschiedenen Ui-teu schwürmerisehe VolksfUhrer auf, and 
zwar um so mehr in einer cxcentrischen and träumerischen Stimmnng, jr. 

*) B* Theoh. Thameri Viia et scriptU, Mary. iSSS. Niedner's Zettschr. f. 
bist. Theol. IStir. Neander, lli. Tharaer. BcrI. |SI2. 

**) ii. h. .Schmidt, Justuft Meuiu», 2 Bde., Gotli. iMiT, S. 1, I.Vi ff. Joh. 
Wigand, De anabapiismo, Gedan. 1702. 



Die Wiedertflafer. Aaehreltanff und Ctart 



401 



Eeltener io Deutschland cigcntÜrh da« poliÜsrlie Urthfttl geworden oder 
geblieben war. Dorh waren sie ungleich goartet, bald mehr aakotisrh 
auf atrcngere Sitte dringenil, bHld anagelipncl von don Fordprnnpen coinmo- 
QJätischer Gleichniaohnng nnd GtitergemeiuschafU Wir tinden sie in Sachften, 
!□ Franken, in der Schweiz iiad den KroBtu>n KQddoQtfirhon HUdten nnil In 
dt>n NiedoHanden; nirtglirh üiti» in dem letzten Lande anch noch Ceber- 
UeferunK älterer oppositioneller Parteien, — wie man namentUrh an Peter 
vnn Brnis grdacht hat, — mitwiritte, IHese dritte Bewegnog, die sich 
nat-'h dor Aiifrcgiiag des Adel« und der Bauern EunSchät unter den 
wandBrnden Handwerkern verbreitete ^ war die der Wiedertäufer. *) 
Wie aber Volkisparteien in der Kirche Bich gvrn an eine augeofkUigo 
Einzelnheit hilngen, die Hnsiüti'n an den Abendmahlakelch — : so waren 
dieBmal alle Ansiehten über Verwerflichkeit und Ungültigkeit der Kiudcr- 
tanfr einig, thvÜM itclion durch das Nene Teatiment bewogen, welehüB 
von dieser nichts sagt, theils wohl anch durch die Vorauseotzung, das» 
Audi dem Saerumcnt der tilauhe vorausgehen mllBse, theila vielleicht in 
linbowusBt^r llinueigung su der Vorstellung, dass C6 der freien Wahl 
einM Jeden flberla««en werdtm mtlHtte, in dio Kirche einzutreten oder 
nicht; ~ denn die Verrnnthnug eines solchen Zuges von Euuiucipation 
hat dip kirchltehe Itenrthcilnng der WipdortÄiifer jederzeit verscliärft. 
Ebenso vindioirtcn sie sich in ihrer Exaltation das Hecht, neben dem 
AusHeren Scliriftwort auch noch ein inneres aich anzncignnn and lu be- 
folgen nnd nach dieecm letzteren anch jene« andere anszolegen ; nnd an« 
dieaem Princip konnten aio alle ihre schwilrraerischen WUnarhe rooht- 
fertigen wie die Dnrchfllhrnng de« Evangelinnm in allgemeiner Gleich- 
machung, Aufhebung der iSchnti^n, Steuern und Privilegien, Abachaffong 
der grossen Uansen. **) 

In SachHen gingen solche Männer von Zwickau ans. Zwei Tuchmacher, 
Nikolans Storch nnd Marcus ThomJI, dazn ihr Prediger Thomas 
M tl uze r aus ätolborg , vorher rastlos umbcrgctriebcu in Oschersloben, 



*) Eine vierfache Insnrrectton richtete sich gegen das geschwächte Reich, dio 
erste der groBsen Ftlraten, die zweite der kleinen Reich sunmirtelbaren als Adola- 
krieg, dio dritte der Bauern als Bauernkrieg, dio vierte der Handwerker als 
WiedertSnforei. Nur die erste siegte bis xnr Eroberung eines Reohcabodena. 

••) Dio Wlcdcrtäoferei war wirklich eine i'oneeqncnz dessen, worin Luther 
vorangegangen war. Luther'« Hetreiiing von dar liberlioforten Esegese, seine 
HuAsitisch abweicheudo .Sohrifterklitmiig schupfte, wenu auch iinuingeslandon und 
uubcwnsst, aus lieiu eigenen Geiste gegen ilie Tradition. Diu WiedortKufor 
gingen, fast als durchschanten sie dies, den kleinen Bchritt weiter, sich sogleich 
setbet, nur ohne Schrift, auf den «eist, der sie trieb, zu berufen. Pic Früchte 
dieser FolgoruDg brachten anch Luther zur Raison nnd hatteu eben hierdurch 
wohlthäcige Wirkangcn, iln nun eine UcformaUun nicht der Radicaten. sondern 
der MaasBvoUoD und darau eine heilsame zur ÄuafUttrnng kam. 



iJ 



40b 



Dritlfl Abtheilung. Erster Abschnitt. $ 42. 



BrauDSchwcig, wo er Lehrer an der Martinsechule war, and in Halle, 
ibnen arblosüen sicli noch zwol Audcrc au, cm Witteuberger Student 
Marens Stübner und ein Schwabe Martin Cellnrius, welcher unter 
Melancbthun's Schutz in Wittenberg Privatunterricht ^ab. Hier in 
Wittenberg fand sie Lather, iiIb er von der Wartburg zurQrlckam , htor 
rühmten sie sich gegen ihn Ihrer Eiugebungcu ; er sticfts sie heftig zurllck, 
and als dann Uttnzcr 1533 In Alstodt nnd 1525 in Mühlbanseo xnm 
Prediger gewählt wurde und die Erhitzung wuchs, fulgtc der schon 
entäblt« Ansgang. Mllnzer hatte sich anoh in Klugsohrtften vernehmen 
lassen wie ,,Proteat and Entbieluug", Alstcdt 1524;*) „Ausgedruckte Bnt- 
blOiisnng des fateehen Glatibena der nngf^trenen Welt, Kzrch. 8, — Liebe 
Gceellen, hle&s es, Insst uns das Loch weiter machen, auf dass alle Welt 
sehen und greifen müge, wer unsere grossen Hansen sind, die Gott w> 
UsterUch zum geoiiilteu M^nulein gemacht haben, Jerem. 23", — Mdlil- 
hausen 1Ö24; „äehutzreden wider das geistlose sanftlebende Fleisch in 
Wittenberg, welche« durch den Diebstahl der b. Schrift die erbsrmliehö 
Christenheit ho ganz jJLmiiierlich besudelt bat" 1524. Der Verfasser, 
Tauler'scbe Gcdauken carikiroud, dringt auf ein Ringen nach Gemein- 
achaA mit Gott nnd mit sicIi selbst durch „Butgrt^bang", d. b. Erhebung 
Über das Grobe nnd Materielle, über das Fleisch und die Bctrübuiss; da- 
durch wird der Muuscli was Christus von Natnr ist, ein Sohn Gott«a; 
die Menschen aber wollen nicht diesen Kampf, diesen „bitteren Ührietaa", 
sie wollen nur den „süssen Christus", wie ihn Luther predigt, und 
werden sich „an Honig todt fressen"; nur durch den bitteren Christus 
nimmt man den heiligen Geist auf und wird auch emptUngUcb fUr das 
gdttlivbc Wort nnmittelbar und zum Voratürdniss der heiligen Schrift. 

Solche Declamationeu faudcu zuuüchat in der Schweiz clucn schon 
bereiteten Boden, wo, wie früher gesagt, Zwingli MUho hatte, sie zu be- 
streiten, wo aber dennoch sein Widerstand durchdrang. Seit 1526 begaonen 
die schweizerischen Staaten die neuen Aufruhrer als geßtirlichen Radica- 
lismus zu verfolgen; das Wiedertaufen wurde bei Todesstrafe verboten, 
und schon 1527 wurden drei Anstifter, unter ihnen Felix Manz, in der 
Limraath ertränkt Zu einem derartigen Ueschlusii vereinigte sieh 1530 
die ganze Tagaatzung, auch die blossen Zuhörer sollte Qeßlngui&s and 
Gllterconfiscatiou tretTen. Aus der Scliweiz verdrangt, doch auch un- 
abhängig von dieser Ausweisung crschcineu die Wiedertäufer zumal inner- 
halb des LIandwcrkcrätaudca an vielen Orten; sie verzweigten sich bis 
weithin nach SUd deutsch Und und Oestcrreich und ihre Bewegungen, lang' 
samer aber umfangreicher als die des Bauern- und Adelskheges, nahmen 



*) AusfUlu-l. Titel bei Erbkam, & 510. AustUge in Arnold'a Kirchen- 
gcschichto rii. II, S3G ff., ScbafTb. 1710. 



^ 



WicdcrtHuror and ihre Schreckenudt. 



409 



den Chtrakter der iDsnireotion an. Äogstrarg erUesB Bcbon 1527 ebe 
„Warnung wider deu ucüoii Taufordeu"; GlvickuB geschab iu Nürnberg, 
Ulm, Kitslingen. StrASsbiir^ verbot in demselben Jalire die AnliJinger xu 
bcherborgen ; sio gcLaugtou aber dunuoch vor und nach dorn Bauet-ukrioge 
nach Baiorii nnd Ocatorroirli und verbreiteten »ich in München, ['ASäatt> 
Mähren, wo Uinrichtangen nn Groasen stattiandßn.*) Melchior Uof- 
mann, ein grhwäbiftcher Kilrschncr, welches wandernde LuxuBhandwcrk 
ir hüut]g iu dletier Propagunda auftreten scheu, warb auf deinen Rciacn 
:h Schweden und Liitfland für eine (iemoinde der Helligen nnd vor- 
tQodigtü im chUiaätischen Oeachmack deren baldigen Sieg über ilas vierte 
Reich DanierHj sinch in NVittenberg liesB er sich einige Male blieben. 
Mehr Anerkennung aber aU bei Luther erlangte er eine Zeit lang In 
Holstein; König Friedrich netzte ihn 1527 ala Prediger in Kiel ein, und 
noch Uiigenbageu hatte Blühe, ihn von dort wieder zu verdrängoo. 
Hierauf finden wir ihn iu Frieslaud und deu Niederlanden, dann wieder 
in Strassburg, wo er um 153:2 im Gei^gnissc starb. Diese woite and 
besondors In Folg« des Hauern kriege» gefUhrllcb befundene Aasbrcitnng 
veranlasete nun auch 1529 zu Speyer und auf Antrag Karl's V., welcher 
in deu Niederlanden schon seit 1527 mit Todesstrafen hatte einschreiten 
Lassen, einen allgemeinen strcngeu Ueicbsbcschluss gegen die Wiedertäufer, 
uarb welchem im fransen Lande die RcieliHtt Lände ohne weitere Unler- 
sucliung der geistlichen Richter alle Wiedertüufer und Wiodergctaufte, die 
verständigen Alters seien nnd ihren Irrthum nicht widerrufen noch weitere 
Strafe dafdr Ubernehnien würden, ohne Weiteres hinrichten lassen sollten. 
Allein diese Reiehsvcrurduuiigen wurden damals nicht so streng befolgt, 
dasB nielit an vielen Orten, wo man nicht aus andern Gründen Last zur 
Ausführung hatte, diese unterblieben wäre. Vielmehr standen die extremsten 
Verirrniigen erst noch bevor, und diese beweisen aU stärkstes Uoispiel, 
welche Ausschweifungen möglich sind , weuu hinlänglich viel Rohheit dio 
Bibel iu die Uand nimmt und nach ihr oder vielmehr nach demjenigen, 
WAS eben sie hineinzulesen vermag, das wirkliche Leben zu gestalten die 
Macht gewinnt, — ein Beispiel welches selbst den weitgehendsten Forde- 
mngen demokratischer Kirchen Verfassung gegenüber eine warnende üe- 
deulung hat und deshalb hier nicht übergangen werden darf. £a ist die 
„Schreckenszeit" der Reformation.**) 



") Ranke, Deobiohe Gesch., III, .S.5I7, I. Aufl., ausführl. Arnold, U, S.ät;7ff. 
"] HUIfsmittel: Newe zuitung v. d. WT. za MUnater, Nilral). 1535. It. Dor- 
pluB, Die Wiedertäufer in MOnater, neu hrsg. v. Merschmann, Magd. ISIT. 
Dieser Ist Augenzeuge und urcheüt echt evangelisoh ebenso gegen die Wieder- 
täufer wie gegen die P-ipisten. „Gott jaget den Teufel heranwer und kommt 
seine Matter wieder hinwin." — Kerssenbrnick, (leachichte der Wiedertäufer 
«n Münster, l"l. Latein. Epos von Kerssenbroick in '5h und 1130 Hexa- 



^^ 



410 



Dritto ÄblbeilanfT. Ereter Abschnitt. S 42. 



Auch in der Stadt MQnator, nbgleicli <1i>m Sitze eiuen Binchols, war 
so gut wie etwa in Mftgdobnrg, Hildeshfim, Hrcmen durch d*8 üeber- 
gowicht e'iüCT im Itatli und in der ßürgergchflft dnrrhdnngfDdro Partoi 
lf>H2 die Knforntstion ciugenihrt worden, rreilieh mit einiger ücwaltBam- 
keil. Ein Lutlieranor Bcrnlinrd Ruttuiaiiu hatte mit tteincm Anhang 
eine Mehrz.ibl des Käthes gewonnen und diesnr dann die Kirchen in DesitE 
genommen. Klerus und Adel »ovU' die QbvrAtimmte» RathsmitgUeder vtr- 
lieitspu die Stitdt und belagerten sie onn; Aber in einem frltickliehen Ans- 
falle hatten die 8tädtiHehen viele Gefangene goniaehL Daher kam 1533 
eine Uebereiukunft zu Stnodc, nach welcher der Uisehof Franz von 
Waldei'k die Mt^ldti)^('h(; Haupikirclic i'ilr dun neuen CnltuH nach der 
Aogäbtirgiflphen Coufeesion der Stadt llberMeM , dle«p aber dorn Hisehof 
und dem Domkapitel die Domkirche und in ihr die ReligiouHUbung in 
alt*"!- Weiße zugestand. Rottmann wiirdo Superintendent Aber dabei 
eollte Q& nicht bleiben. Rottnianu eulbHt bckanato sich nicht allein zu 
einer mehr aU Zwingli'echen Ahendmahlalehre uud apottetn Ober eino 
wirklirhe Oegenwarl Christi, »nndern er billigte sogar die Meinungen der 
vom Reich ^eftehteteu Wiedertäufer, — ein willkommener tirund und Ver- 
wand für die Freunde der alten Ordnung, ftlr Blaehof und RilUu-scfaaft. 
Die prowe Mohr^ahl des Käthen und der Bllrger, welche erst »o eben 
eiuen cvangcUächeu Ucehtsboden für sich erobert hatten , versuchten es 
Kwnr zu hindern, da«« dieser in so gefJthrlicher Weise auf« Nette in Frage 
grülellt wurde, und zogen sich Übrigens von Kottmann zorQck; doch 
gUiibtün tiie gegen ilire relativen OlauhenegenoBsen schonender verfahren 
7.U müssen. Allein diese wtirdeu dadurch in eine noch scfargfTere Oppo- 
sition geworfen. Fremde Wicdei-täufcr wanderten in Menge ans den 
Kiedcriaudon ein and veretflrktou za Ende 1533 den Anhang Rottmann'd. 
Ein Rflrger von Münster nahm si«? auf, unter ihnen die Begabtesten swei 
KiedorlAnder, Johann Matthiesen uud Johann BockeUohn ans 
Leyden, — der Letztere ein weit gewanderter Sehneider, dann Gastwirth, 
frtlher auch in den niederländisehen „Kammern der Rhetoriker" thätigos 
Hitghed, aber noch jung, einnehmend, redefertig and daher jetzt wohl im 



motcrD in Dan. Ger tief Misceü. — Desselben Bistoria amihaptistUa hei 
Hrnckeii, Script, rtnim Germ. HI. Original- AdcnstUcko der iliinsier'sehen 
Wic'IertäufergceuhiüUlü, Frsiikf. H-us. — Juchiuus, Gcsebiehto der K.-Rof. in 
MlIiiHicr und Ilirp« L'ntcrf:ang» dnrnh die Wiodcrtfiufer, MUnfttnr l'i2.'i, — Müniiter'Bcha 
tii'Etcliichte, LegetHlen inid .Sagen, IH2G. — ilaat, Qe^chit^hte der Wiedertäufer, 
MiiOBt is^n. — ('ornelinB, (»eRcWrhte rtei» Milnater'Bohen Aiifmhrs, Lpi. 1S55 — 80, 
2 Bde., im 2. Bde. kathoHftelie Kritik iler <^nc<lleD. B. Rottmann'a .Schriften, 
hcrauflg. viin lloclihuth. I. (»othA l«.S7. Desdullu'n Berichte oinea Augenzeugen 
über diu Wietlert^iiferreich, Müdhi. lS5:i. Dazu Hauke, Schlosser, Base's 
Nene Propheten. 



r 



MfiDiter. Herrschaft Johann'» von Leydon. .\\i 

Btande, nach 8c)irißat«Uen ans Daniet und der Apokalypse für ohitiastisrhn 
und cnmnmnistirtche Ideale Anden- fortznrPiRSPn, mehr viclloielit ah er 
aelbcr i«rli;L'riB«eu war. Üätse hiultun Versammlongni, welchen die Krauen 
suBtriiniten ; achon worden die HathBmitg;Iieder insaltirt, anch mit einer 
g(!wiaHen liütiTgemiMiiBflian der Anfan;: K^^uiacht, uiid bald frnlaiig e», din 
Kathswatilen so zn lenken, dasa nur WiodertaMJur in den Rath aii%enommen 
wurden. KnipperdolUng wurde ßurf?enieitil«r, und nueli in duuiselhen 
Monat schrieen die „Christen", denn tto nannten mc sich, wild dureh die 
StRiBBtin: „Heraus, ihr C)ottlo»cnl" iiiul Ju^t^'u Alle vuu Hauii und Eigen- 
Uinm nnd ana der Stadt da7.n , weiche Uirn IJcrrtichait nicht anerkennen 
woUlcu. Zwar blieb uoch eine evangelischo Partei der Geiuitasigten zurlick, 
aber sehr in der Minderzahl, nud ihre i^tellung wnrde immer gefährlicher. 
iJer Bisehuf war mit ■■inctn IMieilo des Klerus und des Adels schon früher 
entwichen und lichi^crtc nun die Stadt; von ihm und Hcinen CienoKnen 
wurden die Jetzt Vertriebenen auch schon als schuldig augeäehen und meist 
bingüriehtet, so das» denen, welche den WiedertAiifcni nicht geh<)rcht4>n, 
gar keine Wahl mehr blieb, die sie dem Tode cutriBsen hätte. 

IHeae gllleklicheii Krfolge bej<tÄrklftn lYw netten „Ohri«ten" in ihrem 
QlauboD au sich iiclbst und erhilzt4;u sie zu noch wildercu Schwünuereiea. 
Znr Verwirklichung apostolischer Olltcrgcnieiuiiiehaft wnrdf^ die (jlJlnbigen 
bei Todesstrafe angehalten, ihr (jold nnd Hüber, aber auch Kleider nnd 
Vorrttthe einzuliefern , wni^c^ren Anstalt gemacht wurde zu g^enieinsamer 
Koet, gemeinitamer Beßchäfti^ung and Waffenllbung; anfangs dienten diese 
Gelder anch, um die Begünstigten auszuzeichnen nud tlirt; äcbulden zu 
besuiliKiu. Ein .Schmied Hubert liUscher, welcher wiederholt ausrief, ob 
die Burger nicht selber Darren acion, da sie aicb bo von eingewanderten 
Narren fuhren Uosseu, wurde, — dies das erste Blut, — von Matthiesen 
mit einer Bclh-bardc durchstassen. Nach Matthiesen's Tode, der bei 
einem Aui^fall umkam, blieb Johann Bockelsohn von Leyden als der 
üntcroehniendate zurück; dieser aber, indem er die Wittwo des Anderen 
zu seiner Frau hiuzuuahm, gab das Beispiel der Vielweiberei und Weibcr- 

igcmeluschat^, welche er uun durch Kotimann in mehrtägigen Predigten 
auf dem Berge Zion, d.h. auf dem Domplatzc rechtfertigen Hess. Zum 
letzten Male rotteten sieh die noch übrigen lieinasBigten zuünmmen, forderten 
Erhaltung der Monogamie nnd erkUrten die KUckbenifung des Biachofs 
filr ertrÄglieher als solche Greuel; aber sie wurden, Männer nnd Pranen, 
auf dem lUtlihause eiugesctilusäen uud, als sie sich ergabeUf 49 an der 
Zahl niedergemacht Jetzt war die Herrschaft J o b a n n's von Lcydcn 
TölUg gesichert Er übte sie zuerst als Prophet mit zwrtlf Acltesten , diu 
er eolbet wühlt« und zu Gerichte sitzen lioss. Alle Ucbertrotnngon einer 
promnlgirten Gesetzestafol wurden mit der Todesstrafe belegt, welche 
KDipperdoIlIng sogleich vollstrecken sollte. Zagleich wurden die Hand- 



113 



Dritte Abtheitting. Erster Abschnitt $ 42. 



verker die AngeeteUten oder MonopoUsirton des prophotischöu Staates; 
die Thurmapitzcn brach man üb auf Kaippordolting's Antrag nach 
Jus. 40, 4. Oestiltzt uof die InBpiratton einca üoldscliuiied's üiissent- 
acUaer Ueäö Hich Julianu zatu Künig; der Goreclitlgkuit und Herrachcr 
des Denen Tempols oder de4 vun Christus verlieiBsenen neuen Ueichos 
liuitrufen; dii; Aeltestou wurden abgesetzt, er selbst trug vun jetzt an 
Kruuc und Wc-ltkugvl ala Zeichen seines Kegiraonta, machte Knippor- 
dulUng^ zum Stattb:ilU'r, kIiiIUi; flu zablreiehes und vollständig abgoetuftes 
Uotijesinde an, welchem die Weltkugel mit den zwei tichTortern auf die 
Acrinul gestickt worden, vcrtlieilto die Welt oder doch Nurddeutachland 
an xwJJlf tleniöge aas meiner Umgebung und luindte 28 Apoatel nach alloa 
Winden aus. Diese zogen auch ganz zuversichtlich ab, wurden jedoch, 
wohin sie kamen , Überall gefangen genommen und hingerichtet; ani^h 
Du»sentschuer, der den Vorschlag gemacht» theilte diesee SehickaaL 
KJDt^n }>tnrm des Üischufs im August 15H4 schlug der nenu König glurk- 
licli ab; die Weiber, deren faät sechsmal mehr ab Mauner in der Stadt 
tlbrlg waren, zcig:toD «ch dabei sehr thHtig, auch eine neue Judith onter 
ihnen, und predigten häufig. Dieses WaffeuglUck erweckte denn auch 
weithin bitt In die Niederlande so grosse Hoffnungen unter den (jleich- 
gesinntoa, da»a diese sich auch an audern Orten regten. 1d den Niodor- 
Linden fanden Veniamiiilung^'n vun vielen TTiiudertcn stjttt, in Amsterdam 
und Leydcii kamen sie bei Aufständen faat in Besitz der Stadt; sie 
trachteten nach Mtlnster, wfihrend man dort wieder auf Entsatz von ihrer 
Seite hoffte. Inzwischen machte die Etnftlhrung der Weibergemeinschaft 
In HUnster die ' grössten Fortschritte. KOuig Johann hatte aiubzt-hn 
»aaen, Rottmann der Prediger nur vier, auch Knipperdolling 
mehrere. Doch hinderte diese Btischränknng den sonstigen geschlecht- 
lichen Üommuuismus nicht, denn sulctzt wurde den Frauen bei Todea- 
Btrafe untersagt, irgend einem Manne Irgend etwas zu verweigern; vier 
auf einmal wurden dafflr geköpft, ebenso rechtmässige Weibi*r, lUe aicfa 
dem Unfug der Vielweiberei wid ersetzte ii. in viehischer Unzucht wurden 
sogar uuerwachaene MAdchen bis zum Tode gemissbraucht; das Alles aber 
sollten erst Khen nach dem Geiste sein, alle frfllieren erschienen als ver- 
weif licli, weil durch Keichthum, Ehre oder Gestalt gestiftet, und schon 
darum als uugQltig. Endlich fohlte auch das letzte mögliche Stadinu 
nicht, nJlmlich der Cebergang von der tliiurisctien Wollust zum Blutdurst, 
und diesen stellten die alltüglichen Hinrichtungen dar. Es geschah, dass 
als Eine der Fraueu des Königs, die sich von ihrem Manne hatte scheiden 
bissen, um in seine N'Jlhc zu kommen, es offen ausaprach, sie halle es 
nicht für Gottes Willen, bei noch vorhandenem Ueberänss das Volk solche 
Noth leiden zu lassen, — der König sie mit seinen (ihrigen Weibern auf 
den Markt fahrte, ihr vor diesen den Kopf abschlug, den todten Leichnam 



Belif^nutK and EiDnahmc von HUnitter. 



113 



I 



mit Fnaaan trat, wüfamid tUß Weiber sangen: ,,Ehre soi Gott in dor 
Höhe", und mit ilinou and seinen Iloflenten nuf dorn Markte utnliertunztü. 
Untfrdoseen wurde min mit der vollcu Langtiamk^nt dpa Hoicbfl- 
Terfalirona die Belagerung betrieben, daher meldete sich naeli und n»ch 
die Tlungeranütli in der t3ing('schlu»)<enen Stadt. Im Februar \b:ii war 
die llcrrscbaft der Wiedertäufer daselbst begründet würden; ßnde Aa^u&t 
vnrde der Sturm abgeschlagen, duber dauerte der helUoAC Zuatnnd den 
ganten Winter liiudureb. Der Uiscbuf unterbandeltc nncb allen Scit4;n 
nm Gehl nnd UlUfBtrnppen, könnt«' aber kaum die KiusrbtieHriitng dureb- 
fUbreo ; olle AuflTorderungen zur Uebergabo wurden in Ilofl'uung auf den 
ßeifltand ans ivn Niederlanden nnd auf verbeiMsene Wnod<T :ibgiil**Unt. 
Kaeli Verlauf des Wiuters and im Fiillijabr 1Ü35 »lieg der Mangol in der 
Stadt zu Boleber Höbe, daa«, — aebon luitte man nirbt nur Pferde, Ilnnda, 
Ratten, Kinbüude von Uucbeiii, Ubitter, »uudern ancb Kotli KU essen ao- 
gefangen, ja Kinder i^^Hclilaebtel, we^balb in nicbreren lläuxern nacli der. 
Belagerung zerstückelte Kinder^liedor in Balzbritbe Äciiinden wurden, — 
daae Im April Alle, welvbe en wollten, beramigelnHüen wurden. Ihr Loob 
war damit entschieden; die Männer, 400 an der Znbl, wurden sofort von 
den Belagerern niedergehauen; Greise, Weiber und Kinder aber nnlim 
'man auch nicht auf und gab ihnen keine Lebcnsoiittel , Bouderu liem sie 
nber einen Monat iimlierirren und dann i?rflt die sieb fitr un»(.biildig 
ElrbUrenden gcf^en Bilrgsehaft hiuwegbriugou, wobei nber uuub div Meisten 
durcli Krankheit oder L'eberladung nach Hunger xu Grunde gingen. Kndlich 
im April 1535 hatte K^nig Ferdinand auf oiuer Reieligvertiaumluug zu 
Worms eine Verutärkung des nclagernngsr-orpa durcbgeaelzt, »Iwr erst zu 
Jobannift 153& nnd nur dnrch Verrntb wurde die Einnahme der Stadt 
ernn^gliebt *) R n 1 1 m ft n n fiel im Gftfeo.ht , die (Ihrigen Hanpter wurden 
gefangen, viele Mllnncr und Frauen sogleich mit dem Tode beutraft, die 
Anführer aber für den Proceaa aufgehoben, nachher mit glühenden Zangen 
und unter ausgesuchten Martern hingerichtet Unter solchen Grausam- 
keiten starb im Januar 1.^3Ü auch Jobann, der ulolz bis zuletzt bei 
•einem Wahne bebarrle. Auch die Abziehenden Selen meist unter dem 
Schwert; faBt das ganze Grundeigen thum der Stadt wurde disponibel, 
wenigstens mussten es Zurückkehrende nm schwere litlrgschal^ von den 
Gröberem erwerben , und fast alle stüdtischen Freiheiten , auch die Be- 
festigungen wurden der Stadt genommen. Dies die nJichste Folge, die 
entferntere aber war die, da^s nicht allein das wicdertiluferiflcbe Bokennt- 



*) „Münster war nnn wirklich ein Jerusalem gewurden, aber nicht das 
Jerualem der Ulorie und Uorrlichkeil , soudem da« Jerusalem des Titus. Und 
ancb an todesuiuthiger 'laptorkeit imd fanatiachcr äell>8taufo|>t'eriuig stunden die 
niodergetauücn den Uraelitlachon Eiferern jener schicksaUsubwürou Tage nicht 
nocL" ti. Wober, Allg. Weltgescb. X, & 527. — D. H. 



41-t Dritt« Abthelltmg. Zweiter Abschnitt $ -M- 

nisB QDterdrUckt war, sondern aueli dorn Liitherifichen der Boden entzog«a 
bReb, Biscliof, Kapitel und Adel vcrmocIiCon untor diüflcu Uiuatiuden 
jene katholische Allel nheiTAchaft herzustellen, welche sich im Mttnattirhtudü 
bis in die Jnhre Blflcher'fl und Stoio's (1803 — 1806), des Reiclia- 
dcpuUUious- Llauptüi-hludiiifii und des Franzose nthu ms und weiterhin bia In 
die Zeiten der Druste-Viachering behauptet hat.*) 



Zweiter AbschiiiU« 
Vorherrsobend Rf.forniirtcr Zurtanimeithang. 

§ 43. Taufgesiimte. Meimoniten. 

tt. Schyn, Hiitoria MtHuonitarum , Amsfrrd. 1723, und Plenittr Hetiuctw aas 
dem Liit. \-on Maafiiahoen, IT2D. J. i'. (bering, (irilndl. niiit(;rie von den Tanf- 
ReflinnttiU, Juna I72*i (an» dem Hnüäud.'. Burgmann, Du- hisUmat Mennimilicue 
fonübus gl suhsiiliis, Host. /7.?^. Stark, Gesch. dtir Taufo und TaufgesinDion, 
Lpx. IlSfl. G. Ilr»ndt, Historie der Rernrniation, 1. Vratner, fht teven fon - 
jll. Simons, Amslerd. lf(37. IJ. II. Rooeen, Tllenno äimon«, Lpz. I84S. J. Browo, 
Leltvn und Zottaiter Men. ans dem Kngl., Phllad. 1^&7. C. Unrder, Das Lelieo 

M. Stui., Ktinigftb. 1S-1(>. D. S. Gorter. Chufeitork tler yeitcri. Doops- 

yesitulcn, IS50. G. v. Keisswitz iiud F. Wadxcck, Uoitrüge «ur KenntniM 
dur tautgfj». Gomcindon, Broel. 1S21, 2 Bde. A. llnatiager, K.* und Schul- 
wesen der Meun., Speyer lS3t. J. Wiggcrs, Die TAufgesinnten in der Pfala 
(Ztachr. f. hiat. Thüol. 1^40). Ruo«, Gegonw. Zust- d. Munn. u, CuUegianfen, 
Jena 1743. Duzu die betr. Abechuttt« von Arnold, tiehrückb, U. Gühol. 

Die weitere historische. Entwirklung der l'artei, deran ach mach vollste 
Aussehreit ungen eben geschildert worden, fillirt von dem Latheriscbon 
Boden immer mehr auf den der Keformirtcn Kirche hinttber. 



*) Das Wort des Hürru: „Ich dauke dir, dasa du solches deu Weisen und 
Khigcu vcrlKftgon und IiaBi e» den Unuitlndigen otTenhart", wird frevelhaft 
geniissbraucht, wenn eu xur Eiupfclilung der UuuiUudigkett und Uuwisseoheit 
dient, als aollte das apuatoliactic Wort dmlureh aufgehubvii wenien: „Werdfll 
nieht Kinder an dem Veritlitiidnifia." Itu All);euiciueu war ilaa ZciialU-r fem ron 
jener tltürichtcn Anwendung. Wenn anth LuthtT uft g^'t^t^n die AnmauDsungon 
der Vernunft eitert, die Allee begreifen wolle: wer selber ebie »o universelle 
Kritik und Uubililucg der vorgefundenen üeberliefemngea unternahm, «ic »fe 
die Refurmatiuu vor Augeu »teilt, hatte auvli das Recht, vor einem Ulubrauch 
zu warnen. Aber gerade die Voninnft whkt maasitbcetünmend. Daas man die- 
selbe auch prakliseb keineoweg» suependiron noch otWR die Kirche nach den 
Eingebungen dea Fauatisiiiuii und der Scliwärnicrei verwalten wullie, zeigt die 
Voreiuzotang des Falles, wo wirklich einmal dtut Kirche uregiuent in die Hände 
der Unmündigen im scbluimsten Sinne gerielh. 



Reform der Wledertütifer. Henno Slmona. 



415 



Nach jener gewaltsamen AuBroUuug »«hien es mit den WiediTtäufciu 
au Endo zu geheu; aber In anderer und verbesserter Gestalt haben sie 
wieder eine Exiiitcnz gewonnen und bis jttzt behauptet. In ilon Nifder- 
luudcn wureii sie nicbt unterdrückt wurden, sie bctzleu cticb vielmebr 
unter versctiiedenen Mamen als Mlluätorisehe, Ilüfuaannianer n. A., oud iu 
mancherlei bald unter einander slreilvuden Richtungen furL Die crheblicliate 
Differenz*} betraf die grössere oder geringere Strenge in der Anwendung 
der Kirchenzucbt und dos ßanucti. £line ttcbrßffcre Partei, Feine genannt, 
wollte daäs mit den von der KicommiiuicatioD Uctruffoneu, setbät mit 
Eltern und Uattcn jeder Umgriug abgubroeheu werden suUc, und war zu- 
gleich sehr freigebig mit dieser :>trafe; dagegen die andere gelindere 
Richtung, — Grobe, auch wuhl, weil sie Alle« aufnäbmeii, Dreekw.igeu 
genannt, — machte zum Grundantz, üaA& der Bann keine anderen aU 
kirchliche Folgen habeu dUrfe und das» ilim gradus admunitionis vuran- 
gttbeu mttsBten. 

Diese Spaltung vermochte auch der Mann nicht zu Oberwindeu, 
welcher sonst auf die Uebcrreste der WiedertAnfer iu den Niederlanden 
einen sehr woltlth&tigun Einfluss geUbl, sie als Qemeintichufl neu gegründet, 
mit der Welt and Gesellschaft ausgestihnt, von ihren Terdcrbüchsten 
Trilumereien befreit und daher auch seinen Xamen auf sie vprpllauzt baL 
Menno äimon», 1504**) zu Wittmarsum geboren, lebte seil iö2t^ als 
katholischer Geistlicher auf einem Dorfu in der Gegend von Franccker. 
In einer von Arnold mitgetheilteu ijelbiitbiographie ***) erzählt er, wie 
er anfangs mit der Bibel gauz unbekannt, nachher durch iCwelfel iu 
Glaubenasachen , z. 2{. flbcr die Gegenwart Chrit^lJ im tjnrrnmeat, in das 
Studium derselben hineingezogen sowie auch zur UcHchäftignug mit 
Lnthcr'a und ZwingLi'a Schriften bewogen worden sei. Die iliurlcbtung 
eines Wiedcrtäutcru machte ihn auf die KJuderUiufe aufmerksam, er fand 
daas sie biblisch nicht gegeben sei, und Luthcr's, Hucer's, Bullinger's 
Grtlnde fUr sie gentigten ihm nicht. Als nun das MUustcrisehe Küutgreicb 
seinen wilden nnd Schwindel haften Geist otfeubarte, wnrde ancli er von 
diesen Unruhen berührt; Viele beriefen »Ich auf ihn, er wirkte beglltij,'Mud 
und vermittelnd, erkannte ihre theilweiaen Irrthllraer, aber auch den liifer 
Einiger au, ohne sich jedoch schon ihnen anzuachüessen, da er noch eine 
gemächliche ThÜtigkeit zuletzt an seinem Geburtnort beibehielL Krst nach 
der Eroberung von Münster, als er mit den Hchuldigen auch viele Utt- 
■chuldige iu grösstor Bedrünguiss sah und diese sich htlifebittend an ihn 



'j Andere Abweichungen nennt Arnold S. s>7a. 

") Daa Geburtsjahr wird vcrsclilcden Angegeben; M. Gübel, Uesch. des 
ehristl. Lebemi in der rheinjacii-westnihl. K. nimuit I50ä an, Andere 1-IUtt oder 9H. 
'") Arnold, Kirchen- und Kotnorgeschicbte, U, 8.^74 ff. 



416 



Dritte AbUieilungr- Zweiter Absobnltt $ 43. 



wandten, gab er t53C seiue Stelle anf nnd wnndertn von einem Ort znm 
anderen, nro Nulli uad Verlbl(;uD^ bis an a^iiuen Tud mit ilint'u zn Oicilcn. 
Tncnntldlicii lint or 'Jft Jalire lang, — er starb 1561, — unter ihnen 
gearbeitüL In Emden «ar or 1543 mit Laski zuBamincngctrofien, er 
diaputirte ineliivre Tage lang mit ilim, ohn»- iimg<'atimmt zxx werden. Seine 
Abstr.lit giiiff dabin , dcu \Vi»dei*tüiifern <idür wie giu alcii selber nannten, 
den Tanfgesinoten clup praktische Riebtang zu geben, ohne ihnen 
ihre untcmchuidoude EigctitbUmlichkrit zu rauben. Seia Verdienst iat dxo 
gesundere Wicderbcrstelliiug der l'artd, welolic «Ir solbstHndi^er Verein 
nnuuiubr die Aufgabu fibernahm, eine reiue Geiiiciude darzUHtclIcn, 
streiii; narh den GnindAützeii ilcr Schrift, wie sie von ihm Teretandeo 
wurden, geordnet, tiamlieli ohne obriskeillirbe Aeniter, obue Rache, Krieg, 
Soldatfiitttand nnil l<^idttcliwiir. Uif Tanfgiiainnten Hollten ihr Wesen in 
der Lubtiusrttlirung, nicht in einem Standpunkte der Lehre suchen. Menno 
aolh«t, von welchem norh eioo Anzahl bollaiiditicher Schriften (Ihrig ist,*) 
Legte in cinzr.lMi'ii dognmtiHelien Artikeln noch abweiclieude Mninnngvn. 
Gegen LaBki vcrtbeidigte er IbbG nach einer in Ostfriealand Btattgchabten 
Disputation die Anüichl, dn»8 aueli die mcnsdiliche Natur Christi vom gött- 
lichen (jeistt! , nicht von der Maria herrühren niü&se, weil »ie sonst von 
der Erbatinde niobt ^ei geblieben sein wtlrdc. In der Anthrupologie 
stimmte er nicht der strengen kirc.lilirhen, tiondern mehr der Pelagiani «neben 
Richtung bei, womit schou auKcdfutet war, dii»& auch in dtm Verein 
selber eine laxere Lehrauffastiung Eingang gewinnen konnte. 

Die Nachkommen der flu gemilderten Secte der Munuonitcn haben 
Htch airt Kolehe, denn da» waren «ie anfangi^ weniger, in verschiedenen 
Abstufungen in Holland, Dcutachlaud, Rosslaud and Amerika anfreeht 
erhalton. Hie Spaltnngcn, denen selion Mf^nno vergeblich zn stpoem 
BUcblc, haben nachher nur noch mehr unter Ihnen um sieh gegriffen und 
eine Monge von Verzweignngen und ächattirangen selbst mit abweichender 
Lehrbeslimmung hervorgebracht. Die eine llitifle der Feinen zerfiel in 
drei Gruppen, in Flaniinger, vertriebene Fremde von ausjenster discipli- 
narischer Strenge, im Ülauben spiLterbin durch das Bekenntniss von 17&& 
verbunden, in Kriaaen, welche bei der Anwendung des Bannes die Bande 
der Familie Bchonten, und in Deutsche, welche augcsicdclt iu UoUtein, 
Danzig, Elsasa, bei ihrer vorwiegend praktischen Tendenz, bei ciuracbcr 
Sitte und Vermeidung des Luxus am ersten Duldung linden konnten. 
Andere Unterabtheilungen sind aus der zweiten Ilauptrichtnng der Groben 
oder Waterländer entstanden ; doch bat die Zeit diese und andere l'nter- 
Bclüede «ach wieder verschwinden lassen. In England, wo der kircliliche 



") Uenno Situ. Fundamgntum zusamt etlichen anderen leerhaften BUchlin. 
16T&. Opp. Amst. ItMO. 



Henaontioi) fn kloiDcro Parteien cer&tleiid. 



Supnmiat dem KÖat^ zusiMid, also die „Nonconformitat" der Rebellion 
gtcicligcjiclitet wur, wtirdvn sio (^Ine '/,&\i lang mit Feuer nnd Scliwort 
vvrful^t, in liulUml w*ruigcr beunruhigt. Man »chützU-. sie sogar n\i aus* 
g«!Zl^ichncte rnliig:e lillrgcr: Wilbelm I. abor gtiwftbrte um 1580 Scbotz uud 
ull^ciuciiu! Diildiui;;, ilurcli welche ihnen Freiheit vorn Eido und vom Kriegs- 
üienste oiiigerUumt wurdt^ Kine andiM'c Thtilun^; ergab sieb aus dem 
cngi*n Vernvandtschnftsverhältnias znr Reformirten Rircbe. Als 
die Rt-monHlniiit-en sieb von dem streui^ereu Culviuidtnos lossagten, konntuti 
Hueli dii« Mennouiti^n dem KintlnsH dicaeji v\rminianismuB entweder Wider- 
stand besten oder sieh auscbliesijen, und Ueidcs ist gc-scbcbcn. Es war 
die Mindi rxahl, wMehft an den» l'riueip unbedingter Vorherbestimmimg 
festhielt, und von Samuel ApOBtool, Prediger zu Amsterdam (f 1699), 
vrliielten sie den Namen ApnatoultMi, bies^,n nne.Ii Sonnisten von dem 
Keicbeu der äoinie am Uirbel ihrer Kirche. Dagegen wurde die Mehrzahl 
seit H'if'-l remunKtrantise.h grsinnt, dies die Galoniston nach Oatcnns 
AbialiauiH de Hai-it, Prediger zu AuisttTdam (f 170r>), aiieli Lainmiston 
genannt naeti dem Zi^icben des Lammes an ihrer Kirche. Beide Parteien 
einigten sich jedoe.h um 1»*(M>; jedes bestimmte Glaiibensbekenntiiiss vcr- 
wt^iTend lind im Gntizen den Gnindsiltzen des Armininnismus und Ratio- 
nalismus buUligeud, rubnui sie fort, dun Eid und die Kindertaufe, aber 
nicht mehr sebleehtwog den Krlegsdle'nst und das Amt zu verwerfen. 
Hie Lehrgrenzen zerflossen in's Unbestimmte, uur in der Zucht und Leben»- 
fflliruiig blieben gemeinsame Merkmale flbrig. Dodi sind in Ibnlicber 
Weise die rngllsrhun Baplisten, ein späterer aber veraelbatilndigtcr uud 
ans dou Independenti'n seit 1G33 erwachsener Nebenzweig der Tauf- 
gcs'mntcn in Üegner uud Freunde der abeoluteu Krwihlung, iu Ooacral- 
urid Particulurbaptistou ausein andergegangeu. In Holland haben sieb 
in neuerer Zeit etwa UK) Gemeinden erltalten; sie besitzen ein Seminar 
zur Bildung ihrer Prediger und stehen nach wie vor in Lehre, Cultaa 
unil Verfassung dem Ri-formirteu Eirchentlium nahe. tn Deutschland 
finden sieb noch in einigen Gegenden von Preusscn, in Elbing, Marien- 
burg, Tbom, Königsberg, Murienworder McanoDiUache Gemeinden; sie 
wurden in Preust>cu zu Anfang dieses Jabrbnndc-rts zum Erlegsdicnst 
herangezogen, waa eine grttssv Auswanderung nach Russland zur Folge 
hatte. Aber noch ganz ncuerlirh (18'KO ist ihre Lage proassiacber Seits 
durch ctne Verordnung geregelt, web be ihnen unter gi-wissen billigen 
Einse.liriiukuugcn und Abgaben Freiheit vom Kriegsdienste zugesteht. — 
In Kuc>alAnd besitzen sie eine Colonie an der Molotsehntlja WodU, welche 
40 Schulen nnifaast; in Holland werden gegen 02,000 Mitglieder, in den 
Freistaaten vnn Nordamerika etwa 4(M> Gemeinden gpxAhlt. 

Unter den älteren Parteibüuptern der Wiedertäufer Ist keiner merk- 
vltrdigor als David Joris, noch oiu i^eitgenosse von Laaki nnd Menno 

Oeahe, tUrobucMchlcble L 27 



41U 



IMttc Atitli«iliing. Zweiter Abschnitt $ 44. 



SImoue; lU er aber vermöge »üoer krittach-iliictrmfiren Tcudoos otfii-utliet 
iliii« vtilli' tict;«-iitlii«il »Ics I^*t7-ti*rcn tK^Rcichnet: m wini er pjbwender ti 

OäcIlKttMl \t>Hr|lllit.( Hl'inf Stclll^ Hllllull. 



§ 44. Antätrinitarier. ' 

l.licniinr: Ch. SifHd, Hibl. Antitrin., Fräst. ieS-4. F. S. Bock, Bistor. AnHirm,\ 
Lipi. JT'-i, 'l IliI«'. 'I'rtji^liäel , Dio |nol('«t:niiii«rl»*n AiitilriniUiriiT vor ftotin, 
Hdtlelb. IKMt, 1 IMß. Uanr, Lelir« v. d. Drtiuini^'kdt , 111, ä. 4ii ff. Ua^OD, 
a.&.0. II, 217 ff. S. auch Hanke, a. a. O. 111, 50.1 ff. Rob. IVatiace. 
trimuv'iim hio/jruphtj , Loiut. lüSO, 5 B»le. 

Wut di« Ki^eutliümlirlikuit der WieflerHufcr und Uir VerhäUinsa xi 
allcti ihr(>n religitiaeii (le^iitTn nicht iilh-in durch die oiiixelne Vurwerfttog.] 
Ai'T KiudcrtHufe bc»timiul war, t^oodvro durch piii »{[(^euiuiDeres Verlange! 
nnch einer norh dnn.hgrt'ifciidtTRn Um^cBL-dtung de« Hutttehunden, alj 
w(dchi> di'u diMitechen und srliwriKcrischcu Krfovntttturcu ^enU^A : so vei 
liielt es aich auch mit Vielen, denen zn Anfang der Reform ationszeit dii 
kirchliehf! TriiuUtslulire K-weifrlhaft wurde; sind doch Hehrere nntei 
ihnen, — ■ auch dies zeigt den engeren Ziiw»ninienliiing, — als ß«ide8, al 
Wied4*rt.^ufer u ii d ala Aiitilriniturier za nennen. In anderer ße7.ichtin| 
aber scheiden sich doch diese Itirhtnngen wieder, auch abgesehen von' 
dem bestimmten IHfrerenz|>unkt in der Lidiru, naeli welchem sie den^ 
Nainco ftlhren. In den Wietlertüurem kommt eine anfrühreHschH Uand^ 
werkeroppDsitioii zu Tage, mehr geleilel durch Motive, die in vindicirtea" 
Kfcliten oder verworfenen Ik-^clirÄnknugcn als welche in tfieologinchci 
Auaichten und Huweiafilhrungcn lagen. Aber auch die gelehrte 8chri( 
foracltnug konnte bei üinij;en Über jene Stufe hinaustreibeu , welehe die' 
Kefomiatoren zu der Zeit, ab) üiiien die Sehen vor dum Zuwcitgehen anf- 
genOthigt wurde, erreicht hatten. Dieae Kinzclnen crbiclt^^n jedoch, uach- 
dem nher die gi-osaen Parteien bereits entscbieilen war, eine weit mehr 
äinguliire Stellung, da ihre Nenerung aicli vorwiegend auf gelehrte Stadien 
gründete und daher noch nicht zu einer völligen, auch der niederen 
HildiingRstnfe «ngAnglichen Ablehnung doB MyfiterinmB Veranhiasnug gab. 

Die Reformation hatte mit der UekAmpfuiig der .Mi:<!tbrjluchc in der 
Kirehenzncht begonnen, nnd indem »ie den Quellen des herrschenden 
Wahnei) naeht^ing, regle sii' nothwendig neben dem kirchlichen auch dci 
doginatisobeu .Streit au; doch gtMiehnh dieä zunächst uur soweit, aU es 
Kritik der falsch begrQndetPin praktiselien und discipltnariAchon Coqb« 
qucuzen erforderte. llaiiptBüchlicIi die Fragen der Aothropologio 
Öiiteriolopic wurden ergriffon; unangetaHtet blieb noch die objective Seil 
des Dogma's, die I/chre von Uott und der 'IViuitat und die Christologi« 
Auf die Ueiltilohre war alle kritiaclic and reprodactive Aufmerkäjuoki 



AntJtriniturfer. Denk. Hetzer. 



419 



hingerichtet, nicht anf die geheiligten altsymboÜBcheii Bestimm ungen, deren 
Anzwoifi'lnng dir aUgemeiae Ruhe dus Olaubcus selber zu erschüttern 
drohte. Ks war die Auabreitnng der Bibel nnd die ganze Anfregnng des 
ZcitiUcra, wcichr dennorh den kritjachea ForBcliUDKBLrieb auch »uf die 
dunkeln Punkte der letzteren Art, die von den Iteformatoren noch einfach 
aU (Jlanb«nssarhe heliandelt wurden, hinlenkte. Wir sehen eine Reibe 
von Peraöulichki'itcn, Sidt«uer auch kleine L'ai-tcicu bemüht, durch Be- 
streitung dpr kirchlichen TrinitAl nnd der Gottheit Christi nncfa dienen 
Srhleirr zu lillVn, mochten sie die KindcrtAufe dabei hefltehoD lassen oder 
nicht jJergleicheu Angriffe versetzen uu» u»rh Auict>burg, ßaitel, Worms, 
Strassbarg, Nartiberg, Conetanz und andere Orte der Schweiz, in das Jahr 
lA'^r* und die uüchste Kirlgezeit. 

Die ersten Beispiele geben Johann Henk*) nnd Ludwig Hetzer. 
Her Eretere, gebflrti^ in der Oberpfalz und als Rcctor an der Schule xn 
St. Se bald in NürubiTjr angestollt, erregte J52-I Anstoss durch neino 
Kweifi'l »II der I'Vigkeit der Ilölleiistrarcii und au der Nothwuudigkeit der 
Kindt-rtaufe, die er nur ab Adiophoron betrachtolc, ohne doshalb die 
Wiettrrtanfe zn billigen. Er wurde abgesetzt nnd aus der ßUdt ver- 
trieben, obwohl man ihn als einen gelehrten Mann kannto uud schützte. 
Er begab ^ch n.tch SL Gallen, hieranf nach Basel, wo er sich durch 
Corrigircn erhielt und mit Oekolampadius genauer bekannt wurde. 
Noch nJUier stind dioflciii Letzteren Ludwig Ilo t z er , ein gelehrter, 
beredttT und ehrgeiziger Manu, welcher zn Bischofszoll im Thnrgau 
gebllni^', znnrftt l^'2'A als I'farrer .-»m Zarichor See in einer Schrift „Urtheil 
Uottes*^ neben ZwingU gegen Bilder und Uötzen als JUndernlsso nnd 
Scimidewiindc innigerer geistiger Gott^-sgemeinschaft uifurtc Seit 1524 
hielt er sich zu Augsburg, Basel und Strassburg auf, wo auch Regius, 
Orkolampiid und Capito verteilten, und veri^inigte sich an dem letzteren 
Ort uiit Denk /.u einer Liebersetzung der Propheten, welche in demselben 
Jahre noch vor der Lutherischen zu Worms erschien. Bdde bekannten 
sich zn Leliren, die man aus jüdischer Einwirkung herleitete. Denk, 
dessen Ansichten auch in oiner Schrift „Ordnung Gottes und der Creatnren 
Wort", niedergelegt sind, betrachtete Christus nicht als genn^huendea 
Opfer, nur als Lehrte und Vorbild. Gott, sagte er, sei die Liebe, das 
würden aber «lie Mcnrithcn nicht begreifen , wilro nicht diese gnttlirhe 
LSöbc iu einigen Menschen crschieuCD , die man deshalb Gottes Kinder 
Aonnei und das sei iu Keinem vo[lki>mmncr gcscheliou als in Jesus von 



*) U«ber ihn Huberle in Stnd. und Krit, 1851 und 1SS5. G. Roehrig, 
La w> rt Us e'crtts de J. D., Sirassb. /.WS. J. J. Breitinger, Anecdola de 
L, Hilzer (Museum fJclv. /7ölJ. Keim, L. Ik-Uer in Jahrb. f. A. TheoL iS56. 
I>()Ssulben Artikel hei Burzog und Treobsol, AntiUiuiurier, I, S. 13 B. 



430 



Dritte Aliiliciluti»:. Zweiter AbsohniU. $ -11. 



NHZHrcth, der nie goBtraucliolt nod nio mit Qott oneias gewordeo unj 
ilir» als VorgÄiigcr inuAstoii iIhIiit Alle folgt-u, iini ilrulnrch Brli^ zu 
wcrdfii. Vdii itiT meiiBcIiUelR-ii FroÜieit imd Willeuskralt ffsl übcracugt 
Imhauptftt^ er, das» Jeder durch deren reeli|en ünbraucli Reibst sein« 
Scligktii zti selinfTfU Iiabr. Die lÜbrl 8ci wolil uIht Allt-s zu scli.'itzeu 
nucli Kohcr aber dad vuii (iott in hIUi .MeiiHr.lttnact^li^a nuspistrciiti^ innere 
Wort, wulüboa w^il Gtii&t und Gott aclbsl, auch tiiivcrtilgbar in ibnim 
wirke. „Uarnm ist anch, bctiaiiptctp or, dio Sßliffkrit an die (J(*scbirhle 
iiirbt gühnndt-'n, und i-bi Mvti)«rh, der vuu Gott itit, k:inn wobi auch obnt* 
l'i't'iligt und Gesobirltte wW^ wurdrn/' Pur cimlich» Lehren sammoUo 
antrh riiitziM- tjuinc« Aiibanj;, indem er von dur Ufber«<rliiitzniig dt-a 
iltiw^ert'u Würtfls nhmabnti-, innrrbnih de.r flrlirÜl llntrittrhindt^ nnd Widor- 
ffprtlcbe, 1. K. Kwittclx^n M'ikos und K»f^cbiot, nacbwicH, dir Gottbml. Cbrtati, 
Trinitüt und Satiiithrtion leiigncti' und «rb Über dinttp l>tngi> aebr ans- 
Rcbwcifend crklärti'; denn w ging soweit, ilbür die Stell vt-rtretung odor, 
wie er »ich au&drilpktc, nbf?r das „ZerbtMi auf Cbristi Kreide" in VoUtfl-j 
liedeni zn spulten.*) Kin di-ttlcr OesiiinungRg(;notu<i> fu.nd »irM in JakobI 
Kautz**) aus (tockcnJieini. In f.andnu, Wimpfen, Wnrcns, Constanz und] 
anf drni Lande hatten sie ihren Anhang und wirkten alle Drei „für eiuj 
Geistcscbristenthnm, dessen Mittelpunkt die VerJlehttichniaohung des Hussorei 
Wortes, der urdentlipheu Prodiger und dt-s Verdienali's Cliriati war". Hetxcr' 
Ue«s sieb in Constanz aber selbst goscblecbtllehe Vergebungen zu Scbulden 
kommen, Indem er tn den (>>uvenlike1n aduer Freunde und Freundtnuf 
Knzueht nnd Khebrnch nicht nur vertbeidigte, anndern auch ausübte; 
deshalb, nicht wegen seiner Lehre, wurde er gefangen genommen, ver- 
nrtbeilt nnd erUtt unter Gebeten der Geistlichen L5äB den Tod. In dem- 
selben Jahre starb Johann Denk nn der Test. 

Die genannten Mannor sind mit heftiger Llrbitterung als AndersgUubigo] 
anfgetretcn, in einer Stimmung, welche für sie und ihr« Saelie kein Var^] 
trauen erwecken konnte^ zuual in den Jahren grosBer Unruhe und Gefahr. 



') Pndion bei SchrOckb, B<L XL, S. iHl: 

,,Er «ibH rUr mich. 

Dcalialb gliiiib irli, 

Uiemit iüt'ii jmsgerJobtet. 

Ü Bruilüv niiu, 

Kfl ist ein Schein, 

Der Tcnfi-I bafs erdichtet." 
") Dieser liorodte Prediger x-u Wi)riiiH U'rfii'l mit sujnen Lnthoriscbon CuUc 
ergab sieb der WimbTtüufi'iui, üncbte AiisvIiIhm in ätrnsslmrg und in dvr I*fali 
und trat suit l^'M uiil groHscr HvtVigkeit »tif gegen Ule Lebrvn vuui iiussereal 
Wort und äacrauient nnd gegen da» I>oginu von (.'briittuä uml von der Verä^liDung.] 
Er wurde l&2ü vcrbai'tvt, nein Uudu i»t unbeksnut. Siebe den Artikel vuu Ktiii 
bol H eräug. 



Antitrinilarior. OentiUe. l). Jorli. 



421 



In diesolbc Reihe geboren noch einige Andere. In Bern protcstirtc 
153<1 Claudiiiä &□» Taria g^gen dio Prflexieteiiz Christi, l>ezeicliD«to dou 
Erlöser »Is ciueii btoäiit^u iiüt der FUlli; deii tieitstc- niu^erüdtcteD Meiuiclii-U} 
den (»piat aber als giittUclici» Ücschujif; von Bern und Uiwel auagcwiosen 
widerrief er naeltlicr 1Ö37 su Lausanne diese Sütze, warb aber deuuorb 
an anderen Orten AnbSngcr. In and bei Wittenberg erregte !62h bis 
Ib'M) ein junger Maun, Jubanu L'auipanuä nim Jülieb, Aut*)iulieD und 
Anatuss;') er suchte GeepHU-lio mit Luther and Helanchthon, die sieh 
mit ihm nicht eiiilHsarn W(>llt4-.n. In einigen .Srhritlten: ,, Wider alle Well 
naeh den Apontoln" und ,,OötlIirber li. üJcliritt, viele Jahre verdunkelt, 
Kestitutiuu", vc^rglioh er daa Anagehen des Sobni») vuni Vater mit dem 
VerbültnisH zwisrhon Mann und Weib nnd vr-rwarf die rersönliebkeit dea 
UeiateB ganz alä den l'auUlen Fleek in der Welt Bchun in Wittenberg 
einmal verhaftet, wnrde er in Hoffnung auf Hesserung freigebisaen nnd 
ging nai'li Jülich zurüek, wuselbttt i'r abiTmiilti eiingi-u Anklang fand, aber 
xuictzt iu itriistcaverwirruug und im UetHngnidu 161-1 gestorben Boiu soll, 
üeiateav er wandte wie Guntilia, Bland rata, Oribaidu werden weiter 
uute» Krw:iliimng fiudeit. Alle dirae MHuner h»lt(.>n kein anderes Ziel 
als AbBebalVuug degiuatiselier Vnrittellnngen , an die rerurniaturlsche 
Knieuennig <ier Frömmigkeit und dos eliriBtlichen LebeuB dachten 
sie uieht. 

IntereiMtanter als diese ist der Niederländer David J<»riit, geboren 
l&Ol zu Uollt Iu ibui Heaaeu beide Kiehtuugeu, die der prüphetiflchen 
nnd ehili:utti!tl^hen •Schwärmerei und der kritischen Mpecnlatiou xuHannuen; 
aber auch wollüstige Sinnlichkeit und niumcutane Askese, liei-buiUthigste 
HelbHiverbli'ndiing und Auwandeluiigcn von Demiitb miBchton und tummrlten 
sich dergestalt in diesem wirren Kopf, daatt man kaum begreill^ wie er si> 
lauge Qber Wasser bleiben und S(i fest an Rieh glauben konnte. fieistigB 
üewandtbeit und »ihrifUteUerisebes Gottehick sind ihm uieht abzusprechen. 
Er war der ^olin einps Taarhenspiilers und im Laden seines Vattirs mit 
Glasmalerei bcäcbfiftigt. Um l.'i'Jl vuu Luther'ß Svhrllteu angeregt, warf 
er sich mit Ungestüm iu die Bilde rsUIrmerei und trat olfeu gegen Hüuiiscbu 
Priester auf; Gefaugeuuehmung, olTcatlicho Geisselung, Verbannung sehreckten 
ihn nichL Bald »elien wir ihn mitten in den wilden Gewässern des aua- 
baptiDtiscbeu Aufruhrs; doch hat er sich dem Wahn der Mflnstorischen 
niolil völlig übcrlasseu, vielmehr nach dem Sturze der Stadt diu dortigen 
Parteien zu einigen gcmieht. Als aber einzelne Verehrer ihn ab» iuspirlrlen 
Propheten anriefen, vcrtiel er selber in Vitdoneu, durch die er sich zum 
Wieder berate Her des Keiclis, zum UluichbUd David's wenn uieht Christi 
als des grOsBten Unvidideu erhoben eab. Sein« .Mission war entscliiuden ; 



*) Sehelhorn, De Campano, Jtnoatitt, Uten XI. 



iSfi 



Dritte AbtliotluDg. Zweiter Abmhtütt. S 44. 



AaliäDger «aiumeltea aicfa in Monge, welche 1538 durch Ediote der Rc- 
giomn^eu hcimgcsuclit und blutig verfolgt wiirdtvn. Er orhibtt die Eat- 
hauptuu); aoiuer cigDcn Matter und sali inohrcrc Freunde hiiirichci^ü} 
während er selber durch Voraicht nnd Wechsel dea Orte den N»rh- 
utelluiigou entging und Rieh nicint in Dolfl »udialtoii konnte. VerhanJ- 
luugou mit tipu Ana1mpti»ton in Oldenburg und ätrutiaburg, bei douen er 
nicht überall Olauben fand, sondern allniftlilicb auf bliodo Äuhängor 
beHchrilnkt wurde, taiisen seine Mfinungc-n düullirlier erkeiini^u. Mtt dvn 
WicdcrlilufiTU behnuptcte er diw Verwerflichkeit dur körperlichen Sohaiu 
als eines Hindernisses der Vollkoinmi^nlieit und ebenso der auf fönzuhie 
boscbräuktun und dadurch UDgeiatlichcn Ehe. Das «flndlintlc Fleisch ist 
der einzige Teufel, es giebt kuiiiuii anderen ausser ihm. Als theolugisehcr 
Kj'itiker hat er die göttliche Dreihf^it nirht geleugnet, aber Sabctliantsch 
umgedeutet. Statt dreier Purstini'ii »tatuirtv er in dem uapcrsünlieh 
gedacbfen Gott drei Zf^italter der SolbstvifTenbarnng; es sind die des Mosos, 
Elias und buvid, und diese aUU-stameatUchen ätufen stellen selbst wieder 
Vorbilder dea Vüllkumuicoeu diir, wclehcs iu Christus und den Aposteln 
ersehionen ist, das aber xulctzt dnrch eine Kirche noch hithercr Vollendung 
und v<)l|jger Freiheit Ubcrtruffun werden soll. In diesem Sinne hat er 
sieh nach m<>hroren Seiten gcAassert, uiigescbcutor gegen den Gerichtshof 
von Holland, vorsichtiger an den Landgrafen Philipp; denn ihn bat er 
am Schutz, verweigerte jedoch, was dieser verlangt«, die Anerkennung der 
Augsburgi sehen Confesston. In einer ausfUhTÜchon an die UräSn Anna 
von Oslfriesland gerichteten Veraiitwortungagclirift erklärte er sich mit 
mehr Bescheidenheit Über 25 Beschuldigungen. Kr leugnet, dass er sich 
jemnls für den dritten David ausgegeboo, sich Christo glcichgcsteUt und 
das letzte Gericht sich selber beigelegt habe; wohl aber werden nach 
seiner Voraussieht iilabald die Heiligen Über die Welt und die Engel 
richten, nnd er selber hofft durch die Wiedergeburt ihnen gleich sn worden. 
Es liegt ihm ob, die ewige himmlische Erkenntnis anszubrelten. Der 
dritte David ist nicht Juri«, sondern der Geltet der W.ihrheit, Christus aber 
bleibt das llaupt, welchem zur äcligkcit anxuhangeu er auch Anderen an- 
rathe. Als vollslAndiges Manifest seiner Ansehaiiungt^n publicirte Joris 
15'12 sein „WuuderbucL", — ein mit einem krassen Titelbildc aus- 
gestattetes phantastisches Pro()uct, in welchen ausgemalt wird, wie auf 
dem Buden einer nackteu Natürlichkeit die wahre Wiederbringung der 
Dinge und die Vollkommenheit des geistlichen Lebeus sich eutfalteu soU. 
Von solchen OlTunbarungon wandten sich verslündige HJlnner wie Johann 
von Laski und Menno Simons ab, ■ der Letztere um so mehr, da er 
gerade den nQchternen Anabapüsnius von dem trunkenen ausscheiden 
wollte. Joris scheiterte also vielfach mit seinen Antrügen; er begab aich 
1544 nach Basel. Hier hat er unter dem Nimen Johann von BrQggo 



fiusscriiuh uubcHcliüUeu uutl im Ansciiluas hu die cvBnf>:<^lisrlio Kircho 
gelebt, anf^n^lich i(ig»r »^inon bisherigen Aobang, dor iiizwiscbcii in der 
iiciitmtli scliwoif Anfecliltuig zu bcsUslicu ti:itlr, vcrluugDtiL Dagi^jj^en 
iiiilim suiiin solirifUtvIleriHche TKiHigkeit rvisscudi^ii Vortgting, lt etrento 
QiHSAruiVfise Ilricff iitiilicr titid suchle VorUiiidung mit tiorvet, Cautellin 
und Scbwciikfeldt. Sein Tod am 35. Angiiflt 1556 bat in Bnsül, Uul- 
Inud, Friealaiid und Holitlciu ritie ^viti vou JuriMteii ziirUrkgt^laättcn, 
denm Uiitcniurliung nocbmalä d^u i^anxcii wüstuu Inhalt dieser Schwaruii:- 
eitiii aar Spracho brachte. '} 

§ 46. Fortsetzong. Sarvet, 

Itvralur: J. Tahor, History nf Servetut , Londini 1724. MoBbeim'H Historia 
'•vcti, Iluliiiiit. 1727, und dfflscn Nene Nachrichten von dorn hoHIhnitpn »pjin- 
itr M. Sürvcto, HchiisL l7Ml. ■|'reclini;l, M. Ser\'t?t nnd Bcinu Vorffängcr, 
Heidi'IU. \WS\}, uml dcs.«eii Artikt^l bei Herziig. HiHit't, ftelation tiu prncis 
coHtrc Servet, Oenev. 1^44 . wuscibsl iUü Acten dus Pruccs^etf. Ucnry, Leben 
Calvin'», Dd.», schun uil BcnnUnng vuii Killict Uoborle, M. Sorvot'a 
Trinilültilulirt: oiid Chriötologie, Tlib. Zeitschrift für 'iTicologie 1810. Gab frei, 
tiist. dcCeglise itc Genevc, II. 1SS5. Saisst't, /icvue tUs tlcuji moiulct, JS4ti. [■ 
EoUUcb K. Brunneuianii, Servct, Itcrl. I$D5, tlH/ii die flogijienbiatoriftcUeo Ab- 
schnitte bei Baur und [Jorni^r. 

Alle bisherigt'n Redenken gegen die TrinitAUlebrc wurden aber erat 
suftaminengefatutt , g4>ar.hftrft und wissenerhaftüob entvirkclt durch den 
spaniiichuu Arxt Miclinel Sarvct (Serveto, Hervede). Dieser tnlent- 
Tolle und (tchai-fsinntge Mann war 15^)9 oder erst 1511 t\\ Villanova in 
Aragonieu gi-boren und battc auf nn'breren französi neben l'uivörsitäteu 
durch daA Sttidtum der Alten, der Rechte, der Mcdicin, dann auch dor 
hrbrfliHrlien Spraetie und der Theulugic eine auhr viciacitige Rildnug 
«rlangt; aiu die Physiologie sollte er sich dtirtdi cino wiehtig« Knt- 
detrknug verditint maclien. Dtiirh nahm sein lal^-rcASc an der Religion 
vorwiegend fnine speculntive Itielitnug , so dass er auch da« ChriAtenthntn 
weit mehr als Sacbo der Lobre und des Wissens denn des Lebens 



*) Die obigen Angaben sind ergänzt aus Fr. NIppold's verdicnHtllohtir nnd 
hiiuptaSohlii'li auf die BAitiitziing dor holIUnilischca Qnitlleo gogrUmlett^v Mono- 
graphie: David Joris, »ein Lebe», söine Lehio und soino Sccte, Nlodncr, Zeit- 
schrift fllr UisL Thcol. IS3:). 34. GIcicbaeitig ersolicint Im Salzborglschen 

sogar eine kl>.'ine (iemeinde, welche sich „GärtnerbrUder" oanntti uad dio nivht 
mehr ^Liubto am (SoltCB<Heiii«te Theil nehmen zu UUi'fer, üundem in abgelegenen 
Gegenden ):ui<i(nimenki)ui und durch irrmeinütthaflUche BeitrÜKt^ Brildergc-iaeiii- 
sohaften errichtete; iloeli wunlcn die Anli-Hnfrer, Männer und Kranen, slimmtlich 
hioKorlchtet, diß Widerratenden nur cnllianptet, die Uehrigen verbrannt, unter 
lbD«n ein junges schUnes Fcäulein von IG Jslircu, für welche Alle baten und die 
ertränkt wurde. Ranke, D. G. lU, Sj. &09. 9. D. U. 



424 



Dritte AbUieüniig. Zweiter AhflchnltC, $ 1». 



beartbeiltc. Douti er dachto nur an die nackte Tlieono and Dmoht« 
bUbh Heil von cleron Rldiligkeit und Fasälicliltcit abhiUigiti. Noch bei 
Zwiugli's Lcbzflitcu kaio er iu die Schweiz nnd wnrdc xn Ujiael mit 
OekoUrnpadius nnd Daebhor in Strassbarg mit Bnccr ond Capita 
bekannt. Mit diesen MSnacru verband ihu ein starker Widerwille iH'y:ou 
das Papsttburo; denoucli einigte er aicU niclit mit ibncn, da sie ihm in 
der Kritik des Ucbi;rlicfiTlcii und in der Urogetitaltuug dur Lcbrc aurtlck- 
«ubieibon aebirnen; ir selbst bcbanptete damalis richo» ein Vurdcrben dvr 
Kircbo, ^Auz beaundcri der TriniliUsU-hrr-, wrlclx'S Dutrma »tnt dciu vicrlir» 
Jafarbnndert und durch di« Nicäni>;cbi> KntArlieidnng KfUrill widrig entstellt 
und zum gcGlbrlichen Irrthuiii, ja «um vcrwciflifhc« die Rcligiun selber 
serat0rendf>u Wabn geworden itei. Oekolampadins, dem er ridiuii Zweifel 
über die Gottheit Cbriati mitlhoilte, konnte ihn uiclit cbtvoii abbringen, 
vielmehr publicirt«) or Ih'M , utwa EwauKig Jahre alt, xn Ua^enau im 
KUass süiuü sieben Bttclit-r De Irmilatis crroribiis und 1533 mit mebroivu 
Aenderungen seiner Ansicht und einem voraogcstellten Widerruf cinu 
kUfÄcre Schrift: Diahy'i de Irmitate et de jmtida rcjftti Christi. Daa 
erstere Werk gab den Schweixeru und seihst Meinncbthon grossen 
Aust^ss, so duss Servot der Wdirscheiutichkvit nach in Uascl verhaltet, 
nachher abur auf Oriind der Kwoitt^n ::}elintt wieder in FreiheU gt?s«tist 
wurde. Ausgehend von dem Frincip der Kinfachheit und UuthuilbarkL'U 
des göttlichen Wesens war er zu der Folgerung golaugt, dass eine ewigo 
Qeschiedeuboit dreier ?ersuuon iu üolt nicht statuirt werdeu köonc; der 
Sohn und der heilige Geist sind also nicht verschiedene und zugleich mit 
Gott gleicli ewige Liypustaseii, suuderu was die ächrift so ueunt, soll uur 
die Formen ansdrflcken, iu welchen sich Gott durch Verbindung mit dtir 
Dicnschlichen Katur in Christus olTmibart hat. Das Wort, welches sich 
mit dem Menschen Jesus vereinigte, und der gttttticho Geist als din von 
Gott ausguhendc Kraft htireu auf mit der Welt, filr wclubc sie als ufTeD- 
barende Wirksamkeit gegeben sind. Mit diesen Sätzen verbanden sich 
heftige Schmähungen des kirchUehen Dogma's, welches zum Tritheisujus, 
also auch zum Atheismus treibe; die Lehre von den drei Persoucn ist 
Täuschung des Teufels und gleicht dem drcikoptigeu Uorberus; in der 
That bleibt nur eine zwiefache Krscheinungslorm des Eineu Gottes iin 
Sohue und im Geiste tlbrig. Hiernach gingcu noch mehr alfl awanxi^ 
Jahr» hin (15S2 — h'i), wÄhrf^nd welcher Sorvct seine Studien forUsetzend, 
meist aber seine Lehrte verbergend tiud unti>r anderem Namen iu OrleaiiSi, 
in Paris, auch iu Italien, zuletzt lauge Zeit in Vionue bei dem durtjgtin 
Erzbisohof lebte. Kr wurde Ouctor der Mediciu und zeichnete sich aU 
solcher aus, von ihm ist lange vor llnrwoy der Umlauf des Uluts bc- 
Bcbrlebeu worden; in Paris lehrt« er über Hutheuiatik und Aatrunumia 
und gab ausser mediciniacbeD Scbrifteo die Geographie des Ptolemäna 



SorTOt'9 Auiiicht uDd nauptvriirk. 



436 



i<] uiue rovidirte Utuiniscti« Bibül heraua. In dittger Zeit, nach 1640, 
trat er mit Ciilviii in Itritit'wDclieel ; d« er aber Aiv Kindortuufc vt-rwurf 
uud L'alvii) aufforduiie, sk-h tnufvii zu Iiidai'n: bo wuiduii Ikidc uiiiitiid« r 
vOllig eDtfi^mdut, Scrvct hatte »icli einiiiaJ erboten nncli ücnf zu konmiün, 
nbcr C'ulviii sofariub üchoii daniiils i5IH »i Virut, er müge itira auf divKi'ü 
AnerbU^ten niirhls vcraprcelieii, deaa si venerit , vivum exire nuntfunm 
jffttnu:*) Er zo^; ftaniit nur die Couaetfaunz ins mDcui .ilteii (ieactz; 
dpiiii diu B<:«tiiiiuiniig(-u du» cod. Theodos. De haer. .VI7, 5 uud deü 
cikI. Juxt. I, J, in dfufu grolm IlArcsio, — uud (iottcsUlütcning war mehr 
als daa, — mit dtr Twdeußlrafe belcj^t wird, und welclie diiuu Kaiser 
Pricdricb U. 1220 am Tage wmav lirOnung witidor autgeDoiumeu und 
bestätigt, waren in Gouf noch «la rcchtskriil'iig auorkaunU 

bcr woiu^ru Vi'rlauf hiLngl mit dt-r lliiiiptttclirift ätirvt<tV EUHanmiOn. 
Er hattt^ dioflolbc iu den vienigcr Jahrea voUcudet uud dii£ M:tiiuiikripl 
uu Oalviu (^«'Schickt; i-riit 1553 üchh er nie ku ViiMine hclmürh driirkcn 
und herauBgebeu unt*T dem Titel: C/iristianismi resUhitU', MUis ecciesiae 
ajuntoUcae ad stia timhia mcatio, in mlegriim rfstituta cognitione Det, 
fidiü i'hhsii. jnsl'ficüfi'mis uvslnie. reff euer alkmis, ^mpUstni (»lu-h 1791 KU 
Ntlrnberg uaeliycilnu'kl), ") Diviteä Hauptwerk ertiffuot In den religitinou 
and ibcvlugiäohcu f?Uindpuukt oiid tielst dos Vvrfaaeon den vulUt4iidig&tcn 
l^iiiblick; die alten AngrilTe wt-rdtm wi».'diTholt, neue abwcicheudt* Auf- 
l'ns^uugcu uud Folgerungen iu verletzeudtT Weiae hinzuge<'tlgt| auch 
drt'iHftig Hriefu au Calvin verOirontliebt Serval verwirft Calvin'a Lohre 
von der KrbsUnde; erst mit dem »wniizi^Bteu Jahre, eu oei es von (jott 
geordutfl, anuilige der Meiiiich, weshalb uiau aneh vorher wohl ZiUditigungeu, 
aber keiuc TodcAstralVt vcrbttugru sulk*. Streng pantlteiatiseh hatte er sieh 
schult früher »uftgi'itp rochen uud blieb auch jetzt dabei. Wirkung i^etxt 
Uerlihruüg voraus, also muse tiütteü Weaen au alles UeschalTeuo hinan 
uud hineinreichen; watt aber an und mit Gott vorgeht, ixt doch nur eine 
disjuisiiio oder disitensHlm, christlitli {^dai':ht eine doppelte Oltetiliarungu- 
uiid Mittheilnnggforni , dPe einu im Wort, die andere im (ieist, uud h«!idu 
in die Zeit eingreifend, lliurnavli wirft sich der fechrlftstcUer uochmals 
und mit aller Uewalt in die Kritik der kirchlieht'n TrinitäUilehre uud ihrer 
»leb sülbat uufbebi.!aduu uud mit AlbeiAmua eudigendon Widenjiuutgkeit. 
{Htid aliud est sitte Üeo esse, ffuam t/e Jfeo cogiitire höh f/osse? Su/'/icU 
credere^ inquiuni ipsi, ^>mm res höh sit intcliigihilis ! h* hoc stuititiam 
suarn paudant , fjxod rem ' admilliint ininteUiijUem. /psa cerehri cou/imit 
est tibi uhjectum fideil Daa Uugnia ist ein Inplex mumlrwn, t-iu £r/.euguitta 
Kt^uiitwhcr Vordurbnisac , der Schrift und den ältostcu VAtorii uubekaautr 

*) Ä'f/ arrivait, je /tf gou/frirnis pas , jtour ftcu qua mon auioritit ait de 
vo/irur, quU s'tm ßi lüvani. Henry, 111, Bdl. S. 06. Ciaberot, U, S. 2-IG. 
••) Vgl. Uaar, Oroieinigkoit, UI, ö. 54. 



J 



426 



Drilto AbOifflung. Zweiter Abschnitt $ 45. 



Bbcr iu seiner Nichtigkeit durchsobuiit; uiu Undiug, voo welchem ^ch 
selbxt il\« Miih&mracdanPT, nbgli*ich sie KdiiMt CbriAli llohoit nicht verkannt, 
liiittou »bwi.-udi:u iuUdhcii. N!i«'1i der Apukiilviisc, wülcho Calvin uicbt 
rrkliüTn mor-lite und an die Sorvet eich vorDcbnilich hielt, hotrar.htote er 
auch den Abhuit der Kirchuii^i-i<chtidile uud ihr tlude; 1200 Jahre muastb 
ditt Kirche unter durn AiitioIiriHttMi stehen bleibi<n, und Christus hat von 
da u» 2U nigiereu auf};eh<irt, aU mHO zu Nicäa diu wiihru Lehre von aeiuer 
I'rratin vf«rk:iniit und Oott in drei Porsoucii zeii^chuitten bat Watt nun 
Servet als richtige ladire an die Stelle Hutzt, ist eine dem System des 
äcotns Erigona verwandte Weltausehaimn^, welche ein immanente« 
VerbitltniBs Gottes Rur Welt zur Voraussetzung hat üott uad Welt, 
Ucittt und Materie udcr lieigt und Fleisch laufen in derselben wesentlichen 
Kinbeit zosammen, eo dnss in allem Leben, in dou Henschcngeistem wie 
iu Cbrishi» ein Wenen Oottes entbaltim sein mu»», wie ihm auch von 
Calvin hislilt. l, t3, Ti. 11, 14, V vurgeworfeu wird: sj>iritus fiäelium 
cottfternos äicU et cmmibslatUUiics Dto. Calvin folgert nicht allein, 
dnss er ulihi auch mhxtant'uilem dcifafem nnri tcuitiim htiminis imimae, sed 
nliis rehtis crealLs zudelireibu, dass er lehre, wie secniiäiun dispensatioiik 
moihim (Individuatlun V) Uun in /Hh r/unm in spiritii partcm esse Dei, 
ximl iitfJit sinrilnx sultstandaiHer m rwhis atqite etiam in iignis ei 
tapiäihifx Oei porfio esl , sundera er fllgt an einnr andern Stelle nicht 
j^auÄ unrichtig htuKu: undfi se^iietur, porcos et caueji non mimis esse Dei 
fiths, f/ttia ex originali setnmc verbi Dei, — alle Schöpfung als Auagohen 
dra Wortes Gott^»« gedarbt, — creali xunt. Denselben Jesus Christas, welchen 
die evangelische OcBcbichlc in einer gaua menschUeben Erscheinung vor- 
fiibrt, nennt sie »ugteieb Sohn Gottes und Oott; es niuss sich zeigen 
lasiicn, wie Oott und Menech in seiuer Person zur Kinbeit vennittelt sind, 
und dies geseliieht hier iiuch einc-r AufVassuug, welcher aufolge ein gött- 
llrlies Leben auch anderen geArhiifTencn Weiten, besonders deu Mcnaehett- 
goistorn in ähniichem Vci'li.11tiH»ä als .Sclbstmiltbeihuig und SolbstofTen- 
baruDg Gottes einwohnend gcdiielit wird , wobei aber in Christus immer 
doch die reinste Au^striihlung dcB göttlichen Lichts, daa laaterste uod 
uuniiltelbarcli' geschiclillirlin Hervortreten göttlicher Wirksamkeit vurgeatelU 
Wilden kauu. Kenn m wolltt^ es Servet, indem er die Erscheinung 
Christi ata dazu heatiromt aiierknnnte, in höherem Maasse den heiligen 
tieirt uod daä Oute der Meurichheit zu verleihen, dieser aber dadnreh 
weniger etw^ns Kcue» ihr HettTogenes von Aussen her einzuHüssen, als 
vielmehr sie auf eine hüliero Stufe der Entwicklung des auch ihr eiu- 
gepflanzlen götllieben Lebens zu erheben. — Mit den krassesten Aus- 
drücken vorwlrll er die Kindertaitfe als teuflische Erfindung,*) znr Zer- 



*) Für „iorMÜeri«" nnd Uagle, sein Urtheil bei Killiet, S. Hfl. 



Dof Frocoas gegen SurveL 



•137 



Jniog der Kirche gemacht; nur die ZurechnnngsAhigen, diese aber nirJit 
Yor dem siwauziKaloii Jnlire wi« Christus iui drrlMBiKStcu, sollen die Taufu 
»pfaugiMi, dAnn ullnin btmirkt väv. StAi'kuiifr di*H Olüubtms und Kinpf:!»*: 
Ics Geiste». Si lion dalUr war or nnch älteren ötriifgesotÄon and jUugireii 
:»rhllld±itm des Todes arhuldig. 

Iiizwtiiclieu lobte Scrvet uovli iu Vieiiov itls Arzl des dtirtigoii Gre- 
bittchufs; t\a&6 jenu ti«hrit't von ibiu bcrrülire, war mH'li uub^kuiinL Kiii 
Cicsf i>iüli uuniultoudLT Fruuzuse verunlHitste jcdDrli durch uineu kutho- 
jgchen Kri'uuil zu Lyo» nine ITnUireucbnu};; der PajuMry Servct«, und 
tut) deäscn Uricfcn im Calvin, die er büufi^ zurüc-kverUugt, tvardo er 
Verfawer aberwieaen *} and in Kulge dei)«en von dem Viuuner Inquinitor 
Tode und zwar zum Feuertude vernrtbcilt. Aber v\n Munn, deuen 
roehter er t^clu^ill, »cbairtv ihm a'iuv; Vi^rkluldnug, luiltolttl deren or aus 
lern Ocfitngniss ontkniii. Nun wollte er durch die ScbweiB nach Italien 
liehen, K<^lanf;tc aber äclion Milto Juli 1553 nach (ivut, wi> er sich frri, 
)er lDi4^e)ieim, einun MuiiHt laug uafliielC Mf>>;llc-Ii dn^is er hier, wie 
Hilliet und Üuberol vertnuthen, auf eine Veräudrrnn^ der Genfer Ver- 
änuK wartete , wie eio ^-rnde dttiunla von C a I v i n's WiderHiehvrn 
i'ab»icliti^ wurde. Allein im AuguHt wurde er vun Gnjstlirhen iu dnnr 
Urehe bemerkt und entdeckt and seliou am 18. August auf Requisition 
lalvin's und auf Rpft'hl der Syuodiri verhaftet; ein Frcand Calvin'», 
reicher eine von diesem furmulirte Anklage gegen ihn als Verbreiter 
rlicher Ililreniften uinreiohte, maeatc aieh dabei selbst gefangen gebuD, 
nach Genfer (jlesctzpn ein fulRclier Ankläger auch sicher sollte beotrafl 
rerdeu können. Nunmehr begann der Pruct!»» gegen Servet, und wl>uu 
loh Calvin diesen schon blngst filr dos Tudea würdig hielt und viel* 
aielit bereit» in Vieuno zu dei^äeii Gefangeuuohmung und V'rrnrlheilung mit- 
gewirkt hatte: ao LUsöt sieh doch nach den Untersuchungeu von Henry 
id Rilliel in den diesmaligen (ierichbtvi!rh.-tudliinguu und zu einer Zeil, 
ro Calvin im Käthe viele tVioilu hatte und ji-nc VerfassungäkriBis »och 
licht beendigt wiir,") da» Verfalireu des kleinen Katht« und duä Kichlun) 
ein selbstjiniligeti betrachten. Calvin ßelltet, welchen auch seine Gegner 
Theulugeri uii^hl preittgebeu wuUUmi, wurde mehr als SachvL<rutiiiidigcr 
id Kxeget, Uberliaupt aU AuE>kiinfUpcr6un hiiizugezugoo nnd konnte in 
Eigeiiächall tiowic durch üricfe au die Narhbarkautunc, die ja auch 
if^agt wurden, noch genug einwirken. Die Untersuchung, welche dem 



') So nach Gaberet 11, S. 346, der sich auf LeUrcs de Servet, Btitl. puplit/ttc 
BmA. 

**) Am 3. September kündigte (^vin auf der Kanzel an, er werde Genf ver- 
isen, wenn man »t fi>nialirt! \ dit- Behörde ilor ZwuUiuodert liatte dem Consialu- 
den Uaon genummen und Uerüiuüor aV^uIvirt, Trecb^el l>ei Herzog, 

^ S. 297. 



438 



Dritte AbtMluDg. Zweitor ÄbechniU. § 45. 



Ueufcr Ikchtc gomfiss 24 Stundeu imch der Verhaflang beginuon mussto, 
danorte nun faat ein Vierteljahr, bia %nm 27. Ortober, und wurde nur auf 
das Werk thristimüsmi resfituU'i gegrilndot, viclloiclit weil, wie Uillict 
uii-iot, von dun frOlicron Schrtftuu vim 1531 uud 1533 keino Eiemplu'al 
luelir auf/.uM'ciben wäre». Diu Ankla^^o wnr cino doppelte, sie bezog sich 
It auf die RulietitVtrun^ durcli Irrlehru, 2) auf die V^erwcrfUclikeit derj 
Lclire flelbat Sorvel lüugiiete, dass er durch Verbroituug seines Werkca.] 
deu PriL'den der Kirrlie tiabe boeintritchtlgen wollen, und wenn oiao ibm' 
(juttcsläau-ruiig uiieliweiiKi, su sei er bereit, sie au beiichtigeii. Ueberj 
Aoine Lehre erklärte er aicli stihr offpn, beharrte bei der Verwerfung der] 
KiiidcrUuf« und der erst später eudtaudenea Trimtät und hielt auch 
seiut^u Pautbeiiuuuij aufrocUt. Abm' dafcit begnügte er sieh nicht, nud 
violleicht dnsß er, wie Killjot, Qaberel und Trochael annehmen^ 
lli-ury Hbi'T bifstreilet, auf die damaligen UniDtändo rechnete; denn statt 
um- sieh uiiil seine- Saobe xu vcrtbeidlgeu, machte or sich selbst ziuu 
Ankläf^er, urgrilf mehrfach die üiTensivu gegen Calvin, erbot sich deaaen] 
Irrthümcr an zeigen, fonlerte und erreiehle am 1. September eine Dispa- 
tation mit diesem, auf welche dann wieder ein Scliriftwechacl swidcheu^ 
Beiden folgte, und sielltc sogar das Verlangen, dasa Calvin als falscher^ 
Anklilgcr zur Stri»fe gezogen, sein Vermögen elnge»ogcn und ihm selbst 
der Alles dureil jeuen verlon-ii, zugesprueheu werde. Auch Calvin wi 
8einenieit8 bemflhl , dureh Uerbeiziehung anderer Bphriflen das Material 
der Anklage zu bercicheru, er fügte uuuo Klugopunkto hinzu und dehnt 
sie gar auf pxcgetisehe Nebeufragen au». Oass Servet in den 
merkungen zu seiner Uteiui&i.-hen Bibidausgahe Jos. 53 den Knecht Gott« 
zunächst auf Cyrus bezogen, ohne jedoch die zweite Anwendung ai 
Christus zu leugnen, das» er in einer Nute zu seiner Ausgabe des Ptolc- 
maus l'aläiitina uiifrutilitbur geuuunt iiud dadurch dem heiligen (^eist 
widorsproi-hen habe, der es dureh den Muud dos Müsca aU fruchtl 
bezeichnet, — selbet daraus sollte die (irtJsse seiner Vergehungen erhellen.*] 
liegen SL'rvet's teilten, über die ;:leicLr:tlls Erkundigungen augestelll 
wurden, faud man uichts einzuwenden; dagegen kann ihm die Uolteud^ 
mactiung ^M't>cbadcl haben, dass die Kirche durchaus uoch nicht in dei 
Jaliibumlerten ihrer ersten Ueiiüiett, sondern erst in den Zeilen der Vei 
durbnissü Gewalt und Todesstrafe gegen HiLrcBie ungewandt habe, womt 
nur erwidert wurde: aber jetzt sei sie durch bestellend« Gesetze dozi 
belügt Luzwischeu liiitte man auch iu Vienue über ihn Nachfrage gebalton^S 
vuß dort kamen einigemal Kerkormeiatcr nach tiouf mit der Äuflforderutig, 
ihn zur Vollati-eckung des in Vienne gefällten L'rtheils dahin abzuLiefurn, 
waa ihm auch angeboten wurde. Ferner wurden die zwischen Servot 



*) Gaborel, S. 261— 5&. Trechaet bei Herzog, 9. 2'JS. 



Verlanf des l^roceHaes gegon Sorvet, 



429 



und Ciilvin gcwecliselten Scliriflen zni' ßegatAt^litiing iiroltnr{;c8c}iickt; 
an niflm're Scliweiacrir^otone erghiKen Anfrageu und xw.ir, was vhflletchl 
am meiaten wirkte, mit gleipliora Krfolg. Üi« O'^fragton in Born, Xllrich, 
Sclrnffhausflo, Basel, — fruilicli Orten, inil. wclrh<^n ain-li t'alvin rinra 
Hricfwerliflcl iinttTliielt , — Snsaertßn aicli zwnr nirlit tlbur die Art der 
Bestrafung, stimmten aber shIif tiaclulrilcklii-b dafür, da«» gcgf» nim'n 
solcliOQ Kn-VL-l keiuc falsche Nuclisichl guübl worilcu dilrfc. Nichta inii); 
ntvhr dnrcIigOBclilAgpn haben als diifae Krk lärmigen. Am 15. Scptimibor 
1&Ö3 hatte Servet gcbelen, eetnc Siiclio vnr di-n Katli tlcr Zweihiiiiilert 
KU bringen nnd ebenso zn hindern, da»» (^'atviii ihn im CefilngniK!« um- 
kommen lasse, wo CT keiuc Kleider woeltM'ln k^miie und wo (Ins Ungeziefer 
ilin achiin ii-bendig iiufzelirc; die Kl:igen (Iber Kulte nnd Krankheit wieder- 
holte er uucb um 10. Oetober. Aber tief kleine Itaili, iius defwen Sitzungen 
sich xiiletzt Oalvin's (iegner wi« Ami Porrin und Uertbelier, die 
Servet retten wiiUton, hiinfig j!iirÜekÄi»gen, sehlng gegen l'crrin'B Meinung 
die Appellatien iiit die Zweihutnb^rt ab, ebenso dt*Kaen Antrag anl' Frei- 
sprechang;*) auch ein Vcrtheidiger wu/de ihm niuht bewilligt. Sein 
Scbiekujil war entschiede«. Calvin selbst beantragte am '2it. Oetober 1553 
die Verurtbeiluug zum Tdde durch Verbrenuuug, lüdit allein wegeti seiner 
verwerriichen Lehrtin nnd der aiifrUlircrischen Abaicht ihrer Aatibrcituiig, 
weifbo Tenduuz auch au» dem blendenden Titel ftestiltith Christianismi 
hervorgehe, noodern auch hauptttäehlich deshalb, weil er sich in der Uo- 
bauptung seiner Irrtlifltuer steL» liartuäekig und lialastarrig gezeigt habe. 
Man darf »rblieason, daätt er durch einen Widerruf Hein Leben lultte retten, 
zuletzt wcnigstuQS ciue Icicliterü Todcsstrafo liütt« erwirken künneu , die 
er ja selbst wtlu^hte und vcrgebona erbat. Der alte Farol (geb. HS^, 
t 1565), der gluiülifallB die Tudcsstrafe billigte, war doch eigens nach 
tienf herltbergoknmmen , um ihm anf dem Ictstou Wege beiKustcheu. 
Servet selbst, .itifuugs heftig durch die Sentenz craclireckt, — mixtri- 
roräia , nüsericordia , rief er spanisch, — wurde nneliher ruhiger, auf 
Farcl's Botrieb besprach er sich mit Calvin noch im GelHngniss und bat 
ihn uro Verzeihung. Dieser versicherte , persönlich niemals etwas gegen 
ihn gehabt zu haben; er sei nur seil sechzehn Jahren eifrig bemüht 
gewesen, ihn von seinem Waline zu bekehren. Aber von eeiner l'ersoii 
8ei hier nicht die Kede; Servet möge nur jetzt Gott um Verzeihung an- 
flehen, den er gelästert, and den Sohn Gott«», den er verlengnet Dessen 
weigerte sich Servot, daher schied Calvin, — vofjmtt t/ue Je nf ftro- 
fitoije rien, sagt er selbst, — wie man von einem -durch sich selbst ver- 
dammten Ketzer scheiden müsse (1. Tim. 1, 20. Tit 3, 10, 11). Aach 
Karel arbeitete noch bis zuletzt lu ihm, er möge den ewigen äohu 

') Rilliet, p. 106: Cettc ahsolution eguitaiaii de Cexit ä Caivin. 



J 



to 



Dritte Abtheilnn«. Zweiter AbechuitU i 4h. 



bekennon; diesiT aber rief Cliristns an im Gebet und in der Bitte nm 
VerjrobiioK, aber er kuuutc Hin uur als ein Wunder Gottes iieit der 
Mi'imcbuordtin^, nicht von Ewigkeit (rtAUben. Itei der KnifTniin^; des 
L'rtlicilä äucbtc vt am Bcgnadjffou^ dnrch das Schwert nach; wenn er 
gefi'lilt. sei es imwiAiu*iitIlch ^scliehrn, da er in Allpm nur die Kbre 
(iutU;t) habe rördcni wollt'ri. Ute Bitte ward »bgeäcliiHgcu, d:i er niclit 
widerrnfen wollte. Am rol^^eudon Tage (27. October 1553) und au eiDcm 
Ort«* Cliatiiprl, ('int- Iial))« Stundi.' vor Gfnf, g:ing die Hinrichtung vor sirli, 
laut;6am und luige^hickt, denn toan Iiatt4> zum GlUek nuch krine Uebung 
wieder im Kctzorvurbrennen und erlan^lA sie aue.li nicht, ubgluich noch 
eini|;;e Heispiolc folfre-ii sollten. I>ic nndriugenden Klammen Itesseii dem 
UnglUcklieheu nucli Zeit zu dem Ausruf: „Oult urruttu meines Scolo, Josua, 
Sühn dcB ewigen üottea, erbarme dich meiner.*' 

Im folgenden Jshre «rliricb Calvin noch cini; ür/ritiitio rrrorum 
Seitffti , ') wolcbcr er aueli eine Vertlieidigung der To<ie8ati'arc gegen 
Iläretikcr voranatcUtr. Bekanntlich JHt auch Melauchthun mit der Hin- 
rlrliliing Survefs einvcDitaudun gcwrsen/') und miin darf daran mnncrn, 
dnss JjUthur »(tlhst Zwingli'rt gewaltäamen Tot) als göttliche iStrafu für 
LHäti'i'uag anäab. Einzuräumen lät, das» Bervet nach den aUun Ketzer- 
gcAi^tunu »owie nach den neueren gegen die Wiedurt&nfer vemrtheilt 
wrrden konulo; um a<i mehr Imbcn wir zu beklugen, daaa deren Vcr 
werfliehkfil uoeli nicht erkannt war, datt« also selbst t!a, w/r das Evaib 
gtilitim »ehon tief eingedrungen, das N'er^tändniss desselben jene ITeborretite 
de« hierarcliirtclien l>o8|totiämiifl, — Oh^iclifltidlung der rjehriil>weiohungeD 
mit dum Verbreclieu, Bestrafuiij; verweigerter Zustimmuug iti der Lehre, — 
nicht sofort beseitigt hatte.'**) Denn welche Verirrnug zu unchristUcher 
Gewaltthat kann au» der Uelicrseliiltznng dcti blossen Fllrwahrhaltons und 
der Lelirbestiiivmung hervorgehen, wi^titn in dem Se-hriftvcrvitiludniKs hlosa 
derer, die die Gewalt in ilHudeu und die- Muaaeu für steh haben, und 



•) Opp. eä. AmsUL VUl . ft. Ütti stfQ. 
••) Vgl. C<rrp. Ref. Vlll, y.363. S20. 

*'*) t>Bss sich (.'ftivin nii-lil illier diesen Standpunkt zu erlielicn vermochte, 
daiia er, der gnt»M.> IteroroiiiUir , »ich und »eine llanitl ungt»wt?i8e so voll- 
ständig' von <Wn itberl linierte II Keclilitlii'^ircTi lu-hcrrsehen \W»i, bleibt motnos 
Urachtens ein unKU5til|;bun<r t-'leikt^u in Hehicni LeiK-u. Wenn Luther, ilcr «ich 
ja Ilbrifreus denlUi-h genug erkliirt, doch duM (;ewaltä:iu)e LobenKende Zwingli'a 
uufl giJttlichcr .Strafe herleiten kuDulc: ito war auch dies ciue unohristtlcho 
Veruiesscnheit, aber Vun einer Art, wie sie vielfneh und biti in unsere Tage herab 
vorgekommen ist, muss also wohl unterschieden werden vi>u dorn Urthoil oIdob 
todverhäugendea tacnt>chlichen KotKergericht«, al» dessen Helfer sich Calvin 
betragen hat. Was Melanchthon heiritTl: m hat er allerdings da» Todetturtheil 
(ilier Servct giitgebeisäcn; ob er über deuigviuäsä auch selber veriabrou suju 
würde, ittt eine andere Frage. D. II. 



ninrichtQDg Scrvet's uuU FüI^d. 



431 



welches docli nur olnc» unter molircruu niiv^lirlieii sein wird, der alli^ui 
gIlUigr Auttdriirk ^'kttliclicr Wahrlif^tt gp.ftuido.ti , dicuvr itlior r-iini Maash- 
stnbc oinca Strafii^criclits iromacbt wird! War diis nicht von Gbristus her, 
waH Servet'ü Leben iinütdclig rrbalton hatte, wa^ ihn im HtiThen Chrlstufi 
aururen liosa, was ihm dio Kraft zum Sterben Torlieh, wäJirend er durch 
einen WideiTuf sein Leben bätt« retten kOnnon? Die Wirkongen von 
CbrintiiH her Hind so reich, dstnA die Kirchciigedchielite, weicht' dii; 
Gescbicbio dieser Wirkungen ist, nicht hioas ihre Märtyrer, sondt-rn zu- 
weilen auch ihre Häretiker zu rtlhnicn h»t. ICrklarlicb, diias die Reforui:it)on 
achrittwüiae in den sittlirltcn und religiösen Ueist eindrang, erklftrlicb auch, 
datiH Calvin an zwei Traditionen und Altci-thUincru feHtbiclL, an den allen 
Ketzergesetzen und an der TrinitAtAlehro des vierten Jahrhundurta nid 
alleiniger Schrtl'tw.uhrhciL Aber wenn man Servet alx höhere voraus- 
eilende Einsicht naelivillimt, da«ts er die \'erattung und Niehtberecbtignoi; 
der einen Antike, itüuilieh der KetzergtMietxe erkannte : su soll man 
wenigstens Uuldimg für ihn hegen, wenn er anch die zweite als allein 
richtiges Schriftverst-Uidniss bestritt nnd ihr eine nndore nach beKt«in 
Wissen schrit^aiässigere AniTnssung entgegensctste.') 

Der kirehliehe iScIiauplatz von Genf wurde Indessen durch Snrvet's 
Hinrichtung nuch ntclit birruliigt. lu den Jalirou 15tÜ bis 54 »nebten 
viele noi dea Glaubens willen Verfolgtet in der Schweiz und namenlÜrh 
in dieser Stadt ein UntorkuoiDien and wurdeu in zieuilicber Anzahl unter 
die Bürger aufgenommen. Aneli einige gelelirte Italiener befanden sirh 
unter ihnen, die seit L5-I0 in Üirer lleimatli iiieht mehr sicher waren. 
Von diesen, die keine Augsburgische. Confession taaen, sondern sieh an 
die Viilgata hielten, stimmten Mehrere dem Servet in !liiii|)t)nitikten bei: 
Hattb. Uribaldo, Reehtrtgeleln'ter aus l'adua, Georg Itlaiidrata, Arzt 



*) Kehis Vomiuiiietzuug scheint »ielierer und unveräututerliclier als itie, il;i»it 
tlie Wahrtieit nur Eine aei, itnd uucli mit hesundereni Kcclite sclieint iltes ntif' 
geoffenbarte Wahrhuitcu augewaoilt werden xn müsaeu. ult welche iLizu da »eicn, 
sonstigen Schwankungen uiu Ziel zn setxeit. L'nd doch wird man sagen dlirfen, 
(Iahs ksum etwas Andere» tki viel Verwirning und l'nhf.II in die ivireho gebrauht 
alä dii^M Vi>raiisBi>tziing, pinmp und nagesehiekt gehundhalit. Sio litt diis l'rivi' 
Ißginm gewonlen fllr VerEltlguiig nnd (Jewaltlbat selbst da, wo es möglieh und 
recht gewesen wäre, die I)nzul3ingliehkeit und den Idirse »iiproxlmativon Wabrhoits- 
gebalt menschlicher Erkcuntnisa eioKiiräumen. Mau virtt es dum wüUlicIten 
Despotimnus, muu wirft ca Ludwig XLV. vor, duäd er gesagt habe, der Staat 
sei er selber; aber wir sollen uns dann luich büleu, in Sachen des (Jhristen- 
tbums nicht „(jott" zu sagen, wo wir biosa ..ich'* zu ssgen li:itteii. UetigifJse 
nnd tiifMlogischc Streltlffkeiteu werden desto lädcusehal'tlieher geführt, da sie 
den (tliiubcn einßössen, dnss es sich In Ihnen nicht nm ilie eigene Ehre der 
Streitenden, Rondem am die eines (Grösseren Itandete. Und di>cb sind sie so 
b£nlig von (Eer Art, daes in ihnen nur cj'n Uebergewtcht des Itiichts auf der einen 
oder anderen Seite offenbar werden kann. 



4S2 



iwig^Eweitcr Abachnitt. § Ah. 



ftu8 SalaxxQ; Johann Tsnl AlrUtt, ehenfalla ans Pienmnt, Johann 
Valpittin (Uiutilo auH CuäMuza in Uiitt'riütUcii. *) Ilir Staudpuakt w-tr 
tliTsplbi', iliro iln^in»tii<rh<m AuÄ8:i)^on, baUl ruhor, h.ald an^^t'mfsst'nLT und 
buwiL^r i^wühlt, vcrw.iii(lclii lUu gleichst« tlondo Trinitdl in uiue Unter- 
ordnung der ]%trM<uuiH, W(>n da« Abffobit« nur In di>m Kini^n uiitboitbnr 
viilhullf'u Hi'iii k»nii. 8i(! tnitcu uath Sorvi'l'a llinri»hliinp gi'giin Ciilvin 
auf, bi^äoiidors drr Kccbt6(;t>Iehrtä; als Calvin abor tiiii ühulielicB Ver-| 
fahiiMi g'^gL-u nw vorbcroitot«* und uir 4'in lirk^nntiii»^ nntentchrribon livns, 
bcgiibcii m- sich nai,-)! i'oleii. Nur (icntilis blii-b unfnuy« KUrilrk , (and 
jrdnrh, da»» or btii d<?ui untt>ritrhrirb<-iuin Buktmutnien nicht btdiarruu 
kiiiim*; dL-nii nnrhdom er Gott t;of>*'U^ii. 'hm dio Wahrheit zn ü(f<Mibarpn, 
biolt er bloss Fult^cndvd a)ii ttchriAj^emünH t'cBt: X>L-r V'ati-r (esxentialor) 
kann nicht cino l*crs«u im ^tllichi.<n Wesen, er niuss das p;an»v Wuscn 
»ein; von lliin ist der .Su)m (fssfiilmlusj aiiB^4'p;iiup«'n, iiacti der Schrill 
dad Ilibi lind der Abglanz Acr Ktnm Uottlitdt des Vaturs, welchrr der 
eiuzif^ waiirr Gott Hei, aber alii drsum börJiitttta ClR-nbüd aucb wahrer 
(Jolt K<'nannl. Aurli er wurd«' um dirsc» hiUirodoxrn WidtirepnichB wiUun 
in IJi^nl' gvfaiigfn gi'«(*t/.l und, da i-r itirliC witlfmiri-n wollt«-, nncli dem- 
sidbrii auf ävrvet an^cwundt-tcn (losetz xniu Tode voriirllu-ilt. Zwar 
rr-ttnt<^ or «ich nocbmaU diirrb Unter^chrifl (dnor kirchlich lautenden 
Fonnel, abiT oliiie sich clgeDlüch von «eini^r rrilht.Tcn UrlH-nsfU^un^ 
trennen zu können. Kr folgte d<Mi Uebrigen nach i'ulen , kehrte aber 
später zurtirk, und da er seine abweichende Mcinnng uITt-u wiuderkoltc, 
wurdü er narh Calvin'« Tode im Boroisrhen ergriffen itnd als rflckßülig 
abcrraalH verdammt und erlitt init prosöcr SlandhaftigkeJt die Todca- 
stntfe.**) Anch jener Franzlscaner und narhherige Kapuziner Bernhard 
Ochino, welcher In den dreinfliger Jaliren durch «eine Predigten zucrtd 
von der Uuiiäc und dann von der Ueclitff^rtiguiig durch den (jhmbi-n ganz 
Ncaiiui bewegt und die „Steinu hatte weinen machen", der dann 1542 vor 
der Ini|iiisiTioit in die Scliweiz gefidclitot einen wechselnden Antenthalt 
ncliiiien inuHSte , brachte in Dialogen soviel Zweifel gegen Tiinität und 



■) li. Aretitts, Val Gentilis Jusf*i capitis snpptic'ui a/feeti fnstpria, Gen. 1567. 
fieHt. hnpietatHm expiir/ilio ex actis sntalus Gatevcnsis e. yraef. Th. Betat. 
(im. 1567. Uibiiath. jHlithnit. p. 16. Trechüel, Die protunt. AntilriaitaHcr, 
U, ä.'is:i ff. Jit». 21. iHTBRlh« Ik'i Herzog, I, liJü.7. Ileberle, OribiUdi, Hlandratu, 
tJentilo in lU-r 'l'flb. Ztsclir. ISJO. Blamiratae ctmf. antitrinitana c. refulafione 
Flacii. *,•*/. Uenke, Belmst. 179J. Doruer, Eiitwickluugege&cliichte der Lehr« 
V. d, P. Chr. 11, S. t»&6 ff. 

— ) /Vtrr rlubilavtl dicere, nrminem adhuc. '/uoil ipsf quiiiem sehet, j*rn gloria 
et emitienlia pafris mortuum esse: propfielns . upostnlos piosque martijres pro 
fiiii (fhiria persecutioties . murlem et extrem» i^iiaet/ue passos esse; emrnmtiam 
autem hei putris nulhs ndhiic outrtj/rcs /labere. Utbi. Antitrin. p. 10. Hist. Ref. 
l'oion. p. t07. Bayie, s. r. 



Ändtrinitaricr iu Polen nnd Uoaucliliuid. 



483 



SaUsr«ctioualo1ire, aber auch gogeu die allvinigc Berechti^tiu); dor Muuu- 
gantie vor^ dnits er ans /tlrich Hasgtiwiriten wurde und aicli nach Polen 
bei;al>, von wo ur diircli (kardinal Liueitu vurtriebeu wurdo; or starb 
ihM in Millircn. 

Diese nai-li Pulen Kntkonimoiifn begognoton dasolbfit noch anderen 
ü<)»innuiig8genu8fl(<n. Um lüGI ftarnroello »icli hier eine ansehnliche Partei 
dur Antitrinitnrier, wt.Icho eine Zeit lang mit den Rrforuiirten iu gutttra 
li^uvLTnchuK'u blieben ; e nrg 6 c li <i m an d aus liatibor nnd Gregor 
Pauli, Ri^furniirtor Prediger in Krakau, standen au der Spitze. Wie 
ftohnu lUandrata aU Arzt der Krtnigin Itnna hinter :?igisniund August 
( LÖ48 — 72) eine siebere Stellung gewonnen : so gewährte ihnen jetzt 
ein Calvinisoh gesinnter Magnat, der Woivode von i'odolion Job&on 
SieninHky, Duldung und Seliulz. Er erlaubte ihnen In dem Städtchen 
Hakan «ich nicdersulaäsen und anKubauen; sie erhielten hier eine Sebnlo 
nnd Dmekerei , dazu 1577 ein poIniscbeB Neaeit Testament, nnd 1574 
b>-arb<'iteie l-joer uuU'r ihnen, Cieorg ScboinanD, eiuen nnlitrinitarischon 
Kateuhitimua, weLrber xii Krakan gedrurkl wnrde. Um dieselbe Zeit wurden 
Hie aueh in Siebenbürgen von di^ni Ki^nigc Johann Sigismund Zapolja LI. 
(l.ilO— 7U, dem Sohne, dis Jubaun Zapolya (f 1540) begUnstigt, and 
Bland rata hatte das OKlck, dnrcb eine Dispntatiou von 1&6G Viele des 
Aiielti und nelbftt den Künig auf seine Seite zu ziehen; ja sie traten an 
dieseji Orten als vierte Uellgionsforni oder Conlcssion in gleiche Rechte 
mit den übrigen Protcstant4>n. Indessen war dieaer Znsland noub ein sehr 
ehautiseher, Verwirrung nnd Meinnngsveracliietlenheit konnten nicht aus- 
bleiben, fli-honoudere und extremere Ansichten befanden sich im Wider- 
streit. Als Unitarier waren de von den kirchlich Ueforniirten schon 156& 
auflgi'SchUtssen worden, ohne d.-u'um unter einander einig zu werden. Sie 
stritten thoils Über die KindertAufe, tliells über die Christologie, in welcher 
Einige Arianisrh dachten, — «t die Farovianer, AnhSnger eines Predigers 
Farov, — während Andere Christus fUr einen erhöhten und jetzt an- 
zubftondcn Menschen ohne Priiexisttmz erklürten. Am weitesten gingen 
der Prediger Buduy oder Buduilns in Litthiiacu und Franz DavidU 
in Siebenbürgen, welche mit ihrem Anhang jede göttliche Verehrung 
Christi missbilligten.*) 

Schon damalä wirkten diese Bewegungen auf die Roformirtcu in 
Deuläcbland zurück. In der Pfalz und in Heidelberg Hessen sich einzelne 
AnhiLnger antitrinitanacher Lehre botreffen, welche auch Verbindungen 
mit Blandralu und Sicbcubürgcu sucbtcu; — ein Prediger Adam 
Menser, welcher nobet Anderen der von Olevlan betriebenen Ein- 



*) Simler, A$serüo orthodoxae doeiriHae nppotUa bUitphctnü» et sophisma 
ihm StmoiiU budnaei, J375. Fook, Der äocinJanisans, 1, S. 150 ff. 

Heuko, KJrcbengVMiblobta 1. 2b 



434 



ini^^nroiter AhBchnitt. $ 45. 



fDlimog der Genfer Kirchen Knclit sieb widersetzt hatto, eto Johann 
Sylv«.na8, Reformirtcr luspLxtor ku Latlcubiirg, frtther ri-mliger in 
Wflrtemberg, anä Kvrei nnden« Frediger 8 n te r and V e hü baten einen 
siebeubUrgiscUou Gcsandtcu, welcher 1570, bIbu iui Jahre des Cuuitooaua 
VDU Sendomir, sicli zum iteichKtage in Spf^yer eingufundrn hatte, um 
seine Vermitlvluug bei Ulnudrnta und di:u siobcubiLi'^lscht-u Uiiitanevu, 
and aelbat zu den Türken wollten sie in Bexiebnng treten.') Dieaea 
AfrgemiäB Rollte nicht imgestrafl bleiben. Der gootit so tiiildguHinnte 
Kaiser Hax IL, welchen der Heicbetag ebenfalls dorthin geführt hatte, 
veranlaaste den Kurfümten Friedrich [II. xu einer Unlertmchiing, und 
es fand aieh bei Sylvaiina ein Man«»kript vt<ii ßeiuer Hand: „Bekenucnisa 
wider dun dreiperaünlicheii Abgott und den zweiuaturteu GütÄea.*' Jene 
Vier worden daher gefangen geeetzt, nud die untersuchende GummiädioD 
gewann die Ucberzeugiiug, daäS »ic nicht allein ArJariidchc Lehren hätten 
verbreiten, sondern den AHaniamne sogar durch die Tfirkuii nuterstUtzen 
latui^n wollen. Daher rieUi ein Gutachten der ücidulbei^r theolugii^rhen 
FaeuUät, die damals Olevianus, Uruinus, ZanvIiiuH und ß(i(|uin xu 
Mitgliedern hatte, dem Kurfllraten hier die Todeiutrafe nach Oeut 13,6 
(gegen falsche Propheten und „Träumer") in Anwendung zu bringen, 
noch mit dem Uemerken, das» eine cliriätliclie Obrigkeit jetzt statt des 
äteinigcns auch das Schwert oder das iiäugeu gebrauchen könne. Doch 
entzog sich Neu»pr der Strafe durch die Flucht, er ging narh Sieben- 
bürgen und wurde zuletzt Anhänger des lalatu. Die beiden Prediger wurdcD 
abgesetzt und exitirt, iinr der Pfarrer und Itispcrtor Johann täylvanns 
wnrde im Occember 1572, im Ja])re der iJarthoIomilu»uacht, auf dem 
Markte zn Heidelberg enUiauplet. '*) 

Deutschland zilhlle also nur sehr vereinzelte Beispiele dieser Riehtutig, 
welche inzwischen in Polen und Siebenbürgen weitere Verbreitung gefunden 
hatte. Daaä aber dieser polnische Unitarismns nicht nur fortbestftod, 
aondern auch durch einen iVirmlichen KJrchefi verband befestigt und auf- 
recht erhalten wurde, war das Werk zweier noch nicht genaunteu Münuer, 
die auch ihren Kamen auf die Partei vererbt haben. 



*) B. 6. Struwe, Au^nihrl. BericIiL von der pfSlKischen KIrclicnhiiit., Prauk- 
furt 17-JI. ä. 212 ff. Vlerunlt, Uefunaition fm (Jrr>8aherz(iK>t)ni)i Kndcn. l'-ttT. 

") Struwe, n. ft.0. 8. 221. 22. Ilüu»BOi-f tieacliichtc der rheiu. Pfui«, U, 
S. 15 — .*.0. 



Lälius und FauBtus Suclaiiü. 



435 



§ 46. Soomianer. 

Itnr: Ashwuti, De Sodno et Sociniamsmo, Oxf. 1680. Buddtus, Comm, 
fic oriff. Socininnismi. Jeiu J725. Kambacb, lüstur. aud Üieul. KinldtODg io die 
Hcl.-tjtrfitt«k. der er. K. mit d. Soc., Koli. I75:i. i Thlu. 6'A, F. lllffen, Vita 
L. Socini, Ups. ISN. Hywhotae ad vU. <r/ *W/. i. S. , Ups. 1SZ6—44. 
E. Uengcl, lilton wir ErWliir. des .Socin. Lelirlegr. in Tttb. Magai. Stück U. 
Orelti, I-. ScKsin in Bual. "iiHtt-iiBcIi. Ztscbr. 1824. Treclisul, iViitUriiiiurier, 
Bd. II. SobDuckeDliurgur, Lehrbtrgriffe der kteiueroD protOHl. Kircltenparteivn, 
Frankt' IbS:^, $. 31 ff. KitschJ, UKre vun derRccliLfertifruug, 1, iW. Bi.'Hondera 
über: Fuck, Dlt äucjuiuiiitfuiu», Kiel Ib-IT, 2 'HiIl*. Die Abbuiiilliingun von 
Ziviler, KuBvnuillllcr, Zurenncr, bsuormcister, Kainor sind auf- 
Evmbrt in Uufuiinn'tt Symbutik, 8.497. 

Lcliu Süzini ILfllina Sociaua), geboren U>26 zu Siena, welcber 
Ort damnis noch \im Bcine stäiltisclic L'nabhiLngigkeit kfimptle, die er noch 
tu dioaoin Julirliiiudcrt au Tuacaiia verlur , ataiiiuite »tiä einer der an- 
gcsplicnatcn edaln and reichen Familien dieser ätadt dein Vater war 
l.^brer des KcrltU z\i .Siena, ebenso mt'hrerf^ Heiner äJ^hne. Ancb Lello 
widiiifU' E^ich dur KeebtäwiBsfiiftuliaft, wurdo aber bald durch allgemeinere 
philoAophiauhe Neigungen und durch den ganzen Zug des Jabrhunderta 
iu tliOülugiacUf Studien lüueiugezogun und widmete densolben nun mit der 
UnabbKDgigkeit ein(>i« veniuigiMiden jungen .Manneü^ der laugjäbrlge Keinen 
auf seine Auäbildiiiig verwenden könnt«, »ein ganzee Lebcu. Sein Vater 
luittTHtOtzte ihn »ui^reiebend, äo lange er lebte, und Leiio überlebte ihn 
iiielit liuige. l>iircb N'enedig, Frankreich, ^j^g1and kam er 23 Jahre alt 
1&4H nach Genf nnd dann nach Zürich und wurde dort mit Calvin, hier 
noch inniger mit U. Bnlllnger, dem Nachfolger Zwingli'ft, bekannt 
Iu dem Uestreben, seine theologische Ueberzongnng ganz selbständig so 
gewtnnoD, pflegte er den Umgang mit diesen and mit vielen anderen 
Gelehrtttn verschiedent^r Kichtang, die er anf Heinen Heiaen angetroffen 
hatte; er legte Ihnen seine Zweifel und KlnwUrfe vor, fand aber Calvio, 
der damals in der FflUe sctnes Ansehens and aeiner Kraft stand, nicht 
sehr geneigt, den Wid<:>rai>rui;!i cincd viel jüngeren Mannes hinzunehmen, 
bei4onders als dieser 15-1!) dim ZEtricIier Couaenaus (Comettsuji Tigu- 
rtHUJiJ über die Abendmahlalehre miäsbilligt«, welchen Calvin und Farel 
endlich mit den Ztlriehern, — achr wideratrubend achloasen aich auch 
Andere wie die Baseler unter Oswald M^cuuius an, — zu Stande 
brachten.*) Hierauf ging er für oiu Jahr nach Wittenberg, wo auch 
Melanchthon ihn sehr lieb gewann, kehrte aber nach einer Kotae durch 
Trag, einen Theil von Polen und Wien in die Schweiz zurück. Der Zeit- 
punkt wai' verhäugniaavoll , gerade damals suchte Calvin seine gegen 



*) Trecbset, An titrini tarier 11, ä. 152. 
meytr, p. 191. 



i 'onfet$. coUtcXio ed. ifie- 



4^1^ 



Dritte Abüietltrii^. Zndicr Atisclinili. § lU. 



Bulscc t^cricbk'tt: Primc-stinutiuiistcbro su tUl^inciuer Anerkennung BÜ 
bringen, und nicht viel apäter erfolgtn die Hinrichtung Servet'«. Darcb 
solche Kreiiiriiisiiu sali sieb äocin in seiiieni Vertrnueu zu der kJrchUcbeu 
Glauben »lieh tu Dg gcBlArt nnJ eurtivkgcwicticn; «ein VerblUtitisä zu Calvin 
wurde viu gcüpunntu»^ duuu er kuuute nicht .ilk-in seine Alisabilligang der 
verhäugttiO Todesstrafe nicht verhehlen, sondoin Vwd& auch seine Zweifel über 
die TrinitAtslehre laut werden, wctibalb Calvin o» dum liullinger zum 
Vorwarf machte, dusä er sich nicht von jenern lossagen wollte. Indesdou 
blieb nicht allein Melanehtlton mit ihm verbiindtu, iJouderu Uultiugur 
beweg ibn zu eJnüm BuiatiuUiiss, itt welchem er dem :ipo»toliäeben Synibul 
und den ÜruiidHätzeii der Kirche im AUgenmineu Hciuu Zimtimmaug ertbeilU» 
uud nur einzelne uicbl «chriflniäa^ige Ausdrucke wie Triuit^t u. n. offen 
▼ei'warf; v.» gt!lang Bulliiiger, Calvin und Andere, die über ibu Klag» 
geführt, zu beruhigen. Dagegen wurde seine Lage bald vun anderer 
Seite selir verachliiumert. Sicna wurde ibtib erubert nud im näcbuten 
Jahre starb sein Vater; diu d.imiilii vei-^ehärfte Inquisition aber cutzog 
'ihaXf der ihr scboo verdäciitig geworden warj sein Erbe. Nun veretiebto 
er zwar durch Kinpfchlungin MiUüiichlliorrH und anderer Fri'unde auf 
dem UeligioutigesprScb t\\ Worms {ib'ü] und durch Kilrsprache bei dem 
Kaiser )lax und dtun KOnig von Polen diesen Gewaltacbritt rltrkgSngig 
zu mache», am-h lebte er jetxt onst btngcre Zeit in l'olen mit den an- 
gesehenatL'U Anhängern der Itefurmation ; aber it halte di-n .Sehmerz, seinä 
Brüder uud Neffen, welche er sanimt ihrcu Frauen ganz für sich jfcwonueo 
hatte, unter deu Schwierigkeiten seiner .Stellung leiden zu sehen, und viel- 
leicht würden aich diese Bcdnlnguiüse noch gesteigert haben, wenn ihn 
nicht ein frühzeitiger Tod erlüdt blllle. Er starb 1562 erst 37 Jahre alL 
Schriften bntte er nicht bcraURgegcbcn, sein öffentliches Betragen war oiohr 
das eines U-rn begierigen Schlllp.rs gewiteen; indeähtn sein« Hriefe verbuudim 
mit mündlichen Aeusserungeu und Bekenntnissen liessen über seine Ueber- 
zeugung keinen Zweifel bestehen. Diese aber ging auf Keinen voll- 
ständiger über, wurde von Keinem lebhafter verfochten und mit grösserem 
Erfolg verbreitet als von seinem NeffiMi Kaustus Soeiuns, einem Mann 
von geringerer geistiger Begabung, aber ausgezeichnet durch einnehmendes 
Wesen, Leichtigkeit der Rede, Willenskraft und t'harakterfestigkeit. Auch 
Faustus, geboren 1539, bildtite aich zuerst zum Juristen, aber durch 
seinen Oheim auf Religion and Theologie hingedrängt, verliess or mii 
di(^itent uder doch bald narhlier ( 155^1 sein \ alerland und begab sioli 
nach Lyon; darauf folgte nochmals ein zwfiltjähriger Aufenthalt in Italiea 
am riofe zu Florenz, von wo er jedoch ir)T4 wieder nach Basel ging, um 
auf's Neue die ganze Theologie gründlich zu studiren. lir blieb drei 
Jahre, dann berief ihn Bland rata nach Polen. Aufiuigs wullten ihn dort, 
wo er 1579 «nkam, die schon vorhandenen unitarischen Uemeinden nicht 



F. Roch) und dtiKSRn Lchraystem. 



437 



ftufhehmen wogen abweichender Moinungen; aber seine Schriften, deren 
er raelirore voröffentüclite ,•) uiitcrstützleii Hin clicngo wie seine Per»önlich- 
keit, und unter iftei^endetu Vertrauen von Seitf-n der Edellente and 
Prediger gelutig es ihm :iIln]fthl)obf deu gi-ügalea Tfaeil der unitarischen 
Gemeinden ganz mit »>eincr Leliranffasitung ku befreunden. Aneb der 
■Sohn und Krbe des Erbauer« von IlakAUr Jnkob Sieniuaky, trat auf 
seine .Suite, daher wurde diese Stadt Am ,,ftÄrraati8cbe Athen", der Mittcl- 
uud AuHgangftpunkt der uuitarinchen Cnnfi«aion unJ Theolngie, Narh 
einer vienin<IzwftU7,i{yäbrigeD Wirk«fmikeit starb Fniutns l(i04; inzwischen 
war mm Standpunkt zum lierrtiobciiden System der Uuitarier geworden. 
r»ie Irfhre seibor wurde sehen 1005 anf Ornud too Vorarbeiten des 
Faustuit und nach einer Kedaetion von SrlitiiaU in einem KrakaniHrhim 
Rateehiftmiis »o z aaammengefagst j dafu dieser als Grandschnft dea 
Sociniaiitamn» gelten konnte ; das ßueh crscliicn 7.u Rakan nnd ist aU 
lt.ik:iuii(rbi'r K nteebiRmuft nnbot^ebndct »p^tprer Uohcrarbeifungon das 
Haiiptnymbol der Parlei geblieben, neben wcirlieni sieb nur iioeh ein 
kleiner KatceliiitmuB von 1005 und l(i29 und eine sp&toro von SchllehtiDg 
verfaiwte Vou/msio ediUi rtonihte rrr/i'siurr/m Pttfoniftiriitn tn Ansehen 
erhalten haben. Die beiden [Uikaucr Katechismen traten an die Stelle 
des älteren von G. äehomann fttr die Unitaricr bearbeiteten und 1574 
edirten Lelirbucli*. 

Dan .System der Soeinianer, wie es selion von Lätjus weseatlinh ent- 
worfen war und von Fauatus und den Späteren nur weiter entwickelt 
und bestimmter ausgeprägt wurde, solll«^ nach drr Absieht seiner Urheber 
ganz nnil anssc tili csslieh auf die heilige Schrift gegründet sein, enthielt 
aber ungleich eigene (icdanken und wurde daher wie gewfShniir.h durch 
die lün/.ugobraeli(en Gruudsützc der Auslegung mitbestimmti Ks war 
streng positiv und rational zngleieli. An der Spitze steht l) die Uibel; 
diese bleibt als alleinige Quelle der OfTcnbarung nicht allein in Ehren, 
sondern wird in dem Maaase zur Norm erhoben, dasa der sich selbst öber- 
lasseneu Vernunft gar keine Krkenntuiss Gottes und des ewigen Lebens 
einwohnen «oll, vielmehr empHlngt sie alles Wissen des Gilttlichen 
von Aussen her e.v auditn et revelalione, dadurch aber mit voll- 
kommen ausreichender Hestimmtlieit. Altea und Neues Testament haben 
jedoi'h nicht gleiche Ücweiskrafl , der Inhalt des ersteren hat noch keine 
Gllltigkeit für sich allein, sondern empßlngt sie erst durch ausdrflck liehe 
nt'stjLtignng in dem letzteren, besonders dnn'li die Aussprache Christi 
selber, Kiese Auctoritül gründeten die Socinianer jedoch nicht auf 



') De Sitcra scriplurn. Lcclinnes sacrne, Pr<tehetioue$ fheoloijtcae , sjimmtlluh 
aiifgonoiinncn in die vuu aetueui Knkel Wissuwatius herausgegebene Biölio- 
Iftnca fratnim Polonorum, Vi volt. fot. 



438 



Dritte AbtheiluriK. Zwdh>r Abschnitt. $ 46. 



InapiratioD der heilig«D Btlcher, Sündern auf die erkennbare innere 
Wahrheit derselbca; wobei «ie die allerdings sehr beachienswerthp Be- 
merkung markten, doh» es etwas Anderca sei, nicht begreifen kunncn, 
dass etvAs sein künne, und begreifen kennen, dasB es nicht sei.*) Wiw 
also von letzterer Art in der Bibel vorkütnm)', beruhe nur auf unriebtiffer 
Erklärung nnd müsse anders verstanden werden. 2) In der Lehre tod 
(iott halten nie als SebriRwahrheit nur die Aussagen von dem Rinen (ioU, 
dem Vater unseres Herrn Jesu C-hristi fest; alle Stellen, ilic filr eine vor- 
veltlichu Gxistenx des Suhues und Antheil desselben an der WcItseLdpfung 
angeführt worden , nntprliegen nothwendig einer anderen , diesen Sinn 
beseitigenden AuslcgunK- Oegeu Job. 1, 1. 8. 10. 8, bü. 17, 3. Col. I, 16. 
Ucbr. 1, 2 haben daher Auseprftehe wie Joh. 17, 3. 2. Cor. 8, 6. I.Tim. 3,6. 
Eph. 4, 6. Mare. 13, 32. 1. Cor. 12, 6 volle Entscheidungsknift; e% ist nicht 
nur UberveraUnftig ßonileru widerverutlnftig, diesen Zeugnissen zuwider 
dennoch drei Personen in dem l^ineu Wesen denken xii wollen. Mit Kecht 
wird hervorgehoben, das« die filr die besondere Persiinliehkeit des heiligen 
Geistes sprerhenden Sehr i Rate Uen von der grossen Ueberzalü anderer aaf- 
gewogen werden, in denen der Geiet als eine Gabe und nieht als ein 
Geber beaeichnct wird. 3) In der Beschreibung der Menseheuuatnr 
statalrte das System kein verlloi-bares gotlliehoB Ebenbild, weil dbnr- 
banpt, und hier begegnen wir einer (liieheren Vorsteiinng, von jedem 
ursprünglichen Gölte Rbewiisstsein abgesehen werden sollte; es versetzte 
also das Ebenbild lediglich io die dem Menschen verliehene Iterrst^liaft 
Über die Thiere, Ferner wurde es in der Schrift keinesweg« bestiltigt 
gefunden, dans der erste Mensch von Hans uu8 aittlicb vollkoiumeu 
gewesen, vielmehr daa ücgentheil, denn es sei nieht biblisch bezeugt, daaa 
er vor der hier berichteten L'ebertreluug stets gut und rein geblieben. 
Nach solchen V'orderslltzen kunule dann die Vorstellung der ErbsBnde 
und der Zurechnung fremder Schuld entschieden verworfen werden; was 
an die Stelle trat, besagte wohl noch eine vorherrschende Neigung zum 



*) Qttippiam menie twn eapere — mpere ytuppiam esse noH po$$e\ vorwandl 
damit die Unterseheidong von contra und supra rationem, die stthon vim Ori- 
geoes dem CelpiiB oiitgegonge«et)it wird. Celsus erklärt eich gegen die 
ohrifliliche Verwendung des SatiwH, iJass bei Gott Alles niügüch sei; denn nnpÄ 
fii'ötv kttnne (Jolt nicht* iliun, ch wäre soviel aU Tirrp« i.nyov, wüliroml er doch 
navTtu%' ttü%- övron' Aiiyo; sei, also nicbis soineia We-sen Wideruprechemlos verrichten 
ktfone. Origenes antwortet, duss uuch ir jenen Satz iiteht misa brauchen dovI) 
das UngOttlicbe oder Verwerfliche in Jene MJjglichkeit aufnehmen wolle. Waa 
aber naeh Gottes Kath und WUton erfolge, davon dllrfe man niemals behaupten, 
daas es naf/a frciv gesrtichc, mlige es auch Micchen nnglaulilich »rni'beinen. 
Wolle man sich geiuta anflilriickoti , so mltsse gesagt wurden , Kitdges wju GoU 
thut, Bfi iM^tf rifi fv0it', wie wenn er den Menschen Ober «lie menschllcbL' Katar 
hinan« crhlfhc, um ihn einer beflaeren gUttliohen thetlhaftig au machen. 



Scicinlinlsohes Lehraystom. 



439 



Stindigen, aber eine angleiche, die nicht so weit reich;, dosa die Gebote 
Gottca nicbl an eine DOch voi-hanücno sittUche Freiheit hätten ergehen 
können. 1) In ilor IMwf von Christus drang dir Lehre auf die An- 
erkennung der voUcn Mi^nschheit dmaelben, ohne welche ütiristua Jiuch 
allen aud(frt>n Mt^nsohun niclit aU torloser nahe zu treten vennocht hütto; 
dennoch wolltu sie aber Jcaum nach der Hchrift uicIit alt) gewöhnlichen 
Menschen betrachtet viuen, sondern als fiomo ^vinia., vom göttlichen 
Geistt' in Maria dür Juri^rau cmiifangvn und HUr seinen Oehor>)aui zur 
Hechten Ootteö erhöht itnd damit deHatis tiliqua rtUiotie part'tceiix /'actus. 
5) Endlich stellt auch die Sotertelogie einen scharfen Gegensatz de» 
Socinianigmae gegen dae kirchliche Dogma vor Angon. Dio Lehre von 
der Versöhnaug und Gcnugthuung durch den Tud Christi wurde 
einfach zurflckgewiesen , aller Wertb seines Wirkons sollte auf dem pro- 
phetischen Amte ruhen. Durch vellk<»niineue und gewisse Verktlndigung 
ihiT g4^ltli(-hen Gebutc hat Cliriatus die einzige Bedingung der Sünden- 
vergebung möglich gemacht j den vertrauenden Gehorsam und die 
eigene llcf^iseruug des Meuschcn; auf diese folgt erst die Rechtfertigung. 
Gutt erwiüilt, d. h. er sieht vorher, wer die Bedingung erfüllen wird, 
macht also die Würdigen zu Empfdngern seiner Wohlthaten. Andere aber, 
denen diese Hülfe nicht geboten ist, wird er auch nicht darnach meHseii, 
suntiprn ihnen andere Wege zur Seligkeit geOffnet haben. Taufe und 
Abendmahl uehmcu im Kakauer Katechismus nur die Stellung heiliger 
Gebräuche (ritia sacrij ein, und erstere fand Socin sogar entbehrlich, 
wo kein Uebei-trltt vom Judenthnm und Ileidoniluira mehr stattfinde. Das 
Abendmahl alier aoII furtbestehen als einziges praccc/iiitm crremomtiie, als 
Ausdruck dankbaren Andenkens au Christi heilbringenden Tod.*) 

drharfcr Vi-rstand , kritisches Verdienst und in den gegebe nen 
Grenzen auch Folgerichtigkeit können dem Lehi-system der Socinianer 
nicht abgesprochen werden ; dnrch diese Eigentichaflten hat es nachhaltig 
gewirkt und bedcutendu Talente an sich gezogen. Dagegen bleibt ihre 
Ansicht »telieu bei einer einseitig intellectaellen und gesetzmUssigL'n 
AuÜ'assnng des Christeuthums und der Keligion überhaupt Der Itakaner 
Katcchiismua uennt die chriHtUche Religiun den Weg zur Unsterblichkeit 
und zum ewigen Lebeu, sofern sie Erkeuntniss Gottes, seiner Gebote und 
crliabenen Verhuissungen und Jesu Chrititi als dos höchsten Lehrers und 
Wohlthätcrs ist. Seinem Wesen nach ist das Cbristenthum nin biblisch 
mitgetheiltes Wissen und Erkennen dessen, was die praktischen Bedürf- 
nisse der Menschheit befriedigt nnd der Tugend dient, die selbst wieder 
in gesetzlicher Form vorgetragf^n wird.**) Andere Aeussernngen des 

*) Die giOudlichstu DHrHtelluoK des LehrbeKriffa liefert Fock im 1. llieil 
Bcinea Werks. Daneben Sclineckcuburger, a.a.O. ä. HO ff. 
") Schoeckonburger, a.a.O. S. 32. 



440 



Dritt« AMhoIlaug. Zweite« AbscIttOtt. | 16. 



religiösen Bewusstselna treten in den Hintergrund. In den DeünltianMi 
der göttlichen EigensrhiiRpn verrStli eifh hier iincl Ax dnr nllchtcrnb 
Vcraüüidigkoit luid MfiB^el an philusophischem Ooiat. Wenn femer der 
Kntechiflmas vom Stsuidpankt einer biblisch norroirten Offenbarnng die 
Reibe der LehrstUeke tlivils kritisch, (hells pusitiv und schnrfsiimig ch^ 
vickelt : so greift er damit tief in das üchict einer cJ^rntlich t h c o • 
lugiacheu BeweiifQhrung; auch feinere BeBtimtnungfn treten mit dem 
Ansprach Auf, maaMgcbond und abschliessend zu dein. Dadnreh vird dax 
Lehrbuch der Oemeindu selber achuu xum theolopscbcn Compendiuui. 
Bekenntnis« und Theologie fallen dergestalt znsammf^u, dass fnr ilie Bil- 
dung nufhrerer wisse nachaftUini er Ansichten auf dertttlbru Grundlage 
und folglich fdr die innere Eutvicktung des gansen tilntft'nrfs nur wenig 
Raum bleibt. 

(tomeinden fllr dieses BekenntniR» fanden sich bald in Polen und 
äiebenbürgen und wuchsen \m nächsten Jahrhundert an Zahl. Junge 
Polen, besonders Edelteute, studirlen zn Unnderten in dem Rakaner 
Seminar, mehrere Männer von an sgoseirh netter thcolegischer Bildung und 
wissenschaftlicher Begabung ecblosseu »ich an oder gingen nus der Anstatt 
hervor. Närbst Hakan erhielt die Partei anch in den Kirrlien und Lehr- 
anstalten von Lnblin, Kisslcliu, an mvbrorcn Orten des FaUtiuats von 
Krakau und in Litthauen festt: Stutzpunkte. Schon war AusHii^bl, d»SB 
die gMinnnngsverwandten, aber doch etwas anders gearteten Uomuustranten 
auf eine engere Verbindung mit den Socinianem eingeben wflrden; auch 
hatten die Letzteren einen geheimen Anhänger und BeffVidorer ihrer 
Beslrebnngen an Ernst 8oner, Professor der Mcdir.in zu Altorf (gestorben 
16121, welcher zu Leyden mit Ostorc^dt bekannt geworden war und Jetzt 
in philosophischen Vorleanngen filr den SncinlaniHinnB arbeitete; er Eog viele 
Polen an sieb und liatte Verbündete auf anderen dentAcben Uochscbnion, 
in Jena, lielmstJtdt, Wittenberg. Allein nach seinem Tode wurde 1615 
diese Verbrüderung entdeckt und durch den Kath von NQrnberg auv 
einander gesprengt, die Polen mnssten aus Altorf weichen. L'nd nooli 
verderblicher wurde f(tr die ganze Socinianische Kircbc der Mass der in 
Polen vorherrschenden katholischen und jesuitischen Partei. Zwei Schiller 
des Rakauer ■'>emin»rt> hatten lü^iS nach einem liölzcmeu Urucitix mit 
Steinen geworfen und es zuletzt umgerissen. Ities wurde zum V'urwand 
gewaltsamer Maassrcgeln genommen; ohne weitcix' Untersuchung und un- 
geachtet des von einzelnen Magnaten wie Radziwil eingelegten Protcstoa 
bescbloss der Senat zu Warsciiau ohne Mitwirkung der Lundboten, der 
verhaasten Soudcrgemeiusüban ihre geistigen und kirchlichen ^ubttistena- 
mittol zu raubon. Die Lehranstilt zu Ilakau war inzwischen zu einer 
kleinen UniversitAt augewachseu, denn sie versammelte viele hundert 
Schüler, unter ihnen anch Evangelische und Katholiken neben Unitariem 



Vcrfolf^inp unil Aufiw^isuog Her SticiulADCr. 



441 



und Anabaptifiten. Kaaimir Sieuinsky, der Sohn dm Orondhorm tod 
lUkan Sioninsky, iicsa eich, von don Katholiken ^wonnrn, nls AultlM^cr 
gegoD äüincn ciKcnen Vater misabranchen. Auch wiirdrn Ans4!haldi{inii)geR 
wogen Stafttsgeßihrliolikcit von dem Landtage zn Holfc ^«uommvti; der 
ReUt'iun»friiMU', wurde gcBa^t, kiinue diu Suciuianer iiieht srhntr.ni, denn 
er umiasde nur alle dissiäeuies in religione (oder a religione?) nicht die 
dUtsiflcntes tle reUgtone, su welchen diese Paitei doch gczShlt werden 
nitta&e; die IVoiei^tAaten aber, qücIi mit einem Drittlieil vrrtretun, ftlrcbteten 
ebenso bi-.urthiiilt zu werden nnd trugen daher Iledenkcn, iiieh der Be- 
drohten anzunehmen. So geschah es, dass am Endo dem Senat die ICnt- 
Bpheidung abnrlasaan wunie, dieser aber Terfügte am 1. Mai \t\'i^ die 
Zerstflraag der Kirebe, der Schule und Druckerei, verbot jede Wieder- 
bcrHlellung bei tStrafe des bQrgerlicben Todes und verhängte Verbannung 
über die Lehrer. Sieninaky der Vater, von dem eigenen Sohne denuncirt, 
konnte sich nur dureh den Eid retten, dass er an der Insutttninf des 
Kreuxes keinen Antheil gehabt.*) Der Ili&«li<if von Krakau ricbtt^ln :K(rorl 
den katholischen Cnltns in Rakau ein, aber der Ort sank von da an su 
einem giTuigm Dort'y herab. Mit der AnflOsnng der kirchliehen Anstalten 
zn Hakan wiir auch der Verfall de« Socininuismus in I'olcn entsehiedcn. 
Als sich Jakob Scblichting nnd ander« Soeinianür zn dem an alle 
l>iöBldpnten gerichteten Co/l/iquiiii» cnrUntivum zn TJiorn schon EnJe Hill 
«inl'iindcn, viTweigerten sie ihrr Zuslimniung zur Aug^btirgiscben Confes&ion 

ie Kur Calvinischen Lebre; deshalb wurden sie von dem Bisehof Tys- 

:iL'viea ohne Weiteres znrdekge wiesen mit dem Vorgeben, „denn er sei 
von der (vorher gehaltenen katholischen | Synode nur ge^ndt an die vor- 
torenvn Sebufe aus dem Hanse Israul. *'*'*') Zwanzig Jabrc «päti^r (lß58) 
uud nach Abzug der S<-hwf(len ei-srliiun ein Kiliet, wclelieB allen äocinianern 
auferlegte, bis IHfiO das I^and zu verlassen. Viele gingen bei dieser gowalt- 

imen Austi'eibaQg zu Uiniude oder llachteten zn ihren U lau bensgenossen 
Siebenbürgen, Anilrre wurden vom grossen Churflli-Mlen in Prcuiwiscb- 

«ittbancD aul'g^'nommcu, Einige auch in liulland. 

Mehr Äirberheit gewührle die Htellnng der Unilarier in Siebenbürgen, 
sie in den ScImtJe der von Kunigcn bi-sehworenen Religionsfreiheit 

igotreten waren. In ndigiöser I><T.ieliung rrlolgl<> schon zu Ende des 
XVI. Jahrhunderts eine Einigung unter ihnen; von den beiden tiruppen 
Irr t'hriatnm Anbetenden und Nichianbetenden erhielt die ersten* d*g 

Jebergewieht, wofUr das Bokonntniss vnn 157!> Zcngniss gab, aurh Taufe 

nd Abt>ndmabl wurden wieder hcrgofttolli; die andere Kraetion hTete sieb 
Inf oder scbloss sieb den Reforinirten an. Im L'ebrigen wurde die Lehre 



•)Foek, 1, 8. 2l6ff. Krasinski, II- S. :ihH n. Schröckh, IX, 8. «1. 
"j Fock, 1, 8. 224. 



449 



Dritte Abtfao[Inii^^i*«itier Abscluiitt. $ 16. 



d^r sieben bttrKiBrhen Unitarier eine Soeinianisc-bc, wi^nn aje sieb »ucb niobt 
{;erii so nennon llcse. Dia ir<'n^'> Mitt« d<>ti XV'II. Jahrhunderte befunden 
Hin ajch in Htetigcin Wiirbsthiiin, besassen lin Gymnasium zu Klaust^nbarg, 
llber 200 Kircbf'n nntcr oiuom besoudcrpo Superintendeoton uod mit 
Synodon fflr dio causai' mty'wpjf. Der fmt*^ ÜcatdQil ihrer Gemeinden (»ah 
ihuon aticb nach Antwen einp strengere Haltung, so dase sie die eich ihnen 
neu AuMchlieiiseiiden auch aufs Nene zn taufen pHegten. Wie aplter- 
pulitlscbc Flilcbtlinge iu den ]!t»(j!hbarländcrn, s. B. in der Schweiz, eine 
Zutiucbt aurliten: ao fanden jetut vereinzelte junge deutsclie Theolugeu,, 
die io deu Lutheri^cbcn Uegendcn uumi^glich gt-wordou, bei den Unit&rieni 
eint'u Bicheren Anfcßtlialt. Zwar hatten aic auch in Siebonhilrgen in Folge 
Jesuitischer Aufreizung Verfolgungen zu bestehen, wie ihnen t7lC unter 
Karl VI. ihre grosae Kirche zu Klausenbarg, 1570 von Johann Sif^is- 
niuud /.apolyii eingeräumt, uebst Collegiuro und Druckerei entzogen 
wurde. Aber Kaittcr Joaeph erneuerte die iilten Privilegien und gab das 
Keelit dor Presse zurllck, daher orscliioD eine Darstellung ihres Lehr-, 
hi-grlffö von U. Markos: Summa untverxne theohgiae thristianae secunrlum 
L'itilatios, Cfaiidiopoti /7S7, iu welcher aber Manches uodcrnisirt und ab- 
gffftt-hwjlvht sein soll.*) Gegenwärtig werden daaelbBt etwa 50,000 Mit-^ 
glioilor unter 104 Parorhiecn uud 120 Geiüttiehcu gezahlt, lUo Verwaltung 
hat der Bisehof oder iSnperintendunl zu Klansenburg) woselbst auch die 
BilduDgsnnstAlt der Prodiger.**) 

[n Proussen wurde die schon frUhor gewilhrte Duldung dnreb da«] 
ReligioDScdict von 17t^7 bcetAtigt, in einigen Acmtcrn und Dörfern haben 
sieh kleine nuitiiriHch« llJtnf lein , obwohl zuletzt in nehr geringer Zalil, 
get'nstct In dorn Übrigen Deutschland ualiui seit dem XVIL Jahrhundert,! 
wie sich zeigen wird, diese Partei eine durchaus literainsche Gestalt ao^J 
doch bliebeu die alten Strafgesetze unvergessen, und einzelne Fülle soUtei 
beweisen, dass noch am Knde dieses Jahrhunderts sogar die Lutheraai 
zu einer ähnlichen ßcurtheiluDg bereit waren, wie sie elust Servet voi 
Calvin erfahren hatte. In Lübeck wurde l(i87 ein Schlosser, Petei 
Günther aus Prcusseu, von seinen Mitgcsellcu, deren schlechte Sitten «l 
getadelt hatte, und welchen er wegen seines stillen Betragens vei 



•) „Man würde irren, wenn mau diese« Werk Oir eine ecliloehihln zuverUlsali 
KrkeniituiiKii|uclle des Soo. Syateui» »liBKehea wollte." „In der Tliat hati« dei 
diMiwolie l'roteabintiAitiiiff ku AntHUf; dicsea Jahrhunderte, aU jenei? Werk 
Iii'nUchland bekannter zu werden aaHu>r, weuiKBteDs iu »einer damals herrt 
den rarionaliittiHehen Fracdon, Jenen Standpunkt I'crciis als einen Uberwundf 
hinter «ich." Fock, I, S. /(il. 

••) Vgl. Stäudlin, GegenwÄrtlger Zustand der l'miarier in Bicbeubt 
in StUudUo und Tsohirner'K ArcliEv Hir K.-(i. IV, i. Waicirs Neuest 
RcUgionsgewhicbte, Bd. V. Wiggors, Kirclil. SUdatik. U, S. 1.16. 



üuttArler ja luiiteron LSntlcrn. 



143 



war, denQDcirt, er habe Jeeum gelästert, wilirend er behauptete, nur die 
Jfüuitfn geacliolttm xu babrn. Zur l'nlersnrhnng gezogen brltaiiDt(> er, 
dass er *iott U»ii\ig gebeten, er wolle ilim äoiucu «Solin siehur zu erKenoen 
gobeii, und n\» das uii^ht gettchebea, habe er Gott griubt, nun aurh bei 
ihm nllelri im tilanban anaharren zu vk'ollen. Daraus wnrde gefolgert, 
Güntbej* leugnu die besoudere Pei-son nad eigen thflniliebe Gottheit Chrinti. 
Die Wtttenberger Theologen erknnaten ihn hicrnaeh für einen Atheisten 
nnd Giiltenlästerer, und ilie Kieler und Witteuberger .(urinten aprarhea 
aus, daää ein eokber mit dem Tude :^u bcstrufeu sei; wirklich wurde die^e 
Strafe in dem LutheriBulirn Ijflbeck !*i87 an ibin volUtrnpkt, obgleich er 
uoeh bis zu seinem Tode vorsicberte, wenn Chri»tuB der wahre Gott Bei, 
so bot« er ihn ja mit an, denn diesen bete er an, — nnd obwohl er noch 
bei der IllDriebiuag zu Christus um Erbai-meu flehte.") 

Auch iineh blnglaiid gelangten schon im XVI. Jahrhundert uniLurlsche 
ISlementc, tbeils unter diesem N^men, tliciU als Ariancr und .Sorlnianer; 
einzriue Anhfinger dicker Rieht lui^ wurden uuler Eduard VL, Maria 
und Elisabeth vornrtbetlt und biugeriohtet, sogar ein Weib, oiid swar 
durch den Helbnnator Cranmer, wegen Lcngnnnp dps altkirchlirhen 
SymbüU dem Flammentode übfrlirfc^rt. Trotz dieser Gefahri-n b<.s(:)Mden 
BIO innerhalb der Ijundeiikirrhe heimlich fort, nnd den polnischen Üo- 
riniAnern, drreu Kutechismu» von Jakub l. sehr ungUustig aiifgeuMmmeii 
wurde, gelang es dennoch, sie %'on dort aus r.u unterHtdtzoH. Unter 
Crorowell belegte 164tf das Parlament auf Veranlassung der Vei-aammlnng 
zu Westminater dir Leugnung der Ootthoit Clirisli mit dem Tude, und als 
HiHÖ die Toi p ran zarte fllr die Diwonters erHrbicn> wurden die linitarier 
von deren WubUhat aosgeschlossen, auch 1721 noch aller Acmter für 
imnüijg orkhtrt. Gleichwohl war ihre Zaltl iuzwisi-hea angewachsen, sie 
erklarten 1773 ihren förmlichen Austritt aun der ätantskirrhe , wurden 
durch die VeroMnaog von 1813 gesetzlich TreigegeboD und bestehen seit* 
dem in kleinen tiemL-itiden, welche sich inuf.rlmlb Grussbritanuiens auf 
mehr als dreihundert belaufen. Ein gemeinschaftlicher Fonds soll die 
tiubsmlenz zutretender Geistlichen erleichtern.")^ Ein freiores Feld erÖfTncte 
sich ihnen in Ami>rika. Seit der Mitt<> dc-s vorigen Jahrhunderts dorthin 
verpflanzt und iu vteleu grösseren Stallten zerstreut, wurden sie 1815 zum 
Auatritt ans der Keforndrten Kirche nnd zur Bildung eines selbAtAndigen 
kireblicheu Verbandes gcnilthigt. Eigentlich unilarii^rhc Gemeinden giebt 
et etwa 300 iu Nordammka, aber durch ihicn Zusaiumonhaug mit zahl- 



•) Arnold, Kirchen- und Ketzergesi-b. II. S. **i>l. 

••) Ufiher ilen Ifiiner 'J'heophilus Lindeey. weicher n7."i die bischöfliche Kirche 
Vi>rHn«A und Im cigt-nen llilusi.' einen iniitarischpn Gottfadieiiüt erülTnyle, nnd über 
den Kiiafniann William Cbristin i.u Montroftc in SuhullUnd, welcher I7SI eine 
Gemeinde stiftete, siehe Kock, I, 8.270—71. 



M4 



Dritte Ahthcilnng;. Zn-flter Ah!u;bnUr. § W. 



reichen Atintich gruinnten Vereinen stellen «ie eine weit g^rOuere, ein 
Imlbr Milltun t$celt-ti uiafns^undc, durli in sieb selbst abji^estaflc GemeiDsrliJi: 
A*r. Ibr wichtigster Sitz nml Mittelpunkt lAt Boston.*) 

Doch es i3t iiotliig, uoehnmU auf den ältcreu und eigeotUchen Stamm 
de» !:$ai'Uii;iniämu8 in Polen znrn''JczubUckeii, 11^ ]a^ nirht im Geiste diesir 
Pai-toi, auf die TolkäthUmliche Frömmigkeit und Sittlichkeit belebend zu 
wirken, dazu wAr ihre Mornl zu iiOchterD; dftgegön hutte »ie ihren Schwer- 
punkt auf dem litcrnriHchen itnd theologiHch- kritischen Gebiet und in deri 
UokJimpfaiig des orthodoxen Itcbr&ystents. Ihre wichtigsten LehrBchrifle 
und kritiflrhen Ahhaudliingcn tinden »Wh theüweiee gCMUnmelt in d 
Btfiinthecn Fratrum Potononim, (pios VnHatios tv)c<itU, Irew^pnti (^imstdr' 
d:uii) i^Sfi, 6 Bde. fol., einem Werke daä auch innerlich eine Kinhe 
dnrtttellt, einem Denkmal dca hcterodoxcn and kritischen Protestantfim 
Die VcrfaB8er sclbat waren groaAoulheils deutsche Fltleiitlinge. k. 
zrichnnng verdi<<non: Jona» Sehlirhtiiig von ÜDkowieo, geboren 159< 
Schaler Crell's, VrifasBcr des Kalcrhismua vun lAi3, aiirb excgetlicfa 
Sohrlft^n zum Johiiiuics und gegen B.-illhaHar Meisner, 1647 mit re 
trieben nnd gestürben HWiJ;**) — Andreas Wissowatins, der Eok 
des Fnustua Socin, gcboroa 1608, in Paris mit Hugo Qrotlaif Oft 
send! lind Andern bekannt, dann fifichtig in Ungarn, DeutHchliind, 7.\\\üi 
in AmstenUm, wo er lf.7H starb;***) — Samuel Przypkuwski, t 
poliiiseher Ritter von \iel8eitjger Bildung, der sich durch eine Schrift Ob 
Frieden und ßiutriieht der KJrebe einen ]<auiea machte und nach de 
Verlast seiner GlUer endlich knrbrandenburgiseher Rath des grosson Kii: 
fitrsten wurde, gestorben 1670;t) — StaniBlaue Lubioniotzki, ge 
1823 und 167.'» mit zwei Töchtern, ti) Das Lehen dieser Letzteren ward4 
durch Kxil und neiiuathloaigkeit heinahe in ein Mftrtyrerthum l'tlr ih 
Lehre verwandelt. Von den ttbrtgen Verthoidigorn nnd Verbreitern A 
Sociniauisehen Sj'St^'ms möchten folgende in die erste Reihe gobam-n: 
Valentin iSchmaLz aus Gotha, welcher z» Wittenberg, Jena, Straaeba 
lf)ri9 ff. stndirtc und 1593 bei den Socinianern getauft wurde; von ih 
h:uiptsilrhlich ist der lUknucr Kniecliismus nach den .'älteren Grundlage 
in deu .lahrcn lt;il5, 1608, 1612 bearbeitet worden;ttl) — Christi» 
Ostorodt aos Goslar, atudirte um l.^tjl in Königsberg und wurde 168 
durch Wiedertaufe aufgenommen, als er in Goslar Auliäugi-r warb, m 



*) Pock. S.177. 
••) HehrPckh. V. S. fi02. 
*••) fcber ihn ausfuhrlich Krasluski, II. »52. 

t> Fuck, SocininnistaOB, I, S. ZI|4. 
tt) S. Bayle ». v. Fock, S. 2(ifl. 
ttll Ein Diarium seines Lebens in Zeltnor's Hist. Crtfinotoc'mismi 
Ups. J72'J ji. JISS. 



Schrit'tatuller dor Soctuiaacr. 



416 



rr fluchten unti iteinR Mutter wurde gefangen und orat nuf Venrnndnog 
eiuuT i^ofiiiisrlifii S}iiodc freigegeben, ahnliuliea SetiicksAl wiederlioltf i^ieli 
in Uulland, wotit^lbrit die von ihm verlirciteten Seliriftcii nucli einem Leydenor 
tintachten verbrannt wiirdeu, er eelbst »elirieb eine dcuteelie „Unter- 
ricbtiiug von den üituplpunkten der cbristlklie» Rcligioa*', Rakau l(i()4 
und otl «icderboU Igeiitorbeu H>04); - Juliano Vßlkcl, der Scbwuger 
Socin't), ein Hachse, der um \hlti zu Wittonberg »tudirt hatte und 1585 
wiedergutauft wurde, bekaunt al» VcrfaBsei- der .Schrift Df vera rdigioHi% 
welrhe erst von Crell XiVM) 7,u liakau vpraffentiicbt, 1640 iu Am»tordam 
verbruDut uud iu des Samuel Mureaiu»' Hytira Socmiwüsmi ej-/iH4/tiiita, 
ÜrJln. 1(351 tf. nbermalei nnd mit weitlüul'tigeii Widerlegungen heran&ge geben 
wurde; — Johaun Crell, eio Frauke, geboren 1590, weklier xu Korn- 
borg nnd Altorf fttudirt hatte und an de^m letzteren Ort durch den arboD 
genannten Profesaor £)rusc Suner gewonnen wurde, daher er Iwi eiuer 
bevorstehenden Anstellnng IlÜä den Eid auf die ATigsborgisebe CniifaRttion 
verweigerte und nacli l'olen ging, wo er aufgenommen und »la Frolossor 
SU KakaiL und 16'ii auch als Prediger augcatcUt wurde, — CiuvT der 
be<luutendAt(^n Vertreter diettoa SlatidpunktH, desaeu zalilreie.lie exegetiseho 
und dogmatische Schrifton, vuu ijutt und güttlicben I^lgenschaften, gegen 
GrotiuA* Satiafactionalehrv und bcaoodcrs gege.n die Trinität (De urio 
Deo {infrej den ganzen Lehreliaraeter der .Socinianer sfharf und voU- 
BtAndig wiedergi'ben ; *) — ferner Mnrllu Ruxrua, ein huinauiatidch 
hdchfit gelehrter Holstehier, geboren 1580, obenfallß von Soner filr diene 
Richtung eingenommen, bald mit SicutuHki und anderen Hiiiiptern der 
Gemeinde eng befreundet, dauu aber naeh einer in Ueutuchland wider ihn 
oingeleilfton Unteraut>bnng (IHIM vielfach auf Heiaen ala Er^tcht^r umhcr- 
gcwaudert, kurze Zeit Rectur der Schule zu Rakau, aeit IG^U In Danzig 
und in der Uegend, von wo aua er auch dos ReUgionjigeapräch zu Tlioru 
besuchte uud mit seinem Laudanianii 0. Callxtua verliandelte, der Ihn 
vergeblich auf die kirchliche Seite znrllokznziehen anchte, ausaerdem be- 
kannt mit Hugo Grotina und Cnreolläua und Agent vieler vornehmen 
polniacheu Familien, welchen er aich durch seine vielaeitigu Bildung und 
eiunehmeude PeraouUclikeit empfahl, **) amtliche Steltuugeu, z. B. die 
anaehnliche l^ufeesur der Geachichte in Cambridge, hatte er melu'fach 
abgelehnt, er starb ItiöT; — Joachim ;3tegmann Vater nnd Sohn, 
Letzterer der Scbwiegen^ohu dea Ruarua, Eratcror eine Zeit lang in 
I)anzig, wo er gegen ßutaack aclmeb; — Johann Ludwig von Woll- 



') KiaaiQBki, 11, 8.383. Bibl. Fr. l*o(. Um. IU. 

**) Ccbcr ibn Graainaki II, 8. :iSl. Fock I. tü'j. tlenke, G. Cnttxt, U, I, 
8. 'il. 2, S. imi. Dor Bricfwoclisel des RuaniK wurde «uornt HJT7 Iitirauageg6b«n 
uud fiudct ateii auob im Anüaugv ku Zeltner'a Uist. Cryjiiosucinitmi, Liyi.t729. 
Siehe MHcli MuUtr. Cimbr. lit. t, J7tf— 7Ä. Baylo B. v. 



Dritte Abtltepniig. Zwiter Ab«clinitt | 4*. 

Bo^eu, Österreich] Hchcr Frciburr, gvbureu l&Od, der alle seine Aoüaicht«D 
ani kaiserliclien Ilüfe aufgab, iitn w\a ganze« Leben (t 16^)1) theiU in 
iMnug, llivU» iu ZüTK'h «I» (JcU'hrter xu vcrwi'udeu, ilea wir tus 
oxegettHvhti^ti tind philowipliiMilien Arbnit«n f uicdilatione* m V<trtfgiuiH) 
keouea lernen und (li-a&<'n Kritik der Triii1l:itcil(.'bi-v neben CrtrlTs dt'hrilX 
Oe HWi l*ev fiftlre a.h dir »rhilrl'ätc aiid dieser Srlinkt buzt'irhnet werden 
muu.*) Weniger geuaunl &ind Oittichinü, Titsxjrcki, Johann PreuRSf 
Florian Orusina o. A-") 

Di« Suuimu der wiiiscniicliaftlicliuu Leitstuneon dieeer Alänner glebl 
der Partei der Socinianer jedenfalU einen grOBseren Wertli aU ihre 
XuMeren und praktiitcli«.-u Erfulgn v» verniorbtcn, und daraus erklärt sitih 
ihre daiiümde ItUcknirkung anf die kircUliclie iuhI zumal die Lutherische 
Theologie. Die Menge und die gislehrte und dialekliüehe Tüchtigkeit Ihrer 
.Si'hriftateller nßthigte die Lutheraner in einer Zeit, wo deutsche Theologien 
daH blütiJte [gnoriren lil(Tari»ehor AngrifTe uocti nirht für möglich und 
verdienstlich Itieltr», widerlegend und vertheidigend gegen die Socinianer 
nnfxntretcn; nueh dieiwr Richtung zieht sieh die polemiMche uod apoto- 
geti^he Literatur durch das l'ulgeude Zeit^ilter bim in den Anfaug de» 
X\ III. Jahrhunderts hin. Aber i^ben dieser meixt sehr leidenschaRliche- 
Verkehr und t>chriftwccliscl war geeignet, die Luthcriuchc Theologie gerade 
dazu anzuritgen, woran es ihr am meisten fehlte, zu einer Hevittion ihrer 
Exffresc, aUo aneli xu einer »llmillitielK'n Befreiung dcrm.-lbeii aas der 
nocii l>e8t4{beQden Abhängigkeit von der AnctorlLlt ^kltcr und neuer Ceber- 
licremn;;. Der .'streit mit den Socininnern^ — und dies vermehrte «eine 
Ilettigkeit, — war nicht anf die gewohnte bequeme Weise zu fahren. 
Das Ansehen der Offenbarung und die Päicbt der Uotcrwcrfuug unter sie 
waren (Irundsttlze, in denen die Lutheraner mit ihren Gegnern Kusamracn- 
traf-n, nur wullleu diese undere Lehren im Neuen Testameut gefunden 
haben ala <Ue der Concordienformel; und doch ronssten die Lutheraner 
nach ihren Prineipien beboupleu., dassf ihr ßekeuntniss Schnftlebre sei. 
Folglielt konnte mit den Hocinianern nur in der Form der Schritt erklAmng 
aU «olchor and abgesehen von allen kirchlichen Sataungen vorhandelt 
werden, — eine nenri und fflr die Mehrzahl arhwifrige Anforderung, die 
aber nueh und nach ein uelbstiindiges SehriAstudlum hetordern und Homit 
wuhlthaiig wirken musate. IMe Früchte stellten sich spit und erst Un 



'] Uobcr Steginann und Wollzoinin Fock, S. 201. 2. 

**) Die .Schriften der gcniumten Miinncr linilen flieh vcrKoSchnet in f'/tr. 
Sandii Hibtiolk. antUrin., Freistadt Ut'*!. uiiKführHcher In dem nnroilendetoa 
Werk: Hock. Hinor. HHtilrmilaria . Küm%t.\K \'i'A, :t Ude., VieU'>t auch in 
Zeltneri üiil. Crypttf-Sucmuini anana, Ups. i'29, sehr surgfältlg auch Itel 
Fook Dd. L 



£in6ufl8 der Svciaianbchui) Kritik- 



Ul 



XVIII. Jahrliandcrt ein. Freilich ergnl) ürh, das» in der Bcbriflerklürnng 
der Sociuiaaer iMsiicIies anf Zwaugeexegfgo liin»tislaufe; aber atidi die 
Felilvr der kiiThtirlieji Hermeiicutik blieben lüclit verburt$uii , l« niUHütcu 
Zut^estiinduittße ^eiiiaottt wonlen, welcFie aur Vofbfroitung und Butwickclnog 
der bibliscticu \Vi»Mu&cliaft dea vorigen uud den gegcuwärdgua Jabr- 
buudertd das Ihrige bcigelrageo liuben. 



LltcrartHche XachtrÜg« und Bericht!|^uiif;eu. 



B. 22 iat bei äeDkeudorfa Werk dlo zveire venuehi-te Aufgabe vun tmi 
beixii tilgen. — S-t^ i»t lu ilcr Iti-ftio *lf>t VnivendlJtUin Orpif^wiilil, ^ooiii'rvt IJM>, 

.Dilti Krtiliitrx. KC^t- 11''', cin/,U8i:Iuiltcu uud bi.>i Ingdlsütdi, gest. UT'J nit-hc 1171. 
iv spätere Verlei^uiig uach Landshut (180CI) uud dann narb Miluchea (iN^ti) hiuzn- 

'lutÜKen. — Zu 8.5«: It. Unslcr, Die Kiüaimiihl Kmrl's V, Wien IH8S. — Zu 
S. M], Amn.: A. Storn, IMe zw«lf Artikel der IJauLTU, L\t%. \S6S. Sti;rn, Sli-eif- 
frusellSerdenUr.HpninK'di'riArtikt^Ibrieia iniüdfr lü Artikel derB:*u«n!,l''or8fliuii;;en 
xur deiitschRn lumch. XII, S. 11^ ff. Kaumuuit, Die oberürliwüliiecheii Rnuorn 
und dio 12 Artikel, K<-iii)it. l'-TI. — Zu »7: K. Kraft"!, Zur (M>Hcbichtu KUrcu- 
hach's. in der Zeitschrift des IwrffiBRlieu (ieiteliicLtuvereini*, I,\, S. I \'.\. — Zu 8. llW, 
Stimmig der L'oiverititüi Alnrlmrg, rgl. M. Hililelirand, llrkuodmuMuiuilung über 
die Verfassung und Verwaltung der Univerwlfil. Harburg unter Pbiliiiji dem (irims- 
ujülhigen, Maib. IS-ls, woseUiat S. G der Fretheitehrirf auA einer von Rumnivl ab- 
weichenden Qtielto ahgiutruckt ist. — S. 175 zn (-'alvin'« Lclien: Bungencr, 
Calvin, sa vif, smt ocuvrc £t fft t'critf. Par. et Amst. lS6i. — S. :i!ti" über deu 
Namen Hiigemitteu k. noch Kainpsebnite, Lebeu Calviu'», I, \'X — S. 2:ft jo 
der Aul'ziihltiii>! der Literatur fehlt: Hfcucü des letlrt-n misfirrs lic Henri II'. j>ubt. 
p. Berger de Xivrtg e\ Guedel, I—l'JJJ, Par. IS43~~72. Perrens, L'öiUte 
t'etat eil France sous le rigiK de Henri 11'., I. II. Par. tS73. M. I'bilippnoti, 
leinrich IV. unil die kalb. Kirche, In Sybefa bist. Zeiiachr. XXXI, 7,1 ff. — S, 231 
Eeile 11) v.u. »lud ille Worte: „zur Bewilligung von Annaten" au atreleh^n. — 
En S. 2.% Aniu. 2 vgl. Henke, l-YiuiKfisiAch« Krauen aus der RafonnaHouBseit in 
Syhel'ii Ilist. Z. XXV, 119, T08elbtit auch S. I.t9 Über .leautie d'AIhrct und Im 
»wetten Abschnitt bei Hybel XXV!, 1.12 «her R*nata v<in Este. — S, 242 vgl. 
Vlii'ff, Syuodes uatitmaux des ^glises rffonnees de France. Par. tS64. — 7ax 
2U), Anra. I: k'ipffet. Le cMloque de Poissy, Par. 1^07. - Zu Ö. 248 vgl. 
luckbobn. Zur Gceob. dea angebtichcn BU]ldm»aol^ von Bayünoe, ausdcn Abbdlg. 

'der baier. Akad. d. WiaaeaBoh., Ili. Kl^ 1 1. Bd., I. Abtb. — Zu S. 2f,l. Von Uolx- 
warth, Abfall der Niederlande, IM auch Bd. II in 2 A1>th. Schaffh. IMl und 72 
6rHchie:ien. Von den gronsen t^nelli^npulilir.itioneii (}»ehard'it geboren bierhur: 
Vorres/h de P/iib'jfpe II. sar les a/fairfs des Pnys- Bris. I—l V. Brnj-eUes tSiS — 61. 
Actes <les e'tatt des PayS'Bus, 1^76 — S3, Brux. /SC/. Corresp. de iVtir/jut'rite 
d'Autriche avec Philippe iL. Brux. IS07. Ausserdem sind von Wichtigkeit: 
Th. Jutte, Bistoin de la revolution det Pays-Bus sous PhH //, 2 Abthl. in jo 



448 LiterariBcbe Nachträge und Berichtigungen. 

2 Bdn., Brux. 1S55—67. Desselben Guijlaume le Tacitttme, Bmx.t872, Des». 
tes Pays-Bas au XVI siede, f'ie de Marnix de S. Aldegonde, Bntx. IS5S. 
Violen, Neederlatids opstatid lege» Spanjc , 1564 — ö7, Uarl. K. L. Klose, 
Wilhelm I. von Oranien, heraiisg. von II. Wuttkc, Lpz. 1864. Von Tooren- 
hergen's äammlung von Schriften des Marnix von 8. Aldegonde (S. 2(>S) ist der 
ernte Band liereit« erechionen. - Zu 8. WJ: da» grosse Werk von Froude, 
Uistory of England, uuitasst im Ganzen 12 Bde., welche bid zum Untergang der 
Armada reichen. Ausser Brewer's grosner Arbtit sind aus der Sammlung der 
Valendars of State papers noch als wichtige Quollen zu nennen: Calcndars of st. 
papers , dontesÜc series of the reigns «/ Edward VI. . Mary , Elizabeth and 
Jautcs L, I-XII, ferner die von Turnbull Isttl cdirten t'aleud. of st. jk, 
foreign series of Etlmard VI. und die of the rcign of Mary, endlich Cai of 
St. p., foreign series of the rcign of EUzubeih, I—VlII. Eine Charakteristik 
Hcinrich'ö VIII. liefert Pauli in seinen Auföätzen zur engliecbeu (Jeschichte, 
S. üsff,, woselbst auch S. 1S7 ff. ein Aufsatz über Irland. Für die (»eschiehte 
Irlands Bind als Quellensammlungim hervorzuheben; Valendars of State papers 
reladng io ireland of the reigns of Henri/ VIII. , Edward VI., Mary, Elizabeth, 
ed. hy Hamilton, 2 Bde., iSflO — Ii7, und namentlich die Ca/, of Careiv- papers, 
lSG~~-73, l—VII. Wichtig anch: G. Smith. Irish history and Irish character, 
1861, und'Lapijenborg'a Artikel über Irland in Erach und Gruber's Encyklo- 
pädie. — S. 3t:t Anm. 1 ist statt auf Warnkönig besser zu vpr\veisen auf 
Gachard, Bon Carlos et Philippe II., Bntx. et Lpz. /ift'.?. — S. ;tti.t, Ilumanismus, 
vgl. Wattenbaeh, l'eter liuder, erster Imninniätischer Lehrer etc., Karlsr. Ihö9. 
Die Citatc von Ranke's düiitsclier (Jcsuhiehte im Zeitalter der Keformation 
(jetzt Gesainmtwerke Bd. I — VI) beziehen sich, wu es nicht besonders angegeben, 
noch auf die erste Ausgabe. Bei Erwähnung der französischen Geschichte 
ßanke's ((Tcsammtwerke, VIII — XIII), der engtiselien (lescliichtc (SämmtUchc 
Werke XIV— XXII) und der Papst geschieh te (Sänimtl. Werke XXXVIl ff.) ist die 
benutzte Ausgabe genannt. Der Titel des mehrfach citirtcu Werkes Ännuaire 
lautoi vollständig: Ännuaire des deax mondcs, histuire generale des divers elats. 
/SSO — 67, XIV voU.— Einige Wiederholungen in den Quellenangaben wolle man 
als unschädlich entaehuhligen, elienso das Versehen, dasa 0. Schmidt, Philipj) 
Hcl.inehthon, einmal von dem Oesammtwerk: Leben und Sdu-iffen der Väter und 
Begründer der Luth. Kirche, dessen Bestandthcil es ist, unterschieden wird. — 
S. 213 lies Salig statt 8elig. 



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Stanforü UnivwBltv UbrajiM 

.L212? 124 444 048 




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